2016
Die Geschichte des modernen Nahen Ostens beginnt mit Verrat, kolonialer Willkr
und einigen Federstrichen. Vor 100 Jahren, am 16. Mai 1916, unterzeichnen die
Regierungen in Paris und London eine geheime Vereinbarung, mit der die damaligen
Gromchte die arabische Welt unter sich aufteilten.
Korrupte Machtelite
Hinzu kommt: Das Sykes-Picot-Abkommen konnte keine stabile Ordnung etablieren.
Die knstlich geschaffenen Staaten kennen bis heute kaum so etwas wie nationale
Identitt. Arabische Herrscher nutzen vielmehr die ethnischen und religisen
Gegenstze, um ihre Macht zu etablieren indem sie die verschiedenen Gruppen
politisch gegeneinander ausspielen. Neben Syrien macht sich das vor allem im Irak
auf fatale Weise bemerkbar. Seit dem Abzug der Amerikaner im Jahr 2011 gleitet
das Land immer mehr ins Chaos ab. Als Staat steht der Irak nur noch auf dem
Papier. Und nach den jngsten Protesten in Bagdad gegen die korrupte Machtelite
gilt das Land zwischen Euphrat und Tigris als unregierbar.
Grafik: Schili
Ministerprsident Haider al Abadi konnte sich bisher nicht mit seinen im Grunde
vernnftigen Vorhaben durchsetzen, eine Technokraten-Regierung zu installieren.
Ein Kabinett also, das auf Qualifikation und nicht auf Erbhfen grnden soll. Der
Widerstand der verschiedenen ethnischen und religisen Seilschaften, die mter und
Einfluss fr sich beanspruchen, ist einfach zu gro. Sie fhlen sich nicht etwa einem
bergeordneten Gemein-, sondern allein Eigenwohl und Eigennutzen verpflichtet.
Im Irak kommt noch etwas erschwerend hinzu: Der jahrhundertealte Konflikt
zwischen Sunniten und Schiiten prgt nach wie vor den politischen Alltag. Als der
sunnitische Diktator Saddam Hussein gestrzt wurde, bernahm Nuri al Maliki die
Regierungsgeschfte. Der Schiit setzte aber keineswegs auf Vershnung, sondern
grenzte mit aller Macht die Sunniten aus. Die Grben zwischen den beiden
islamischen Glaubensrichtungen sind seitdem noch tiefer geworden, als sie es
ohnehin schon waren.