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tendenzen beobach t e n

#17

+++++++01Impressum++++++++++02Schwerpunkt:
Metathema Musik ++++++06Kultur:Mikrobloggen+++
++09Technik: Barblog+++++11Aufzugwissen++++++
node17 I Editorial I 01

Redaktion: Editorial
Ji-Hun Kim
Jan-Peter Wulf

Layout:
Barbara Hanff

Kontakt:
node.contact@gmail.com

Web:
http://nodeland.org

Liebe node-Leserin, lieber node-Leser,

Der Gurkensommer hat es mit seinem typischen Sommerloch Medien einzugehen haben. Darum geht es in unserem
in sich. Nämlich sich einfach mal die Zeit zu nehmen sich Schwerpunkt.
zurückzulehnen und sich an das große Metathema Musik Des Weiteren geht es um das Mikrobloggen. Ja, auch das
zu wagen. Bloggen kann mikro sein. Hier zeigt die findige Community,
Natürlich war die Popkultur schon immer eines der großen wie man sich sucht und ja, eben auch findet. Die SMS als
Themenbereiche in der node, aber diesmal wagen wir einen alternatives GPS gibt es in „Was machst du gerade?“
allgemeinen Ausblick auf das, was Musikkultur heutzutage Schließlich werfen wir die Frage auf: „Was hat hippes
ist und vor allem was daraus werden wird. So wird man Gastronomentum mit geekiger Open Source-Philosophie
feststellen, dass es noch lange nicht zu Ende geht mit zu tun?“ Eine Partnerschaft, die unmöglich scheint,
dem Pop. Das wird zwar oft und gerne kommuniziert, die vereint die Generation der digitalen Bohème, indem die
medialen Prophezeiungen scheinen jedoch anders zu Mittel des vermeintlichen „Quellcodeaustauschs“ auch in
sein. Wie wird das alles sein? Was sind die Relikte einer einer einfachen Imbissidee zu realisieren sind. Und das
Kultur, die sich in einer elementaren Umwälzungsphase diesmalige Aufzugwissen kommt mit dem Abstieg einer
befinden? Braucht irgendwer noch eine Hi-Fi-Anlage? einst geliebten Comic-Katze und dem männlichen Urinstrahl
Was wird aus dem Album? Wohin geht die Plattenindustrie als Joystickersatz.
und wie haben die Verschränkungen auszusehen, die die Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht,
Musikkultur mit anderen Formen wie Gaming und visuellen die node-Redaktion

Berlin, August 2007


node17 I Schwerpunkt I 02

WIEWAR NOCHMAL
Technik

DAS
FRÜHERMITDEMALBUM?
INWIEFERN DAS DIGITALE MEDIENPOSITIV
AUSWIRKUNGEN AUF DEN KONSUM UND DIE
KULTUR DER POPMUSIK HABEN WIRD UND
WIE JENE PHÄNOMENE AUSSEHEN KÖNNTEN

Der Prozess der Digitalisierung im Bereich der Medien man davon ausgeht, die MP3 sei nichts anderes als ein
vollzieht sich in großen Schritten. Und wie so häufig Derivat der bislang ausgeübten Praxis des klassischen
steht das kulturelle Produkt in seiner ästhetischen Musikproduktkonsums. Allerdings verflüssigt sich die Musik,
Form noch hinter den Möglichkeiten oder den neu- sie ist nicht mehr greifbar, sie ist nicht mehr tastbar und vor
determinierenden Charakteristika der Technologien der allem: Sie hat keinen materiellen Wert mehr, so lange es
Netzwerkgesellschaft. sich um eine digitale Datei handelt. An dieser Stelle soll ein
Ausblick gewagt werden, inwiefern der Zusammenhang von
Viele Veränderungen sind zu beobachten gewesen, die Medien und ihren Inhalten sich auf die Popmusik auswirken
durch das neue Leitmedium, das Internet, auf die bisherigen wird. Und dass kleine Details, die man heute bereits
klassischen Massenmedien sich ausgewirkt haben. Nicht erkennen kann, große Nachhaltigkeit beweisen werden.
nur dass der heimische Computer mit seinen heutigen
Rechnerleistungen und Datenbitströmen in der Lage ist, Warum Musik und Computer?
den lang gehegten Traum von Multimedia und Konvergenz Der Computer, man erinnert sich, war lange Zeit nur auf
in Ansätzen realisierbar zu zeigen: Es ist gerade auch die visuelle Kommunikation ausgelegt. Wenn ein Sound
der Bereich der Musik, der sich im Augenblick mit den aus dem Rechner zu vernehmen war, dann handelte es
nachhaltigsten Herausforderungen an neue ästhetische, sich um Piepstöne, die davor warnten, dass der Computer
wie auch kulturellen Turns auseinanderzusetzen hat. überfordert ist oder sich kurz vorm Absturz befindet. Klang
Da bereits Manuel Castells davon sprach, dass Technologie war hier lange Zeit nur ein Warnsignal. Erst seit Mitte
Gesellschaft sei, so ist dieses Paradigma mit Sicherheit, der 90er Jahre war es überhaupt erst möglich, MP3s auf
sowohl ebenso umgekehrt, handelsüblichen Rechnern
als auch mit einer kulturellen „...mit den ersten CD Brennern wurde aus zu encodieren. Und mit den
Teilmenge der Gesellschaft, der grauen Kiste bald die Schaltstelle für ersten CD-Brennern wurde
nämlich der Popkultur, Musik in den heimischen Wohnzimmern...“ aus der grauen Kiste sehr
anzuwenden. Dass zum bald die Schaltstelle für
einen technolo-gische Errungenschaften in der Produktion Musik in den heimischen Wohnzimmern. Auch im Internet
oder in der Performance den Sound von Jahrzehnten hat sich die Musik deshalb so bald als ein Leitmedium
geprägt haben ist kein Geheimnis: Fender Stratocaster, herausstellen können, da der Dateiumfang im Gegensatz
Technics SL 1200 MK2, Akai MPC 2000, Roland TR zu Videoformaten eine überschaubare Größe hatte. Auch
808… die Liste ließe sich lange weiterführen. Und schon das konnten ja einzelne Songs stückchenweise herunter geladen
Tastenklavier des 18. Jahrhunderts mit seinen dynamischen werden, was einen klaren Vorteil zu Filmen darstellte. Diese
Differenzierungsmöglichkeiten bestimmte sowohl das kann man nun mal nur am Stück sich angucken.
Klavierspiel, als auch die Komposition und die Musikkultur Mit den P2P-Netzwerken hat sich auch eine neue
wesentlich. Hier soll es nun um den Musikkonsum gehen Kommunikationsebene für Musik etablieren können. Der
und die Bedeutung, die die Musik im Internet und durch Missglaube, dass es den Teilnehmern der Filesharing-
das Internet erlangt hat. Bislang ist es noch so, dass Netzwerke ausschließlich um Piraterie geht, konnte nie
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nachweislich gehalten werden. Vielmehr geht es um Dieses Verhältnis sah vor geraumer Zeit noch anders aus.
Austausch über Musik im Allgemeinen, die Diskussion über Anstatt noch größere Datenmengen zu produzieren, die
unbekannte Acts, das Hochstellen eigens produzierter Musik, ersten 50 GB-Silberlinge stehen in den Startlöchern, geht es
um diese zur Rezension der Community freizugeben. Das bei digitalen Audiodateiformaten um höhere Kompression
Kommunikationsmedium Computer wurde zum Instrument bei gleich bleibender Qualität, wie es bei der AAC umgesetzt
der Musikkommunikation schlechthin. Diese Facetten werden konnte. Zwar wird am Fraunhofer-Institut an der
vorzugsweise waren es, die den Computer in so kurzer Zeit MP3 SX gearbeitet, welche aus Zweikanal-Musik Dolby
zum Ausgangspunkt einer Musikkultur machten, welche Surround machen soll, aber die Richtung ist vorgegeben:
sich an der großen Unterhaltungsindustrie subtil vorbei Fortschritte werden für Mobile Devices hergestellt. Und wenn
geschlichen hat und an seinem jetzigen Stellenwert nichts es in Zukunft möglich sein wird, über mobile Funknetzwerke
mehr einbüßen wird. Streams herzustellen, dann wird es demnach auch möglich
sein, Last.fm oder andere Anbieter in der U-Bahn zu
Musik macht mobil hören. Dann ist selbst die Speichergröße der Festplatte auf
Die iPod-Generation schlägt ihre Urväter. Durch die dem MP3-Player von geringerer Bedeutung. Aber gerade
Mobilisierung der Musik, dem Prinzip der Verfügbarkeit und bezüglich Musik scheint sich eine, wir nennen es mal Mid-
dem Abschwächen der Idee Musik besitzen zu können, ist Fi-Ästhetik durchzusetzen. Krächzende Ringtones und
eine Tendenz bereits im vollen Gange und wird sich noch Bushidogeschepper aus dem Handy in der U8 waren da nur
weiter vertiefen: Musik ist überall und Musik ist kein Schrein die Vorboten.
in glitzerndem Glanze, der die heimischen vier Wände
schmückt und mit Klängen bemalt. Der Absatz von mobilen, Die Zukunft des Tonträgers ist die, dass es keine gibt
digitalen Wiedergabegeräten steigt immerzu, im Gegensatz Die Gleichung Musik gleich Produkt ist dem Tode geweiht.
hat das Fetisch der 70er, 80er und 90er Jahre, die HiFi- Wie in vielen anderen Bereichen auch, ist das Paradigma der

1 Jimi plays the Fender Stratocaster 2 Akai MPC 2000

Anlage, an Attraktivität eingebüßt. Die großen monströsen Dienstleistung auch eines, welches die Popmusik eingeholt
Anlagen mit dicken Boxen verstauben im Elektrofachhandel. hat. Wieso? Wenn von Industrien die Rede ist, dann schließt
Die lange geglaubte Ethik der High Definition steht vor einer das die Musikindustrie(n) mit ein. Wenn ein gesellschaftlicher
großen Krise. Interessant ist hierbei zu beobachten, dass Wandel, ob in Tagespolitik oder Globalisierungshinsicht,
die Idee und Entwicklung des „Immer-besser-Werdens“, derart präsent ist, in dem es heißt, dass
sprich höhere Auflösung, klarerer Klang, fettere Bässe, also 1. Service
der Fortschrittsgedanke einer immer weiter verfeinerten 2. Dienstleistung
Konsumption im privaten Audiobereich gestoppt wur-de. 3. Wissensökonomie und
Die SACD versagte kläg-lich. Ganz im Gegensatz zum 4. Informationstechnologien
Videobereich, wo sich Blu-Ray und HD-DVD im Kampf um die Pfeiler der heutigen modernen westlichen Gesellschaft
noch präzisere Tiefendarstellungen das Florett um die Ohren darstellen, dann ist bei genauerer Betrachtung zu sehen,
jagen, ist das Moore´sche dass sich die Bereiche
Gesetz bei der Popmusik „Wo im Home-Cinemabereich eine State der Unterhaltung sich dem
anscheinend ins Negative of the Art Peripherie in die Tausende von ebenfalls unterzuordnen
gekehrt: Wo im Home- Euros geht, ist für Musik das Fetischobjekt haben. Konkret ist dies
Cinemabereich eine State immer noch der iPod für 400 Euro.“ bereits geschehen: Musik
of the Art-Peripherie mit wird heute mehr denn je als
Plasma HD-TV und HD-Videoanlagen inkl. Surroundanlage Service, Event, als Erfahrung verstanden. Der boomende
in die Tausende von Euros gehen, ist für Musik das Livesektor, die florierenden Clubszenen sind Zeichen dafür,
Fetischobjekt noch immer der iPod für 400 Euro – und aus dass es um die Musik gar nicht so schlecht gestellt ist. Selten
Expertensicht mit mäßiger Klangqualität ausgestattet. wurde soviel Musik konsumiert, wie in den letzten Jahren.
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Zwar ist der Kunde durchaus bereit, horrende Summen Form konsumiert, wie es im Internet geschieht, lösen sich
für ein Livekonzert zu zahlen (in den letzten 15 Jahren diese Parameter auf. Das digitale Musikformat besitzt keine
haben sich die Ticketpreise teils versechsfacht!), aber der physischen Grenzen mehr, vor allem nicht wenn 50MBit/
Besitz von Musik, das Sammeln und Archivieren von CDs s-Verbindungen keine Spinnerei mehr, sondern bereits
regt nur mehr das Interesse einer kleinen Teilmenge der realisierbare Technologien sind.
Audiophilen an. Das Bemühen weiterhin Musikprodukte Ebenso wird durch die Verkürzung der Vertriebswege, die
an die große Masse zu vermarkten, führt demnach an dem klassische Wertschöpfungskette für Veröffentlichungen,
Interesse der großen Konsumentenschicht vorbei. Was von aufgelöst werden. Bands werden in immer kürzeren
jedem Hartz IV-Empfänger und Ich AGler an Flexibilität und Abständen Musik veröffentlichen. Dieses geschieht nicht
Serviceorientierung eingefordert wird, gilt in heutiger Zeit zwangsläufig auf Albumlänge, sondern kann weitaus
gleichsam für die Tonträgerindustrie. flexibler und freier gestaltet werden. Ein Format genießt
in der digitalen Community in letzter Zeit besondere
Die Flatrate Aufmerksamkeit: der DJ-Mix. Dieser muss zeitlich nicht
Das Prinzip der Flatrate ist eines, das weite Teile der begrenzt sein, wird vom DJ individuell kompiliert, beinhaltet
Kommunikationsbranche eingeholt hat. Wer hätte sich verschiedenste Musikstücke, bringt dem Hörer vor allem
denken können, dass Internet- und Handyflatrates oder Musik nahe, die abseits der klassischen Musikmedien
gar das Flatratesaufen so schnell den Markt bestimmen steht und macht vor allem Spaß. Acht Stunden Ricardo
würden? Wie bereits in node 12 dargelegt, schließt diese Villalobos sind da keine Seltenheit, und in Zukunft wird Pop
Idee den Bereich der Musik keineswegs aus. Ähnlich wie wohl immer mehr zu einem unendlichen Mix. Ob nun aus
beim Kabelfernsehen ist eine Pauschalvergütung eine der Menschenhand oder nicht, oder in einer Mischform, dazu
Tendenzen, die sich auf dem Markt abzuzeichnen scheinen nun mehr.
oder es zumindest besser bald sollten.
In Grundzügen wird diese Praxis bereits von den meisten Musik wird intelligent
Usern ausgeübt, wenn auch noch in legalen Grauzonen: Dies ist natürlich überspitzt formuliert, aber zwei Dinge
Für das Internet wird eine Pauschalabgabe bezahlt und das beeinflussen das private Kompilieren auf den persönlichen
Ausmaß dessen, wie das Medium genutzt wird liegt in der Geschmack wesentlich: Digitale Metadaten- und
Hand des Kunden. Es gibt daher Bemühungen für kulturelle Klanganalyse. Dadurch wird die Musik scheinbar intelligent,

1Schellack Platte 2 CD 3 Ricardo Villalobos

Inhalte eine Kulturflatrate einzuführen, um Künstler und oder besser, wird in einen Metakontext gestellt, was
Medien zu vergüten. Hier soll aber nicht auf urheberrechtliche einfachen Algorithmen ermöglicht, Musik auf den Moment,
Debatten und Vergütungsstrukturen eingegangen werden, auf die Person und auf die Situation besser abzustimmen.
sondern geschaut werden, wie sich das auf die Musik Diese neuen Musikanalysemethoden finden verschiedene
selber auswirkt. Ein kurzer Rückblick: Das jahrzehntelang Anwendungsbereiche. Yes.com z.B. erkennt Songs an ihrem
bis heute präsente Format des Radiosongs, die berühmten Klang und kann so Songtitel und Interpret jederzeit angeben.
3:30 Minuten, begründet sich darin, dass die ersten Dies ist für die Erstellung von Playlists und zur Erstellung
Schellackplatten pro Seite nicht mehr an Spielzeit anbieten von quantitativen Radiocharts von Bedeutung, aber dieses
konnten. Die CD mit ihrer Länge von 74 Minuten entsprach Prinzip kann auch im privaten Bereich angewandt werden.
den Vorstellungen des damaligen Sony-Vizepräsidenten Genre ID und Audio ID vom Fraunhofer Institut bedienen
Norio Ohga, der die neunte Symphonie Beethovens in sich ähnlicher Ansätze. So kann Musik Genres zugeordnet
voller Länge am Stück hören wollte. Auch wenn es sich beim werden und wenn man mit einem HipHop-Stück in seiner
letzteren wohl um einen modernen Mythos handelt, zeigt Musikbibliothek beginnt, werden weiterhin Stücke in dieser
sich eines: Das Medium beschrieb bislang das Limit dessen, Richtung wiedergegeben.
was in Folge für den entsprechenden Speicher produziert Dies funktioniert ähnlich wie bei Pandora und Last.fm, die
wurde. Wenn man nun Musik in digitaler und flüssiger anhand von Metadaten und Tags, also Zuschreibungen zur
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Musik, Analogien ausfindig machen und Playlisten erstellen. Absatz mehr findet. Des Weiteren ist der Videospielemarkt
Bei Genre ID funktioniert dies über direkte Klanganalyse, eine Nische, die bisher nur über Lizensierungen u.a. verlief.
indem Wellenformen verglichen werden können. Dies wird Spiele wie Tony Hawk und FIFA Soccer haben teils Hits
mehr und mehr in den heimischen Bereich Einzug nehmen. geschaffen, aber auch hier ist die Trennung zwischen
Nicht umsonst ist der iPod Shuffle so populär, weil das „Musik“ und „Spiel“ noch zu streng gehalten. Wie digitale
Erwartet-Unerwartete einen besonderen Reiz für den automatisch generierten Klangvisualisierungen bereits
Musikhörer ausübt. Diese Ansätze befinden sich noch in zeigen, ist die Verschmelzung von Interaktivität, Spiel und
den Kinderschuhen, werden aber bereits Sinn bringend Musik eine Möglichkeit, gänzlich neue Ebenen zu erreichen.
angewendet. In Zukunft wird auch über Textanalysen Gerade die Konsolen der neuen Generation wie die PS3 oder
nachgedacht werden, dass also neben Musikstilen auch XBox 360 bieten solche Verknüpfungen nahezu an. Genauer
Songinhalte abgepasst werden können. So spuckt der betrachtet handelt es sich dabei um verschwenderische
Computer Compilations zum Thema „jazziger Regen“, „das „Supercomputer“, die nur aufs Entertainment ausgelegt sind.
erste Mal im HipHop“ oder „Schnee in Shanghai“ aus. Auf spielerischen Plattformen lässt sich Musik mit Anderen
interaktiv komponieren, abstraktere Interfaces würden
Musik wird sichtbar abseits der typischen Sequencergrafik dramaturgisch
Wenn wie oben erwähnt der Tonträger keine große Zukunft gestaltete Produktionsabläufe gestalten.
besitzt, soll dies nicht heißen, dass Musik nicht auf anderen
Medien verwirklicht werden könnte. Es gibt im Moment zwei Ausblick
Bereiche, in denen Musik weiterhin gut verwertbar ist und Aber wie es so häufig ist, befinden sich die kreativen
neue Synergien ermöglicht. Der Bereich der DVD ist jener, Ergebnisse einer Zeit immer im Latenzbereich der
der vom Umsatz her stabil gewesen ist. Auch die Musik-DVD eigentlichen Möglichkeiten. Aber der Ausblick, der darin
ist sehr erfolgreich. Bislang noch vorzugsweise in Form von besteht über den Tellerrand hinauszuschauen, um Neues
Livekonzerten. Aber die Möglichkeiten, die sich in visueller zu schaffen, macht doch Hoffnung auf eine bunte und
Darbietung von klanglichem Material darbieten, sind noch entzückende Zukunft. Über die Zukunft der Musik muss sich
längst nicht ausgeschöpft. keine Sorgen gemacht werden. Jedoch sollten sich all jene
Wie es Anfang der 2000er Jahre Daft Punk mit ihrem Film sorgen, die dachten, Musik wäre ein statisches Etwas, das
Interstella 5555 vorgestellt hatten, liegt die Herausforderung wie eh und je vermarktet werden kann.
der Künstler darin, Bild und Ton und dies auch interaktiv mehr Der neue produktive Konsument ist in vielen Belangen
zu verknüpfen, um einen neuen Mehrwert für musikalische kreativ und synergetisch, und die neuen offenen Kanäle der
Unterhaltung zu produzieren. Die Optionen sind unbegrenzt, Kommunikation werden in naher Zukunft Dinge anbieten,
aber bislang ist noch das Denken über den Tonträger als die unsere heutigen Köpfe nicht im Traum auszumalen
„finales“ Produkt der Musik zu sehr in den Köpfen der Industrie gedachten. Oder hätte vor fünf Jahren ein Kind der Atari-
und Künstlerschicht verankert. Wenn eine Blockbuster-DVD Generation sich denken können, irgendwann an der Konsole
für 19,99 Euro erworben werden kann, eine CD jedoch nur Tennis zu spielen, so wie Tennis wirklich gespielt wird? Oder
ein bis zwei Euro weniger kostet, ist das Gefälle mehr als dass mit einem Videogame-Controller sogar Bypass-OPs
deutlich, und dies auch der Grund wieso die CD keinen für Mediziner an Universitäten geübt werden können?

1 Daft Punk 2 Manuel Castells


node17 I Kultur I 08

WASMACHSTDUGRADE? Kultur

MIKROBLOGGEN ALS SELBSTGEFÜHRTES GPS

In der Minute, die jetzt ist - und die du gleich nachher vergisst, ziemlich genau der Länge einer SMS, an die man sich
geht ein Kamel auf allen vieren im gelben Wüstensand spazieren. bestens gewöhnt hat (auch wenn heutige Handys deutlich
Und auf dem Nordpol fällt jetzt Schnee, und tief im Titicacasee mehr Zeichen erlauben). Das alte Medium lebt im neuen
schwimmt eine lustige Forelle. Und eine hurtige Gazelle Medium weiter. Und auch die Mediennutzung: Der häufigste
springt in Ägypten durch den Sand. Und weiter weg im Abendland Handysatz, der einem seltsamer Weise immer nur als Nicht-
schluckt jetzt ein Knabe Lebertran. Und auf dem großen Ozean Telefonierender auffällt, ist „Wo bist Du gerade?“. Beim
fährt wohl ein Dampfer durch den Sturm. In China kriecht ein Mikrobloggen geht es, wie eingangs erwähnt, eigentlich nur
Regenwurm darum. Genau jetzt, in dieser Sekunde, sage ich, was ich
zu dieser Zeit zwei Zentimeter. In Prag hat jemand Ziegenpeter, mache und wo ich bin.
und in Amerika ist wer, der trinkt grad seine Tasse leer,
und in Australien -huhu- springt aus dem Busch ein Känguruh, Dafür stehen der Web-Community eine ganze Menge
und hoch im Norden irgendwo, da hustet jetzt ein Eskimo. Dienste bereit. Globaler Platzhirsch ist Twitter. Surft man
In Frankreich aber wächst ein Baum ein kleines Stück, man sieht es hier auf www.twitter.com vorbei (wie wunderbar Neunziger
kaum, dieses Surfen klingt), eröffnet sich eine Newsoptik, die
und in der großen Mongolei schleckt eine Katze Hirsebrei. stark an die Kurznachrichten erinnert, die Verliebte und
Und hier bei uns, da bist nun du und zappelst selber immerzu, Liebeskummernde auf VIVA platzieren: Lustige Anekdoten
und wenn du das nicht tätest, wär die Welt jetzt stiller als bisher! aus der Welt des Users oder Hinweise darauf, was der
Eva Rechlin, In Dieser Minute Betreffende gerade hört, gekauft oder gegessen hat.
Mit TinyURLs, aus Zeichenspargründen verkürzten
Ein virtueller Gastgeber fragt: „Wo bist Du gerade?“ und Webadressen, gelangt man auf Seiten, die der eingebende
„Was machst Du?“ und die ganze Welt antwortet. Einfaches User besonders interessant findet. Nett anzusehen, und
Konzept, durchschlagender Erfolg: Mikrobloggen wächst wenn man F5 drückt, ist alles weg: Mit 370.000 Twitter-
derzeit zur ultimativen Einschränkung und Ausdehnung des Accounts (Stand: Juli 2007) wollen viele Tweets (so heißen
„klassischen“ Bloggens heran. Einschränkung deswegen, die Twitter-Nachrichten) gleichzeitig abgefackelt werden
weil die einschlägigen Portale in der Regel nur einen sehr – bis zu 70.000 am Tag.
begrenzten Zeichensatz (zwischen 140 und 200 Zeichen) Damit die Daten zu Informationen werden können, kann
pro Post erlauben. Ausdehnung wiederum, weil der der Twitter-User, der Twit, sie nach Relevanz sortieren.
sendungsbewusste Mikroblogger nicht erst warten muss, bis Beispielsweise so, dass nur bekannte und befreundete
er zu Hause ist, um der Welt das Neueste aus seiner Welt Follower sie lesen können bzw. er nur deren Beiträge
mitzuteilen, sondern dieses direkt vor Ort erledigen kann. einsieht. Die Funktion des geschlossenen Bereiches wird
Das ermöglicht ihm vor allem der Einsatz des Handys – und quasi umgedreht: Man schickt private Nachrichten, damit
zwar nicht so sehr mit WAP und UMTS, sondern ganz einfach man die öffentlichen NICHT sieht. Stichwort Nachrichten: Die
per SMS. Think simple. Und so stellt auch die Einschränkung gibt es hier auch. Reuters, die New York Times, die BBC
der Blogbeitragslänge kein Problem dar, entspricht sie doch und CNN bauen ihre Newslines nämlich auch als Tweets
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ein. So bekommt der Immobilienmanager in Kansas City Brabblr, das als Meta-Mikroblogg bald möglichst vieler der
während des Mikrobloggens dann doch noch mit, dass sein genannten Dienste auf einmal beinhalten will.
Finanzmarkt sich gerade dem Zusammenbruch nähert. Und auch die Werbung entdeckt mit Twitter und Co.
Spannender als die Inhalte selbst jedoch sind die Alternativen zu aufwändigen Second Life-Applikationen,
zahlreichen Applikationen, die rund um einen Web 2.0- zumal die Userzahl des Linden-Laboratoriums bereits
Strudel wie Twitter entstanden sind: Mit Widgets kann der rückgängig ist und zu Spitzenzeiten gerade mal 40.000
Immobilienmanager dabei sein, selbst wenn er mal was in Avatare weltweit im Second Life unterwegs sind. MTV USA
Excel machen muss, Twitterverse archiviert (immerhin!) promotete über Twitter beispielsweise die Music Awards
die am häufigsten getweeteten Themen, Twitterholic die im Juni, Fox Networks machte Kurzwerbung für seine
eifrigsten Beitragschreiber, Twittervision und Twittermap Kultserie 24 und die Sportkanäle liefern Programmhinweise
platzieren die Beiträge auf Google-Karten, sodass man oder Zwischenergebnisse.
wahlweise aus Gottesperspektive oder bis an die Straßenecke
herangezoomt sehen kann, wo der Beitrag abgegeben Wird es demnächst also eine apokalyptisches Second
wurde. Global Positioning tritt hier in der selbstgeführten Life mit entleerten Werbeinseln, starren Avataren und
Version auf. In ein paar Jahren, wenn es einmal Google verlassenen virtuellen Chipsfabriken geben, während
Earth in Echtzeit gibt, wird man dann vielleicht sogar sehen Twitter zur Marketing-Goldgrube avanciert? Wohl kaum.
können, was der Betreffende gerade macht und wo. Das Denn bevor Mikroblogging zum reinen Werbeticker mutiert,
Ende der Privatsphäre? Gewiss. Aber niemand ist hier zum wird die Web-Community schon wieder – genau so, wie die
Mitmachen verpflichtet. aktuelle Second Life-Version ihre Reifephase erreicht und
Weitere ausgewählte „Was machst Du“-Anwendungen sind: Alternativen zu MySpace entdeckt werden – woanders mehr
Jaiku, Moodmill, Hictu und Faybl. Auch deutschsprachige oder minder wichtige Botschaften austauschen. „Und sonst
Twitter-Klons gibt es zuhauf: Frazr, Wamadu („was alles gut bei Dir?“ „Ja, sicher. Muss ja.“
machst Du?“), Plappadu, Texteln (wurde aufgrund des
ausgegangenen Budgets der Entwickler bei Ebay verkauft
und heißt jetzt niimo), ebenso Dukudu (mit deutlich höherer
Verkaufssumme) sowie Was Geht Bei Dir (WGBD), der
Shopping-Mikroblog Hab´s gekauft und in Beta-Phase

1 twitter 2 twitterholic 3 twitterverse 4 twittervision


node17 I Kultur I 08

1 jaiku 2 wamadu 3 Funny Frisch im SecondLife 4 twitter widget


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BESSERENSALATUND Technik

FÜR
COOLEREBARS
MIT OPEN SOURCE-BLOGS ZUM KONZEPT

Beim Thema Bloggen denkt man schnell an die eine Salatbar eröffnen zu wollen? Die soll 2008 ihre Pforten
Dokumentation alltäglicher Phänomene, an politische öffnen. Alles Weitere soll sich bis dahin entwickeln, und
Plaudereien und an Fachsimpeleien in Themenblogs. zwar in der Interaktiven Salatbar, einem Salatblog. Hier
Dass man mit einem Blog aber auch zu einem können wie beim Barbaublog alle mitmachen, die Interesse
Geschäftskonzept kommen kann, an dessen Ende an einer Salatbar haben, Salatrezepte posten wollen
ein richtiger, besuchbarer Laden steht, zeigen zwei und Ideen für das Konzept haben. Echtes Krautsourcing
Beispiele aus der Gastronomie. ergibt sich hier: Besonders beliebte Salatrezepte wurden
anschließend von vielen anderen Salatbloggern zu Hause
Zum einen der Barbaublog, der vor einigen Wochen gegessen wurden. Die Highlights werden in das Programm
startete. Er wird von der ersten Skizzenerstellung bis über der zukünftigen Salatbar aufgenommen, die Idee, alle, die
die zukünftige Eröffnung hinaus den Bau und die Eröffnung an der Geschäftsidee mitgewirkt haben zu beteiligen, gibt
der von den Gastronomen Jörg Meyer und Rainer Wendt es auch.
betriebenen Bar Le Lion – Bar de Paris in Hamburg Dass man mit Open Source statt mit Heimlichtuerei auch in
begleiten. Ziel des Barbaublogs ist es, die Blogleser über anderen Branchen weiterkommen kann, davon ist Dominik
die technischen, rechtlichen und fachlichen Aspekte eines Faber überzeugt: „Der Open Business Plan lässt sich meiner
neuen Barprojektes zu informieren. Und gleichzeitig soll Meinung nach für sehr viele Geschäftsmodelle einsetzen.
der Barbaublog anderen Gastronomen die Gelegenheit Offen im Internet zu schreiben, bietet die Möglichkeit
geben, ihre Erfahrungen und Konzepte beim Betreiben oder frühzeitig konstruktives Feedback zu bekommen (und zwar
Erstellen einer Bar zu vermitteln. Das klingt nicht revolutionär, nicht schön gefärbt von Freunden und Familie sondern echt)
beinhaltet aber einen ganz wesentlichen Aspekt: Open und natürlich auch im Vorfeld die Idee zu vermarkten.“
Source, wie man es aus der IT kennt, findet auf einmal in Bisher gibt es nur wenige Felder, die sich diesem Ansatz
einem ganz anderen Bereich Anklang. Der Quellcode, hier öffnen. Von Pharma- oder Lebensmittelfirmen, die öffentliche
eine Geschäftsidee, wird nicht im Verborgenen gehalten Ausschreibungen für Privattüftler im Netz veröffentlichen, liest
und tunlichst stillschweigend behandelt – das klassische man immer mal wieder. Ansonsten handelt es sich meistens
Betriebsgeheimnis – sondern wird ganz bewusst publiziert. noch um eine Inbound-Angelegenheit: Enthusiasten
Mehr noch: Erst durch den Austausch mit fachlich schreiben Firmen, was sie besser machen könnten, oder
interessierten Bloglesern werden viele Detailfragen geklärt designen Produkte nach Idealvorstellung wie Ora Ito, der
werden, Probleme gemeinsam gelöst und so womöglich als 20-jähriger Louis Vitton-Taschen nach eigenem Gusto
gravierende Basisfehler vermieden. kreierte und statt Klagen jede Menge Aufträge bekam.
Diesen Effekt verspricht sich auch Dominik Faber aus Berlin. Eine Idee aber gemeinsam mit einer smarten Masse zu
Er ist ein waschechter IT-Mensch und hat nach eigener entwickeln, das ist bislang noch selten.
Aussage „von Salat keine Ahnung“. Was läge da näher, als
node17 I TechnikI 10

1 Barbaublog Moleskinskizze 2 Dominik Faber 3 Auch Open Source: der Tresen-Bauplan 4 Salatbar
node17 I Aufzugwissen I 11

Aufzugwissen

Kitty auf dem Abstellgleis is expected to make them feel guilt and shame and prevent
Wie war man vor einigen Jahren noch seltsam berührt, als them from repeating the offense, no matter how minor“,
in Europa und in den USA die Mädchenspielzeugreihe Hello heißt es aus den oberen Polizeietagen. Wir befinden die
Kitty von 16-39 anscheinend alle weiblichen Mitbürgerinnen Idee für modellfähig und fordern Spongebobmützen für
mit juvenilen Tendenzen in den Bann zog. In Asien, der Highwaycops und Bibi Blocksberg für GSG9-ler.
Ursprungsregion hingegen ist man mit 5 Jahren aus dem
„Hallo Muschi?!“-Alter raus. Hat man sich als junger Mann Pipi statt Lenkrad
an einem Marktstand in Seoul nur mal interessiert Hello Eine ganz besondere Art der tangible user interfaces (TUI),
Kitty-Waren angeschaut, waren beim Gegenüber alle die wir in node 16 vorstellten, wird gerade in Frankfurts
Horrorszenarien über einen sozialen und persönlichen Verfall Nachtleben getestet: Das Piss Screen ist ein typisches
bereits durchgespielt. Schlimmer konnte es nicht kommen. Autorennspiel, das allerdings mit dem männlichen Urinstrahl
Hier im Westen kamen Flagshipstores, überteuerte Waren statt mit einem Joystick (jaja, schon gut) gespielt wird. So
im KaDeWe und auch einige Epigonen wie z.B. Emily, die können die Gäste in bester Need for Speed-Manie(r)
autoagressive „Ich schlitz mir die Arme auf“-Variante mit zocken und bekommen gleichzeitig die Lektion erteilt, dass
suizidalem Touch, auf den Markt. sie ihr echtes Auto lieber stehen lassen. Denn je betrunkener
Seine eigene Individualität unter ein gezeichnetes Gesicht der Spieler, desto langsamer die Reaktionsfähigkeit, die
zu stellen, um dem Erwachsenwerden zu entfliehen, einen auf die Sensoren im Pinkelbecken übertragen wird. Die
Enterhaken für das verregnete Dasein, einen Fetisch zu Folge: Crash und die Nummer der Taxizentrale auf dem
entwickeln, war ein Trend der anscheinend aus dem Trend Bildschirm. Wir sind gespannt auf die Sims fürs Damenklo
gekommen ist. Auch ein Ende eines Trends kann man als und empfehlen das Anschauen des Videos auf www.piss-
Trend erkennen. screen.com.
So muss sich mittlerweile die feine Kitty auf dem
Pennywühltisch, als Bonboncontainer neben Mückenkerze 1 Hello Kitty Maske 2 Piss Screen
und Klostein im Fünferpack arrangieren. Und in Thailand
kommt es für das arme Kätzchen nun richtig dicke. Böse
Bullen, also thailändische Polizisten (und die sind nicht
nur in Bangkok berühmt-berüchtigt) sehen sich einer
neuen Disziplinierungsmaßnahme konfrontiert: Bullen, die
Rumpöbeln, falsch parken, zu spät zur Schicht kommen
oder sich anderweitig als Regelbrecher und Rüpel enttarnen,
werden erstens zu Büroarbeit verdammt und müssen
zweitens währenddessen gut sichtbar am Arm ein Hello Kitty-
Armband tragen. Eine Schande für jeden Macho-Cop! Man
kann sich wohl keinen mehr entstellenden Bizepsschmuck
vorstellen. „Simple warnings no longer work. This new twist

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