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Ausgemahnt

Hallo Leute, kennt ihr das? Jemand betreibt ein kleines Forum oder ein noch kleineres
Gästebuch und schon hat der Betreiber Ärger am Hacken. Nein, nicht die Forentrolle, obwohl
die einen auch ganz schön ärgern können. Ich meine richtigen Ärger, mit Abmahnung vom
Anwalt und so. Kennt ihr bestimmt aus den Newstickern. Irgendwer postet was, was jemand
anderem nicht gefällt und schon gibt es teure Post vom Advokaten. Nicht für den Poster, das
wäre ja noch ok, aber den kriegt man halt nicht so leicht. Nein, für den Betreiber, den
bekommt der Anwalt dank Impressum auf dem Silbertablett. Oder was das Goldene? Egal,
eine Abmahnung als Mitstörer ist für den Betreiber teuer und für den Anwalt schnelles Geld.
Sehen viele Gerichte genauso, also das mit dem Mitstörer, nicht das mit dem Geld. Aber, was
ich zu berichten hab’, ist richtig heftig. Ehrlich!

Die Sache begann damit, dass ich ein Gästebuch auf meiner Website eingerichtet habe. Ich
wollte eben mal wissen, was die Besucher von meiner Site halten. E-Mail, klar, geht auch,
aber sich immer durch „tausende“ (ok, schön wär’s) von Mails kämpfen? Also, Gästebuch
einrichten, Spamvorsorge treffen, Badword-Filter konfigurieren und am Samstag wird dann
nachgesehen, was sich getan hat. Meistens nichts. Leider.
Vor 5 Wochen hatte ich einen echt komischen Eintrag. Ein Typ mit dem Nick
„AdvokatusCassus“ [sic] hat einen Beitrag geschrieben, in dem er seinen Frust über eine
Firma zum Ausdruck brachte, gelinde gesagt. Nun ja, gesehen, gelöscht und gut. Der Eintrag
war nur kurz zu sehen gewesen, laut Eintragszeit maximal eine halbe Stunde. Wohl nix
passiert, hatte ich gedacht, Glück gehabt.
Von wegen, denkste. Vor 3 Wochen, also 2 Wochen nach dem doch recht zeitnahen
Löschen dieses zweifelhaften Posts, bekam ich einen Brief von einem Anwalt aus Köln. Wie
man sich in diesem Zusammenhang denken kann, eine freundliche Abmahnung mit
Beschreibung des gemahnten Sachverhalts, einen Sceenshot und der strafbewehrten
Unterlassungserklärung. Nicht zu vergessen, noch die Kostenrechnung, 1623,47€ inklusive
Auslagen und MwSt. Na wie schön, hatte ich gedacht, Glück gehabt. Nächstes Jahr wär’s
teurer mit der Steuer. Über 1600 € für einen Eintrag, der vielleicht eine halbe Stunde am
Samstag abend in einem eher wenig besuchten Gästebuch zu sehen war? Mal angesehen
davon, wer surft eigentlich Samstag nachts dienstlich?
Was also tun? Zahlen und Gästebuch dichtmachen? Oder den Kampf aufnehmen? Nach
dem ersten Schreck habe ich mir die Logdatei meiner Site runtergezogen. Mit einem bisschen
Glück könnte man ja mit der IP-Adresse des eigentlichen Übeltäters dessen Identität
feststellen und ihn belangen. Wäre im Endeffekt auch sinnvoller. Die Logdatei für den
fraglichen Zeitraum durchzusehen, war wirklich sehr interessant. Der betreffende Eintrag fand
um 21:36 Uhr statt, entsprechend der Datierung der CGI-Aufrufe. Danach wurde es richtig
spannend. Der Einträger rief die Gästebuchseite mehrmals schnell hintereinander auf und das
gut 9 mal! Der nächste Logeintrag danach war ich, als ich das Gästebuch geprüft und den
Eintrag gelöscht hatte. Meine IP habe ich mir von meinem Zugangsprovider bestätigen lassen,
der Service war sehr entgegenkommend und auch schnell.
Aber zurück zur Störer-IP. Ein kurzer Test mit Traceroute förderte überraschendes zu Tage:
Die IP gehörte zu dem Adresspool von NetCologne, Köln. Wie, Störer-Provider aus Köln,
Anwalt aus Köln? Ich hab’ mir noch mal den Sceenshot angesehen, die Systemuhr von
Windows zeigte 21:37 Uhr an, direkt nach dem Eintrag! Das riecht doch förmlich nach
Betrug! Also, Traceroute mit Ausgabe auf Drucker wiederholt, Ausdrucke (auch der
Logdatei) und sämtliche Unterlagen geschnappt und hin zur Polizei. Nach 20 Minuten war die
Anzeige wegen Betruges fertig. Nun lag alles an der Staatsanwaltschaft. Ach ja, den
Forderungen der Kanzlei habe ich natürlich widersprochen. Fristgemäß.
Der ermittelnde Staatsanwalt war fix bei der Sache (ob der wohl auch gerade abgemahnt
worden war?) und hat herausgefunden, zu wem die IP zum Störungseintragungszeitpunkt
gehörte: Einer mir inzwischen recht gut bekannten Anwaltskanzlei. Die Überprüfung der
auftraggebenden Firma ergab, dass diese einem Sozius der Kanzlei gehörte und zufälliger
Weise auch ihre einzige Geschäftsstelle in der Kanzlei hatte.
Was soll man dazu sagen? Tolle Geschäftsidee: Etwas negatives über eine Briefkastenfirma
in ein Forum oder Gästebuch stellen und den Betreiber als Mitstörer abmahnen. Schnell,
einfach und wohl auch recht erfolgreich. Die Masche dürfte bei bestimmt 90% der Anbieter
klappen. Aber bei mir nicht! Und in Zukunft tut so ’was einer weniger, Betrug ist Betrug und
wird auch bei Anwälten bestraft. Ich jedenfalls brauchte im Anschluss weder eine
Unterlassungserklärung abgeben noch Gebühren zahlen. Die Kanzlei hatte meine
nachweislich schnelle Löschung des Eintrages als ausreichend akzeptiert. Soviel
Großzügigkeit überrascht doch immer wieder.
Ach ja, der „AdvokatusCassus“ kann sich, wenn es nach mir und dem Staatsanwalt geht, auf
eine tolle Karriere als Knastbruder-oder-was-auch-immer freuen. Oder Politiker werden.

Ok, natürlich ist das alles erstunken und erlogen. Kein deutscher Anwalt würde jemals so
’was tun. Niemals nicht!

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©2006 Dirk Schulte am Hülse


(www.dirksgeschichten.de)

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