Dissertation
zur Erlangung des Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
der Abteilung für Chemie
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Diplom-Chemiker
Bernd Stange
aus Wattenscheid
Bochum 2001
Referent: Prof.em. Dr.mult. Dr.h.c. A. Haas
1.1. Allgemeines 3
1.2. Bor-Stickstoff-Chemie 4
2.1. Zielsetzung 29
2.2. Synthesekonzept 30
2.2.1. Halogen-Parahalogen-Austausch 30
II
Substrat: Trisaminoborane 40
Substrat: Borsäureester 41
3.1. Vorbemerkung 47
III
Halogen-Parahalogen-Austausch 75
Dimethylaminobis(N-sulfinylamino)boran,
Me 2NB(NSO)2 3
Me2 NB(NSO)2
Darstellung und Charakterisierung 77
N
S 3,7-Dimethoxy-3H,7H,1λ4,5λ4,2,4,6,8,3,7-dithiatetrazadi-
N
M eO B BOM e
borocin, [MeOBNSN]2 4
N
S
N Darstellung und Charakterisierung 80
Parahalogen-Parahalogen-Austausch 83
Bis(bis[trimethylsilyl]amino)methoxyboran,
MeOB[N(SiMe 3)2]2 5
Darstellung und Charakterisierung 88
MeOB[N(SiMe3 )2 ]2
Reaktionen und Umsetzungen 89
Bis(bis[trimethylsilyl]amino)fluorboran,
FB[N(SiMe 3)2]2 6
Darstellung und Charakterisierung 90
FB[N(SiMe3 )2 ]2
Reaktionen und Umsetzungen 91
IV
Halogen-Parahalogen-Austausch 95
Parahalogen-Parahalogen-Austausch 98
Dimethoxytrifluormethylsulfanylboran, (MeO)2BSCF3 7
Darstellung und Charakterisierung 98
(MeO)2 BSCF 3
Reaktionen und Umsetzungen 99
Bis(trimethylsilyl)aminodimethoxyboran,
(MeO)2BN(SiMe 3)2 8
(MeO)2 BN(SiMe3 )2
Darstellung und Charakterisierung 100
Bis(trimethylsilyl)aminochlormethoxyboran,
MeOB(Cl)N(SiMe 3)2 9
MeOB(Cl)N(SiMe3 )2
Darstellung und Charakterisierung 101
Bor-Stickstoff-Verbindungen 106
Pseudohalogen-Verbindungen des Bors 108
N-Sulfinylamine 109
N,N’-Schwefeldiimide 114
Bis(trimethylsilyl)amino-Verbindungen 116
Trifluormethylsulfanyl-Verbindungen 118
0. Inhaltsverzeichnis
N-Sulfinylamine 120
Bis(trimethylsilyl)amino-substituierte Borane 124
4.3.3.17O-NMR-Spektroskopie 134
4.4.1.Tris(N-sulfinylamino)boran-Addukte 138
4.4.3.Dithiatetrazadiborocine 139
5.3.2.Transsulfinylierungsreagenzien 148
VI
Darstellung 153
Charakterisierung 155
Darstellung 158
Charakterisierung 159
Darstellung 161
Charakterisierung 162
Darstellung 163
Charakterisierung 164
Darstellung 165
Charakterisierung 166
Darstellung 167
Charakterisierung 168
Darstellung 169
Charakterisierung 170
Darstellung 171
Charakterisierung 172
0. Inhaltsverzeichnis
VII
Darstellung 174
Charakterisierung 175
6. Zusammenfassung 177
7. Literatur 185
Danksagungen 199
Abkürzung Bedeutung
B magnetische Feldstärke
b Bindungsordnung
i
Bu Isobutyl, -CH 2 CH(CH 3 )2
n
Bu, Bu n-Butyl, -CH 2 CH 2 CH 2 CH 3
t
Bu tert.-Butyl, -C(CH 3 )3
Bz Benzyl,
D Dissoziationsenergie; Donor-Molekül
d Kernabstand
DABCO 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan,N N
Et Ethyl, -CH 2 CH 3
I Elektronenstrom; Kernspin
k Kraftkonstante
l Länge
M Metall; Molarität
m Masse
Me Methyl, -CH 3
MO Molekülorbital
p Druck
Verwendete Abkürzungen
Abkürzung Bedeutung
Ph Phenyl,
Pr Propyl, -CH 2 CH 2 CH 3
i
Pr Isopropyl, -CH(CH 3 )2
Py Pyridin, N
THF Tetrahydrofuran, O
tmp 2,2,4,4-Tetramethylpiperidino, N
U; U G Beschleunigungsspannung; Gitterenergie
z Ionenladung
ηι Haptizität
λ Wellenlänge
µD Dipolmoment
~
ν Wellenzahl
XI
Abkürzung Bedeutung
χ Elektronegativität
Ø Durchmesser
Abbildungen, Tabellen und Tafeln
Abbildung Seite
XIV
Abbildung Seite
14
Abb. 32: N-NMR-Spektrum von Trimethylamin-Tris(N-sulfinylamino)-
boran, Me 3NB(NSO)3 1 134
XV
Tabelle Seite(n)
11
Tab. 8: B-Chemische Verschiebungen verschiedener Verbindungen in Ab-
hängigkeit von Substitutionsgrad und Stabilisierung 79
11
Tab. 9: B-Chemische Verschiebungen von Dithiatetrazadiborocinen 82
Tab. 17: Vergleich der wichtigsten IR- und Raman-Daten von 1 und 2
mit Zuordnungsvergleich 113/114
XVI
Tabelle Seite(n)
Tab. 30: Chemische Verschiebungen δ14N [ppm] einiger Iso- und Isothio -
cyanate im Vergleich zu N-Sulfinylaminen 133
Tab. 38: Reaktionsparameter für die Darstellung der Amin-Addukte von BX3 147
Abbildungen, Tabellen und Tafeln
XVII
Tafel Seite(n)
Trimethylamin-Tris(N-sulfinylamino)boran (H3C)3NB(NSO) 3 1
Pyridin-Tris(N-sulfinylamino)boran NB(NSO)3 2
N,N-Dimethylaminobis(N‘-sulfinylamino)-
boran (H3C)2NB(NSO) 2 3
S
N N
3,7-Dimethoxy-3H,7H,1 λ 4,5 λ 4,2,4,6,8,3,7-
H3COB BOCH3 4
dithiatetrazadiborocin
N N
S
Bis[N,N-bis(trimethylsilyl)amino]methoxy-
boran H3COB{N[Si(CH3)3]2}2 5
Bis[N,N-bis(trimethylsilyl)amino]fluor-
boran FB{N[Si(CH3)3]2}21 6
N,N-Bis(trimethylsilyl)amino-B-chlor-
methoxyboran H3COB(Cl)N[Si(CH3)3]2 9
Um den Text leicht lesbar zu gestalten, wird im weiteren in der Regel auf
die genaue Angabe der Substituentenstellung im Namen verzichtet.
Verbindung 3 beispielsweise wird danach einfach als Dimethylaminobis-
(N-sulfinylamino)boran bezeichnet; das nämliche gilt für die Verbindungen
5, 6, 8 und 9. Im Zweifelsfalle kann diese Übersicht als Referenz herange-
zogen werden.
1
Diese Verbindung ist bereits bekannt, w ird hier aber auf alternativem Wege dargestellt.
1. Einleitung und Literaturüberblick
1. Einleitung und Literaturüberblick
1.1. Allgemeines
1
Die geläufigen Stöchiometrien variieren von metall- bis sehr bor-reich (M5B bis MB66)[3].
2
Zur Zeit sind etwa 50 n eutrale Borane bis hin zu B 30H38 und eine fast ebenso große Anzahl
von Hydridoborat-Anionen BnHmx- bekannt [4].
3
Die strukturelle Komplexität dieser Minerale wird nur durch die der Silicate übertro ffen[5].
1. Einleitung und Literaturübersicht
1.2. Bor-Stickstoff-Chemie
180 °C
3 B2 H6 + 6 NH3 2 B3N3H6 + 12 H2
1
Man denke an die präparative Bedeutung der Hyd roborierung[7]; Nobelpreis für Chemie
1979 an Brown[8].
1. Einleitung und Literaturübersicht
R
B
R'N NR'
R'3N BR3 R'2N__BR2 R'N__BR
RB BR
N
R'
Seit den grundlegenden Arbeiten von Wiberg aber hat die Chemie der Bor-
Stickstoff-Verbindungen einen außerordentlichen Aufschwung erlebt, wel-
cher das ursprüngliche Konzept von Borazanen, Borazenen und Borazolen
1
Zum Begriff „Elektronenmangel“ meint Rundle: „There are no such things as electron defi-
cient compounds, only theory deficient chemists.“ [11]
2
Man beachte den veränderten Sinngehalt des Begriffes „ Borazin“ im Wibergschen Sinne
verglichen mit der modernen Nomenklatur.
1. Einleitung und Literaturübersicht
Koordinationszahl
4 3 2
R‘3 NBR3 R
B
R'N NR' Trimerisierung
RB≡NR‘
RB BR
N
R'
R' R R'
Borat-Anionen N BR B N 1 1,3,2,4,5 - Diazatriboroline
RB R'N BR 2 1,2,4,5,3,6 - Tetrazadiborinane
NR'
RB RB NR' 3 1,3,5,2,4,6 - Triazatriborinane
[B(NCO)4 - ] N BR N B 4 1,4,2,3,5,6 - Diazatetraborinane
R' R' R
[B(NCS)4 - ] 5 6
5
6
1,3,5,2,4,6,7 - Triazatetraborepine
1,3,5,7,2,4,6,8 - Tetrazatetraborocine
Polyaminopolyborane
NR'2
B
( )
R'2N n NR' 2
Boronium-Kationen
1
Hier ist nur eine willkürliche
Auswahl wiedergegeben; wei-
[R‘2 N)nBD4 - n(3 - n)+] [R‘2 NBX2 +] terführende Monographien sie -
he [14].
bei weitem längst gesprengt hat, wie Abb. 3 links eindrucksvoll vermittelt
(Klassifizierung in Abhängigkeit von der Koordinationszahl), ohne jedoch
dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Wibergsche Systematisierung den
Fortschritt eher behinderte als förderte, da bei vielen Syntheseüberlegungen
die Analogie zum Kohlenstoff betont wurde. So kennen viele interessante
Verbindungen in der Bor-Stickstoff-Chemie (z.B. Polyaminopolyborane, Aza-
borane) zwar Entsprechungen in der organischen Chemie, der synthetische
Zugang zu diesen gestaltet sich aber häufig wesentlich komplizierter als bei
den Kohlenstoff-Vertretern.
Einen interessanten Aspekt hinsichtlich der Analogie-Betrachtung bieten
Überlegungen zur Existenz von Bor-Stickstoff-Analoga der Fullerene. Ein
Fulleren B3 0 N3 0 mit Ih-Symmetrie ist aufgrund des Euler-Prinzips 1 instabil.
MO-Rechnungen verschiedener Autoren lassen für diese Stöchiometrie ent-
weder fulleren-ähnliche Käfige mit oktaedrischer Symmetrie (Oh) oder ak-
kordeon-ähnliche Strukturen („buckytubes“) wahrscheinlich erscheinen[16].
Fulleren-Konfiguration wird nach MNDO-Berechnungen von Bardo, Stanton
und Jones für B2 4 N3 6 („bonnyball“) erreicht [17].
Auch wenn sich die Vorstellungen Wibergs über die Vielfalt der Bor-
Stickstoff-Verbindungen als unzulänglich herausgestellt haben, so ist seine
Gliederung in „Borazane“, „Borazene“, „Borazine“ und „Borazole“ nichts-
destoweniger sehr hilfreich bei der bindungstheoretischen Diskussion dieser
Stoffklassen.
O
+ -
O
N B N B
I II
1
Das Euler-Prinzip [15] besagt, daß man zum Bau eines geschlossenen Netzwerks mit einer
geraden Zahl von Ecken ( ≥24) zwölf Fünfecke benötigt; Sechsecke allein reichen nicht aus.
Im Falle eines B30N30 würde dies zu wenig stabilen homonuklearen BB-Bindungen führen.
1. Einleitung und Literaturübersicht
Bisweilen wird dieser Bindungstyp als koordinativ bezeichnet (I), meist aber
als „echte“ Bindung (mit Elektronentransfer) beschrieben (II)1 . Dies steht in
Einklang mit den Elektronegativitäten dieser Elemente, denn es gilt: χN > χB.
Demzufolge greifen elektrophile Reagenzien am Stickstoff, nukleophile da-
gegen am Bor an.
Exakter ausgedrückt ist die Elektronendichte am Stickstoff also geringer als
in R3 N (Verminderung der negativen Ladung am Stickstoff), die am Bor ist
höher als in BX3 (Verminderung der positiven Ladung am Bor).
In einigen Fällen hat es sich aber aufgrund spektroskopischer Befunde als
sinnvoller erwiesen, einen ionischen (I) oder einen π-Komplex (II) zu formu-
lieren, z.B.[20]:
NH2•BX3 NHBX2
Me 2 NH·BCl 3 ≡ [Me 2 NH·BCl 2 +]Cl - ≡
HX
I II
N B ⊕N B N B⊕
I II III
In völliger Übereinstimmung zu den Amin-Boranen trägt der Stickstoff den
größten Anteil der negativen Ladungsdichte (ca. 0,28e negativer als das Bor-
Atom[18a]; auch hier gilt also: positive Formalladung, aber negative Partialla-
dung). Allerdings weisen viele Aminoborane kein Dipolmoment auf, so daß
berechtigte Veranlassung besteht, eine dritte no bond-Resonanzstruktur (III)
zu formulieren.
Berechnungen der Kraftkonstanten ergeben für die Bindungsordnung der
BN-Bindung bei Raumtemperatur einen Wert von b = 1,8[21]; damit ist diese
Bindung die einzige Elementkombination des Bors, die einen so hohen Dop-
pelbindungscharakter erreicht2 .
Die koordinative Sättigung kann auch durch Assoziation von monomeren
Einheiten unter Ausbildung cyclischer Bor-Stickstoff-Verbindungen erfol-
1
Dipolmoment-Messungen [19] in Alkylamin-Boranen (µD zwischen 4 und 5 D!) unterstützen
diese Formulierung.
2
Die energetische Behinderung der freien Drehbarkeit (~ 10 kcal/mol nach MO -Rechnun-
gen [18a]) läßt sich 1H-NMR-spektroskopisch nachweisen; die Methyl-Gruppen in unsymme -
trisch-substituierten Aminoboranen, Me 2BNR1R2, zum Beispiel weisen Anisochronie auf[22].
1. Einleitung und Literaturübersicht
Borazine : 1926 konnten Stock und Pohland aus Diboran und Ammoniak die
Stammverbindung der Borazine, B3 N3 H6 , synthetisieren[10]. Sehr bald darauf
wurde festgestellt, daß dieses „Borazol“ bzw. seine Halogen- und Methyl-
Derivate aufgrund ihrer Struktur in vielen physikalischen Eigenschaften dem
Benzol ähnelt, was ihm den Namen „anorganisches Benzol“ einbrachte 3 .
Insgesamt können drei Resonanzstrukturen formuliert werden, wobei die ne-
gative Ladung eher am Stickstoff lokalisiert ist (Formal- contra Partialla-
dung), als daß eine Delokalisation vorliegt[18i]:
H H H
_ ⊕
⊕ B _ ⊕
⊕ B _ B _
HN Ο NH HN Ο NH HN NH
_ ⊕ _BH
HB _ ⊕ BH
HB _ HB _ BH
Ο N Ο Ο N Ο N
H H H
Ι ΙΙ ΙΙ Ι
1
Erwartungsgemäß wirkt die Anwesenheit sperriger Substituenten der Dimerisierung entge-
gen: Me 2NBF2 liegt in Lösung bei Raumtemperatur als Dimer vor, Me 2NBCl2 und Me 2NBBr2
bilden Monomere, aus deren Lösungen irreversibel Dimere kristallisieren[24].
2
Es sind jedoch auch Iminoborane bekannt, die zu Dewar-Benzol-Derivaten trimerisieren [26].
3
Dem Phosphor-Homologen des Borazins würde dieser Name viel eher zustehen; in diesem
Fall kann man von echter Delokalisation sprechen (χP ≈ χB!): Derivate von B 3P 3H6 zeigen im
Magnetfeld den typischen Ringstrom aromatischer Verbindungen[27].
1. Einleitung und Literaturübersicht
10
C C 154 0 B N 158 0
C C 133 13 B N 141 11
C C 118 23 B N2 126 29
Die Differenz zwischen einer Einfach- und einer Doppelbindung beträgt an-
nähernd 20 pm, jedoch nur 15 pm zwischen einer Doppel- und einer Drei-
fachbindung. Grundsätzlich sind Bor-Stickstoff-Bindungen aber signifikant
länger als die entsprechenden Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einheiten – nicht nur
aufgrund der größeren Summe der Kovalenzradien (siehe Tab. 1), sondern
auch als Folge der Polarität.
Tafel 1: Die Natur der Bor-Stickstoff-Bindung[18]
Bor besitzt als Element der III. Hauptgruppe lediglich ein Elektronensextett;
Bor-Verbindungen sind also durch einen Elektronenmangel am Zentralatom
gekennzeichnet. Drei Wege stehen dem Bor-Atom zur Verfügung, die Va-
lenzabsättigung unter Ausbildung eines Elektronenoktetts zu erreichen:
Dreizentrenbindungen, pπpπ-Bindungen und Adduktbildung.
Unter einem Addukt versteht man das Additionsprodukt aus einem
Elektronenpaar-Donor (einer Lewis-Base) und einem Elektronenpaar-Akzep-
tor (einer Lewis-Säure), daher auch der vielbenutzte Begriff Donor-Akzep-
tor-Komplex.
Das 1809 erstmalig von Gay-Lussac dargestellte Ammin-Bortrifluorid,
H3 NBF3 , markiert als erste jemals synthetisierte Bor-Stickstoff-Verbindung
nicht nur den Startpunkt dieser umfangreichen Substanzklasse, sondern be-
ansprucht noch eine andere chemische Bestmarke für sich: Dem französi-
1
Gemeint sind die „delokalis ierten“ Bindungen von Benzol und Borazin.
2
In der untersuchten Verbindung tBuB≡NtBu liegt allerdings ein Fehlordnungsphänomen
vor[25].
1. Einleitung und Literaturübersicht
11
schen Wissenschaftler ist es auch gelungen, mit dieser, leicht aus den Kom-
ponenten zugänglichen kristallinen Verbindung den ersten Donor-Akzeptor-
Komplex der Chemie -Geschichte herzustellen[31].
Verschiedene Faktoren haben Einfluß auf die Stabilität eines Donor-Akzep-
tor-Komplexes (für eine gegebene dreifach-koordinierte Bor-Verbindung
BX3 ):
Auf weitere Gründe für größere oder geringere Stabilität (wie z.B. Aggre-
gatzustand des Komplexes) soll hier nicht weiter eingegangen werden.
Tafel 2: Donor-Akzeptor-Komplexe des Bors – Struktur und Stabilität[30]
1
In dem Maße wie die Hybridisierung eines Atoms Einfluß auf dessen Basizität ausübt, b e-
stimmt sie auch die Stabilität eines Donor-Akzeptor-Komplexes. Es gilt also für die Kom-
plexstabilität eines gegebenen Donor-Atoms: sp3 > sp2 > sp[32].
2
Im Normalfall wird ein gegebenes Donor-Atom durch seinen linken Nachbarn an der Do-
norstelle verdrängt, z.B. Me 3NBF3 + F- → [BF4- ] + Me 3N.
1. Einleitung und Literaturübersicht
12
Vom Schwefeldioxid lassen sich durch Ersatz der Sauerstoff-Atome zwei iso-
elektronische Reihen von Imiden ableiten: N-Sulfinylamine mit einer Imid-
Gruppe und N,N‘-Schwefeldiimide mit zwei Imid-Gruppen:
_ _ _
S _ S _ S _
O
_ O
_ RN O
_ RN NR'
13
Die älteste Methode und heute zugleich das in der organischen Chemie am
häufigsten angewandte Verfahren ist die Reaktion primärer Amine mit
Thionylchlorid:
In der anorganischen Chemie wird meist jedoch auf die Technik des N-Sul-
finylamino-Transfers - einer metathetischen Methode - zurückgegriffen: Ei-
ne geeignete Verbindung wird mit einem Transsulfinylierungsmittel umge-
setzt, wobei für einen positiven Reaktionsverlauf zu berücksichtigen ist, daß
neben dem N-Sulfinylamin aus den übrigen Komponenten eine gute Ab-
gangsgruppe gebildet wird. Als gute NSO-Überträger haben sich
Me 3 SiNSO, Hg(NSO)2 , KNSO und AgNSO bewährt:
Ag2O
RNSCl2 RNSO
SO2
RNPPh 3 RNSO
Andere Verfahren besitzen in der anorganischen Chemie keine oder nur mar-
ginale Bedeutung.
1. Einleitung und Literaturübersicht
14
C FC l3
2 Br2 + Hg(NSO)2 2 BrNSO + HgBr2
1
Bei der Darstellung von FNSO wurde das Fluor-Gas mit Stickstoff verdünnt; außerdem wur-
de die Reaktion bei tiefen Temperaturen durchgeführt.
1. Einleitung und Literaturübersicht
15
S4 N4 + 2 SO2 2 S(NSO)2
(Me 3Si)2O
Se2 Cl2 + 2 Me3 SiNSO Se(NSO)2 + 2 Me3 SiCl
CH2Cl2
(tBuMe2 )2 Te + 2 ClNSO Te(NSO)2 + 2 tBuMe2 SiCl
O O
_
S E
_ S
N
_ N
_
16
THF
SbCl3 + 3 KNSO Sb(NSO)3 + 3 KCl
C C l4
GeBr4 + 2 Hg(NSO)2 Ge(NSO)4 + 2 HgBr2
1
Eigene Versuche zur Darstellung von SC(NSO)2 gemäß SC(SCF3)2 + Hg(NSO)2 → SC(NSO)2
+ Hg(SCF3)2 führten nicht zum gewünschten Produkt (vgl. Abschnitt 2.2.3., S. 38f. zur Mo-
tivation dieser ungewöhnlich erscheinenden Synthese).
1. Einleitung und Literaturübersicht
17
THF
OK + Me3 SiNSO KNSO + OSiMe3
N N
BCl + Me3 SiNSO BNSO + Me3 SiCl
N N
1. Einleitung und Literaturübersicht
18
Die erste Verbindung stellt eine destillierbare gelbe Flüssigkeit (Kp.10 Torr
:
78 °C) dar, die sich beim Stehen bei Raumtemperatur nach einigen Tagen
rot verfärbt; das Diazaborolidin-Derivat ist eine tiefrote, sehr hydrolyse-
empfindliche Flüssigkeit (Kp.10 Torr : 68 °C).
Die Autoren verzichten leider auf eine vollständige Charakterisierung ihrer
Produkte, insbesondere fehlt eine versuchsweise Zuordnung der erhaltenen
IR-Daten zu den verursachenden Schwingungen.
1995 gelang Haas und Stange die erstmalige Synthese des Tris(N-sulfinyl-
amino)borans in Form seines Trimethylamin-Adduktes, Me3 NB(NSO)3 [52b,59]:
C H 3C N
Me3 NBF 3 + 3 Me3 SiNSO Me3NB(NSO)3 + 3 Me3 SiF
1
Versuche hierzu von Baum (Aluminium)[60] und Hamann (Gallium und Indium)[61] scheite r
ten; eigene Untersuchungen (Umsetzungen von Me 3NAlCl3 mit verschiedenen NSO -Überträ-
gern mit der Absicht, Me 3NAl(NSO)3 herzustellen) führten ebenfalls nicht zum gewünschten
Erfolg.
1. Einleitung und Literaturübersicht
19
1
Von den grau unterlegten Elementen sind Verbindungen mit mindestens einer Element-
NSO-Verknüpfung bekannt; ein zusätzliches Sternchen kennzeichnet solche Verbindungen,
die frei von weiteren Substituenten sind („reine N-Sulfinylamine“), z.B. TlNSO oder
Te(NSO)2 – im Falle des Bors als Addukt synthetisiert. Im übrigen wird auf die Literatur-
übersicht, Zitat [35] verwiesen.
1. Einleitung und Literaturübersicht
20
S
N O N C O N C S
1
Elektronegativitäten der Halogene: χF = 4,10; χCl = 2,83; χBr = 2,74; χI = 2,21[66] –
Gruppenelektro negativitäten der „klassischen“ Pseudohalogene: χNCO = 2,97; χNCS = 2,71;
χNNN = 3,04[67].
2
Zur Definition des Isosterie -Begriffes siehe Langmuir[69] und Goubeau [70].
1. Einleitung und Literaturübersicht
21
noch isoelektronisch zu ihrem Bezugselement sind. Die auf diese Weise ab-
geleiteten „Paraelemente“ (in Anlehnung an die Grimmschen Pseudoele -
mente und die von Birkenbach und Kellermann bzw. Lagowski beschrie -
benen „Pseudohalogene“[63] und Perfluororganoelement-Verbindungen[71])
zeigen ein elementähnliches Verhalten; allerdings sind die Paraelemente hin-
sichtlich der Verwandtschaft zu ihrem Bezugselement nicht gleichwertig,
sondern unterlegen (griech. παρα = bei, neben, entlang).
Paraelemente sind entweder „isovalenzelektronisch“ oder „isovalent“ zu ih-
rem Bezugselement und können problemlos erneut in den Elementver-
schiebungsformalismus einbezogen werden, so daß Paraelemente höherer
Ableitung erhalten werden.
Interessant im Rahmen dieser Arbeit ist die Äquivalenz zwischen Kohlen-
stoff und Schwefel in der Oxidationsstufe +IV (sp3 d-hybridisiert). Es kann
gezeigt werden, daß beide Elemente in vielen Verbindungsklassen gegen-
einander ausgetauscht werden können, ohne daß sich die chemischen Eigen-
schaften signifikant ändern. So entsprechen viele Reaktionen von Isocyana-
ten, R-N=C=O – „klassischen“ Pseudohalogen-Verbindungen – denen der
N-Sulfinylamine, R-N=S=O, einem Parafluor 1. Able itung.
In zahlreichen Verbindungen können die reinen Elemente durch Paraelemen-
te substituiert werden, ohne daß sich die strukturellen Konstanten nennens-
wert ändern. Diese Austauschmöglichkeit zwischen Elementen und
Paraelementen führt zum Verständnis ungewöhnlicher Stöchiometrien (z.B.
kann P7 R3 so als P4 [PR]3 und damit als Derivat von P 4 S3 [PR als Parachalko-
gen] verstanden werden[72]) und zur erfolgreichen Synthese neuer Moleküle
aufgrund bekannter Strukturen (z.B. mit Adamantan-Gerüst[73]).
Hydridverschiebungssatz und Pseudohalogene sind gewissermaßen nur Son-
derfälle des allgemeiner formulierten Periodensystems funktioneller Grup-
pen:
isovalenzelektronisch
isovalent
isoelektronisch
isoprotonisch isoster
Thiocyanate und Isothiocyanate des Bors sind in großer Zahl bekannt, von
denen einige der im Rahmen dieser Arbeit interessanten analogen Verbin-
1. Einleitung und Literaturübersicht
22
R2 BNCO R2 BNCS
RB(NCO)2 RB(NCS)2
„B(NCO)3 “1 B(NCS)3
[B(NCO)4 - ] [B(NCS)4 - ]
Abb. 8: Überblick über einige bekannte Isocyanate und Isothiocyanate des Bors [74]
R2 BX + MYCN R2BNCY + MX
1
B(NCO)3 ist nur polymer stabil; siehe auch den nachfolgenden Text.
1. Einleitung und Literaturübersicht
23
O O O
O
-_
O C C C
O
+
B N
_ C N C O
N O
- N O
- N
O
+ B O
+ B O
+
B
I II
Auch wenn das Hauptaugenmerk dieser Arbeit auf die Synthese neuer
N-Sulfinylamine gerichtet ist, sollen dabei die wichtigsten Merkmale acycli-
scher und cyclischer N,N‘-Schwefeldiimide als mögliche Produkte einer SO2 -
Abspaltung aus N-Sulfinylaminen (inter- oder intramolekular) nicht außer
acht gelassen werden.
Goehring und Weiss erschlossen im Jahre 1956 diese Verbindungsgrup-
pe durch die erstmalige Synthese von N,N‘-Dibutylschwefeldiimid,
n
BuN=S=N Bu, aus Schwefeltetrachlorid, SCl4 , und n-Butylamin, nBuNH2 [76];
n
die Chemie der N,N‘-Schwefeldiimide ist also wesentlich jünger als die der
N-Sulfinylamine.
1. Einleitung und Literaturübersicht
24
∆T [7 9 ]
2 MeSO2 NSO MeSO2N=S=NSO2Me
- SO 2
S
N N
∆T [80]
2 Cl2 Te(NSO)2 Cl2Te TeCl2
- SO 2
N N
S
S
N N
[82]
tBuAsCl
2 + KN=S=NK t BuAs Ast Bu
- 2 KC l
N N
S
1
Hierbei können allerdings nur symmetrisch-substituierte N,N‘-Schwefeldiimide erhalten
werden.
1. Einleitung und Literaturübersicht
25
Vertreter E(N=S=N)2 E‘ (E, E‘: Me2 Si[84], (CF3 )2 Ge[52b,85], R2 Sb[86] u.v.a.) dar.
Im Falle des Bors konnten Haubold und Mitarbeiter nicht nur die bereits er-
wähnten N-Sulfinylaminoborane darstellen, sondern auch die folgenden
N,N‘-Schwefeldiimid-Derivate[58] 1 :
N
BN=S=NSiMe3
1 :1 N
N - Me 3SiCl
BCl + Me3SiN=S=NSiMe3
- 2 Me3 SiCl
N
2 : 1
N N
BN=S=NB
N N
S
N N
PhB BPh
N N
S
1
Nach [87] haben Haubold et al. auch (CH2NMe)2BN=S=N tBu beschrieben; diese Verbindung
wird im fraglichen Artikel aber nicht erwähnt.
2
N,N‘-Schwefeldiimide gelten im allgeme inen als hydrolyseempfindlicher im Vergleich zu
ihren analogen N-Sulfinylaminen.
1. Einleitung und Literaturübersicht
26
S
N N
2 R2 NBCl2 + 2 Me3 SiN=S=NSiMe3 R2NB BNR2
- 4 Me 3SiC l
N N
S
iPr NB BNiPr2
2
N N
N S N
S
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
2.1. Zielsetzung
Zum Zeitpunkt der Beendigung der praktischen Arbeiten war die Zahl der
Publikationen über N-Sulfinylaminoborane noch immer sehr limitiert. Nach-
gewiesen sind lediglich die beiden bereits erwähnten, nur sehr unzureichend
charakterisierten Derivate von Haubold[58], über deren Chemie im weiteren
nichts veröffentlicht wurde, sowie das in der Diplomarbeit synthetisierte
Trimethylamin-Addukt von Tris(N-sulfinylamino)boran, Me3 NB(NSO)3 [5 9 ].
Handlungsbedarf besteht in diesem Zusammenhang also nicht nur hinsicht-
lich der Synthese weiterer Addukte des Tris(N-sulfinylamino)borans und
dem Versuch der Darstellung der donor-freien Verbindung B(NSO)3 , sondern
auch im Hinblick auf Vertreter einfach- und zweifach-substituierter
N-Sulfinylaminoborane, R2 BNSO bzw. X2 BNSO und RB(NSO)2 bzw.
XB(NSO)2 , um so zu geeigneten Ausgangsverbindungen für einen möglichen
Einstieg in eine neue Bor-Schwefel-Stickstoff-Chemie zu gelangen.
Die Existenz einer Vielzahl entsprechender Isocyanato- und Isothiocyana-
toborane sollte Motivation genug sein, die Darstellung der analogen N-Sulfi-
nylaminoborane anzustreben, um das Wissen über Pseudohalogenborane zu
festigen und zu vertiefen.
Die Ziele dieser Arbeit können deshalb wie folgt formuliert werden:
30
2.2. Synthesekonzept
2.2.1. Halogen-Parahalogen-Austausch
31
borane freilich unterlassen wird) oder aber es wird das Addukt eines Halo-
genborans mit entsprechenden Transferreagenzien umgesetzt.
Pseudohalogenborane
Halogenboran-A ddukte
KNC S
Me3 NB(NCS)3 // Me3NBCl3 Me3 NB(NCO)3
SO 2
Me 2C O
//
NaO C N
1
Erstaunlicherweise ist keiner der Autoren auf die Idee gekommen, Trimethylsilyl-Verbin-
dungen wie Me 3SiNCO bzw. Me 3SiNCS a ls Überträger zu benutzen, obgleich beide Vertreter
bereits während der 60er Jahre bekannt waren und Lappert und Pyszora in ihrem ausführ-
lichen Übersichtsartikel[74d] von Arbeiten berichten, die sich der außerordentlich positiven
Eigenschaften solcher Verbindungen bedienen (siehe auch weiter unten).
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
32
Dieser Befund sei - so erklären Lappert und Pyszora - „due to the exceptio-
nally strong N → B linkage“[74d] . Unklar bleibt bei dieser Argumentation aller-
dings, warum eine vergleichbare Synthese mit Acetonitril-Bortrichlorid,
CH3 CNBCl3 , als Edukt reibungslos gelingt, gleichwohl die Kraftkonstante der
BN-Bindung im Falle des Acetonitril-Adduktes zu 3,4 N/cm[92] - und damit
signifikant höher als in Trimethylamin-Bortrichlorid (kB N = 3,07 N/cm[93]) -
ermittelt worden ist.
Das Trimethylamin-Addukt von Triisothiocyanatoboran, Me3 NB(NCS)3 , konn-
te erst 1989 von einer französischen Arbeitsgruppe durch die direkte Verei-
nigung von B(NCS)3 und Me3 N bei tiefen Temperaturen hergestellt wer-
den1 [91]
. Die homologe Isocyanat-Verbindung ist nach wie vor unbekannt.
1992 berichten Frange und Mitarbeiter über Untersuchungen von Umset-
zungen verschiedener Amin-Addukte von BCl3 mit Kaliumisothiocyanat bzw.
Natriumisocyanat unter Bedingungen der Phasentransferkatalyse (mit Te-
traglyme als Katalysator), womit sie unerwartet gute Ergebnisse erzielen
konnten2 [94]
.
Methodik: Tris(N-sulfinylamino)borane
mit Donor-Stabilisierung
Schlägt man nun eine Brücke von den erfolgreichen Arbeiten über die Dar-
stellung der Isocyanato- und Isothiocyanatoborane (siehe auch S. 20ff. und
[74]) hin zu den bekannten Synthesemethoden zur Generierung von
N-Sulfinylaminen (Tafel 2, S. 13f.), so wird deutlich, daß offensichtlich Er-
setzungen von Halogen-Atomen in Bortrihalogeniden und Organoborhaloge-
niden bzw. deren Donor-Akzeptor-Komplexen durch die NSO-Gruppe mit
Hilfe entsprechender Überträgersubstanzen die größten Aussichten zur Rea-
lisierung der gesteckten Ziele - der Synthese neuer N-Sulfinylaminoborane -
besitzen. Diese metathetischen Verfahren (metathetisch im Sinne eines Ha-
logen-Parahalogen-Austausches) werden zur routinemäßigen Darstellung
1
Gleichzeitig gelang auch die erstmalige Synthese von Me 2SB(NCS)3.
2
Bemerkenswert ist diese Arbeit gleich in zweifacher Hinsicht: Die Autoren benutzten zum
einen mit N,N-Dimethylbenzylamin, N,N-Dimethyloctylamin und N,N-Dilaurylamin unge-
wöhnliche Amine als Donor-Verbindungen, andererseits weist diese Veröffentlichung eine
große Anzahl spektroskopischer Parameter auf.
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
33
B(NCS)3 , aus BCl3 und einer äquivalenten Menge Natrium- bzw. Kalium-
thiocyanat2 in flüssigem Schwefeldioxid gemäß[75]
SO 2
BCl3 + 3 MSCN B(NCS)3 + 3 MCl
(M = Na, K)
1
Cocksedges Arbeiten über ein Triisothiocyanatoboran aus dem Jahre 1908[95] konnten
nicht bestätigt werden[74d].
2
Unklar ist, ob Sowerby tatsächlich die Thiocyanate, NaSCN und KSCN, meint. Lappert und
und Pyszora sprechen in ihrem Übersichtsartikel auch von Thiocyanaten, schreiben aber
NaCNS (sic!)[74d]. Um die Verwirrung komplett zu machen, zitiert Gmelins Handbuch der
Anorganischen Chemie diese und vergleichbare Arbeiten als Umsetzungen mit den Isothio-
cyanaten NaNCS, KNCS und Pb(NCS)2[96]!
3
Allerdings ist eine Substitution eines Fluor-Atoms gegen einen Stickstoff-Liganden unter
Abspaltung von Me 3SiF bekannt[97]; hierbei spielen jedoch andere Faktoren eine maßgeb-
liche Rolle.
4
Es darf bei diesen Überlegungen nicht außer acht gelassen werden, daß sich N-Sulfinyl-
aminoborane unter dem Einfluß der Edukte zersetzen würden: Alle Bo rtrihalogenide sind
starke Lewis-Säuren und katalysieren die Abspaltung von SO 2 (siehe auch S. 12); Isocya-
nate und Isothiocyanate dagegen sind stabil gegen vergleichbare Reaktionen.
5
Gemittelte Werte, abhängig von der Art der Substituenten.
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
34
Donor-Moleküle
NH3 NH2
N CH3 CN
N
Me3 N N
TMEDA
Et3 N
N N
i
Pr3 N DA BCO
Der Einsatz dieser verschiedenen Spezies soll den Einfluß der Hybridisierung
des Donor-Atoms auf die Stabilität von Tris(N-sulfinylamino)boran-Adduk-
1
Addukte mit Lewis-Basen, die Sauerstoff als Donor-Atom enthalten (Ether), haben sich be-
reits während der Diplomarbeit als unzulänglich erwiesen[59].
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
35
Transsulfinylierungsreagenzien
1
Bis(dimethylamino)chlorboran, (Me 2)2BCl, wurde bereits von Haubold zur Darstellung von
(Me 2N)2BNSO herangezogen [58].
2
Die entsprechenden Fluorborane können nicht verwendet werden, da diese selbst bei tiefen
Temperaturen als koordinativ abgesättigte und chemisch indifferente Dimere (im Falle von
Me 2NBF2 und MeOBF2) vorliegen bzw. instabil sind ([MeO]2BF zerfällt in B[OMe]3 und
MeOBF2[100])
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
36
1
Von den bei der Synthese von Isocyanaten und Isothiocyanaten gelegentlich angewandten
Blei-Salzen Pb(NCO)2 und Pb(NCS)2 existiert bislang kein homologes Pb(NSO)2; eigene Ver-
suche - in Anlehnung an die Darstellung von Hg(NSO)2 - mit PbF2 und Me 3SiNSO in THF
blieben erfolglos.
2
Von folgenden Übergangsmetallen sind bereits Verbindungen mit Metall-NSO-Verknüpfung
berichtet worden: Ag, Cd, Hf, Hg, Ir, Os, Pd, Pt, Rh, Ru, Ti, Zr[62,102].
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
37
C6H6
NBX3 + 3 AgNCY NB(NCY)3 + 3 AgX
(X = Cl, Br; Y = O, S)
38
Wie in Tafel 2 (S. 13f.) bereits formuliert, stellt die Sulfinylierung N,N-disi-
lyl-substituierter Amine mit SO2 oder Thionylchlorid ebenfalls ein durchaus
leistungsfähiges Verfahren dar.
Aus diesem Grunde besitzen Versuche, bekannte Silylaminoborane wie
FB[N(SiMe3 )2 ]2 oder bislang unbekannte, im Rahmen dieser Arbeit aber in-
teressante Vertreter wie Me2 NB[N(SiMe3 )2 ]2 oder MeOB[N(SiMe3 )2 ]2 - ihrer-
seits möglicherweise darstellbar aus den entsprechenden Chlorboranen mit
Lithiumbis(trimethylsilyl)amid, Li[N(SiMe3 )2 ] - einer Sulfinylierung zu unter-
ziehen, einen gewissen Stellenwert - mit der Absicht, die entsprechenden
Bis(N-sulfinylamino)halogenborane, XB(NSO)2 , bzw. Bis(N-sulfinylamino)-
organylborane, RB(NSO)2 , zugänglich zu machen, z.B. gemäß:
Ein weiterer, nicht weniger interessanter Gesichtspunkt dieser Arbeit ist der
Versuch, andere geeignete (nach Möglichkeit wenig lewis-saure) Verbindun-
gen ausfindig zu machen, mit denen N-Sulfinylamine synthetisiert werden
können - ohne auf die äußerst reaktiven Bortrihalogenide zurückgreifen zu
müssen.
Zu diesen potentiellen Vorstufen zählen zum einen die bereits erwähnten Si-
lylaminoborane, zum anderen - eingedenk der Arbeiten von Dworak1 -
Trifluormethylsulfanylborane, mit denen ein Austausch Parahalogen ⇔ Para-
1
Dieser konnte durch einen Parahalogen-Parahalogen-Austausch in Te(SCF3)2 mit Queck-
silberthiazat Te(NSO)2 in präparativen Mengen produzieren[107].
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
39
RB(SCF 3 )2 RB(NSO)2
+ Hg(NSO)2 + Hg(SCF 3 )2
R2 BSCF 3 R2BNSO
Häberlein und Haas waren Wegbereiter auf dem Gebiet der CF3 S-substi-
tuierten Borane und konnten eine Vielzahl entsprechender Verbindungen
vorstellen, deren Synthesen ihrerseits auf einem Halogen-Parahalogen-
Transfer beruhen[ 1 0 8 ]. Im Rahmen dieser Arbeit sind besonders
MeOB(SCF3 )2 , (MeO)2 BSCF3 , Me2 NB(SCF3 )2 und (Me2 N)2 BSCF3 von Interes-
se. Die ersten drei Verbindungen sind bislang unbekannt, können aber ver-
mutlich auf gleichem Wege hergestellt werden, den Häberlein für die Syn-
these von (Me2 N)2 BSCF3 wählte: die Umsetzung von (Me2 N)2 BBr mit
Hg(SCF3 )2 [ 1 0 9 ]:
40
Substrat: Trisaminoborane
1
Andererseits mißlangen auch Versuche von Baum und Hamann (Aluminium bzw. Gallium
und Indium) die entsprechenden Silylamide der Gruppennachbarn zu Al(NSO)3 bzw.
Ga(NSO)3 und In(NSO)3 zu sulfinylieren[60,61].
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
41
Geymayer und Rochow, die sich intensiv mit der Chemie solcher Verbindun-
gen beschäftigt haben, argumentieren, daß ein Bor-Atom nicht ausreichend
Platz für drei der sterisch anspruchsvollen N(SiMe3 )2 -Reste bietet1 . Viel-
mehr spalten die wohl definierten Bis[bis(trimethylsilyl)amino]halogenbo-
rane, XB[N(SiMe3 )2 ]2 , bei der Umsetzung mit einem weiteren Äquivalent
Silylamid Tris(trimethylsilyl)amin, (Me3 Si)3 N, ab, wobei gleichzeitig eine
Kondensation zu 1,3-Bis(trimethylsilyl)-2,4-bis(trimethylsilyl)amino-1,3,2,4-
diazadiboretidin erfolgt[ 1 1 2 ]:
N(SiMe3 )2 SiMe3
2 Na[N(SiMe 3) 2] N
2 XB (Me3Si)2NB BN(SiMe3)2
- 2 (Me 3Si) 3N N
N(SiMe3 )2 - 2 NaX SiMe3
Substrat: Borsäureester
Zieht man noch einmal Tab. 3 und Tab. 4 (S. 33 bzw. 36) zu Rate, so fällt
auf, daß die Bindungsenergien von Bor bzw. Silicium zu Stickstoff und Sau-
erstoff im großen und ganzen in einem vergleichbaren Bereich liegen. Diese
Feststellung legt den Verdacht nahe, daß ein Austausch zwischen Alkoxy-
oder Acyloxyboranen, B(OR) 3 bzw. B(OCOR) 3 , und Me3 SiNSO nach unten-
stehender Reaktionsgleichung durchaus möglich scheint:
1
Kalottenmodelle unterstreichen diese Beweisführung.
2. Zielsetzung und Synthesekonzept
42
∆
B(SCF 3 )3 BF 3 + SC(SCF 3 )2
43
Die Lewis-Säure induziert nicht nur die SO2 -Abspaltung, sondern dient
gleichzeitig auch als Chlorierungsmittel und Chloridionen-Akzeptor.
Auch vergleichbare Germanium-Verbindungen führten zu bislang wenig ver-
trauten cyclischen Systemen[52b,85]:
S
N N
∆
2 (CF 3 )2 Ge(NSO)2 (CF 3)2Ge Ge(CF 3)2
- 2 SO 2
N N
S
Auffallend und ungewöhnlich ist, daß abhängig von der Wahl der Lewis-
Säure (mitunter auch des Lösemittels) ganz unterschiedliche Produkte ent-
stehen können.
Nicht immer aber stehen ringförmige Produkte dieser Kondensationen im
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Aus einfach-substituierten Element-NSO-
Verbindungen lassen sich leicht entsprechende N,N‘-Schwefeldiimide gewin-
nen, die ihrerseits als Synthone für andere Umsetzungen dienen können
(siehe auch S. 23ff.).
Zu Beginn der Reaktionsserie sollten zunächst einige wenige Lewis-Säuren
(TiCl4 , SbCl5 usw.), mit denen bereits erfolgreich gearbeitet worden ist, an
den erwarteten Produkten getestet werden; im Erfolgsfalle könnten die Be-
mühungen ausgedehnt werden.
Auf der nächsten Seite sind die wichtigsten Umsetzungen dieser Arbeit noch
einmal graphisch festgehalten.
2.2.6. Synthesekonzept der wichtigsten Umsetzungen1
MeOB(NSO)2 RB(NSO)2
Me 3 SiNSO
Hg(NSO) 2 SO 2 SO Cl2
B(OR)3 B(NSO)3
MeOB(SCF 3)2 RB[N(SiMe3)]2
[B(NSO)4- ] N N (MeO)2BNSO
S
44
Et 2O•BF3
1
Bislang unbekannte Verbindungen sind kursiv gedruckt.
3. Ergebnisse und Diskussion
3. Ergebnisse und Diskussion
3.1. Vorbemerkung
MeOB(NSO)2 RB(NSO)2
Hg(S C F3) 2
D• BX3-n(NSO)n Li[N(S iMe 3) 2]
( MeO)2 BNSO
MeOBCl2 Me2 NBCl2
Me 3Si NSO Ag NSO Hg(NS O) 2 Me 3Si NS O M e3 S iNSO Hg( NS O) 2
KNS O A gNSO
48
RB(NSO)2
D• BX3- n(NSO) n MeOB(NSO)2
AgNSO L ewis - Sä u re
KNSO H2O
Me2 Me3 S iNS O Me2 S O2 Me3 S iNS O
N Hg( NS O)2 N FB(NSO)2 S OC l2 FB[N(SiMe3 )2 ]2 [(Me3Si)2N]2BNSO
[B(NSO)4- ]
Cl2 B BCl2 A gNSO
(OSN)2 B B(NSO)2
N KNS O N Li [N(S iMe3 ) 2]
Me2 Me2
Et2 O• BF3
49
C H 3C N
Me3 NBF 3 + 3 Me3 SiNSO Me3NB(NSO)3 + 3 Me3 SiF
50
Bei Einsatz von Quecksilberthiazat wird ebenso wie bei der Verwendung von
Me3 SiNSO das Ziel prinzipiell erreicht (NMR-Nachweis), doch zeigt die Ele-
mentaranalyse des hier gewonnenen Produktes allerdings signifikante Ab-
weichungen von den theoretischen Werten, so daß davon auszugehen ist,
daß noch HgCl2 „anhaftet“, welches sich auch nicht durch wiederholtes „Wa-
schen“ des Feststoffes mit entsprechenden Lösemitteln entfernen läßt.
Die Umsetzung von Me3 NBCl3 mit drei Äquivalenten Me3 SiNSO erweist sich
als wesentlich langwieriger (die Reaktion ist nach vier Wochen nicht quanti-
tativ abgelaufen); zudem nimmt die vollständige Abtrennung des Me3 SiCl an
der Vakuumapparatur wesentlich mehr Zeit in Anspruch.
Wenig empfehlenswert sind die Umsetzungen mit Silber- und Kaliumthiazat.
Die Verwendung von AgNSO führt zum gewünschten Produkt, was sich di-
rekt NMR-spektroskopisch und indirekt durch Identifizierung des ebenfalls
1
Im Gegensatz zu den Versuchen, Me 3NB(NCO)3 und Me 3NB(NCS)3 darzustellen (siehe
S. 31f.).
3. Ergebnisse und Diskussion
51
52
O1
S1
O3
S3
N2
N4
B O2
C1
N1 N3 S2
C2
C3
Abb.13: Wahrscheinliche Struktur von Me 3NB(NSO)31
1
Auf die Wiedergabe der Wasserstoff-Atome in den drei Methyl-Gruppen wurden aus Grü n-
den der Übersich tlichkeit verzichtet.
3. Ergebnisse und Diskussion
53
Aussagen über Bindungslängen oder gar -winkel lassen sich hierbei natür-
lich nicht mehr machen.
Die Abbildung auf der vorherigen Seite zeigt eine Konfiguration von Tri-
methylamin-Tris(N-sulfinylamino)boran, Me3 NB(NSO)3 1: Deutlich zu er-
kennen ist die jeweils tetraedrische Umgebung des Bor- und des Donor-
Stickstoff-Atoms, ebenso wie die krallenartige Anordnung der drei Liganden,
einem Dreifuß nicht unähnlich.
Inwieweit die NSO-Gruppen gegeneinander verdreht sind, läßt sich aus die-
ser Abschätzung nicht mit absoluter Genauigkeit ermitteln, doch hat es den
Anschein, als ob die Methyl- und die N-Sulfinylamin-Gruppen gestaffelt
(staggered) angeordnet sind, wobei von den letzteren zwei NSO-Gruppen
die von S(NSO)2 bekannte Konformation[51] annehmen (cis, trans, trans, cis-
Anordnung hinsichtlich der SN- und BN-Bindungen), die dritte dagegen ei-
ner NSO-Gruppe ab- und der anderen zugewandt ist.
Abb. 14 und 15 verdeutlichen diese Interpretation anhand der Newman-
Projektion bzw. der Sägebock-Formel des Adduktes (Ansicht entlang der
Donor-Bindung zwischen Stickstoff und Bor).
S O S O
N N
O Me Me O O B O
S N N S S N N S
Me Me Me
N
Abb.14: Newman-Projektion von 1
Me
54
55
Die quantitative Pyrolyse von 1 (250 °C für fünf Tage) führt zur Abspaltung
von Schwefeldioxid und Trimethylamin (infrarot-spektroskopisch nachge-
wiesen). Im tiefroten Rückstand lassen sich massenspektrometrisch einige
wenig substantielle BNS-Fragmente nachweisen; eine weitere Aufklärung
der Identität des Feststoffes kann nicht erzielt werden, da sich wegen der
Unlöslichkeit der Substanz in allen gängigen Lösemitteln kein NMR-Spek-
trum anfertigen läßt und das IR-Spektrum keine aussagekräftigen Deutun-
gen gestattet.
∆
Me3NB(NSO)3 Zersetzung
MN=C=O + HA MA + HN=C=O
δ− δ+ δ+δ−
MN=C=O + HA MNH-CO-A
56
H 2O
Me2BNCO Me2 BOH + NH3 + CO2 + (HNCO)3 + Polymer
CF 3 SNH2 + SO2
H 2O
offe ne s Syste m
CF 3SNSO
ge schlosse ne s Syste m
2 H 2O
CF 3 SSO3 NH4
In Anlehnung an diese Arbeiten und die Ergebnisse von Haas und Pritsch
bei der Hydrolyse von Tetrakis(N-sulfinylamino)german, Ge(NSO)4 [52b,56],
sollte Me3 NB(NSO)3 mit stöchiometrischen Mengen Wasser folgendermaßen
reagieren:
Tatsächlich aber ist die Neigung des Bors zum Sauerstoff wohl so groß, daß
offensichtlich Ammoniumborat, (NH4 )3 BO3 , Trimethylamin und SO2 gebildet
werden - ganz im Sinne der Substitutionsreaktion der Isocyanate:
Akzeptor-Eigenschaften
1
Lappert und Pyszora geben als Produkte der Hydrolyse Borsäure, Ammoniumsulfat (sic!)
und Kohlendioxid an[74d].
3. Ergebnisse und Diskussion
57
(Y = O, S)
Aus diesem Grund wurde ebenfalls der Versuch unternommen, ein Tetra-
thiazatoborat auf alternativem Wege durch Austausch der Fluor-Atome in
Tetrafluoroborat, [BF 4 - ], gegen NSO-Liganden darzustellen.
Gewissermaßen kann das [BF 4 - ]-Ion durchaus als Addukt eines Fluorid-Ions
mit BF 3 („F- •BF 3 “) betrachtet werden; Umsetzungen mit dem vergleichbaren
Komplex Me3 NBF 3 waren erfolgreich.
Doch auch hier blieb der Erfolg verwehrt. Nach mehrwöchiger Reaktionszeit
können lediglich die Edukte zurückgewonnen werden:
C H 3C N
Na[BF 4 ] + 4 Me3 SiNSO // Na[B(NSO)4] + 4 Me3 SiF
Verantwortlich für den Mißerfolg könnte die extrem schlechte Löslichkeit von
Natriumtetrafluoroborat in organischen Lösemitteln zeichnen. Unter Um-
ständen ist N-Trimethylsilylsulfinylamin, Me3 SiNSO, auch zu nukleophil
(man beachte die Polaritäten!), um am negativ geladenen Tetrafluoroborat-
Ion (erheblicher Unterschied zum neutralen Addukt - trotz der dort auftre-
tenden Partialladungen) angreifen zu können.
3. Ergebnisse und Diskussion
58
Me 3SiNSO , C H 3C N
Me3 NBF 3 [Me3NBF 2(NSO)]
- Me 3SiF
59
Bei den Versuchen, weitere Addukte des B(NSO)3 mit sp3 -hybridisiertem
Donor-Atom darzustellen, wurde eine Reihe anderer Stickstoff-Verbindun-
gen verwendet, teils dem Trimethylamin chemisch und seinem sterischen
Anspruch ähnlich (Et 3 N sowie TMEDA und DABCO mit jeweils zwei Donor-
Atomen), teils solchen, die größere Unterschiede aufweisen (Ammoniak und
Anilin).
In keiner der durchgeführten Umsetzungen, und trotz Variation der Reak-
tionsbedingungen, konnte ein definiertes Produkt erhalten werden:
H3 NBF 3 H3NB(NSO)3
Et 3 NBX3 Et3NB(NSO)3
Me 3SiNSO (X = F, C l)
Hg(NSO ) 2 (X = C l)
NBX3 AgNSO (X = C l) NB(NSO)3
X3 BN KNSO (X = C l) (OSN)3BN
//
C H 3C N, C C l4
X3 BN NBX3 (OSN)3BN NB(NSO)3
ode r C H 2C l2
Tatsächlich läßt sich häufig eine Reaktion beobachten, wie der infrarot-
spektroskopisch oder naßchemisch geführte Nachweis der Nebenprodukte
(Me3 SiF, Me3 SiCl, HgCl2 und AgCl) dokumentiert. Nach Entfernen der flüch-
tigen Phase bzw. von festem Quecksilber- und Silberchlorid (soweit mög-
lich) bleibt allerdings in der Regel kaum verwertbares bor-haltiges Material
11
zurück: normalerweise zeigen B-NMR-Spektren neben dem Eduktsignal
keine anderen aufschlußreichen Absorptionen.
Lediglich im Falle des Ammin-Bortrifluorid, H3 NBF 3 , läßt die Farbe des Pro-
duktes zunächst auf eine erfolgreiche Umsetzung hoffen; das IR-Spektrum
des orangegelben Feststoffes zeigt jedoch im entscheidenden Bereich um
1300 cm- 1 keine dem Me3 NB(NSO)3 vergleichbaren Peaks. Die kernreso-
nanz -spektroskopische Untersuchung ist ebenfalls wenig ergiebig.
3. Ergebnisse und Diskussion
60
Reaktions- Reaktions-
Amin NSO-Reagenz Lösemittel ϑ [°C]
dauer produkte
Me 3SiF,
H3 NBF3 Me3 SiNSO CH3 CN 50 72 h orangegelbes
Polymer
HgCl2,
Hg(NSO)2 CCl4 60 5 d Zersetzung
Et 3 NBCl3
AgCl,
AgNSO CCl4 RT 24 h
Zersetzung
NH2 •BF 3
Me3 SiNSO CH3 CN RT 72 h Zersetzung
Me 3SiF,
NBF 3
Me3 SiNSO CH3 CN 50 7 d braunes
F 3 BN Polymer
Me 3SiCl,
Me3 SiNSO CH3 CN 60 7 d
Zersetzung
Me 3SiF,
F 3 BN NBF 3 Me3 SiNSO CH3 CN 60 72 h dunkles
Polymer
Me 3SiCl,
Me3 SiNSO CH3 CN 60 48 h Polymer
61
NBCl3 NB(NCS)3
[74f]
Lappert & Pyszora
AgNC S
C 6H 6
Mit Hilfe der gleichen Methode gelang den Autoren auch die Synthese der
entsprechenden Isocyanat-Verbindung.
In Anlehnung an diese Arbeiten wurde schon während der Diplomarbeit ver-
sucht, das Pyridin-Addukt von Tris(N-sulfinylamino)boran, C5 H5 NB(NSO)3 ,
zu generieren. Bei den Umsetzungen von Pyridin-Bortrichlorid, C5 H5 NBCl3 ,
mit Quecksilberthiazat, Hg(NSO)2 , oder Silberthiazat, AgNSO, konnte in
Benzol lediglich ein orangegelbes Öl erhalten werden, über dessen Konstitu-
3. Ergebnisse und Diskussion
62
AgNSO C6H6
NBCl3 + orangegelbes Öl
Hg(NSO)2
Ausschlaggebend für den Mißerfolg war offensichtlich die Wahl des ungün-
stigen Lösemittels Benzol: Die Thematik wurde während der Promotion er-
neut aufgegriffen und es zeigt sich, daß sich das Pyridin-Addukt bei einem
Wechsel zu Tetrachlormethan (oder auch CF2 ClCFCl2 ) quantitativ aus den
bereits oben verwendeten Edukten (im Molzahlverhältnis 2:3) gewinnen
läßt:
C C l4
2 NBCl3 + 3 Hg(NSO)2 2 NB(NSO)3 + 3 HgCl2
1
Selbstverständlich erweist sich das IR-Spektrum des Pyridin-Adduktes aufgrund der Rin g-
schwingungen des heteroaromatisch en Systemes als schwieriger zu interpretieren, als j e-
nes von Me 3NB(NSO)3.
3. Ergebnisse und Diskussion
63
C C l4
NBX3 + 3 Me3 SiNSO NB(NSO)3 + 3 Me3 SiX
(X = F, Cl)
Sie erweisen sich letztlich doch als wenig sinnvoll, da sie immer unvollstän-
dig bleiben, so daß dem Produkt größere Mengen Ausgangssubstanz anhaf-
ten.
Der Einsatz von Silberthiazat führt zur Zersetzung der Reaktanden, auf die
Verwendung von Kaliumthiazat wurde nach den negativen Erfahrungen in
3.2.1. und speziell 3.2.3. verzichtet.
3. Ergebnisse und Diskussion
64
Parallel zum Reaktionsverhalten von Me3 NB(NSO)3 wurden auch die chemi-
schen Eigenschaften des Pyridin-Komplexes untersucht. Die dort gemachten
Erfahrungen können im Falle von C5 H5 NB(NSO)3 im negativen Sinne voll
und ganz bestätigt werden, wie das folgende Reaktionsschema zeigt.
SbF5,
SbC l5,
KNSO , TiC l4,
AgNSO , BC l3,
Hg(NSO ) 2 BBr3 keine Reaktion
[B(NSO)4 - ] // NB(NSO)3
C H 3C N C H 3C N, bzw. Zersetzung
C F2C lC FC l2
H 2O
65
SO 2 C H 3C N
CH3 CNBCl3 + 3 KSCN CH3CNB(NCS)3 CH3 CN + B(NCS)3
- 3 KC l
Die Übertragung dieser Ideen auf den vorliegenden Fall führte nicht zum
gewünschten Produkt, unabhängig von der Wahl des Transferreagenzes und
Lösemittels:
Me 3SiNSO (X = F, C l)
Hg(NSO ) 2 (X = C l)
AgNSO (X = C l)
KNSO (X = C l)
CH3 CNBX3 // CH3CNB(NSO)3
C H 3C N, C C l4
ode r C H 2C l2
66
nehmen ist, daß das Addukt bereits vor der Substitution zerfallen ist.
Möglicherweise kann dieses Verhalten durch zunehmende Instabilität der
Amin-Bortrihalogenide mit steigendem s-Charakter des Donor-Atoms erklärt
werden. Der Einfluß des Hybridisierungszustandes auf die Basizität (und
damit auf die Stabilität eines Donor-Akzeptor-Komplexes) ist bekannt [32]:
sp 3 sp 2 sp
Selbst bei wohlwollender Betrachtung kann man den Komplexen von Tris-
(N-sulfinylamino)boran, B(NSO)3 , nur ein sehr geringes Synthesepotential
bescheinigen.
Insbesondere das indifferente bzw. undefinierte Reaktionsverhalten gegen-
über Lewis-Säuren räumt ihnen keine präparative Bedeutung bei der beab-
sichtigten Darstellung neuartiger Bor-Schwefel-Stickstoff-Spezies ein.
Möglicherweise spalten Verbindungen mit drei NSO-Gruppen nicht nur in-
tra-, sondern auch intermolekular SO2 ab (sofern sie überhaupt dazu nei-
gen). Dies kann in aller Regel nur eine Vernetzung zwischen den einzelnen
Molekülen zur Folge haben. Letztendlich führt dies zu einem polymeren Pro-
dukt, wie im folgenden schematisch zu verdeutlichen versucht wird1 :
D OSN D OSN
B B
OSN N SN N
S OSN BD S OSN BD
NSO NSO O N N
D OSN D SN
DB NSO B DB NSO B
OSN NSO SN N
- x SO 2
NSO NSO N N N N
S S
OSN NSO O SN N
B B
D D
1
Das entstandene Netz kann sich natürlich in alle drei Raumrichtungen fortsetzen.
3. Ergebnisse und Diskussion
67
Die Polymerisierung kann bereits bei der Synthese eintreten, ebenso unter
dem Einfluß anderer Verbindungen.
Über Reaktionsverhalten und Synthesepotential der beiden anderen litera-
turbekannten Verbindungen mit dreifacher NSO-Substitution, As(NSO)3 und
Sb(NSO)3 , ist nichts Näheres bekannt [55b] .
Pritsch gelang es ebenfalls nicht, in den vierfach-substituierten Vertretern
Si(NSO)4 und Ge(NSO)4 eine kontrollierte SO2 -Abspaltung zu induzieren, um
so zu Heterocyclen zu gelangen[56].
Überraschenderweise kann das Donor-Molekül in den Addukten nicht gegen
einen vierten NSO-Liganden ausgetauscht werden, um so ein Tetrathiazato-
borat, [B(NSO)4 - ], zu synthetisieren.
Zu all diesen negativen Eigenschaften dieser neuartigen Donor-Akzeptor-
Komplexe kommt die offensichtliche Schwerzugänglichkeit der Verbin-
dungsklasse. Nur wenige Donor-Moleküle scheinen bereitwillig Addukte mit
B(NSO)3 auf dem Wege Komplexierung → Substitution (siehe auch Abb. 9,
S. 31) zu bilden.
Abhilfe könnte hier geschaffen werden, indem der umgekehrte Weg Substi-
tution → Komplexierung beschritten wird. Von dieser Möglichkeit Gebrauch
machten auch Sowerby und andere Autoren bei der erstmaligen Darstellung
verschiedener Addukte[75]. Grundstein für diesen Syntheseweg ist aber die
Verfügbarkeit von Tris(N-sulfinylamino)boran, B(NSO)3 .
3. Ergebnisse und Diskussion
68
MeOB(NSO)2 RB(NSO)2
Me SiNSO
B(OR) 3
Me3 S iNS O Hg( NSO )2 SO2 SO C l2
B(NSO)
B(NSO)
B(OR)3
3 3
MeOB(SCF ) RB[N(SiMe3)]2
3
3 2
Hg(S C F3) 2
D• BX3-n(NSO)n Li[N(S iMe 3) 2]
( MeO)2 BNSO
MeOBCl2 Me2 NBCl2
Me 3Si NSO Ag NSO Hg(NS O) 2 Me 3Si NS O M e3 S iNSO Hg( NS O) 2
KNS O A gNSO
Abb. 16: Synthesekonzept: Versuche zur Darstellung des freien B(NSO)3 bzw.
dessen Nachweis als Intermediat
1
Die Bor-Sauerstoff-Bindungen im Trimethylborat, B(OMe)3, beispielsweise besitzen erhebli-
chen Doppelbindungscharakter[117].
3. Ergebnisse und Diskussion
69
O O C R
O O C R O B O
R C O B
O C R R C O C O
O O R
70
C H 3C N
B[OC(O)CF 3 ]3 + 3 Me3 SiNSO SO2 + Me3 SiOC(O)CF 3 + Polymer
Die N-Sulfinylamine von Schwefel, Selen und Tellur sind nicht nur gut cha-
rakterisiert, sondern besitzen darüberhinaus außerordentliche Bedeutung in
der präparativen Chemie [37]. Herberhold und Chivers berichten in ihrer Ver-
öffentlichung über As(NSO)3 und Sb(NSO)3 bedauerlicherweise nichts über
die chemischen Eigenschaften dieser interessanten Verbindungen1 [55b]
.
1
Augenscheinlich reicht deren Stabilität aber aus, um Zersetzungstemperaturen jenseits von
80 °C bestimmen zu können.
3. Ergebnisse und Diskussion
71
Die von Haas und Pritsch erstmals synthetisierten Vertreter von Elementen
der IV. Hauptgruppe Si(NSO)4 und Ge(NSO)4 zeigen bereits eine so große
Tendenz, Schwefeldioxid abzuspalten, daß eine vollständige Charakterisie-
rung dieser bislang NSO-reichsten Verbindungen verhindert wird[56]. Bei
B(NSO)3 scheint der Zerfall mehr oder weniger im Augenblick des Entste-
hens stattzufinden1 .
Wie bereits in Tafel 5 (S. 29f.) formuliert, sollte im Falle der nicht zu reali-
sierenden Reingewinnung von B(NSO)3 in Substanz oder Lösung der Nach-
weis erbracht werden, daß erst das vollständig substituierte Produkt zerfällt
und nicht partiell substituierte Zwischenstufen zuvor. Mit anderen Worten
ist der Beweis der Existenz von Tris(N-sulfinylamino)boran als reaktive, in-
termediäre Zwischenstufe gefordert.
Dieser Nachweis läßt sich führen, indem Reaktanden und Lösemittel,
B[OC(O)CF3 ]3 , Me3 SiNSO und CH3 CN, schon zu Beginn eine Base, vorzugs-
weise ein Amin, zugesetzt wird. Es gibt keine Erkenntnisse darüber, daß das
perfluorierte Acyloxyboran Addukte bildet2 - das zu erwartende B(NSO)3
dagegen schon.
Ist die Amin-Konzentration ausreichend hoch, besteht die Möglichkeit, daß
das N-Sulfinylamin die Amin-Stabilisierung dem Zerfall vorzieht. Im gün-
stigsten Fall stünde mit dieser Methode ein neues Verfahren zur Verfügung,
zumindest solche B(NSO)3 -Addukte zu synthetisieren, denen ein stark basi-
sches Donor-Molekül zugrundeliegt (in-situ-Darstellung von B[NSO]3 ).
In der Tat: Die Zugabe von Trimethylamin oder Pyridin als „Stabilisatoren“
zum Reaktionsgemisch führt zu den bekannten Verbindungen Me3 NB(NSO)3
1 und C 5 H5 NB(NSO)3 2:
1
Es ist nicht damit zu rechnen, daß sich dieser Trend innerhalb der III. Hauptgruppe fort-
setzt. Die metallischen Eigenschaften lassen für das hypothetische Al(NSO)3 z.B. einen qua-
si-ionischen Charakter erwarten. TlNSO ist bereits synthetisiert worden[62].
2
Eigene Untersuchungen ergaben keine signifikante Änderung der 11B-NMR-Parameter einer
Lösung von B[OC(O)CF3]3 in CH3CN ohne und mit Amin-Zusatz (Trimethylamin, Pyridin).
3. Ergebnisse und Diskussion
72
Me3 N C H 3C N Me3NB(NSO)3
B[OC(O)CF 3 ]3 + 3 Me3 SiNSO + + 3 Me3 SiOC(O)CF 3
N NB(NSO)3
Et 3 N CH3CN
B[OC(O)CF 3 ]3 + 3 Me3 SiNSO + //
1/ N
2N
Et3NB(NSO)3
+ 3 Me3 SiOC(O)CF 3
1/ NB(NSO)3
2 (OSN)3BN
Die Konkurrenz zwischen SO2 -Abspaltung und Stabilisierung durch das Amin
(entscheidender Einfluß der Basenstärke?) ist eventuell hierfür ausschlag-
gebend.
Alternativwege zu B(NSO)3
Alle bisher erhaltenen Resultate deuten darauf hin, daß die Isolierung eines
Tris(N-sulfinylamino)borans, B(NSO)3 - soweit sie überhaupt realisierbar
erscheint - offensichtlich nur durch Modifikation eines vorhandenen BN3 -
Strukturelementes erreichbar ist.
Die Sulfinylierung eines infolge sterischer Hinderung nicht existenten
B[N(SiMe3 )2 ]2 mit Schwefeldioxid und Thionylchlorid ist bereits ausführlich
diskutiert worden.
Unter Umständen besteht die Möglichkeit, sich eines Kunstgriffes zu bedie-
3. Ergebnisse und Diskussion
73
nen, und damit die Notwendigkeit des BN3 -Fragmentes zu vermeiden: Bis-
[bis(trimethylsilyl)amino]fluorboran, FB[N(SiMe3 )2 ]2 , scheint ein geeignetes
Synthon, um die erwähnte Problematik zu umgehen.
Diese Verbindung zeichnet sich durch eine geringe Lewis-Acidität aus, bietet
aber gleichzeitig zwei unterschiedliche Möglichkeiten, eine N-Sulfinylamino-
Gruppe einzufügen bzw. zu generieren.
Das Fluor-Atom könnte mit Hilfe von Me3 SiNSO substituiert werden, wäh-
rend die beiden silylierten Amino-Liganden mit SO2 oder SOCl2 einer
Sulfinylierung unterzogen werden können.
Ob hierbei eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten ist, muß Gegenstand
einer weiteren Untersuchung sein:
FB(NSO)2
- Me 3SiF Me 3SiNSO
2 SO 2/SO C l2 - 2 (Me 3Si) 2O /
4 Me 3SiC l
FB[N(SiMe3 )2 ]2 B(NSO)3
- 2 (Me 3Si) 2O /
Me 3SiNSO - Me 3SiF
4 Me 3SiC l 2 SO 2/SO C l2
[(Me3Si)2N]2BNSO
RNSCl2
(C F3C O ) 2O ,
Ag 2O
RNSO
SO 2
RNPPh3
3. Ergebnisse und Diskussion
74
BCl3 Hg(NSX2) 2 3 [O ]
B(NSX2 )3 B(NSO)3 (X = F, Cl)
BBr3
Etwas komplexer gestalten sich die Überlegungen zur Darstellung eines Bor-
tris(trichlorophosphoramid), B(NPCl3 )3 2 :
Hg(NPCl3)2 SO 2
BCl3 B(NPCl3 )3 B(NSO)3
1
Es ist auch eine Umsetzung bekannt, bei der Siliciumdioxid eine NSF2-Gruppe hydrolysiert:
2 CF3SNSF2 + SiO 2 → 2 CF3SNSO + SiF4l[40b].
2
Ein Phenyl-Derivat ist nach eigener Erwägung aus sterischen Gründen nicht möglich (vgl.
die Situation bei B[N(SiMe 3)2]3); das Reaktionsverhalten dürfte durch den Tausch der Phe-
nyl-Gruppen gegen Chlor-Atome nicht maßgeblich beeinflußt werden.
3. Ergebnisse und Diskussion
75
MeOB(NSO) 2 RB(NSO)2
H g( NSO ) 2 SO SO Cl 2
MeOB(NSO)2 RB(NSO)2 2
MeOB(SCF
Me3 S iNS O
) Hg( NSO )
3 2
2 RB[N(SiMe
SO SO C l
2 )] 2
B(OR)3 B(NSO) 3 3 2
MeOB(SCF3 )2 RB[N(SiMe3)]2
Hg(S C F3) 2
D• BX3-n(NSO)n ( MeO)2 BNSO
Hg ( SCF 3) 2 MeOBCl2
Li[N(S iMe 3) 2]
Me2 NBCl2
Me 3Si NSO Ag NSO L i[N( SiMe 3) 2]
Hg(NS O) 2 Me 3Si NS O M e3 S iNSO Hg( NS O) 2
MeOBCl2 KNS O A gNSO
2
Me NBCl
2 2 BCl
(MeO)
D•BX3 D•BCl3 RB(NSO)2
Me3S iNSO
K NS O Ag NSO H g( NSO ) 2äuMe
Lewis-S re 3SiNSO
Hg( S CF 3)2 Li [N(S iM e3 )2 ]
Hg(NSO)2
KNSO Ag NSO (MeO) BSCF (MeO) BN(SiMe )
D•B(NSO)3 2 3 2 3 2
Hg (NS O) 2 S
Lewi s- Säu re N N S O2
RB(NSO)2
A gNS O H 2O Hg( NSO )2
KNSO RB BR SO C l
2
N N
[B(NSO)4 -] S (Me O)2 BNSO
L ewis - Säu re
Me2 Me3 S iNS O Me2 S O2 Me3 S iNS O
N Hg( NS O)2 N FB(NSO)2 S OC l2 FB[N(SiMe3 )2 ]2 [(Me3Si)2N]2BNSO
Cl2 B BCl2 (OSN)2 B B(NSO)2
N
A gNSO
N S
N N
KNS O Li [N(S iMe3 ) 2]
Me2 Me2
Et2 O• BF3
RB BR
N N
S
Halogen-Parahalogen-Austausch
1
Auf diesem Wege gelang Haubold die Synthese von (Me 2N)2BNSO [58].
3. Ergebnisse und Diskussion
76
H3 C Cl H3 C Cl H3 C Cl H3 C Cl
O
+ -
O -
O O
+ -
O
N B N B N B N B
O
+
H3 C Cl H3 C Cl H3 C Cl H3 C Cl
I II III IV
Wellenzahl Kernabstand
Verbindung Literatur
ν BCl [cm-1] rBCl [pm]
Die Zunahme in der Bindungsstärke zwischen Bor und Chlor kann einen
Austausch erschweren; jedoch sind in der Literatur einige Substitutionsreak-
tionen beschrieben[ 1 2 5 ].
Die genannten Tendenzen sind bei den entsprechend methoxy-substituier-
ten Boranen grundsätzlich vergleichbar, wenn auch nicht in gleichem Maße
ausgeprägt.
1
Siehe hierzu auch Tafel 2, S. 8 f.
3. Ergebnisse und Diskussion
77
C H 2C l2
Me2 NBCl2 + 2 Me3 SiNSO Me2NB(NSO)2 + 2 Me3 SiCl
_ _ S
N N N
∆ 1/
Me2 NB(NSO)2 Me2 NB S 2 Me2NB BNMe2
- SO 2
_ N _ N N
S
1
Die Existenz der viergliedrigen Zwischenstufe ist zumindest in der Chalkogen-Stickstoff-
Chemie zweifelsfrei belegt, auf theoretischem (a nhand der Orbitalsymmetrie [126]) wie auf
präparativem Wege (S2N2•TiCl4[127], SeSN2•TiCl4[113] und Cl2TeSN2[104]).
3. Ergebnisse und Diskussion
78
1
In der Serie Diaminoazidoboran - Aminodiazidoboran wird ebenfalls eine Tieffeldverschie-
bung beobachtet (siehe Tab. 8 rechts oben).
3. Ergebnisse und Diskussion
79
δ 11B [ppm]
X
Me3NBX3 Me2NBX2 [Me2NBX2]2 (Me2N)2BX BX3
Me2N B(NSO)2
2 Me2 NB(NSO)2
(OSN)2B NMe2
Die Affinität zur Dimerisierung wird zwar in erster Linie bei den niederen
Aminodihalogenboranen beobachtet, doch berichten Goubeau und Gräber
1
Als Donor-Verbindungen wurden hier N,N-Dimethylbenzyl-, N,N-Dimethyloctyl- und N,N-Di-
laurylamin verwendet (siehe auch Fußnote 2 auf S. 32).
2
Statt der Dimethylamino-Gruppe enthält dieses Borazid den 2,2,6,6 -Tetramethylpiperidino-
Rest.
3
An die Stelle des Dimethylamino-Restes tritt hier die Diethylamino-Gruppe.
4
Diese versuchsweise Zuordnung wurde in Tab. 8 berücksichtigt.
3. Ergebnisse und Diskussion
80
von ganz ähnlichen Tendenzen bei dem von ihnen erstmalig synthetisierten
Dimethylborisocyanat, Me2 BNCO[ 1 1 4 ]. Die Autoren erwähnen außerdem die
ebenfalls hohe Viskosität ihres Produktes, die innerhalb kurzer Zeit sogar
noch zunimmt1 .
Dimethylaminobis(N-sulfinylamino)boran, Me2 NB(NSO)2 3, kann nach den
vorliegenden Erkenntnissen nur mittels der eingangs beschriebenen Metho-
de dargestellt werden. Die Verwendung anderer Transsulfinylierungsreagen-
zien führt in allen Fällen zu Zersetzungsprodukten:
Hg(NSO ) 2,
AgNSO ,
KNSO
Me2 NBCl2 Zersetzung
C C l4,
C H 2C l2
Me 3SiNSO ,
AgNSO ,
KNSO
MeOBCl2 Zersetzung
C C l4,
C H 2C l2
Es kann zwar in allen drei Fällen eine Reaktion beobachtet und das entspre-
chende Nebenprodukt (Me3 SiCl, AgCl und KCl) nachgewiesen werden, ge-
nauso wie im Massenspektrum der Proben einige BSN-Fragmente auftreten,
1
Hier spielen auch Polymerisationsreaktionen eine wichtige Rolle.
3. Ergebnisse und Diskussion
81
S
N N
MeOB BOMe
N N
S
82
diborocine, der sich aus dem Vergleich mit den Absorptionen der von
Schmid und Mitarbeitern synthetisierten Vertretern[90] ergibt.
[MeOBNSN]2 25,5 ?
11
Tab. 9: B-Chemische Verschiebungen von Dithiatetraza-
diborocinen[90]
1
Darüberhinaus gilt die bereits auf S. 78 getroffene Aussage, daß die 11B-chemischen Ver-
schiebungen von Verbindungen mit dem Strukturelement XBN2 weitgehend unabhängig
vom dritten Substituenten X sind (siehe Tab. 8, S. 79).
2
Vergleiche das Auftreten von [Me 2NBNSN]2 im Massenspektrum von Me 2NB(NSO)2, S. 77
bzw. 123 f.
3. Ergebnisse und Diskussion
83
Parahalogen-Parahalogen-Austausch
Dworak nutzte bei der Suche nach einem effizienten Weg zu Te(NSO)2 die
Affinität des Quecksilbers zum Schwefel, um eine vielversprechende Syn-
these vorstellen zu können[ 1 0 7 ]:
1
Als Triebkraft dieser Umsetzung kann sicherlich die Bildung zweier HgS-Bindungen angese-
hen werden, auch wenn experimentelle Untersuchungen nicht vorliegen.
3. Ergebnisse und Diskussion
84
∆
B(SCF 3 )3 BF 3 + (CF 3 S)2 CS
∆
3 MeB(SCF 3 )2 3 MeBF 2 + 2 (CF 3 S)2 CS
∆
3 Me2 BSCF 3 3 Me2BF + (CF 3 S)2 CS
∆
(Me2 N)2 BSCF 3 [Me2NBF 2]2 + Thiocarbonyl-Verbindungen
Diese Verbindung verrät sich leicht durch ihre kirschrote Farbe und besitzt
ein charakteristisches Schwingungsspektrum [ 1 4 2 ].
Die Unbeständigkeit der trifluormethylsulfanyl-substituierten Borane kann
bei den durchgeführten Versuchen zur Darstellung der Titelverbindung un-
terstrichen werden. Die Synthese von MeOB(SCF3 )2 aus Dichlormethoxybo-
ran, MeOBCl2 , und Bis(trifluormethylsulfanyl)quecksilber(II), Hg(SCF3 )2 , im
stöchiometrischen Verhältnis 1:2 bei Raumtemperatur gelingt nicht, nach-
gewiesen werden können lediglich trimeres SCF2 (IR-spektroskopisch bzw.
farblich) und Difluormethoxyboran, MeOBF 2 (NMR-spektroskopisch), als Zer-
3. Ergebnisse und Diskussion
85
setzungsprodukte.
Es ist anzunehmen, daß sich diese Verbindungen aus einem primär gebilde-
ten MeOB(SCF3 )2 abgespalten haben. Dessen Nachweis als Intermediat ge-
lang nicht, auch nicht bei tieferen Temperaturen (-30 °C).
_ _
86
MeOB(NSO )2 RB(NSO )2
H g(NSO ) SO 2 SOC l2
2
Me3S iNSO
K NS O Ag NSO RB(NSO) 2 Hg( S CF 3)2 Li [N(S iM e3 )2 ]
Hg(NSO)2
[B(NSO)4 -]
S (Me O)2 BNSO
N N
SO2 Me3SiNSO
FB(NSO)2 RB BR
FB[N(SiMe3)2 ]2 [(Me3Si) 2N]2BNSO
Me2 Me3 S iNS O Me2 SOCl2
N Hg( NS O)2 N N N
Cl2 B BCl2 (OSN)2 B B(NSO)2 S
A gNSO
N KNS O N Li[N(SiMe3) 2]
Me2 Me2
Et 2O•BF3
87
Beschrieben werden in der Literatur eine Vielzahl der oben erwähnten Silyl-
aminoborane, unter diesen aber nur zwei Bis[bis(trimethylsilyl)amino]bo-
rane, die beiden Halogen-Vertreter FB[N(SiMe3 )2 ]2 und ClB[N(SiMe3 )2 ]2 .
Geymayer, Rochow und Wannagat geben als Synthese die Umsetzung der
Bortrihalogenid-Etherate mit Natriumbis(trimethylsilyl)amid, Na[N(SiMe3 )2 ],
an[ 1 1 2 ]:
Et2O
Et 2 O•BX3 + 2 Na[N(SiMe3 )2 ] XB[N(SiMe3)2]2 + 2 NaX + Et 2 O
(X = F, Cl)
In Anlehnung an die oben erwähnten Arbeiten wurde die Synthese der Titel-
verbindung aus Dimethylaminodichlorboran, Me2 NBCl2 , versucht. Als Ami-
nierungsreagenz wurde hier dem Lithium-Salz des Hexamethyldisilazans,
Li[N(SiMe3 )2 ], der Vorzug vor Na[N(SiMe3 )2 ] gegeben, da sich ersteres si-
cherer darstellen läßt und sich durch eine einfachere Handhabung auszeich-
net.
Übereinstimmend mit den bekannten Ergebnissen läßt sich bei der Umset-
zung in CCl4 schon nach kurzer Reaktionsdauer ein feiner, weißer Nieder-
schlag (LiCl) beobachten, das Gasphasen-IR-Spektrum der gelblichen Sus-
11
pension weist eine flüchtige Trimethylsilyl-Verbindung nach. Die B-kern-
resonanzspektroskopische Untersuchung zeigt jedoch mehrere Absorptionen
jenseits des Erwartungsbereiches für Trisaminoborane (etwa 20 bis 30
ppm); die Charakterisierung des Reaktionsgemisches mittels GC/MS unter-
1
Eine ähnliche Verbindung MeOB[N(SiMe 3)2][NHSiMe 3] (Darstellung in Aceton aus dem
entsprechenden Chlorb oran mit CH3OH und Et 3N als HCl-Fänger [δ1H(OMe) = 3,25,
δ11B = 27,5]) referieren Wells und Collins in einer Publikation[139].
3. Ergebnisse und Diskussion
88
streicht die Inhomogenität der Probe. Auf eine weitere Auftrennung wurde
verzichtet.
Somit gelingt die Darstellung des unsymmetrischen Trisaminoborans auf
diesem Wege nicht:
C C l4
Me2 NBCl2 + 2 Li[N(SiMe3 )2 ] // Me2NB[N(SiMe3)2]2 + 2 LiCl
C C l4
Me2 NBCl2 + 2 HN(SiMe3 )2 + 2 Me3 N // Me2NB[N(SiMe3)2]2 + 2 [Me3 NH]Cl
∆
2 R2 NB[N(SiMe3 )2 ]2 2 R2 NB(Me)N(SiMe3 )2 + [Me3 SiNSiMe2 ]2
Bis[bis(trimethylsilyl)amino]methoxyboran, MeOB[N(SiMe3 )2 ]2 5
Darstellung und Charakterisierung
Während die Synthese von Me2 NB[N(SiMe3 )2 ]2 erfolglos verlief, ist das Me-
thoxy-Analoge MeOB[N(SiMe3 )2 ]2 5 erstaunlich leicht aus Dichlormethoxy-
boran, MeOBCl2 , und Lithiumbis(trimethylsilyl)amid, Li[N(SiMe3 )2 ], zugäng-
lich. Aufgrund der guten Löslichkeit des Amides in CCl4 wird die Reaktion
zweckmäßig in diesem Lösemittel durchgeführt:
C C l4
MeOBCl2 + 2 Li[N(SiMe3 )2 ] MeOB[N(SiMe3)2]2 + 2 LiCl
3. Ergebnisse und Diskussion
89
Ebenso läßt sich hier zur Darstellung der Titelverbindung das direkte Ver-
fahren mit Hexamethyldisilazan, (Me3 Si)2 NH, und Trimethylamin zur An-
wendung bringen:
C C l4
MeOBCl2 + 2 HN(SiMe3 )2 + 2 Me3 N MeOB[N(SiMe3)2]2 + 2 [Me3 NH]Cl
Bis[bis(trimethylsilyl)amino]methoxyboran, MeOB[N(SiMe3 )2 ]2 5
Reaktionen und Umsetzungen
Der Gedanke, das Silylaminoboran 5 als geeignetes Edukt für die Darstel-
lung eines entsprechenden N-Sulfinylaminoborans MeOB(NSO)2 zu ge-
brauchen, erwies sich als nicht fruchtbar. Die Sulfinylierung von
MeOB[N(SiMe3 )2 ]2 mit Schwefeldioxid oder SOCl2 führt nicht zur gewünsch-
ten Verbindung.
Im Falle der Verwendung von SO2 als Sulfinylierungsmittel kann keine Re-
aktion beobachtet werden. Thionylchlorid führt zwar zur Entwicklung von
Chlortrimethylsilan, Me3 SiCl, welches sich leicht schwingungsspektrosko-
1
Der Verlust von CH3 ist eine typische Reaktion solcher Verbindungen im Massenspektrome-
ter.
3. Ergebnisse und Diskussion
90
Bis[bis(trimethylsilyl)amino]fluorboran, FB[N(SiMe3 )2 ]2 6
Darstellung und Charakterisierung
Die Titelverbindung wurde erstmals 1964 von Geymayer, Rochow und Wan-
nagat vorgestellt. Diesen gelang die Synthese aus Diethylether-Bortrifluorid,
Et2 O•BF 3 , und Natriumbis(trimethylsilyl)amid, Na[N(SiMe3 )2 ], in 61%iger
Ausbeute[112a]:
Et2O
Et 2 O•BF 3 + 2 Na[N(SiMe3 )2 ] FB[N(SiMe3)2]2 + 2 NaF + Et 2 O
C 6H 6
(Me3 Si)2 NH + NaNH2 Na[N(SiMe3)2] + NH3
91
C C l4
Et 2 O•BF 3 + 2 Li[N(SiMe3 )2 ] FB[N(SiMe3)2]2 + 2 LiF + Et 2 O
Bis[bis(trimethylsilyl)amino]fluorboran, FB[N(SiMe3 )2 ]2 6
Reaktionen und Umsetzungen
1
Die Synthese läßt sich jedoch nicht auf das ebenfalls von Geymayer und Mitarbeitern dar-
gestellte ClB[N(SiMe 3)2]2[112] übertragen. Bei den angestellten Versuchen konnten lediglich
Zersetzungsprodukte isoliert werden.
3. Ergebnisse und Diskussion
92
93
MeOB(NSO)2 RB(NSO)2
Me3 SiNSO
B(OR)3 B(NSO)3 Hg( NSO )2 SO2 SO C l2
MeOB(SCF3 )2 RB[N(SiMe3)]2
D• BX3-n(NSO)n ( MeO)2 BNSO
Hg(S C F3) 2
Li[N(S iMe 3) 2]
Me 3Si NSO Ag NSO MeOBCl2 Me2 NBCl2 M e3 S iNSO Hg( NS O) 2
Hg(NS O) 2 Me 3Si NS O
D•BX3 D•BCl3 KNS O A gNSO (MeO)2 BCl
Hg( S CF 3)2 Li [N(S iM e3 )2 ]
Me3S iNSO
K NS O Ag NSO RB(NSO)2
Hg(NSO)2
Lewis-S äu re
D•B(NSO)3 (MeO)2 BSCF3 (MeO)2 BN(SiMe3 )2
Hg (NS O) 2
Lewi s- Säu re S O2
A gNS O H 2O S Hg( NSO )2
KNSO N N SO C l
2
RB BR
[B(NSO)4 -] (Me O)2 BNSO
N N
Me2 Me 3S iNSO Me2 S
N MeHg(NSO)
N 2
Me
N
2 N FB(NSO)Me3 S iNS O
Hg( NS O)2
2
2
S O2
FB[N(SiMe3 )2 ]2
Me3 S iNS O
[(Me3Si)2N]2BNSO
(OSN) B B(NSO)2
S OC l2
Cl 2B BClCl2 B N BCl (OSN)
2 B B(NSO)
N 2
2
A gNSO
2 2
Me A gNSO
N
KNS O Li [N(S iMe3 ) 2]
N KNSO
Me 2 2
1
Gleichwohl könnte dieses Dimer als eine Art „inneres“ Addukt der monomeren Verbindung
Me 2NBCl2 betrachtet werden.
3. Ergebnisse und Diskussion
94
95
(MeO)2BNSO
MeOB(NSO)2 RB(NSO)2
Me 3SiNSO Hg(NSO ) 2
Me3 S iNS O Hg( NSO )2 SO2 SO C l2
B(OR)3 B(NSO)3
MeOB(SCF3 )2 RB[N(SiMe3)]2
(MeO)2 BCl
Hg(S C F3) 2
D• BX3-n(NSO)n ( MeO)2 BNSO
MeOBCl2
Li[N(S iMe 3) 2]
Me2 NBCl2 Hg(SC F3) 2 Li[N(SiMe 3) 2]
Me 3Si NSO Ag NSO Hg(NS O) 2 Me 3Si NS O M e3 S iNSO Hg( NS O) 2
KNS O A gNSO
Li[N(SiMe 3)2 ]
Et 2O•BF 3
Abb. 20: Synthesekonzept: Mono(N-sulfinylamino)borane, R2BNSO
Halogen-Parahalogen-Austausch
96
C C l4
[(Me3 Si)2 N]2 BF + Me3 SiNSO // [(Me3Si)2N]2BNSO + Me3 SiF
F FO
+ F
O
+ B -
O
B -
O
B O
+
(Me3Si)2N N(SiMe3)2 (Me3 Si)2 N O
- N(SiMe3 )2 (Me3Si)2N N(SiMe3)2
I II III
1
Selbst bei Versuchen, das Fluor-Atom mittels eines starken Fluoridionen-Akzeptors wie
Antimonpentafluorid, SbF5, abzuspalten - mit der Absicht, ein Diaminoborinium-Ion
[(Me 3Si)2N=B=N(SiMe 3)2+ ] zu generieren, ko nnte keine stöchiometrische Umsetzung beo-
bachtet werden.
2
Die dominierenden kanonischen Strukturen mit einer B=N-Doppelbindung sind fett g e-
druckt.
3. Ergebnisse und Diskussion
97
98
Hg(NSO ) 2, _ _
2 Me 3SiNSO
2 (MeO)2 BCl 2 (MeO)2 BNSO (MeO)2 BN=S=NB(OMe)2
- HgC l2, - SO 2
_ _
- 2 Me 3SiC l
1/ [(MeO)2BN=S=NB(OMe)2]x
x
Parahalogen-Parahalogen-Austausch
1
Von ähnlichen Erfahrungen berichten auch Haubold et al. bei Versuchen, ein boryl-substitu-
iertes Schwefeldiimid (Me 2N)2BN=S=NB(NMe 2)2 zu generieren [58].
3. Ergebnisse und Diskussion
99
100
SO 2
(Me2 N)2 BN(SiMe3 )2 // (Me2N)2BNSO
SO C l2
Angeregt durch die bereits erwähnten Arbeiten von Paige und Wells[ 1 4 8 ] und
parallel zu den Sulfinylierungsversuchen an (Me2 N)2 BN(SiMe3 )2 wurden Be-
strebungen unternommen, den bekannten dimethylamino-substituierten Si-
lylaminoboranen (Me2 N)2 BN(SiMe3 )2 und Me2 NB(Cl)N(SiMe3 )2 die entspre-
chenden Methoxy-Spezies an die Seite zu stellen, um die Reihe dieser Ver-
bindungsklasse zu komplettieren und Sulfinylierungen auch an diesen
durchzuführen.
3. Ergebnisse und Diskussion
101
C C l4
(MeO)2 BCl + Li[N(SiMe3 )2 ] (MeO)2BN(SiMe3)2 + LiCl
Das gesteckte Ziel kann in noch höheren Ausbeuten ebenfalls durch Ver-
wendung von Hexamethyldisilazan, (Me3 Si)2 NH, und der Hilfsbase Trime-
thylamin verwirklicht werden:
C C l4
(MeO)2 BCl + HN(SiMe3 )2 + Me3 N (MeO)2BN(SiMe3)2 + [Me3 NH]Cl
Bis(trimethylsilyl)aminochlormethoxyboran, MeOB(Cl)N(SiMe3 )2 9
Darstellung und Charakterisierung
102
C C l4
MeOBCl2 + Li[N(SiMe3 )2 ] MeOB(Cl)N(SiMe3)2 + LiCl
C C l4
MeOBCl2 + HN(SiMe3 )2 + Me3 N MeOB(Cl)N(SiMe3)2 + [Me3 NH]Cl
4.1. Schwingungsspektroskopie
Allen Neuerungen auf dem Gebiet der Strukturaufklärung zum Trotz stellt
die Schwingungsspektroskopie nach wie vor eine wichtige Methode zur
Identifizierung chemischer Verbindungen dar. Zu den Gründen hierfür zäh-
len: die Spektren lassen sich in kurzer Zeit und mit geringem experimentel-
lem Aufwand routinemäßig aufnehmen, zur Messung sind nur geringe Sub-
stanzmengen erforderlich und die Interpretation unbekannter Spektren läßt
sich mit Hilfe von Vergleichsparametern oder Erwartungsspektren verhält-
nismäßig einfach durchführen. Auch wenn die Struktur einer Verbindung oft
nicht vollständig zu entschlüsseln ist, vermittelt das Schwingungsspektrum
doch wertvolle ergänzende Informationen.
In der Schwingungsspektroskopie werden Frequenzen gemessen (im Be-
reich von 101 2 bis 101 4 Hz), mit welchen die Atome oder Atomgruppierungen
zueinander schwingen. Es ist üblich, nicht die Frequenzen ν selbst, sondern
die Wellenzahlen ν~ (ν~ = 1/λ) in reziproken Zentimetern (cm- 1 ) anzugeben.
Schwingungsspektren sind in erster Linie mit zwei Methoden experimentell
zugänglich: durch die Infrarot(IR)- und die Raman-Spektroskopie. Bei der
ersteren wird die Probe mit infrarotem Licht (2,5 µm < λ < 25 µm) durch-
strahlt und die Lichtabsorption in Abhängigkeit von der Wellenzahl gemes-
sen. Bei der Raman-Spektroskopie dagegen wird die Energie mit mono-
chromatischem sichtbarem Licht (von einem Laser erzeugt) zugeführt; man
mißt die Intensität des von der Probe gestreuten Lichtes als Funktion von
der Wellenzahl[ 1 5 0 ].
Die Frequenzlage einer Schwingung von zwei oder drei Atomen zueinander
wird maßgeblich durch die chemischen Bindungsverhältnisse (Kraftkonstan-
ten) zwischen diesen bestimmt1 . Die Kraftkonstante einer chemischen Bin-
dung korreliert direkt mit der Bindungsordnung der beteiligten Atome (und
umgekehrt), d.h. für eine Doppelbindung hat sie annähernd den doppelten,
1
Es gilt: ~
ν = 1/2π •√k/µ mit k = Kraftkonstante und µ = reduzierte Masse der Bindungspartner.
4. Spektroskopischer Teil
106
Bor-Stickstoff-Verbindungen
Tab. 11 (nächste Seite), die einige wichtige und in dieser Arbeit relevante
Verbindungsklassen des Bors zum Gegenstand hat, beschreibt eindrucksvoll
den oben geschilderten Zusammenhang zwischen Kraftkonstante, Frequenz -
lage und Bindungsordnung in Bor-Stickstoff-Verbindungen. Namentlich spie-
geln sich diese Abhängigkeiten besonders bei den Übergängen von sp- zu
sp2 - bzw. von sp2 - zu sp3 -Hybridisierung am zentralen Bor-Atom wieder.
4. Spektroskopischer Teil
107
R = (Me3Si)3Si;
R‘ = tB u
1995, 1945 122 sp [24b]
RB≡NR‘
R= tmp;
R‘ = 2,4,6 -
t
1987 125 [18f,154]
B u3 P h
H
B
HN NH 1486, 1404
HB BH
5,46 144 [156]
N 1458, 1394
H
1
Die Isotopenverteilung des Bors verursacht im allgemeinen eine Aufspaltung der Signale.
2
Die durch die tBu-Gruppe bewirkte bathochrome Verschiebung wird durch die Kopplung der
ν(10BN) mit der 11BC- und der NC -Valenzschwingung verursacht [153].
3
Hier liegt ein Fehlordnungsphänomen vor[153].
4. Spektroskopischer Teil
108
Isothio-
Azide Isocyanate Thiazate
cyanate
ν (BN) [cm -1] Verb. bek.[164] Verb. bek.[74d] 1302, 1275[91] Verb. bek.4
1
Me 2BNCO; für Cl2BNCO: 1051 und 1022 cm-1 [165]
.
2
(MeS)2BNCS.
3
MeSB(NCS)2.
4
Ergebnis dieser Arbeit.
4. Spektroskopischer Teil
109
Isothio-
Azide Isocyanate Thiazate
cyanate
ν (BN) [cm -1] Verb. bek.[164] Verb. bek.[74d] 1115, 1080[75] 1142, 1124[59]
ν (BN) [cm -1] Verb. bek.[164] Verb. bek.[94] Verb. bek.[94,116] unbek.
N-Sulfinylamine
1
Die Bezeichnungen ν as und ν s sind hier nicht ganz korrekt, da keine der S chwingungen anti-
symmetrisch zu irgendeinem Symmetrieelement ist[166].
4. Spektroskopischer Teil
110
Absorptions-
Schwingungstyp Atombewegung
bereich [cm-1]
Verbindung ν as(NSO) [cm -1] ν s(NSO) [cm -1] δ (NSO) [cm -1] Lit.
NSO
1284 1155 748 [169]
1
Zur Bezeichnung siehe auch die Fußnote auf S. 109.
4. Spektroskopischer Teil
111
Verbindung ν as(NSO) [cm -1] ν s(NSO) [cm -1] δ (NSO) [cm -1] Lit.
NSO NSO
1148 1175
MeO O2N
NSO NSO
1137 1166
Me 2 N Br
donorsubstituierte akzeptorsubstituierte
Verbindungen Verbindungen
Tab. 16: Substituenteneinfluß auf die Frequenzlage von ν s(NSO) in N-Sulfinyl-
aminen[169a]
112
_ _ -
O O
+ _
X N S O X N S O
_ _ _ -
O _ O
+
Y N S O Y N S
_ O
X: Akzeptor1 ; Y: Donor2
1
Typische Akzeptor-Substituenten: -Br, -Cl, -NO 2.
2
Typische Donor-Substituenten: -CH3, -NMe 2, -OMe.
4. Spektroskopischer Teil
113
Mit Hilfe von Vergleichsparametern kann nun versucht werden, die wichtig-
sten IR- bzw. Raman-Absorptionen der Verbindungen 1 und 2 den entspre-
chenden Normalschwingungen der Moleküle zuz uordnen:
Zuordnungsversuch
Wellenzahl
~ Bemerkung
ν [cm-1]
Me 3NbB(NaSO)3 1 NbB(NaSO)3 2
114
Zuordnungsversuch
Wellenzahl
~ Bemerkung
ν [cm-1]
Me 3NbB(NaSO)3 1 NbB(NaSO)3 2
Tab. 17: Vergleich der wichtigsten IR- und Raman-Daten von 1 und 2 mit Zuordnungs-
versuch
N,N‘-Schwefeldiimide
115
Wellenzahl Zuordnungsversuch
~ Bemerkung
ν [cm-1] [MeOBNSN] 2 4
116
liegt hier ein komplexes Gemisch polymerer Schwefeldiimide vor. Von ähnli-
chen Phänomen berichten auch Haubold, Fehlinger und Frey[58].
Bis(trimethylsilyl)amino-Verbindungen
1
Allein der Houben-Weyl umfaßt mehrere Bände zur Silicium-Stickstoff-Chemie.
4. Spektroskopischer Teil
117
Wellenzahl Zuordnungsversuch
~ Bemerkung
ν [cm-1] (MeO)2BN(SiMe3)2 8
118
Trifluormethylsulfanyl-Verbindungen
119
Wellenzahl Zuordnungsversuch
~
ν [cm-1] Bemerkung
(MeO)2BSCF3 7
120
4.2. Massenspektrometrie
Auch wenn die organische Chemie noch immer (oft zu Recht) als das klassi-
sche Einsatzgebiet massenspektrometrischer Untersuchungen gilt, so darf
deren Anwendung in der anorganischen Chemie nicht unterschätzt werden:
mit kleinsten Substanzmengen kann in vielen Fällen via Molekülionen-Peak
die relative Molekülmasse bestimmt werden, wobei das Isotopenmuster
wichtige Details über die Elementzusammensetzung der untersuchten Ver-
bindung erkennen lassen kann. Darüber hinaus ist es oft möglich, mit Hilfe
der Fragmentierung im Massenspektrum wichtige Aussagen über die Struk-
tur der analysierten Substanz zu machen[ 1 7 5 ].
N-Sulfinylamine
1
Die Probenzuführung geschieht hierbei häufig mit Hilfe des Direkteinlasses.
4. Spektroskopischer Teil
121
SiN2S 2O •+/GeNSO•+
SiNS 2O 2•+
AsNSO•+
AsN2S •+
S2NSO •+
SiNSO •+
S2NO 2•+
SNSO •+
m/
z 100
As(NSO)2•+
S2(NSO)2•+
GeN2S2O •+
SiN2S2O 4•+
SiN2S3O 3•+
GeN2S2O 4•+
Si(NSO)2•+
Si(NSO)3•+
S(NSO)2•+
GeNSO 3•+
TeN2S+
m/
z 150 200
Ge(NSO)3•+
As(NSO)3•+
HgNSO •+
Ge(NSO)4•+
Hg(NSO)2•+
Te(NSO)2•+
Si(NSO)4•+
m/
z 250 300
1
Abb. 25 gibt keine Intensitätsverhältnisse der dargestellten Fragmente wieder.
4. Spektroskopischer Teil
122
.+
Me 3 NB(NSO)3
m /z = 2 5 6
- M e 3N
- NSO
.+ .+ .+
B(NSO) 3 Me 3 NB(NSO)2 - N Me 3 NBNS 2 O2
m /z = 1 9 7 m /z = 1 9 4 m / z = 1 80
- M e 3N - Me 3N
- NSO
.+ .+
B(NSO) 2 - N BNS 2 O 2
m /z = 1 3 5 m / z = 1 21
- NS
- S
.+
BNSO 2
m /z = 8 9
123
124
Im Gegensatz zum Pyridin-Addukt von B(NSO)3 läßt sich für diese Verbin-
dung ein überzeugendes Fragmentierungsmuster mit den erwarteten
Bruchstücken formulieren.
Me 2 NB(NSO) 2
.+ Konde nsation
(Me 2 NBNSN)2
.+
- SO 2
m /z = 179 m /z = 230
- Me 2N - NSO
- NS
.+ .+ .+
B(NSO) 2 Me 2 NBNSO 2 Me 2 NBNSO
m /z = 135 m /z = 133 m /z = 117
- Me 2N
- NS
.+
BNSO2
m /z = 89
Bis(trimethylsilyl)amino-substituierte Borane
125
.+
MeOB(Cl)N(SiMe3 )2
m/z = 237
- Me - Cl
.+ .+
OB(Cl)N(SiMe3)2 MeOBN(SiMe3 )2
m/z = 222 m/z = 202
- Me 3SiCl - Me3Si
.+ - Me .+
OBNSiMe3 MeOBNSiMe3
m /z = 114 m/z = 129
-O - Me O
.+
BNSiMe3
m/z = 98
M•+
M•+ - CH3
Me3SiNBO •+
Me3SiNB•+
Me3Si•+
Me3N•+
Tab. 24: Vergleich der wichtigsten Fragmente in den Massenspektren der in dieser Arbeit
synthetisierten N-Sulfinylamine des Bors 1
1
Identische Strukturelemente sind fett gedruckt.
4. Spektroskopischer Teil
126
4.3. Kernresonanzspektroskopie
1 1
H 99,98 /2 100,00 100,00 - Me4 Si
10
B 18,83 3 1,88 10,58 0,111 Et 2 O•BF 3
11 3
B 81,17 /2 16,50 32,08 0,036 Et 2 O•BF 3
13 1
C 1,11 /2 1,69 25,14 - Me4 Si
14
N 99,64 1 0,10 7,22 0,020 NH4 Cl3
15 1
N 0,36 /2 0,10 10,13 - NH4 Cl3
17 5
O 0,04 /2 2,91 12,71 0,004 H2 O
19 1
F 100,00 /2 88,3 94,08 - CFCl3
29 1
Si 4,67 /2 0,80 19,87 - Me4 Si
Tab. 25: Kerneigenschaften einiger relevanter Isotope[177]
1
Relative Empfindlichkeit bei konstantem Feld.
2
Magnetfeldstärke B = 2,3010 T.
3
Gesättigte, wäßrige Lösung.
4. Spektroskopischer Teil
127
11 14 17
Für diese Arbeit sind primär die Kerne B, N und O von Interesse; die
übrigen aufgeführten Isotope haben nur eine vervollständigende Funktion.
11
4.3.1. B-NMR-Spektroskopie
1
Ramsey-Gleichung[183].
2
σ = σdia + σpara + σ‘ [184].
4. Spektroskopischer Teil
128
H
B
HN NH
Me3 B 86 30 Et2O•BF 3 01
HB BH
N
H
F F ⊕ F
_ _ _
ΟB ΟB ΟB
⊕F F F F F F⊕
1
Referenzsubstanz.
2
Berechneter Wert.
4. Spektroskopischer Teil
129
Zwar ist eine nicht geringe Zahl von Pseudohalogen-Verbindungen des Bors
bekannt (siehe S. 20ff.), doch wird ein Vergleich untereinander im Hinblick
auf Substituenteneffekte wegen nur unvollständig verfügbarer NMR-Daten
11
erschwert. Die nachfolgende Tabelle faßt B-chemische Verschiebungen
einiger zu N-Sulfinylaminen strukturell äquivalenter Borpseudohalogenide
mit sp2 -hybridisiertem Zentralatom (im Falle der Borate sp3 -hybridisiert)
zusammen[ 1 8 5 ].
4. Spektroskopischer Teil
130
X⊕ X
C C⊕
_ _ _ ⊕
ΟB N ΟB N ΟB N C X
I II III
131
14
4.3.2. N-NMR-Spektroskopie
1
D meint ein tertiäres Amin R3N.
4. Spektroskopischer Teil
132
14
leichteren Kern N, dessen Resonanzlinien jedoch aufgrund quadrupolarer
Relaxationsmechanismen (I = 1) große Halbwertsbreiten aufweisen[ 1 9 3 ]. In
Einzelfällen kann dies zur Folge haben, daß die Aufnahme eines verwertba-
14
ren N-NMR-Spektrum unmöglich ist[ 1 9 4 ].
Erst die routinemäßige Anwendung der FT-NMR-Spektroskopie führte zu
brauchbaren Ergebnissen bei Messungen der sehr viel seltener auftreten-
15
den N-Kerne, die kein elektrisches Quadrupolmoment besitzen (siehe
Tab. 25, S. 126).
14
Der Bereich bislang beobachteter N-chemischer Verschiebungen umfaßt
etwa 1000 ppm, wobei die Absorptionen der meisten Stickstoff-Verbindun-
gen innerhalb eines Gebietes von ungefähr 500 ppm liegen[ 1 9 5 ].
Grundsätzlich muß bei der Detektion von Stickstoff-Atomen beachtet wer-
14
den, daß die N-NMR-Parameter wegen der extremen Linienbreiten (bis zu
einigen 1000 Hz) teilweise mit erheblichen Fehlern behaftet sind (einige
15
ppm), indes entsprechende Daten für das N-Isotop mit einer Genauigkeit
von ± 0,5 ppm angegeben werden können. Die Signale beider Kerne zeigen
sowohl Lösemittel-, Konzentrations- als auch Temperaturabhängigkeit [ 1 9 5 ].
1
Referenzsubstanz.
4. Spektroskopischer Teil
133
(1 3 C-NMR: Alkane, 14
N-NMR: Amine). Im völligen Gegensatz zur 11
B-NMR-
Spektroskopie wird die Resonanzlage hier also vorrangig durch die Art der
Hybridisierung bestimmt, wobei der Einfluß durch das freie Elektronenpaar
des Stickstoffs jedoch beträchtlich sein kann.
14
Verschiedene Arbeitsgruppen haben N-NMR-Untersuchungen an Isocyana-
ten, Isothiocyanaten und N-Sulfinylaminen und die daraus resultierende
Diskussion in bezug auf die unterschiedlichen Bindungsverhältnisse in den
Mittelpunkt ihres Interesses gestellt [ 1 9 6 ]. Die wichtigsten Ergebnisse (siehe
14
Tab. 30 oben) lassen sich wie folgt zusammenfassen: Während die N-
NMR-Resonanzen zweifach-koordinierter Stickstoff-Atome in kumulierten
Systemen (Isocyanate, Isothiocyanate, Azide) gewöhnlicherweise bei rela-
tiv hohem Feld auftreten, kann bei N-Sulfinylaminen ein Tieffeldshift der
chemischen Verschiebung von 200 bis 300 ppm beobachtet werden. Erklärt
werden kann dieser beträchtliche Unterschied durch einen paramagneti-
schen Shift 2. Ordnung, verursacht durch eine Beteiligung des freien Elek-
tronenpaars des Schwefels an einem n→ π*-Übergang. Bekräftigt wird diese
Annahme durch Absorptionsmaxima im nahen UV-Bereich der Elektronen-
spektren (λmax ≈ 320 nm), die sich bis in den sichtbaren Bereich erstrecken.
Aus diesem Grund sind viele N-Sulfinylamine farbig, während die entspre-
chenden Isocyanate und Isothiocyanate überwiegend farblos sind (λmax ≈
225 nm)[ 1 9 6 c ].
4. Spektroskopischer Teil
134
14
Es ist ein literaturbekanntes Phänomen, daß N-NMR-Spektren nicht ent-
gaster Proben ein scharfes Signal geringer Halbwertsbreite um 280 ppm
zeigen. Dabei handelt es sich erwiesenermaßen um die Resonanz des physi-
kalisch gelösten, molekularen Stickstoffs (siehe auch Tab. 29)[ 1 9 7 ].
17
4.3.3. O-NMR-Spektroskopie
135
wa -50 ppm in Alkoholen und Ethern bis hin zu mehr als 800 ppm in Nitro-
syl-Verbindungen[ 1 9 9 , 2 0 0 ].
1
Referenzsubstanz.
4. Spektroskopischer Teil
136
δ 17O δ 17O
Verbindung Verbindung
[ppm] [ppm]
O
+ _O- -
O
_ O
+
O S
_ O
_ O
_ S
_ O (a)
_ O
+ _O -
_
O O
+
- (b)
RN S
_ O
_ RN
_ S
_ O
O
+ _O- -
O O
+
R2 C S
_ O
_ R2 C
_ S
_ O (c)
Im Gegensatz zu Struktur (a) ist die negative Ladung in (b) und (c) nicht
symmetrisch verteilt, sondern aus Gründen der Elektronegativität eher am
Sauerstoff lokalisiert (in Sulfinen naturgemäß ausgeprägter als in N-Sulfi-
nylaminen, da χ O > χ N > χ C ).
1
Acyl-substituierte Isocyanate absorbieren aufgrund der Mesomeriefähigkeit der Carbonyl-
Gruppe bei höheren Frequenzen als einfache Alkyl-Derivate [201b].
4. Spektroskopischer Teil
137
SO2 143
RNSO 145
R2 CSO 147
R2 SO1 150
Tab. 33: Schwefel-Sauerstoff-Bindungslängen[202]
33
4.3.4. S-NMR-Spektroskopie
Der Vollständigkeit halber soll im Rahmen dieses kleinen Abschnittes auf die
33
Möglichkeiten der S-NMR-Spektroskopie [ 2 0 3 ] in der Charakterisierung von
N-Sulfinylaminen hingewiesen werden.
Gleichwohl dieses Isotop mit nahezu allen erdenklichen ungünstigen, den
routinemäßigen Einsatz in der NMR-Spektroskopie erschwerenden Eigen-
schaften (Kernspin I = 3 /2 ; elektrisches Quadrupolmoment; geringes natür-
liches Vorkommen; niedriges gyromagnetisches Verhältnis) ausgestattet ist,
33
gibt es dennoch einige Veröffentlichungen, die sich mit S-Parametern von
[204]
N-Sulfinylaminen beschäftigen . Die chemischen Verschiebungen zweier
organischer N-Sulfinylamine sind in Tab. 34 wiedergegeben.
NSO
t
BuNSO 257 261
1
Die 17O-chemische Verschiebung δ17O liegt in Sulfoxiden bei etwa 0 ppm.
1
Referenz ist eine 2M-Lösung von Cs 2SO 4.
4. Spektroskopischer Teil
138
4.4.1. Tris(N-sulfinylamino)boran-Addukte
139
4.4.2. Bis(N-sulfinylamino)borane
Me Me
N
O B O
S N N S
4.4.3. Dithiatetrazadiborocine
Die von Schmid et al. an den von ihnen erstmalig synthetisierten 3,7-Bis(di-
alkylamino)-3H,7H-1λ4 ,5λ4 ,2,4,6,8,3,7-dithiatetrazadibocinen angefertigte
Röntgenstrukturanalyse[90] führte zum erwarteten Ergebnis: die vier Ring-
Stickstoff-Atome liegen in einer Ebene, wie dies auch bei Arsen- und Sili-
4. Spektroskopischer Teil
140
CH3 OB BOCH3
N N
N S N
S
5. Experimenteller Teil
5. Experimenteller Teil
5.1. Allgemeines
5.2. Analysenmethoden
144
ben und Gase wie auch Flüssigkeiten mit hinreichend hohem Dampfdruck in
einer Gasküvette (Länge l = 10 cm) mit Kaliumbromid-Fenstern vermes-
sen. Die Präparation luft- und feuchtigkeitsempfindlicher Verbindungen
wurde unter Schutzgas (Argon) durchgeführt.
Für Raman-Spektren wurde das FT-Spektrometer IFS 66 durch eine Raman-
Einheit FRA 106 (Fa. Bruker) ergänzt. Als monochromatische Lichtquelle
diente ein Neodym-YAG-Laser (Erregerlinie λ = 1064 nm).
Die Proben wurden in abgeschmolzenen Glaskapillaren vermessen, welche
unter Luftausschluß beschickt wurden.
Zur Charakterisierung der Bandenintensitäten werden im weiteren folgende
Abkürzungen verwendet:
Banden- Banden-
Abkürzung Abkürzung
intensität intensität
w schwach sh Schulter
m mittelstark br breit
s stark
Tab. 35: Charakterisierung der Absorptionsintensitäten
145
NMR-Referenzsubstanz Kernsorte(n)
1 13 29
Tetramethylsilan, Me4 Si H, C, Si
Diethylether-Bortrifluorid, Et 2 O•BF 3 11
B
Signal- Signal-
Abkürzung Abkürzung
multiplizität multiplizität
s Singulett q Quadruplett
d Dublett m Multiplett
t Triplett
Tab. 37: Signalmultiplizitäten in der NMR-Spektroskopie
1
Als Standard diente eine gesättigte, wäßrige Lösung von Ammoniumchlorid.
5. Experimenteller Teil
146
5.3. Ausgangsverbindungen
147
Das Amin verdrängt hierbei den Ether an der vierten Koordinationsstelle des
Bors:
Et2O
Et2 O•BF3 + R3 N R3 NBF3 + Et2 O
Me3 N 1
2 CH2 Cl2 [211]
Tab. 38: Reaktionsparameter für die Darstellung der Amin-Addukte von BX3 (X = F, Cl)
1
Trimethylamin-Bortrifluorid, Me 3NBF3, wird am zweckmäßigsten in einer Autoklaven-Reak-
tion aus sorgfältig getrockn etem Trimethylamin und Bortrifluorid gewonnen[208].
5. Experimenteller Teil
148
5.3.2. Transsulfinylierungsreagenzien
THF
HgF 2 + 2 Me3 SiNSO Hg(NSO)2 + 2 Me3 SiF
149
Et2O
CF 3 C(O)OAg + Me3 SiNSO AgNSO + CF 3 C(O)OSiMe3
THF
OK + Me3 SiNSO KNSO + OSiMe3
Diese Verbindung ist sehr hydrolyseempfindlich und muß deshalb unter ei-
ner Inertgas-Atmosphäre gelagert werden.
150
n BuLi He x an
+ (Me3 Si)2 NH Li[N(SiMe3)2] + C4 H1 0
Bis(trimethylsilyl)aminobis(dimethylamino)boran, (Me2N)2BN(SiMe3)2:
In einer Modifikation der Synthese von Paige und Wells wird dieses unsymme-
trisch substituierte Trisaminoboran in einer Umsetzung äquimolarer Mengen Li-
thiumbis(trimethylsilyl)amid, Li[N(SiMe3 )2 ], und Dimethylaminochlorboran,
(Me2 N)2 BCl, gewonnen[ 1 4 8 ]:
C C l4
(Me2 N)2 BCl + Li[N(SiMe3 )2 ] (Me2N)2BN(SiMe3)2 + LiCl
5. Experimenteller Teil
151
Die „Doppelbombe“
Diese, in dieser Arbeit oft benutzte Glasapparatur besteht in der Regel aus
zwei 50-ml-Cariusrohren mit Teflon-Ventilen (Fa. Young), die über ein Glas-
Verbindungsstück mit einer D3-Glasfritte zusammengefügt sind.
Gewöhnlicherweise dient eines der beiden länglichen Glasgefäße als Reak-
tionskolben und ist daher in der Regel mit einem Rührfisch versehen, der
das magnetische Rühren ermöglicht. Der andere Schenkel wird häufig dazu
benutzt, ein Reaktionsprodukt möglichst rein zu gewinnen, indem das Pro-
duktgemisch durch Zuhilfenahme eines geeigneten Lösemittels aufge-
schlämmt, „gewaschen“ wird und so aufgrund unterschiedlicher Löslichkei-
ten mittels der Fritte von störenden Nebenprodukten befreit werden kann.
Dieser Prozeß des „Waschens“ kann beliebig oft wiederholt werden.
Die Apparatur besitzt zwei Kernschliffe (NS 14,5), mit denen der Anschluß
an eine Vakuumapparatur zum Einkondensieren von Reaktanden und/oder
Lösemitteln ebenso wie eine Untersuchung der Gasphase problemlos reali-
siert werden kann.
5. Experimenteller Teil
152
Teflon-Ventile
D3-Glasfritte
153
S O
H3C N
H3C N B O
N S
H3C N
S O
C3H9BN4O3S3
M = 256,12 g/mol
Darstellung
CH3CN
Me3 NBF 3 + 3 Me3 SiNSO Me3NB(NSO)3 + 3 Me3 SiF
154
C C l4
2 Me3 NBCl3 + 3 Hg(NSO)2 2 Me3NB(NSO)3 + 3 HgCl2
C H 3C N
B[OC(O)CF 3 ]3 + 3 Me3 SiNSO + Me3 N
155
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
59 38,2 Me 3N•+
48 49,3 SO •+
46 73,0 SN•+
1
Locksubstanzen: 1H-NMR, 11B-NMR, 13C-NMR: CDCl3; 14N-NMR, 17O-NMR: CD3CN - bei Ver-
wendung von CD3CN ergibt sich eine 11B-chemische Verschiebung von δ = - 4,0).
5. Experimenteller Teil
156
Schwingungsspektroskopie
Infrarot-Spektroskopie (KBr-Preßling)
~
ν [cm- 1 ]: 3027 (m), 2963 (m), 1491 (s), 1468 (m), 1453 (m), 1320 (vs),
1298 (vs), 1243 (s), 1142 (vs), 1124 (vs), 1019 (s), 985 (s),
926 (m), 898 (s), 838 (vs), 816 (s), 700 (w), 580 (m), 453 (w),
422 (m).
5. Experimenteller Teil
157
~
ν [cm- 1 ]: 1454 (m), 1318 (m), 1297 (m), 1143 (m), 1122 (vs), 987 (m),
899 (w), 832 (m), 620 (w), 560 (m), 472 (w), 423 (m), 330 (w),
242 (w), 205 (m), 154 (s).
Elementaranalyse
%C %H %N
158
S O
N
O
N B N S
N
S O
C5H5BN4O3S3
M = 276,11 g/mol
Darstellung
C C l4
2 NBCl3 + 3 Hg(NSO)2 2 NB(NSO)3 + 3 HgCl2
1
Eine genaue Ausbeutebestimmung ist schwierig, da das Produkt auch nach vielfach wieder-
holten „Wasch“vorgängen noch immer mit geringen Mengen HgCl2 verunreinigt ist (siehe
auch S. 63f.).
5. Experimenteller Teil
159
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
8,06 8,87
H H
8,54 -3,0
H C NB(NSO)3
143,3
C C
129,4 143,2
Elementaranalyse2
%C %H %N
1
Locksubstanz: CDCl3.
2
Zu den Abweichungen siehe die Fußnote auf der vorherigen Seite und Seite 63 f.
5. Experimenteller Teil
160
Schwingungsspektroskopie
Infrarot-Spektroskopie (KBr-Preßling)
~
ν [cm- 1 ]: 3124 (m), 3083 (m), 1627 (s), 1487 (s), 1461 (s), 1320 (vs),
1290 (vs), 1213 (s), 1136 (vs), 1098 (vs), 1024 (m), 909 (m),
883 (s), 818 (s), 769 (s), 687 (m), 643 (m), 585 (m), 422 (m).
5. Experimenteller Teil
161
S O
H3C N
N B
H3C N
S O
C2H6BN3O2S2
M = 179,02 g/mol
Darstellung
C H 2C l2
Me2 NBCl2 + 2 Me3 SiNSO Me2NB(NSO)2 + 2 Me3 SiCl
162
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
(H3C)2NB(NSO)2
89 63,0 BNSO 2•+
64 23,2 SO 2•+
48 34,1 SO •+
46 100,0 SN•+
44 90,6 Me 2N•+
1
Locksubstanz: CDCl3.
2 11
Zur Zuordnungsproblematik des B-NMR-Parameter siehe auch S. 78ff.
5. Experimenteller Teil
163
S
N N
O B B O
H3C CH3
N N
S
C2H6B2N4O2S2
M = 203,84 g/mol
Darstellung
S
N N
C C l4
2 MeOBCl2 + 2 Hg(NSO)2 MeOB BOMe + 2 HgCl2 + 2 SO2
N N
S
1
Zu Problemen bei der Ausbeutebestimmung siehe die Fußnote auf S. 158.
5. Experimenteller Teil
164
Charakterisierung
Kernresonanzspektroskopie1
chem. Ver-
Kern schiebung δ [ppm]
S
N
3,18 49,9
N
1
H 3,18 (s)
H3CO B 25,5 B OCH3
11
B 25,5 (s) N N
S
13
C 49,9 (q)
Schwingungsspektroskopie
Infrarot-Spektroskopie (KBr-Preßling)
~
ν [cm- 1 ]: 3139 (m), 3019 (m), 2981 (m), 1474 (s), 1458 (s), 1396 (s),
1384 (m), 1371 (m), 1342 (m), 1 183 (m), 1165 (m), 1095 (m),
1032 (m), 1008 (m), 889 (m), 858 (m), 808 (m), 787 (s),
760 (vs), 741 (vs), 720 (vs), 696 (s), 557 (m), 500 (m), 435 (m).
1
Locksubstanz: CDCl3.
5. Experimenteller Teil
165
CH3
H3C Si CH3
H3C N Si CH3
CH3
O B
H3C
CH3
H3C N Si CH
H3C Si 3
CH3
CH3
C13H39BN2OSi 4
M = 362,62 g/mol
Darstellung
W E G A: AUS DI C H L O R M E T H O X Y B O R A N U ND LI T H I U M B I S (T R I M E T H Y L S I L Y L )A M I D
C C l4
MeOBCl2 + 2 Li[N(SiMe3 )2 ] MeOB[N(SiMe3)2]2 + 2 LiCl
166
W E G B: AUS DI C H L O R M E T H O X Y B O R A N U ND HE X A M E T H Y L D I S I L A Z A N
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
98 18,3 Me 3SiNB•+
73 16,7 Me 3Si•+
59 16,7 Me 3N•+
1
Locksubstanz: CDCl3.
5. Experimenteller Teil
167
CH3
H3C Si CH3
H3C N Si CH3
CH3
F B
CH3
H3C N Si CH
H3C Si 3
CH3
CH3
C12H36BFN2Si 4
M = 350,59 g/m ol
Darstellung
C C l4
Et 2 O•BF 3 + 2 Li[N(SiMe3 )2 ] FB[N(SiMe3)2]2 + 2 LiF + Et 2 O
168
Charakterisierung
Fp.7 6 0 : 20 °C
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
73 83,1 Me 3Si+•
1
Locksubstanzen: 1H-NMR, 19F-NMR, 29Si-NMR: CDCl3; 11B-NMR: CD3CN.
2
Bislang unbekannter Wert.
3
Kopplungskonstante 1JSiH = 6,1 Hz.
5. Experimenteller Teil
169
H3C O
B S
CF3
H3C O
C3H6BF3O2S
M = 173,94 g/m ol
Darstellung
C C l4
(MeO)2 BCl + Hg(SCF 3 )2 (MeO)2BSCF 3 + CF 3 SHgCl
170
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
(H3CO)2BSCF3
63 53,5 SCF•+
41 11,3 (MeO)2B•+
31 67,1 MeO •+
Schwingungsspektroskopie
Infrarot-Spektroskopie (Gasphase)
~
ν [cm- 1 ]: 2981 (w), 2951 (w), 1459 (w), 1339 (w), 1250 (vw), 1172 (m),
1138 (s), 974 (w), 748 (w), 732 (w), 462 (vw).
1
Locksubstanz: CDCl3.
5. Experimenteller Teil
171
CH3
H3C
H3C O Si CH3
B N
H3C O Si CH3
H3C
CH3
C8H24BNO2Si 2
M = 233,27 g/mol
Darstellung
W E G A: AUS CH L O R D I M E T H O X Y B O R A N U ND LI T H I U M B I S (T R I M E T H Y L S I L Y L )A M I D
C C l4
(MeO)2 BCl + Li[N(SiMe3 )2 ] (MeO)2BN(SiMe3)2 + LiCl
172
W E G B: AUS CH L O R D I M E T H O X Y B O R A N U ND HE X A M E T H Y L D I S I L A Z A N
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
59 25,8 Me 3N•+
1
Locksubstanz: CDCl3.
5. Experimenteller Teil
173
Schwingungsspektroskopie
Infrarot-Spektroskopie (Gasphase)
~
ν [cm- 1 ]: 2964 (s), 2887 (m), 2837 (w), 2824 (w), 2775 (vw), 1494 (m),
1485 (m), 1362 (vs), 1261 (m), 1186 (m), 1105 (m), 1042 (m),
939 (s), 850 (s), 761 (m), 687 (w), 639 (w), 525 (w), 487 (w).
5. Experimenteller Teil
174
Cl
O B
H3C
CH3
H3C N Si CH
H3C Si
3
CH3
CH3
C7H21BClNOSi 2
M = 237,69 g/mol
Darstellung
W E G A: AUS DI C H L O R M E T H O X Y B O R A N U ND LI T H I U M B I S (T R I M E T H Y L S I L Y L )A M I D
C C l4
MeOBCl2 + Li[N(SiMe3 )2 ] MeOB(Cl)N(SiMe3)2 + LiCl
175
W E G B: AUS DI C H L O R M E T H O X Y B O R A N U ND HE X A M E T H Y L D I S I L A Z A N
Charakterisierung
Massenspektrometrie Kernresonanzspektroskopie 1
73 16,7 Me 3Si•+
59 23,3 Me 3N•+
1
Locksubstanz: CDCl3.
6. Zusammenfassung
6. Zusammenfassung
N N
BCl + Me3 SiNSO BNSO + Me3 SiCl
N N
C H 3C N
Me3 NBF 3 + 3 Me3 SiNSO Me3NB(NSO)3 + 3 Me3 SiF
180
N4
nungen nicht. Jedoch kann die er-
haltene Röntgenstrukturanalyse da- B O2
C1
zu dienen, eine der fehlgeordneten
N3 S2
Lagen des Moleküls wiederzugeben, N1
C3
von der Molekülstruktur zu vermit-
teln. Aussagen über Bindungslängen und -winkel lassen sich nicht treffen.
Verbindung 1 zeichnet sich durch eine ausgesprochene chemische Indiffe-
renz aus: Keine der eingesetzten Lewis-Säuren induziert eine stöchiometri-
sche Eliminierung von Schwefeldioxid; die Pyrolyse führt zwar zur Abspal-
tung von SO2 , die Konstitution des tiefroten Rückstandes kann nicht ermit-
telt werden. Me3 NB(NSO)3 zeigt keine Neigung eine weitere NSO-Gruppe
unter Ausbildung eines Tetrathiazatoborates [B(NSO)4 - ] zu addieren. Bei der
vollständigen Hydrolyse von 1 entstehen Trimethylamin, Ammoniumborat
und Schwefeldioxid:
Hg(NSO ) 2 Me 3SiNSO
NBCl3 NB(NSO)3 NBX3
C C l4 C C l4
6. Zusammenfassung
181
C H 3C N
B[OC(O)CF 3 ]3 + 3 Me3 SiNSO SO2 + Me3 SiOC(O)CF 3 + Polymer
Me3 N C H 3C N Me3NB(NSO)3
B[OC(O)CF 3 ]3 + 3 Me3 SiNSO + + 3 Me3 SiOC(O)CF 3
N NB(NSO)3
Diese Methode läßt sich jedoch nicht auf andere Amine übertragen.
In einem Halogen-Parahalogen-Austausch läßt sich aus Dimethylaminodi-
chlorboran, Me2 NBCl2 , und N-Trimethylsilylsulfinylamin, Me3 SiNSO, das
erste Bis(N-sulfinylamino)boran, Dimethylaminobis(N-sulfinylamino)boran,
Me2 NB(NSO)2 3 darstellen:
C H 2C l2
Me2 NBCl2 + 2 Me3 SiNSO Me2NB(NSO)2 + 2 Me3 SiCl
182
S
N N
MeOB BOMe
N N
S
MeOB[N(SiMe3)2]2
- 2 [Me 3NH]C l
MeOBCl2 + 2 HN(SiMe3 )2 + 2 Me3 N
6. Zusammenfassung
183
(MeO)2BN(SiMe3)2
- [Me 3NH]C l
(MeO)2 BCl + HN(SiMe3 )2 + Me3 N
MeOB(Cl)N(SiMe3)2
- [Me 3NH]C l
MeOBCl2 + HN(SiMe3 )2 + Me3 N
MeOB[N(SiMe3 )2 ]2 SO 2 MeOB(NSO)2
//
FB[N(SiMe3 )2 ]2 SO C l2 FB(NSO)2
184
C C l4
(MeO)2 BCl + Hg(SCF 3 )2 (MeO)2BSCF 3 + CF 3 SHgCl
Insgesamt kann festgestellt werden, daß das Element Bor seinem Ruf als
enfant terrible vollauf gerecht wird.
Konzepte und Motive, die in anderen Fällen zu interessanten Ergebnissen
führten, lassen sich nicht auf Bor-Verbindungen übertragen.
Dennoch konnten - gemessen an den Schwierigkeiten - einige vielverspre-
chende Resultate erzielt werden, die dazu dienen können, die Chemie des
Bors im allgemeinen und der N-Sulfinylaminoborane im speziellen besser zu
verstehen.
7. Literatur
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192
193
194
195
196
197
Herrn Dr. Klaus Engelhardt und Herrn Dipl.-Chem. Michael Exner dan-
ke ich für die kritischen Anregungen und Verbesserungen beim Lesen
dieser Arbeit.
Persönliche Daten
Geburtsort: Wattenscheid
Familienstand: ledig
Eltern
Vater: Arthur Fritz Adolf Stange, * 13. März 1934, † 8. März 1995
Schulische Ausbildung
Studium