Update 2018: Der verausgabte Barausgleich des Stillhalters bei Optionsgeschäften (§ 20 EStG): Eine Replik auf Philipowski in DStR 2017, 1362
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Update 2018 - Michael Stein
f.
1. Die Entscheidung VIII R 55/13 zu Alt-Recht
Im Streitfall tätigte der Kläger diverse Optionsgeschäfte an der EUREX. Er räumte am 19.12.2008 Verkaufsoptionen auf den Dow-Jones-Euro-Stoxx-50-Index mit der Verpflichtung ein, zum Ende der Laufzeit am 19.6.2009 die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schlussabrechnungspreis und dem Basiswert auszugleichen. Der Kläger erhielt dafür eine Stillhalter-Prämie in Höhe von 168.952 €, welche im Jahre 2008 seinem Depot gutgeschrieben wurde. Bei Endfälligkeit im Jahre 2009 zahlte der Kläger einen Barausgleich in Höhe von 165.791 €.
Das Finanzamt lehnte die steuerliche Berücksichtigung des im Jahr 2009 gezahlten Barausgleich in Höhe von insgesamt 185.090 € ab, während das Finanzgericht den Abzug zuließ. Der BFH ist (nur im Ergebnis) der Revision des Finanzamts gefolgt, denn er hat die Klage (zum überwiegenden Teil) lediglich mangels Verlustverrechnungsmöglichkeit abgewiesen. Dieser Erkenntnis stellt der VIII. Senat voran, der Stillhalter-Barausgleich sei nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. als Verlust zu berücksichtigen.
2. Besprechung von VIII R 55/13 zu Alt-Recht
Diese Auslegung verbirgt mit Blick auf die seit 2001 bestehende Verwaltungsansicht⁸, welche den vom Stillhalter geleisteten Barausgleich der nicht steuerbaren Vermögensebene zuordnet (siehe Ziff. 2.3.1.2.), einen zu hinterfragenden Beurteilungswandel.
Nach der Rechtsprechung des IX. Senates erfasst § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. (nur) Erwerbe, nicht aber den Fall, dass ein Stpfl. einem anderen eine Option einräumt und dafür eine Prämie – diese ist schon kein „Geldbetrag" im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. – vereinnahmt⁹. Ganz treffend für Alt-Recht¹⁰ erkennt dies auch der VIII. Senat¹¹ und bezieht sich dabei – ebenso treffend – auf die Trennungstheorie des IX. Senates¹². Vor diesem Hintergrund bereitet es Probleme, nachzuvollziehen, auf welchem Weg der VIII. Senat zu einer Auslegung dergestalt gelangen konnte, ein vom Stillhalter geleisteter Barausgleich sei dem Geltungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. zuzuordnen, wonach ein (verrechnungsbeschränkter) Verlust entstünde¹³. Konkret geht es um diese Bedenken zur Auslegungstechnik des VIII. Senates:
2.1 Beurteilungswandel zu ausgelaufenem Recht
Der VIII. Senat führt aus, er halte an der Rechtsprechung des IX. Senates insofern fest¹⁴, als ein vom Stillhalter geleisteter Barausgleich nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. als Verlust zu berücksichtigen sei¹⁵. Richtig ist: Dies ist keine Festhaltung, sondern ein Beurteilungswandel zu ausgelaufenem Recht. Vor 2009 unterlagen die vom Stillhalter vereinnahmten Prämien der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG a. F.
Nach bisherigem Verständnis der Rechtsprechung zu Alt-Recht war ein vom Stillhalter geleisteter Barausgleich nicht als Verlust des Stillhalters steuerlich zu berücksichtigen¹⁶, denn der Barausgleich gehörte zu jenen Aufwendungen, die nicht die Höhe der Stillhalter-Einnahmen berührten¹⁷. Der IX. Senat hatte den Stillhalter-Barausgleich (dessen Aufwand) als nicht mit der Stillhalter-Prämie (steuerliche Einnahme) verrechenbar beurteilt¹⁸.
Der VIII. Senat legt nun also im Jahre 2016 (VIII R 55/13¹⁹) zum 31.12.2008 ausgelaufenes Recht mit einem anderen Vorverständnis aus. Grundsätzlich ist dies nicht zu beanstanden, denn Rechtserkenntnis muss besserer Erkenntnis weichen. Indessen soll auch das neue Normverständnis auf methodenehrlicher Ableitung nach Maßgabe der anerkannten Auslegungsmethoden beruhen und hieran scheitert die Sache VIII R 55/13²⁰. Sie leitet die Verbindung zwischen § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. und der für den Stillhalter daraus ausgesprochenen Rechtsfolge nicht in einer Weise her, die rechtslogisch nachvollzogen werden könnte:
Der Stillhalter bedient sich nach bisheriger Beurteilung zu Alt-Recht keines Termingeschäftes. Den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. kann der Stillhalter also schon deshalb nicht erfüllen²¹. Insofern noch treffend beruft sich der VIII. Senat in Rdn. 18 S. 1²² unter anderem auf das Präjudiz IX R 40/06²³ um ebenso treffend vorzutragen, der Norm des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F.²⁴ unterfielen nur erworbene, nicht aber eingeräumte Optionen. In Rdn. 18 S. 2²⁵ trägt der Senat jedoch auch vor,
„Diese Aussage bezieht sich jedoch allein auf die
Besteuerung der Stillhalterprämie, ...".
Für sich besehen ist auch diese Feststellung nicht falsch. Allerdings hatten die Vorderrichter zum Beispiel in IX R 40/06²⁶ begründet, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. – diese Norm betrifft den Erwerb eines Rechts²⁷ – nur für den Käufer einer Option Anwendung findet.
Folgerichtig kann § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F., also weder die vom Stillhalter vereinnahmte Prämie noch den von ihm verausgabten Barausgleich erfassen. Damit hat der IX. Senat gleichsam mitentschieden, dass der verausgabte Barausgleich nicht der Norm des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG a.F. unterfällt²⁸.
Bejaht man die Dringlichkeit