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MITTWOCH, 11. MÄRZ 2009 | NR.

49 WISSENSCHAFT & DEBATTE |9

DENK-FABRIK
Frauen fürchten
Protz das Nerd-Image
und Krise von IT-Jobs
I n London fing es an. Vor einem
Jahr, also noch „vor Lehman“,
meldete das „Architect’s Journal“:
DÜSSELDORF. Uncool zu wirken
gilt vielen Menschen der Gegenwart
als ein großes Unglück, das es unbe-
Zaha Hadids geplanter Neubau der dingt zu vermeiden gilt. Was cool ist
Architecture Foundation in der Lon- und was nicht, ist ein weites Feld,
doner Southwark Street wird nicht doch der berufsmäßige Umgang mit
gebaut – aus „finanziellen Grün- Informationstechnik ist offensicht-
den“. Die Stiftung wolle angesichts lich im Urteil sehr vieler Frauen in
der sich dramatisch verschlechtern- höchstem Maße uncool. Dadurch
den Spendenfreudigkeit und der zu nämlich, so will eine amerikanische
erwartenden hohen Betriebskosten Soziologin herausgefunden haben,
das Geld lieber für das Programm sei die geringe Zahl von Frauen in der
denn für ein neues Gebäude ausge- IT-Branche zu erklären.
ben. Wer sich gerne mit Computern be-
Peu à peu tröpfelten im Lauf des schäftigt, wird in den USA schnell als
Jahres weitere Nachrichten ein: In „Nerd“ stigmatisiert. Der Begriff, des-
St. Petersburg, in der neuen Gaz- sen Herkunft ungeklärt ist, ist kaum
prom City, wird der Wolkenkratzer zu übersetzen, am ehesten als „Son-
des britischen Architekturbüros derling“. Besonders, wenn ein IT-
RMJM nicht gebaut. In Moskau ist Fachmann obendrein eine Brille und
die „Kristallinsel“ im Süden der unmodische Kleidung trägt oder die
Stadt vorerst auf Eis gelegt, wo ein Abende nicht in Bars oder Discos ver-
von Sir Norman Foster geplanter bringt, gilt er schnell als Nerd. Auch
Freizeit- und Geschäftskomplex erfolgreiche Unternehmer wie Bill
mit Hochhaus entstehen sollte. Die Gates oder Steve Jobs werden das
Bauflaute in den Emiraten ist mitt- Nerd-Image nicht los.
lerweile täglich in den Zeitungen, Dieses Klischee, das in frühen
und auch in Deutschland wird auf Computerzeiten in den 70er- und
die Bremse getreten. Zum Beispiel 80er-Jahren entstand und in zahllo-
Nürnberg: Das höchste Haus in Bay- sen Teenager-Filmkomödien wie
ern, ein Hotelturm neben der Nürn- „The Revenge of the Nerds“ gepflegt
Fotos: imago, dpa

berger Messe, wird nicht mehr reali- wurde, ist offenbar noch höchst wirk-
siert. sam. Das schreibt die Soziologin Lori
Die Krise hat die Architekten er- Kendall von der Universität von Illi-
reicht. Die Kammern melden eine nois in einer im Internet veröffent-
Verschlechterung der Auftragslage, Vorbilder für Manager? Ameisen sind Meister des ressourcensparenden Arbeitens. Lange nachdenken müssen sie dabei nicht – soweit wir wissen. lichten Studie („White and Nerdy“).
die Büros klagen über rückläufigen Der Titel bezieht sich auf ein Lied

Mach es wie die Ameise!


Umsatz, im Netz werden Krisenbe- des Parodisten Weird Al Jankovic.
wältigungskurse angeboten. Als Sir Kendall analysierte amerikanische
Norman Foster jetzt bestätigte, dass Medien und stellte fest, dass das
er weltweit 400 Mitarbeiter ent- Nerd-Stereotyp in Film, Fernsehen
lässt und die Büros in Berlin und Is- und Werbung noch sehr lebendig ist.
tanbul zum Monatsende schließt, In den Ruf, „nerdy“ zu sein, wollen
wirkte das wie ein doppeltes Signal: besonders Frauen unter keinen Um-
Kognitionsforscher erklären, warum Finanzprofis allzu oft falsch liegen – und einfache Lösungen zuweilen besser sind ständen geraten. Dass sie – offenbar
noch mehr als Männer – unter gar kei-
REGINA NIKE HEINEN | DÜSSELDORF gerenzer. „Die folgt einem Weg vol- sagt. Tatsächlich trifft in schwer vor- Krise verursachten, keine „bösen“ beiden letzten Ziffern ihrer Studien- nen Umständen als Nerd gelten woll-
KRIEGER ler Windungen und Kurven. Nach hersagbaren Situationen eher das Ge- Menschen. Ariely kann zeigen, dass nummer einprägen sollten. Die Stu- ten, so vermutet die Forscherin,
Zu den vielen diskutierten Ursachen rechts, nach links, zurück, hält inne, genteil zu“, sagt Gigerenzer. „Man Menschen die moralische Vernunft denten, die sich eine hohe Zahl mer- könnte ein Grund dafür sein, warum
Wissenschafts- der Finanzkrise kommt nach Ansicht geht wieder vorwärts. Das ist zwar muss darauf achten, dass man sich umso leichter vergessen, je abstrak- ken mussten, schätzten den Wert er- sie in der IT-Branche unterrepräsen-
redakteurin,
von Gerd Gigerenzer noch eine dazu, ein komplexes Verhalten, ähnlich nicht in einem Wald aus Wenn und ter die Auswirkungen ihres Han- steigerter Dinge höher ein. „Die Num- tiert sind. Im Umkehrschluss, so Ken-
schreibt über
Urbanistik und die Ökonomen sicher nicht in Be- komplex und verwirrend wie der Ak- Aber verirrt.“ delns sind. Als er Studenten die Er- mer wirkte als mentaler Anker, der dall, wird Menschen, die keinesfalls
Architektur. tracht ziehen: „mangelndes Ver- tienhandel an der Börse, folgt aber Sein Paradebeispiel für den Sieg folgsquote richtig gelöster Aufgaben vom Gehirn intuitiv als Maßstab für dem Klischee entsprechen, wenig
trauen in die eigene Intuition“. Der keiner komplexen Strategie.“ Statt- des Einfachen über das Komplexe ist in einer Prüfung selbst bestimmen das Preisgebot herangezogen Kompetenz in Computer-Dingen un-
Direktor am Max-Planck-Institut für dessen folgen Insekten, die nicht ein- ein Quiz, bei dem man sich entschei- ließ, gab die mit Gutscheinen für rich- wurde“, sagt Ariely. „Ganz ähnlich terstellt. Das betrifft pauschal Frauen
Die Investoren schauen wieder auf Bildungsforschung in Berlin hatte mal ein Gehirn, sondern nur ein- den muss, ob Detroit größer ist als tige Antworten belohnte Gruppe dop- funktionieren Speisekarten in erfolg- und nicht-weiße Männer.
ihr Geld, wenn sie es denn noch ha- die Bedeutung des Bauchgefühls zelne Nervenknoten besitzen, ganz Milwaukee oder umgekehrt. Die pelt so viele falsche Lösungen als reichen Restaurants: Ein einziges teu- „Vor zehn Jahren habe ich ge-
ben, und außerdem ist die Krise bei schon vor neun Jahren gezeigt. Aller- einfachen Maximen, die sie laufend überwältigende Mehrheit der deut- richtig an, wie die bar belohnte. „Be- res Gericht – und der Umsatz der an- dacht, das Nerd-Stereotyp würde
den Stars angekommen. Künftig dings nahmen ihn Finanzmarktak- mit der Umgebung abgleichen. „Die schen Studenten, die Gigerenzer be- trügen fällt also umso leichter, je we- deren Gerichte steigt.“ Wenn eine Ak- von allein aussterben, wenn immer
wird es weniger Symbolprojekte ge- teure nicht wahr. Damals hatte er ein- Ameise befolgt vielleicht die einfa- fragte, sagte spontan „Detroit“, weil niger echtes Geld im Spiel ist“, meint tie steigt, würden demnach die ande- mehr Menschen in ihrem Alltag Com-
ben, weniger architektonische fach Passanten gefragt, welche Ak- che Regel: Sieh zu, dass du schnell sie diesen Namen schon oft gehört Ariely. „Das Maß an vernünftiger ren deswegen automatisch nachzie- puter verwendeten“, sagt Lori Ken-
Leuchttürme, die oft nicht recht ins tien er kaufen soll. Die meisten hat- aus der Sonne kommst, ohne mit hatte. Sie lag richtig. Als Gigerenzer Selbstbeschränkung kann an der hen, weil Anleger sie in einer Art dall. „Ich dachte: Wenn wir erst mal
Stadtbild passen und von zweifel- ten keine Ahnung von Aktien – und dem Klettern über Hindernisse Ener- aber amerikanische Studenten be- Börse demnach nicht sehr groß Nachahmereffekt kaufen, obwohl da- alle einen Computer benutzen, sind
hafter Ästhetik sind – ganz neben- nannten einfach Firmennamen, die gie zu verschwenden.“ So bringt fragte, antworteten 40 Prozent trotz sein.“ durch vielen Käufen keine reale Wirt- wir alle Nerds. Nun, das hat sich
bei: Fosters Entwurf für das Hoch- sie schon mal gehört hatten. In sechs man eine optimale Energiebilanz ins ihren landeskundlichen Kenntnisse schaftskraft des Unternehmens ge- nicht als wahr erwiesen.“
haus auf der „Kristallinsel“ mag rus- Monaten stieg der Wert des Aktien- heimische Nest. Übertragen auf die falsch – weil ihnen Milwaukee genau
Unvernünftige Werteinschätzung genübersteht. Auch eine Erklärung Der typische Nerd wird in den von
sischem Geschmack entsprechen, fonds um fast 50 Prozent. Das Bauch- Wirtschaft bedeutet das: „Entschei- wie Detroit als bedeutende Industrie- Arielys dringender Rat an die für Spekulationsblasen. ihr untersuchten Massenmedien
doch in den Fachmedien ist schon gefühl von Hänschen Müller Ah- dungen von komplizierten Statisti- stadt bekannt war. „Die amerikani- nächste Generation an den Finanz- „Wir sind Figuren in einem Spiel, stets als weißer Mann präsentiert –
das Wort Kitsch gefallen. nungslos war dem Rat hochbezahlter ken abhängig zu machen hilft nicht schen Studenten wussten zu viel. Die märkten ist, sich der menschlichen in dem uns größtenteils unbekannte was auch Jankovic in seinem Lied
„Die Krisis ist als neuer Entwick- Finanzanalysten überlegen. weiter, kostet nur Kraft. Gute, simple vielen Fakten trübten ihr Urteil.“ Schwächen bewusst zu werden – um Kräfte mitwirken“, sagt Ariely. „Wir „White and Nerdy“ thematisiert. Jan-
lungsknoten zu betrachten“, Gigerenzer ist Heuristiker, er un- Regeln müssen her. Das spart Zeit Auch Dan Ariely, Verhaltensöko- sie mit einem System der Selbstkon- glauben, die absolute Kontrolle über kovic stellt dem unsportlichen wei-
schrieb Jacob Burckhardt am Ende tersucht, nach welchen Regeln Men- und Ressourcen.“ nom am Massachusetts Institute of trolle auszuhebeln. Das könnte ganz die Richtung zu haben, die unser Le- ßen Nerd-Jungen, der seinen Laptop
des 19. Jahrhunderts in seinen Welt- schen entscheiden – und mit wel- Technology erforscht die menschli- ähnlich funktionieren wie die kon- ben nimmt. Das entspricht aber eher mit unter die Dusche nimmt und
geschichtlichen Betrachtungen. chen Entscheidungen sie erfolgreich
Der Sieg des Einfachen che Irrationalität im Allgemeinen trollierte Kreditkarte, die Ariely den unseren Wünschen als der Wirklich- Tischtennis (das in den USA als un-
Und genau das passiert im Moment. sind. Die Regel, auf die die Passanten Das Verhalten der Ameise folgt dem und ganz besonders die der Finanz- Amerikanern vorschlägt: Dabei setzt keit. Wenn wir uns darüber klar wer- cool gilt) spielt, gegen den schwar-
Der israelische Architekt Zvi He- in diesem Fall intuitiv zurückgriffen, „Take the best“-Prinzip. Der wich- märkte. Ihn interessiert der Teil unse- sich jeder Kreditkarteninhaber ein Li- den, können wir etwas daran än- zen „Hip-Hop-Gangsta“ und dessen
cker, der unter anderem mehrere jü- heißt Rekognitionsheuristik. Man- tigste Grund ist der entscheidende: res Unbewussten, der uns – anders mit für einzelne Ausgaben – Klei- dern.“ „cooles“, in der schwarzen Subkultur
dische Gemeindezentren im Ruhr- cher Banker dagegen schaffe es Steht man zwischen zwei Möglich- als die von Gigerenzer beschriebene dung, Essen, Reisen –, das er nicht begründetes Männlichkeitsideal.
gebiet baute, hat es als Erster er- nicht, so Gigerenzer, aus der Fülle keiten, dann lässt man die Intuition gute Intuition – im Weg steht. „Die überschreiten kann. Kendalls Analyse bestätigt dieses
kannt. In einem klugen Essay über der Informationen die richtigen he- eine Rangfolge der Wichtigkeit von meisten Ökonomen gehen davon aus, Weil sie sich von einem irrationa- Stereotyp zumindest in den Medien:
Architektur in Zeiten der Finanz- rauszufiltern. Er vermutet, dass die Faktoren festlegen. Bei der ersten dass wir fähig sind, für uns die richti- len Werteinschätzungssystem im UNSERE THEMEN Frauen und Schwarze werden nicht
krise erinnert er an die Große De- Probleme auf dem Finanzmarkt Priorität beginnend, ist der Faktor gen Entscheidungen zu treffen“, sagt Kopf narren lassen, geben die meis- als Nerds angesehen. „Die Folge die-
pression, in der „die prunkvolle Or- auch damit zu tun haben, dass die der entscheidende, bei dem sich die Ariely. „Nach diesem Ideal des ratio- ten Menschen mehr Geld aus, als sie MO ÖKONOMIE ser Stereotypisierung ist, dass wir
namentik des Neoklassizismus weg- Profis vergessen haben, den einfa- beiden Optionen zum ersten Mal un- nalen Menschen werden Richtlinien müssten. „Wir Amerikaner sind dem denken, dass Leute, die etwas von
gefegt“ wurde. Jetzt sei die Zeit für chen Daumenregeln zu folgen, die terscheiden. Für die Routenwahl der für Gesundheitspolitik gestaltet oder Konsumwahn erlegen: Wir wollen all DI ESSAY Computern verstehen, weiß und
eine neue Ästhetik, schreibt er, jetzt uns die Natur zur Orientierung mit- Ameise ist die Schonung der Kräfte Steuern ausgerichtet. In Wirklichkeit das, was unsere Nachbarn auch ha- männlich sein müssen“, sagt Kendall.
könnten neue Ideen entwickelt wer- gibt. Sie sind viel älter als Aktien- ausschlaggebend, sonst sind alle an- weichen wir weit von diesem Ideal ben, ob wir es uns leisten können MI GEISTESWISSENSCHAFTEN „Und das hat Einfluss darauf, wie
den wie die Noten einer Partitur, fonds und Immobilienkredite. Älter deren Ziele ohnehin nicht mehr er- ab. Wir handeln irrational, und zwar oder nicht.“ Wie leicht sich dieses Frauen oder Angehörige ethnischer
„später, wenn die Ökonomie sich er- sogar als unsere eigene Art. reichbar. mit System.“ System von der Außenwelt narren DO NATURWISSENSCHAFTEN Minderheiten angesehen werden,
holt hat, werden sie dann womög- „Den Bankern könnte man raten: „Ein komplexes Problem verlangt Entgegen populärer Sichtweise lässt, zeigte Ariely, als sich seine Stu- wenn sie einen Beruf mit starkem
lich realisiert“. Mach es wie die Ameise!“ meint Gi- eine komplexe Lösung, wird uns ge- seien diejenigen, die die aktuelle denten vor einer Versteigerung die FR LITERATUR Computer-Bezug wählen.“ fk/wsa

Eine Aufgabe für eine ganze Generation


Archivare und Restauratoren kämpfen um die Bestände des Kölner Stadtarchivs
FERDINAND KNAUSS | KÖLN schaft hat sofort begriffen, welche Ka- richt in Goslar lagen. Aber vom In- zitäten für eine solche Katastrophe rischen Akten und Dokumente, die
tastrophe hier passiert ist“, kommen- halt ist nichts zu sehen. gibt es gar nicht“, sagt Markus zwischen den Beton- und Steinbro-
Ein gesichts- und geschichtsloserer tiert Kölns Kulturdezernent Georg Ohne jegliche inhaltliche oder his- Stumpf, Leiter des Archivamts für cken stecken, endgültig zerstören.
Ort als Porz-Urbach ist kaum vorstell- Quander die große Solidarität. torische Ordnung werden die Pa- Westfalen in Münster. An den drei Die Leiterin des Stadtarchivs, Bet-
bar. Und der unansehnlichste Fle- Die schmutzige Arbeit auf den piere nach Verschmutzung und Ausbildungsstätten für Papierrestau- tina Schmidt-Czaia, ist Fachfrau für
cken in diesem Kölner Stadtteil ist Schutthaufen ist nur der erste Schritt Feuchtigkeit sortiert, in Frischhalte- rateure in Deutschland werden pro spätmittelalterliche und frühneuzeit-
wohl die staubige Arbeitshalle einer in einem unsäglich mühsamen Pro- folie eingeschweißt und in Kisten ge- Semester insgesamt nur rund zehn liche Geschichte. Sie ist seit vier Jah-
Firma für Umwelttechnik. Ausge- zess des Rettens. In einem Drei- legt. Möglichst schnell sollen diese Menschen ausgebildet. ren Leiterin des Archivs, das für un-
rechnet hier wird mit riesigen Kipp- Schichten-Betrieb sollen rund um Fragmente in die Gefriertrocknungs- An der Unfallstelle in der Severin- absehbare Zeit der Forschung nicht
lastwagen die Geschichte der ehema- die Uhr 30 bis 50 Personen die Doku- anlagen der ganzen Republik abtrans- straße sind Feuerwehr und THW im- zur Verfügung stehen wird. Die Fas-
ligen Reichsstadt Köln abgeladen – mente aus dem Schutt sortieren. Da portiert werden. Feucht-schmutzige mer noch vor allem mit der Suche sungslosigkeit ist ihr auch nach einer
gemeinsam mit vielen Tonnen Bau- der Zustand der Dokumente sich Papiere müssen schockgefroren wer- nach der zweiten vermissten Person Woche noch anzumerken.
schutt. durch Regen und Grundwasser ver- den und zwei Jahre lagern, um gerei- befasst. Erst wenn die Leiche gefun- „Ich habe furchtbare Bestände ge-
Die 54 Auszubildenden der Archiv- schlechtern wird, arbeiten sie in gro- nigt werden zu können. Die Akten den ist, werden die Archivare und sehen, aber auch fast unbeschä-
schule Marburg, die in weißen Staub- ßer Eile. setzt man dazu einem Vakuum aus, Restaurateure das Kommando über- digte.“ Sie kann neben allen Schre-
schutzanzügen und mit Atemmasken Die Papiere, die in der Porzer wodurch das Eis sofort verdampft nehmen und den Feuerwehrleuten sa- ckensnachrichten immerhin den
auf den Haufen herumkriechen, die Halle zwischen dem Schutt zu erken- und abgesaugt werden kann. So kann gen, wie sie vorzugehen haben. halbwegs unversehrten Fund einiger
einmal das Kölner Stadtarchiv wa- nen sind, wurden offensichtlich man die Schimmelbildung verhin- „Dann werden wir darauf achten, besonders wertvoller Schriftstücke
ren, und zwischen Backsteinen und durch den Einsturz völlig durchei- dern. Aber dazu dürfen die Papiere dass die Bestände zusammenblei- melden. Eine von zwei Handschrif-
zerquetschtem Hausrat vorsichtig Pa- nandergewirbelt. Da liegt ein Formu- eben nicht allzu lange feucht und ben“, sagt Feuerwehrdirektor Ste- ten des berühmten mittelalterlichen
pierfetzen heraussuchen, haben eine lar eines Gerichtsvollzugs aus den schmutzig bleiben. phan Neuhoff. Gelehrten Albertus Magnus (ca.
Arbeit begonnen, die vielleicht noch 1980er-Jahren nicht weit entfernt In normalen Zeiten, wenn Archive Das impliziert leider, dass sie es 1200-1280) konnte geborgen werden.
nicht beendet sein wird, wenn sie in von einem handschriftlichen Notiz- nicht einstürzen, restaurieren die Mit- jetzt noch nicht tun: „Bis dahin ber- Für die Kölner Stadtgeschichte und
Rente gehen. buch in Kurrentschrift, das sicher arbeiter der Restaurierungswerkstatt gen wir Kulturgut nur, wo es auf- die Alltagsgeschichte des 16. Jahrhun-
Alle größeren Archive der Nach- mindestens 100 Jahre älter ist. Dane- in Münster etwa 150 Meter Papierdo- taucht.“ Wie das aussieht, kann man derts besonders wichtig sind die Auf-
barstädte, Universitäten, Museen ha- ben der abgerissene Deckel einer kumente pro Jahr. Die Bestände des an der Unfallstelle beobachten. Rie- zeichnungen des Kölner Patriziers
Eine Auszubildende der Archivschule Marburg sucht in einem Trümmerhaufen ben Fachpersonal für diese Jahrhun- Pappschachtel, in der offensichtlich Kölner Stadtarchivs umfassten knapp sige Bagger werfen den Schutt in Hermann von Weinsberg. Vier der
des Kölner Stadtarchivs nach restaurierbaren Dokumenten. dertaufgabe abgestellt. „Die Fach- Prozessakten vom Reichskammerge- 30 Regalkilometer. „Die Personalkapa- Kipplader. Das dürfte viele der histo- fünf Bände sind aufgetaucht.

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