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Reine und angewandte Metallkunde in Einzeldarstellungen

Herausgegeben von W. Köster


Band 19

Aluminium und
Aluminiumlegierungen
Von

Dr. D. Altenpohl
Vizedirt'ktor bei der Schweizerischen Aluminium AG, Zürich

unter Mitarbeit des Forschungsinstitutes der


Schweizerischen Aluminium AG, Neuhausen am Rheinfall
Direktor Dr. E. Bloch,
Ing. H. Arbenz, Dr. H. Bichsel, Ing. E. v. Burg,
lng. H. Hug, Dr. F. Rohner

sowie der Schweizerischen Aluminium AG, Zürich und Chippis


Dr. G. Hofmann, Dr. H. Zeiger, Dr. H. Zoller

und von
Prof. Dr. P. Beck, Prof. Dr. T. Federighi, Prof. Dr. V. Gerold,
Dr. E. Macherauch, Prof. Dr. G. Schoeck, Dr. H. Stüwe

Mit 662 Abbildungen

Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH


1965
Alle Rechte, insbe,;ondere das der übersetzung in fremde t\prachcll, vorbehalten
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet
dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege
(Photokopie, Mikrokopie) oder auf andere Art zu vervielfältigen
© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1965
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag, Berlin Göttigen Heidelberg 1965.
Softcover reprint of the hardcover I st edition 1965
ISBN 978-3-662-30246-0 ISBN 978-3-662-30245-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-30245-3

Lihrary of Congress Ca ta log Card Number: 64·~3061

Die "~iedergabe VOll GebrauchsnalHen, HalldehmUluen, 'Varenbezdchnullgell tl:5W.


in diesem Buche berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der An-
nahme, daß solche NaUlen im Sinne der \Varenzeichen- und ::\iarkl'IlSchutz-Gf'8dz-
gebung als frd zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden üürftpll
Titel Xr. 6277
Vorwort
Der vorliegende Band faßt ausgewählte Kapitel aus der Metallkunde
des Aluminiums und seiner Legierungen zusammen. Hierbei wurde beson-
derer Wert darauf gelegt, Ergebnisse der klassischen Metallkunde, der
Metallphysik sowie der industriellen Forschung miteinander zu verbin-
den. Ein solcher Brückenschlag ist erwünscht, um die Wechselwirkung
zwischen den genannten Arbeitsgebieten im Bereich des Aluminiums
und seiner Legierungen zu verbessern.
Um diese Brücke einem möglichst weiten Leserkreis gut gangbar zu
machen, wurde darauf geachtet, daß die Darstellung übersichtlich und in
einer Form erfolgte, die auch für den mit dem speziellen Fachgebiet nicht
vertrauten Leser verständlich ist.
Die zur Verfügung stehende Seitenzahl hat uns genötigt, eine gewisse
Auswahl des behandelten Stoffes zu treffen. Aus diesem Grunde wurde
bewußt auf die Abhandlung solcher Themen verzichtet, welche vorwie-
gend mit der Verfahrenstechnik zu tun haben. So wurde auch die Erörte-
rung der Umformungs- und Verbindungsverfahren fortgelassen, obwohl
diese manche interessanten metallkundlichen Aspekte bieten.
Bei der Auswahl und Zusammenstellung der einzelnen Beiträge wurden
absichtlich gewisse Schwerpunkte geschaffen. Diese kommen auch in der
Aufteilung des Buches in drei Hauptkapitel zum Ausdruck.
Im ersten Teil des Buches werden die bei der Erstarrung ablaufenden
Vorgänge eingehend behandelt, weil diese für Guß- und Knetlegie-
rungen gleichermaßen wichtig sind und weil die von der Erstarrung her-
rührenden Gefügemerkmale bei relativ vielen Eigenschaften des Alumi-
niums Auswirkungen zeigen.
Der zweite Teil bringt eine Metallkunde des Aluminiums als das eigent-
liche Brückenelement zwischen Forschung und industrieller Praxis.
Im dritten Teil des Buches werden die Eigenschaften der in der Praxis
am meisten verwendeten Aluminiumwerkstoffe aus der Sicht des )le-
tallkundlers beschrieben. Hierbei wird das Verhalten des unlegierten
Aluminiums eingehend geschildert, weil am Reinstaluminium eine größere
Anzahl grundlegender Untersuchungen durchgeführt wurden und dem
Reinaluminium im Rahmen der industriellen Forschung besondere Be-
deutung zukommt.
Bei einem Buch, das von einer Reihe verschiedener Autoren geschrie-
ben wird, sind einige spezielle Gegebenheiten vorhanden. So sind z. B.
IV Vorwort

der Überarbeitung der einzelnen Kapitel zur Erzielung einer möglichst


einheitlichen Art der Darstellung Grenzen gesetzt. Eine gewisse Über-
lappung, welche die Kapitel teilweise aufweisen, wurde absichtlich be-
lassen, um hierdurch den geschlossenen Aufbau der einzelnen Kapitel zu
wahren und die Zusammenhänge zwischen den behandelten Sachgebieten
deutlicher herauszustellen.
Bei der Zitierung von Literaturangaben wurde Wert darauf gelegt,
besonders neuere und zusammenfassendere Arbeiten zu benennen,
unter Verzicht auf Vollständigkeit des Literaturverzeichnisses.
Bei der Auswahl und Zusammenstellung des Textes haben die Ver-
fasser vielfältige Hilfe erfahren. Besonders hervorzuheben ist das starke
Interesse, das Herr Prof. Dr. phil. Dr.-Ing. E. h. W. KÖSTER dem vor-
liegenden Band gewidmet hat. Wir verdanken ihm eine Vielzahl wert-
voller Hinweise, die das Gesicht dieses Buches entscheidend beeinflußt
haben.
Der Generaldirektion der Schweizerischen Aluminium AG in Zürich
sowie der Direktion ihres Forschungsinstitutes in Neuhausen danken wir
für die Bereitstellung zahlreicher Unterlagen für den vorliegenden Band.
Darüber hinaus möchten wir folgenden Herren für die kritische Durch-
sicht einzelner Kapitel und für fruchtbare Diskussionen danken:
Prof. Dr.-Ing. P. BRENNER, Bonn
Dr. W. EICHENAUER, Darmstadt
Dr. F.-E. FALLER, Bonn
Prof. Dr.-Ing. E. GEBHARDT, Stuttgart
Dr.-Ing. G. GÜRTLER, Düsseldorf
Dr. F. HAESSNER, Stuttgart
Prof. Dr. TH. HEUMANN, Münster
Dr. G. lBE, Aachen
Dr.-Ing. R. IRMANN, Neuhausen
Dr. H. KRONMÜLLER, Stuttgart
Dr.-Ing. D. LENZ, Singen
Prof. Dr. K. LÜCKE, Aachen
Dipl.-Phys. H. NIELSEN, Düsseldorf
Dr. W. ROTH, Bonn
Prof. Dr. A. SEEGER, Stuttgart
Dr.-Ing. H. VOSSKÜHLER, Ulm, sowie
Frau Prof. Dr. D. WILSDORF-KuHLMANN, Philadelphia
Schließlich ist es uns eine angenehme Pflicht, den Herren Dr. G. HOF-
MANN, Dipl.-Ing. P. WOLF und Dr. H. ZEIGER für ihre Mitwirkung bei
der Ausarbeitung des Manuskripts zu danken.

Zürich, im Juni 1964


Dietrich G. Altenpohl
Inhaltsverzeichnis

A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze, Vorgänge bei der Erstarrung,


Gießen von Knet- und Gußlegicrungen 1
1. Grundlagen (D. ALTENPOHL) . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Vorgänge beim Aufschmelzen - Struktur der Schmelze 1
1.11 Viskositätsbestimmung . . . . . . . 3
1.12 Viskosität von verschiedenen Systemen . . . . . 4
1.121 Aluminium ohne Zusätze. . . . . . . . . 4
1.122 Einfluß von Zusätzen an Eisen, Titan, Kupfer, Magne-
sium und Zink ............. 4
1.123 Eingehendere Untersuchung einzelner Systeme 5
1.124 Aktivierungsenergie des viskosen Fließens 9
1.125 Ergebnisse von Penetrationsversuchen . 9
1.13 Oberflächenspannung von Schmelzen . 10
1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 11
1.21 Kornverfeinerung durch Eigenkeime 13
1.22 Einfluß von Bewegung oder Vibration der Schmelze auf Keim-
bildung und Erstarrung . . . . . . . . . . . 17
1.221 Zuflnß der Schmelze zur Erstarrungsfront . . . . . 17
1.222 Vibration ....... ......... 19
1.2:{ Einfluß extremer Bedingungen auf Keimbildung und
Erstarrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.231 Einflul3 extrem hoher Erstarrungsgeschwindigkeit . 21
1.232 Erstarren unter Über- oder Unterdruck . . . . . 23
1.24 Kornvcrfeillerung durch }'remdkeime . . . . . . . . . 24
1.241 Kornverfeinerung durch verschiedene Legierungs-
zusäb:e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.242 Untersuchungen über die Ursache der Kornverfeinerung
durch Titan-Zusätze . . . . . . . . . 26
1.3 Erstarrung von legiertem und unlegiertem Aluminium. . 32
1.31 Verhältnisse nahe der Erstarrungsfront . . . . . . 34
1.311 Temperaturgefälle nahe der Erstarrungsfront . 34
1.312 Konzentrationsgefälle nahe der Erstarrungsfront 35
UH:3 Zusammenwirken verschiedener Faktoren nahe der Er-
starrungsfront 37
1.32 \Värmetransport beim Erstarren . . . . . . . . . . . . 38
1.33 Dendriten und Subkörner . . . . . . . . . . . . . . , 38
1.331 Definition verschiedenere Grenzflächen im Gußgefüge 38
1.332 Mechanismus beim Wachsen eines Dendriten 43
1.333 Kornseigerung und dendritisches Wachstum 45
1.334 Unstetigkeiten beim Kristallwachstum. . . 46
VI Inhaltsverzeichnis

1.335 Quantitative Messung der Kornseigerung bei Strangguß


und Kokillenguß . . . . . 47
1.336 Erstarrung der Restschmelze . . . . . . . . . . . 49
1.34 Effekte nach dem Erstarren . . . . . . . . . . . . . . 52
1.341 Diffusionsvorgänge unmittelbar nach dem Erstarren 52
1.342 Gefügeänderungen bei einer Barrenhochglühung (Homo-
genisierungsglühung) . . . . . . . . . . . 53
1.343 Ausdehnungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . 55
1.344 Korngrenzenverschiebung nach der Erstarrung . . . . 56
2. Nichtmetallische Verunreinigungen (Gase, Oxyde) im flüs-
sigen und festen Aluminium (D. ALTENPoHL) . . . . . . . . . 57
2.1 übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . : . . . . . . . 57
2.2 Gleichgewicht Aluminium-Wasserstoff. Wasserstoffgehalt des flüs-
sigen und festen Aluminiums . 58
2.3 Verfahren zur Gasbestimmung . . . . . . 63
2.31 Vorbemerkung. . . . . . . . . . . 63
2.32 Quantitative Laboratoriumsmethoden 63
2.321 Vakuum-Extraktion . . . . . 63
2.322 Wasserstoffbestimmung nach dem Telegas-Prinzip. 64
2.323 Verfahren von Y. Dardei. . . . . . . . 65
2.324 Diverse Verfahren. . . . . . . . . . . 67
2.33 Halbquantitative oder qualitative Prüfverfahren 67
2.331 Straube-Pfeiffer-Verfahren . . . . . . . 67
2.332 Qualitative Gasbestimmungsverfahren am Gußgefüge 68
2.333 Qualitative Gasbestimmung durch die Ermittlung der
Blasenbildung an geglühten Blechen . . . . . . . . 69
2.4 Wasserstoffdiffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.41 Vorgänge beim Durchgang von Wasserstoff durch Aluminium 69
2.42 Diffusionskoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.5 Geometrische Anordnung des Wasserstoffes im Aluminium . 73
2.51 Entstehung von Blasen und Poren bei der Erstarrung . 73
2.511 Keimbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.512 Wachstum der Wasserstoffblasen . . . . . . . 74
2.52 Anordnung des ausgeschiedenen Wasserstoffs im erstarrten
Gefüge. Beobachtungen über das Auftreten feiner Poren. . . 75
2.6 Veränderung des Wasserstoffgehaltes des festen Aluminiums wäh-
rend des Glühens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
2.7 Eindiffusion von Wasserstoff in das Aluminium bei Korrosionsvor-
gängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2.8 EinHuß von Verunreinigungen auf den Wasserstoffgehalt. Mecha-
nismus der Blasenbildung 92
2.81 Einfluß des Natriumgehaltes 92
2.82 EinHuß des Oxydgehaltes . . 93
2.83 Bestimmung des Oxydgehaltes 94
2.84 EinHuß diverser Verunreinigungen auf die Blasenbildung beim
Weichglühen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
2.9 Beeinflussung der Eigenschaften des Aluminiums durch den Gehalt an
Wasserstoff und Oxyden. . . . . . . . . . . . . . . . 97
2.10 Gasaufnahme und Entgasung von Aluminiumschmelzen unter
technischen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 97
Inhaltsverzeichnis VII

2.101 übersicht. . . . . . . . . . . 97
2.102 Gleichgewicht zwischen Entgasen und Begasen beim Abstehen
einer Schmelze. Einflußgrößen . . . . . . . . . . . 98
2.1021 Wasserdampfgehalt in der Ofenatmosphäre . . 98
2.1022 Oxydschichten auf der Oberfläche der Schmelze 100
2.1023 Temperatur der Schmelze. . . . . . . . . . 101
2.1024 Standhöhe der ~chmelze während der Abstehbehand-
lung oder während des Durchperlens von reinigenden
Gasen . . . . . . . . . . . . . . . 102
2.103 Resultate bei technischen Entgasungsverfahren 103
2.1031 Entgasen durch ~pülgase . . . . . . . 103
2.1032 Entgasen durch Abstehen. . . . . . . 105
2.1033 Heinigen von Schmelzen durch Salzbehandlung 106
2.104 Zusammenfassender Vergleich technischer Entgasungs-
verfahren. Hinweis auf neue, kontinuierliche Verfahren 110
3. Metallkundliehe Probleme beim Gießen von Knetlegierun-
gen (D. ALTE::-IPOHL) . . . . . . . . . . . . . . 114
3.1 Einfluß der Erstarrungsgeschwindigkeit . . . . 114
3.2 Faktoren, die beim Stranggießen zu beachten s i n d . . 117
3.21 übersicht über die wichtigsten Variablen beim Stranggießen 117
3.22 Hinweis auf die Wichtigkeit des Verständnisses für die in Frage
kommenden Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 117
3.3 Geometrie der Erstarrungsfront, Wärmeableitung, innere Span-
nungen und Rißbildung beim Stranggießen . 119
3.31 Lage der Erstarrungsfront . . . 119
3.32 Lage der Isothermen im Barren 122
3.33 Innere Spannungen. . . . . . 123
:t:{4 Rißbildung beim Stranggießen . 125
3.341 Vergleich von Flach- und Rundbarren . 126
3.342 Kaltrisse . . . . . . . . . . . . . 126
3.34:3 Warmrisse . . . . . . . . . . . . . 126
3.4 Einfluß von Gießgeschwindigkeit und Barrenformat auf Rißbildung,
Sumpftiefe und Korngröße . . . . . . . . . . . 127
3.5 Makroskopische Seigerungsvorgänge im Gußgefüge 128
3.51 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . 128
3.52 Makroskopische Bereiche mit starken Unterschieden in der
Ausscheidungsform der Legierungselemente 128
3.521 Untersuchungen an Reinaluminium . 128
3.522 Untersuchungen an Knetlegierungen 130
3.6 Umgekehrte Blockseigerung . . . . . . . . . 135
3.61 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . 135
3.62 Beobachtungen an Gußbarren aus Aluminium-Legierungen 135
3.621 Unstetigkeiten der umgekehrten Blockseigerung in
Stranggußbarren . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
3.622 Zusammenhang zwischen Unstetigkeiten in der Korn-
größe und Seigerungen . . . . . . . . . . . . . . . 139
3.623 Theorie der umgekehrten Blockseigerung von Alu-
miniumlegierungen . . . . . . . . . . . 140
3.7 Ausschwitzungen und Seigerungen nahe der Gußhaut . 143
3.8 Zusammenhang zwischen Gasgehalt, Porosität und Seigerungen . 150
VIII Inhaltsverzeichnis

3.9 Einige Beispiele aus der Praxis des Stranggießens 154


3.91 Einfluß des Schmelz- und Gießverfahrens auf die Blasenbildung
beim Weichglühen . 154
3.92 Korngröße . . . , . . . . . . 158
3.921 Fiederkristalle . . . . . . 158
3.922 Beeinflussung der Korngröße 161
3.93 Gießen von Reinaluminium mit tiefem Sumpf 163
3.931 Stranggießen mit verringerter direkter Kühlung. 163
3.932 Gießen von möglichst spannungsfreien Legierungs-
barren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
3.94 Auftreten von Krusten oder großen Primärkristallen beim
Gießen von Legierungen ............ 166
3.95 Festigkeitswerte von Gußgefüge . . . . . . . . . . . . . 168
3.96 Einfluß der Gießbedingungen auf die Festigkeitswerte nach
dem Abwalzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
4. Metallkundliche Probleme beim Gießen von Guß legierungen
(H. ARBENz). . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
4.1 Grundsätzliche Unterschiede zwischen Guß- und Knetlegierungen 170
4.2 Gießverfahren und ihr Einfluß auf das Gußgefüge 172
4.21 Sandguß 173
4.22 Kokillenguß . . . . . . . . 173
4.23 Druckguß . . . . . . . . . 174
4.3 Verhalten des Metalls in der Form 175
4.31 Beeinflussung des Fließens und der Formfüllung 175
4.32 Erstarrungsvorgänge . . . . . . . . . . . . 180
4.33 Gasausscheidung . . . . . . . . . . . . . . 182
4.4 Veredelung der Aluminium-Silizium-Legierungen als Sonderfall der
Kornfeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
4.41 Beschreibung der Veredelungsoperation . . . . . . . . 184
4.42 Auswirkungen und Begleiterscheinungen der Veredelung 186
4.421 Unterkühlung . . . . . . . . . . . . . . . . 186
4.422 Gefügeänderungen . . . . . . . . . . . . . . 186
4.423 Änderung der Fließeigenschaften und der Lunkerneigung 190
4.424 Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften . . 190
4.43 Deutung des Veredelungsvorganges . . . . . . . . . . . . 191
4.431 Theorie des ternären, natriumhaltigen Eutektikums . . 191
4.432 Theorie der Inaktivierung der Schlackentrübe oder
der Fremdkeime . . . . . . . 192
4.433 Theorie der Diffusionshemmung . 193
Literatur zu Kapitel A 1 bis 4 193
B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik des Aluminiums und seiner
Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
1. Metallphysikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . 202
1.1 Gitterbaufehler im Aluminium und ihr Verhalten bei der Verformung
(G. SCHOECK.) . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
1.11 Einführende Bemerkung über Gitterfehler in Metallen und
speziell im Aluminium 202
1.111 Leerstellen. . . . . 203
1.112 Zwischengitteratome 204
Inhaltsverzeichnis IX
1.113 Fremdatome . 204
1.114 Versetzungen 205
1.115 Stapelfehler 206
1.116 Korngrenzen . 208
1.117 Ausscheidungen 208
1.12 Atomare Fehlordnun~ 209
1.121 Bildungs- und Wanderungsenergie für Leerstellen 209
1.122 Einfluß von Fremdatomen . . 212
1.13 VerRetzungcn. . . . . . . . . . . . . 213
1.131 8pannungen, Energie, Kräfte. . . 213
1.132 VerBetzungsstruktur im Aluminium 214
1.1:3:3 Weite der Aufspaltung . . 215
1.134 Durchsdmeidungssprünge 215
1.135 Bildung von Leerstellen und Zwischengitteratomen
durch 8prünge . . . . . . . . . . . . 217
1.13() Klettern von aufgespaltenen Versetzungen 218
1.137 Quergleitung . . . . . . . 219
1.138 Seßhafte Versetzungen. . . 220
1.1:39 Ursprung von Versetzungen 220
1.14 Plastische Verformung . . . . . 221
1.141 Versetzungsmultiplikation . 221
1.142 Die kritische Fließspannung 223
1.143 Verfestigung . . . . . . 225
1.1;; Kriechen . . . . . . . . . . 228
1.151 Hochtemperaturkriechen 230
1.152 Kriechen bei mittlerer Temperatur 231
1.153 Kriechen bei tiefen Temperaturen 232
1.1() vVechselwirkung z\rischen Versetzungen und anderen Gitter-
störungen . . . . . . . . . . . 232
1.161 Elrtstische Wechselwirkung 233
1.162 Chemische Wechselwirkung. 233
1.163 Streckgrenzeneffekte 234
1.1G4 J\Titdiffusion von Fremdatomen 235
LW;) ,~usscheidungen. . . . . . . 235
1.2 Elektronenmikroskopische Untersuchung des Verhaltens von Ver-
setzungen und Leerstellen im Aluminium (H. BICHsEL). . . . . . 238
1.21 Präparationsmethoden zur elektronenmikroskopischen Unter-
suchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
1.211 Abdruckverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
1.212 Herstellung durchstrahlbarer Metallfolien . . . . . . 239
1.22 Nachweis von Versetzungen und Agglomeraten von Leerstellen 240
1.221 Übersicht . . . . . . . . 240
1.222 Besondere Versetzungstypen 244
1.2:3 Subkorngefüge . . . . 248
Literatur zu Kapitel 13 1.1 u. 1.2 253
2. Plastische Verformung (D. ALTENPoHL, H. BICHsEL, E. MACHE-
RAUCH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 257
2.2 Kristallographie und Geometrie der Verformung. 257
2.3 Verformung von Reinstaluminium . 262
2.31 Einkristalle . . . . . . . . . . . . . . 262
x Inhaltsverzeichnis

2.311 Verfestigungskurven . . . . 262


2.312 Oberflächenbeobachtungen . 265
2.32 Bi-, Tri- und Mehrkristalle 269
2.33 Vielkristalle . . . . . . . . . . 273
2.4 Verformung von Aluminiumlegierungen 279
2.41 Kupferhaltige Legierungen. . . 279
2.42 Magnesiumhaltige Legierungen. . 284
2.43 Sonstige Legierungen . . . . . . 288
2.44 Technische Verformung von Knetlegierungen 289
2.45 Hochgeschwindigkeitsverformung . . . . . 293
2.5 Oberflächenbeobachtungen bei Kriech- und Wechselverformung . 294
2.51 Kriechverformung . 294
2.52 Wechselverformung 298

Literatur zu Kapitel B 2. . . 303

3. Erholung und Rekristallisation (D. ALTENPOHL) 307


3.1 Erholung _ . . . _ . . . . . . . . _ . . . . 307
3.11 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . 307
3.12 Thermische Effekte während der Erholung 308
3.13 Erholung des elektrischen Widerstandes, der Linienbreite
bei der Röntgenfeinstruktur-Untersuchung sowie der Härte-
werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
3.14 Grundlegende Beobachtungen bei der Entfestigung . . . . . 312
3.15 Erholung während oder nach der plastischen Deformation.
Zusammenhänge zwischen Erholung und Subkornwachstum 315
3.16 Einfluß gelöster Legierungselemente auf die Entfestigung . . 318
3.17 Übergänge zwischen Entfestigung und Rekristallisation . . . 319
3.18 Herstellung des halbharten Zustandes durch Entfestigung
oder durch Rekristallisation mit anschließender Kaltver-
formung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
3.19 Entfestigungsverhalten bei Material geringer Dicke 329
3.20 Korrosionsverhalten. 331
3.2 Rekristallisation 332
3.21 Übersicht . . . . . 332
3.22 Untersuchungsmethoden zur Verfolgung der Rekristallisation. 333
3.221 Metallographische Beobachtungen 333
3.222 Prüfung der Festigkeitswerte . . . . . 334
3.223 Röntgenographische Untersuchungen . 334
3.224 Untersuchung physikalischer Kennwerte 334
3.23 Rekristallisation des Gußgefüges . . . . . . 335
3.24 Einfluß von Kaltverformungsgrad und Weichglühbedingungen
auf die primäre Rekristallisation . . . . . . . . . . . . . 335
3.241 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
3.242 Rekristallisation im Bereich des kritischen Reckgrades . 337
3.243 Ablauf der primären Rekristallisation oberhalb des
kritischen Reckgrades . . . . . . . . . . . . . . . 338
3.25 Einfluß von Legierungszusätzen auf die primäre Rekristalli-
sation . . . . . . . . . . 344
3.251 AufgabensteIlung . . . 344
3.252 Experimentelle Befunde 345
Inhaltsverzeichnis XI
3.26 Faktoren, welche die Rekristallisation des Aluminiums be-
einflussen . . . . . . . . . . . . . ........ 35:l
3.261 Einwirkung des Gießverfahrens und der thermischen
Vorgeschichte auf die primäre Rekristallisation 353
3.262 Ablauf der sekundären Rekristallisation . . . . . 360
:l.263 Situation bezüglich einer einheitlichen Theorie des
Mechanismus der Rekristallisation des Aluminiums 363
3.264 Mechanismus der Korngrenzenvcrsehiebung bei der Re-
kristallisation. 366

Literatur zu Kapitel B 3 371


4. Feinstruktur und Texturen 374
4.1 Feinstruktur·Untersuchungen mit Röntgenstrahlen (F. ROHNER) 374
4.11 Messung der Gitterkonstante . . . . . . . . . 374
4.12 Ermittlung der Korngröße sowie von Versetzungen 377
4.2 Texturuntersuehungen (H. P. STÜWE) . . . . 380
4.21 Texturen, ihre 2\Iessung und Darstellung 380
4.211 Definitionen . . . . . . 380
4.212 Darstellung von Texturen 381
4.213 Messung von Texturen. 384
4.22 Guß texturen . . . . . . . 387
4.23 IVarmyerformungstexturen 388
4.24 Kaltverformungstexturen . 389
4.241 S- und R·Lage . . . 390
4.242 Oberflächentextur von Blechen 391
4.243 Legierungstyp der Walztextur 393
4.244 Fasertextur in Drähten . . . 395
4.245 Scher· und Torsionstexturen . 396
4.246 Theorie der Verformungstexturen :l96
4.25 Rekristallisationstexturen . . . . . . 399
4.251 Würfel- und R-Lage . . . . . :l99
4.252 Einfluß von Legicmngszusätzen . 399
4.253 Einfluß der Vorgeschichte des Materials 400
4.2M Rekristallisationstextur in Drähten . 401
4.255 Theorie der R('kristallisationstexturen . 401
4.3 Vergleich der Textur weich geglühter Bleche aus Reinaluminium
und Kupfer (P. A. BECK). . . . . . . . . 410
4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminium (H. HUG) 412
4.41 Aufgabenstellung und Übersicht . . 412
4.42 Einfluß der Walztemperatur, des Kaltverformungsgrades
und der Weichglühbedingungen. . . 414
4.43 Einfluß der Barrenglühbedingungen 416
4.44 Einfluß des Eisen: Silizium-Verhältnisses 418
4.45 Einfluß des Heinheitsgrades . . . . . . 420
4.46 Einfluß des Zusatzes von Beryllium, Chrom oder Vanadium 422
Literatur zu Kapitel B 4.1 bis 4.4 424
5. Theorie der Aushärtung . . . 427
5.1 Phänomenologie der Aushärtung (G. HOFMANN) 427
5.11 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . 427
XII Inhaltsverzeichnis

5.111 Voraussetzungen und Maßnahmen für die Aushärtung.


Definition von Kalt- und Warmaushärtung . . . . . 427
5.112 Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . 428
5.12 Übersicht über die bei der Aushärtung ablaufenden Vorgänge 430
5.121 Warmaushärtung . . . . . . . . . . . . . . . 430
5.122 Kaltaushärtung . . . . . . . . . . . . . . . 433
5.123 Rückbildung. Übergang von der Kaltaushärtung zur
Warmaushärtung . . . . . . . . . . . . . . 434
5.124 Kinetik der Aushärtung . . . . . . . . . . . 439
5.13 Faktoren, die die Kinetik der Aushärtung beeinflussen. 447
5.131 Legierungszusammensetzung . . . 447
5.132 Gitterfehlstellen. . . . . . . . . . . . . . . 448
5.133 Einfluß des Abschreckverfahrens oder einer kurz-
zeitigen Zwischenerwärmung auf die Aushärtung 450
5.134 Kaltverformung . . . . . . . . . . . . . . . 451
5.135 Einfluß von Vibrationen auf die Aushärtung . . 453
5.136 Zur energetischen Auswertung kinetischer Messungen 453
5.2 Strukturelle Vorgänge während Aushärtungs- und Ausscheidungs-
vorgängen (V. GEROLD, D. ALTENPOEL, H. BICEsEL mit einem
Beitrag von T. FEDERIGEr). . . 456
5.21 Einleitung. . . . . . . . . . . 456
5.22 System Aluminium-Kupfer . . . 462
5.221 Übersättigter Mischkristall . 463
5.222 Entmischungszonen (G. P. - Zonen I). 464
5.223 Die E>-Phase (G. P. - Zone II) 467
5.224 Die E>-Phase . . . . . . . . . . . . 469
5.225 Die E>-Phase . . . . . . . . . . . . 470
5.23 Systeme Aluminium-Silber und Aluminium-Zink 471
5.231 Übersättigter Mischkristall. 471
5.232 Entmischungszonen . . . . . . . . . . 473
5.233 Ausscheidungsphasen . . . . . . . . . 477
5.24 Systeme Aluminium-Zink-Magnesium und Aluminium-Kupfer-
Magnesium . . . . . . . 480
5.241 Entmischungszonen . . . . . . 480
5.242 Ausscheidungsphasen . . . . . 483
5.25 System Aluminium-Magnesium-Silizium 486
5.26 Einfluß von Gitterfehlern auf die Zonenbildung . 489
5.27 Beeinflussung der Ausscheidung durch Gitterfehlstellen 498
5.28 Wechselwirkungen von Versetzungen mit Ausscheidungen 504
Literatur zu KapitelB 5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
C. Physikalische und technologische Eigenschaften des Aluminiums und
seiner Legierungen . . . . . . . . 511
1. Physikalische Eigenschaften 511
1.1 Übersicht (D. ALTENPOHL) . . 511
Literatur zu Kapitel C 1.1 . . . . 513
1.2 Elektrische Leitfähigkeit (H. ZOLLER) 514
1.21 Einleitung. . . . . . . . . . 514
1.22 HALL· Konstante, Elektronendichte und -beweglichkeit 515
1.23 Temperatur- und Zustandsabhängigkeit des spezifischen
elektrischen Widerstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 517
J nhaltsverzeichnis XIII

1.231 .MATTHIEssENsche Regel und Temperaturkoeffizient 517


1.232 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes im festen
Aluminium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518
1.233 Widerstand bei Temperaturen nahe dem Schmelzpunkt 521
1.24 Beeinflussung des spezifischen elektrischen 'Widerstandes
durch Gitterbaufehler und plastische Verformung . . . . . 522
1.25 'Wirkung von Fremdelcmenten auf den elektrischen Widerstand
und die HALL-Konstante von Aluminium . . . . . . . 524
1.2ii1 Elcktrischer Widerstand mehrphasiger Legierungen . . 525
1.2ii2 Wirkung gelöster Fremdelemcnte . . . . . . . . . . 525
1.2;";;{ Wirkung größerer Zusätze. Vcrlauf von Widerstand
und HALL-Konstante bei Aushärtungsvorgängen 527
1.26 Weitere Beeinflussungsmöglichkeiten des spezifischen elek-
trischen lViderstandes . . . . . 531
1.2ß1 Elastische (Zug- )Hpannungen . 531
1.262 Magnetische Felder . . . . . 532
1.27 Wärml'lcitfähigkeit und elektrische Leitfähigkeit 532
1.28 Einige Hinweise auf die Technologie der Verarbeitung von
Aluminium ,,;u Leitmaterial 533
1.3 Diffusion (F. Rom;~;R) 534-
1.31 Einleitung. . . . . 534
1.32 Chf'mische Diffusion. 534
1.33 Selbst diffusion . . . 539
1.H4 Diffusionsmechanismen und ~usammenhänge zwischen cl1('-
miseher Diffusion und Selbstdiffusion . 540
1.35 Oberflächen- und Korngrenzendiffusion 542
Literatur zu Kapitel C 1.2 und 1.:~ . . . . . . 544
2. Mechunisehl' Eigenschaften (D. ALTENPOHL u. E. von BURG) 547
2.1 Statische Festigkeit bei Raumtemperatur, ermittelt aus dem
Zugversuch. . . . . . . . . . . 548
2.11 Spannungs-Dehnungs-Kurve. . . . . . . . . . 548
2.12 Härtewerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 552
2.13 Festigkeitswerte einiger Aluminiumknetlegierungen 552
2.131 Genormte Werte . . . . . . . . . . . . 552
2.132 Veränderung der Festigkeitswerte beim Kaltwalzen 552
2.13:{ Preß effekt . . . . . . . . . . . . . 554
2.14 Auswertung der Ergebnisse dcs Zugversuches. 556
2.141 Übersicht . . . . . . . 556
2.142 Gleichung der Fließkurve 556
2.14:{ Oleichmaßdehnung . . . 558
2.144 Einschnürung beim Zugversuch 558
2.2 Einfluß der Verformungsgeschwindigkeit und der Temperatur auf
die im Kurzversuch ermittelten mechanischen Eigenschaften 559
2.21 Festigkeit bei tiefen Temperaturen . . . . . . . . . . . . 559
2.22 Festigkeit bei erhöhten Temperaturen. . . . . . . . . . . 560
2.23 ÜbersiC'ht über die Festigkeitswerte im Temperaturbereich von
-~200 bis +400°C. Einfiuß der Verformungsgeschwindigkeit 564
2.3 Standfestigkeit der Aluminium-Knetlegierungen. . 571
2.31 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 571
2.32 Zeitstandfestigkeit und Zeitstandkriechgrenze 572
XIV Inhaltsverzeichnis

2.33 Dauerstandkriechgrenze . 574


2.34 DVM-Kriechgrenze . . . 574
2.35 Kriechkurven . . . . . 575
2.36 Auswertung der Kriechkurven 576
2.4 Verformungsverhalten des Aluminiums' in Abhängigkeit von der
Temperatur - Theoretische Ansätze. . . . . . . . . . . . 580
2.41 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . " 580
2.42 Hinweis auf einige Faktoren, welche bei der Untersuchung
des Kriechens die Meßwerte beeinflussen 581
2.421 Verfestigung durch Kaltverformung . 581
2.422 AUBScheidungsvorgänge . . . . . . 582
2.423 Kristallerholung und Rekristallisation 584
2.43 Einwirkung tiefer Temperaturen auf den Verformungsmechanis-
mus . . . . . . . . . . . . . 584
2.5 Dauerfestigkeit oder Wechselfestigkeit . 585
2.51 AufgabensteIlung . . . . 585
2.52 Untersuchungsverfahren 585
2.53 Typische Ergebnisse von Ermüdungsprüfungen an Probestäben 588
2.531 Einfluß der Kaltverformung und der Temperatur auf
die Wechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 588
2.532 Zusammenhang zwischen Wechselfestigkeit und Dehn-
grenze oder Dehngrenzenverhältnis . . . . . . . . . 589
2.533 Einfluß verschiedener Arten von Kerben auf die Wech-
selfestigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . 593
2.534 Oberflächeneinfluß auf die Ermüdungsfestigkeit 596.
2.535 Einfluß der Legierungszusammensetzung 597
2.536 Einfluß der Variablen während der Halbzeugherstellung 598
2.54 Ausbildung des Ermüdungsbruches 599,
Literatur zu Kapitel C 2. . 601
3. Unlegiertes Aluminium 603
3.1 Reinstaluminium (D. ALTENPoHL) 603
3.11 Herstellungsverfahren 603
3.12 Verfahren zur Ermittlung der Verunreinigungen von Reinst-
aluminium. . . . . . . . . . . . . . . . . 605
3.13 Einfluß der natürlichen Verunreinigungen des Reinstaluminiums
auf Entfestigung und Rekristallisation. ........ 607
3.14 Einfluß kleiner Legierungszusätze auf die Rekristallisation
des Reinstaluminiums . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
3.15 Mechanismus der Beeinflussung der Rekristallisation des
Reinstaluminiums durch kleinste Zusätze oder Verunreini-
gungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
3.151 "Kritische Dispersion" und Seigerungs-Substruktur . . 618
3.152 Ausscheidungsvorgänge bei kleinen Eisengehalten . . . 622
3.153 Wechselwirkung der Fremdatome mit Korngrenzen
(Großwinkelkorngrenzen) ......... 624
3.154 Wechselwirkung der Fremdatome mit Versetzungen
und Versetzungsansammlungen . . . . . . . . . . . 625
3.155 Beeinflussung der Rekristallisation des reinsten Alu-
miniums durch kleine Kupfergehalte. Theoretische
Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
Inhaltsverzeichnis xv
3.156 Einfluß faserartig angeordneter Fremd"tome oder Aus-
scheidungen auf die Rekristallisation 631
3.16 Eigenschaften und Anwendung von Reinstaluminium 632
3.17 Korrosionsverhalten des Reinstaluminiums 634
3.2 Reillaluminium (D. ALTENPoHL) . . . . . . . 638
3.21 Herstellungsverfahren, natürliehe Verunreinigungen 638
3.22 Aluminium-Eisen-Legierungen . . . . . . . . . 640
3.221 Konstitutionsfragen . . . . . . . . . . . . 640
3.222 1<'estigkcitswerte und Ausscheidungsvorgällge . 641
3.223 Eisengehalte yon Reinaluminium und Aluminium-
legierungen . . . . . . . 643
3.23 Aluminium-Silizium-Legierungen 643
3.231 Konstitutionsfragen . . . 643
3.232 Auss~heidungs- und Aushärtungsvorgänge 644
3.24 Konstitution und Gefüge von Al-Fe-Si-Legierungen 646
3.25 Eigenschaften des Reinaluminiums . 647
3.2G Anwendung und KOITosionsverhalten 648
Literatur zu Kapitel C 3. . . . . . . . . 650

4. ~ i eh taushärt bare Knetlegierun gen 653


4.1 Aluminium-lHagnesium-Legierungen (D. ALTENPOHL) 653
4.11 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 653
4.12 Konstitutionsfragen . . . . . . . . . . . . . 654
4.121 Zustandsdiagramm Aluminium-Magnesium, Gitterkon-
stante
C • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 654
4.122 Legierungszusammensetzung . . . . . . . . . . 656
4.13 Verhalten der Aluminium-Magnesium-Knctlegierungen bei
der Verarbeitung . . . . . . . 659
4.131 Sehmelzen und Erstarren. 659
4.132 Warmverformung . 660
4.133 Kaltverformung . 663
4.134 Entfestigung . . . 663
4.135 Weichglühung . . 664
4.14 Physikalische und mechanische Eigenschaften von Aluminium-
Magnesium-Legierungen. . . . . . . . . . . 667
4.1:') Gefügeumlagerungen bei der Warmbehandlung . 671
4.151 Allshärtungsvorgänge . 671
4.152 .\usscheidungsvorgänge 674
4.16 Korrosionsverhalten. . . . . 675
4.161 Übersicht . . . . . . 675
·1,.162 Verhalten bei langandauernder atmosphärischer Kor-
rosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 676
4.163 Verhalten bei Spannungskorrosion . . . . . 677
4.17 .\nwendullg <I"r Alulllinium-Magnesium-Lcgiertmgcn 681
Literatur zu Kapitel C 4.1 . . . . . . . . . . . . 682
4 .) Aluminium-Mangan-Legierungen (D. ALTENPoHL) 685
4.21 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . 685
4.22 Konstitutionsfragen . . . . . . . . . . . 685
4.221 Zustandsdiagramm Aluminium-Mangan 685
4.222 Legierungszusammensetzung . . . . . 687
XVI Inhaltsverzeichnis

4.23 Physikalische und mechanische Eigenschaften von Aluminium-


Mangan-Legierungen . . . . . . . . . . . . . 689
4.24 Einfluß einer Barrenhochglühung. . . . . . . . . . . . . 690
4.25 Verhalten der Legierung bei der Rekristallisation. . . . . . 695
4.26 Einfluß weiterer Legierungszusätze auf die Eigenschaften der
Aluminium-Mangan-Legierungen 699
4.261 Magnesium 699
4.262 Kupfer . . . . . . . . 701
4.263 Zink . . . . . . . . . 701
4.27 Anwendung der Aluminium-Mangan-Legierungen, Korrosions-
beständigkeit . . . . . . . 701
Literatur zu Kapitel C 4.2. . . . . . . . . . . . . . . . . 703
5. Aushärtbare Knetlegierungen. . . . . . . . . . . . . 705
5.1 Aluminium-Kupfer-Magnesium-Legierungen (D. ALTENPOHL) 705
5.11 Geschichtlicher Hinweis. . . 705
5.12 Legierungszusammensetzung . 706
5.121 Übersicht . . . . . . 706
5.122 Aushärtende Phasen. . 710
5.123 Einfluß der einzelnen Legierungskomponenten 712
5.13 Kurze Übersicht über Ausgangsmaterial und Verarbeitungs-
gang bei der Herstellung von AICuMg-Halbzeug 715
5.131 Barrenwärmen vor der vVarmverformung. 716
5.132 Lösungsglühen . . . . . . . . . . . 718
5.133 Abschrecken . . . . . . . . . . . . 721
5.134 Kaltverformen nach dem Abschrecken 723
5.135 Kaltaushärten . 728
5.136 Warmaushärten . . . . . 729
5.137 Weichglühen . . . . . . . 731
5.14 Festigkeitswerte, Verformbarkeit . 732
5.141 Festigkeitswerte von Blechen - Einfluß der Plattierung 732
5.142 Festigkeitswerte von Profilen, PreßefIekt . . . . . . 733
5.143 Bruchdehnungswerte in Profilen und Schmiedeteilen . . 737
5.144 Dauerwechselfestigkeit und Dauerbelastungstemperatur 738
5.145 Das Verhalten bei technischen Formgebungs-Verfahren 739
5.15 Metallographische Untersuchung der Aushärtung . . . . . . 739
5.16 Korrosionsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740
5.161 Einfluß derthermischen Vorgeschichte auf die Korrosions-
beständigkeit nach Kaltaushärten . • . . . . 741
5.162 Korrosionsbeständigkeit nach Warmaushärten . 742
5.163 EindifIundieren von Kupfer in die Plattierschicht 744
5.164 Potentialmessungen 747
5.17 Literaturübersicht . . . . . . . . . . . . . . 751
Literatur zu Kapitel C 5.1 . . . . . . . . . . . . . . . 751
5.2 Aluminium-Magnesium-Silizium-Legierungen (H. Huo) 754
5.21 Einfluß der Legierungszusammensetzung . . . . 754
5.22 Thermische Behandlung durch Lösungsglühen und Warm-
aushärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762
5.23 Korrosionsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767
5.24 Physikalische Eigenschaften von AIMgSi-Legierungen mit je
ca. 1% Mg und Si 769
Literatur zu Kapitel C 5.2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769
Inhaltsverzeichnis XVII

5.3 Aluminium-Zink-Magnesium-Legierungen (H. HUG) 770


5.31 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . 770
5.32 Zustandsdiagramm . . . . . . . . . . . . 771
5.33 Legierungszusammensetzung und Festigkeitswerte 771
5.34 Physikalische Eigenschaften von AIZnMg-Knetlegierungen
(Richtwerte) . . . 774
5.35 Verformbarkeit. . 774
5.36 Wärmebehandlung 775
5.361 Aushärtung 775
5.362 Weichglühung 776
5.37 Aushärtungskinetik . 778
5.371 Rückbildung . 778
5.372 Einfluß kleiner Zusätze 780
15.38 Korrosionsverhalten . 781
15.39 Suhweißbarkeit 783
Literatur zu Kapitel C 5.3 . . 784
5.4 Aluminium-Zink-Magnesium-Kupfer-Legierungen (H. Huu) 7815
15.41 Übersicht . . . . . . . 785
5.42 Konstitutionsfragen . . . . . . . . . . 786
5.421 Zustandsdiagramm . . . . . . . 786
5.422 Zusammensetzung der Legierungen 787
5.43 Halbzeug . . . . . . . . . . . . . . 790
5.44 Wärmebehandlung und .Festigkeitseigenschaften 790
15.45 Weichglühen und Verformbarkeit 796
5.46 Verbindungsarbeiten 797
15.47 Korrosionsverhalten . 797
Literatur zu Kapitel C 5.4. . 798

6. Gllßlegierungen (H. ARBENZ) 799


6.1 Übersicht gcmäß DIN 1725, BI. 2 800
6.2 Hüttenlegierungen und Umschrnelzlegierungen 800
6.3 Kolbenlegierungen . . . . . . . . . . . 803
6.31 Fabrikationsmethoden für Kolben . . . 804
6.32 Übersicht über die Kolbenlegierungen . . 805
6.33 Die Aufgaben der Legierungselemente der Kolbenlegierungeu. 805
6.331 Kupfer 806
6.332 Silizium . . 806
6.333 ~lagnesiulll 806
6.334 Eisen . 807
6.3315 Mangan . . 807
6.336 Nickel. . . 807
G.337 Titan und Bor 807
G.338 Phosphor 807
G.34 Warmbehandlung vou Kolbenlegierungen 808
6.35 Einige wichtige betriebsteehnische Eigenschaften der Kolben-
legierungen . . . . . . . . 809
G.351 Dichte. . . . . . . . 809
G.352 Temperaturausdehnung 809
6.353 \\' armfestigkeit . . . . 809
XVIII Inhaltsverzeichnis

6.4 Warmbehandlung von Gußstücken 811


6.41 Voll- und Teilaushärtung 811
6.42 Stabilisierungsglühen . 812
6.5 Mechanische Eigenschaften 813
6.51 Probestabformen . . . 813
6.52 Statische Festigkeit, Bruchdehnung und Härte . 814
6.53 Wechselfestigkeit (Ermüdungsfestigkeit) 815
6.54 Warmfestigkeit . . . . 816
6.6 Physikalische Eigenschaften 817
Literatur zu Kapitel C 6. . . . 817

7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt


(E. A. BLOCH) . . . . . . . . . . 818
7.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . 818
7.2 Herstellung VOll S. A. P.-Pulver. . . 820
7.3 Herstellung von S. A. P.-Preßlingen . 821
7.4 Herstellung und Verarbeitung von S. A. P.-Halbzeug 824
7.5 Gefüge von S. A. P. . . . . . . . . . . . . . 826
7.51 Elektronenmikroskopische Untersuchungen 826
7.52 Modellversuche . . . . . . . . . . . . 827
7.53 Rekristallisationsversuche . . . . . . . . 827
7.6 Zusammenhang zwischen mechanischen Eigenschaften und Gefüge
des S. A. P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827
7.61 Theoretische Untersuchungen . . . . . . . . 827
7.62 Einfluß der Teilchengröße und des Oxydgehaltes 828
7.63 Einfluß von Legierungszusäb;en . . . . . . . 829
7.64 Dispersionshärtung durch intermetallische Verbindungen 830
7.7 Eigenschaften des S. A. P.-Halbzeugs 831
7.71 Thermische Stabilität. . . 831
7.72 Mechanische Eigenschaften 832
7.73 Physikalische Eigenschaften 835
7.74 Korrosionsbeständigkeit . 836
7.8 Anwendungen 837
Literatur zu Kapitel C 7. 838

8. Korrosion (D. ALTENl'OHL u. H. ZEIGER) 840


8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . 840
8.2 Prinzipielles Korrosionsverhalten des Aluminiums. 840
8.3 Korrosionsprüfung . . . . . . . . . . . . . . 842
8.4 Wachstum und Eigenschaften von Oxydschichten . 843
8.41 Natürliche Oxydhaut auf Reinstaluminium 84:3
8.411 Beobachtungen über das Wachstum der Luftoxydhaut . 843
8.412 Wachstumsmechanismus der Luftoxydhaut . . . . . 845
8.413 Wachstum der Oxydhaut im Kontakt mit 'Wasser oder
anderen Flüssigkeiten . . . . . . . . . 848
8.42 Natürliche Oxydhaut auf Aluminiumlegierungen 851
8.43 Oxydschicht und Potentialverhalten . . . . . 854
8.44 Durch anodische Oxydation erzeugte Schichten. 857
I llhalt~verzeichnis XIX

8.441 ]<'ormierHdlichten . . . . . 857


8.442 Poröse anodische Dchichtell 859
8.5 Durch chemische Reaktion entstandene I::lchutzschiehten 86:~
8.51 Chromat-Phosphat-Schiehten 863
8.52 Farblose Oxydh.\"droxydsehichten. . . . . . . 863
8.6 Glänzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 866
8.7 Physikalische Phänomene au Aluminium-Oberflächen 868
8.8 Einige Beispiele für das Korrosionsverhalten des Aluminiums . 869
8.81 Korrosionsverhalten bei Bewitterung 869
8.82 Korrosion in engen Spalten . . . 871
8.8:{ Galvanische Korrosion . . . . . 872
8.84 Lochfraßkorrosion (Pittingbildung) 874
8.815 Einfluß der Zusammensetzung des \Verkstoffes auf Potential-
und Korrosionsverhalten . 871i
8.86 Hpannullgslwrrosion 880
8.8fi1 Phänomenologie. . 880
8.862 Mechanismus der I::lpannungskolTosiou 882
Literatur zu Kapitel C 8 . 884
Sachverzeichnis . . . . . . . 891
A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze,
Vorgänge bei der Erstarrung, Gießen von Knet-Gußlegierungen

1. Grundlagen
Von D. Altenpohl, Zürich

1.1 Vorgänge beim Aufschmelzen - Struktur der Schmelze

Obwohl es zahlreiche Theorien gibt, sind unsere Kenntnisse über


den Zustand flüssiger Metalle und den Phasenübergang fest-flüssig noch
sehr beschränkt. Eine gute Literaturübersicht vermitteln z. B. J. H.
HILDEBRA:ND [1] sowie B. R. T. FROST [2].
Beim Aufschmelzen ändern sich die Werte der Koordinationszahl,
der Dichte und der spezifischen Wärme nur relativ wenig (Tab. 1). Hier-
aus kann geschlossen werden, daß das Aufschmelzen des Aluminiums
keine tiefgreifende Anc1erung der Anordnung und der thermischen
Bewegung der Atome nach sich zieht.
Die Kräfte, welche für das Zustandekommen der interatomaren Bin-
dung der Legierungen im festen Zustand verantwortlich sind, machen
ihren Einfluß teilweise auch noch im schmelzflüssigen Zustand geltend.
Dies ist allerdings eine sehr allgemeine Feststellung, deren Präzisierung
noch nicht befriedigend gelungen ist.
F. SAUERWALD [3] bestimmte die Viskosität von Schmelzen zahl-
reicher Aluminiumlegierungen durch Messung der Durchflußgeschwindig-
keit durch eine Düse. Er untersuchte außerdem an den Schmelzen die
Veränderungen yon Mischungswärme, Oberflächenspannung, elektrischer
Leitfähigkeit und magnetischer Suszeptibilität in Abhängigkeit von der
Zusammensetzung. AU8 der Vielzahl dieser Werte resultierte eine Auf-
gliederung in folgende zwei Gruppen (zwischen denen es allerdings glei-
tende Übergänge gibt) :
1. Schmelzen in denen intermetallische Verbindungen erkennbar
sind (V-Systeme).
2. Schmelzen ohne Verbindungscharakter (L-Systeme).
Obwohl Beweise fehlen, hat sich diese Einteilung bis heute als frucht.
bar erwiesen.
Bei den Aluminiumlegierungen kommen beide Fälle vor.

1 Altenpohl, Altuninium
2 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

F. SAUERWALD [3] benennt als Systeme, welche keinen Verbindungs-


charakter in der Schmelze zeigen, Aluminium-Silizium, Aluminium-Zinn
und Aluminium-Zink.

Tabelle 1. Änderung einiger physikalischer Eigenschaften von Reinstalwninium beim


Au/schmelzen (nach [4 bis 7])

fest flüssig
"" 659°e "" 661 oe

Dichte gjcm3 2,55* 2,37


Volumenzunahme beim Übergang
fest - flüssig % ,.,,7
Koordinationszahl 12 10,6
Schmelzwärme caljg 95
spezifische Wärme caljg . grd 0,29 0,26
elektrische Leitfähigkeit mjQ.mm2 9,5** 4,15
* Berechnet aus der Dichte bei 20°C und dem Ausdelmungskoeffizienten.
** Gilt für Al 99,5.

Als Systeme mit Verbindungs charakter sind u. a. Aluminium-


Antimon, Aluminium-Eisen, Aluminium-Titan und Aluminium-Magne-
SIum zu nennen.
Mehrere Autoren vertreten die Ansicht, daß ein Aufschmelzen dann
eintritt, wenn die Anzahl der Leerstellen einen bestimmten Grenzwert
erreicht hat (siehe z. B. J. G. SUTRA [8]). Diese Auffassung beginnt sich
neuerdings stärker durchzusetzen [1] und verdrängt die älteren Theorien.
In einer älteren Theorie wurde z. B. erklärt, daß durch die Auflockerung
des Gitters nahe der Schmelztemperatur mehr Atome auf Zwischen-
gitterpiätze gehen [91.
Nach einer anderen älteren Theorie wird der schmelzflüssige Zustand
durch Leerstellen ("Löcher") erzeugt, welche größer sind als ein fehlendes
Aluminiumatom [10].
Die klassischen Untersuchungen der Atomanordnung in Schmelzen
erfolgten meist mit Röntgenstrahlen. Weitere Aufschlüsse lieferten
thermodynamische Untersuchungen und Viskositätsmessungen binärer
Metallschmelzen in Abhängigkeit von der Konzentration. Neuerdings
wurden Untersuchungen mit Neutronen- [11, 12] und Elektronenstrahlen
[13,14] durchgeführt, die präzisere Aussagen, als auf Grund der röntgeno-
graphischen Ergebnisse [15, 16] zulassen.
Nach S. STEEB [17] muß auf Grund neuerer Messungen die Theorie
aufgegeben werden, wonach die Atome in der Schmelze in einem "ver-
wackelten Gitter" angeordnet sind. Vielmehr treten einige Maxima in der
Atomverteilung des geschmolzenen Aluminiums auf. Das erste Maximum
Lit. S. 193] 1.1 Vorgänge beim Aufschmelzen 3

liegt für Aluminium von 700 oe bei einer Koordinationszahl von 10,6,
der zugehörige \Yert der Gitterkonstante beträgt 2,96 A. Zur Erklärung
eignet sich z. B. ein Kettenmodell mit Ketten von 4 bis 5 Atomen, die
regellos clurcheinandergewürfelt sind [18].

1.11 Viskositätsbestimmung

Die Viskositätsbestimmung von Aluminiumschmelzen bereitet wegen


des störenden Einflusses der Oxydschicht große Schwierigkeiten.
Für die Bestimmung der Viskosität kamen verschiedene Verfahren
zur Anwendung, was große Unter-

+-1-1-
schiede in den Ergebnissen der ein-
elznen Autoren hervorruft (Abb.1).
Messung der Durchflußge-
6,0Ht--~--~1--~-'----~ ~
8chwindigkeit ("Kapillarviskosität").
Diese Methode wurde hauptsächlich 5,0 HH~~ -+----
von F. SAUERWALD [3] angewandt. {;
Nachteilig ist das leichte Verstop-

:
'~4,0 HI---"-..4--
-<
fen der Kapillare, wodurch die ~
Ergebnisse stark beeinträchtigt

::I~
werden!.
1'11e88ung der Oberflächenreib~lng
eine8 8chwingenden Tor8ionskörpers 1,0 --~I=="T~--j-~~=d
("Schwingungsviskosimeter") [7,20].
Bci diesem Verfahren, dat; gegen- o~ ~I~~~~~~~n~
~ ~ ~ WOCD
über Meßfehlern am anfälligsten Temperafur
sein dürfte, wird ein Zylinder oder Abb. 1. Abhängigkeit derViskosität des Aluminiums
eine Kugel in Drehung versetzt (nachvon der 'temperatur nach verschiedenen Autoren
E. GEBHARDT, M. BEOKER ll. S. DORNER [7]).
und die Veränderung der Vü;kosi- 1 E. GEBHARD~" M. BEOKER ll. S. DORN1m; 2 E. V.
tät mittels des unterschiedlichen POLACK ll. S. V. SERGUEmV; " T. P. YAO ll. V.
KO~DlO; 4 D.SAITO ll.T.MATSl;KAWA; 5\V.R.D.
Reibungswiderstandes zwischen JONES ll. W. L. BARTLETT.
der Drehkörperoberfläche und der
Schmelze gemessen. Auf der Schmelzoberfläche bildet sich eine Oxyd-
haut, die das Ergebnis beeinflußt.
Me8sung mit rotierendem Flü88igkeitszylinder. Diese Methode
wurde hauptsächlich von E. GEllHARDT und Mitarbeitern [7] ange-
wendet. Das Verfahren des "Torsionsviskosimeters ohne Eintauch-
körper" schaltet die in Abb. 1 (Kurve 2 bis 5) erkennbaren Meßfehler aus.

1 Ein für betriebliehe Messungen geeignetes Gerät, das nach diesem Prinzip
arbeitet, wurde von H. KESSLER U. K. DETERING [19] entwickelt.

1*
4 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die auf der Oberfläche der Schmelze befindliche, in Phase mit dem Ver-
suchstiegel schwingende Oxydhaut stellt einen "oberen Tiegelboden"
dar, der bei der Eichung berücksichtigt werden kann.
Da diese Methode als die bisher genaueste gilt, werden wir im folgen-
den in der Hauptsache einige mit ihr erhaltene Ergebnisse wiedergeben.

1.12 Viskosität von verschiedenen Systemen

1.121 Aluminium ohne Zusätze. Bei Reinstaluminium (Al 99,996)


erfolgt der Abfall der Viskosität zwischen dem Schmelzpunkt und
900°C langsam und stetig von 1,17 cP auf 0,90 cP (Abb. 1). Die Abhängig-
keit der Dichte von der Temperatur verhält sich analog (Tab. 2).
Tabelle 2. Dichte von flüssigem Reinstaluminium (nach E. GEBHARDT u. Mitarb. [7J)
Temperatur Dichte in g/cm'
oe 1. Messung 2. Messung

658 2,368* 2,368*


700 2,357 2,357
750 2,345 2,345
800 2,332 2,332
850 2,318 2,319
900 2,304 2,304
* extrapoliert

Wenig oberhalb des Schmelzpunktes gemessene Viskositäten sind


während des Aufheizprozesses durchweg höher als während des Abküh-
lungsvorganges (wahrscheinlich infolge unvollständig gelöster Reste von
Kristallen) [21]1.
Der Temperaturbereich, in welchem dieser Effekt beobachtet wird,
hängt stark vom Reinheitsgrad ab.
1.122 Einfluß von Zusätzen an Eisen, Titan, Kupfer, Magnesium und
Zink. Durch den Zusatz von Titan, Eisen, Kupfer und Magnesium steigt
die Viskosität des flüssigen Aluminiums zu höheren Werten an (Abb. 2).
Die besonders starke Viskositätszunahme der Aluminiumschmelze bei
Zusatz von Titan oder Eisen ist auf Grund von Bindungskräften von
Atomgruppen der Zusammensetzung AlaTi und AlaFe oder Al 5Fe 2 zu
erklären [22].
Das spezifische Volumen des Aluminiums nimmt durch Zusätze von
Eisen und Kupfer linear ab (Abb. 3). Die Mischungsregel gilt im Falle der
1 Ähnliche Beobachtungen werden bei der Erstarrung gemacht (feinkörnige
Erstarrung von Schmelzen, die nur geringfügig über den Schmelzpunkt erhitzt
wurden, s. S. 14).
Lit. S. 193] 1.1 Vorgänge beim Aufschmelzen 5

Aluminium-Kupfer-Schmelzen innerhalb eines relativ weiten Konzen.


trationsbereiches mit befriedigender Genauigkeit. Zusätze von Titan und
Eisen erniedrigen das spezifische Volumen des Aluminiums weit stärker
als es der Mischungsregel entspricht.

1,2or-----r-----~-----,-----,-----,-----,
.10-2
Poise 11
1,18

Mg
__ .1n _______ _
2 3 4
Legierungszusätze
Abb.2. Einfluß von Zusätzen auf die Viskosität des Aluminiums bei 700°0 (nach E. GEBHARDT,
M. BEOKER U. S. DORNER [7]).

444r-----,------.------r-----~----~
cm3/g

0,42 r\~"="';;:---t----

0,36

O'~A~l----~~----t~0----~~~----2~0~G~ew-~~%~25
Legierungszusälze
Einfluß von Kupfer-, Eisen- und Titanzusätzen auf das spezifische Volumen des Aluminiums
Abb. 3.
bei 800'C (nach E. GEBHARDT, lI-L BEOKER u. S. DORNER [7]).
- - - K. BORl<E~fAXX u. F. SAcERWALD; - - E. GEBHARDT, M. BECKER U. S. DORXER.

Es liegt nahe, diese Volumenkontraktion auf das Vorhandensein


besonderer Bindungszustände (Nah ordnungs bereiche) in der Schmelze
zurückzuführen [7].
1.123 Eingehendere Untersuchung einzelner Systeme. E. GEBHARDT
und Mitarbeiter [23 bis 27] haben sich intensiv mit solchen Unter.
suchungen befaßt. Es kommen insbesondere zwei Auftragungsarten der
Ergebnisse in Betracht: Isothermen oder Viskositäts-Konzentrations-
Kurven für konstante Temperaturintervalle oberhalb der jeweiligen
Liquidustemperatur .
6 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

a) Aluminium-Magnesium. Die Änderung der Viskosität mit dem


Magnesiumgehalt erlolgt bis etwa 35% Magnesiumzusatz stetig (Abb. 4).
Die Viskositäts-Konzentrations-Isothermen steigen jedoch bei ca.
36 Gew.-% Mg scharl nach höheren Werten an, durchlaufen bei 37 Gew.-
% Mg einen Höchstwert und sinken mit weiterer Zugabe von Magnesium
wieder zu tieferen Werten ab. Die Abweichung der Isothermen vom
Normalverlaufl (gestrichelte Linie in Abb. 4) entspricht dem Konzen-
trationsbereich der primären Kristallisation von Al 3Mg 2 , s. S. 655 [23].

1,6,-----~------,-----_"
·10-z
Poise

1,4~-----+ ----+---~--+-l

2,5
·10-
Poisez \ I
2,0
l?> \

1; 1,5 r-------- 1\
'%'"
,~
I
'\ ~l3M92
~1,0
'l::
i'l
"-,
--\C "-
:S!. 0,5 r---- - - -I---- "-
.........
~OO 600 700 800 BOO°C1000
Temperafur
Abb. 4. Isothermen der Viskosität von Abb.5. Abweichung der Viskositäts-Isothermen vom
Aluminium-Magnesium-Legiernngen in Ab- Normalverlauf in Abhängigkeit von der Temperatur.
hängigkeit vom Magnesiumgehalt (nach Aluminium-Magnesium-Legiernng der Zusammen-
E. GEBHARDT u. K. DETERING [23]). setzung Al3 Mg, (nach E. GEBHARDT u. K. DETERING
[23]).

Wie auch bei anderen Systemen festgestellt, werden die Abweichungen


der Viskositätsisothermen vom jeweiligen Normalverlauf mit zunehmen-
der Temperatur immer geringer, weil der Einfluß der Bindungskräfte mit
steigender Temperatur zurückgeht.
Für die Zusammensetzung Al 3Mg 2 sind diese Abweichungen in Abb. 5
gegen die entsprechenden Temperaturen aufgetragen. Durch Extra-
polation der dargestellten Kurve wird ersichtlich, daß die Bindungskräfte
wahrscheinlich noch bis zu Temperaturen von ca. 1000 oe wirksam sind.
Nach grober Abschätzung dürlte diese Temperatur etwa mit dem
Siedepunkt der untersuchten Schmelzen übereinstimmen. Vermutlich

1 "Normalverlauf" ist gegeben, wenn keine Verbindungsbildung in der Schmelze


auftritt.
Lit. S. 193] 1.1 Vorgänge beim Aufschmelzen 7

sind die entsprechenden Bindungszustände im gesamten Bereich der


flüssigen Phase vorhanden und verschwinden erst beim Übergang in die
Gasphase vollständig [23].
b) Alurniniurn-Zink. Die Viskositäts-Temperatur-Kurven der ge-
messenen Schmelzen haben gemäß Abb.6 emen Verlauf, welcher in
Übereinstimmung mit Meßergeb-
1,2.-----~------_,-------,
nissen von F. SAUERWALD auf das .10-2
Fehlen von Verbindungen in der Poise
Schmelze hinweist [3].

0b.----,----,-----,----,----,
.10-2
Poise
2,3

e
750 0
0,8
1,4 800 e
0

I,°A~l----2~O----~40----_~LO----~~~
10 ZO Gew.-% 30
Zinkgeha/t SIliziumgehalt
Abb. 6. Isothermen der Viskosität von Aluminium- Abb. 7. Isothermen der Viskosität von Alu-
Zink-Legierungen in Abhängigkeit vom Zinkgehalt minium-Silizium-Legierungen in Abhängig-
(nach E. GEBHARDT, 111. BECKER 11. S. DORNER [7]). keit vom Siliziumgehalt (nach E. GEBHARDT
U. K. DETERING [23]).

c) Alurniniurn-Silizitlrn (ohne Zusätze). Bei Aluminium-Silizium-


Schmelzen werden nach Ergebnissen von E. GEBHARDT und K. DETE-
RING [23] die Viskositätsisothermen im Bereich der eutektischen Zu-
sammensetzung nur geringfügig beeinflußt (Abb. 7).
G. AKI1IIOV [20] hat mit einer anderen Meßmethode (rotierende, in
die Schmelze getauchte Stahlkugel) ein Minimum der Viskosität am
eutektischen Punkt gefunden.
d) 111odifizierte eutektische Alurniniurn-Siliziurn-Legierungen ("Silu-
rnin"). G. AKIMOV berichtet über den Einfluß einer Veredlung mit
Natrium [28]. Verwendet wurden Zusätze von 0,05,0,1 und 0,2% metal-
lischen Natriums oder eines Salzgemisches (2/ 3 NaF, 1/ 3 NaCl) von höch-
stens 3 Gew.-% der Schmelze bei einer Temperatur von 750 bis 800°C
(Abb.8).
Nach dem Einrühren des Natriums erfolgte jeweils eine starke Viskosi-
tätszunahme (Stillstand des Rotationskörpers in der Schmelze). 5 bis
6 Minuten später war die Viskosität noch fünfzehnmal größer als die-
8 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

jenige der eutektischen Aluminium-Silizium-Legierung im Anfangs-


stadium.
Die Abnahme der Viskosität von Silumin ist zeitlich gleichlaufend
mit dem in Gießereien zu beobachtenden Nachlassen des Modifizierungs-
effektes.
An Abb. 9 wird die Änderung der Viskosität einer eutektischen
Aluminium-Silizium-Legierung in Abhängigkeit von der Zeit nach
Zugabe von Natrium oder Magnesium, Kalzium oder Titan und Zinn be-
schrieben. Obwohl ein kleiner Magnesiumzusatz stark auf die Viskosität
wirkt, hat er dennoch keinen veredelnden Einfluß auf das Gefüge.

0,$
·10-Z 1\
Poise 1 \
\
0,8

,1\
0,7
1\ \~
1 '\
1 \
I
0,6
I

""\
1
I
~o,5
l~0,4 II ~~
I

0,3
1
I I ~
I
1
I
I
~~
o,z 0,3 ---
~.
0,1 0,1

o 10 zo 30 mm40 o 20 40 60 min 80
Zeit Zeit
Abb. 8. Einfluß von Natriumzusätzen auf die Abb. 9. Viskositätsänderung einer eutektischen
Viskosität von Aluminium-Silizium-Legierungen Aluminium-Silizium-Legierung in Abhängigkeit
bei 700 bis 800°0 (nach G. AKIMOV [28]). von der Zeit nach Zugabe verschiedeuer Zusätze.
0,2% Na; D. 0,1% Na; X 0,05% Na. Temperatur: 760 bis 800°0 (nach G. AKI~lOV
[28]).

Viskositätsmessungen an überhitzten Reinstaluminiumschmelzen, die


von W. R. D. JONES und W. L. BARTLETT [29] vorgenommen worden
waren, zeigten eine Zustandsänderung in den Versuchsschmelzen bei
ca. 770°0. Unterhalb dieser Temperatur wurde eine deutlich ansteigende
Viskosität beobachtet, dagegen war sie oberhalb 770°0 annähernd
konstant.
Tatsächlich haben Erfahrungen aus der Praxis gezeigt, daß eine
Erwärmung von Reinaluminiumschmelzen oberhalb 750°0 (vorzugsweise
760 bis 790°0) notwendig ist, um eine gute Qualität zu erzielen. Beim an-
schließenden Barrenguß wird dadurch ein besseres Gefüge erhalten, als
Lit. S. 193] 1.1 Vorgänge beim Aufschmelzen 9

wenn die Schmelze z. B. nur auf 720 bis 730°C erwärmt worden wäre.
Auch der Zusammenhang zwischen Viskosität und Gasgehalt sollte ein-
gehender untersucht werden, allein im Hinblick auf die Schwierigkeit, die
Phänomene der technischen Entgasung zu erklären.

1.124 Aktivierungsenergie des viskosen Fließens. In Tab. 3 sind die


Aktivierungsenergien der Systeme Aluminium-Magnesium, Aluminium-
Zink und Aluminium-Silizium nach Messungen von E. GEBHARDT und
K. DETERING einander gegenübergestellt [23]. Die Daten entsprechen
den in den Abb. 4, 6 und 7 wiedergegebenen Viskositätswerten.

Tabelle 3. Aktivierungsenergie des viskosen Fließens von Al1tminium-Magnesium-,


Aluminium-Zink- und Aluminium-Silizium-Schmelzen (nach E. GEBHARDT U.
K. DETERING [23])

Mg Zn Si
in Gew.-%
I
A. E.'·
I in Gew.-%
I
A. E."
I
in Gew.-% A. E."

20,0 3870 80,0 1890 0,0 2765


30,0 3995 90,0 1950 4,0 2800
33,0 4000 92,5 2000 7,0 2800
34,5 4010 95,0 2000 9,0 2820
36,0 4010 97,5 2020 10,5 2810
37,0 4090 100,0 2100 11,4 2820
37,5 4380* 11,7 2820
38,5 3990 12,0 2820
40,0 3560 14,0 2820
43,0 3530 18,0 2820
23,0 2790

* Maximum; besonderes Merkmal für die Existenz der intermet. Verbindung


Al3Mg2 in der Schmelze
** in calJg-Atom

1.125 Ergebnisse von Penetrationsversuehen. Anhaltspunkte über den


kombinierten Einfluß von Viskosität und Oberflächenspannung ergeben
sich aus Penetrationsversuchen, bei denen Schmelze in feine Poren oder
Risse eindringt und dann erstarrt. Die Auswertung solcher Versuche
wird jedoch durch die Entmischungserscheinungen sehr erschwert.
Beispielsweise wurde die Zusammensetzung von Schmelzen untersucht,
die man in ~panllungtll'ü,tle von gebogenen Reinalumilliumstäben
(4 X 6 mm) eindringen ließ. Dabei wurde bei Verwendung von Alu-
minium-Kupfer-Schmelzcn mit 2,9 bzw. 7,8% Cu in der durch Ab-
schrecken in den Rissen erstarrten Schmelze ein Kupfergehalt von 33 %
festgestellt, was annähernd der eutektischen Zusammensetzung des
Systems Al-Cu entspricht [30].
10 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

1.13 Oberflächenspannung von Schmelzen

Die Oberflächenspannung von flüssigem Aluminium und seinen Legie-


rungen wird durch einen sich rasch bildenden Oxydfilm verändert. Um
dessen Einfluß bei der Bestimmung der Oberflächenspannung möglichst
auszuschalten, benutzt man die sogenannte Blasendruckmethode [31
bis 33]. Dabei gelangt z. B. gut vorgereinigtes Argon aus einem Druck-
gefäß unter den Spiegel der untersuchten Metallschmelze, wobei sich
840 ,---,---,--~--,
dyn/em

~O,---r---,---,---,
dyn/em
.........
Li

600 H--4-+-~

$O~-+-----+-~ #o~-+--~--+-~

4400
0/1- 0,8 1,2At-% 1,(,
Zusatz Zusatz
Abb. 10. Einfluß von diversen Legierungszu- Abb. 11. Einfluß von diversen Legierungszu-
sätzen auf die Oberflächenspannung einer Alu- sätzen auf die Oberflächenspannung einer Alu-
minium·Kupfer·Legierung mit 5% Cu bei 700°C minium·Magnesium-Legierung mit 10,6% Mg bei
(nach L. KUBITSCHEK [31]). 700°C (nach L. KUBITSCHEK [31]).

eine Gasblase bildet, welche die Schmelze in einer Kapillare hochdrückt.


Reißt die Blase in der Schmelze ab, so fällt die Metallsäule in der Kapillare
rasch zurück. Der höchste Stand der Metallsäule wird festgehalten und
dient als Bestimmungsgröße für die Ermittlung der Oberflächenspannung.
Mit Hilfe dieser Methode fand L. KUBITSCHEK [31] für Reinalu-
minium Al 99,7% bei 700°C einen Wert von 850 ± 25 dyn/cm.
Derselbe Autor untersuchte außerdem den Einfluß geringer Zusätze
auf die Oberflächenspannung einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit
5% Cu und einer Aluminium-Magnesium-Legierung mit 10,6% Mg. Einige
Ergebnisse sind in Abb. 10 und 11 dargestellt.
Bei der Aluminium-Magnesium-Legierung (Abb. 11) ist die Verringe-
rung der Oberflächenspannung durch die einzelnen Zusätze schwächer als
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 11

bei der Aluminium-Kupfer-Legierung, wahrscheinlich weil Magnesium


wegen seines großen Atomdurchmessers ein besonders oberflächen-
aktives Zusatzmetall ist.
Für die beiden untersuchten Legierungen und auch für Reinaluminium
ist charakteristisch, daß bei weniger als 0,2 Atom-% Zusatzmetall die
Oberflächenspannung prozentual am stärksten verringert wird.
Nach L. KUBITscHEK [31] ist, die hohe Oberflächenaktivität der leicht-
schmelzenden Elemente eine der Ursachen für ihre kornverfeinernde
Wirkung in Aluminium-Kupfer- und Aluminium-Magnesium-Legierun-
gen: Sie werden an der Oberfläche der wachsenden Dendriten adsorbiert
und hemmen dadurch deren Wachstum. Der kornverfeinernde Einfluß
der schwerschmelzenden Elemente (Titan, Zirkon, Chrom, Molybdän,
Wolfram, Bor) dürfte dagegen nicht mit einer Verringerung der Ober-
flächenspannung der Legierung zusammenhängen [31]. Einige der von
L. KUBITscHEK beschriebenen Ergebnisse wurden teilweise schon vorher
von E. PELZEL [32, 33] und A. M. KORoLKov [34] erhalten.
Immer wieder ist versucht worden, einen Zusammenhang zwischen
Oberflächenspannung, Viskosität und Fließvermögen zu bestimmen. Alle
derartigen Versuche konnten jedoch die tatsächlich auftretenden Ver-
hältnisse nicht exakt beschreiben. Die teilweise gefundenen empirischen
Beziehungen haben keine allgemeine Geltung.
Herrn Professor Dr.-Ing. E. GEBHARDT sei für wertvolle Anregungen
bestens gedankt.

1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen

Es dürfte heute feststehen, daß es zwei Arten von Keimen gibt,


welche bei der Erstarrung eines Metalles wirksam werden [72, 78, 8n
A. Keime, welche in der Schmelze bereits oberhalb der Liquidus-
temperatur anwesend waren.
E. Keime, welche nach Vorliegen einer Unterkühlung spontan ent-
stehen: Die Anzahl dieser Keime nimmt mit zunehmender Unterkühlung
stark zu.
Weist die Schmelze eine genügende Anzahl Keime der Type A auf,
so wird eine Unterkühlung und somit das Auftreten von Keimen der
Type B ganz oder teilweise unterdrückt.
Aus dem beschriebenen Sachverhalt leiten sich zwei verschiedene
Verfahren (I und II) her, um bei der Erstarrung ein feines Korn zu er-
halten.
1. Vorliegen möglichst vieler wirksamer Keime in der Schmelze
oberhalb der Liquidus-Temperatur.
12 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Wie im folgenden gezeigt wird, können diese Keime entweder als


"Eigenkeime" (nicht aufgelöste Gitterreste) vorliegen, bewirkt z. B.
durch geringe Überhitzung der Schmelze nach dem Aufschmelzen,
oder aber die Schmelze ist durch geeignete Zusätze an "Fremdkeimen"
angereichert, z. B. durch Titanzusätze.
I1. Möglichst starke Unterkühlung der zur Erstarrung gelangenden
Schmelze. Hierdurch Bildung zahlreicher spontan entstandener Keime.
Diese Art der Kornverfeinerung gelingt nur, wenn der Keimbildungs-
mechanismus gemäß I möglichst unterdrückt wurde.
Während man im Falle I weitgehend unabhängig von der Er-
starrungsgeschwindigkeit ein feines Korn erhalten kann, spricht die
Kornverfeinerung gemäß II recht empfindlich auf die Erstarrungs-
bedingungen an.
Unabhängig von der Art der Keimbildung kann die Erstarrung nur
dann fortschreiten, wenn vor der Erstarrungsfront ein unterkühlter
Bereich der Schmelze vorliegt [35 bis 40]. D. TURNBULL und R. E. CECH
[41] haben nachgewiesen, daß Aluminium, welches frei von Fremd-
keimen ist, um 148 grd unterkühlt werden kann, bis eine spontane Keim-
bildung einsetzt, die im Falle dieses Experimentes im Kontakt mit einer
Al 20 a-Wandung erfolgte. Dieses Ergebnis stimmt mit den Befunden an
anderen Metallen überein, welche ergeben haben, daß eine Unterküh-
lung von etwa 20% der absoluten Schmelztemperatur notwendig ist,
um die "thermische" Keimbildung zu erzwingen [42, 43].1 Dagegen ge-
nügt bei der Anwesenheit von Fremdkeimen oder von nicht aufgeschmol-
zenen Kristallresten eine Unterkühlung von einigen Grad, um eine leb-
hafte Kristallisation in Gang zu bringen.
Rückschlüsse auf die Keimbildung leiten sich oft aus Beobachtungen
über die Korngröße des Gußgefüges her.
C. MASCRE, A. TOUGUET und M. DROUZY [44] beschreiben eine
Untersuchungsmethode, welche es ermöglicht, die Keimbildung unab-
hängig vom Wachstum der Kristalle zu verfolgen. Die Methode gestattet
eine verfeinerte Deutung der thermischen Analyse.
Es ist oftmals versucht worden, die wirksamen Keime in "Fremd-
keime" (z. B. TiC-Partikel) und "Eigenkeime" (abgerissene Dendriten-
spitzen oder nicht aufgeschmolzene Gitterreste) zu unterteilen. Wie wir
im folgenden sehen werden, ist diese Unterteilung zu einfach. Die geo-
metrische und konstitutionelle Unterkühlung hat gleichermaßen Einfluß
auf Keimbildung und Keimwachstum.
Die folgenden 5 Variablen beeinflussen hauptsächlich die Größe der
Gußkörner:

1 Wird flüssiges Aluminium extrem rasch abgekühlt, so läßt es sich auch


mehr als 20% der absoluten Schmelztemperatur unterkühlen.
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 13

Legierungszusammensetzung und Zusatz von Kornverfeinerern


(Titan, Bor usw.).
Temperaturführung der Schmelze. Diese umfaßt: Vorhergehende
Überhitzung und Abstehzeit, Gießtemperatur, Abkühlungsgesehwin-
digkeit, Temperaturgradient nahe der Erstarrungsfront, Richtung
der Wärmeableitung.
Art der Zufuhr der Schmelze zur Erstarrungsfront.
Einwirkung von Vibration.
Einwirkung von Überdruck.
Bei der Bewertung der H'rsehiedenen experimentellen Studien über
Kornverfeinerung ergibt sich die Schwierigkeit, daß viele der Arbeiten an
spezifischen Fällen durchgeführt worden sind.
Das Schrifttum über die Koruverfeinerung des Aluminiums ist sehr
umfangreich. (Übersicht über das neuere Schrüttum s. [45 bis 49].)
Wir werden uns auf die Wiedergabe einiger grundlegender Arbeiten
beschränken und die verschiedenen Faktoren getrennt abhandeln.
Bei der Unterteilung ~war eine gewisse Willkür nicht zu vermeiden.
Leider ist zudem die Nomenklatur nicht eindeutig. Wir werden im
Absatz "Fremdkeime" solche Fälle beschreiben, bei denen über die
natürlichen Verunreinigungen hinaus kornverfeinernde Legierungs-
zusätze gemacht werden. Somit behandeln wir die Keimbildung im
zusatzfreien Reinaluminium im Kapitel "Eigenkeime", obwohl die natür-
lichen Verunreinigungen des Metalls teilweise "Fremdkeime" bilden.

1.21 Kornverfeinerung durch Eigenkeime


(Beobachtungen an Rein- und Reinstaluminium)

Eine nur kurz über die Liquidustemperatur erwärmte Reinaluminium-


schmelze erstarrt äußerst feinkörnig [50]. Als Ursache hierfür sind Nah-
ordnungsbereiche [51] oder Subkeime [43] in der Schmelze angenommen
worden.
Die Kornverfeinerung durch "Kristallrümpfe" ist von E. SCHElL am
Aluminium genauer untersucht worden [46,50]. Eine mit Eigenkeimen
angereicherte Schmelze kann in einem Gießprozeß z. B. auf folgende
Weise erhalten werden:
Wiederaufschmelzen eines soeben erstarrten Gefüges oder
Zugabe von festem Aluminium zur Schmelze.
Eine typische Anordnung zur Erzeugung von Eigenkeimen ist in
Abb. 12 beschrieben [46]. Von einem gekühlten Schwingkörper fallen
Dendriten ab und wirken kcimbildend.
14 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

In einer anderen Versuchsserie hat E. SCHElL der Schmelze kurz vor


dem Erstarren kleine Blechstücke zugesetzt, um Eigenkeime zu erzeugen,
wodurch eine markante Kornverfeinerung erzielt wurde, wenn die Dicke
der Blechstücke im richtigen Verhältnis zu dem pro Zeiteinheit ver-
gossenen Schmelzvolumen gebracht wurde [50].
Diese Befunde über Eigenkeime sind an Reinaluminium erhalten
worden, während sich Reinstaluminium anders verhält: Reinstaluminium
ohne Zusatz von Fremdkeimen erstarrt
z. B. stets relativ grobkörnig, unabhängig
von der vorangegangenen Überhitzung
[45]. Wenn man z.B. Reinstaluminium auf-
Heizung schmilzt und die Temperatur der Schmelze
nur 1 bis 2 grd über die Liquidustempera-
tur steigert, so erstarrt anschließend das
Reinstaluminium grobkörnig, d. h., es sind
keine unaufgeschmolzenen Keime zurück-
geblieben.
Grundsätzlich andere Ergebnisse wer-
den bei Reinaluminium erhalten (Rein-
- - - - - - - - heitsgrad bis zu 99,8% Al), wo ein fein-
Abb. 12. Gekühlter Schwingkörper zur körniges Gefüge auftritt, wenn die Über-
Erzeugung von Keimen in der Schmelze
(nach E. SCHElL [46]).
hitzung der Schmelze nicht mehr als 20
bis 25 grd oberhalb Liquidustemperatur
betragen hat [45, 49, 52].
Dieselbe Erscheinung tritt auf, wenn Reinaluminium, das zuvor auf
930 e überhitzt worden war, mindestens etwa 30 Minuten kurz oberhalb
0

der Liquidustemperatur verweilt hat. Kürzere Verweilzeiten ergeben


dagegen kein feines Korn [49].
Die Feinkörnigkeit von Reinaluminium, das mit einer Gießtemperatur
von ca. 680 oe vergossen wurde, ist auf natürliche Verunreinigungen des
Hüttenaluminiums zurückzuführen.
In einem von V. KONDlC und D. SHUTT [49] untersuchten Fall war
der kleine natürliche Titangehalt des Reinaluminiums die Ursache der
Kornverfeinerung : Diese Verfasser setzten zu Reinstaluminium Eisen,
Silizium und Kupfer in den Mengen zu, wie sie beim Hüttenaluminium
(Reinaluminium, ca. 99,5% Al) normalerweise vorliegen. Dieses künst-
lich hergestellte Reinaluminium kristallisiert bei ca. 680 oe grobkörnig,
falls nicht ca. 0,02% Ti zugesetzt werden [49].
Bezüglich der Beobachtungen beim Überhitzen von Reinaluminium
über ca. 685 oe und anschließendem Erstarren gibt es viele Widersprüche
in der Literatur [45 bis 47 u. 53 bis 56].
R. MITSOHE [47, 56] hat gefunden, daß bei Reinaluminium außer dem
feinen Korn nach Erhitzen der Schmelze auf 660 bis 680 oe ebenfalls
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 15

feines Korn erhalten wird, wenn die Schmelze auf ca. 1000°0 erhitzt und
mit dieser hohen Temperatur vergossen wird. Ein dritter Temperatur-
bereich bei ca. 1400°0 ergibt ein mittleres Korn. Zwischen diesen drei
Feinkornbereichen - und auch bei höheren Überhitzungstemperaturen
- tritt Grobkorn auf. Analoge Ergebnisse werden auch von E. O","ITSCH
[54] berichtet, welche nach Überhitzung von Reinaluminium auf 1200 bis
1400°0 ein feinkörniges Gußgefüge erhielt, was die Verfasserin mit der
starken Unterkühlbarkeit dieser "keimfreien Schmelze" in Zusammen-
hang bringt. Die Ergebnisse von R. MITSCHE U. E. ONITSCH sind schw'ierig
zu interpretieren, denn die Entstehung einer keimreichen Schmelze ist
bei hohen Temperaturen auch dadurch möglich, daß ein feiner Oxyd-
schleier entsteht, der die Rchmelze durchsetzt.

2
,1
%~~----~m~O~----~2~OO~----~3~OsO~---S~400
ZeH
Al)b. 1~. Thernlit4C'he ~.\Iialy~e durch langsi:une Al,külllung einer Ilnbewegten Reinstaluminiumsehluelze
(na ..!l Y. KONDIC U. D. SHliTT [49]).
1 Temperaturwrlauf 3 lllIll ullterhalb uer Schmelzenoberfläche; 2 Tem]leraturverlauf im ]liittel-
punkt der Rl'hmelze.

F. LIHL und J. SAGOSCHEN [45J konnten bei ihren Experimenten


keinen Einfluß einer Überhitzung auf die Korngröße und auch keine
"Vererbbarkeit" des Gefüges nach Zwischenerstarrung finden, wie dies
in den Arbeiten von R. MITseHE [47, 56] angegeben wurde.
L. HORN und G. MASING sind der Frage des Zusammenhanges
zwischen vorheriger Überhitzung und der bei der Erstarrung der Schmelze
zu beobachtenden Unterkühlung nachgegangen [57J (Versuche an Reinst-
aluminium 99,99%). Mit einer empfindlichen Meßanordnung wurde der
Wiederanstieg der Temperatur beim Einsetzen der Erstarrung gemessen,
wie dieser z. B. in der Abb. 13 zum Ausdruck kommt. Die Probleme bei
solchen Messungen sind vielfältig: Der Wandeinfluß ist schwer auszu-
schalten. Da es sich um polykristalline Proben handelte, dürften die
ersten Keime ihr 'Wachstum begonnen haben, bevor das Temperatur-
minimum erreicht wurde. Einige typische Ergebnisse sind in der folgen-
den Zusammenstellung fet'tgehalten:
16 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Vorherige Überhitzung Unterkühlung


80grd 2 grd
120 grd 3grd
180 grd 4grd
Bei weiterer Steigerung der Überhitzung nimmt die Unterkühlung
nicht mehr zu (höchster zu beobachtender Wert: 4,5 grd Unterkühlung).
Die Autoren weisen auf die beiden Erklärungsmöglichkeiten für solche
Beobachtungen hin:
Nach G. TAMMANN ist anzunehmen, daß mit zunehmender Tempera-
tur nicht aufgeschmolzene Gitterreste aufgelöst werden.
L. HORN und G. MAsING (57]
.... -_.:-
t
3 vertreten die Ansicht, daß aller
grd
V Wahrscheinlichkeit nach das

.
. /
Inlösunggehen von natürlichen
Verunreinigungen des Reinst-

/' ~m
aluminiums die Ursache für den
§ 4 __ - - •
~ 3 " beobachteten Grenzwert der
.~
~2
~ Unterkühlung ist.
:§1
V.KONDICundD.SHUTT [49]
I 0 510 30 JV grdjs haben eine recht ähnliche Unter-
i Abküh/ungsgeschwindigkeif
o 1 2 3 grd/s 4 suchung durchgeführt und fan-
Abküh/ungsgeschwindigkeit den bei niedrigen bis mittleren
Abb. 14. Einfluß geringer bis mittlerer Abkühlungs- Abkühlungsgeschwindigkeiten
geschwindigkeiten auf die Unterkühlung von Reinst·
aluminiumschmelzen vor Einsetzen der Erstarrung
gleichfalls eine Unterkühlbar-
(nach V. KONDIC U. D. SHUTT [49)). keit des Reinstaluminiums um
maximal 4 bis 5 grd (Abb. 14).
Nach ihren Beobachtungen hatte eine vorherige Überhitzung auf 5 bis
230 grd über dem Schmelzpunkt keinen Einfluß auf die Unterkühlung.
Reinaluminium ist nicht unterkühlbar, wenn die Überhitzung weniger
als 25 grd beträgt, was die weiter oben beschriebene Annahme der nicht
aufgelösten natürlichen Verunreinigungen unterstützt.
Bei Überhitzungen von über 25 grd verhält sich Reinaluminium
bezüglich der Unterkühlbarkeit wie Reinstaluminium1 .
J. A. REYNOLDS und C. R. TOTTLE haben die Kokillenwand mit
verschiedenen Metallpulvern bedeckt, um deren Einfluß auf eine
Kornverfeinerung des erstarrenden Aluminiums zu untersuchen [58].
Aluminiumpulver ergab im Gußgefüge eine Steigerung der Korn-
zahl pro Flächeneinheit um den Faktor 4 bis .15, verglichen mit der
Erstarrung ohne Aluminiumpulver unter sonst gleichen Bedingungen.

1 Die Ergebnisse von L. HORN und G. MASING [57] sowie von V. KONDIC und
D. SHUTT [49] wurden bei Abkühlungsgeschwindigkeiten erhalten, wie sie bei
technischen Gießverfahren vorkommen.
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 17

Andere Metallpulver mit mehr als 10% Differenz im Atomabstand zu


demjenigen von Aluminium ergaben keine Kornverfeinerung, so z. B.
Pulver aus Nickel, Tantal und Blei. Diese Versuche leiten bereits zur
Kornverfeinerung durch "Fremdkeime" über, auf die wir später noch
eingehen werden.

1.22 Einfluß von Bewegung oder Vibration der Schmelze auf Keimbildung
und Erstarrung
Es liegen zahlreiche Beobachtungen vor, wonach die Bewegung der
Schmelze nahe der Erstarrungsfront oder die Einwirkung von Vibration
Einfluß auf das Gußgefüge ausüben.
1.221 Zuftuß der Schmelze zur Erstarrungsfront. Wenn man einen
bereits erstarrten Kristall in eincr schwach unterkühlten Flüssigkeit be-
wegt, so tritt ein ganzer Schwarm neuer Keime auf; dagegen würde unter
gleichen Bedingungen der in der unterkühlten Flüssigkeit ruhende Kristall
weder wachsen noch neue Keime bilden.
Eine interessante Deutung der erhöhten Keimbildung durch das
Vorbeifließen von Schmelze an der Erstarrungsfront geht auf Unter-
suchungen von H. KOS'I'RON und M. SCHIPPERS [59] zurück. Eine an der
Erstarrungsfront durch Konvektion oder induktives Rühren entlang-
strömende Schmelze löst die bereits erstarrten Kristalle teilweise wieder
auf [60]. Zum Beispiel haben Versuche von O. SCHAABER [61] gezeigt,
daß sich die wachsenden Kristalle beim induktiven Rühren der Schmelze
entgegen neigen (s. Abb. 15). Dies kann durch die Ansammlung einer
Fremdatomwolke im StrömungRschatten der einzelnen Dendriten erklärt
werden (Abb. 16), welche dort gemäß Zustandsdiagramm den Schmelz-
punkt erniedrigt und dic Erstarrung verlangsamt oder ein lokales Wieder-
aufschmelzen bewirkt [59].
Da ein solcheR lokales Aufschmelzen aber bei Temperaturen knapp
oberhalb der Liquidustemperatur erfolgt, ist das Auftreten von nicht auf-
gelösten Krü;tallresten nahe der Erstarrungsfront hier sehr wahrschein-
lich, was somit die Kornverfeinerung durch Bewegung der Schmelze
erklären könnte.
F. SAUERWALD [63] weist darauf hin, daß ein Rühren in erstarrenden
Metallschmelzen bei verschiedenen Aluminiumlegierungen eine Korn-
verfeinerung nach sieh zieht.
K. E. MANN und E. RIEPERT [64] haben die Kornverfeinerung von
Stranggußbolzen durch mechanisches oder induktives Rühren eingehen-
der untersucht:
Mechanisches Rühren ergab bei Legierungen zwar ein feines Korn,
aber gesteigerte Rißanfälligkeit (infolge hereingerissener Oxyd-Häute?).

2 Altenpohl, Aluminium
18 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Induktives Rühren brachte gleichfalls feines Korn aber keine Risse, jedoch
verstärkten Kaltschweißl der Oberfläche und beeinflußte im übrigen
auch die umgekehrte Blockseigerung.

Abb. 15. Geätzter Querschnitt durch einen Reinaluminium-Rundbarren. bei"" 1: 3 dessen Erstarrung
die Schmelze durch ein elektromagnetisches Drehfeld entgegen dem Uhrzeigersinn bewegt wurde
(nach W. ROTH u. M. SCHIPPERS [60]).
(Gefüge eines ohne Drehbewegung erstarrten Barrens s. Abb. 2.6.)

--:;::::::·0-- - -/J :=:::


~--

1I . I ·O~ --
Srol/lungs-
rc~tvng

-
Abb. 16. In strömender Schmelze wachsende Kristallnadeln. Im Strömungsschatten (II) Anreiche-
rung von Fremdatomen verglichen mit der Konzentration bei I (nach H. KOSTRON u. M. SCHIPPERS
[59]).

V. KONDIO [65] hat die Kornverfeinerung von Reinaluminium unter-


sucht, welches innerhalb etwa einer Minute zur Erstarrung gebracht
wurde. Seine Ergebnisse sind in der Tab. 4 wiedergegeben.
Beim Versuch A erfolgte die Erstarrung, wie normalerweise üblich,
in einer eisernen Kokille. Im Falle B wurde eine Kokille in die Schmelze

1 Die Entstehung von Kaltschweiß ist ein rein mechanischer Vorgang. Kalt-
schweiß tritt bei zu kaltem und/oder zu langsamem Gießen auf Grund der Ober-
flächenspannung des flüssigen Metalls auf, s. Abb. 111, S. 148.
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 19

Tabelle 4. Erstarrung t'on Reinaluminium im Kontakt mit einer Kokille


(nach V. KONDIe [65])

Yersuch I Temperatur der Schmelze über


dem Erstarrungspunkt
I Körner/ern' Versuchsbedingungen

A 10 grd 800bis1000 Gießen in stationäre Kokille


40 grd 10 bis 20
B 10 grd 10 bis 20 Erstarrung um eine in die
Schmelze eingehängte Gieß-
, form (stationär)
C 10 grd 10 bis 20 wie B, aber Gießform vib-
riert oder stetig rotiert
D 10 grd 1800 bis 1000 wie B, Gießform stetig ro-
tiert mit zeitweiligem Ab-
stoppen der Rotation

eingehängt, was ein wesentlich gröberes Gußkorn ergab (Gießtemperatur


10 grd über dem Erstarrungspunkt). Stetiges Drehen der Gießform
brachte keine Kornverfeinerung (Versuch C), wohl aber, wenn die
Drehbewegung der Gießform ab und zu gestoppt und anschließend
wieder fortgesetzt wurde (D).
Nach F. A. CROSSLEY, R. D. FISHER und A. G. METCALFE [62] bleibt
die Kornverfeinerung aus, wenn die Schmelze rotiert, bevor die Erstar-
rung einsetzt. Das Gefüge ist in diesem Falle gleich wie bei ruhendem
Guß.
Während der Erstarrung erzielten sie bei Umpolung des magnetischen
Drehfeldes die beste Kornverfeinerung. Diese Befunde deuten darauf
hin, daß es für die Beeinflussung des Gußgefüges sehr auf die Details der
Relativbewegung zwischen Schmelze und Erstarrungsfront ankommt.
Bei der Besprechung der im Stranggußgefüge auftretenden Kristalli-
sationsformen werden wir weiter unten noch andere Beispiele für den
starken Einfluß der Bewegungsrichtung der Schmelze auf das Guß-
gefüge anführen (siehe z. B. Abb. 80, S. 120).

1.222 Vibration. Die Angaben über den Einfluß der Vibration auf
das Gußgefüge sind widerspruchsvoll. Mehrere Autoren weisen auf die
Kornverfeinerung durch Ultraschalleinwirkung hin. (Eingehende Litera-
turübersicht siehe [66, 67].) E. SCHMID [68] führt die durch Ultraschall
bewirkte Kornverfeinerung auf ein Abbrechen der aus der Erstarrungs-
front herausragenden und daher einseitig "eingespannten" Kristall-
nadein oder Dendritenarme zurück. Ultraschall hat in Schmelzen eine
dispergierende Wirkung, z. B. auf die Verteilung von Blei in Aluminium
[68], und bewirkt eine feinere Verteilung von Mn Al 6 in Stranggußbarren
aus manganhaltigen Legierungen [69].

2*
20 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Während E. SOHMID [68] bei Vibrationen im Bereich der Schall-


frequenzen keine Kornverfeinerung findet, konnte diese bei den Ver-
suchen von W. ROSTOKER und Mitarbeitern nachgewiesen werden [70,
71]. Diese Autoren fanden durch Ankoppeln einer Vibration (60 Hz mit
einer Amplitude von 0,5 mm) an eine eiserne Kokille markante Einflüsse
auf das Gußgefüge von Aluminiumwerkstoffen : Bei Reinaluminium
sowie bei Legierungen mit 2 und 4% Cu wurde die Stengelkristallbildung
unterdrückt [70]. Eine näher untersuchte Legierung enthält 4,4% Cu
und 1,3% Si. Bei dieser Legierung konnte auf Grund der Vibration eine
deutliche Kornverfeinerung sowie eine Verringerung der Lunkerbildung
und der Ausschwitzungen beobachtet werden; Seigerung und Mikroporen
wurden dagegen nicht beeinflußt [71].
Die genannten Effekte sind hauptsächlich von der Schwingungs-
amplitude abhängig, wobei eine Steigerung derselben über 0,5 mm hin-
aus keine weitere Verbesserung mehr ergibt, aber auch nicht schadet.
Varüeren der Frequenz zwischen 60 und 1500 Hz hatte keinen syste-
matischen Einfluß.
Stichversuche im Ultraschallgebiet zeigten keine Vorteile der hohen
Frequenzen. W. ROSTOKER und Mitarbeiter [70. 71] geben folgende
Erklärung ihrer Beobachtungen:
Durch eine nahe der Erstarrungsfront auftretende Rührwirkung wird
die dort vorliegende Konzentrationsverschiebung und Unterkühlung
("constitutional supercooling") beseitigt, so daß die Gesamtunterkühlung
der Schmelze mehr in den Vordergrund tritt; dadurch wird die Ausbil-
dung von Stengelkristallen unterdrückt und eine generelle Kornverfeine-
rung bewirkt. Allerdings sind auch andere Erklärungen möglich, z. B.
verstärkte Keimbildung nahe der Erstarrungsfront [70] oder Erleichte-
rung der Keimbildung während der Druckwelle innerhalb unterkühlter
Schmelzbereiche [71].
Tatsächlich erleichtert ein erhöhter Druck die Keimbildung [70].
Nur die Vibration während - nicht aber vor - der Erstarrung hat
einen Einfluß. Das heißt, in der Schmelze selbst treten durch das Vibrie-
ren keine Veränderungen auf.
Die Widersprüche zwischen den verschiedenen Arbeiten erklären
sich teilweise aus der Art der Ankopplung der Vibration: Bei gleicher
Energie liefert z. B. ein einseitig eingespannter Vibrationstisch einen
wesentlich besseren Kornverfeinerungseffekt als ein freischwingender
[71].
Oft wird die Übertragung der Schwingungen in der Schmelze vorge-
nommen [73, 74]. Nach neuen Untersuchungen von W. A. TILLER [75]
tritt aber eine viel wirkungsvollere Kornverfeinerung auf, wenn z. B.
Ultraschall vom Boden des erstarrenden Gußblockes her in diesen einge-
führt wird, wobei die Ultraschallfrequenz zweckmäßig so gewählt wird,
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 21

daß in der Nähe der Erstarrungsfront nach Möglichkeit ein Schwingungs-


bauch liegt.
Somit kann die Ankopplung der Schwingungen auf dreierlei Weisen
erfolgen:
durch die Schmelze,
durch die Kokillenwand oder
durch das erstarrende Gußstück,
wobei die Wirkung auf das Gußgefüge im allgemeinen in der genannten
Reihenfolge zunimmt [75, 76].
Allerdings wird u. U. eine recht wirkungsvolle Kornverfeinerung auch
dann gefunden, wenn der Vibrator in die Schmelze eintaucht: z. B. hat
P. D. SOUTIIGATE [73] auf diese Weise bei Reinaluminium eine deutliche
Kornverfeinerung und bei Legierungen mit 4% Fe eine merkliche Ver-
kleinerung der eisenhaItigen Heterogenitäten erreicht. In einer Legierung
mit 12% Si konnte auf diese Art die Porosität reduziert und die Zug-
festigkeit um ca. 10% erhöht werden [73].1

1.23 Einfluß extremer Bedingungen auf Keimbildung und Erstarrung

1.231 Einfluß extrem hoher Erstarrungsgeschwindigkeit. Wenn man


flüssiges Aluminium in Form feiner Tropfen zur Erstarrung bringt, so
sind diese um mehr als 100 grd unterkühlbar. Die Unterkühlbarkeit einer
Schmelze nimmt mit der Erstarrungsgeschwindigkeit zu. Abb. 17 zeigt

800
oe
700 ~
I~ rA.1J600e
J2 600
12<b
"-
~soo ~
'50D C
~
~
U

400

0,1 0,2 0,3 sM


ZeH
Auu. 17. TcmvcraLurverlaul uei iiußcr"t fU"cher Abschreckung einer Rein"LlIlumiuiumschmelze.
Unterkühluug 160 grd. Abkühlunggeschwindigkeit 14000 grd/s (nach G. FALKENHAGEN u. W. HOF-
MANN [77]).

1 Die zwischen verschiedenen Autoren, welche mit eingetauchtem Vibrator


arbeiteten, auftretenden Widersprüche können auch dadurch verursacht sein,
daß teilweise um den Vibrator eine Erstarrung einsetzte, welche eine Keimbildung
hervorrief, wie sie z. TI. in Abb. 12 beschrieben wurde.
22 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

ein oszillographisches Ergebnis bei einer Abkühlungsgeschwindigkeit von


14000 grdjs [77].
Extrem rasch erstarrtes Aluminium soll amorph vorliegen und bei
Raumtemperatur erst in einigen Wochen auskristallisieren [79].
Interessant ist das Ausbleiben eines heterogenen Gefüges bei rascher
Erstarrung von Legierungen. Bereits H. BOHNER [80] fand bei Alu-
minium-Titan-Legierungen, daß bei raschem Erstarren eine Primär-
kristallisation des Titanaluminids unterbunden werden kann.
Wiederholt ist die Frage gestellt worden, ob das Unterdrücken von
Ausscheidungen durch hohe Erstarrungsgeschwindigkeit eine über-
sättigte Lösung oder Kornseigerung in kleinsten Bereichen (evtl. ge-
koppelt mit feinsten Ausscheidungen) ergibt [68].
Diese Frage wurde von W. HOFMANN u. Mitarbeitern [77, 81, 82]
durch Messungen der Gitterkonstanten in dem Sinne beantwortet, daß
durch hohe Erstarrungsgeschwindigkeit bei Aluminium-Mangan und
Aluminium-Chrom eine starke Erweiterung des Mischkristallbereiches
auftritt (Ergebnisse: s. Tab. 5).

Tabelle 5. Einfluß schroffster Abkühlung auf die Mischkristallkonzentration


(nach G. FALKENHAGEN U. W. HOFMANN [77])

System I Al-Ti I AI-V I AI-Cr Al-Mn Al-Fe Pb-Na Pb-Fe Pb-Ca Cu-Cr

Max_ Gleich-
gew.
0,15 0,37 0,7 1,4 0,052 1,2 0,1 0,1 0,7
Löslichk. in
Gew.-%
Max. Über-
sätt. in 0,32 1,17 5,5 9,2 0,17 3,3 0,28 0,18 1,45
Gew.-%

Auch bei technischen Gieß verfahren sind die Auswirkungen einer


hohen Erstarrungsgeschwindigkeit auf das Gefüge deutlich festzustellen.
Bei Stranggußbarren haben die rasch abgeschreckten äußeren Gefüge-
zonen höhere Festigkeiten als die langsam erstarrten Mittelzonen des
Barrens. Legierungszusätze von Eisen und Mangan liegen im Strangguß-
gefüge (besonders in den rasch abgekühlten Außenzonen) stark über-
sättigt vor.
Ein interessantes Verfahren, um extrem rasch erstarrte Aluminium-
proben zu erhalten, ist das Auspressen von flüssigem Aluminium aus
dünnen Düsen (0,05 bis 0,3 mm 0), wobei die austretende Schmelze in
etwa 1 bis 5 ms zur Erstarrung gebracht werden kann.
An solchen Fasern kann man ein ungewöhnliches Verhalten bei der
plastischen Deformation beobachten:
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 23

Der Elastizitätsmodul des Aluminiums kann bis zum doppelten Wert


ansteigen, und die Dehngrenze liegt wesentlich höher als im normalen
Gußgefüge. Die beim Zugversuch plastisch verformten Fasern gleiten
ähnlich wie beim ,,\Vurstscheiben-Modell" ab, wie es von Zinkeinkri-
stallen bekannt ist. Jedoch nähert sich ihr Verhalten wieder normalen
Werten, wenn sie nach Erwärmen auf 600°0 langsam abgekühlt wer-
den [83].
Die Erklärung des ungewöhnlichen Verformungsverhaltens der rasch
erstarrten Fasern ist schwierig und hätte mindestens folgende Faktoren
zu berücksichtigen:

mechanische Spannungen im rasch erstarrten Gefüge,


starker Überschuß an eingefrorenen Leerstellen,
Übersättigung von gelösten Legierungselementen,
geringere Belegung der Korngrenzen mit Fremdatomen als bei "nor-
malern" Gefüge,
starke Kornverfeinerung durch rasche Abschreckung der Schmelze.

Der letztgenannte Effekt wurde z. B. beobachtet, wenn das Gießen


von Aluminiumbarren in der Weise durchgeführt wird, daß das flüssige
Metall direkt ins Wasser eingegossen wird, in welchem sich die zunächst
gleichfalb mit Wasser gefüllte Kokille befindet. Dieses Verfahren des
"subaquatic-casting" soll ein besseres Gußgefüge ergeben, als die nor-
malen Barren-Gießverfahren, wobei allerdings die Einzelheiten noch sehr
unklar sind [84].
Jedenfalls richtet sich neuerdings das Interesse auch für technische
Gießverfahren auf äußerst schnell erstarrte Aluminium-Partikel: Durch
rasche Erstarrung der Schmelze in Form feiner Tropfen oder Fasern
können auch "unmögliche Legierungen" in einen verformbaren Zu-
stand überführt werden. Hierauf wird späterhin noch eingegangen
(S.116).

1.232 Erstarren unter Über- oder Unterdruck. E. SCHMID gibt eine


entsprechende Literaturübersicht [68].
Die Erstarrung unter extrem hohen Drucken wurde insbesondere von
G. WELT ER untersucht, wobei Drucke bis zu 20000 kp/cm 2 Anwendung
fanden [85].
Wie die Tab. 6 und 7 zeigen, werden die Festigkeitseigem;chaften ver-
schiedener Gußlegierungen durch Anwendung von Überdruck beim
Gießen erheblich verbessert, und die Dichte des Gußgefüges wird bis zu
2,3 % erhöht. Außerdem wird die Größe des Gußkornes und der Hetero-
genitäten stark verkleinert. Dies hat zu dem Schluß geführt, daß durch
Überdruck die Keimbildung erleichtert wird.
24 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Tabelle 6. Festigkeit unter hohem Druck erstarrter Aluminium·Gußlegierungen


(gerundete Mittelwerte) (nach G. WELT ER [85])

Festigkeit Dehnung Härte


kp/mm' % kp/mm'
a b a
I b a b

Amerikanisehe
Legierung 25 17 10 3 75 59
(G-AICu)
Deutsche I
Legierung 27 19 20 8 76 48
(G.AlZnCu)
Silumin 28 21 9 10 79 55
(G-AISi) I
a = Erstarrung unter hohem hydrostatischem Druck (12000 bis 20000 kp/cm2 );
b = Kokillenguß.

Tabelle 7. Dichte von Aluminium·Gußlegierungen, die ohne und mit Anwendung


hohen Preßdruckes (12000 bis 20000 kp/cm 2 ) erstarrten (nach G. WELTER [85])
Dichte in g/cm'
Werkstoff ohne Preßdruck
mit Preß druck (Kokillenguß)

Amerik. Leg. 2,8736 2,8063


Cetal* 2,9083 2,8730
Silumin 2,6734 2,6670
* Zusammensetzung von "Cetal" : I Mg
~% I 0,5 bis 0,8%
Zn
10% I Si
6,5%
\

Beim System Aluminium·Silizium wird das Zustandsdiagramm durch


überdruck erheblich verändert [85]. Bei 12000 kpJcm 2 sind z. B. bei
15% Siliziumgehalt noch keine primären Siliziumkristalle im Gefüge
nachzuweisen. Die unter überdruck beobachtete Verschiebung der Gleich-
gewichtskurven im Zustandsdiagramm Aluminium-Silizium dürfte damit
zusammenhängen, daß Silizium im Gegensatz zu Aluminium unter
Volumenzunahme erstarrt.
Auch bei Drucken von 20 bis 70 kpJcm 2 werden die Festigkeitswerte
dcs Gußgefüges bereits merklich verbessert: Dies ist wichtig für die
Druckgußverfahren.

1.24 Kornverteinerung durch Fremdkeime

1.241 Kornverfeinerung durch verschiedene Legierungszusätze. F. LIHL


und J. SAGOSCHEN haben den Einfluß verschiedener Zusatzelemente be-
züglich der Kornverfeinerung des Reinstaluminiums studiert [45]. Wie
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 25

Abb. 18 zeigt, wirkt Titan am stärksten kornverfeinernd, gefolgt von


Eisen und Silizium, während Zusätze von Kupfer und Magnesium, Blei
und Zink erst bei höheren Zusätzen wirken, wobei die Wirksamkeit dieser
Elemente bezüglich Kornverfeinerung in der genannten Reihenfolge ab-
nimmt. Die Ergebnisse von F. LIHL und J. SAGOSCIIEN laufen in auffallen-
der Weise parall01 mit Ergebnissen von M. D. EBoRALL [86] u. E. GEB-
HARDT u. Mitarbeitern [7, 22 bis
27] bezüglich der Viskosität von
~I\.luminiumlegierungen. Setzt man
zu Aluminium Zink, Magnesium, 800f------+-+--+----+-+---j,L-----I
Kupfer, Eisen oder Titan zu, so
nimmt nach Abb. 2 die Viskosität
~mo~-r++~-~--~~-+-~
der Schmelze in der genannten
8!'-
Reihenfolge zu (bei z. B. 700 Oe),
was mit der beobachteten Korn- ~WOf___~~-~4-~-f___--+-~
verfeinerung parallel läuft. Dies
führt zu dem Schluß, daß die 2001---l++--+--V----t----bP ....b=--+------1
genannten Elemente außer
dem fast unwirksamen Zink ober- Zn
halb der Liquidustemperatur o D,4 o,b O,8Gew.-% 1,0
Legierungszusalz
des Reinstaluminiums bereits
Abb. 18. Beeinflussung der Kornzahl des Gußge-
Agglomerate in der Schmelze füges von Reinstaluminium (Al 99,99) durch ver·
bilden, welche die Viskosität schiedene Zusätze. (Gießtemperatur 670'C) (nach
F. LIHL U. J. SAGOSOHEN [45]).
erhöhen und als Keime wirken
[45J.
Von F. LIIIL, E. NACHTIGALL und G. PIESSLINGER wurde der Ein-
fluß der natürlichen Verunreinigungen des Aluminiums kombiniert mit
Titanzusätzen untersucht [89J.
Wie Abb.19a zeigt, ist die kornverfeinernde Wirkung von Titan.
zusätzen bei hohen Gießtemperaturen hervorstechend und der von
Eisenzusätzen stark überlegen. Dieser Befund ist abhängig von weiteren
Legierungszusätzen, gleichzeitig auch von der Gießtemperatur. Bei
niedriger Gießtemperatur verstärkt z. B. ein Eisen- oder Siliziumzusatz
die kornverfeinernde 'Wirkung des Titans (Abb. 19b).
Auch normale Legierungszusätze, wie Magnesium, wirken auf die
Größe der Gußkörner. T. S. PLASKETT und W. C. WINEGARD [88] haben
die Wachstumsbedingungen für die Bildung eines feinkörnigen ("globuli-
tischen") Gefüges in Aluminium-:Magnesium-Legiernngen beschrieben
(s. Abb. 20). Demnach ist eine Trennlinie zwischen Stengelkristallen
und globulitisehem Gefüge zu ziehen. Die Lage dieser Linie wird von dem
Verhältnis Temperaturgradient : Erstarrungsgeschwindigkeit und dem
Gehalt an Magnesium bestimmt. Die Ursachen hierfür werden weiter
unten erörtert ("Konstitutionelle Unterkühlung").
26 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

1.242 Untersuchungen über die Ursache der Kornverfeinerung durch


Titan-Zusätze. Bei der Auswertung experimentieller Ergebnisse über
die Kornverfeinerung durch Titanzusätze sind eine Anzahl von Fak-

1000
i:!z (ffZY
cm-2
( "11
'~f,O'1%Fe
If o,s %Fe
11= ,a09%S!
@OHft+-1+----~----+----4----4

/
800

11 Ifa s %S,

1 i!
_~0~"~~l----~----+----4----4

-Ti al/ein
,~ I! I
~~0~"-4-+----~----+---~----~

200
j' li !
;;/
11
i
I
~O~ll~V!~-rli----+----+----4---~

a
/ -MGew.-%as
~..Je
Si b
!J
.j
I
o 0,1 0,2 0,3 o 0,1 0,2 0,3
Legierungszusatz lftanuehalt
Abb. 19a u. b. Wirkung von Titan-, Eisen- und Siliziumzusätzen auf die Kornzahl des Gußgefijges von
ReinstaJuminium (nach F. LIHL, E. NACHTIGALL U. G. PIESSLINGER [89]).
a) Einfluß eines Eisen-, Silizium- oder Titanzusatzes allein. Gießtemperatur l000'C; b) Einfluß eines
Titanzusatzes bei gleichzeitiger Anwesenheit von Eisen oder Silizium. Gießtemperatur 700 'C
- - - mit Eisen; ------ mit Silizium.

toren zu berücksichtigen. E. SCHEIL [46] und H. BERNSTEIN [48] be-


schreiben die in der Literatur vorliegenden Kontroversen:
Eine Gruppe von Forschern (a)
führt die kornverfeinernde Wirkung
30
Stenge/- kleiner Titanzusätze auf die peri-
kristalle -+----j--+-+----{
tektische Reaktion im System Alu-
~201----+--+--+-----,;'-I---+----1 minium-Titan zurück [45, 90, 91].
~ Eine andere Gruppe (b) erklärt
10 I--t-----J,..~_+__ die Kornverfeinerung als Wirkung
fein verteilter Titanborid-oder Titan-
karbid-Partikel [55, 93].
o 2 4- G 8
Magnesiumgeha/f Im folgenden sollen zunächst die
Abb. 20. Einfluß der Erstarrungsbedingungen beiden einander widersprechenden
auf das Gußgefüge von Aluminium-Magnesium- Theorien kurz beschrieben werden.
Legierungen (nach T. S. PLASKETT U. W. C.
WINEGARD [88]). a) Kornverfeinerung durch peri-
G Temperaturgradient in der Schmelze vor
der Erstarrungsfront; R Erstarrungsgeschwin- tektische Reaktion. F. A. ÜROSSLEY
digkeit. und L. F. MONDOLFO [90] haben den
Einfluß von Titan, Chrom, Zirkon, Eisen, Molybdän und Wolfram auf
die Kornverfeinerung des Aluminiums untersucht. In den Abb. 21 und 22
sind einige typische Ergebnisse wiedergegeben.
Lit. S. 193J 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 27

Die Verfasser weisen darauf hin, daß eine Kornverfeinerung dann auf-
tritt, wenn der Zusatz für das Einsetzen einer peritektischen Reaktion
genügend hoch ist (Abb. 21 f1 und b, Abb. 23).
400
cm- 2
I
J
I

300 I -"' \ - -
I
---
I \ I
------- - -

I
\
I

--- ---
\ I
I .,- I \-
-t--~---
-
/
-----

I
'\
, I \

\\T-
, I \

~ JI
100 1,55-
b

o I
664
Schmelze.--J- Schmelze:+ CrAl 7 Sch.I Sch/nelze + ZrAl3 ,1" _
~;& 6WC

=-+ - -CC05°C
~660 I~:
~

lHtrAl7 a, I a+ ZrAl3
~ 658
o 0.25 0,50 .0,'75 'tOOGew.-J,g250 o.,sO tJ7S 1,OOGew.-%1.ZS
a Chromgehalt b Zirkon gehalt

2
I I
1 I
I
b 0 Abb. 21a-c. Korngröße von Gußproben
\
~ ,
0
(2 bis 4 cm Durchmesser) aus binären Alu-
minium-Chrom-, Aluminium-Zirkon- und
~i
66Z
!
! ,
,
Aluminium-Eisen-Legiernngen, die durch
langsame Erstarrung einer zuvor um
, i Schmelze 100 grd überhitzten Schmelze hergestellt
660 wurden, in Abhängigkeit vonl Legierungs~
-r---L +FeALj
~ 658
=C-- gehalt. Zum Vergleich ist der entspre-

~hm~Jze~t chende Ausschnitt der jeweiligen Zu-


~6:5"6
9- ~ standsdiagramme eingezeichnet. Abkühl-
~654 ! geschwindigkeit 6 bis 7 grdjmin. Ausgangs-

652
"
--- f---- a+ FeAl 3
reinheit Al 99,90 (nach F. A. CROSSI,EY u.
L. F. MONDOLFO [90]).
I
650
648 0 i
1,0 1.5 z,06ew.-% 2rS
C Eisengehalt

Bei Eisenzusatz, der keine peritektische Reaktion bewirkt, ist die


Kornverfeinerung wesentlich schwächer (Abb. 21 c).!
Die Verfasser haben sodann auf v erschiedene Weise Kohlenstoff in die
Schmelze eingebracht.
Wie Abb. 22, Kurve c, zeigt, wird dadurch ein Rückgang der Korn-
verfeinerung erzielt, was somit im direkten Widerspruch zu den bereits ge-
1 Die in Abb. 21 a beschriebene Kornverfeinerung durch Chromzusätze ist
umstritten [48, 86].
28 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

nannten Arbeiten der anderen Autorengruppe steht. Die Autoren erklären


Kurve bund c der Abb. 22 wie folgt: Bei Anwesenheit von Kohlenstoff
wird ein Teil des Titans als TiC gebunden, was die Bildung des korn-
verfeinernden TiAl 3 verringert; beim Durchspülen mit Argon werden die
kornverfeinernden TiAl 3-Keime aus der Schmelze herausgespült [90].
Verschiedene Autoren haben gefunden, daß die Kornverfeinerung
durch das Titan von der gleichzeitigen Anwesenheit von Kohlenstoff
unabhängig ist [45, 89, 91].

~00r----,----,-----r----,----,-----r----,
cm- 2
1000 -- -1-
800

4-00

Abb. 22. Einfluß von Titanzusätzen auf die Korngröße des Gußgefüges nach verschiedener Vor~
behandlung (nach F. A. CROSSLEY u. L. )<'. lIfONDOLFO [90]). Ausgangsmaterial: Al 99,90.
a Die Scbmelze war nicht im Kontakt mit Kohlenstoff; b Nach Titanzusatz wurde die Schmelze mit
Argon durchspült, sonst wie a; c Die Schmelze wurde mit Kohlenstoff in Kontakt gebracht.

Auch Kupferzusätze bewirken eine stetige Abnahme des Korndurch-


messers, und zwar ungefähr gleichlaufend mit der Verbreiterung des
Erstarrungsintervalls (Abb. 24).
E. SCHEIL [46] weist darallf hin, daß eine deutliche Kornverfeinerung
dann erzielt werden kann, wenn der in Frage kommende Zusatz ent-
weder oberhalb der eutektischen oder der peritektischen Zusammenset-
zung liegt. Letzteres wird in der Regel bei wesentlich geringeren Zusätzen
erreicht, was der Grund ist, daß Zusätze, welche eine peritektische Um-
setzung bewirken, zur Kornverfeinerung bevorzugt werden. Bereits
geringe ternäre Zusätze können die eutektische oder peritektische Zu-
sammensetzung zu kleineren Zusätzen hin verschieben.
b) Kornverfeinerung unabhängig von einer peritektischen Reaktion.
(X) Wirkung kleiner Titangehalte. Bei Knetlegierungen werden zur
Kornverfeinerung meist Titanzusätze unter 0,05% verwendet. Bereits
0,005 bis 0,025% Ti wirkt bei Rcinaluminium (Strangguß) stark korn-
verfeinernd, obwohl dieser Gehalt weit unter der peritektischen Zusam-
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 29

1
740
oe
720 /
Ji;:0
700
/ I
s
Q:
~ 580 / S+ Ti Al 3

/
~Or---,---,----,~~---,
oe I

-
'" Schmelze
. I
/j/j0 Konzen fmftons- InfervallZl/Be-
bo{) rnflder[r-
rx ! ~~=+~~~==~~~~s~w.rrunQ

540 I i
~ IiZO 1---++----+--+-+--+-----1
7,6 76
fn'11 milf/erer 11 mm
-2 13
Komdurchmesser ~ 1i00 }---*--+--+-+--+----I
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1'\ 4
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I
~
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"\ I

r +---
!z
O,Z /' ~
-- --
I

0
~
I
o I
0 07 OZ oJ Gew.-%O 4 2 4 fi 8(Jew..JJ/o 10
Kupfergehalf

Abb. 23. Ausschnitt auf dem Zustandsdiagramm Abb. 24. Ausschnitt auf dem Znstandsdiagramm
Aluminium-Titan mit darunter gezeichneter Aluminium-Kupfer mit darunter gezeichneter
Kurve der typischen Gußkorngröße. Das starke Kurve der typischen Gußkorngröße. Man be-
Anwachsen der Kornzahl fällt deutlich mit dem achte die wachsende Länge der Konzentra-
Beginn der peritektischen Reaktion bei 0,15% tionsintervalle zu Beginn der Erstarrung bzw.
Ti zusammen (nach H. BERNSTEIN [4RJ). die abnehmende Korngröße bei zunehmendem
Kupfergehalt der J,egierung (nach H. BERNSTEIN
[ 48]).

mensetzung liegt. Die Kornverleinerung unterhalb von 0,15% Ti ist von


zahlreichen Forschern festgestellt worden [45, 53, 55, 89, 94]; sie ist bei
so kleinen Titangehalten stark abhängig von verschiedenen anderen
Faktoren:
Erstarrungsgeschwindigkeit,
Legierungstyp,
Verteilungszustand des Titans,
30 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Anwesenheit kleiner Borgehalte und/oder fein verteilten Kohlen-


stoffs (letzteres anscheinend besonders bei Gußlegierungen).
Die Erstarrungsgeschwindigkeit spielt eine wichtige Rolle:
Bei langsamer Erstarrung nimmt die Kornverfeinerung durch das
Titan bis etwa 0,4% Ti stetig zu (z. B. bei Sandguß oder bei den Unter-
suchungen von F. A. CROSSLEY und L. F. MONDOLFO [90]).

ohne Init 1: 5
0 ,03% Ti
Abb. 25. Geätzte Querschnitte aus Reinaluminium·Stranggußbarren (Al 99,6) ohne und mit Titan-
zusatz (nach ALUSUISSE).

Wird die Erstarrung aber mit höherer Geschwindigkeit durchgeführt,


wie z. B. beim Strangguß, so ist das Maximum der Kornverfeinerung mit
0,03 bis 0,05% Ti bereits erreicht. Je nach dem Gehalt der Legierung an
Eisen und anderen hochschmelzenden Legierungselementen tritt außer-
dem oberhalb etwa 0,04% Ti beim Stranggießen bereits die Bildung un-
erwünschter, großer titanhaitiger Primärkristalle und daher Krusten-
bildung an der Oberfläche auf. Dies ist ein weiterer Grund, warum man
beim Stranggießen auf höhere Titanzusätze verzichtet.
Wie Abb. 25 deutlich zeigt, ist bei Reinaluminium-Stranggußbarren
die Kornverfeinerung durch einen kleinen Titanzusatz von z. B. 0,03%
bereits sehr erheblich. Auch Reinstaluminium mit Zusatz von 0,02% Ti
erstarrt feinkörnig.
Bereits H. BOHNER [80] hat auf zwei unterschiedliche Ausbildungs-
formen der Ausscheidung kleiner Titangehalte hingewiesen. Diese
beiden Ausscheidungsformen hängen mit der Erstarrungsgeschwindigkeit
zusammen. Bei langsamer Erstarrung entstehen die Titanaluminide als
Lit. S. 193] 1.2 Faktoren, welche die Erstarrung beeinflussen 31

Grobausscheidung ("Knollen"), bei rascherer dagegen als feine Waben,


wobei letztere ein feineres Korngefüge ergeben [45].
Generell ist festzustellen, daß die kornverfeinernde Wirkung des
Titans stark von seinem Verteilungsgrad abhängt, welcher sich wiederum
bei mehrfachem Umschmelzen desselben Metalls oder bei längerer Ab-
stehbehandlung im günstigen wie im ungünstigen Sinne ändern kann.
Bringt man also Titan über eine Vorlegierung ein, so nimmt die korn-
verfeinernde Wirkung mit zunehmender Abstehzeit bei z. B. 780°0 zu-
nächst zu (auf Grund der Auflösung des Titans). Bei zu langen Absteh-
zeiten kann aber die Ausfällung des Titans in "Wolken" oder sogar in
Heterogenitäten, welche sich am Boden des Schmelzofens ansammeln,
erfolgen. Vor dieser Gefahr der Zusammenballung von Impfzusätzen
warnt z. B. E. SCHElL [46]. Sodann zeigt sich, daß diejenigen Elemente,
welche im Gußgefüge eine starke Kornverfeinerung bewirken, sich durch
besonders geringe Auflösungsgeschwindigkeit im flüssigen Aluminium
auszeichnen. So gehen beispielsweise Titan und Vanadin im flüssigen
Aluminium wesentlich langsamer in Lösung als z. B. Eisen oder Nickel
[99].
ß) Einfluß von Borzusätzen. Beim wiederholten Umschmelzen,
von Aluminiumschrott bleibt die kornverfeinernde Wirkung des Titans
besonders dann erhalten, wenn gleichzeitig Bor anwesend ist.
Bei Anwesenheit von 0,001 bis 0,01 % B wirken bereits kleine Titan-
gehalte von 0,005 bis 0,01 % deutlich kornverfeinernd.
Zusätze von z. B. 0,01 % B oder Ti allein wirken längst nicht so
kornverfeinernd wie der gemeinsame Zusatz beider Elemente. Der Ein-
fluß eines reinen Borzusatzes auf das Gußgefüge wird in der Praxis fast
nie beobachtet, da das Hüttenaluminium meist einen natürlichen Titan-
gehalt von ca. 0,005 bis 0,02% hat.
G. MAJOR und K. VASSEL [95] stellen fest, daß Borzusätze, welche
bereits über die Elektrolysezelle in das Aluminium eingebracht wurden,
durch ihre feine Verteilung sehr stark kornverfeinernd wirken.
Eine besonders wirkungsvolle Methode, Titan und Titanborid in feiner
Suspension in Schmelzen einzubringen, besteht im Zusatz von Salzen,
welche z. B. Titan und borhaltige Fluoride enthalten. Hierdurch wird
eine Kornverfeinerung erhalten, die oftmals derjenigen durch Zusatz von
Titanvorlegierungen überlegen ist.
Nach den Untersuchungen von A. OIBULA [92] wirkt Zusatz von Bor
allein zu Aluminium erst oberhalb 0,01 % B kornverfeinernd, und zwar
durch die Bildung der Verbindung AlB 2 • K. H. WlEDEMANN [96] fand
bei Borgehalten zwischen 0,02 und 0,03% keine Kornverfeinerung,
dagegen bei darunter- oder darüberliegenden Gehalten. Eine Erklärung
steht noch aus.
32 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Der Nachteil höherer Borzusätze (von z. B. über 0,03%) liegt in


folgendem:
Verstärkung der Gasaufnahme beim Formgießen,
Krustenbildung beim Stranggießen (bereits bei 0,02% B erkennbar).
Letzterer Effekt ist bei Reinaluminium wesentlich deutlicher als bei
Reinstaluminium, wahrscheinlich auf Grund des Eisengehaltes. Wird
Bor gleichzeitig mit Titan zugesetzt, so kann die Krustenbildung teil-
weise unterdrückt werden [97].
y) Einfluß von Titankarbid. Nach A. CIBULA [92] müssen
wirkungsvolle Fremdkeime folgende Bedingungen erfüllen:
Die Abweichung zum Abstand der Aluminiumatome sollte 8 bis
12% nicht überschreiten. W. THURY gibt 15% als maximal erlaubte
Differenz an [55].
Der Bindungstyp in den Keimen muß der metallischen Bindung des
Aluminiumgitters ähnlich sein.
Der kornverfeinernde Zusatz soll möglichst wenig löslich sein [98].
Die Keime müssen temperaturbeständig sein und dürfen sich bei
Temperaturen von z. B. 800°C nicht zersetzen.
Diese Forderungen werden durch folgende Verbindungen besonders
gut erfüllt: AlB 2 , TiB 2 und TiC [86, 92J.
Die Mitwirkung des Kohlenstoffs bei der Kornverfeinerung ist in der
Praxis vielfach beobachtet worden [93, 100].
Eine wirksame Kornverfeinerung kann erzielt werden, wenn die
Titankarbid-Keime sich durch Reaktion in der Schmelze bilden; dabei
spielt eine wichtige Rolle, wie der Kohlenstoff in die Schmelze ein-
gebracht wird. Die Karbidbildung wird nach A. CIBULA [92] durch
Anwesenheit einer fluoridhaltigen Salz schmelze gefördert.
Die Anwesenheit von wirksamem 'l'itankarbid kann bei den Unter-
suchungen verschiedener Autoren teilweise durch Zufälle bedingt
gewesen sein [46], so daß einige Autoren tatsächlich die Kornverfeine-
rung auf Grund einer Reaktion zwischen Titan und Kohlenstoff beobach-
tet haben [53, 55, 92, 94], während unter anderen Bedingungen die Ent-
stehung von wirksamen Titankarbidkeimen ausblieb (siehe z. B. [90]).

1.3 Erstarrung von legiertem und unlegiertem Aluminium

Bei der Erstarrung sind zwei Hauptfälle zu unterscheiden [101]:


Reinstaluminium und Reinaluminium erstarren bei den meisten
Gießverfahren mit einer sauber definierten Erstarrungsfront.
Bei dieser Erstarrungsform findet man vielfach drei verschiedene
Gefügezonen über den Querschnitt des Gußstückes oder Gußbarrens :
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 33

Von außen nach innen kommt zuerst eine meist sehr schmale, fein-
körnige Zone, danach eine transkristalline Zone ("Stengelkristalle") und
in der Mitte des Guß barrens oftmals eine Zone von statistisch orientierten
globulitischen Körnern.
Abb. 26 gibt ein typisches, aus drei Zonen bestehendes Gefüge wieder.
(Die globulitische Mittelzone zergliedert sich wiederum in zwei Bereiche
unterschiedlicher Korngröße.)

1:3
AbI>. 26. Geätzter Querschnitt durch einen Rundbarren von 170 mm Durchmesser aus AICu!VIg.
Das Gefüge weist drei verschiedene konzentrisch e Zonen auf (nach W . ROSENKRANZ [240]).

L egierungen kristallisieren in einer räumlich ausgedehnten Zone,


deren Breite dem Erstarrungsintervall direkt und der Wärmeabfuhr
umgekehrt proportional ist. Bei relativ rascher Wärmeabfuhr (z. B.
beim Stranggießen) ist die Erstarrungszone von Legierungen in Barren-
mitte meist etwa 10 bis 50 mm breit. Bei den wesentlich niedrigeren
Abkühlungsgeschwindigkeiten des Kokillengusses oder Sandgusses nimmt
die Erstarrungszone unter Umständen das gesamte Volumen der Schmelze
ein ("breiige Erstarrung").
Legierungen kristallisieren oftmals globulitisch, wobei die beim un-
legierten Aluminium auftretende Stengelkristallzone im allgemeinen fehlt.
Die beiden erwähnten ~'älle des unlegierten und des legierten Alu-
miniums lassen sich nicht, scharf voneinander trennen, was insbesondere
für das Auftreten von Dendriten gilt: Aluminium-Knetlegierungen
erstarren nämlich vorzugsweise dendritisch. Aber auch das Gußgefüge
von R einaluminium weist Dendriten auf, was auf den Eisen-Silizium-
Gehalt des Metalles zurückzuführen ist.

3 A Itenpohl. Aluminium
34 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Das in Abb. 26 wiedergegebene Phänomen der drei voneinander ab-


gegrenzten Gefügezonen im Querschnitt eines Gußstückes oder -barrens
ist seit längerem Gegenstand eingehender Theorien. Man hat diese Er-
scheinung - ebenso wie das dendritische Kornwachstum - durch zwei
verschiedene Arten der Unterkühlung der Schmelze nahe der Erstarrungs-
front erklärt. Darauf werden wir im folgenden eingehen.

1.31 Verhältnisse nahe der Erstarrungs/ront

Die zum Fortschreiten der Erstarrung notwendige Unterkühlung


kann in der Schmelze nahe der Erstarrungsfront entweder durch ein
entsprechendes Temperaturgefälle ("thermal supercooling") oder durch
eine Konzentrationsverschiebung ("constitutional supercooling") be-
wirkt werden. D. WALTON und B. CHALMERS [35], R. M. SERGEANT [103J
sowie H. KOSTRON und M. SCHIPPERS [59, 104J haben übereinstimmend
darauf hingewiesen, daß bei der Erstarrung des Aluminiums beide Arten
der Unterkühlung zu berücksichtigen sind, und zwar als Ursachen der
Keimbildung und des Kristallwachstums:
Eine rein thermische Unterkühlung ohne Konzentrationsverschie-
bung innerhalb der Schmelze ist die Voraussetzung für das Einsetzen
einer ersten Keimbildung. Sobald diese Keime wachsen, kommt die
Unterkühlung durch Konzentrationsverschiebung hinzu und kann das
dendritische Wachstum oder eine freie Keimbildung vor der Erstarrungs-
front bewirken. Die beiden erwähnten Arten der Unterkühlung sind mit-
einander eng verknüpft, werden aber im folgenden der Übersichtlichkeit
halber zunächst getrennt erörtert.
1.311 Temperaturgefälle nahe der Erstarrungsfront. a) Normale1'
Temperaturgradient. Das Auftreten von verschiedenen Korngrößen im
Gußgefüge von Aluminium ist in neuerer Zeit im Sinne der Unterkühlung
nahe der Erstarrungsfront gedeutet worden, wie dies in Abb. 27 nach
einer Untersuchung von H. J. RODEWALD beschrieben wird [105]. Wie
diese Abbildung erkennen läßt, wird die Keimbildung (in einer Schmelze
ohne Fremdkeime) vor allen Dingen durch folgende vier Variablen fest-
gelegt:
Temperaturgradient im erstarrten Gefüge (tan1X), von dem H. J.
RODEWALD [105J annimmt, daß er sich ein Stück weit in die Schmelze
hinein fortsetzt (unterkühlte Zone).
Unterkühlung U, welche die Schmelze unmittelbar an der Erstar-
rungsfront aufweist (unterkühlte Zone)
Breite A der unterkühlten Zone.
Überhitzung Ue in der an der unterkühlten Zone angrenzenden
Schicht flüssigen Metalls.
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 35

Wie in Abb. 27 gezeigt wird, kann man durch diese vier Parameter
die Entstehung verschiedener Erstarrungstypen erklären.
Die Legende zu Abb. 27 a beschreibt die Bedingungen für das trans-
kristalline Wachstum, yerursacht durch geringe Breite der unterkühlten
Zone und daher geringe Keimbildung.
In Abb. 27 b wird die Verbreiterung TS
der unterkühlten ZOllE' beschrieben,
welche zur Keimbildung vor der Er- fes! flüssig 2;
starrungsfront und damit zu globuli-
tiRehem Gefüge führt.
b) Verhältnisse bei Temperaturinver-
sion in der Schmelze. In der Abb. 27
wird von einem stetigen Anstieg der
Temperatur vor der En:tarrungsfront

t l L -_ _- ' - _ - ' -_ _ _--::-:-.,---,._.,-_


Orfskoordinafe x
Abh. 27 a u. u. TemperaturgeTälle nahe der Kri-
,l,allisationsfront bei zwei verschiedenen Erstarrungs-
bedingungen (nach H ..T. RODEWALD [105]).
a) Infolge beträchtlicher Überhitzung Ue kann sich fes! flüssig
trotz des steilen Temperatnrgefälles tau", keine nen-
nenswerte Unterkühlung U ausbilden. weshalb keine
Keimbildung erfolgt. Hierdurch setz! ein trans-
kristallines Wachstum der hcreits vorhandenen
Kristalle ein; h) Geringe Überhitzung l! e um! kleiner
Temperaturgradient tan IX, d. h. mäßige 'Värmeab-
iuhr, bewirken in einer verhältniBJlläßig breiten Zone
A eine merkliche Unterkühlung U. die vor der Erstar-
rUllgsfront k eine ausgedehnte Keinlbildung zuläßt..
Es erfolgt glohulitisehes Waehstulll.
""'1' Üherhit7.ung; r~ rllt.erkühlung; ABreite ün
uuterkühlten Zone; k Krh:;f,:-lllümtioJlRfront; '1'8
TrlHperntur der Sehmelze: tnn ,,\ Temperaturgradient. h L - ._ _ _ _~_~_--=-,-,-----, _ __
Orfskoordinofe X

ausgegangen. Diese Annahme ist wahrseheinlieh zu einfach [103]. Speziell


B. CHALMERS und Mitarbeiter legen ihren neueren Arbeiten eine Tem-
peraturinversion zugrunde [35].
Abb. 28 beschreibt die Temperaturverteilung zum Zeitpunkt begin-
nender Erstarrung in unmittelbarer Nähe der Kokillenwand nach An-
gaben von D . WALTON und B. CHALMERS [35]. Nach Einsetzen der Kri-
stallisation kann die freiwerdende Erstarrungswärme ein schwaches Tem-
peraturmaximum nahe der Erstarrungsfront bewirken (Abb.28). Dies
könnte das Voreilen einzelner Kristalle, welche in den Bereich stärkerer
enterkühlung hineinragen, begünstigen (Wachstum vonStengelkristallen).
1.312 Konzentrationsgefälle nahe der Erstarrungsfront. Wir beschrän-
ken uns auf die Beschreibung der Verhältnisse bei untereutektischen
Legierungen (Reinaluminium oder typische Knetlegierungen, Abb. 29a) ..

3*
36 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Bei den technischen Erstarrungsvorgängen ist die Kristallisations-


geschwindigkeit wesentlich größer als die Diffusionsgeschwindigkeit der
Fremdatome in der Schmelze.
Hieraus resultiert eine starke Anreicherung der Fremdatome vor der
Erstarrungsfront. Dies wird in Abb. 29b näher veranschaulicht.
In Abb. 29c sind die der tatsächlichen Konzentration an Legierungs-
elementen entsprechenden Liquidustemperaturen eingetragen. Wird der
Temperaturgradient in der Schmelze in erster Näherung als linear ange-
nommen, dann hat die lokal herrschende Unterkühlung in einem gewissen

ao~--~-----,­
oe
aSO

I~-II

Tem(J~o!ur der KeifT/bildung'

6mo~--~----~----~-----4L--m-m~S~

Absfand von kOki//enwond


Abb.28. Temperaturverteilung nahe der Kokillenwand kurz vor (1) und kurz nach (2) Einsetzen der
Erstarrung von Reinstaluminium (Al 99,99) (nach Berechnuugen von D. WALTON U. B. CHALMERS [35]).

Abstand vor der Erstarrungsfront ein Maximum, was bei Legierungen


naturgemäß viel deutlicher ausgeprägt sein wird als z.B. beim unlegierten
Aluminium. Dies könnte erklären, warum speziell die Legierungen den-
dritisch kristallisieren [103, 106,"107].
In mehreren Arbeiten von B. CHALMERS und Mitarbeitern ist darauf
hingewiesen worden, daß diese Form des "constitutional supercooling"
als ein wichtiger Faktor für das dendritische Wachstum zu gelten hat
[35, 37, 108, 109]. Da die Unterkühlung mit zunehmender Entfernung
von der Erstarrungsfront zunächst zunimmt, wird das Voreilen einzelner
Kristallarme begünstjgt, was zur Entstehung von Dendriten führt.
Die Entstehung der in Abb. 26 erkennbaren globulitischen Zone im
Innern von Aluminiumgußstücken wird heute vielfach im Sinne der kon-
stitutionellen Unterkühlung gedeutet:
Eine freie Keimbildung in einigem Abstand von der Erstarrungsfront
wird dann ermöglicht, wenn der in Abb. 29c beschriebene unterkühlte
Bereich kräftig genug ausgebildet ist [102, 103, 107, 110].
Lit. S. 193J 1.3 Erstarrung von Aluminium 37

1.313 Zusammenwirken verschiedener Faktoren nahe der Erstarrungs-


front. a) Unterkühlung. Über die beiden erwähnten Unterkühlungs.
phänomene kann man folgendes zusammenfassend sagen:
Thermische Unterkühlung
tritt stets nahe der Kokillen·
wand bei Erstarrungsbeginn
auf und dürfte das ·Waehstum
von Stengelkristallen beim un·
legierten Aluminium hervor. II Schmelze
rufen. Konstitutionelle Unter· I

kühlung begünstigt das Wachs· I


Ifes! :
tum von Dendriten und den
I I
Übergang von Stengelkristal.
I i I
len zum globulitischen Gefüge. I I
Die konstitutionelle Unter· al~~-4~C,~O__________________~~~
kühlung ist bezüglich Beein· Konzenlralian on gelösfen Zusofzelemenfen
flussung von Keimbildung und es
Kristallwachstum offensicht·
lieh wirkungsvoller als die durschnilfliche
------
rein thermische Unterkühlung. Zusammenselzung
Hierauf hat wohl a1" en,ter
L. N ORTHCOTT hingcwiet<en
rest flüssig
[111, s. a. 861. b L -_ _ _ _ _ _ _ _~_ _~~_ _~~~
Absfand von Kokillenwond

fes! flüssig
Ahh. 20a--('. üer L"nterküh-
}~r1äuterllllg

lung durch Konzentratiolls\'er~('hichullg


,Liquldus· kmperalur
(nach R. M. SERGEAN'r [10.,]).
a) AUf;schnitt ;HIN einenl Z.n~ta1Hb(}ia­
gralllIll, typiseh für eine untf'rentekthwhe
(Knet·)Legierung; lJ) Komelltratiollsvcr·
lauf bei der Erstarruug; e) Durch da::;
Konzentrationsgefälle nahe' der Er:-..tnf-
Tllngkt'rOllt hewirktp lTntrrkühlmH!. c
Absland von Koki//enwa:d

b) Weitere Faktoreil. Um die Entstehung des Gußgefüges, z. B. von


Reinaluminium, zu erklären, müssen außer den beiden Arten der Unter.
kühlung noch eine Reihe anderer Faktoren berücksichtigt werden, ins·
besondere folgende:
vVärmetransport beim Erstarren,
bevorzugtes 'Vachstum bestimmter Orientierungen,
Unterteilung der Gußkörner in Dendriten ("Zonen") und Subkörner,
Sehrumpfungsyorgänge des erstarrenden Gefüges,
Erstarrung der a ngereieherten Restschmelze.
38 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Diese Faktoren sind miteinander und mit der Unterkühlung nahe der
Erstarrungsfront in Wechselwirkung. Die Verhältnisse werden dadurch
noch verwickelter, daß die Erstarrungsfront - selbst bei Reinalu-
minium - durch Ansammlung von Restschmelze zwischen den schon
großenteils erstarrten Primärkristallen oft stark zerklüftet ist.
Wir werden versuchen, die einzelnen Faktoren möglichst getrennt zu
erörtern.

1.32 Wärmetransport beim Erstarren

Die beim Erstarren abzuleitende Wärme resultiert hauptsächlich aus


der latenten Schmelzwärme. Diese beträgt 92,4 caljg für Reinaluminium
mit 99,5% Al bzw. 94,6 caljg für Reinstaluminium [4J. Bezüglich der
Ableitung der latenten Schmelzwärme beim Erstarren gibt es folgende
drei grundsätzliche Fälle:
A. Wärmeableitung durch das bereits erstarrte Gefüge. Dies ist der
meist beobachtete Fall, welcher beim unlegierten Aluminium zu drei ver-
schiedenen Gefügezonen über den Querschnitt eines Gußbarrens führt.
B. Wärmeableitung durch die Schmelze. Voraussetzung dafür ist eine
freie Keimbildung unabhängig von der Erstarrungsfront, so daß die
Erstarrungswärme anfänglich ein Stück weit durch die Schmelze ab-
geleitet werden muß. Dieser Erstarrungstyp tritt bei Legierungen mit
breitem Erstarrungsintervall auf und bereitet theoretisch einiges Kopf-
zerbrechen, da die gesamte Schmelze unterkühlt sein muß, um diesen
Erstarrungstyp zu ermöglichen. Eine allgemeine Unterkühlung kann
aber nur sehr gering sein.
C. Wärmetransport durch Auflösen und Neubilden kleiner Bereiche
in der Schmelze, welche eine höhere Ordnung und einen kleineren
Energieinhalt aufweisen als der Hauptteil der Schmelze [61].
Letztgenannter Mechanismus ist noch sehr umstritten und verlangt
eine eingehende Nachprüfung.

1.33 Dendriten und Sub körner

1.331 Definition verschiedener Grenzflächen im Gußgefüge


Folgende Grenzflächen sind zu unterscheiden:
a) Korngrenzen. An den Korngrenzen ändert sich die Orientierung
sprunghaft, ebenso auch die Konzentration an Legierungselementen.
Auf Grund der Kornseigerung sind an den Korngrenzen im Gußgefüge
immer Heterogenitäten eingelagert, selbst beim reinsten Aluminium.
Diese Feststellung gilt für das Gußgefüge, welches rasch abgekühlt und
Lit. ~. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 39

nicht weiter wärme behandelt wurde (durch eine Homogenisierungs-


glühung kann die Belegung der Korngrenzen mit Heterogenitätcn ab-
gebaut werden). Die Breite der Gußkorngrenzen ist sehr variabel, da
die Belegung mit Ausscheidungen lokal stark schwankt. Die typische
Gußkorngrenze ist zirka 1 [Lm bis 20 [Lm breit (lokal breiter, soweit
gröbere Gußheterogenitäten an einer
Korngrenze liegen).

Abu. 30. Mikrohärte-Eindrücke innerhalh eilles


Koms einer stranggegossenen Aluminium-Zink-
Legierung mit 15% Zn. Die zuerst erstarrten
Zentren der Dendritenarme sind weicher und
ergehen deshalh tiefere Eindrücke als die Gefüge-
zonen nahe den Zellengrenzen
(Ilarh H. KOSTRO'\' [112]).
250: 1

AbI>. 31. Zellenunterteilung bei lang~aln erstarrten


Primärkömem und rasch erstarrter ühriger Schmelze.
Die Abuildung stellt einen Querschliff durch ein
AICu)[g-Gußgefüge dar. Das Metall wurde in schmelz-
flüssigem Zustand im Gießlöffel langsam abgekühlt
und begann zu kristallisieren. Anschließend wurde die
auf einer Temperatur zwischen der Liqllidus- und
Solidus-Temperatur befindliche Schmelze direkt in
VifTasser gegossen. So entstanden sehr unterschiedliche
Gefügehestandteile. Die im Gießlöfl'ellangsam erstarr-
tell primären Körner sind fast frei von Zellelluntcr-
teilung. Sie hildeten die Keime für die rasche Rest-
erstarrung, bei der Dendriten von ihrer Oberftäehc
all~ wuchsen, wobei ein feinzelliges Ucfüge entstnlld
(nach H. K()wr}{o~ [112]).
180:1

b) ZellengrenZetL Ein Gußkorn läßt sich im Querschliff im allgemeinen


in eine große Anzahl von Zellen zergliedern. Bei den Zellengrenzen
handelt es sich um Arme desselben Dendriten, welche sich in Verlauf des
weiteren 'Vachstums berührten. Eine Zellengrenze ist durch H. KosTRoN
[112] als Grenzfläche maximaler Konzentration innerhalb eines Korns
definiert worden und kann durch Mikrohärtemessungen (Abb.30) oder
durch Kornätzung (Abb.31) sichtbar gemacht werden. Ein Orientie-
rungsunterschied ist an Zellengrenzen nicht vorhanden oder sehr ge-
ring, da alle Arme eines Dendriten aus demselben Kristallkeim ge-
wachsen sind.
Zellengrenzen und Korngrenzen sind beide mit Heterogenitäten be-
legt, jedoch stoßen die Zellengrenzen beim Wachstum eher zusammen
als die Korngrenzen, weshalb letztere stärker mit Heterogenitäten an-
gereichert siml.
40 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

An den einzelnen Zellengrenzen sind Heterogenitäten in sehr unter-


schiedlichem Ausmaß eingelagert. Dies erklärt sich aus dem Wachstum
der Dendritenarme : Dort, wo sich diese zuerst berühren, ist keine oder
fast keine Restschmelze vorhanden .
.1000 AI 99,99
'- fLm ~----!
~,,;:---...,.---v---
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~ 3200 " ...... ~...-_---~
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'-
~ 2,Of-+----?'-Ir--./'_

b
0,7 1 (jew.-% 70
Legierungszusafz
Abb. 32 a u. b. Einfluß der Höhe des Legierungszusatzes auf Korn- und Zellengröße \'on binären
Aluminiumlegierungen (im Laborofen erstarrte 100 g-R.eguli) (nach H. KOSTRON [112]).
a) Korn- und Zellengröße ; b) Zellenunterteilung der Körner. F K durchschnittliche :Fläehe eines Korns;
Fz durchschnittliche Flächp einer Zelle; x Fe; ... lIIg; • Cu; 6, Mn; 0 Si; + Ti; V Zn.

Die Zellengrenzen sind oftmals im Schliffbild den Korngrenzen recht


ähnlich; der Hauptunterschied besteht in dem fehlenden Orientierungs-
sprung bei den ersteren.
H. KOSTRON hat ein Verfahren beschrieben, um den Abstand der
Zellengrenzen statistisch zu bestimmen [112].
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 41

Korn- und Zellengröße sind voneinander in gewissem Ausmaß un-


abhängig, wie aus Abb. 32a hervorgeht. Kleinste Zusätze zum Aluminium
verkleinern die Zellengröße merklich, während die Korngröße noch nicht
oder schwächer anspricht. Bei höheren Zusätzen durchläuft das Ver-
hältnis zwischen Korn- und Zellengröße häufig ein Maximum (Abb. 32b),
dessen Ursache und Auswirkungen noch ungeklärt sind. Korngröße und

120:1
Abb. :Ja a - d. Abnahme der Zellengrül.le im Gul.lgefiige einer AICuMg-Legierung mit zunehmender
Erstarrungsgeschwindigkeit. Zusa.mmensetzung: 2,62 % Cu, 1,48 % lfg, 0,790/0 l\in, O,6<ro Si, 0,25 % Fe.
"ltzung nach KELLER (3 min) (nach H. KOSTRON [112]).
a) SUlldguß .200 llUll Dnrdlluesser (ungeützt); L) Stab 20 x 30 nun, Guß in warme Kokille; c) Stübchen
:'5 11lm Durr.lllllesspf. Guß in wanll!:' Kokille; <1) Blättchen 0,5 nun dick (beinl Guß in warme Kokille
Plltstandencr dünner Grat).

Zellengröße verändern ~ieh oftmals parallel, und zwar sowohl durch


Legierungszusätze als auch durch Veränderung der Erstarrungs-
geschwindigkeit.
Bekanntlich nimmt beim Kokillenguß die Größe der Gußkörner im
allgemeinen zu, wenn die Erstarrungsgeschwindigkeit verringert wird.
Wie Abb. 33 zeigt, wächst aueh die Zellengröße an, wenn die Er-
stmrungsgeschwindigkeit verringert wird. Dies ist auch in Gefügezonen
von Stranggußbarren zu beobaehten, wenn durch den Sehrumpfspalt
die Wärmeableitung kurzzeitig unterbroehen wird [113]. Überhaupt
sehwankt die Zellen größe in technisehen Gußstüeken innerhalb makro-
skopischer Volumenelemente sehr stark. Man findet sogenannte ",,yolken"
von ea. 1 bis 10 mm , in denen die Zellengröße von der des umgebenden
Gefüges stark ab,reicht. Abb. 34 gibt hierfür ein BeiRpiel.
42 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

H. KOSTRON [112] hat darauf hingewiesen, daß die Zellengröße


des Gußgefüges ebensoviel Beachtung verdient, wie die Korngröße. Die
Verteilung der Legierungselemente an Zellen- und Korngrenzen hat.
z. B. Einfluß auf die Festigkeitswerte oder auf das Ausmaß der zur
Homogenisierung notwendigen Wärmebehandlung. Die Konzentrat.ions-
unterschiede an den einzelnen Zellengrenzen verschwinden bei Homo-
genisierungsglühungen bei genügend hoher Temperatur. Die "Wolken"
bleiben jedoch unter Umständen auch nach Lösungsglühen und starkem
Abwalzen noch erkennbar, besonders nach anodischer Oxydation.

c) Zwillingsgrenzen. Dies sind gerad-


linig verlaufende Grenzflächen in Zwil-
lingslage, an denen keine Konzentra-
tionsunterschiede festgestellt werden
können. Zwillingsgrenzen kommen im
Gußgefüge in großer Zahl in den
"Fiederkristallen" vor.1 Die Entste-
hung von Fiederkristallen hängt ins-
besondere von den Bedingungen beim
Stranggießen ab und wird weiter
unten erörtert werden. (Typische Be-
17:1 funde über Fiederkristalle s. S. 120
Abb.34. Nester mit stark unterschied- u. 158.)
licher Zellengröße C. Wolken") in der
Barrenmitte eines AIMgSi-Strangguß-
d) Subkorngrenzen (auch "Klein-
barren. Anodisierter Querschliff (nach
ALUSUISSE). winkelkorngrenzen" genannt). Dies sind
Grenzflächen, an denen nur kleine
Orientierungsunterschiede in der Größenordnung von 10 oder darunter
auftreten. Bekanntlich ent.stehen Subkorngrenzen oft.mals durch die
Ansammlung von Versetzungen in einer "Versetzungswand" [114, 115].
Beim Züchten von Einkristallen aus der Schmelze stören die Subkorn-
grenzen ("striations"), deren Anzahl pro Volumenelement mit der Er-
starrungsgeschwindigkeit zunimmt und welche die Streckgrenze erhöhen
[116, 117].
Die Befunde über Subkörner im Gußgefüge von Aluminium sind
sehr uneinheitlich. Offenbar kann die Ausbildung der Subkörner, ebenso
wie diejenige der Zellen, je nach den Gießbedingungen stark variieren,
und zwar auch lokal innerhalb eines scheinbar einheitlich erstarrten
Gußstückes [114].
Es überrascht daher nicht, daß es bezüglich der Subkörner im Guß-
gefüge von Aluminium zahlreiche Kontroversen gibt [102, 114, 118, 119].

1 Dagegen werden durch Verformung entstandene Zwillinge bei Aluminium


nicht oder höchst selten beobachtet.
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 43

Zunächst könnte man annehmen, die Zellen und Subkörner im Guß-


gefüge seien ein und dasselbe oder miteinander verwandt. In der Tat
haben Zellen und Subkörner gewisse Gemeinsamkeiten, und beide sind
von der eigentlichen Korngröße in gewissem Ausmaß unabhängig. Es
zeigen sich jedoch oftmals Unterschiede im Durchmesser.
Die Subkörner haben meist Durchmesser von 1 bis 10 [Lm, ausnahms-
weise bis 100 [Lm, während die Zellen (d. h. die Dendritenarme) meist
einen Durchmesser von einigen hundert [Lm bis max. etwa ein mm haben
und außerdem mit mikroskopisch sichtbaren Heterogenitäten umgeben
sind, was bei den Subkörnern nicht der Fall ist. Trotzdem ist die Tren-
nung zwischen Zellengrenzen und Subkorngrenzen ("Kleinwinkelkorn-
grenzen") keineswegs klar, da Zellengrenzen, die nicht mit Heterogeni-
täten belegt sind, ohne weiteres als Subkorngrenzen bezeichnet werden
können. Auch in neueren Untersuchungen ist es noch nicht gelungen, die
verschiedenen Arten der Substrukturen im Gußgefüge des Aluminiums
voneinander abzugrenzen. H. BILONI und L. H. DE DESTAILLATS [120]
unterscheiden zwei verschiedene Seigerungsstrukturen und mehrere
Typen von Subkörnern und U. BENEDICT und H. J. SEEMANN [121]
stellen im Gußgefüge drei verschiedene Arten von Subkörnern fest.
e) Wachstumsmarken (Jahresringe). Hier handelt es sich um Flächen
unstetiger Änderung im Gehalt gelöster Legierungselemente. Solche
Wachstumsmarken treten auch im Inneren der einzelnen Dendriten-
arme auf (s. Abb. 36 bis 38).
Wir werden auf die Entstehung der "Jahresringe" noch im Zu-
sammenhang mit der Kornseigerung eingehen.

1.332 Mechanismus beim Wachsen eines Dendriten. Nach den Ergeb-


nissen von W. C. WINEGARD und B. CHALMERS [108] wachsen Dendriten
schneller als die allgemeine Kristallisationsfront und eilen dieser daher
voraus. Dabei schieben sich die einzelnen Dendritenarme ineinander,
worauf sie schließlich mit kleinen Orientierungsdifferenzen miteinander
verwachsen. Die Restschmelze erstarrt zwischen den Dendritenarmen
in kleinen Taschen.
Das dendritische Wachstum bewirkt somit ein " Einklemmen " von
angereicherter Restschmelze und verhindert größere Konzentrations-
verschiebungen, wie sie beim "Zonenschmelzen" auftreten. 1 Die Abstände
der Dendritenarme werden mit zunehmendem Anteil von gelösten Legie-
rungselementen oftmals größer, jedoch muß bei solchen Befunden
zwischen Quer- und Längsverzweigung unterschieden werden [104].

1 Das Zonenschmelzen hat zur Voraussetzung, daß eine plane Erstarrungsfront


vorliegt, so daß die angereicherte Restschmelze vor der Erstarrungsfront her-
ge~choben werden kann.
44 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die Wachstumsrichtung der Dendriten läßt sich nach G. TAMMANN


auf eine natürliche Kristallauslese zurückführen. Von allen ursprünglich
vorhandenen Kristallen bzw. Kristallflächen wachsen vorzugsweise die-
jenigen weiter, bei denen die Richtung der größten Wachstumsgeschwin-
digkeit mit der Richtung der Wärmeabfuhr den kleinsten Winkel bildet.

Unlerkühlung
450:1
Abb. 35. Anisotropes Wachstum von Einkri· Abb. 36. Wachstumsringe eines Dendritenarmes
stallen bei der Erstarrung des Aluminiums in Reinaluminium-Strangguß. Die Wachstumsringe
(schematisch) (nach R. J\L SERGEANT [10.3]). veranschaulichen von innen nach außen folgende
Phasen der Erstarrung: Anfänglich gerundeter Quer-
schnitt, Kristallographische Abplattung, Furchen-
bildung, WiederausrundlIng (nach H. KOSTIWN 11_
M. SCHIPPERS r104]).

A. PAPAPETROU [122] hat das Wachstum von Dendriten auf die


Wachstumsanisotropie und die dadurch begünstigte Wärmeableitung an
Kanten und Ecken zurückgeführt. Diese Voraussetzungen gelten am
ehesten für Kristalle, welche frei in der Schmelze ohne Kontakt mit einer
Erstarrungsfront wachsen, so daß der Wärmeabfluß durch die Schmelze
selbst erfolgt. Tatsächlich sind die in der Schmelze frei gewachsenen
Kristalle immer dendritisch [37].
Im übrigen haben Dendriten im allgemeinen niedrig indizierte Ober-
flächen, bewirkt durch die Oberflächenspannung [103].
Man möchte an Hand von Abb. 35 annehmen, daß die Anisotropie
beim Kristallwachstum eine wichtige Rolle spielt. Dies ist jedoch beim
Aluminium in der Praxis nicht der Fall, da der Einfluß von Unterkühlung
und Konzentrationsverschiebungen auf das Kristallwachstum meist
stärker ist als die Anisotropie der wachsenden Kristalle [103, 102].1

1 Eine Ausnahme bildet das 'Vachstum einer transkristallinen Zone, wobei die
Stengelkristalle entgegengesetzt der resultierenden Richtung der Wärmeableitung
wachsen, und zwar parallel zu einer [100]-Richtung [60, 102, 123, 124].
Wir haben bereits weiter oben darauf hingewiesen, daß dieses selektive \Vachs-
turn der transkristallinen Zone zusammenbricht, sobald die konstitutionelle Unter-
kühlung vor der Erstarrungsfront stark genug ausgebildet ist.
Lit. S. 193] t.3 Erstarrung von Aluminium 45

1.333 Kornseigerung und dendritisches Wachstum. H. KosTRoN und


M. SCHIPPERS [104] haben das dendritische Kornwachstum in Rein-
aluminium barren an Hand der "Jahresringe" genauer untersucht.

Abb .37. Seigerungsringe in Reinaillmi-


ninm (Kristallit in Würfellage). Ein grob-
zelliger Kristallit dieser Art erstarrt im all-
-gemeinen frei in der Sehmelze schwebend
(geringe t:nterkühlnng). während das ihn
umhüllende feinzellige Gefüge durch Kri-
st nllisation v on der Erst a rrungsfront her
gebildet wurde. Rings um den Krist ttUit
-sieht man zahlreiche Zellen (Dendriten-
arme), die angeschnitten wurden
(na eh H . KOSTRON u. M. SCHIPPERS [10-1 1).

120:1

Wie Abb. 36 bis 38 zeigen, wächst ein Kristall oder Dendritenarm


zunächst mit annähernd kreisförmigem Querschnitt. Beim weiteren
Wachstum kommen Abplattungen parallel zu kristallographischen
Ebenen zustande. Als nächste Phase des Kristallwachstums entstehen

160:1
Abb. 38. Schnitt durch einzelne Arme (Zellen) eines dendritisch gewachsenen Kornes (Strangguß
Al 99,5, mit induktiver Bewegung der Schmelze im Sumpf) (nach H . KOSTROX u. M. SCHIPPERS [59]).
1, 2 H ier erscheinen die WachstuIllsringe eines Dendritenar",es einseitig abgeschnitten, weil nachträg·
lieh eine Auflösung an einer Rest schmelzeader sta ttfand. Die gestrichelte Linie gibt den Verlauf der
Wachstumsringe vor d er Störung wieder; 3 Bei einer usprünglichen Einbuchtung der "Zelle" ist
eine R estschmelzeader eingedrungen. Der Dendritenarm wurde auch hier durch konzentrierte R est-
schmelze teilweise a ufgelöst ; 4 Auf dieser Seite des Einbruches konnte die Zelle etwas weiter wach"en.
Di e \\fa,chstumsringe schließen sich eng an eine Unlhüllende an ; 5 Spur einer Zwillingsebene. Nach
geeigneter Xtznng war der Oriellti erullg~wechsel an dieser Ebene gut zu sehen.
46 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

offenbar in den verschiedenen Bereichen der Oberfläche des wachsenden


Kristalles Unterschiede in der Belegungsdichte mit Fremdatomen.
Bei der Erstarrung des Aluminiums ist die unmittelbar vor der Er-
starrungsfront liegende, stark mit Fremdatomen angereicherte Zone
etwa 1 fLm tief.
Die vor allem von H. KOSTRON [112] beobachteten periodischen
Konzentrationsschwankungen in einem Kristall erklären sich am ehesten
durch periodisches Abdiffundieren dieser Fremdatomlage.
Wie in Abb. 39 [104] beschrieben, ist an der Kante oder Ecke eines
wachsenden Kristalles die "Fremdatomwolke" besonders dünn. Dies
bedeutet für Knetlegierungen und für Reinaluminium, daß dort die
Unterkühlung größer und daher die Wachstumsgeschwindigkeit höher
ist, als auf den Flächenmitten des wachsenden Kristalls. Hierdurch wird
meist in der Flächenmitte ~
eine Einfurchung bewirkt, welche
schließlich die Zerklüftung der Den-
dritenarme hervorruft. Unter Um-
ständen geht die Einfurchung im
weiteren Wachstum wieder verloren
(Abb.36).
Abb. 39.l<'remdatomwolke vor der Kristallisa- R. W. RUDDLE [101] erklärt in
tionsfront eines in der Schmelze wachsenden
Kristalls (nach H. K OSTRON u. :'\1. SCHIPPERS recht ähnlicher Weise das Dendriten-
1104]). wachstum damit, daß zwischen den
Armen der Dendriten eine stark
angereicherte Restschmelze eine lokal begrenzte Zone geringer konstitu-
tioneller Unterkühlung hervorruft; deshalb wachsen die Dendritenarme
am schnellsten in den Bereich schwächerer Anreicherung an Legierungs-
elementen ~ und somit stärkerer Unterkühlung ~ hinein, wobei sich
die mit angereicherter Restschmelze gefüllten Taschen zwischen den
Armen weiter vertiefen.!
Diese Erklärung stimmt damit überein, daß bei zunehmendem
Legierungszusatz das dendritische Wachstum immer mehr vorherrscht:
Reinstaluminium hat eine ebene Erstarrungsfront, während bei
Zusatz von z. B. 2% Si das dendritische Wachstum überwiegt, offenbar
auf Grund der lokal stark unterschiedlichen konstitutionellen Unter-
kühlung [103].
1.334 Unstctigkeiten beim Kristallwachstum. In einer Arbeit von
H. KOSTRON und"M. SCHIFFERS [59] wird wohl zum ersten Male ein-
gehender über lokale Konzentrations- und Temperaturschwankungen
bei der Erstarrung des Aluminiums berichtet, und es werden Gefüge-

1 Diese Erklärung des dendritischen 'IVachstums durfte eher zutreffen, als die
weiter oben wiedergegebene von A. PAPAPETROU.
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 47

bilder aus Aluminiumstranggußbarren (Abb.37 u. 38) in geistreicher


Weise interpretiert.
Durch eine Konvektionsströmung nahe der Erstarrungsfront oder
durch Ansaugen von Restschmelze durch ein teilweise erstarrtes Gefüge
tritt nach den Ergebnissen von H. KOSTRON und M. SCHIPPERS [591 eine
Störung des örtlichen Gleichgewichtes ein.
Diese Störung kann z. B. bewirken, daß die Erstarrung eines Kristalls
zeitweilig zum Stillstand kommt., danach wieder ein Stück fortschreitet

Ahh. -10. Auswirkungen der KOfnseigerullg auf der


Jlikrohärte in AIMgi"li-Stranggllßgefiige
(n:,eh ALt:SUISSE).

:lleßwerte (lleh, t 1I1l~ 1;' p ):

Nr. HY ill k}l / llllll~

150: 1

und so weiter (Abb. 37) .•Jede Position eines Stillstandes der Erstarrung
ist als "Jahresring" erkennbar, der bei Reinaluminium als eine Zone
mit angereichertem Eisen- und Silizium-Gehalt identifiziert wurde.
Aus dem Gefüge kann abgelesen werden, daß außerdem ein zeit-
weiliges Wiederaufschmelzen bereits erstarrter Gefügeteile durch T empe-
raturwellen wie auch durch Konzentrationswellen vorkommt.
Wie bereits in Abschn. A 1.22 bericbtet, werden solche Abbauerschei-
nungen verstärkt beobachtet. wenn die Schmelze im erstarrenden Sumpf
künstlich bewegt wirr}.

1.:l:l5 Quantitative JIessung der Kornseigerung bei Strangguß und


Kokillenguß. Im Gefüge der Legierung AIMgSi 1 schwankt die Mikrohärte
auf Grund von Kornseigerungen zwischen 34 und 88 kp jmm 2 (Abb. 40).
Die Kornseigerung an Gußbarren aus kupferhaitigen Legierungen
ist wiederholt untersucht worden [125, 126]. Innerhalb des Gefüges
von Stranggußbarren aus AICu 4 treten Schwankungen des Kupfer-
gehaltes um den Faktor 5 auf (Tab . 8).
Im Korninneren liegt. der Kupfergehalt zwischen 0,85 und 2,87%,
nahe den Korngrenzen dagegen zwischen 2,88 und 4,65 Gew.-%.
In Abb. 41 ist eine Eichkurve wiedergegeben.
~icht nur nahe den Korngrenzen, sondern auch an Zellengrenzen
treten Kupferanreicherungen auf. Innerhalb der Primärkristalle sind
die Schwankungen des Kupfergehaltes im nicht wärmebehandelten Guß-
gdiige bei Strangguß erheblich größer als bei Kokillenguß (Tab. 8) .
48 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Zur Untersuchung der Kornseigerung werden neuerdings einige ver-


feinerte Verfahren herangezogen, von denen folgende drei auffallen:
Mikro8onde. Das vonR. CASTAING
[127] entwickelte Verfahren der
Spektralanalyse mit einem scharf ge-
!JO
bündelten Elektronenstrahl ist weiter
verfeinert worden. Neuerdings w~r­
100r------~--
den Geräte hergestellt, welche ein
.90 f - - - - - - t - Oberflächenelement von z. B. 1/ 2 fLm 2
mit gebündeltem Elektronenstrahl
~80
,~ sowohl analytisch untersuchen, als
~ 70 auch sichtbar machen. 1
""
'$( 60 Die vom auftreffenden Elek-
tronenstrahl ausgelösten Röntgen-
50 strahlen geben über die analytische
40 r------+--r--- Zusammensetzung kleiner Ober-
flächenelemente Auskunft. Das Ge-
JOf+---t------
25 rät arbeitet weitgehend automatisch
I I I I I I und gestattet es, mit dem Elektro-
o 2 J 4 5 6 (Jew.-%8
nenstrahl die Oberfläche der Probe
Kupfergeha/f
abzutasten, wobei die Meßergebnisse
Abb. 41. Zusammenhang:zwischen Mikrohärte
und Kupfergehalt bei binären Aluminium- auf Bildröhren laufend dargestellt
Kupfer-Legierungen nach Lösungsglühen bei oder einer Registriertrommel zuge-
500"C und Abschrecken in 'Yasser (nach P.
BRENNER U. H. KOSTROX [125]). führt werden. Auf diese Weise ist es

Tabelle 8. Auswirkungen der Seigerung auf Mikrohärte und Kupferverteilung im


Oußgefüge einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit 4% Cu
(nach P. BRENNER U. H. KOSTRON [125])
Strangguß Kokillenguß
Block- Block-
Außenzone I Kernzone Außcnzone I Kernzone

Mikrohärte in
kpjmm 2
Zellen-Außenzone 65 92 81 72
Zellen -Innenzone 37 65 55 44
Kupfergehalt in %
Zellen-Außenzone 2,88 4,65 3,94 2,27
Zellen -Innenzone 0,85 2,87 2,24 1,42
Seigerung * 2,03 1,78 1,70 0,85
* Differenz im Kupfergehalt zwischen Zellenaußen- und Zelleninnenzone in %.
1 Mikrosondenanalysator von der Cambridge Instrument Co., Cambridgej
England.
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 49

möglich, mit etwa 3000facher Vergrößerung die Verteilung von Legie-


rungselementen innerhalb des Gefüges im einzelnen zu untersuchen. Das
Verfahren eignet sich normalerweise nur für Elemente, welche schwerer
sind als Kohlenstoff. Daher kann im allgemeinen Wasserstoff, Stickstoff
und Bor nicht ermittelt werden, wohl aber alle anderen in Frage kom-
menden Legierungselemente. Ein Beispiel zeigt Abb. 42a.

a b
420: 1 30:1
Abb. 42a H. b. 13estilllm1l1lg <leI' Yerteilllng yonl,egierungHelelllenten mit Elektronen· bzw. Röntgen-
strahlen
a) Wiedergabe der Eisenverteilung, aufgenommen mit der Mikrosonde. Stranggnßbarren der Legie-
rung AlZnMg1. FeKa-Linie (nach ALUSUISSE); b) Röntgendurchstrahlaufnahme durch einen
Dünnschliff (0,1 mm dick) aus einem Strauggußbarren der Legierung AlZnMgCu (US-Legierung
7075). Die Vergrößerung wurde iu einem Röntgenmikroskop erzielt (keine photographische Nach-
vergrößerung). Man erkennt Dendriten mit nlmuiniumreichem Kern (dunkel) und Anreicherung der
schwereren Elemente, speziell des Zinks, an Zellen- und Korngrenzen (hell). Vereinzelt Gußporosität
(schwarz) (nach H. C. STUMPF [134]).

Räntgen-Transmissionsal1,fnahmen von dünnen Schliffen. Die so erhal-


tenen Aufnahmen können 50- bis 100fach nachvergrößert werden. Ein
typisches Ergebnis ist in Ahb. 42b wiedergegeben [133, 134].
Autoradiographie. Diese Methode kann auf zweierlei Weise prakti-
ziert werden:
Bestrahlung einer erstarrten Probe im Reaktor, oder Zusatz von
radioaktiven Isotopen zur Schmelze. Das letztere Verfahren ist mehr-
fach bei Aluminium angewendet worden. Als radioaktive Legierungs-
elemente eignen sich z. B . Kupfer, Eisen, Natrium , Gold und Tritium
[128 bis 132].
Durch Nachvergrößern des Kontaktabzuges kann eine etwa 100fache
Vergrößerung erreicht werden.

1.336 Erstarrung der Restschmelze. Die Phänomene der Kornseige-


rung sind mit denjenigen der Blockseigerung eng verknüpft.
Ein Bindeglied zwischen den beiden Phänomenen stellt die Erstar-
rung der Restschmelze dar.

4 Altenpohl, Aluminium
50 A. Eigpnschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Je stärker die Kornseigerung in Erscheinung tritt, um so mehr Rest-


schmelze tritt auf, welche (bei untereutektischen Legierungen) st.ark
mit Legierungselement.en angereichert. ist..
Eine besonders st.arke Kornseigerung kann bei den Aluminium-
Magnesium-Legierungen beobacht.et. werden. Bereits bei 2 bis 3% Mg
t.rit.t. in den rasch erstarrt.en Zonen von
Stranggußbarren auf Grund der Korn-
seigerung das 34,5% Mg enthaltende
Eutektikum an den Korngrenzen auf
[135]. Bei langsamer erstarrtem Kokil-
lenguß- oder Sandgußgefüge wird da-
gegen das Eutektikum erst bei Magne-
siumgehalten oberhalb von 5 bis 8%
beobachtet. Auf die Wichtigkeit dieser
Erscheinungen wurde bereits an anderer
Stelle hingewiesen [136]. Eine Legie-
rung mit z. B. 5% Mg sollte nach dem
210:1 Zustandsdiagramm bis auf 570 °0 er-

Abb. 43. Gefüge eines A1CuMg· Kokillen- wärmt werden können, ohne daß Auf-
gußbarrens (400 nun 0). Das EutektikuUl schmelzungen auftreten. Weist das Ge-
enthält insbesondere <x-lVlischl<ristallc, A1 2Cu
und M!!2Si (nach ALt'SLISSE). füge aber Einlagerungen von Eutekti-
kum auf, so schmelzen diese bereits bei
449 ce. Allerdings läßt sich durch Glühen kurz unterhalb 449 oe und lang-
sames Steigern der Temperatur eine Abdiffusion des im Eutektikum aus-
geschiedenen Magnesiums in das Korninnere erreichen. Auf diese Weise

300: 1
Abb. H. Scbraffurgeätztes Gefüge von AIZnMgCu-Strangguß, geätzt mit 1 %iger NaOH bei 50T.
Die Abbildung zeigt entartetes Eutektikum 1 mit dazwischen erstarrter Restschmelze 2, umgeben
von primär erstarrtem <x-Mischkristall 3. Durch die Schrafl'urätzung wird deutlich, daß die sekundär
erstarrte Restschmelze teils die Orientierung Za angrenzender iX-l\1ischkristalle, teils aber auch selb-
ständige Orientierung 2b hat. Bei 2b könnte es sich möglicherweise um primäre (X-Mischkristalle
haudein, die senkrecht zur Schliffehene in das EutektikulII hineingewachsen sim] (nach H, KOSTRO!\
U. M. SCHIFPERS [138]).
Lit. R. 19a] l.;~ Erstarrung von Aluminium 51

kann man schließlich gemäß dem Zustandsdiagramm ohne Aufschmelzen


kurz unterhalb der theoretischen Solidustemperatur glühen.
Bei Knetlegierungen erstarrt die Restschmelze in Form eines ,.Poly-
eutektikums" aus ::;ämtlichen Legierungskomponenten (Abb. 43).
Bei der Erstarrung der untereutektischen Legierungen SOWIe von
Reinaluminium liegen folgende drei Volumcnelemente vor:

Die bereits erstarrten Primär kristalle,


die Ausgangsschl1lelze,
die Restschmelze, ,velche die wachsenden Kristalle umhüllt ("inter-
dendritische Schmclze") und welche über einen wesentlich breiteren
Temperaturbereich erstarrt als die Ausgangsschmehe.

Bei Reinaluminium oder

-
/000
Knetlegierungen erstarren die dynfom ~
Resteutektika anomal, da zu- 900 ::--..

"" \
~ :::;;-- Al-Zn
yor erstarrte 'X-Mischkristalle
---- I<>-.

"" '"
§ 800
ringsum reichlich vorhanden
f'ind [1381.
Nach Untersuchungen VOll {l
~
~ 100
~-Mg
-----
~
Mg-Al "0
E. SCHElL [1391 ist dies dic ty- ~Cl; 600 .......... ~n
>-
piHche Voraussetzung für die c§5
500
Erstarrung der Re::;tschmelzc i'o
aIR .. entartetes Eutektikum". 400
o /0 20 30 40 50 60 (Jew.-%80
Die Restschmelze erstarrt Le!lierungszusofz
oftmals so, daß die Orientie- AbI>. J5. Oberfläehl'llKp,mlllltu( üer Re"tsehlllelzell
rung naheliegender ).-Mi,,('h- yon Allllllinilllll- und }Iagllesiumlcgiernngen in
Ahhiingigkr,it "on deT ZUR:11111nenRetzung (n:H'h E.
kristalle sich inncrhalb det; PELZET, pn]).

entarteten Eutektikum" fort-


::letzt (Abb. 44). Dahpr gibt es oft keine deutliche Abgrenzung zwischen
dem Bcreich der Primärerstarrung und des entartetcn Eutektikums [138].
A. B. MICHAEL und M. B. BEVER [140] haben die Erstarrung der
Restschmclze bei ~~I\ll1lilliul1l-Kupfer-Legierungen (2 bis 5% Cu) ge-
nauer untcrsucht, und zwar für vcrschiedene Erstarrungsgeschwindig-
keiten von 0.01 bis 50 grelje;.
Die Ausscheidung des Eutektikums wurde analytisch, metallo-
graphisch und mittds Antoradiographie verfolgt. und zwar mit folgenden
Erge bnissen :
Bei allen Versueh,;bedingungen wurde im Gefüge entartetes Eutek-
tikum festgestellt, deSRen Menge mit der Erstarrungsgeschwindigkeit zu-
nimmt.
Außer an Korngrenzen befindpt sich das entartete Eutektikum
zwischen den Denclritenarmcll.

4"
52 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Auf S.9 wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Restschmelze


einer untereutektischen Legierung beim Eindringen in enge Spalten
(d. h. auch in die Zwischenräume zwischen erstarrenden Körnern oder
Dendritenarmen) stark an Legierungselementen angereichert wird.
Spezifisches Volumen und Oberflächenspannung sind nach Ergeb-
nissen von E. PELZEL [141] wichtige Kenngrößen für das Verhalten der
Restschmelze. Die Oberflächenspannung hängt stark vom Zusatzelement
ab (s. Abb. 45 und Tab. 9). Erhöht man also einen Legierungszusatz,
so nimmt dadurch der Volumenanteil an Restschmelze zu; gleichzeitig
treten außerdem Veränderungen in der Oberflächenspannung auf.
Aus Tab. 9 können Hinweise entnommen werden, warum Legierung I
im Strangguß leichter gießbar ist als Legierung Ir.

Tabelle 9. Unterschiede der Oberflächenspannung zweier Aluminium-Kupler-Mn-


gnesium-Schmelzen sowie der Zusammensetzung und des Schmelzpunktes der zuge-
hörigen Restschmelzen (nach E. PELZEL [141])

1 Restsehmelze
Leg-Zusammeu- Oberfl.-Spannung
setzung in 0/0 in dyn/em 1 Sehmelzp. I Zusammensetzg.
in oe in 0/0

Zusammen-
setzung I 4 Cu; 0,8 Mg 800 535 29 Cu; 7,1 Mg
Zusammen-
setzuug II 3 Cu; 1,5 Mg 600 471 10Cu; 27Mg

1.34 Effekte nach dem Erstarren

1.341 Diffusionsvorgänge unmittelbar nach dem Erstarren. Diese


sind von größter Wichtigkeit für die Beseitigung der Kornseigerung und
für die Ausscheidung übersättigt gelöster Elemente. Vergleicht man
ähnliche Gieß verfahren mit unterschiedlicher Erstarrungsgeschwindig-
keit - z. B. Strangguß, Kokillenguß oder Sandguß - so ergibt sich
folgendes:
Je höher die Erstarrungsgeschwindigkeit, um so steiler ist im allge-
meinen auch der Temperaturgradient im festen Metall im Anschluß an
die Erstarrungsfront, um so kürzer ist auch das Zeitintervall, welches ein
soeben erstarrtes Volumenelement in dem Temperaturbereich bis zu
etwa 100 grd unter der Solidustemperatur verbringt, der für eine Diffu-
sion besonders günstig ist. Dieses Zeitintervall ist z. B. bei der Barren-
herstellung durch Kokillenguß um ein bis zwei Größenordnungen länger
als beim Strangguß. Wenn man somit verschiedene Erstarrungsgeschwin-
digkeiten vergleicht, so sind die beobachteten Unterschiede im Guß-
gefüge oftmals auf die unterschiedlichen Zeiten zurückzuführen, welche
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 53

das soeben erstarrte Gefüge in dem für die Diffusion günstigen Tempera-
turbereich zugebracht hat.
Bleibt durch rasches Abkühlen nach dem Erstarren die Annäherung
an den Gleichgewichtszustand aus , so kann dies durch eine spätere
Barrenhochglühung nachgeholt werden.
1.342 Gefügeänderungen bei einer Barrenhochglühung (Homogeni-
sicrungsglühung) .

,
J
.J .... ..... -
~
r

..
, y

,.
a b

,
.; .'

o '. J
1 ........... d'

" .
\

- "- '-6.
.• •"
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.,
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c 'd ,/
"
400:1
Ahu . 46a-d. Gefüge von R einaluminium-Strangguß (Al 99,1) im Gußzust and und nach verschiedener
Glühbehandlung (nach ALUSUISSE).
a) GIIßgefiige ; b) 24 h bei 500 ' C geglüht; c) 24 h bei 550'0 geglüht; d) 24 h bei 600 ' 0 geglüht.

Eine " Homogenisierungsglühung" nahe unter der Solidustemperatur


bewirkt folgendes:
Die Unterschiede der Mikrohärte innerhalb eines Kornes gleichen sich
aus.
Der mittlere Abstand der Restschmelzeadern nimmt zu.
Die feinen Heterogenitäten verschwinden; statt dessen sind nach dem
Homogenisieren größere Heterogenitäten mit abgerundeten ("einge-
formten " ) Ecken zu beobachten (Abb. 46).
Die elektrische Leitfähigkeit des Gußgefüges nimmt bei der Legie-
rung AIMn oder Reinaluminium zu [211]. Dies deutet darauf hin,
daß übersättigt gelöste Legierungselemente (Mangan oder Eisen,
teils auch Silizium) sich ausscheiden.
54 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

In diesem Sinne ist der Ausdruck "Homogenisierungsglühung" an-


fechtbar, da ja teilweise eine Heterogenisierung stattfindet.
Der erwähnte Anstieg der Leitfähigkeit ist jedoch im einzelnen
schwierig zu interpretieren, denn das Gußgefüge besteht aus Volumen-
elementen von unterschiedlicher Leitfähigkeit. Außerdem findet beim
Glühen ein Abbau von Abschreckspannungen statt. Auf jeden Fall ist
der Ausdruck "Homogenisierung" im Zusammenhang mit dem erfolgten
Ausgleich von Kornseigerungen berechtigt.
Bei der Verfolgung der Gefügeumlagerung während der Hochglühung
von Kokillen- und Strangguß ist der unterschiedliche Ausgangszustand
zu beachten. Der Kokillengußbarren weist vor der Glühung eine geringere
Kornseigerung auf, verhält sich aber bei der Hochglühung bezüglich des
Konzentrationsausgleichs erheblich träger.
P. BRENNER und H. KOSTRON [125] weisen darauf hin, daß sich für
einen Barren von 300 mm Durchmesser die unmittelbar nach der Erstar-
rung erfolgende Diffusion (im Temperaturbereich zwischen 600 bis 300 Oe)
in den Außenzonen des Stranggußbarrens auf 15 Sekunden und im Zen-
trum auf 200 Sekunden beschränkt.
Daher erklärt sich, daß das Stranggußgefüge nach dem Erstarren
die ursprüngliche Kornseigerung vor allem in den Außenzonen noch
unverändert behalten hat, während die Diffusionsbedingungen beim
Kokillengußbarren unmittelbar nach dem Erstarren günstiger sind.
Aus Abb. 47 und 48 ist der Einfluß einer Barrenhochglühung auf das
Gefüge einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit 4% Cu und einer AlCuMg-
Legierung zu entnehmen.
Die Untersuchungen zeigen, daß die Kornseigerungen im Strangguß
durch Wärmebehandlung leichter beseitigt werden können als bei
Kokillenguß. Aus Abb. 47 geht hervor, daß die Homogenisierung von
AICu4-Stranggußbarren nach ein- bis dreistündiger Glühung bei 500°C
abgeschlossen ist, während bei Kokillenguß eine bis zu 20stündige
Glühung notwendig ist, um den Ausgleich des Kupfergehaltes innerhalb
der Dendritenarme ("Zellen") zu erreichen.
Abb. 48 gibt analoge Ergebnisse an einer AlCuMg-Legierung wieder.
Die Unterschiede zwischen Strangguß und Kokillenguß erklären
sich nach den Ergebnissen von P. BRENNER und H. KOSTRON [125]
zwanglos aus dem unterschiedlichen Erstarrungsmechanismus. Wie in
Abb. 33a bis d gezeigt wird, nimmt die Zellengröße mit zunehmender
Erstarrungsgeschwindigkeit stark ab, was eine gesteigerte Diffusions-
geschwindigkeit bei der Homogenisierungsglühung ergibt und die
Unterschiede zwischen Kokillenguß und Strangguß verständlich macht.
Die in Tab. 8 für die beiden Gießverfahren mitgeteilten Befunde
stehen mit dem unterschiedlichen Erstarrungsmechanismus in klarem
Zusammenhang.
Lit. S. 193] 1.3 Erstarrung von Aluminium 55

Die Homogenisierung des Guß gefüges hat zahlreiche Folgen für Ver-
arbeitbarkeit und Eigenschaften des aus dem Guß barren hergestellten
Halbzeuges.
Hiprauf werden wir bei späteren Kapiteln noch zurückkommen.

100

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I 2
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O/ühzelf(beiSOO°C)
A bb. 47 il - Li. Einfluß einer LÖrmngsglühung bei ,~OO°C auf die Mikrohärte des Gußgefüges. Alunliniuln~
legierung mit 4% Cu (nach P. BREXXER U. H. KOS1'RON [125]).
,,) ,.;tr:tn~gnß (AnßcmOllP); 1» Str:lll~!<nl.\ ()Iittelwnc); (.) K()ldncn~nl.\ (AIII.lenzonc); (1) KnkiIlenguß
(Mittelzone).
---- ~\..llßeUZ()lle der Zellen; - - - Illuenzunc dpr Zellen.

1.343 Ausdehnungseffekte. Obwohl das Aluminium beim Erstarren


etwa 6 bis 7% Volumenschrumpfung aufweist, sind trotzdem merk-
würdige Ausdehnungseffekte beobachtet worden [742].
56 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die markanteste Ausdehnung wird in den Anfangsstadien der Erstar-


rung gefunden, wobei sich die verschiedenen Aluminiumlegierungen
unterschiedlich verhalten. Der Gasdruck scheint dabei eine gewisse Rolle
zu spielen, da eine wasserstoffreiche Schmelze bei der Erstarrung eine
größere Ausdehnung zeigt als eine entgaste Schmelze.
Der starke Einfluß des Gasgehaltes kann wohl nur so erklärt werden,
daß bei der Erstarrung das übersättigte, gelöste Gas die Tendenz hat,
sich auszuscheiden und hierbei das teilweise erstarrte Gefüge ausein-
anderdrückt.

,/.
740'r---- - -- ------.
kp/mmz o ,/
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/
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/
/
/
/

/
/
60 . / /'

~o~--~z~--~m~~a?~m~i~n~~
Illühzl?if{bei SWOC)
17:1

Abb. 48. Einfluß einer Lösungsglühung bei 500"0 Abb. 49. Korngrenzenverschiebung im Gußge-
auf die Mikrohärte des Gußgefüges von AlCuMg- füge von Al 99,98. Zwei der drei sichtbaren
Strangguß (nach P. BRENNER U. H. KOSTRON Korngrenzen (1 und 2) sind nach dem Erstarren
[125]). nach rechts unten gewandert, während die Ans-
- - Außenzone der Zellen scheidungen ihre Lage beibehalten haben (nach
- - - Innenzone der Zellen. U. BENEDICT n. H. J. SEEUANN [121]).
U Ursprüngliche Lage des Treffpnnktes der drei
Korngrenzen ; N N ene Lage des Treffpunktes der
drei Korngrenzen.

1.344 Korngrenzenverschiebung nach der Erstarrung. Wiederholt ist


beobachtet worden, daß sich Korngrenzen im Gußgefüge nach der
Erstarrung verschieben, wie dies z. B. in der Arbeit von U. BENEDICT
und H. J. SEEMANN [121] beschrieben ist.
In Abb. 49 wird ein Beispiel wiedergegeben, welches zeigt, wie eine
Korngrenze zunächst durch einen Saum von Ausscheidungen festge-
halten wurde, sich dann aber unter dem Einfluß von Gußspannungen los-
gerissen und in einem Rekristallisationsvorgang eine neue Lage gefunden
hat.
Eine Rekristallisation des Gußgefüges bald nach der Erstarrungtritt
vorzugsweise bei hochreinem Aluminium auf, wird aber auch bei Legie-
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 57

rungen auf der Basis von hochreinem Aluminium beobachtet, z. B. bei


AlZnMg- oder AlMg-Legierungen.
Je stärker die Ausscheidungssäume im Gußgefüge sind, um so weniger
tritt diese Art von Rekristallisation auf.

2. Nichtmetallische Verunreinigungen (Gase, Oxyde)


im flüssigen und festen Aluminium
Von D. Altenpohl, Zürich

2.1 Übersicht
Die nichtmetallischen Verunreinigungen sind für die Eigenschaften
des Gefüges von Guß- und Knetlegierungen gleichermaßen wichtig. Dies
gilt vor allem für den Gehalt des Aluminiums an Wasserstoff und Oxyden.
Die hierüber vorliegenden Angaben der Literatur enthalten relativ viele
Unklarheiten. Manche der Feststellungen basieren auf vereinzelten Unter-
suchungen oder speziell gearteten Voraussetzungen. Es ist heute noch
nicht möglich, in allen Fällen eindeutig zu entscheiden, welche auf repro-
duzierbaren Messungen beruhen und somit gesichert sind.
Wir haben im folgenden vorzugsweise Ergebnisse richtungweisender
neuerer Untersuchungen wiedergegeben, auch wenn diese teilweise noch
der Reproduktion bedürfen, um auf Ansatzpunkte für weitere Arbeiten
hinzuweisen. Aus dem gleichen Grunde haben wir auch auf bestehende
Widersprüche aufmerksam gemacht.
Literaturübersicht siehe insbesondere [144 bis 149].
Von allen Gasen, die unter normalen Bedingungen mit Aluminium
in Berührung kommen, ist nur der Wasserstoff in nennenswerter Menge
löslich [146]. Stickstoff reagiert mit dem flüssigen Aluminium unter
Bildung von AlN, Sauerstoff bildet Al 20 a. Diese Verbindungen sind im
flüssigen oder festen Aluminium so gut wie unlöslich.!
80 bis 90% des in Aluminium enthaltenen Gases ist im Regelfall
Wasserstoff. Dber die Restgehalte gibt es keine zuverlässigen Angaben
(hauptsächlich scheinen Methan und Stickstoff in Frage zu kommen).
Im folgenden beschränken wir uns daher auf die Erörterung des
Wasserstoffgehaltes des Aluminiums und seiner Folgen.
In der Praxis kommt der Wasserstoffgehalt des Aluminiums haupt-
sächlich aus der Reaktion zwischen Wasserdampf und Schmelze. Um
jedoch das Verhalten des Wasserstoffs und die Verfahren zu seiner Be-
stimmung im Aluminium zu verstehen, werden wir zunächst auf das
System Aluminium-Wasserstoff eingehen.
1 Die Angaben über die Löslichkeit von A1 2 0;j in Aluminium schwanken
zwischen 0,003 und 0,04% [l4fil. Der untere "Vert dürfte eher zutreffen.
58 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

2.2 Gleichgewicht Aluminium-Wasserstoff.


Wasserstoffgehalt des flüssigen und festen Aluminiums

Der Zustand des gelösten Wasserstoffs im Aluminium ist vielfach


erörtert worden (Literaturangaben siehe z. B. [144,146,147,147 a, 147b]).
Wir wollen uns auf einige Hinweise beschränken:
Die Löslichkeit des Wasserstoffs im Aluminium nimmt mit steigender
Temperatur und mit steigendem Druck des im Kontakt mit dem Alu-
minium stehenden molekularen Wasserstoffs zu 1.
Der Wasserstoff geht im Aluminium atomar in Lösung. Nach dem
Massenwirkungsgesetz gilt für das Dissoziationsgleichgewicht zwischen
molekularem und a tomarem Wasserstoff folgende Beziehung:
PH 2
=Kp
PH2
P = Partialdruck
Kp = Konstante
Für das Lösungsgleichgewicht gilt folgende Beziehung:

l = K , · PlI
l = gelöste Menge
K, = Konstante
Durch Einsetzen des Wertes für PH aus dem Dissoziationsgleichgewicht
folgt das SIEVERTsche Gesetz:

Experimentell findet man gleichfalls Proportionalität zwischen PlI2 V


und der Konzentration des gelösten Wasserstoffs. 2 Daraus kann gefolgert
werden, daß der Wasserstoff atomar in Lösung geht.
Es ist wahrscheinlich, daß ähnlich wie beim System Palladium-
Wasserstoff das Wasserstoffatom bei der Einlagerung in das Aluminium-
gitter in je ein Proton und ein Elektron aufgeteilt wird [146].
Nach einer Arbeit von D. P. LovTsov wandert im festen Aluminium
gelöster Wasserstoff in einem starken elektrischen Gleichstrom zur
Kathode [164].
1 Da die Löslichkeit des Wasserstoffes mit zunehmender Temperatur ansteigt,
handelt es sich bei der Auflösung des Wasserstoffes im Aluminium um eine endo-
therme Reaktion.
2 Das SIEVERTsche Gesetz kann bei Wasserstoffgehalten unterhalb von ungefähr
1 At.-% im flüssigen und festen Zustand als gültig angesehen werden. Bei sehr ge-
ringen Drucken köunen Abweichungen vom SIEVERTschen Gesetz auftreten.
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 59

In Abb. 50 ist der im Aluminium gelöste Wasserstoff in Abhängigkeit


von der Temperatur aufgetragen. Die ausgezogene Kurve gibt die Gleich-
gewichtswerte an, und zwar für den Fall, daß molekularer ·Wasserstoff
unter einem Druck von einer Atmosphäre im Kontakt mit dem Alu-
minium steht.
Die bei Reinaluminium und magnesiumfreien Knetlegierungen in
der Praxis beobachteten Wasserstoffgehalte sind gleichfalls in die Abbil-
dung eingetragen 1, wobei allerdings der im Gleichgewicht mit dem Metall
78
.'
cm 3/700g
I
, ~
7,0
(flüssig) O,fJ --S ~0'61
/10,5
f-----0'3 ___
-------- -ö.7i ~/ I
--
1 - - - 9§.-,-o'OSO (fest)
I
/
VL
1
660'G I
I
/
I
!

I
0,007
/
/ J88 480 588 688 100
I
800 oe 900
Temperlltur
Abb. 50. Wasserstoffgehalt in Reinalnminimll und magnesiumfreien Legierungen in Abhängigkeit
von der Temperatur.
- - in l~einstaluminium gelöste Wasserstoffmenge im Gleichgewicht mit gasförmigem Wasser-
stoff von 760 Torr (nach W. EICHENAUER, K. HATTENBACH u. A. PEBLER [150]); - - - in Knet·
legierungen vorkommende maximale und minimale Gehalte; .... typischer )Iittelwert bei Knet·
legierungen.
Der in der l'raxis beobachtete Wasserstoffgehalt ist in starkem AusmaD VOIll Wasserdampfgehalt der
Ofenatmosphäre (und anderen Faktoren) abhängig, insbesondere bei Temperaturen oberhalb ca.
750'C. Daher wurde auf die Eintragung von beobachteten Wasserstoffgehalten der Schmelze ober·
halb 750 oe verzichtet.

befindliche vVasserstoffpartialdruck in diesem Falle meist wesentlich


geringer ist als eine Atmosphäre. Immerhin zeigt die Abb. 50, daß der
durchschnittlich im Aluminium auftretende Wasserstoffgehalt in der
Schmelze tiefer und im festen Metall wesentlich höher liegt, als es der
maximalen Löslichkeit bei einem vVasserstoffdruck von einer Atmosphäre
entspricht.
Die starke Übersättigung an vVasserstoff im festen Zustand kann zwei
Ursachen haben: erstens Einfrieren des in der Schmelze gelösten Wasser-
stoffes bei der Erstarrung und zweitens Aufnahme von \Vasserstoff im

1 Als Meßmethode wird die auf S. 63/64 beschriebene Vakuumextrakt,ionsmethode


nach C. E. gANSLEY zugrunde gelegt, da diese bisher offenbar die genaueste ist.
60 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit.8.193

status nascendi, bei Reaktion des festen Aluminiums mit Wasserdampf.


Das Einfrieren wird begünstigt durch Anwendung von Druck bei der Er-
starrung sowie durch rasche Erstarrung.
Die in Abb. 50 wiedergegebenen Gleichgewichtswerte gehorchen bei
konstanter Temperatur dem SIEVERTschen Gesetz.
Trägt man den Logarithmus des im Gleichgewicht gelösten Gasgehal-
tes gegen den reziproken Wert der absoluten Temperatur auf, so ergibt
sich eine Gerade (Abb. 51).

Abb. 51. Druck- und Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit von Wasserstoff in Aluminium
(99,9985% Al) über und unter dem Schmelzpunkt. Die Druckangaben beziehen sich auf den Gleich-
gewichtsdruck des im Kontakt mit dem Aluminium stehenden molekularen Wasserstoffs bei der an-
gegebenen >Temperatur. Bei der Ausscheidung von molekularem Wasserstoff wird dieser Druck als
"Entwicklungsdruck" bezeichnet (nach C. E. RANSLEY U. N. NEUFELD [177]).

Unter Einbezug des SIEVERTschen Gesetzes gilt eine Beziehung von


der Form
K
1
log l = - log P - -
2
0
T
+
l = gelöste Menge Wasserstoff
p = Entwicklungsdruck
T = absolute Temperatur

Für festes Aluminium gibt H. KOSTRON [146] nach Messungen von


e. E. RANSLEY und H. NEUFELD [177] für den Temperaturbereich von
450 bis 600 oe
K = 2080 und 0=-0,652
Lit. S. 193] 2. Niehtmetallisehe Verunreinigungen 61

an, wenn 1 in cm3 j100 g Aluminium 1, p in Torr und Tin °K eingesetzt


werden. Mit diesen Werten wurde der rechte Teil der Abb. 51 berechnet.
W. EICHENAUER, K. HATTENBACH und A. PEBLER [150] finden nach
Messungen im Temperaturbereich von 360 bis 600 °0

K = 3042 und 0=+0,521.

Für flüssiges Aluminium gilt im Temperaturbereich von 670' bis 850 °0


nach O. E. RANSLEY und H. NEUFELD [177]:

K = 2760 und 0=+1356.

Aus diesen Werten folgt der linke Teil der Abb. 51.
Dagegen geben W. EICHENAUER und Mitarb. [150] für den Bereich
von 670 bis 1020°0

K = 3086 und 0=+1,529


an.
Aus Abb. 51 kann man für jeden Wasserstoffgehalt den dazugehörigen
Gleichgewichtspartialdruck des molekularen Wasserstoffs angeben. Diese
Abbildung gibt somit den "Entwicklungsdruck" an, den der Wasserstoff
braucht, um z. B. aus einer Schmelze in Blasenform zu entweichen, oder
den übersättigter Wasserstoff erreicht, der in einen Hohlraum im festen
Aluminium eindiffundiert ist.
Wie wir späterhin sehen werden, ist dieser Entwicklungsdruck für
folgende drei Fälle besonders wichtig:
bei der Vakuumentgasung zur analytischen Bestimmung des Wasser-
stoffs im Aluminium (oder zur technischen Entgasung),
bei der Reinigung von Aluminiumschmelzen mittels Durchspülen mit
Gasen oder durch Abstehen,
bei der Blasenbildung beim Glühen von Aluminiumhalbzeug.
Die Lösungswärme beträgt nach Messungen von O. E. RANSLEY und
H. NEUFELD [177] im Temperaturbereich von 670 bis 850°0 12630 cal/
1/ 2 Mol H 2 , im festen Zustand (450 bis 660°0) 9510 calf1l2 Mol H 2 .

W. EJOHENAUER und Th'litarb. [150] bestimmten die Lösungswärme zu


14100 (670 bis 1020°0) bzw. 13900 calj1/2 Mol H 2 (360 bis 600°0).
In Abb. 50 wurde davon ausgegangen, daß bei der Erstarrung kein
Wasserstoff verlorengeht (erkennbar an dem Verlauf der gestrichelten
Kurven). Dies trifft im allgemeinen beim Stranggießen zu, wie aus Abb. 52
hervorgeht [151].

1 Wasserstoffgehalte in Aluminium werden meist in em3/100 g Aluminium an-


gegeben, wobei sieh die Angabe auf Wasserstoff von 20°0 und 760 Torr bezieht.
62 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Jedoch kommt es bei langsamer Erstarrung und besonders bei Legie-


rungen mit breitem Erstarrungsintervall vor, daß der übersättigte
Wasserstoff sich teilweise in der Schmelze anreichert und in Blasenform
abgeschieden wird.
Um bei der Erstarrung den bei Liquidustemperatur im Gleichgewicht
befindlichen Wasserstoff in Lösung zu halten, wären ca. 74 kp/cm 2 Druck
(von mol(}kularem Wasserstoff) nötig. '
Der Einfluß von Legierungszusätzen
a7 auf die Wasserstofflöslichkeit ist wieder-
cm'/100g /"
/x"e holt untersucht worden (siehe z. B. [146,
/ °x
/ 156, 175]).
/x
Legierungszusätze beeinflussen die
/4 '"
/ + Wasserstoffaufnahme sowohl im In-
.{;(1 neren des Metalls als auch durch die Aus-
l.r '" bildung der Oxydhaut auf der Ober-
~ fläche.
/
/ Bei magnesiumhaitigen Legierungen
/" liegt der Wasserstoffgehalt im allge-
0,1 0,3 0.5 cm}'700g a7 meinen wesentlich höher als in Abb.50
WasserstoffgehalfderJ'chmelze angegeben (bis zu 1 cm3 /100 g). Diese
Abb. 52. Verbleibender Wasserstoff in hohen Werte sind zum Teil nur vorge-
halbkontinuierlich gegossenen Versuchs-
blöcken (150 x 37,5 mm) (nach C. E. täuscht, da sämtliche Meßmethoden
RANSLEY u. D. E. J. TALBOT [151]). den Oberflächengasgehalt miterfassen,
Gießgeschw.: 12,5cm/min
• Al99,2 + Al99,8 der bei AlMg-Legierungen relativ hoch
x Al99,99 t;. AICuMg und schlecht repro~uzierbar ist. Dies
.... AlSi12
Gleßgeschw. : 25,Ocm/min ° Al99,2 ist teilweise auf eine Oberflächen-
37,5cm/min v Al99,2 schicht von Magnesiumhydroxyd zu-
rückzuführen, welche bewirkt, daß
magnesiumhaltige Legierungen bei der Vakuumextraktion sowohl als
Schmelze als auch im festen Zustand höhere H 2 -Gehalte ergeben, welche
mit dem vp-Gesetz nicht im Einklang sind. Bei AIMg3 findet man z. B.
im festen Zustand 0,3 bis 0,7 cm3 H 2/100 g.
Der Umstand, daß schon relativ kleine Magnesiumgehalte einen er-
höhten Gasgehalt bewirken, kann damit in Zusammenhang gebracht
werden, daß Magnesiumatome sich bevorzugt an freien Oberflächen an-
reichern, anscheinend auf Grund ihres großen Atomdurchmessers. Daher
enthält die Oxydschicht auf flüssigem Aluminium einen wesentlich höhe-
ren Magnesiumgehalt als der Durchschnittszusammensetzung der Legie-
rung entspricht. Dieser Umstand begünstigt die Bildung von Hydroxyd-
schichten auf Oberflächen, die mit Luftfeuchtigkeit im Kontakt sind.
Eine andere Erklärung des hohen Wasserstoffgehaltes von AlMg-
Legierungen geht davon aus, daß das als Legierungszusatz verwendete
Magnesium normalerweise einen Wasserstoffgehalt von 20 cm3/100 g
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 63

hat, und diesen auch nach Zulegieren zu Aluminium teilweise festhält


[289].
Andere Legierungselemente als das Magnesium haben einen wesent-
lich schwächeren Einfluß auf den Wasserstoffgehalt des Aluminiums. Zu-
sätze von Kupfer, Silizium, Mangan und Zinn verringern die Löslichkeit
des Wasserstoffs im geschmolzenen Aluminium, Zusätze von Chrom,
Eisen, Titan, Cerium und Thorium erhöhen die Löslichkeit des Wasser-
stoffes, während über den Einfluß des Nickels noch Widersprüche be-
stehen. Literaturangaben siehe bei [190, 278].
Auf den Einfluß hydridbildender Zusatzelemente (z. B. Natrium
oder Zirkon) werden wir später noch eingehen (s. S. 93 und 109).

2.3 Verfahren zur Gasbestimmung

2.31 Vorbemerkung
Bis zu 70% des Ausschusses beim Formgießen kann auf zu hohen oder
zu tiefen Wasserstoffgehalt des Metalls zurückgeführt werden [169].
Beim Gießen größerer Barrenformate aus hochfesten Legierungen
wird nunmehr auch bei Knetlegierungen die genaue Bestimmung des
Wasserstoffgehaltes immer wichtiger. 1
Eine genaue Wasserstoffbestimmung ist aber nicht einfach zu reali-
sieren.
Wasserstoff kann im Aluminium gelöst, in Poren oder Kanälen "aus-
geschieden", als Hydrid z. B. an Alkali- oder Erdalkalimetalle gebunden
und schließlich an der Oberfläche adsorbiert sein. Hinzu kommt evtl. ein
störender Wasserfilm auf der Oberfläche, der sich bei vielen Gasbestim-
mungsverfahren zu Wasserstoff und Oxyd umsetzen kann. Laut einer
von F. ROHNER verfaßten übersicht [190] ergeben sich durch einige der
zuvor genannten Faktoren bei allen Gasbestimmungsmethoden relativ
große Schwierigkeiten. Wir werden im folgenden kurz die drei Haupt-
gruppen der Gasbestimmungsverfahren erwähnen, nämlich die quanti-
tativen Laboratoriumsmethoden, die halb quantitativen und die quali-
tativen Verfahren.

2.32 Quantitative Laboratoriumsmethoden


2.321 Vakuum-Extraktion. Dieses Verfahren ist vor allem von
C. E. RANSLEY und Mitarbeitern verfeinert worden [151, 177, 191]. Die
Probe wird entweder im festen Zustand bei 500 bis 600°C oder nach
Allfschmelzen im Vakuum entgast. In der Praxis zieht man heute die
1 Dies ist teilweise auf die systematische überwachung der Porosität des Halb-
zeugs durch Ultraschallprüfung zurückzuführen.
64 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Entgasung im festen Zustand vor, da hierbei die Fehlerquellen kleiner


sind [191], und zwar durch Fortfall eines Tiegels, der im allgemeinen
eine große aktive Oberfläche hat und daher gewisse Gasmengen abgibt.
Man muß im Auge behalten, daß die im Aluminium zu bestimmenden
Wasserstoffmengen verglichen mit denjenigen im Stahl sehr klein sind.
Daher ist die Eliminierung aller Fehlerquellen oberstes Gebot für
eine genaue Bestimmung. Die Oberflächenvorbehandlung der zu ent-
gasenden festen Probe erfordert große Sorgfalt, um dünne Wasserfilme
auf der Oberfläche zu vermeiden. Schon die Probenahme aus flüssigem
Metall (Erstarren eines Prüflings in einer Kokille) ist problematisch, da
man nicht weiß, ob die Probe tatsächlich denselben Wasserstoffgehalt
aufweist, wie die Schmelze. Somit ist z. B. das in Abb. 52 mitgeteilte
Ergebnis durchaus von der Probenahme abhängig.
Wenn alle Fehlerquellen auf ein Minimum gebracht werden, so
treten an einer bei z. B. 500°C im Vakuum zuvor entgasten und dann
im Vakuum aufgeschmolzenen Probe nur noch sehr kleine zusätzliche
Gasmengen auf [192]. Diese stammen zum Teil aus dem Oxydfilm, der
auch noch bei Schmelztemperatur etwas Wasser enthält, das beim Auf-
schmelzen reagiert.

2.322 Wasserstofl'bestimmung nach dem Telegas-Prinzip. Das Ver-


fahren wurde von C. E. RANSLEY und Mitarbeitern entwickelt [195, 196].
Das Verfahren basierte anfänglich auf der leichten Diffusion des
Wasserstoffs durch Palladium. Bereits früher hat man versucht, dieses
Prinzip zur Wasserstoffbestimmung heranzuziehen, wobei die zu unter-
suchende Aluminiumprobe in einem Zinnbad geschmolzen wurde [197].
Das Meßprinzip ergibt sich aus dem weiter oben beschriebenen Gleich-
gewicht zwischen Wasserstoff und Aluminium: Nach dem SIEvERTsehen
Gesetz steigt der zu messende Wasserstoffdruck mit dem Quadrat des
Gehaltes der Schmelze an gelöstem Wasserstoff, was eine für empfindliche
Messungen günstige Abhängigkeit ist [198]. Jedoch besteht die Aufgabe,
innerhalb der zu prüfenden Schmelze eine freie Oberfläche einzuführen,
an welcher die Rekombination des atomaren Wasserstoffs zu Wasser-
stoffmolekülen schnell und ungestört verläuft.
Hierzu wurde anfänglich eine Palladiummembrane verwendet.
In einem neueren Modell des Telegas-Gerätes perlt eine kleine Menge
Stickstoff wiederholt durch die Schmelze, bis sich in dem in Frage kom-
menden Stickstoffvolumen ein mit dem Wasserstoffgehalt der Schmelze
im Gleichgewicht stehender Wasserstoff-Partialdruck eingestellt hat.
Mittels einer kleinen Glocke wird das Gas nach jedem Durchgang durch
die Schmelze wieder aufgefangen und einem thermoelektrischen Gas-
analysator (Katharometer) zugeführt, der den Wasserstoff-Partialdruck
mißt. Sobald dessen Anzeige konstant ist, wird das Durchperlen abge-
Lit. s. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 65

brochen. Auf Grund des abgelesenen Partialdruckes wird unter Berück.


sichtigung der Schmelzetemperatur und der zugehörigen Wasserstoff·
löslichkeit der Wasserstoffgehalt der Schmelze berechnet oder aus einer
Tabelle abgelesen.
Das Verfahren benötigt zu seiner Durchführung qualifiziertes Per.
sonal. Es findet zur Verfolgung der Entgasungsbehandlung von Schmelzen
zunehmende Beachtung [198a].

2.323 Verfahren von Y. DardeI. Das als "first bubble test" in der
Literatur beschriebene Verfahren wurde bereits Anfang der vierziger
Jahre von Y. DARDEL ausgearbeitet [155J und späterhin in einer Reihe
von Veröffentlichungen von Y. DARDEL beschrieben, siehe z. B. [199,
200].
Das Prinzip wurde neuerdings wieder aufgegriffen und zu einer
quantitativen Kontrollmethode ausgebaut! [201]. Die zu untersuchende
Schmelze wird unter ein zunehmendes Vakuum gesetzt. Durch ein
Schauglas beobachtet man, wann die erste Gruppe von Blasen aus der
Schmelze austritt. Gleichzeitig werden Druck und Temperatur abgelesen,
woraus man aus den bekannten Gleichgewichtskurven den Wasserstoff·
gehalt unmittelbar ablesen kann (siehe z. B. Abb. 51).
Das Verfahren eignet sich vor allem für höhere Gasgehalte. Die Ge·
nauigkeit beträgt etwa ±0,03 cm 3 Wasserstoff/100 g, was somit eine
Meßungenauigkeit von ±30% bei dem in Knetlegierungen oft vor·
liegenden Gasgehalt von ca. 0,1 cm 3/100 g bedeutet. 2
Bei der Anwendung der Vakuumprobe nach Y. DARDEL interessiert
insbesondere die Gesetzmäßigkeit für die Bildung von Wasserstoffblasen
im flüssigen Aluminium. Diese erfolgt nach H. KOSTRON [193] dann,
wenn
2N
P.>Pa+Ps+ -;:-
ist.

P. = Entwicklungsdruck des Wasserstoffs (welcher Abb.51 ent.


nommen werden kann)
Pa = atmosphärischer Druck über dem Meniskus der Schmelze
Ps = hydrostatischer Druck über der in Frage kommenden Schi<~ht
innerhalb der Schmelze
N = Oberflächenspannung
1 Das für diese Methode verwendbare käufliche Gerät ist unter dem Namen
"Hycon-Tester" bekannt.
2 Dagegen ist das Telegasverfahren bzw. die Vakuumextraktion nach C. E.
R.~NSf,EY [195] bei sorgfältiger Arbeitsweise wesentlich genauer und liefert Werte
von ± 10 bis 20% Genauigkeit.

5 Altenpohl, Aluminium
66 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze lLit. S. 193

2N Druckanteil in einer wachsenden Blase auf Grund der Ober-


r flächenspannung
r = Radius der Blase

Die Erniedrigung des atmosphärischen Druckes Pa wird z. B. bei der


STRAUBE-PFEIFFER-Probe angewendet, um eine Blasenbildung zu er-
reichen (Einzelheiten dazu s. u.).
Der hydrostatische Druck Ps entspricht bei der üblichen Probenform
für die STRAUBE-PFEIFFER-Probe und das Verfahren von DARDEL einem
hydrostatischen Druck von einigen Millimeter Quecksilbersäule, so daß
es bei diesen beiden Verfahren keinen Zweck hätte, den atmosphärischen
Druck unter etwa 1 mm Quecksilbersäule abzusenken.
Der durch die Oberflächenspannung bedingte Druckanteil ist sehr
groß, solange der Radius der Blase nahezu Null ist. Daher kann die Blasen-
bildung sowohl beim STRAUBE-PFEIFFER-Verfahren als auch beim Ver-
fahren von DARDEL innerhalb der Schmelze weitgehend unterbunden
werden, solange die Keimbildung von Blasen nicht durch kleine Schwebe-
teilchen, z. B. kleine Oxydeinschlüsse, erleichtert wird. An der Ober-
fläche solcher Blasenkeime ist der durch die Oberflächenspannung be-
dingte Druckanteil stark vermindert.!
Daher ist zu erwarten, daß in Schmelzen, welche keine Schwebe-
teilchen enthalten, die Blasenbildung auch bei Anwendung eines starken
Vakuums (Pa nahezu= 0) ausbleibt, was in der Tat beobachtet'worden
ist [193].
Beispielsweise haben Y. DARDEL sowie C. RANSLEY u. N. MOUNT-
FORD [193] festgestellt, daß mit zunehmendem Reinheitsgrad des Rein-
aluminiums die Meßgenauigkeit des von DARDEL vorgeschlagenen Ver-
fahrens stark zurückgeht, und daß das Verfahren bei Reinstaluminium
unbrauchbar ist, da die Blasenbildung trotz erheblichen Gasgehaltes ganz
ausbleiben kann oder sehr unregelmäßig einsetzt. Man erkennt hieraus,
daß offenbar auch nicht aufgelöste Legierungsbestandteile als Blasen-
keime fungieren können. Diese sind nun aber in fast allen technischen
Schmelzen im Regelfall vorhanden. Dann wird der Einfluß des Gliedes

2N
r

vernachlässigbar, so daß das von Y. DARDEL vorgeschlagene Verfahren


der Gasbestimmung für technische Schmelzen durchaus anwendbar wird
(eine Ausnahme ist Aluminium mit einem Reinheitsgrad über ca. 99,7%).

1 Bei der STRAUBE-PFEIFFER-Probe entstehen während der Erstarrung in der


Probe auf jeden Fall Blasenkeime auf Grund der Volumenschrumpfung_
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 67

2.324 Diverse Verfahren. Der Nachteil der analytischen naß-


chemischen Verfahren besteht in der Notwendigkeit, die Probe zu zer-
kleinern, wodurch Wasserstoff oder Wasser an der entstehenden relativ
großen Oberfläche absorbiert werden kann [193]. Man kann die zu unter-
suchende Schmelze nach einem von F. SAUERWALD beschriebenen Ver-
fahren mit Chlor durchspülen [194]. Aber auch dieses Verfahren hat sich
für eine genaue Bestimmung nicht bewährt.
Schließlich ist neuerdings die Verwendung von Tritium als Leit-
element für die Bestimmung des 'Wasserstoffs im Aluminium vorgeschla-
gen worden [166].

2.33 Halbquantitative oder qualitative Prüfverfahren

2.331 Straube-Pfeiffer-Verfahren. Bei diesem Verfahren wird ein


kleines Volumen Schmelze (meist einige 100 g) unter einem schwachen
Vakuum zur Erstarrung gebracht. Die aus der Schmelze entweichenden
Blasen sowie die im erstarrten Regulus vorhandenen Hohlräume werden
als Merkmale des Gasgehaltes beobachtet. In dieser Form ist das Ver-
fahren eher qualitativ als quantitativ einzustufen, allein wegen der zahl-
reichen möglichen Fehlerquellen. Denn das gelöste Gas kann das Alu-
minium ebenso als entweichende Blase wie als eingeschlossene Blase
und schließlich durch Diffusion von der Oberfläche in die Gasphase ver-
lassen. Je nach dem zeitlichen Verlauf der Abkühlung und des Unter-
drucks kann sich die Menge des vorhandenen Gases verschieden auf diese
drei Anteile sowie auf den in Lösung bleibenden Anteil verteilen [193].
Für eine Gasbestimmung nach dem STRAUBE-PFEIFFER-Verfahren
muß daher der zeitliche Verlauf der Evakuierung und der Abkühlung
reproduzierbar und aufeinander abgestimmt sein [200b]. Eine der emp-
fohlenen Verfahrensvarianten sieht vor, daß die Blasenbildung einsetzt,
nachdem eine Oberflächenschicht von genügender Dicke erstarrt ist,
welche die Blasen mit Sicherheit festhält. Jedoch darf die Erstarrung
noch nicht zu weit fortgeschritten sein, bevor der angewendete Druck
sein Minimum erreicht hat.
Die Eignung der STRAUBE-PFEIFFER-Probe hängt stark vom Legie-
lUngstyp ab. Bei Legierungen mit breitem Erstarrungsintervall erzeugen
kleine Gasgehalte bereits relativ große Hohlräume im Regulus, da
während der Erstarrung kaum Gasblasen entweichen, wie dies z. B.
beim Rein aluminium der Fall ist.
Das Verfahren ist in USA jedoch in beachtenswerter Form verfeinert
worden und in zahlreichen Gießereien heute im erfolgreichen Einsatz.
Die Hauptverbesserung liegt in der Anwendung eines in kürzestcr Zeit
hergestellten konstanten Vakuums, welches vorliegt, noch bevor die
Erstarrung eingesetzt hat. Für gasreiches Metall wählt man meist einen

5*
68 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Unterdruck von etwa 50 bis 100 Torr [202, 204]. Die erstarrten Proben
werden einer Dichtemessung unterworfen, um eine vergleichbare Meß-
größe zu haben, was dem visuellen Vergleich der aufgesägten porösen
Querschnitte unbedingt vorzuziehen ist [202]. In dieser Form kann die
STRAUBE-PFEIFFER-Probe als halb quantitatives Verfahren eingestuft
werden.
Während in Formgießereien der erwünschte relativ hohe Gasgehalt der
Schmelzen oft bei einem Unterdruck von 1/8 at untersucht wird, wählt
man bei Knetlegierungen zweckmäßig einen Druck von 50 Torr [202].
Bei besonders gasarmem Metall, welches z.B. nach kräftigem Chlorie-
ren erhalten wird, wird ein Druck von 5 oder 10 Torr gewählt, was die
Empfindlichkeit der Methode verbessert. Jedoch kommt dieser niedrige
Druck für gasreiches Metall nicht in Betracht, da vor der Erstarrung
zuviel Gas verloren ginge (s. dazu auch Abb. 72, S. 104).
Untersucht man den Gasgehalt einer Schmelze einige Minuten nach
einer Raffinationsbehandlung mit Gasen oder spaltbaren Salzen, so zeigt
die STRAuBE-PFEIFFER-Probe einen hohen Gasgehalt an, wobei es sich
aber zum großen Teil um Reste von Stickstoff oder AlCls handeln kann,
die sich noch in der Schmelze befinden. 10 bis 20 Minuten nach der
Raffination verschwindet dieser Gasanteil, und die STRAUBE-PFEIFFER-
Probe erfaßt dann nur noch den Wasserstoffgehalt.
Neuerdings haben K. J. BRONDYKE U. P. D. HESS [338] die Einsatz-
fähigkeit der verfeinerten STRAUBE-PFEIFFER-Probe untersucht und
weisen darauf hin, daß auch das vor und während der Erstarrung unter
Vakuum entweichende Gas als Meßgröße mit heranzuziehen ist (visuelle
Beobachtung).
In Europa wird die STRAUBE-PFEIFFER-Probe vorerst mehr als
qualitatives Prüfverfahren eingestuft. Eine Untersuchung von H. GINS-
BERG und W. KEESE [198 a] hat ergeben, daß der Gasgehalt einer Schmelze
mit zunehmender Abstehzeit konstant blieb, während die STRAUBE-
PFEIFFER-Probe mit zunehmender Abstehzeit immer weniger Blasen an-
zeigte. Die Erklärung hierfür wurde weiter oben bereits gegeben (Ver-
ringerung der als Blasenkeime wirkenden Oxydpartikel durch das Ab-
stehen). Immerhin ergibt aber die verfeinerte STRAUBE-PFEIFFER-Probe
ein wirkungsvolles Kontrollinstrument, im Betrieb, zumal die Erstarrungs-
geschwindigkeit ähnlich ist wie bei den technischen Gießverfahren. Daher
kann man anhand einer porösen bzw. porenfreien STRAUBE-PFEIFFER-
Probe mit ziemlicher Sicherheit vorhersagen, ob man im Barren oder
Gußstück Gasporosität haben wird oder nicht.

2.332 Qualitative Gasbestimmungsverfahren am Gußgefüge. Es gibt


eine Reihe von qualitativen Verfahren der Gasbestimmung, übersicht
siehe bei H. KosTRoN [193].
Llt. S. 193] 2. Xichtmetallisehe Verunreinigungen 69

Zunächst i::;t hier die Beobachtung der Oberfläche der Schmelze vor
und während der Erstarrung sowie die Beurteilung des Querschnitts von
Gußstücken zu erwähnen [200a].
Außer der "Ausgießprobe" ist sodann die Gruppe derjenigen Ver-
fahren zu nennen. bei denen das Aluminium in einer speziell geformten
Kokille oder Sandform zur Erstarrung gebracht wird. Anschließend wird
entweder die Dichte des gesamten Regulus [205] oder aber der Dichte-
quotient ermittelt [206j. Beim letzteren Verfahren wird der Quotient
zwischen der Dichtc' im relativ poröspn Oberteil und im weniger porösen
Lnterteil gebildet.
2.3;~3 Qualitativt' Hasbestimmung durch die Ermittlung der Blasen-
bildung an geglühten Bll'chen. Die Ermittlung des Gasgehaltes kann
durch Untersuchung df'r Blasenbildung nicht nur in der Schmelze,
sondern auch am feRten Mf'tall erfolgen. Auch hier wieder gilt die weiter
oben wiedergegebenf' Formel für den notwendigen Entwicklungsdruck
des Wasserstoffs, jedoch kommt hier noch ein für die Verformung des
festen Gefüges notwf'mliger Druckanteil hinzu. Um den Gasgehalt
bestimmen zu können, sollte der Entwicklungsdruck des Wasserstoffs
nach Möglichkeit dif' einzigf' Variable sein. :Man glüht daher bei möglichst
hohen Temperaturen, vorzugsweise zwischen Liquidus- und Solidus-
temperatur, um den Yerformungswiderstand des festen Aluminiums
möglichst zu verringrrn.1 Eine weitere Voraussetzung ist, daß während
drr Blasenglühprobr Was8erstoff vom Aluminium weder abgegeben
noch aufgenommf'n wird. Besonders gut geeignet ist die Glühung in
stark oxydierenden Salzbädern, da die hierbei entstehende OxydRchicht
den Durchtritt von "\Yasserstoff verhindert.
Die Beurteilung deo; Gasgehalts nach der Blasenglühprobe kann ent-
weder visuell odel' durch Dichtemessung erfolgen. Eine Zusammen-
fassung von Ergebnis8en, welche mit diesem Prüfverfahren erreicht
wurden, gibt H. KmnRo"" [193].

2.4 Wasserstoffdiffusion

2.41 Vorgänge beill/ Durchgang von Wasserstoff durch Aluminitun

Untersuchungen der Diffm;ion des "\Vasserstoff8 im Aluminium sind


,-ielfach vorgenommen worden (Literatur siehe z. B. [146,151,156,177]).
Die meisten dieser Ergebnisse befriedigen aber nicht, da es sich bei
dem Durchgang von vYasi-lerstoff durch eine Aluminiumwand um einen

1 Daher eignet Rieb oie Bl&~ellglühprobe am ehesten für Legierungen, weniger


aber für Roinalnminium wOQ'pn oe, RC'bmalen ErstarrungsintNvalls [193].
70 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

aus fünf unabhängigen Schritten bestehenden Vorgang handelt, welchen


H. KOSTRON wie folgt beschrieben hat [146]:
1. Dissoziation des Wasserstoffmoleküls und aktivierte Adsorption
des Atoms an der Aluminiumoberfläche.
2. Ablösung von der Adsorptionsfläche und Übergang in echte Lösung
(als Proton und freies Elektron).
3. Wanderung des Protons durch das Aluminiumgitter (eigentlicher
Diffusionsvorgang).
4. Übergang aus dem Lösungszustand in die Adsorptionsschicht.
5. Desorption und Rekombination der Atome zu Molekülen.
Alle Stufen außer der dritten werden durch die Dicke und Struktur
der Oxydschichten auf der Oberfläche beeinflußt. 1
Bekanntlich ist bei solchen mehrstufigen Reaktionen der langsamste
Vorgang geschwindigkeitsbestimmend, und offenbar können je nach Wahl
des Systems verschiedene der fünf Stufen in diesem Sinne wirken [178].
In vielen Fällen ist anscheinend Stufe 1 die langsamste und kontrolliert
somit die Gasaufnahme [146]. Das gilt sowohl beim flüssigen als auch beim
festen Aluminium, und hieraus ergibt sich die Bedeutung der vorliegen-
den Oberflächenfilme für die Begasung oder Entgasung des flüssigen oder
festen Aluminiums.
Mit wachsenden Abmessungen der untersuchten Proben tritt die
Diffusion als zeitbestimmender Vorgang mehr in den Vordergrund. Dies
gilt grundsätzlich sowohl für den festen als auch für den flüssigen Zu-
stand. Beim festen Aluminium halten sich die zur Verfolgung von Teil-
vorgang 3 erforderlichen Probekörper-Dicken noch in erträglichen
Grenzen (einige cm), während für flüssiges Aluminium Probedicken von
20 bis 30 Metern (!) nötig wären, um den geschwindigkeitsbestimmenden
Einfluß der Diffusion erkennbar werden zu lassen.
Die Teilreaktionen, welche bei der Begasung oder Entgasung an der
Oberfläche ablaufen, sind keineswegs geklärt [179].
In Abb. 71, S.101, erkennt man z. B., daß die Gasabnahme stark be-
schleunigt wird, wenn die Oxydhaut der Schmelze durch "Abschäumen"
ständig entfernt wird.
Auch beim festen Aluminium ist der Einfluß der Oxydhaut auf Gas-
aufnahme und Entgasen deutlich festzustellen:

1 Bei diesen fünf Schritten handelt es sich um eine willkürliche Auswahl; man
könnte olme weiteres noch weitere Schritte hinzunehmen. Ein Vorgang, der bei der
Diffusion des Wasserstoffes durch festes Aluminium ausschlaggebende Bedeutung
haben kann, ist z. B. die Ausscheidung des Wasserstoffs in inneren Hohlräumen.
Dies ergibt eine Pufferwirkung, welche die Diffusion des Wasserstoffs verlangsamt
(s. S. 77).
Lit. S. 193] 2. ~ichtmetallische Verunreinigungen 71

Erhitzt man Aluminiumproben mit dem typischen Gasgehalt von


0,1 bis 0,2 cm3 /100 g auf ca. 500°0 und entfernt die Oxydhaut laufend
durch Schaben oder Bürsten, so diffundiert der übersättigte Wasserstoff
wesentlich rascher aus der Probe heraus, als wenn die natürliche Oxyd-
haut die Oberfläche bedeckt.
In diesem Zusammenhang interessieren Ergebnisse von W. EICHE-
NAUER und A. PEßLER [148]. Diese Autoren verwenden z. B. zylinder-
förmige und kugelförmige Proben für Entgasungsversuche, um bei
gleichem Probengewicht eine stark unterschiedliche Größe der Ober-
flächen zu haben. Die Autoren kamen zu dem Schluß, daß die Oxydhaut
bei der Entgasung keine merkliche Rolle spielt. Offenbar war bei den
gewählten Versuchsbedingungen Schritt 3 der langsamste und somit
geschwindigkeits bestimmend.
Im allgemeinen ist festzustellen, daß bei Begasung oder Entgasung
von Aluminiumschmelzen und ebenso von dünnwandigem festen Alu-
minium (z. B. Blechen) die Oxydhaut geschwindigkeitsbestimmend ist.
Eine kritische Bewertung der Diffusionsuntersuchungen am System
AI-H 20 und AI-H 2 gibt O. N. OOCHRAN [180]. Auch verweisen wir auf
Kap. 0 1.3, S. 534.
Wir werden auf die Vorgänge beim Aufgasen und Entgasen des festen
Aluminiums noch zurückkommen, nachdem die (hierfür ausschlaggebend
wichtige) Verteilung des Wasserstoffs im Aluminium erläutert wurde.

2.42 DifJusionskoefJizient
Der Frequenzfaktor und die Aktivierungsenergie der Diffusion des
Wasserstoffs sind von C. E. RANsLEYund Mitarbeitern [151] für drei ver-
schiedene Metalle ermitt.elt worden (Tab. 10 u. 11).
Tabelle 10. Frequenzfaktor und Aktivierungsenergie für die Diffusion
von Wasserstoff in Schmelzen von Aluminium, Kupfer und Nickel
(nach C. E. RANSLEY u. D. E. J. TALBO'l' [151])

Frequenzfaktor Aktivierungsenergie
}[etall
D. in cm'/s Q in cal/go . atom

Aluminium 1,2. 10-· 33500


Kupfer 6,8. 10-2 11300
Nickel 7,6· 10-3 9880

Die Diffusion D des Wasserstoffs in den verschiedenen Metallen er-


Q
rechnet sich bekanntlich nach der Diffusionsgleichung : D = D o • e- RT.
Für die drei genannten Metalle ergeben sich auf Grund der Unter-
suchungen von O. E. RANSLEY und Mitarbeitern Werte für den Diffusions-
koeffizienten, die in Abb. 53 aufgezeichnet sind.
72 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Tabelle 11. Difjusionskoeffizient von Wasserstofj ku'rz unterhalb der Solidus-


temperatur von Aluminium, K 1/,pfer und Nickel
(na('h C. E. RANSLEY U. D. E. J. TALBoT [151])

lVletali Tenlperatur in oe D inem'/s

Aluminium ca. 660 2,0. 10- 3


Kupfer ca. 1083 1,0. 10-3
Nickel ca. 1452 0,4. 10-3

Temperatur Man erkennt, daß das Wasserst.off-


7500 oe 700 500 JOO 200 700 atom (bzw. Proton?) bei tiefen Tem-

'0~\
-J
peraturen (bis etwa 200°C) im Alumi-
nium praktisch nicht diffundiert 1,
-4
während es bei diesen Temperaturen in
~1,
-'J · Kupfer und Nickel schon ziemlich leicht
*c::, -5 beweglich ist.
=
o ,~\ Bei höheren Temperaturen ist es ge-
-6 rade umgekehrt und kurz unterhalb
~Al ~;
- 7
~, der Solidustemperatur ist laut Tab. 11
der Wasserstoff im Aluminium beweg-

-8 5
\ ,,
'\
Ni' licher als in den anderen Metallen.
Bei 600°C diffundiert der Wasser-
10 7S 20
7O";T stoff im festen Aluminium bereits so
Ahh. 53. Diffusionskoeffizient D für die Dif- schnell, daß 98% des Wasserstoffs aus
fusion von "1'" asserstoff in Alunliniulll, Kup- einem Zylinder von 10 mm Durch-
fer lind Nickel (nach C. E. RANHLEY 11.
D. E. J. TALBOT [151]). messer in 10 Minuten herausdiffun-
" D 0_ Diffllsionskoeffizient diert, wenn man den Partialdruck des
• D -- lJ"p-RT- gemessen in em'/s; 'Vasserstoffs an der Oberfläche der Probe
D o ~ 'Freqllenzfaktor
auf praktisch Null bringt (durch An-
wendung von Vakuum).
Bei Temperaturen unter ca. 400°C haben W. EICHENAUER und
A. PEBLER [148] eine wesentlich höhere Beweglichkeit des Wasserstoffs
gefunden als C. E. RANSLEY und Mitarbeiter. Auf die Gründe für die
großen Unterschiede in den Meßwerten der beiden Autorengruppen wer-
den wir weiter unten eingehen (s. S. 77).

1 Nach den Ergebnissen von C. E. RANSLEY und D. E. TALBOT [151] errechnet


sich für den 'Vasserstoff bei O°C eine mittlere Wanderungsgeschwindigkeit von nur
ca. 10- 17 crnls, waR praktisch vernachlässigbar ist.
10- 17 cm/s ist ein reiner Rechenwert. Die kleinste Entfernung, die ein Wasser-
stoffatom zurücklegt, ist ein Sprung von einem ZwiRchengitterplatz zum nächsten
(größenordnungsmäßig 10-8 cm). Durch die kleine Sprungfrequenz wird dann erst
die oben erwähnte sehr geringe 'Vanrlerungsgeschwindigkeit bewirkt.
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 73

2.0 Geometrische Anordnung des Wasserstoffes im Aluminium

2.51 Entstehung von Blasen und Poren bei der Erstarrung

In der Schmelze dürfte der Wasserstoff gleichmäßig verteilt vor-


liegen, mit Ausnahme einer gewissen Anreicherung nahe der Oberfläche
der Schmelze sowie an eingeschlossenen Oxydpartikeln.
Wird eine gashaltige Schmelze abgekühlt, so wird der übersättigt vor-
liegende Wasserstoff im allgemeinen in Blasenform ausgeschieden, falls
die zur Verfügung stehende Zeit dazu ausreicht. Bei der Erstarrung
erfolgt gem. Abb.50 ein drastischer Rückgang der Löslichkeit des
Wasserstoffes.
Die Ausscheidung von übersättigtem Wasserstoff kann während der
Erstarrung am ehesten durch Blasenbildung in der Schmelze erfolgen.
Da die Erstarrungsfront oft stark zerklüftet ist, sind solche Blasen viel-
fach im Gußgefüge als Poren wieder zu erkennen.
F. N. RHINEs [165] sowie E. J. WHITTENBERGER u. F. N. RHINEs
[247] haben die Abscheidung des überschüssigen Wasserstoffes aus
Schmelzen bzw. während der Erstarrung eingehend untersucht. Nach
ihren Ergebnissen ist die Blasenbildung in der Schmelze von zwei
Faktoren bestimmt: nämlich von der Keimbildung und dem Wachstum
der Blasen.
2.511 Keimbildung. Die Keimbildung wird gemäß der THOMPSON-
sehen Formel mit abnehmendem Blasendurchmesser durch die Ober-
flächenspannung erschwert [38], wie auf S. 66 bereits erwähnt.
Daß die Keimbildung von Blasen bei der Erstarrung zustandekommt,
ist auf folgende beiden Faktoren zurückzuführen:
I. Volumenschrumpfung während der Erstarrung
H. Starke Übersättigung an Wasserstoff
1. Volumenschrumpjung während der Erstarrung. In Abb.54 wird
schematisch der Fall beschrieben, daß ein zusammenhängendes Schmelz-
volumen ringsum durch Erstarrungsfronten umgeben ist. In diesem Fall
entsteht nur ein einziger Hohlraum, und zwar dort, wo der geringste
hydrostatische Druck herrscht, und außerdem an der Grenzfläche flüssig!
fest, wo die Oberflächenspannung niedriger ist.
Sobald aber dieser Hohlraum entstanden ist, wird im allgemeinen in
demselben Volumenelement der Schmelze kein zweiter Hohlraum ent-
stehen, sondern der vorhandene Hohlraum wird weiterwachsen.
11. Starke Obersättigung an Wa8serstoU. Je höher der Gasgehalt, um
so größer wird die Wahrscheinlichkeit, daß an zahlreichen Stellen der
Erstarrungsfront molekularer Wasserstoff ausgeschieden wird. Ob dies
74 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

jedoch eintritt, hängt weitgehend von den Erstarrungsbedingungen und


vom Legierungstyp ab.

2.512 Wachstum der Wasserstoffblasen. Die siebenprozentige Vo-


lumenabnahme beim Erstarren tritt als großer Lunker auf, wenn der Gas-
gehalt niedrig ist, bzw. als feine Porosität über den gesamten Quer-
schnitt, falls der Gasgehalt hoch genug liegt.
Ausmaß und Verteilung der Porosität hängen außer vom Gasgehalt
von einer Reihe anderer Faktoren ab, von denen
Schrumpflunker die wichtigsten im folgenden genannt sind:
{mit Wasserstoffgefii/lt!
Breite des Erstarrungsintervalles. Je breiter das
Erstarrungsintervall, um so mehr wird dem über-
sättigten Wasserstoff Gelegenheit gegeben, sich im
erstarrenden Gefüge auszuscheiden.
Dies ist der Grund, weshalb man bei hoch-
Schmelze ersfarrfes A[
festen Legierungen mit breitem Erstarrungsinter-
Abb. 54. Entstehung eines
Hohlraumes durch Volu- vall den Gasgehalt möglichst tief hält, um beim
menschrumpfung beim Er- Durchlaufen des Temperaturbereichs zwischen
starren (nach F. N. RRINES
[165]). Liquidus- und Solidustemperatur das Entstehen
von Gasporen möglichst zu unterbinden, welche
bei diesen rißempfindlichen Legierungen als Kerbstellen besonders störend
wären [224].
Erstarrungsgeschwindigkeit. Diese spielt eine besondere Rolle. Eine
gleichmäßig verteilte Porosität erhält man nur bei mittlerer Erstarrungs-
geschwindigkeit. Bei zu niedriger Erstarrungsgeschwindigkeit entweicht
der Wasserstoff teilweise in Blasenform in die Schmelze, bei hoher
Erstarrungsgeschwindigkeit bleibt der übersättigte Wasserstoff weit-
gehend auf Zwischengitterplätzen oder in feinen Agglomeraten.
Bei Reinaluminium kann man ungefähr die Regel angeben, daß ein
Entgasen eintritt, wenn die Erstarrung langsamer als mit einigen Zenti-
metern pro Minute erfolgt. Daher gibt relativ gasreiches Metall von z. B.
0,5 cm 3 jl00 g beim Vergießen von Masseln Wasserstoff ab.
Druck. Mit zunehmendem Druck nimmt der Durchmesser der Poren
stark ab.
Folgende Faktoren beeinflussen die Form der Poren:
Gas, welches in der Schmelze ausgeschieden wird, tritt in annähernd
kugelförmigen Poren auf.
Bei der Erstarrung entsteht die Gasporosität an Korngrenzen und
teilweise auch zwischen den Dendritenarmen [247].
Gas, welches gegen Ende der Erstarrung im Resteutektikum frei wird,
erzeugt zwei verschiedene Arten von Poren (I und II) :
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Venmreinigungen 75

1. Tetraederförmige Poren entstehen im Bereich des Zusammentreffens


von vier Körnern. 1 Dies ist beim Vergießen von Gußlegierungen in
Kokillen oder als Druckguß die wünschenswerte Art der Porosität, da
eine solche Pore keinen für Gas durchlässigen Zugang zu einer Nachbar-
pore hat.
H. Nachdem die erwähnten tetraederförmigen Poren mit Gas gefüllt
sind, ist im Hinblick auf Oberflächenspannung der energetisch nächst-
günstige Platz die Berührungszone zwischen drei Körnern, wobei die
Porosität in der Form von Kanälen mit prismatischem Querschnitt zu-
st.ande kommt.. 2 Diese Porosität ist weniger erwünscht und tritt bei
hohen Gasgehalten auf.
Somit kann man je nach dem Gasgehalt vier verschiedene Arten von
Lunkern unterscheiden:
Kein oder sehr niedriger Gasgehalt : ein großer Schrumpflunker
Mittlerer Gasgehalt : fein verteilte Tetraeder-Poren
Hoher Gasgehalt : prismatische Kanäle
Sehr hoher Gasgehalt : Vorherrschen von kugelförmigen Poren, da die
Gasausscheidung weitgehend in der Schmelze erfolgt. Außerdem: ver-
einzelte größere Lunker.
Außerdem haben die Erstarrungsbedingungen einen starken Einfluß
auf die Entstehung von Hohlräumen im Gußgefüge (s. dazu S. 151 u.
S.182).

2.52 Anordnung des ausgeschiedenen Wa8serstoUs im erstarrten Gefüge.


Beobachtungen über das Auftreten feiner Poren.
In den meist.en Fällen ist ein Teil des Wasserstoffgehalt.es in mole-
kularer Form in Poren oder in faserartigen Ansammlungen ausgeschieden.
Die genannten Wasserstoffausscheidungen entstehen nicht nur beim
Erstarren sondern auch im festen Zustand (bei Gasaufnahme oder bei
einer Umlagerung des vorhandenen Wasserstoffgehaltes innerhalb des
Gefüges, z. B. im Verlaufe einer Glühung).
Das Verhältnis zwischen atomar und molekular vorhandenem Wasser-
stoff ist nur in wenigen Ausnahmefällen bekannt (z. B. dann, wenn eine
Probe offenbar keinen molekularen Wasserstoff enthält, wofür aber der
Beweis fast immer fehlt.) Auch die Ansicht, daß der gelöste Wasserstoff
als Proton in Zwischengitterplätzen auftritt, ist. bis heute noch nicht ein-
deutig experimentell belegt.
1 Dies kann man sich einfach veranschaulichen, wenn man die Spitzen von je
zwei Fingern gegeneinanderdrückt, wobei die gestreckten Hände etwa senkrecht
zueinander stehen.
~ Um dies zu veranschaulichen, legt man einen Finger einer Hand auf die
Berührungslinie zweier Finger der anderen Hand.
76 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Somit zeigt es sich, daß die Anordnung des Wasserstoffs im Alu-


minium noch relativ unklar ist. Dies erkennt man insbesondere dann,
wenn man die Wechselwirkung zwischen gelöstem und dem in Poren aus-
geschiedenen Wasserstoff ins Auge faßt.
Die gasgefüllten Poren, von denen bisher die Rede war, kommen in
erster Linie bei langsamer Erstarrung und/oder bei stark gashaltigem
Metall vor. Poren dieser Art können mit etwa 10- bis 100facher Ver-
größerung - oft schon mit bloßem Auge - an Querschliffen leicht.

r
... _.' ... .. o

,
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'a
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®
I
230:1 230: 1
Abb. 55 a u. b. Auftreten kugelförmiger Hohlräume im Stranggußgefüge von Al 99,2. ];Iektrolytisch
polierter Schliff (nach D. E. J. TALBOT U. D. A. GRA~GER [153]).
a) Gußgefüge ohne thermische Behandlung. Durchmesser der Hohlräume etwa 2 iJ.m; b) 12 Stunden
bei 580 oe geglüht. Durchmesser der Hohlräume etwa 5 iJ.1ll.

erkannt werden. Neuere Untersuchungen haben nun aber gezeigt, daß


auch bei tiefen Gasgehalten (0,1 bis 0,15 cm 3 /100 g) und sogar im
gekneteten Gefüge in allen praktischen Fällen eine sehr große Anzahl
feinster Poren vorliegt, welche für die Diffusion des Wasserstoffs aus-
schlaggebende Bedeutung haben. Vor kurzem haben D. E. J. TALBOT
und D. A. GRANGER das Auftreten kleiner kugelförmiger Hohlräume im
Stranggußgefüge genauer untersucht [152, 153]. Wie in Abb. 55a erkenn-
bar, haben Poren dieser Art einen Durchmesser von einigen [Lm. Nach
hinreichend langer Glühung des Materials im Vakuum bei z. B. 600 oe ver-
schwinden die Poren vollständig, wobei die notwendige Glühzeit mit ver-
ringerter Probendicke stark abnimmt. Nach einer Glühung von Strang-
gußbarren bei z. B. 580 oe in Luft vergrößern die Hohlräume ihren
Durchmesser. Dies ist nach D. E. J. TALBOT und D. A. GRANGER darauf
zurückzuführen, daß übersättigt gelöster Wasserstoff aus dem Matrix-
gefüge in die Hohlräume eindiffundiert, wo er in molekularer Form zur
Ausscheidung kommt.!

1 Die in Abb. 55a sichtbaren feinen Poren können durch einen Kompressions-
test nicht erkannt werden, wohl aber die in Abb. 55b wiedergegebenen dilatierten
Poren [335]. (Beim Kompressionstest findet je eine Dichtemessung vor und nach
einer kräftigen Stauchverformung bei z. B. 500°C statt [151]).
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 77

Auch ohne eine solche Hochglühung kommt der übersättigte Wasser-


stoff offenbar zu einem merklichen Anteil in diesen Poren in molekularer
Form zur Ausscheidung [153].
Bei einem Gefüge dieser Art wird die Diffusion des Wasserstoffs ins-
gesamt verlangsamt, da nur ein Teil des Wasserstoffs über Zwischen-
gitterplätze frei diffundiert.
Die von C. E. RANSLEY und Mitarbeitern [151, 156] ermittelten
Diffusionskonstanten wurden an Gefügen festgestellt, welche die in
Abb. 55 erkennbaren Poren enthielten.
W. EICHENAUER und A. PEBLER [148] haben vor Versuchsbeginn ihre
Proben im Vakuum entgast, worauf anschließend die Diffusion des
Wasserstoffes in relativ schwach begasten Proben ermittelt wurde. Hier-
bei dürfte der Wasserstoff ausschließlich über Zwischengitterplätze diffun-
dieren. Dies erklärt, warum W. EICHENAuER und A. PEBLER andere
Diffusionskonstanten gefunden haben als C. E. RANSLEY und Mitarbeiter.
Jedoch sind die Ergebnisse der letzgenannten Autorengruppe praxisnah,
da im Gefüge technischer Gußstücke und im daraus hergestellten Halb-
zeug die erwähnten Poren vorliegen. l
Poren ähnlicher Art sind früher auch bereits von anderen Autoren
festgestellt worden [157 bis 160]. C. RENON und J. CALVET haben das Auf-
treten von Poren bei Reinstaluminium sowie bei diversen Legierungen,
insbesondere bei AICu- sowie AlCuMg-Legierungen, eingehend unter-
sucht [157]. Sie fanden, daß es einer sorgfältigen metallographischen
Technik bedarf, um die Poren sichtbar zu machen (Überschleifen mit
Diamantpulver, anschließend vorsichtiges elektrolytisches Polieren).
C. REN ON und J. CALVET berichten, drei Arten von Poren im Gefüge fest-
gestellt zu haben, welche sich durch ihren Entstehungsmechanismus und
ihr Verhalten, z. B. bei einer Glühbehandlung, deutlich voneinander
unterschieden.
Die erste Sorte von Hohlräumen wird auf Gasporen aus dem Guß-
gefüge zurückgeführt und tritt z. B. typisch bei Reinstaluminium
Al 99,99 auf.
Die zweite Sorte wird auf Kondensation von Leerstellen zurück-
geführt und wurde z. B. bei Aluminium-Kupfer-Legierungen bis ca. 5%
Kupfergehalt beobaehtet.
1 Es kann vorerst noch nicht gesagt werden, ob diese Erklärung die Diskrepanz
der Meßwl1l'te der beidoll genannten Autorengruppen vollständig klärt. In Abb. 68
erkennt man z. B., daß allem Anschein naeh Wasserstoff bei ca. 400 oe relativ leicht
durch Aluminium hindurchdiffundiert, wobei es sich um ein industriell hergestelltes
Blech und somit um ein mit Poren behaftetes Gefüge handelt. Unter den Versuchs-
bedingungen, welche der Abb. 68 zugrunde liegen, ist es allerdings möglich, daß das
"\ngebot an Wasserstoff an der Blechoberfläche so groß ist, daß innerhalb des
Diffusionsweges die Poren ein Maximum an molekularem \Vasserstoff aufgenommen
haben ((1. h. der Druck des \Yassprstolfpsin den Poren erreicht den Gleichgewichtswert ).
78 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die dritte Sorte tritt bei stark heterogenen Legierungen unmittelbar


benachbart von groben Einlagerungen auf, speziell bei der Verformung.
Einige von C. RENON und J. CALVETan Reinstaluminium erhaltene
Ergebnisse sind in Tab. 12 wiedergegeben (Gasporen).

Tabelle 12. Gasporen in Reinstaluminiumproben (nach O. RENON U. J. OALVET [157])


Poren

I
mittlerer PorenvoI.
Zustand des Metalls Anzahl pro Durch- ----·10·
10 mm' messer Gesamtvol.
I inl/-m

Gußgefüge (langsam erstarrter Kokillen-


guß)
Unterteil des Gußteils (zuerst erstarrt) 524 3,7 5,6
Gußkopf (zuletzt und somit besonders
langsam erstarrt) 371 5,0 7,3
Vor dem Abwalzen 302 5,2 6,4
Nach dem Kaltwalzen von 1,75 auf
0,21mm 288 3,95 3,4
Material, das auf 1,85 mm warmgewalzt
wurde, wobei die Anwärmbedingungen
vor dem Warmwalzen wie folgt variier-
ten:
9 Tage 460°0 = Tl 229 2,7 1,3
7 Tage 525°0 = Tz 284 2,3 1,2
10 Tage 545°0 = Ta 246 2,9 1,6
Ein Blech, das gemäß thermischer Vor-
geschichte Ta warmgewalzt wurde, wurde
wie folgt weitergeglüht
63 Tage 460 °0 241 2,9 1,6
3 Tage 545°0 250 3,1 1,9
28 Tage 635 °0 267 3,0 1,9
Industriell hergestelltes Blech, Dicke
0,5mm 548 1,75 1,3

Je langsamer die Erstarrung erfolgt, desto größer ist der Durch-


messer dieser Poren und desto kleiner ihre Anzahl. Beim Abwalzen ver-
schwinden die Poren nicht, sondern werden lediglich zusammengedrückt.
Im langsam erstarrten Gußgefüge beträgt die Porosität größenordnungs-
mäßig 0,5%0' durch das Abwalzen geht sie auf ca.O,1 bis 0,3%0 zurück
in Übereinstimmung mit der Porosität in industriell hergestellten Reinst-
aluminiumblechen.
Wesentlich andere Ergebnisse wurden bei Aluminium-Kupfer-
Legierungen erhalten. Wie aus Tab. 13 und Abb. 56 zu entnehmen ist,
durchläuft beim Glühen von Blechen bei 525 bzw. 545°C die Porosität
mit der Glühzeit ein Maximum, um anschließend nach und nach ganz zu
Lit. s. 1931 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 79
E 1600r----,-------,----:::-::;;;;r------,-----r----,
E
~
<::
1Z00--
~
~ ~O~~~--_+~~~_+~~~_+---_+---_1
~ ,,-
~ *00-
::!
""

U1~?4 0.01 0.1 1


Glühteif
tJ 100 h 11J1JO
I
Abb. 56. Einfluß einer Glühbehandlung bei 525 oder 545°C auf die Porosität von Blechen aus eiuer
Legierung mit 4,75% Cu, zugesetzt zu Reinstaluminium. Blechdicke 1,85 mm (nach C. RENON U.
J. CALVET [157)).

Tabelle 13. Verhalten von Poren ent8tanden durch Kondensation von Leer8tellen während
einer GlülWehandlung bei 525 bzw. 545°0. Legierung: 4,75% Ou zuge8et;!.t zu Reinst-
aluminium (nach O. RENON U. J.OALVET [157])
Poren
Temperatur und mittlerer Porenvol.
Zustand des Metalls Dauer der Glüh- Anzahl pro Durch- --:G=--e-sa-m""'t'--v--:ol:-. . 10'
behandlung 10 mm' messer
inlLm

Blechdicke 1,85 mm 545°0


0 0
25 s 600 1,7 1,4
10min 1370 2,53 6,9
1 Std. 1170 3,32 10,1
4 Std. 238 5,27 5,2
6 Std. 99 4,95 1,9
10 Std. 6 5,25 0,13
24 Std. 0 0
525°0
50s 271 1,96 0,8
10min 658 2,46 3,1
30min
1 Std. 1080 3,64 11,3
2 Std. 965 3,63 10,1
6 Std. 565 4,33 8,3
4Tg. 98 7,35 4,2
7Tg. 0 0
Blechdicke 0,48 mm 35s 4 1,6 0,008
2min 6
10min 8
30min 16 2,1 0,057
1 Std. 31 2,1 0,11
11/2 Std. 21 1,6 0,042
2 Std. 0 0
80 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

verschwinden. Das Zeitintervall bis zum Verschwinden der Porosität bei


z. B. 525°C geht mit verringerter Blechdicke sehr stark zurück (Tab. 13).
Schließlich haben C. RENON und J. CALVET das Verhalten solcher
Hohlräume untersucht, welche während des Abwalzens von stark hetero-
genen Legierungen in der Nähe sprö-
0 der Einlagerungen entstehen. In
f
I

Abb.57 erkennt man, daß mit zuneh-


I
I mendem Abwalzgrad die Anzahl sol-
0 cher Hohlräume ein scharf ausge-
prägtes Maximum durchläuft. Aus
) \Abb. 58 ist zu entnehmen, daß Hohl-

\
0 räume dieser Art durch anschließende
,/ Erwärmung zum Verschwinden ge-
" bracht werden können.
""
\
Zur Erklärung der in Abb. 55 bis 58
'" " wiedergegebenen Phänomene hat man
",'"
/'" die Hohlräume als Quellen bzw. Senken
25 50 75 % TOO für Leerstellen zu betrachten. Außer-
Kollverformungsgrad dem ist der Einfluß der Probenober-
*
! !

1M5mm 1Z
8
Dicke
o fläche und der auf ihr befindlichen
Abb.57. Entstehen und Verschwinden von
Oxydhaut zu beachten. Je dünner die
Hohlräumen während des Abwalzens einer untersuchten Proben sind, um so
Legierung mit 6% Cu, zugesetzt zu Reinst-
aluminium (nach C. RENON u. J. CALVET
leichter können durch Glühung die
[157]). Hohlräume zum Verschwinden ge-
bracht werden.

16Z -Anzahl der Poren vor Beginn der ü/ühbehand/ung


1501-~----,---...,---.....,.---...,---,
5H"C

Abb. 58. Einfluß einer Glühbehandlung auf die Porosität in der Nachbarschaft spröder Einlagenmgen
in einer Legierung mit 6% Cu, zugesetzt zu Reinstaluminium. Blechdicke 1,41 mm (nach C. RENON
u. J. CALVET [157]).
Lit. :-:l. 19:~J 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 81

Das stark unterdchiedliche Verhalten der kupferhaitigen Legierungen


gegenüber Reinstaluminium bezüglich des Verhaltens der Poren bei einer
Glühbehandlung könnte z. B. mit. einer unterschiedlichen Struktur der
Oxydschicht oder mit einer Wechselwirkung zwischen Kupferatomen
nnd Leerst.ellen in Zusammenhang gebracht werden.

2000:1
Abb. ;,)H. "ThermopHs" auf lier Oberflä.che yoll langsarn abgekühlten l~inkrb-;tallen aus Rein~t·
alttminium (n<1"h P. Je. DOHEHTY tt. P,. S. DAVIS [159]).

Kupferzudätzc ZU Aluminium lockern die Struktur der Oxydhaut


auf [163].
P. E. DOHERTY und R. S. DAVIS haben darauf hingewiesen, daß Poren,
wie sie z. B. in Abb. 55 erkennbar sind, durch die Kondensation von Leer-
8tellen während bzw. unmittelbar nach der Erstarrung zustande kom-
men [159]. Die genannten Autoren haben eine Technik entwickelt, durch
Beobachtung einer Aluminium-Oberfläche während einer Glühbehand-
lung oder nach der Erstarrung die Kondensation von Leerstellen in Hohl-
räumen nahe unter der Oxydhaut festzustellen ("Thermopits",
s. Abb. 59). Jeder dieser "Thermopits" ist von (l11)-Flächen begrenzt.
'l'hermopits dieser Art treten z. B. auf, wenn ein grobkörniges Gefüge von
z. B. 500 °C auf ca. 450 °C abgekühlt wird, wobei die übersättigten Leer-
stellen sich in den Thermopits kondensieren.
Wie in Abb. 60 erkennbar, treten in der Nähe einer Gußpore keine
Thermopits auf, woraus gcschlossen werden kann, daß die übersättigten
I.eerstellen durch einen vorhandenen Hohlraum (oder durch andere freie
Oberflächen) abgesaugt werden [158,161].
Umgekehrt kann man folgern, daß in einem Gefüge, das keine großen
Poren aufweist, die übersättigten Leerst.ellen sich in zahlreichen kleinen
Poren kondensieren werden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Feststellung von
D. E. J. TALHOT und D. A. GRANGER , wonach bei Reinstaluminium

() Altl'llpohl, Alllllliniulll
82 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 19:3

Poren fast ausschließlich an Korngrenzen auftreten, wenn das Guß-


gefüge einige Zeit bei z. B. 550 °C geglüht wurde (Abb. 61). Die genannten
Autoren erklären diesen Befund damit, daß im Reinstaluminium die
Korngrenzen im Innern des Gefüges bevorzugte Quellen für Leerstellen
sind, während bei Reinaluminium die im Gefüge vorhandenen Hetero-
genitären Phasengrenzfiächen ergeben, welche als Quellen für Leerstellen
fungieren [153]. Dementsprechend treten im Reinaluminium die Hohl-
räume unabhängig von Korngrenzen auf (Abb. 55).



•••
•• • • ...


••
= 175: 1 90: 1
Abb. 60. Fehlen von •.Thermopits" rings um eine Pore Abb. 61. Auftreten von Mikroporosität an
im Gußgefiige von Reinstaluminium (nach P. E. den Korngrenzen von Gußgefüge nach
DOHEI<TY u. R . S. DAVIS [159]). einer Gltihung von 16 Stunden bei 550 oe
mit anschließender Wasserabschreckung.
Relnstaluminium Al 99.99 (nach D. E. J .
TALBOT u. D. A. GRANGER [153]).

Heute richtet sich das Interesse vermehrt darauf, inwieweit Poren


dieser Art eine praktische Bedeutung haben, und zwar nicht nur für die
Blasenbildung beim Weichglühen, sondern voraussichtlich auch für das
Verhalten von Aluminiumhalbzeug bei mechanischer Beanspruchung und
bei Korrosionsangriff [153]. Man wird daher den Ergebnissen weiterer
Untersuchungen mit Interesse entgegensehen.
Von verschiedenen Autoren sind sodann faserartige Anordnungen von
Wasserstoff festgestellt worden , welche oftmals unabhängig von Korn-
grenzen auftreten [114, 163a, 167]. Hierfür werden im folgenden einige
Beispiele wiedergegeben.
C. E. ELLs und J. W. EVANS haben Proben aus Reinstaluminium und
Aluminium-Magnesium-Legierungen im Zyklotron mit Protonen be-
strahlt [163 a]. Die hierdurch bewirkte Steigerung des Wasserstoffgehaltes
führt zu Gasporen , deren Verteilung durch m etallogra phisehe Methoden
untersucht wurde. Es zeigte sich, daß der Wasserstoff in Agglomeraten
kleiner Hohlräume ausgeschieden wird, und zwar teilweise an Korn-
grenzen. Die Ergebnisse sind prinzipiell ähnlich wie die von C. RENON und
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 8B

.J. CALVET, bzw. von D. E. J. TALBOT und D. A. GRANGER. Auffallend ist


der Umstand, daß die mit Wasserstoff gefüllten Hohlräume oftmals in
geradlinig angeordneten Serien auftreten, wie in den Abb.62 bis 64
erkennbar. Wahrscheinlich handelt es sich hier um ähnliche Wasserstoff-
ausscheidungen, wie sie bereits früher bei elektromikroskopischen Unter-
,.;uchungen festgestellt worden sind [114).

. " "

..- * .:" .. , :.., . •. ~' f


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t 'I. ~.

a h
100:1 350: 1
Abb. 62a u. b. Schichtförmige Ansammlung von W,,"serstoff in kleinen Hohlräumen. Reinstalumini-
um, bei 625 oe im Vakuum entgast, anschließend durch Protonenbestrahlung auf einen Wasserstoff-
gehalt von 16 ppm angereichert. Schliff elektrolytisch poliert und zur besseren Sichtbarmachung der
Hohlräume geätzt. Weichgeglühte Proben. (Eine Korngrenze durchläuft das Bild in etwa vertikal)
(nach e. E. ELLS u. W. EYANS [763a]).
h) Vergrößerter Aussehnitt aus Abb. 63a.

70: 1 60:1
Ahb. 63. Wie Abb. 62a und b. jedoch Abb. 64. Wie Abb. 63, jedoch nach der Kaltverformung
Wasserstoffgehalt 22 ppllI und Probe vor 1 Stunde bei 250"e geglüht. Die WasserstolfaHsschei-
der Anreicherung mit 'Vasserstoff 50~{) !lungen wirken als Hindernis für wandernde Korn-
kalt abgcwalzt. Aufnabme in polarisier· grenzen bei der Rekristallisation (nach e. E. ELLS H.
tem Licht nach anodischer Oxydation. W. EVANS [16.1al).
Die poröse Zone verläuft geradlinig durch
mehrere verformte Körner (nach C. I~.
ELIS n. W. EV.\.NS [lf;,)(J]).

fi*
84 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen [163a, 114] werfen eine Reihe


von interessanten Fragen auf, welche noch der weiteren Klärung be-
dürfen. Hierzu gehört dic Frage, ob der Wasserstoff sich ähnlich wie
andere übersättigte Legierungselemente teilweise auf bevorzugten Gitter-

800: 1

240:1

Abb. 65. Reinstaluminium Al 99.99 bei ca. 550 oe weichgegliiht und auf Tuunelbildullg geätzt.
.Ätzung in wässeriger ,NaCI-Lösung nlit Gleichstrom bei anodischer Schaltung der Alunünhnuprobe.
Im unteren Teil der Abbildung erkennt man, daß die Richtung der Tunnels sich jeweils an einer
Korngrenze ändert.
1,2 = Angeschnittene Xtztunnel, die senkrecht (1) bzw. parallel (2) zur Bildebene verlaufen (nach
ALUSUISSE).

ebenen ausscheidet. Die in Abb. 65 gezeigten Ätztunnel treten mit zu-


nehmendem Wasserstoffgehalt verstärkt auf. Dies könnte so interpretiert
werden, daß der ·VVasserstoff sich beiden untersuchten Proben fadenförmig
in perlschnurartig angeordneten Bläschen auf (100)-Flächen ausgeschie-
den hat.
Hier dürfte allerdings die Vorgeschichte des untersuchten Materials
eine ausschlaggebende Rolle spielen. In Abb. 62 bis 65 wird das Verhalten
von vielkristallinem Reinstaluminium beschrieben, das nach starker Kalt-
verformung bei hohen Temperaturen (ca. 550 bis 625°C) geglüht wurde.
Eine Glühung oberhalb ca. 500 oe begünstigt die Agglomeration des
Wasserstoffs in relativ großen Poren (Abb. 55b) bzw. in Kanälen, denn
Lit. S. 193] 2. Kichtnwtallische Verunreinigungen 85

die in Abb.65 erkennbaren Atzkanäle treten nach Glühung oberhalb


ea. 500°C verstärkt auf [182, 183].
In Abb. 66 sind Erge bnisse von L. M. FORSTER und Mitarbeiter wieder-
gegeben, welche die Verteilung des Wasserstoffs an Einkristallen aus
zonengeschmolzenem Reinstaluminium mit Hilfe der Autoradiographie
untersuchten 1 [167].

Abb. 66. Alltoradiographie von Eillkriotallen


aus zonengeschmolzenenl Reinstalmninium. Die
Proben waren mit tritiumha1tigem Was,erstoff
begast worden (nach L. M. FORSTER. A. S.
r
GlJ,LESPIE jr .. T. H .•TACK l!IHI W. W. HILL /1;7]).

Abb. 66a. Verteilung des Wasserstoffs auf


2 Flächen eines Einkristalls parallel bzw. unter
90" zur Wachstumsrichtung (durch Pfeil gekenn-
zeichnet). Die schwarzen Linien und Punkte
kennzeichnen Ansammlullgf'll VOll Tritil111l. a
'" 8:1

b
8,5: 1
66h. TritiulIlverteilung in :2 PruLen gleicher Vorgeschichte (entnollllllCll aus delllt;elLen Ein-
~-\..hb.
kristall). Beide Proben wnr<!"n llIit Hilfe einer Zerreißmasehine bis kmz unterhalb der Zugfestigkeit
belastet.
Die Probe A \vurde nach dew Begasen verformt.
Die Probe B wurde zuerst WrfOl'lllt und danach bei 600 C begast.

1 Somit weisen die IIntf'rmeht.pn Proben ein langsam erstarrtes Gußgefüge auf.
86 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die Proben wurden im festen Zustand mit tritiumhaltigem Wasserstoff


begast. Man erkennt in Abb. 66a, daß hierbei linienförmige Wasserstoff-
ansammlungen auftreten, deren Richtung keinen Zusammenhang mit der
Wachstumsrichtung des Kristalls oder mit kristallogra phischen Ebenen
erkennen läßt.

c D 8:1
Abb. 66c. In der Probe C wurde die Tritiumverteilung auf Grund der Autoradiographie untersucht.
Teilbild D zeigt dieselbe Probe nach chemischem Glänzen in einer Mischung von H,PO, und HNO,
(R 5·Glänzverfahren).

Werden die Proben im Va-


kuum entgast, so sind bei einer
erneuten Radiographie keine Li-
o. o nien mehr sichtbar. Nach er·
neuter Begasung treten die Linien
o 0-
(9 0 q •• .. bei der Radiographie in etwa am
o
alten Lageort auf.
Vorerst kann man als Arbeits-
hypothese annehmen, daß in
o . ' . _. diesen Proben sich der Wasser-
stoff bevorzugt an Versetzungs-
linien anordnet. In Abb. 66b er-
500:1
kennt man, daß der Wasserstoff
Abb. 66d. Stark vergrößterter Ausschnitt aus
Teilbild D von Abb. 66c. nach einer plastischen Verfor-
mung in Gleitbändern angerei-
chert vorliegt (Probe A).
Abb. 66c zeigt, daß die linienförmigen Anreicherungen des Wasser-
stoffs auch durch chemisches Glänzen sichtbar zu machen sind (Probe D),
wobei sich die Linien bei stärkerer Vergrößerung als Aufreihung kleinerer
Hohlräume erweisen (Abb. 66d).
Lit. ~. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 87

Die Ergebnisse von L. M. FORsTER und Mitarbeiter sind richtungs-


weisend, jedoch ist eine verbindliche Deutung heute wohl noch nicht
möglich.
Der Mechanismus der Entstehung kleiner Hohlräume durch Waflser-

"r.
stoffausscheidung ist im einzelnen noch ungeklärt. C. E. ELLS und
EVANS weisen darauf hin, daß außer der Kondensation von Leer-
stellen auch andere mefallphysikalische Mechanismen in Betracht zu
ziehen sind [163aJ.

2.6 r eränderunl?: des Wasserstoffgehaltes des festen Aluminiums


während des Glühens

Je nach der Glühtemperatur, dem Wasserdampfgehalt der Glüh-


atmosphäre und der Art der vorhandenen Oxydschicht nimmt das
Aluminium (mit normalem Wasserstoffgehalt von ca. 0,1 bis 0,2 cm 3 (
100 g) während einer Glühung Wasserstoff auf oder gibt ihn ab.
Generell dominiert beim Glühen in (wasserdampfhaItiger) Luft unter
500°C die Wasserstoffaufnahme, da unter normalen Glühbedingungen
(Luftglühung) die vorhandene Oxydhaut den Austritt von Wasserstoff
aus dem Metall erschwert, die Eindiffusion dagegen ermöglicht [1491.
Ein durchlässigcr Oxydfilm und/oder höhere Glühtemperaturen
(> 500°C) begünstigen die Abdiffusion von Wasserstoff aus dem Metall.
Verändert sich der vVasserstoffgehalt des Aluminiums im Verlauf einer
Glühung, so hat man in jedem Fall zwei gegenläufige Mechanismen in
Betracht zu ziehen [335]:

I. Wasserstoffaufnahme aus der Glühatmosphäre durch Reaktion


zwischen Wasserdampf nnd Aluminium. Hierbei diffundiert der im status
naseendi freiwerdende vYasserstoff teilweise in das Aluminium hinein.
H. Abdiffusion von \Vasscrstoff durch die Oxydhaut in die um-
gebende Atmosphäre.

Die Vorgänge 1 und 1I können als weitgehend unabhängig vonein-


ander betrachtet werden. An dünnen Proben (Dicke größenordnungs-
mäßig 1 mm) findet man während einer Glühung bei z. B. 550 oe in wasser-
dampfhaItiger Luft oftmals anfänglich eine Zunahme des Was8erstoff-
gehaltes und bei Fortsetzung der Glühung eine deutliche Abnahme des
Wasserstoffgehaltes [153]. Die Veränderung der Porosität zeigt bei einer
,;olchen Glühung eine ähnliche Gesetzmäßigkeit, wie sie Abb. 56 beschreibt.
Befunde dieser Art dürften am ehesten darauf zurückzuführen sein,
daß während der genannten Glühung die Oxydhaut wächst oder ihre
88 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Struktur verändert, was das Verhältnis zwischen Mechanismus I und II


beeinfiußt.l
Eine zuverlässige Verknüpfung zwischen den erwähnten experimen-
tellen Beobachtungen und der Theorie liegt bis heute zwar noch nicht
vor. Immerhin dürfte ein Befund wie der in Abb. 56 wiedergegebene oder
das oft gefundene Maximum der Blasenanfälligkeit bei weichgeglühten
Reinaluminiumblechen im Dickenbereich von ca. 0,5 bis 2 mm mit den
erwähnten Mechanismen in Zusammenhang stehen.

0,81 I I_~ 1f,8 BarrenlI.b.-'---+--+-----j 0.8 f----+--++---1-+------4


cm 3/100 9 Barren!! cm/,110g I
-+----, ":~: : Qfi f---'..-hfL--j-'-'---P--#'----I
I
06 - T- 0.6 f----+--+--!
~' I : I
-I
~{J.1I~- 0 - ~O,~
i5 az
<:5 . - '
--- --_ . . . - jI 0S 0,2f--+--f-++
o I .~ O~~__~-L__~~
0.8 I i§ 0.8r---,-----,~--r------r---,
'/0 ! ~ %
':"'- 0.6 '" "-
o ! ~ 1; 0,& r-u-t-f-1-'l:1-I,-+1-It----4
----.......:;:I~
~2 o.~' ,/
./ -- --1--
I I
i3 O'*f---*-h--+-----'~----4
~'

cl: 0.2 _ geglühfer 8arr~n O,Z


--Barren Im Oußzusfand :
o SO mm 100 lZ5
Absfand van Barrenaberfliiche
Abb.67. Einfluß einer Glühung von Abschnitten aus AICuMg-Barren auf Wasserstoffgehalt und
Porosität.
Porosität durch KOItlpressionstest ermittelt (siehe Fußnote auf S. 76) (nach M. F. JORDAX. G. D.
DENYER u. A. X. 'rURXER [160]).
Barren I - Glühung: 23,5 Std., 490-500°C (Gasofen) / BarrenabItlessung: 1120 x 2S0 x 50 ItllU;
BarrenII undIII - mühung 15Std., 465'C (Elektroofen) / Barrenabmessung: 317 x 127:< 100111m.

In einer Arbeit von M. F. JORDAN, G. D. DENYER und A. N. TURNER


[160] wurden AICuMg-Stranggußbarren auf eine Veränderung von Gas-
gehalt und Porosität bei der Barrenanwärmung untersucht. Trotzdem
alle untersuchten Barren übersättigten Wasserstoff enthielten, trat eine
kräftige Wasserstoffaufnahme sowohl beim Anwärmen in Elektroöfen
als auch in Gasöfen auf (Abb.67). Diese Wasserstoffaufnahme dürfte
teilweise auch mit dem Magnesiumgehalt der Legierung zusammen-
hängen.
Aber auch bei Reinaluminium, welches bereits stark an Wasserstoff
übersättigt ist (ca. 0,2 cm 3 /100 g), tritt beim Glühen an Luft bei z. B.
1 In welcher Weise sich die Oxydschieht hierbei verändert, ist im einzelnen nicht
klar. Einerseits könnte ein Wachstum der Oxydhaut den Vorgang I verlangsamen
(Abdrängen der \Vassermoleküle von den reagierenden Aluminiumatomen). Anderer-
seits erfolgt bei einer Temperatur von 520 bis 5:,)0°C eine Umlagerung des amorphen
Oxyds in y-AJ 2 0 3 [162]. Falls diese Umlagerung die Oxydschicht auflockert, so
könnte dies den Vorgang II beschleunigen, was die genannten Beobachtungen
teilweise erklären könnte.
Lit. R. 193] .) .:\ irhtnlPtallisdw Yerunreinigungen 89

.t50 bis 480 c C eine deutliche Zunahme des Wasserstoffgehalts auf.


H. KOSTRON [146] hat. nachgewiesen, daß dies nicht im Widerspruch zum
SIEvERTsehen Gesetz steht., da der Partialdruck des Wasserstoffs an
der mit dem Wasserdampf der Glühat.mosphäre reagierenden Oberfläche
"whr hoch ist. Außerdem j"t anzunehmen, daß ein erheblicher Teil des bei
einer Vakuumextraktion erfaßten 'Vasserst.offgehalt.s des festen Alu-
miniums in den z. B. in Abb. 55 wiedergegebenen Hohlräumen ausge-
"ehieden vorliegt. In diesen Hohlräumen dürfte ein geringerer Partial-
druck des atomaren "Tasserstoffs herrschen als an der mit. Wasserdampf
reagierenden Oberfläche, an welcher "\Yasserst.offim stat.us nascendi laufend
entstcht. 1
Sehr auffallend ist in Abb.67 die ungleichmäßige Wasserstoffauf-
nahme über den Querschnitt. Hierbei muß daran erinnert werden, daß es
sieh um im rechten 'Winkel zur Gießrichtung entnommene Platten von
ca. 50 bzw. 100 mm Dicke handelte, so daß die Eindiffusion des Wasser-
stoffes hauptsächlich über die Schnittflächen und weniger über die Guß-
haut erfolgte. Die Porosität veränderte sieh bei der Barrenanwärmung
relativ wenig, zeigte aber im allgemeinen eine gewisse, lokal stark unter-
schiedliche Zunahme.
Die Gründe für die in Abb. 67 erkennbaren starken Unstetigkeiten,
z. B. des Wasserstoffgehaltes, sind unbekannt. Als Ursache kommen
Zufälligkeiten im Oberflächenzustand der Proben während der Glühung
oder aber die an StTanggußbarrt'n oft festgestellte unterschiedliche Ver-
teilung der en,tarrten ReHtRchmelze im Gefüge in Betracht. (vgI. z. B.
Abb. 92, S. 131).
Die Art des Oberfläehenfilms hat. einen dominierenden Einfluß auf die
Veränderung df't-; GasgdlaItl's beim Glühen. Wird die Oberfläche z. B.
mit einem Fettstift bestriehen, so begünstigt dies beim Weichglühen die
Eimliffu,;jon ,"on vYasi'erst.off (Abb. 68).

1 Eine ÜberschlagsrC'chnung zeigt, daß z. B. bei 480 ce Glühtemperatur und einer


innf'ren Porosität des gekneteten Gefüges von 0,02% in den inneren Hohlräumen
ca. 1 bis 1,5 cm 3 Wasserstoff/100 g zur Ausscheidung kommen kann, wenn man den
in Abb. 51 wiedergegebenen Entwicklun/!sdruck und den durchschnittlichen Wasser-
stofi"gehalt des gekneteten Gefüges zugrunde legt. Schwer verständlich bleibt aller-
dings, warum der VlTasserstofl" bei aufgelockerter Oxydhaut und Glühtemperaturen
über ca. 500 D e durch die freie Oberfläche abdifTundiert, statt sich in den inneren
Hohlräumen auszuscheiden. Die Erklärung künnte darin liegen, daß mit zunehmen-
der Temperatur die Hohlräume verstärkt als Quellen für Leerstellen fungieren, so
daB die Hohlräume bei Gliihtemperaturen ,"on 7,. B. über 500 0 e an Zahl abnehmen
oder ganz yerschwinden. Dies wird bei Glühung an trockener Luft oder im Vakuum
tatsächlich beobachtet und bedeutet, daß es ein Gleichgewicht zwischen vVasserstoJI
und Leerstellen gibt, welcllP sich gemeinsam in einzeln liegenden oder zeilenfürmig
angeordneten Hohlräumen .. ausscheiden··. Es muß weiteren l'ntersnchungen vor-
behalten sein, hier Klarheit zu s(·haft"en.
HO A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Es gibt mehrere Verfahren, durch geeignete Wahl der Glühatmosphäre


die Abdiffusion von Wasserstoff aus dem Aluminium im Verlaufe einer
Glühbehandlung zu fördern.
Ein Verfahren der ALOOA besteht z. B. darin, der Glühatmosphäre
Bortrifluorid zuzusetzen und oberhalb 400 °0zu glühen, wobei der größere
Teil des Wasserstoffes abdiffundieren kann [226].

=1:2
Abb. 68. Rückseite von mit Fettstift beschrifteten Proben nach einer Glühung von 1-6"Stnnden bei
400'0 in Luft. Material: AIRMg 0,5, 0,5 mm dick. Eingetragene Zahlen = Glühzeit In Stunden
(nach ALUSUISSE [334]).

Ein anderes Verfahren besteht darin, das Aluminium oberhalb ca. 480
bis 520 °0 in einem Schutzgas zu glühen, welches einen möglichst tiefen
Taupunkt (z. B. unter 7°0) und einen Sauerstoffgehalt unter 0,2% hat.
Dabei entweicht bis zu HO% des Wasserstoffes [227]. Diese beiden Ver-
fahren werden hauptsächlich zur Verringerung der Porosität von Legie-
rungen angewendet.
Hat man ein Gußgefüge vorliegen, welches kleine Lunker oder Oxyd-
einschlüsse hat (Diffusionszentren für "Wasserstoff), so kann man durch
eine Entgasungsglühung bei 600°0 den nach Abwalzen und Weich-
glühen auftretenden Blasenausschuß deutlich senken [228].
Die bisherigen Erörterungen betrafen den Durchgang von Wasser-
stoff durch Aluminiumoberflächen, welche eine natürliche Oxydhaut auf-
weisen (je nach der angewendeten Glühtemperatur ca. 0,01 bis 0,05 [Lm
dick, s. S. 844 u. f.). Wird die Oxydhaut z. B. durch anodische Oxydation
auf ca. 10 [Lm verstärkt, so werden die weiter oben genannten Reak-
tionen I und II gleichermaßen unterdrückt, d. h. der Wasserstoffgehalt
des Aluminiums ist unabhängig von der Glühatmosphäre. 1

1 Ebenso wirkt ein Eintauchen in oxydierende 8alzschmelzen (s. S. 69).


Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 91

2.7 Eindiffusion von Wasserstoff in das Aluminium


bei Korrosionsvorgängen

Bekanntlich diffundiert beim Beizen von Stahl in wäßrigen Lösungen


der entstehende atomare Wasserstoff bereits unter 100°0 in das Metall
ein. Beim Aluminium ist dies nicht der FaIP.
In neuerer Zeit sind allerdings Ergebnisse erhalten worden, welche
darauf hinweisen, daß Wasserstoff bereits bei Raumtemperatur in
Aluminium eindiffundiert, wenn dieses in Gegenwart von Luftfeuchtig-
keit einer Dauerschwingbeanspruchung unterzogen wird. Jedenfalls hat
eine Arbeit von T. BROOM und A. NICHOLSON gezeigt, daß bei Gegenwart
von Luftfeuchtigkeit die Wechselfestigkeit stark zurückgeht, was die
Autoren mit der Eindiffusion von atomarem Wasserstoff in Zusammen-
hang bringen [184]. Der konkrete Beweis hierfür steht aber noch aus.
Im Zusammenhang mit der Korrosionsbeständigkeit von Aluminium
im überhitzten Wasser von Reaktoren wurde die Diffusion des Wasser-
stoffes bei z. B. 300°0 untersucht. W. E. TRAUERT hat nachgewiesen, daß
atomarer Wasserstoff, der an der Metalloberfläche bei der Reaktion
zwischen Aluminium und Wasser entsteht, bei 300 °0 merklich durch
das Aluminium hindurchdiffundiert [185]. W. E. TRAUERT findet
somit bei 300°0 eine erheblich stärkere Diffusion des Wasserstoffes als
diese in der Arbeit von O. E. RANSLEY und D. E. TALBOT beschrieben
und in Abb. 53 wiedergegeben wird [151].
Der Unterschied der beiden verglichenen Untersuchungen besteht
allerdings darin, daß in der Arbeit von W. E. TRAUERT [185] atomarer
Wasserstoff im status nascendi an der Oberfläche reichlich entsteht,
während die Diffusionsdaten von O. E. RANSLEY und D. E. TALBOT [151]
auf molekularen Wasserstoff und seinen kleinen thermisch dissozüerten
Anteil Bezug nehmen.
Bei der Reaktion zwischen Aluminium und überhitztem Wasser von
110 bis 300°0 treten im Inneren des Aluminiums Hohlräume auf, welche
mit molekularem Wasserstoff gefüllt sind. Setzt man dem Aluminium
z. B. 1 % Ni zu, so unterbleibt die Eindiffusion des Wasserstoffs. Es gibt
mindestens drei verschiedene Theorien, um dieses Phänomen zu erklären
[337].
Bei Vorliegen von Kathoden mit niedriger Wasserstoff-Überspannung
(nickelhaltige Heterogenitäten) rekombiniert sich der bei der Korrosion
entstehende atomare Wasserstoff zu H 2 und die Eindiffusion in das

1 Anders ist die Situation, wenn korrodiertes Aluminium geschmolzen oder ge-
schweißt wird: dann reagiert die wasserhaltige Oxydschicht sofort mit der Schmelze
und durch den freiwerdenden Wasserstoff entstehen poröse Schweißnähte [156]
oder gasreiches Metall.
92 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Aluminium bleibt aus. Diese Theorie stammt von J. F. DRALEY und


W. E. RUTHER [187].
K. M. CARLSEN [188] lehnt dagegen die Theorie der Eindiffusion von
Wasserstoff ab und bringt statt dessen eine elektrochemische Theorie vor,
wonach der Korrosionsangriff ausschließlich an Lokalkathoden erfolgt,
was den Einfluß der Nickel-Zusätze auf die Korrosionsbeständigkeit im
überhitzten Wasser erklären solL
W. E. TRAGERT sieht dagegen den Einfluß des Nickels in der Bildung
eines Mischoxydes, welches den Korrosionsablauf verlangsamt [189].

2.8 Einfluß von Verunreinigungen auf den Wasserstoffgehalt.


Mechanismus dpf ßlasenbildung

2.81 Einfluß des Satriumgehaltes

Die Befunde über den Einfluß des Natriums auf das Gleichgewicht
Aluminium-Wasserstoff sind recht widerspruchsvoll [144, 146, 168].
Betrachtet man den Einfluß des Natriums auf den Wasserstoffgehalt
des Aluminiums, so ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob nach der
Zugabe von Natrium zur Schmelze noch eine weitere Gasaufnahme statt-
findet oder nicht.
Nach Untersuchungen von C. E. RANSLEY und D. E. J. TALBOT [154]
bildet sich z. B. in natriumhaltigen AlMg-Legierungen eine Verbindung
zwischen Natrium, Aluminium und Silizium. Nur das niehtgebundene
Natrium kann mit Wasserstoff reagieren, wobei eine Verbindung NaH
zustande kommt.
Die Verbindung NaH bildet in reiner Form kleine weiße Kristalle
[154].
Wenn eine stark natriumhaltige Schmelze im Kontakt mit Wasser-
stoff oder Wasserdampf steht, so begünstigt der Natriumgehalt die
Wasserstoffaufnahme der Schmelze. Der Natriumgehalt bewirkt (ähnlich
wie ein Gehalt an anderen Alkali- oder Erdalkali-Metallen) eine locker
strukturierte Oxydhaut auf der Oberfläche der Schmelze, was somit die
Aufnahme von Gas aus der Atmosphäre begünstigt. Außerdem zerreißt
diese Oxydhaut leichter und kann dann in der Schmelze eingebettet
werden [146].
Hat man eine Schmelze völlig entgast, so kann man an der Wasser-
stoffaufnahme durch Reaktion mit dem Wasserdampfgehalt der Luft
unmittelbar ablesen, ob Natrium ohne Bindung an Silizium vorhanden
ist [163]. Analoges dürfte für die Yeränderung des Gasgehaltes beim
Abstehen gelten (Abb. 69).
Lit. S. 193] ~. Xiehtmetallische YE'l'\lllreinigungen 93

Ein Zusatz von ~atrium wird teilweise zum Entgasen von Reinstalu-
minium eingesetzt [149, 169J.
Die Entgasung von Reinstaluminium mit Natrium erfordert z. B.
den Zusatz von 0,05% Na. Nach der Behandlung bleiben etwa 0,01 bis
0,03% Na im ::\Ietall, welehe nötig sind, um den normalerweise vor-
kommenden Wasserstoffgehalt als Natriumhydrid zu binden. Somit
wirkt die "Entgasung" des Aluminiums durch Natriumzusatz nur in-
direkt, d. h., der Wasserstoff wird in
ZB
Wirklichkeit an Natrium gebunden g7cm 3
2,7
und hierdurch (wenigstens teilweise)
2,6 1\
unschädlich gemacht [169].
Die erwähnte Behandlung einer *
2,5 \
_\b V
a_ -
-.:::: 2/f L
Schmelze mit Natrium dürfte ab c::; 13 2,3 \.. /
Sonderfall gelten, der damit zusam-
2,2
v. c
............
menhängt, daß Reinstaluminium sehr 2) / r-.
~
schwer durch Abstelwn oder (,hlo-
rieren zu entgasen i"t. Die Gründe 6 72 78 h24
Absfehdauer
hierfür sind unbekannt (bereits bei
Abb. 6!l. Verhalten von nirhtentga,ten
Zusatz von 0,1% ~Ig geht die Ent- und entgasten Schmelzen während des Ah-
,tehens (teilweise nach C. L. RROOKS [204]).
gasung sehr viel leichter vonstatten
Schmelze,,: X ormules Yerhalten; Srlnllelzc
als bei Al 99,99). 1m allgemeinen i8t b: Vor dem Abstehen entgast: Schmelze
man bestrebt, den Natriumgehalt "0 hat jedoch einen relativ hohen N,üriuJll'
I-'ehalt; Schmelze c: Stark mit Oxyden
klein wie möglich zu halten, vor allem angereiclwrt.
bei AIMg-Legierungen und hoC'hfesten * DichtebestinUllltllgwH'h Yakl1unmlCthode
(verfeinertes R'I'RA {' Hl<~-I)FBIF.FEH-Yer­
Legierungen. !;ohren).

:2.82 Einfluß des O;rydgehaltes

Generell ist der Einschluß von Oxydpartikeln in einer Schmelze


gleichbedeutend mit Aufnahme von Wasserstoff, wobei der Mechanismus
im einzelnen noch nicht klar ist. Oxydeinschlüsse können im Gußgefüge
in verschiedenen Formen auftreten, wobei vor allem die jungen "häu-
tigen" Oxyde geeignet sind, Gas fest zuhalten [148, 149].
Wenn im Aluminium eingebettete Oxydhäute untersucht werden, so
finden sich in ihnen oftmals andere Begleitelemente, z. B. Kohlenstoff
[213], sowie ein geringer WasserstofJ"- und/oder Wassergehalt [149].
Die Erhöhung des Wasserstoffgehaltes dürfte dadurch hervor-
gerufen sein, daß die Oxydpartikel, welche von der Oberfläche ins
Innere der Schmelze gelangen, wa,.;,.;erhaltig sind. (Bekanntlich halten
Oxydhydrate einen Teil ihres 'V"assergehaltes auch noch bei Tempera-
turen von 700 bis 800 oe fest ge hunden.)1
1 BeispielRweise findet man bei den Oxyden auf Cberführungsrinnen trotz der

hohen Temperatur einen merklichen IYassprgehalt.


94 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Es gibt viele empirische Beweise dafür, daß Sauerstoff und Wasser-


stoff in gewissem Ausmaß miteinander gekoppelt im Aluminium auf-
treten.
Filtriert man z. B. Aluminiumschmelze durch ein Bett von kleinen
Tonerdekügelchen, so geht nicht nur der Oxydgehalt, sondern oftmals
gleichzeitig auch der Wasserstoffgehalt herunter [207]. Analoges gilt für
die Filtration durch flüssiges Salz [208].
Die Bindung des Wasserstoffs an Oxyde oder Alkalimetalle könnte
der Grund sein, daß in der Literatur der im Aluminium vorhandene
Wasserstoff manchmal in reversiblen und irreversiblen unterteilt wird
[146]1.
Das Abfiltrieren nichtmetallischer Verunreinigungen ist von A. BUK-
KELEY [209] genauer beschrieben worden. Durch die Entfernung des
Oxydes konnte bei Aluminium-Kupfer-Magnesium-Legierungen teil-
weise eine Verbesserung der Festigkeitswerte oder in einem anderen Fall
eine Verbesserung der Warmverformbarkeit festgestellt werden [209J.
Im allgemeinen wird man allerdings beim Filtrieren nur Oxydpartikel,
welche größer als ca. 10 bis 50 flm sind, erfassen.
Die Frage, ob feine Oxydsuspensionen im frischen Elektrolysemetall
vorkommen, ist von H. SCHMITT u. H. WITTNER [171] sowie A. DOMONY
[301] erörtert worden. Es ist jedoch schwierig, hierüber eindeutiges experi-
mentelles Material zu erhalten.

2.83 Bestimmung des Oxydgehaltes

Die Oxydbestimmung im festen Aluminium ist darum eine schwierige


Angelegenheit, da das Oxyd meist in Nestern auftritt. Oftmals wird in
Knetlegierungen ein Oxydgehalt zwischen 0,001 und 0,01 % gefunden,
wobei die genannten Werte u. U. in ein und derselben Probe vorkommen
können.
Zur Bestimmung des Oxydgehaltes gibt es zahlreiche Methoden: vor
allem eignet sich als Analysenmethode die Auflösung des Aluminiums in
Brommethanol (oder Jodmethanol) bzw. in trockenem HOl-Dampf. Bei
der letztgenannten Methode bleiben nur die wasserfreien Oxyde ungelöst
zurück, während bei der von O. WERNER angegebenen Brommethanol-
Methode auch die wasserhaltigen Oxyde erfaßt werden. Eine Übersicht

1 Inwieweit die Bindung des Wasserstoffs an Oxyde die durch Vakuumextrak-


tion oder anderen Verfahren ermittelte Gleichgewichtslöslichkeit des Wasserstoffs
im Aluminium beeinflußt, muß noch eingehender untersucht werden. V. P. IVANov
und A. G. SPASKIJ glauben nachgewiesen zu haben, daß die Wasserstofflöslichkeit
von oxydfreiem Aluminium wesentlich geringer ist, als diese z. B. in Abb. 50 und 51
angegeben wurde [336].
Lit. S. 193] 2. Xichtmetallische Verunreinigungen 95

über analytische Verfahren zur Oxydbestimmung im Aluminium geben


H. NOVOTNY und H. PONAHLO [231e].
S. BERTOLDI und F. CASALVOLONE [173] haben das Verfahren zur
Oxydbestimmung yon 0. WERNER [174] verbessert und vor allem auf
Gußlegierungen mit hohem Siliziumgehalt angewandt. Die Autoren
t>rhielten gut reproduzierbare Werte und kamen zu dem Schluß, daß
das Verfahren sich eignet, die bei der Aufarbeitung von Schrott an-
gewandten Raffinationsverfahren auf ihre Wirksamkeit zu kontrollieren.
Der typische Oxydgehalt beträgt im Hüttenmetall 0,01 bis 0,02% und
in einer Legierung mit 13% Si ca. 0,05% Al 2 0 a [173].
Ein neuerdings angewandtes Verfahren zur Ermittlung des Oxyd-
gehaltes in Schmelzen ist die Anwendung von Ultraschall: bei stark oxyd-
haitigen Schmelzen fällt das Bodenecho weitgehend fort [210]. Diese
Methode hat starke Beaehtung gefunden, denn bisher war es nicht mög-
lich, die .. Sauberkeit'· einer Schmelze vor dem Vergießen zu beurteilen
[211].
Bei der Herstellung und Untersuchung von Schmelzen, die künstlich
mit Oxyden angereichert wurden, gibt es manche Schwierigkeiten.
Vor allem ist es recht mühsam, reproduzierbare Mengen von Oxyd in
eine Schmelze einzubringen. Hierzu eignet sich z. B. Einschmelzen von
Blechen mit einer dünnen zuvor anodisch aufgebrachten Oxydschicht.
Diese kann sogar in einem Elektrolysebad mit einem kleinen radioaktiven
Zusatz hergestellt sein, so daß man in dem erstarrten Gefüge durch Auto-
radiographie die Verteilung der Oxyde ermitteln kann. Sodann kann
man auch durch längeres Durchleiten von Stickstoff in flüssiges Alumi-
nium steigende Oxydgehalte einbringen und Schmelzen erhalten, welche
für Ultraschall nicht mehr durchgängig sind 1 [212].

2.84 Einfl1lß dil'erser Verunreinigungen auf die Blasenbildung


beim Weichglühen

Beim Glühen von kaltgewalzten Blechen (Dicke 0,5 bis 5 mm) treten
gelegentlich Blasen auf, verursacht durch die Eindiffusion von über-
sättigtem Wasserstoff in geeignete Diffusionszentren. Diese Blasenbildung
tritt vor allem bei unsauberem Metall auf (hoher Oxyd- und/oder Wasser-
stoffgehalt ).
Es gibt verschiedene Ursachen für die Blasenbildung in gekneteten
Aluminiumwerkstoffen.

1 Das _-Uuminiumoxyd entsteht hierbei wohl hauptsächlich durch Zerreißen


der Oxydhaut beim Austritt der Stickstofl"blasen aus der Schmelzoberfläche in die
Luft.
96 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Der wichtigste Mechanismus der Blasenbildung besteht in der An-


sammlung von Wasserstoff an freien inneren Oberflächen. Solche können
beispielsweise durch Schrumpflunker, durch Hohlräume in der Nähe
harter Einlagerungen, durch Oxydnester, durch Anschmelzungen bei der
Lösungsglühung aushärtbarer Legierungen oder durch Plattierfehler ent-
stehen.
H. KosTRoN hat den Ablauf der Blasenbildung rechnerisch genauer
untersucht. Wir verweisen auf die Originalarbeit [146].
Die Wasserstoffaufnahme aus der Glühatmosphäre - z. B. beim
Weichglühen oder Lösungsglühen von Blechen - begünstigt die Blasen-
bildung. Der Einfluß des ursprünglichen Wasserstoffgehalts der Schmelzc,
aus der der Barren gegossen wurde, wird so unter Umständen verwischt.
Die Grenzflächenbildner - Poren, Einschlüsse, Lunker - werden als
"Blasenkeime" bezeichnet. Bei Vorhandensein sehr aktiver Blasenkeime
führt ein viel kleinerer Wasserstoffgehalt zur Blasenbildung, als wenn
weniger aktive Keime vorhanden wären. Es ist deshalb schwierig, Grenz-
wasserstoffgehalte anzugeben, unter denen keine Blasenbildung zu be-
fürchtcn wäre.
Ebenso schwierig ist die Definition eines "aktiven" Blasenkeims. Die
in Abb. 55 wiedergegebenen Hohlräume von einigen [J.m Durchmesser
dürften als Blasenkeime kaum in Betracht kommen, da sie ja praktisch
in allen Blechen vorhanden sind. Vielmehr dürften die durch ungeeignetE'
Gießtechnik entstandenen Grenzflächen (Oxydeinschlüsse oder größere
Gußporen) in vielen Fällen die aktiven Blasenkeime ergeben (siehe dazu
S. 157). Daß der in einen Hohlraum von mehr als 1 mm Durchmesser
eindiffundierende Wasserstoff während einer Glühung einen "Blasen-
deckei" von maximal einigen mm Dicke hochheben kann, wird anhand
von ALb. 51 ohne weiteres verständlich. Der Innendruck in der Blase
kann bei den üblichen Glühtemperaturen und Wasserstoffgehalten 10 bis
100 kp(cm 2 betragen.
Der Einfluß der nichtmetallischen Verunreinigungen auf die Blasen-
bildung ist noch weitgehend ungeklärt. Insbesondere ist der Einfluß von
Karbiden, Phosphiden und Nitriden noch Gegenstand der Diskussion
bzw. weiterer Untersuchungen [171].
Auch ist außer dem Natrium das Kalzium [171] oder das Kalium in
Wechselwirkung mit dem Wasserstoff von Interesse, wobei nach einer
neueren Untersuchung das Kalium bezüglich Blasenbildung eine wesent-
lichere Rolle zu spielen scheint als das Natrium [172]. Dies kann aber
wohl kaum als allgemeingültig gelten, bevor nicht weitere Untersuchungs-
ergebnisse vorliegen.
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 97

2.9 Beeinßussung der Eigenschaften des Aluminiums


durch den Gehalt an Wasserstoff und Oxyden

Durchschnittlich kommt nur ein Wasserstoffatom auf 106 Aluminium-


atome : daher überrascht es nicht, daß man bisher keine Eigenschafts-
änderungen des Aluminiums, welche durch den Wasserstoffgehalt her-
vorgerufen werden, direkt messen konnte.
Jedenfalls gibt es kaum zuverlässige Ergebnisse [146]. Die meisten
Befunde betreffen indirekte Folgeerscheinungen des Wasserstoffgehalts ,
wie Blasenbildung oder gesteigerte Warmbruchempfindlichkeit [230, 231].
Letztere stört z. B. beim Schweißen, Warmwalzen oder Schmieden: hier
treten oftmals kleine Risse nahe der Oberfläche auf, welche mit dem Gas-
gehalt unmittelbar in Zusammenhang stehen.
Der Einfluß des Wasserstoffgehaltes auf die Qualität von Schweiß-
nähten ist besonders eingehend untersucht worden. Literaturangaben
siehe z. B. bei [231a].
Schließlich sind einzelne nichtgesicherte Befunde zu erwähnen, wo-
nach durch Begasen des Aluminiums der Elastizitätsmodul erhöht bzw.
die Leitfähigkeit verringert werden soll [146, 170].
Die Reinigung des Aluminiums von Gas und Oxyden kann einen
markanten Einfluß auf die Festigkeitswerte ausüben [301], besonders bei
Gußlegierungen. Dies ist verständlich, denn das gereinigte Aluminium
zeigt ein erheblich bes~eres Fließvermögen als das oxyd- und gashaltige
Metall (siehe z. B. [278]). Aber auch im gekneteten Gefüge, ins-
besondere bei hoch festen Legierungen, können in Abhängigkeit vom
Oxydgehalt Unterschiede in den Festigkeitswerten festgestellt werden.
Ein zunehmender Oxydgehalt verringert insbesondere den Wert der
Bruchdehnung, teilweise auch der Zugfestigkeit, während die Dehngrenze
auf den Oxydgehalt nicht anspricht (was auch ohne weiteres verständlich
ist)!. Weitere Angaben hierzu s. S. 738.

2.10 Gasaufnahme und Entgasung von Aluminiumschmelzen


unter technischen Bedingungen

2.101 Obersicht

Unter~ucht man bei Aluminiumschmelzen annähernd gleichen Gas-


gehaltes die Gasabgabe durch Abstehen bei z. B. 700°0, so findet man,
daß selbst bei gleichem Wasserdampfgehalt in der Ofenatmosphäre bei
verschiedenen Schmelzen die Verringerung des Gasgehaltes durch die

1 Diese Bemerkungen beziehen sich auf kleinste Oxydgehalte, welche als zu-
fällige Verunreinigungen vorkommen, also nicht auf SAP und ähnliche Materialien.

7 Altenpohl, Aluminium
98 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Abstehbehandlung sehr unterschiedlich erfolgt. Geht man von einem


relativ niedrigen Gasgehalt aus, so nehmen gewisse Schmelzen sogar Gas
auf (Abb.69, Schmelze b). Solche Beobachtungen können auf zweierlei
Weise erklärt werden:
Die miteinander verglichenen Schmelzen haben unterschiedliche Ge-
halte an solchen Elementen, welche Wasserstoff binden.
Die miteinander verglichenen Schmelzen haben auf ihrer Oberfläche
Oxydschichten von stark unterschiedlicher Permeabilität für Wasserstoff-
atome oder von unterschiedlichem Reaktionsvermögen mit ·Wasser-
dampf.!
Generell ist daran zu erinnern, daß bei einer Abstehbehandlung der
Gehalt der Schmelze an vVasserstoff, Oxyden, Natrium und Salzresten
(Elektrolyt vom Reduktionsverfahren oder Salzpartikel von einer Salz-
wäsche) verringert werden soll.
Die Erfahrung zeigt, daß dies bei relativ hohen Gehalten an diesen
Verunreinigungen oder bei hohen Anforderungen an die Sauberkeit des
Metalles nicht mit einer einzigen Operation, also z. B. Abstehen bei
750°C, bewirkt werden kann. Oftmals werden zwei verschiedene Reini-
gungsoperationen nacheinander anzuwenden sein, von denen die eine
hauptsächlich die Oxyde oder das Natrium und die andere hauptsächlich
das Gas entfernt.
Es gibt auch Behandlungsverfahren, welche alle genannten Ver-
unreinigungen weitgehend entfernen, wie z. B. das Chlorieren. Aber auch
nach dem Chlorieren ist eine zweite Operation empfehlenswert, um die
hineingerissenen Oxyde aus der Schmelze zu entfernen (Abstehen oder
Filtrieren) .
Im folgenden werden wir die Faktoren, welche die Aufgasung und
Entgasung beeinflussen, einzeln abhandeln.

2.102 Gleichgewicht zwischen Entgasen und Begasen beim Abstehen


einer Schmelze. Einflußgräßen

2.1021 Wasserdampfgehalt in der Ofenatmosphäre. Das frisch aus der


Elektrolyse kommende Metall hat oft einen überraschend niedrigen H 2 -
Gehalt (z. B. 0,08 cm3 /100 g), nimmt aber im Kontakt mit dem Wasser-
dampf der Luft und der Tiegel- oder Ofenausmauerung rasch Gas auf
(bei einer Schöpftemperatur von ca. 900°C bis zu 0,5 cm3 /100 g).

1 Das in Abb. 69 wiedergegebene Verhalten von Schmelzen bei einer Absteh-


behandlung kann in wesentlich kürzeren Abstehzeiten bei Anwendung eines
schwachen Vakuums erkannt werden (z. B. bei 200 mm Hg in etwa 10 Minuten),
woraus sich ein praxisnahes Prüfverfahren zur Erkennung verunreinigter und daher
schwer entgasbarer Schmelzen herleiten läßt.
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 99

Unter technischen Bedingungen kann man die Wasserstoffaufnahme


fast ausnahmslos auf die Reaktion zwischen Aluminium und Wasser-
dampf zurückführen [231b]. Diese Umsetzung erfolgt bei der Reaktion
mit dem flüssigen Aluminium sehr lebhaft.
In Abb. 70 erkennt man, daß bereits in etwa 5 Minuten der Wasser-
stoffgehalt einer mit Wasserdampf reagierenden Schmelze auf 1 cm 3J100 g
ansteigen kann, wobei der aufgenommene Wasserstoff relativ schnell

Wasserdampf A
.-.......:::........
3}100g

7 V'" - I-

l// ..... -
I 1./'.
V
./

/-0- ~
l--O""""
2 6 8 70 72 74 min 76
Zell
Abb. 70. Diffusion des Wasserstoffes in geschmolzenem Aluminium (AI 99,8) bei 740'C. Die Schmelze
im Rohrschenkel A wurde mit einem darüber geleiteten Wasserdampfstrom begast (Kurve A).
Das Ansteigen des Wasserstoffgehaltes im Rohrschenkel B wurde durch Probennahme verfolgt
(Kurve B). I"änge des Diffusionsweges etwa 800 mlll (nach C. E. RA:\:SLEY u. D. E. J. THßOT [151]).

in die Schmelze hineindiffundiert (Kurve Bin Abb. 70). Will man daher
eine Schmelze absichtlich mit Wasserstoff anreichern, was beim Form-
guß erwünscht ist, so wird oftmals die Reaktion mit Wasserdampf als
Verfahren gewählt, z. B. durch Einrühren von feuchten Salzen.
H. KOSTRON hat die Gleichgewichtsverhältnisse bei der Aufnahme
von Wasserstoff aus Wasserdampf eingehend untersucht [146]. Wir
müssen uns auf einige kurze Zitate aus seiner Arbeit beschränken.
Die Umsetzung zwischen Wasserdampf und Aluminium erfolgt nach
folgender Formel: 2AI + 3H 2 0 -i> Al 2 0 a + 3H2 • Diese Reaktion läuft
um so rascher ab, je durchlässiger die Oxydhaut auf der Oberfläche des
Metalls ist.
Läßt man trockenen Wasserstoff bei 700°0 durch Aluminium hin-
durchperlen, so steigt der Gehalt des gelösten Wasserstoffs wesentlich
langsamer an als beim Durchleiten von feuchtem Wasserstoff oder Dampf
(s. Tab. 14) [175].
Tabelle 14. Abhängigkeit des Gasgehaltes von Aluminium vom Feuchtiglceitsgehalt
der Ofenatmosphäre (nach W. R. OprE u. N. J. GRANT [175]).

Temperatur gelöster H, in
Legierung Gasphase
'e em'/100 g

Al 99,99 700 H 2 trocken 0,9


H 2 feucht 3,89

7*
100 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Nach den Berechnungen von H. KosTRoN [146] ergibt sich zwischen


dem Partialdruck des Wasserstoffes in der Schmelze und dem Partial-
druck des Wasserdampfes in der Atmosphäre folgende Beziehung:
PH 2 :PH.O = 7,3.1014 •
Hieraus sowie aus Abb. 51 erkennt man, daß bereits bei einem relativ
kleinen Wasserdampf-Partialdruck an der Oberfläche der Schmelze die
Bedingungen für die Lösung von Wasserstoff im Aluminium sehr günstig
sind.
In typischen Ofenatmosphären kann der Wasserdampfgehalt sehr
stark schwanken. Er ist in Elektroöfen stets wesentlich tiefer als in
Flammöfen.
In Flammöfen sind die in den Verbrennungsgasen enthaltenen
Kohlenwasserstoffe für die Wasserstoffaufnahme unbedeutend, vielmehr
kommt es ausschließlich auf den Wasserdampfgehalt an.
Der Partialdruck des Wasserdampfes beträgt in Flammöfen oftmals
200 Torr und in Elektroöfen (bei normalem Wasserdampfgehalt der
Atmosphäre) ca. 30 Torr.
In Flammöfen sinkt während der Feuerung der Gasgehalt kaum unter
0,2 cm 3 /100 g, während beim Fehlen von Verbrennungsgasen der Gas-
gehalt durch Abstehen bis auf ca. 0,08 cm3 /100 g sinken kann (bei
"sauberem" Metall).

2.1022 Oxydschichten auf der Oberfläche der Schmelze. Die Einstel-


lung des Gleichgewichtes zwischen Entgasen und Begasen ist durch die
Oxydschicht auf der Oberfläche in starkem Maße gesteuert. Abb.71
zeigt dies für das Entgasen. Hier ist die Art der Legierung besonders
wichtig, da gewisse Legierungselemente sich in der Oxydschicht ansam-
meln [214].
Die Oxydschicht auf Aluminiumschmelzen ist wiederholt untersucht
worden. Ihre Zusammensetzung und ihr Verhalten ist relativ komplex.
Literaturübersicht siehe insbesondere bei [231 C, 231 d, 231e, 171]. Die
Krätzeschicht, welche auf einer Aluminiumschmelze anzutreffen ist, ent-
hält in der Hauptsache Aluminiumoxyd mit flüssigem Aluminium und
Salzresten durchmischt. Es treten gleichzeitig verschiedene AI 20 3 -Modi-
fikationen auf: Amorphes AI:Pa, yAl 20 a mit spinellartiger Gitterstruktur
(neuerdings vielfach als 1')AI 20 a bezeichnet) sowie diverse instabile und
teilweise wasserhaltige Oxyde [231 d, 301]. Inwieweit bei genügend ho her
Temperatur in einer Ofenatmosphäre sich aus den genannten Oxyden
Korund bildet, ist im einzelnen noch umstritten. Auf jeden Fall durch-
laufen die genannten Oxyde eine Alterung, in deren Verlauf sie vom
flüssigen Aluminium weniger gut benetzbar werden. Nach W. TRIELE
(231d] kann sich das metastabile yAl 20 a bereits bei 700°C in Korund
umwandeln.
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 101

Durch Legierungszusätze, welche unedler sind als das Aluminium,


wie z. B. Magnesium oder Kalzium, wird die Oxydbildung stark ge-
fördert, da sich undichte Deckschichten aus Mischoxyden mit relativ
hohem Sauerstoffanteil bilden. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie z. B.
der Einfluß des Berylliums (unedler als Aluminium): Bereits kleine
Berylliumzusätze verlangsamen die Oxydbildung deutlich, insbesondere
bei AIMg-Legicrungen (s. S. 658). Ein
4m~------~----~------~
Natriumgehalt der Schmelze begün- gjcmJ

-
stigt hingegen die Oxydbildung, teil- a __
weise durch den hohen Dampfdruck des
Natriums verursacht.
Die Menge der Krätze, welche durch ~
Abschäumen entfernt werden muß, ist ~
außer von der Legierungszusammen-
setzung insbesondere von der Herkunft
des eingeschmolzenen Metalls abhängig.
Je höher z. B. der Schrottanteil und je 2,550
kleiner die Partikelgröße des einge- 15 30 min 45
Absfehdauer
schmolzenen Schrotts sind, um so größer I I I
850 oe 800 150 700
sind die Mengen von Oxyd, welche auf 5ießfemperofur
der Oberfläche der Schmelze anfallen. Abb. 71. Gasabgabe aus einer Aluminium-
Auch der Feuchtigkeitsgehalt des schmelze in Abhängigkeit von Abstehzeit
und Gießtemperatur. Eine Schmelze
Schrotts bzw. der Ofenatmosphäre er- wurde von 850 ce innerhalb 45 Minuten
höht den Anfall an Oxyd erheblich. auf 700 e abgekühlt. Während dieses
0

Zeitintervalls erfolgte die Proben ahme


(nach G. OHIRA U. V. KONDIe [205]).
2.1023 Temperatur der Schmelze. Kurve a: Oxydhaut auf (Ier Schmelze
Der Einfluß der Temperatur der durch "Abschäumen" ständig entfernt;
Kurve b: Oxydhaut hlt anf der Schmelze
Schmelze auf die Entgasung ist in sei- verblieben.
nem Elementarmechanismus vorerst * Die Gashestinnnung erfolgte durch
Dichtemessung der unter reproduzier-
noch ungeklärt. baren Bedingungen erstarrten Proben
Durch empirische Untersuchung hat
sich gezeigt, daß es günstig ist, die zu entgasende Schmelze zunächst
auf ca. 840 0 e zu erwärmen und dann auf die eigentliche Abstehtem-
peratur (meist ca. 730 bis 780°C) abzukühlen [302].
Der Zweck der Erhitzung der Sehmelze auf z. B. 840 0 e ist ein mehr-
faeher:
Absinken des Natriumgehaltes durch Abdampfen bzw. Oxydation.
Besehleunigung der Absonderung der Oxyde durch die erniedrigte
Viskosität der Sehmelze.
Stärkere Umwälzung der Schmelze dureh Konvektion.
Unter 730 oe ist ein Abstehen weniger wirkungsvoll, vermutlieh haupt-
säehlieh wegen zu hoher Viskosität der Schmelze. Oberhalb 800 oe ist
102 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

die Gasaufnahme bereits zu sta,rk. Daher wird die Abstehbehandlung


einer Schmelze im Regelfall zwischen den beiden genannten Temperaturen
durchgeführt.
Ein anderes bewährtes Verfahren besteht darin, die zu entgasende
Schmelze zunächst kurz auf Liquidustemperatur oder auf eine Tem-
peratur zwischen Liquidus- und Solidustemperatur abzukühlen, wobei
eine teilweise Erstarrung einsetzt. Eine anschließende Absteh behandlung
bei ca. 750 bis 770°0 ergibt ein Hochsteigen von Oxyden, welche ab-
geschäumt werden können. Die vorherige Abkühlung (und eventuell
teilweise Erstarrung) der Schmelze scheint außer der Entgasung
ein Zusammen ballen der nichtmetallischen Verunreinigungen zu be-
wirken.
2.1024 Standhöhe der Schmelze während der Abstehbehandlung oder
während des Durchperlens von reinigenden Gasen. Die Erfahrung zeigt,
daß die Höhe der Schmelze bei der Abstehbehandlung nicht zu groß ge-
wählt werden soll (möglichst unter 500 mm). Dieser Befund kann auf
dreierlei Weise erklärt werden:
I. In Schmelzöfen findet man während der Beheizung oftmals einen
vertikalen Temperaturgradienten von ca. 1 grd/l0 mm Badhöhe.
Da man aber auch in den unteren Lagen der Schmelze mindestens
750°0 erreichen sollte (speziell zur Auflösung von Legierungselemen-
ten), kommt man bei Badhöhen über ca. 500 mm zu einer Ober-
flächentemperatur über 800°0, bei welcher die Gasaufnahme (bei
längerer Abstehzeit ) bereits zu stark wird.
11. Eine zu große Standhöhe der Schmelze erschwert das Herandiffun-
dieren des Wasserstoffs an die freie Oberfläche.
IH. Die unteren Teile der Schmelze stehen unter einem erheblichen
hydrostatischen Druck, was die Abscheidung von Wasserstoff in
Gasblasen erschwert oder unmöglich macht.
Ein Wasserstoffgehalt von 0,3 bis 0,4 cm3 /100 g entspricht in der
Schmelze einem Ent'wicklungsdruck von etwa 0,1 kp/cm2 •
Eine Standhöhe der Schmelze von 370 mm ergibt aber bereits
einen Druck von 0,1 kp/cm 2 , so daß somit eine Entgasung der
Schmelze durch Entweichen von Wasserstoff in Blasen nicht auf-
tritt, sobald das in Frage kommende Volumenelement Schmelze
tiefer als 370 mm unter dem Schmelzemeniskus liegt. 1
Der durch Abstehen oft erreichte Wasserstoffgehalt von
0,1 cm3 /100 g entspricht einem Entwicklungsdruck von 0,01 kp/cm 2
[177]; dieser Gasgehalt kann somit nur in einer Oberflächenzone der
Schmelze bis zu 37 mm unter der Badoberfläche erzielt werden.

1 Dies gilt für eine Schmelze ohne Konvektionsströmung.


Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 103

Die Theorie der Entgasung von Schmelzen beim Durchspülen mit ver-
schiedenen Gasen oder durch Vakuumbehandlung ist eingehend von
Y. DARDEL behandelt worden [168].

2.103 Resultate bei technischen Entgasungsverfahren

Folgende Entgasungsverfahren kommen in Betracht:


a) Durchspülen mit Gasen (z. B. d) Erstarren,
Stickstoff oder Chlorgas), e) Vakuumbehandlung,
b) Abstehen, f) Ultraschallbehandlung.
c) Salzbehandlung,
In der Technik beschränkte man sich bisher auf dieVerfahren a) bis e).
Im folgenden werden wir einige typische Entgasungsstudien be-
schreiben, welche mit dem verfeinerten STRAUBE-PFEIFFER-Test erfolg-
ten. Die meisten dieser Ergebnisse stammen von C. L. BRooKS [204].
In Abb.72 erkennt man die Entgasung einer Legierungsschmelze
durch Abstehen. In die Abbildung ist außerdem der Streubereich der
Messung eingetragen. Man sieht deutlich, daß das Meßverfahren bei
einem Druck von 2 bis 5 Torr für Schmelzen mit hohen Gasgehalten
einen zu großen Streubereich aufweist, der sich nach mehr als 8 Stunden
Abstehzeit merklich einengt.

2.1031 Entgasen durch Spülgase. In Abb. 73, Kurven a-c, wird die
Entgasungswirkung von Stickstoff sowie von Stickstoff-Chlor-Gemischen
und rcinem Chlor miteinander verglichen. Bereits ein Chlorgehalt von
10% in Mischung mit Stickstoff bewirkt fast die gleiche Entgasung wie
reines Chlor allerdings bei erheblich längerer Behandlungsdauer.
Die Verwendung einer Mischung von z. B. 90% N 2 und 10% Cl z hätte
betriebstechnisch manche Vorteile (die Gasmischung ist weniger korrosiv
als reines CI 2 ), jedoch bewirkt die Mischung, ebenso wie reiner Stick-
stoff, ein starkes Verspritzen des flüssigen Aluminiums beim Austritt der
Blasen aus der Badoberfläche, falls die Durchströmgeschwindigkeit etwas
zu hoch ist. Somit muß man für die Anwendung der Gasmischung genaue
Dosiergeräte benutzen. Unter vergleichbaren Bedingungen tritt dagegen
bei der Anwendung von Chlorgas ein ruhiges Wallen der Oberfläche auf,
wobei keine Oxydeinschlüsse entstehen.
Die Frage, warum ein Chlorieren des Aluminiums viel stärker ent-
gasend wirkt als eine Behandlung mit gasförmigem Stickstoff, ist wieder-
holt untersucht worden, ohne allerdings eindeutig beantwortet zu werden
[168,215,216,223a].
Eine Erklärung geht z. B. davon aus, daß das Chlorgas in der Schmelze
eine große Anzahl kleiner Blasen von verdampfendem Aluminiumchlorid
104 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

erzeugt. Trotz der in Tab. 15, S. 111, genannten Nachteile wird Ohlorgas
nach wie vor in größerem Ausmaß zur Reinigung von Schmelzen ein-
gesetzt. Die Verwendung von zersetzbaren Ohloriden ergibt nicht ganz
die Wirkung von gasförmigem Ohlor.
Im allgemeinen genügt für eine weitgehende Entgasung eine Ohlor-
menge in der Größenordnung von etwa 0,6 Gewichtsprozent, bezogen auf
die zu entgasende Schmelze. Verschiedene andere Faktoren sind gleich-
zeitig von Einfluß, insbesondere die Zuführmethode für das Ohlor, die
Temperatur der Schmelze, die Badhöhe und der Wasserdampfgehalt der
Atmosphäre [217).

2,8
g/cm
, i 4
2,8~~~~--~~-~-~
g/cm'
2, 7 2,7
50mm~ V V I"
I

2f
I
Ä' 2,6
2, 5
/ 1/ I .D- --

/' iI ~ 2,5 -
/
~2,4 -<:
../V I ~ 2,~
~2, 3 /C V I
I 2,3
2,2 / Unlerdruck Z.. 5mmHg 2,2

2, lP!
2,11 •

91
2,10 40 60 80 100 120 140
Behandlungsdauer
min 180

~o 2 J • 5 6 7 8 9 • nh~
Absiehdauer Abb. 73. Vergleich der Wirkung dreier
Entgasungsmittel beim Behandeln einer
Abb. 72. Entgasen einer Schmelze aus AIZnMgCu (US-
Schmelze aus AIZnMgCu (nach C. L.
Legierung 7075) durch Abstehen. Die beiden Kurven BROOKS [204]).
verbinden die Mittelwerte, während der Streubereich
durch die senkrechten Geraden angegeben wird. Me- Ofentyp : Offener Herdofen; Chargenge-
talltemperatur 730°C, Atmosphäre: Luft (nach C. L. wicht : 180 kg; Metalltemperatur : 705°C;
BROOKS [204]). Gasdurchsatz : 1401/h .
• Dichtebestimmung nach der Vakuummethode (ver-
feinertes RTRA UßE-PFEIFFER- Verfahren). Kurve a: Behandelt mit 100% Chlorgas;
Kurve b: Behandelt mit 90% Stickstoff
nnd 10% Chlorgas; Kurve c: Behandelt
mit 100% Stickstoff.
• Dichtebestimmung nach der Vakuum-
methode (verfeinertes STRAUßE-
PFEIFFER- Verfahren).

Man kann sich den Einfluß der einzelnen Faktoren auf Grund des
bisher Gesagten relativ leicht herleiten. So ist beispielsweise klar, daß
beim Entgasen mit Ohlorgas ein möglichst lang andauernder Kontakt
dcs Ohlors mit der Schmelze erwünscht ist, was für eine gewisse l\1indest-
Badtiefe beim Ohlorieren spricht [218]. Auf jeden Fall ist es erwünscht,
die Ohlorblasen möglichst fein verteilt einwirken zu lassen, was auch für
Entgasen mittels Durchleiten von Inertgas gilt [219].
Eine Ohlorierung ist besonders wirkungsvoll bei AIMg-Legierungen
unter der Voraussetzung, daß die Temperatur der Schmelze hoch genug
ist, damit das entstehende Magnesiumchlorid an der Reinigung der
Schmelze von Oxyden aktiv teilnimmt. Allerdings tritt während der
Lit.8.193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 105

Chlorierung ein merklicher Verlust an Magnesium auf, der aber berechnet


und daher ersetzt werden kann.
2.1032 Entgasen durch Abstehen. In Abb. 74a und b erkennt man
den Einfluß des Wasserdampfgehaltes in der Ofenatmosphäre auf die
Gasaufnahme. Beim Aufreißen der Oxydhaut durch Abschäumen tritt
die Reaktion mit Wasserdampf
2,8
bei einem um mehr als den Fak- gfcn!3
2,7
tor 10 kleineren H 20-Gehalt der 2,6
r- Wusserdumpfgenu!t \ /
in Ofenutmosphöre
Atmosphäre ein, als bei unver- \ I
sehrter Oxydhaut, wie man
durch Vergleich von Abb.74a
I---O/lg/I-- -2.7g/l- :--Vgjl-
\
tng/I
und b erkennt. Dies erläutert 2,2 \
auch, warum Verunreinigungen 2,7 \
"-...
oder Legierungselemente, welche
24 48 54 h 72
die Permeabilität der Oxydhaut a Absfehdauer
beeinflussen, einen so starken 48
Einfluß auf den Gasgehalt der g/cirr' O~gfl
47 .........
Schmelze haben. 2,5 \ r--.....

-
..........
Aus Abb. 75 geht hervor, 2,5 r--..... O,Zg/f- -
daß beim Abstehen die Ent- ~2,4 \ -r-
\
gasung durch kleine Chlorge- :§ 2,3
halte in der über der Schmelze
c::,
2.2 1"-
WusserdompfgehaJt
'-!.n Otenotmosphöre
~

befindlichen Atmosphäre sehr 2.7


begünstigt wird. Offenbar lok-
1- 0,5911
2 J 5 5 7 h8
kert das Chlor die Oxydhaut auf Absfehdauer
und begünstigt die Abdiffusion Abb.74a u. b. Gasaufnahme eiuer Schmelze aus
des Wasserstoffs. dem Wasserdampf der Luft (nach C. L. BROOKS
[204]).
Interessant ist der Einfluß Chargengewicht: 30 kg; Metalltemperatur: 730°0.
der Abstehwirkung auf den Ge- a) Der Metallspiegel blieb, ausgenommen bei der
halt der Schmelze an Oxyden Probennahrne, unberührt. Al 99; b) Wirkung einer
Bewegung des Metallspiegels. Der Metallspiegel
und anderen Einschlüssen. Im wurde mehrmals pro Minute mit einer mechani-
schen Vorrichtung durchstoßen. AIZnMgOu.
allgemeinen reichem sich Ver-
• Dichtebestimmung nach der Vakuummethode
unreinigungen sowohl am Boden (verfeinertes STRAUBE-PFEIFFER-Verfahren).
des Gießofens als auch nahe
der Oberfläche der Schmelze an. In welchem Ausmaß diese beiden stärker
verunreinigten Schichten in der Schmelze auftreten, hängt von den je-
weiligen Bedingungen ab. Jedenfalls kann man gelegentlich einen höheren
Blasenausschuß beobachten, wenn Barren, aus den obersten oder untersten
Schichten eines Gießofens hergestellt, mit solchen aus der Mittel-
schicht des Schmelzofens verglichen werden, in welcher das Metall ein
Minimum an nichtmetallischen Verunreinigungen aufweist. Am Boden
des Gießofens sammeln sich am ehesten nicht aufgelöste Legierungs-
zusätze an, deren Dichte höher ist als die der Schmelze.
106 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die Absonderung von eingeschlossenen Oxyden durch Abstehen ist


theoretisch noch wenig geklärt. An sich sollten die Oxyde eine Dichte
von ca. 3,4 g/cm3 haben und nach unten sinken. In Wirklichkeit sind die
Oxyde stark mit Aluminium und Gasblasen durchsetzt und steigen daher
meist nach oben.
Dazu reicht bei großen Partikeln (ca. 1 mm und größer) je nach Größe
und Dichte eine Abstehzeit von 30 Minuten bis 5 Stunden, während
feinere Oxydpartikel sich so
2.8
gjcm 3 aLZO%CI langsam bewegen, daß sie in
2,7
2,6 / aoz%CIz V--~ ~ technisch realisierbaren Zeiten
* 2,5 V / V kaum durch Abstehen beseitigt
~
i:i 2,4 i L L werden können.
c::. 2,3 / / / r"olmcCl z
2,2 / '/" 2.1033 Reinigen von
2,1
/// Schmelzen durch Salzbehand-
P lung. Für die Reinigung von
Z 3 hS
Abstehdauer Schmelzen werden immer wie-
Abb. 75. Wirkung geringer Chlorgehalte in der Ofen- der neue Salzgemische emp-
atmosphäre auf die Entgasung von Schmelzen aus fohlen oder ausprobiert. Fol-
AIZnMgCu (nach C. L. BROOKS [204]).
Chargengewicht: 27 kg; Metalltemperatur: 730"C;
gende grundsätzliche Gesichts-
Wasserdampfgehalt der Ofenatmosphäre : 0,5 g/1. punkte können herausgestellt
Der Metallspiegel blieb, ausgenommen bei der Proben-
nahme, unberührt_ werden [231 c] :
• Dichtebestimmung nach der Vakuummethode (ver- Theoretisch kann man die
feinertes STRAUßE-PFEIFFER-Verfahren). Salze unterteilen in "passive"
Abdecksalze, welche lediglich
die Oberfläche der Schmelze gegen Gasaufnahme abdecken, und "aktive"
Salze, welche Aluminiumoxyd aufnehmen oder Hydride bilden [220].
Als weitere Gruppe müssen dann die flüchtigen Salze erwähnt werden,
welche eine Entgasung durch Blasenbildung herbeiführen.
Mit der Reinigung durch Salzbehandlung wird oftmals das Einbringen
kleiner Anteile von Legierungskomponenten (zur Kornverfeinerung und
Veredelung) verbunden.
Bei der Zusammensetzung von Salzen zur Metallbehandlung kommt
es insbesondere darauf an, Schmelzpunkt und Viskosität des Salz-
gemisches entsprechend der vorgesehenen Anwendungstemperatur richtig
einzustellen. Viele der Salzmischungen enthalten einen größeren Prozent-
satz Kochsalz, dem aber in jedem Fall andere Salze (KOI, NaF, Na 3AlF 6
usw.) zugemischt werden, um den Schmelzpunkt des NaOI zu verringern
und um der Salzmischung eine gute Reinigungswirkung in Kombination
mit anderen Eigenschaften zu verleihen: Zum Beispiel wird durch den
Zusatz von Fluoriden bewirkt, daß auf der Oberfläche der Schmelze eine
trockene Krätze anfällt, welche somit nur wenig Aluminium enthält
[231c]. .
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 107

Fast alle Salzmischungen, welche verwendet werden, haben ein ge-


ringeres spezifisches Gewicht als die Aluminiumschmelze. Es gibt ver-
schiedene Verfahren, um einen innigen Kontakt zwischen flüssigem Salz
und der zu reinigenden Schmelze zu erreichen. Oftmals wird das flüssige
Salz auf der Oberfläche der Schmelze belassen und die Schmelze selbst
durch Rührbewegungen umgewälzt, so daß nach und nach alle Volumen-
elemente der Schmelze mit dem Reinigungssalz in Kontakt kommen,
welches insbesondere Oxyde aufnimmt.
Ein anderes Verfahren, Salze und Oxyde miteinander in Kontakt zu
bringen, ist in Abb. 77, S. 113, beschrieben. l
Man kann folgende 7 Hauptgruppen von Salzen unterscheiden [208,
221,291] :
1. Abdecksalze
Hauptaufgabe : Schutz der Oberfläche der Schmelze gegen Oxy-
dation und Reaktion mit Wasserdampf.
Bestandteile: Meistens eutektische Mischungen von Chloriden
(z. B. Natrium-, Kalium-, Kalzium-, Magnesium- und Barium-Chlorid)
Bei AlMg-Legierungen ab 1 % Mg und bei G-AlMg-Legierungen ab 3%Mg
verwendet man natriumfreie Gemische [332].
Durch Zusätze von Fluoriden wird eine Reinigungswirkung erzielt
(s. unter 3.).
Abdecksalze dienen an sich dem Zweck, die Gasaufnahme durch
Fernhalten von Wasserdampf zu verringern. Jedoch können Abdecksalze
bei einer stark wasserstoffhaltigen Schmelze die Entgasung verlangsamen.
2. Abschäumsalze oder Abkrätzsalze
Hauptaufgabe : Aufnahme von Aluminiumoxyd mit möglichst ge-
ringem Gehalt an metallischem Aluminium. Verwendung beim Ab-
ziehen von Krätze von Öfen bzw. beim Reinigen der Krätze.
Bestandteile: Mischungen von Fluoriden mit Chloriden (z. B.
Natriumchlorid und Kaliumchlorid), Karbonaten und Sulfaten. Die Mi-
schungen führen oft zu einer exothermen Reaktion. Diese kann z. B.
dadurch hervorgerufen werden, daß ein Teil der in der Krätze befind-
lichen Aluminium-Partikel, die kleiner als ca. 0,1 mm sind, mit Sauer-
stoffträgern oder der Atmosphäre reagiert. Hierdurch erhöht sich die
Temperatur in der Salzschicht, in welcher nunmehr die größeren Alu-
minium-Partikel in Gegenwart von Fluoriden sich zu relativ großen
Tropfen vereinigen und sich von der trockenen pulverförmigen Krätze
trennen [332].
1 Grundsätzlich gilt für alle Salze zur Behandlung von Schmelzen folgendes:
Sie müssen in trockenen Räumen gelagert werden, da die meisten Salze mehr oder
weniger hygroskopisch sind. Feuchte Salze können eine kräftige WasserstofI-
aufnahme bewirken.
108 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit.8.193

3. Reinigungssalze.
Hauptaufgabe : Die Salzmischung muß geeignet sein, Oxyde zu um-
hüllen und aus der Schmelze herauszutransportieren.
Bestandteile: Chloride des Natriums, Kaliums, Magnesiums, mit
Zusätzen von Fluoriden.
Diese Salzmischungen eignen sich auch, um Oxyde im kontinuier-
lichen Durchlaufverfahren aus dem Metall herauszuwaschen (Abb. 77).

4. Entgasungssalze
Hauptaufgabe: Verringerung des Wasserstoffgehaltes.
Bestandteile: Aluminiumchlorid, Manganchlorid oder Hexachlor-
äthan, teilweise in Kombination mit Salzen der Gruppen 2 und 3 und
kornverfeinernden Zusätzen (Fluoride von Titan und Bor). Andere Salze,
die Stickstoff und/oder CO 2 entwickeln, sind weniger wirksam.
Die Wirkung der typischen Entgasungssalze beruht darauf, daß beim
Tauchen in die Schmelze durch Zersetzung und/oder Reaktion mit dem
flüssigen Aluminium eine große Anzahl feiner Bläschen entstehen (in der
Hauptsache aus Aluminiumchlorid-Dampf), welche nach oben durch die
Schmelze perlen und dabei Wasserstoff aufnehmen.

5. Hydridbildende Salze
Hauptaufgabe: Bindung des Wasserstoffes als Hydrid. Hierdurch
wird der Wasserstoff daran gehindert, frei zu diffundieren und Porosität
zu erzeugen.
Bestandteile: Am besten eignen sich Mischungen, die zirkonhaltige
Salze enthalten, wie z. B. K 2ZrF s. Dieses Salz ist nicht hygroskopisch
und daher gut verwendbar.
Auch ein Zusatz von Natrium zu Aluminium wirkt hydrid bildend,
jedoch können die schädlichen Einflüsse des Natriums überwiegen
(siehe dazu auch S. 93).

6. Salze zur Veredlung von Aluminium-Silizium-Gußlegierungen


Hauptaufgabe: Einbringung von Natrium in Aluminium-Silizium-
Legierungen.
Bestandteile: Natriumfluorid, Natriumchlorid in stark variabler Kom-
bination mit anderen Salzen.
(Wegen der Wirkung der Veredlung durch Natriumzusätze ver-
weisen wir auf S. 184.)

7. Kornverjeinernde Salze
Hauptaufgabe : Anreicherung der Schmelze mit titanhaItigen Keimen
in möglichst feiner Suspension, die auch beim Umschmelzen erhalten
bleibt.
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 109

Bestandteile: Titan- und borhaltige Fluoride in Kombination mit


Hexachloräthan. Letzteres bewirkt durch Blasenbildung eine innige
Durchmischung des Salzes mit der Schmelze und ergibt außerdem feine
Kohlepartikel, welche Titankarbidkeime bilden können.
In der Praxis ist die Trennung zwischen diesen sieben Gruppen von
Salzen häufig nicht möglich. Oft werden Salze oder Gemische verwendet,
welche eine Kombination einiger der genannten Eigenschaften aufweisen.
Hierfür geben wir im folgenden zwei typische Beispiele:
I. In Frankreich verwendet man Zusätze von Kaliumfluorzirkonat
oder Kaliumfiuortitanat zur Entgasung und Kornverfeinerung. Die Be-
handlung mit einem spaltbaren :B'luorsalz dieser Art reduziert den Blasen-
ausschuß. Die innige Durehmisehung des Salzes mit der Schmelze wird
insbesondere in Induktionsöfen erreicht [222].
Die entgasende 'Wirkung von Zirkonzusätzen ist im einzelnen noch
recht unklar. Sie sch!'int am ehesten bei unlegiertem Aluminium fest-
stellbar zu sein, dessen Wasserstoffgehalt (z. B. 0,3 cm 3 /iOO g) durch einen
kleineren Zirkonzusatz (0,2 bis 0,3%) etwa auf die Hälfte zurückgeht.
Da in AIMg- und AISi-Legierungen die Löslichkeit des Zirkons sehr
viel kleiner als im unlegierten Aluminium ist, sollte in Legierungen mit
Zusatz an Magnesium oder Silizium die Bildung von Zirkonhydrid und
damit die entgasende Wirkung von Zirkonzusätzen gering sein [333].
Im allgemeinen erfolgt der Zirkonzusatz über zirkonhaltige Salze.
Jedoch sind die möglichen Umsetzungen dieser Salze oder von metalli-
schem Zirkon bei Zusatz z. B. zu AIMg-Legierungen (oder zu Magnesium)
nicht leicht zu überschauen. Beispielsweise geht der Wasserstoffgehalt von
MagncRiummetall durch kleine Zirkonzusätze stark zurück! [289].
M. F. ÜDlNA und l\1. V. SHAROV haben die Wirkung von K 2ZrFs-
Zusätzen auf Aluminium-Magnesium-Legierungen verfolgt [203]. Das
leicht handzuhabende, nichthygroskopische Salz setzt sich mit der
Legierung unter Bildung von Magnesiumfluorid um.
Das freiwerdende Zirkon bildet teils Hydride, teils wird es als metal-
lisches Legierungselement aufgenommen. 0,1 g Zirkon sollte bei 600 oe
theoretisch bis zu 18,4 cm 3 H 2 binden können [149].
Die Kornverfein!'rtmg durch das metallisch gebundene Zirkon ist sehr
markant. 2
1 Durch übersättigt gelöstes Zirkonhydrid erhält man beim Magnesium deut-
liehe Aushärtungseffekte, nicht aber beim Aluminium, da die Löslichkeit des Zir-
kons im Aluminium zu kkin ist r333J.
2 Interessanterweise weist auch das Titan eine hohe Löslichkeit für Wasserstoff
auf. Nahe dem Erstarrungspunkt des Aluminiums vermag das Titan sogar mehr
Wasserstoff zu lösen als das Zirkon [149]. Wird Aluminiumschmelze über stückiges
Titan geleitet, so soll der Gasgehalt der Schmelze zurückgehen, besonders deutlich
bei AISi-Gußlegierungen f288 aJ.
110 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Bei der Anlagerung von Wasserstoff an spezielle Legierungselemente


entsteht eine fortlaufende Reihe von Reaktionsprodukten, wobei z. B.
die Alkalimetalle definierte Hydride bilden, während der Wasserstoff an
andere Legierungselemente lockerer gebunden wird, beispielsweise in der
Form von Einlagerungs- oder Adsorptionsverbindungen [146]. Während
z. B. Zirkon und Wasserstoff ein salz artiges Hydrid bilden, handelt es
sich beim Titanhydrid um eine Einlagerungsverbindung [223].

Ir. In USA wird vielfach gut getrocknetes AlOl 3 in die Schmelze ein-
gebracht. Es bewirkt eine Entgasung bei gleichzeitiger Entfernung der
Oxyde. AlOl 3 erzeugt eine "trockene" Krätze, d. h. ein mit nur wenig
flüssigem Aluminium durchsetztes Oxyd, was die Metallverluste durch
Abschäumen gering hält.
Es ist ungeklärt, inwieweit das Aluminiumoxyd in flüssigen Salzen
in echter Lösung vorkommt. Hauptsächlich scheint bei der Aufnahme
von Oxyden in Reinigungs- oder Abschäumsalzen eine mechanische
Umhüllung der Oxyde vorzuliegen, wobei die Oberflächenspannung der in
Frage kommenden Phasengrenzen eine wichtige Rolle spielt und durch
die Salzzusammensetzung beeinflußt werden kann [217].
Die reinigende Wirkung der Salzmischungen beruht vermutlich dar-
auf, daß das flüssige Salz an der Grenzfläche Metall-Oxyd eindringt, da
die Summe der Grenzflächenspannungen von Oxyd-Reinigungssalz +
Aluminium-Reinigungssalz geringer ist als die Grenzflächenspannung von
Aluminium-Oxyd.

2.104 Zusammenfassender Vergleich technischer Entgasungsverfahren.


Hinweis auf neue, kontinuierliche Verfahren

Eine Bewertung neuerer Verfahren zur Reinigung von Aluminium-


schmelzen geben insbesondere R. J. KISSLING und J. F. WALLACE [231 cl.
Ein zusammenfassender überblick wird in Tab. 15 gegeben.
Es sind viele Verfahren zum Entgasen vorgeschlagen worden, dar-
unter auch Behandeln mit Ultraschall oder kontinuierliches Durchleiten
der Schmelze durch eine Unterdruckkammer.
In der Praxis werden aber außer dem Abstehen meistens chlorhaltige
Entgasungsmittel oder Stickstoff verwendet, wobei letzterer wesentlich
weniger wirksam ist, wie aus Tab. 15 hervorgeht [225].
In neuerer Zeit sind kontinuierliche Ohlorierverfahren stark in den
Vordergrund getreten, von denen zwei in schematischen Querschnitten
in den Abb. 76a u. b beschrieben sind. Die in der Abb. 76a beschriebene
Anordnung hat neuerdings in USA eine gewisse Bedeutung erlangt. Die
Anordnung gemäß Abb. 76b ist betrieblich problematisch (Verstopfung
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 111

Tabelle 15. Wirkung von 01 2 ,0 201 6 , AIOl a und N 2 als Entgasungsrnittel für
Leichtmetall-Schmelzen (nach J. E. DORE [225])

Hexachlor-
Chlorgas Al-Chlorid Stickstoff
Faktor äthan
Cl, AICl, N,
C2 CIs

Entfernung von Wasser- gut bis gut bis


stoff sehr gut sehr gut sehr gut gut
Beseitigung schwebender
Oxydpartikel sehr gut gut gut gering
Schaffung einer Schutzgas-
Atmosphäre über der
Schmelze gut gut gut mittel
Art und Metallgehalt der
gebildeten Krätzen
Art: trocken trocken trocken naß
Metallgehalt : sehr gering gering gering hoch
Verwendbar für:
Pfannen-Entgasung ja ja ja ja
kontinuierl. ja nein nein ja
Dosierbarkeit der Behand-
lung sehr gut gut gut sehr gut
Relative Kosten der gering bis
Entgasungsmittel gering mittel mittel gering
Hauptnachteil giftig korrosiv, korrosiv, hoher
und korrosiv am ehesten sehr hygro- Metall-
(Ventilation für skopisch gehalt
erforderlich) Pfannen- der
Mg-Gehalt Entgasung Krätze
jder Legierung geeignet
wird verring.

der Anlage bei Außerbetriebsetzung). Typische Verbrauchszahlen der


beiden kontinuierlichen Chlorierverfahren sind in Tab. 16 gegenüber-
gestellt [225].
Eine kontinuierliche Chlorieranlage, wie in Abb. 76a und b beschrie-
ben, sollte zweckmäßig in Kombination mit einer Filtration der Schmelze
verwendet werden: das Metall hat zwischen Chlorieren und Vergießen
meist nur 1 bis 5 Minuten Abstehzeit zu durchlaufen. Hineingerissene
oder vom Boden aufgewirbelte Oxydpartikel sind dann noch vielfach in
der Schmelze enthalten.
Da es sich hierbei um relativ grobe Oxydpartikel handelt, können
. diese durch eine im Anschluß an die Chlorierung durchgeführte Filtration
im allgemeinen entfernt werden. Fein verteilte Oxyde werden aber weder
112 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

durch Filtrieren noch durch Abstehen beseitigt. Daher wird durch das
kontinuierliche Chlorieren z. B. gemäß Abb. 76a eine Abstehbehandlung
als Reinigungsverfahren überflüssig.
Der große Vorteil einer kontinuierlichen Chlorierung unmittelbar vor
dem Vergießen offenbart sich beim Gießen großer Barren aus hochfesten

Schieber

-+
Fließrichtung der Schmelze
wiihrend der Einwirkung des
Chlorgases.

a
Abschiiumrampe Melallspiegel Abstichlach
Eintriftsöffnung fürungereinigte Schmelze
aus dem Schmelzherd
CI,-6as

=--==-_-=~
Eingabe der Schmelze
1F=;::::;;;;;;3I\ !Mallspiegel
---
~\~~ Al CI,-ZugabelDampf}
--4-
Oberlauf fürgereinigfes
\ +--,. renfgllstesJ
Metall

Abb. 76a n. b. Anlagen zur kontinnierlichen Reinignng von Schmelze (schematisch).


a) "Flux Bay" (nach KAISER ALUMINUM & CHEMICA.L CORPORATION [137]; b) "Dripolator"
(nach AWOA [181]).

Tabelle 16. Wirkungsgrad kontinuierlicher Schmelze-Reinigungsanlagen


(nach J. J. WEGNER [220J)

KAISER-Flux Bay ALCOA-Dripolator


Legierungstype MetaII- Chlorgas- I g Chlorgas
Durchsatz Durchsatz pro kg
MetaII-
Durchsatz
I Durchsatz
Chlorgas- I g Chlorgas
pro kg
tjStd. kgjStd. MetaII tjStd. kgjStd. I MetaII
I
AICuMg 3,5 bis 8 20 bis 40 5 bis 6 I
AIZnMgCu 4 bis 12 12 bis 40 3 bis 4 12 4,5 0,4
AIMgSi 4 bis 8 35 bis 40 5 bis 9 1,8 2,3 1,3
AIMg 10 9 0,9
Lit. S. 193] 2. Nichtmetallische Verunreinigungen 113

Knetlegierungen, bei denen der Gasgehalt oftmals bei 0,05 bis 0,08 cm 3 /
100 g liegen soll. Man kann so tiefe Gasgehalte auch im GieBofen erreichen,
wenn man 30 bis 60 Minuten lang kraftig chloriert; beim anschlieBenden
LeergieBen des Ofens aher kann die Schmelze je nach dem AusmaB der
Luftfeuchtigkeit ihren Gasgehalt wieder deutlich erhohen, so daB die zu-
letzt gegossenen Barren wegen zu
hohen Gasgehaltes AusschuB her-
vorrufen (z. B. Risse beiderWarm-
verformung der hochfesten Legie-
rungen). Diese unerwiinschte Er-
scheinung wird beim kontinuier-
lichen Chlorieren unmittelbar vor
dem VergieBen ausgeschaltet.
Eimi interessante Kombination
von Entgasen undAuswaschen von
Oxyden ergibt das in Abb. 77 dar-
gestellte Verfahren der kontinuier- Abb. 77. Anlage znm kontinuierlichen Reinigen
lichen Salzwasche: Der Oxydgehalt von Sclnnelze (Salzwăsrhe) (nach FosEco [186]).
einer stark verunreinigten Schmelze
geht dabei nach Angaben von R. G. DucKET von 0,013 auf 0,003%
Al 2 0 3 und der Gasgehalt von z. B. 0,25 auf 0,15 cm 3 /100 g zuriick
[208]. Die Wirksamkeit der Salzwasche wird durch Abb. 78 veran-
schaulicht.

0,6:1
Abb. 78. Wirkung einer Schmelzebehandlung in einer kontinnierlichen Salzwiische. Links STRAFHE-
PFEIFFER-Probe von behandelter Schmelze, rechts von unhehandelter Schmelze
(nach R. G. DUCKET [209]).

Es ist heute wohl noch nicht moglich, eine abschlieBende Bewertung


aller Vor- und Nachteile einer kontinuierlichen Salzwasche abzugeben.
Vor allem bestehen bei AlMg-Legierungen noch gewisse Probleme,
natriumfreie Salzmischungen einzusetzen. Anhand der bis jetzt vorlie-
genden Untersuchungsergebnisse diirfte aher die kontinuierliche Salz-
wasche in der zukiinftigen GieBereipraxis eine zunehmende Bedeutung
erlangen.

8 Altenpohl, Aluminium
114 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze rLit. S. 193

3. ll'letallkundlichc Probleme beim Gießen von Knetlegierungen

Von D. Altenpohl, Zürich

3.1 Einfluß der Erstarrungsgeschwindigkeit

Zum Gießen des unlegierten Metalls (Reinst- oder Reinaluminium-


oder von Knetlegierungen werdcn hauptsächlich drei Verfahren ver-
wendet, die sich in der Erstarrungsgeschwindigkeit jeweils um etwa eine
Größenordnung unterscheiden und in der folgenden Tab. 17 gegenüber)
gestellt sind.
Die in Tab. 17 genannten Abkühlzeiten beim Stranggießen gelten
für die meist verwendeten Abmessungen und Abkühlbedingungen. Beim
Stranggießen von Blöcken aus hochfesten Legierungen und mit großen
Abmessungen nehmen die Probleme, wie Seigerungen, Rißanfälligkeit
und Oberflächenfehler zu. Es muß äußerst vorsichtig abgekühlt werden;
nach T. L. FRITZLEN [232] wurden bei 800 mm Rundblöcken 79 Minuten
nach dem Guß in Blockmitte 450 oe und an der Außenseite 250 oe ge-
messen.

Tabelle 17. Gegenüberstellung deI' drei für Reinaluminium und Knetlegierungen


iiblichen Gießverfahren

Zeitintervall, in dem das soeben


Häufige lTorm des vergossenen Gieß· Erstarru.ngs. erstarrte Gefüge auf Temperatll'
querschnittes und typische verfahren gesehw111' ren über 400 ce verbleibt
Abnlessungen
(111111)
(Nr.)
digkeit
(em/min) nahe an der Bar-I i fil Innern des
renoberfläche Barrens

Rcchteckig
(Walzbarren) max. 1500 breit
Rund 100 bis 8000
I
100 bis 400 dick ( Kokillen· I
guß
(1)
1 bis 3 ca. 10 min* Ica. 100 min*
(Preßbolzen)
Quadratisch ca. 80 bis 150 {I Strang. I .
(Draht. Kantenlänge \ guß 5 bis 15 Ica. 0,5 min** [ca. 3 min**
barren) (2) I '
Rechteckig 6 bis 20 dick Band- 50 bis ca. 10 s bis ca. 1 bis 3min
(gegossene max. 1500 breit gießen 600 1 min
Platten oder (3)
Bänder)

* Für einen Barren oder Bolzen von ca. 200 mm Dicke.


** Beim Stranggießen mit direkter Wasserkühlung unter der Kokille.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 115

Folgende Hinweise bind zu dieser Ta belle zu machen:


Erstarrungsgeschwindigkeit. Diese ist über dem vergossenen Quer-
schnitt nicht gleichmäßig. Das in der Mitte des vergossenen Quer-
schnittes liegende Minimum der Erstarrungsgeschwindigkeit ist bei den
kontinuierlichen Verfahren (2 und 3) identisch mit der Vorschub-
geschwindigkeit des erstarrten Stranges oder Bandes!.
Difju8ionsvorgänge unmittelbar nach dem Erstarren. Hierfür kommt
das Temperaturintervall oberhalb 400°C in Betracht. Wegen der relativ
trägen Diffusion im Gußgefüge ist vor allem das Temperaturintervall bis
zu maximal 50 grd unter der Solidustemperatur wichtig, jedoch sind
hierfür wcgen mangelnder genauer Messungen Zeitangaben kaum mög-
lich.
Kornseigerung und Über8ättigung an Legierungselementen. Beide
Phänomene werden sowohl durch eine rasche Erstarrung, als auch durch
eine rasche Abkühlung nach dem Erstarren begünstigt.
Vor allem neigen Eisen, Mangan, Titan, Chrom und Vanadium dazu,
bei rascher Erstarrung und Abkühlung in übersättigter Lösung zu
bleiben. Bei Stranggußbarren sind oftmals langdauernde Barrenglühun-
gen knapp unter der Soliduslinie nötig, um die Kornseigerung und Dber-
sättigung abzubauen, was in technisch anwendbaren Zeiten (von max.
20 bis 30 Std.) nicht immer befriedigend gelingt.
Größe von Heterogenitäten. Weiter oben haben wir darauf hingewiesen,
daß bei langsamer Erstarrung (Kokillenguß) die Gußheterogenitäten
relativ grob anfallen, was vor allem bei heterogenen Legierungen sehr
nachteilig sein kann (N. Abb. 3:~ auf S. 41).
Gießverfahren. Der Kokillenguß ü;t heute wegen starker umgekehrter
Block8eigerung, hoher Porosität und relativ schwankender Qualität
weitgehend verlassen worden; der Strangguß herrscht nunmehr beim
Gießen von Barren oder Bolzen vor. Beim Gießen von Reinaluminium
und schwach legiertem Material (bis 1,15% Mn und/oder 2% Mg) sind
seit kurzem teilweise Bandgießverfahren im Einsatz. Die Auswirkungen
der hohen Erstarrungsgeschwindigkeit beim Bandgießen auf das Gefüge
sind noch Gegenstand weiterer Untcl'i-mchungen. Bisher konnte folgendes
festgestellt werden:

1 Je flaeher der Sumpf, um so geringer die Abweichung in der Erstarrungs-


geschwindigkeit über dem Querschnitt. Nur beim "Tütenguß" wird eine nahezu
ebene Erstarrungsfront realisiert. Tütenguß ist ein Mittelding zwischen Kokillen-
und Strangguß. Die Schmelze wird in eine dünmmndige Metallkokille ("Tüte")
gefüllt. Danach wird mittels Kühlwasser eine von unten nach oben fortschreitende
Erstarrung bewirkt. Das \'erfahren findet jedoch z. Z. in der Praxis wenig Ver-
,,-endung, obwohl der Tütenguß bezüglich Vermeidung von Gußspannungen und
umgekehrter Blockseig'PflllliI theoretis"h maneht' Yorteile hat [.'!:n. ,:!34].

8*
116 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Bei der sehr raschen Erstarrung tritt eine Übersättigung an Legie-


rungselementen, wie Eisen oder Mangan ein, welche über die beim
normalen Strangguß auftretende Übersättigung stark hinausgehtl.
Ein Vergleich der Gefügeeigenschaften von gegossenen Bändern mit
gegossenen Barren läßt erkennen, daß erstere - abgesehen von einer
durch schlechte Nachspeisung bedingten porösen Mittelzone, welche beim
Abwalzen verschweißt - ein dichteres Gußgefüge aufweisen. Dies äußert
sich z. B. darin, daß gegossene Bänder ohne Rißbildung unmittelbar
kalt abgewalzt werden können.
So sehr dieser Trend zu höherer Gießgeschwindigkeit wirtschaftlich
oder zur Vermeidung der umgekehrten Blockseigerung begründet ist,
gibt es dennoch Legierungen oder Endprodukte, bei denen die allzu
schnelle Erstarrung und Abkühlung Probleme hervorruft. Daher wird
z. B. beim Stranggießen von hochfesten Legierungen zur Vermeidung
zu starker Gußspannungen und beim Stranggießen von Reinaluminium
für Endprodukte mit geringer Neigung zu "Zipfelbildung" beim Tief-
ziehen eine künstlich verlangsamte Erstarrungsgeschwindigkeit gewählt.
(Einzelheiten dazu siehe unten.)
Bei der Erstarrung sehr kleiner Querschnitte kann die Erstarrungs-
geschwindigkeit noch um mindestens eine Größenordnung über die beim
Bandgießen angewendete gesteigert werden. Bringt man z. B. Schmelze
in Form kleiner Kugeln zur Erstarrung (0,5 bis 2 mm 0), so gelingt es,
Legierungen, welche beim Block- oder Bandgießen nicht mehr zu beherr-
schen sind, zu vergießen, wie Legierungen, mit über 8% Magnesium-
gehalt. Werden die Kügelchen anschließend zu einer Platte oder einem
Block zusammengesintert, so erhält man ein gut verformbares Gefüge,
sogar aus einer für den Blockguß "unmöglichen" Legierung.
Daher hätte das genannte Verfahren, kleine Kügelchen zu gießen und
diese dann zusammenzusintern, in Tab. 17 an sich als viertes erwähnt
werden können.
In USA wurden in einer ersten Anlage bereits größere Mengen von
Aluminiumlegierungs-Bändern nach dem genannten Verfahren her-
gestellt (Anwärmen des "Schrotes" z. B. unter Schutzgas auf 450 bis
550 °0, danach kontinuierliches Zusammensintern beim Durchgang
durch zwei hintereinander angeordnete Walzwerke). Auf diese Weise
wird ein Band von etwa 0,5 bis 1 mm Dicke und porenfreiem Gefüge
erhalten [339]. Das genannte Verfahren vermeidet alle Probleme bezüglich

1 Dies kann man an der Rekristallisationstemperatur leicht ablesen, welche auf


die Übersättigung von Eisen und Mangan empfindlich anspricht. Gegossene Bänder
von 6 bis 20 mm Dicke rekristallisieren nach normalem Warm- und Kaltwalzen bei
Reinaluminium 50 bis 100 grd bzw. bei der Legierung AIMn 100 bis 150 grd
höher als kalt gewalzte Bleche aus normalen Stranggußbarren (Blechdicke ca. 1 mm,
Kaltwalzgrad 40 bis 70%). Siehe dazu Abb. 284 auf S. 334.
Lit. S. 19B] B. ProblemE' bpim Gießen von Knetlegierungen 117

Blockseigerung und RIßbildung im Gußgefüge und ist somit für hoch-


feste und "unmögliche" Legierungen von besonderem Interesse.
Wir werden im folgenden hauptsächlich metallkundliche Erfahrun-
gen beim Stranggießen erörtern.

a.2 }'aktort'n, dit' beim Stranggießen zu beachten sind


\Yir werden zunächst die Grundbedingungen beschreiben, welche
unabhängig von der Legierungszusammensetzung gelten, also z. B. beim
Gießen von Reinaluminium.
'Weiter unten werden wir einige Hinweise auf die speziellen Verhält-
l1i:-;"e bei Legierungen geheIl.

3.21 Übersicht über die wichtigsten Variablen beim Stranggießen


Auf den ersten Blick scheint das kontinuierliche Gießen von Alu-
lIlinium ein relativ einfaches Verfahren zu sein.
Weiter oben haben wir aber bereits erfahren, daß im Gußgefüge eine
ganze Reihe von Phänomenen auftritt, deren Vielfalt überrascht. Ganz
ähnliches gilt nun aueh für die verschiedenen Variablen beim Strang-
gießen. Mehrere Autoren haben auf die Vielzahl der Faktoren hingewie-
:-;en [128, 235 bis 239]. In Tab. 18 wird ein überblick über die insgesamt
zu berücblichtigenden Faktoren gegeben und festgestellt, daß zahlreiche
davon miteinandcr in Wech::;elwirkung stehen [110].
Die Tabelle zeigt auch, daß bei der Aufzählung der Faktoren, welche
da::; Gußgefügc beeinflussen, bereits bei der Qualität des verwendeten
_.\ usgang8metalle8 begonnen werden muß, worauf die Technik im Schmelz-
und Gießofen, die t"berführung der Schmelze in die Erstarrungszone und
,;chließlich die zahlrpiehen Variablen des eigentlichen Gipßverfahrens zu
berücksichtigen sind.
SC'hließliC'h i::;t die Frage einer befriedigenden Barrenqualität noch
in starkem Maße von den Vcrfahren der weiteren Verarbeitung und den
Qualitätsanforderungen an das Endprodukt abhängig, was die Komplex-
heit des gesamten Problemkrcises weitcr erhöht. \Vir müssen uns im
folgenden auf die BcsC'hreibung einiger Beispiele aus der sehr umfang-
reichen Praxis be8ehränken und verweisen dabei auf die einschlägige
l . iteratur: t"bersiC'ht siehe z. B. [235].

.3.2:2 Hil/weis auf die Wichtigkeit des Verständnisses für die in Frage
kommenden Grundlagen
Die Bemühungen, neue Varianten oder Kombinationen der 18 Fak-
toren zu finden, welche in Tab. 18 aufgeführt werden, gehen stetig
weiter, und zwar sowohl von der konstruktiven Seite (neuartige Ver-
118 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Tabelle 18. Faktoren, welche die Barrenqualität beim Stranggießen beeinflussen

Einflnßgrößen (A. B)
Resultierendes Gefüge (C) Art des Einflusses

A Metallische Legierungselemente 1. Legierungszusätze


2. Natürliche Verunreinigungen
B Nichtmetallische Verunreini- 3. Qualität des Einsatzmetalles
gungen der Schmelze sowie 4. Schmelztechnik
Verteilung der Legierungsele- ri. Reinigung der Schmelze (Abstehen
mente und Verunreinigungen lassen, Durchwaschen mit Gasen odllr
in der erstarrenden Schmelze Salzen)
6. Temperaturen und Zeiten in Schmelz-
und Absteh-Ofen
7. Strömungsbedingungen und Wärme-
ableitung aus der Schmelze während
der Überführung in die Erstarrungs-
zone
C Gefüge des Barreninnern und im 8. Anwesenheit wirksamer Kornver-
Bereich der Gußhaut. feinerer
Korngröße, 9. Geometrie der Zufuhr der Schmelze
Blockseigerun/!:, in den Sumpf
Kornseigerung, 10. Temperatur der in die Kokille ein-
lokale "Wolken" unterschied- fließenden Schmelze
licher Anordnung von Legie- 11. Gießgeschwindigkeit
rungselementen, 12. Abmessungen der Kokille
Oxydnester, 13. Art der indirekten Kühlung
Gasporen, 14. Art der direkten Kühlung
Schrumpflunker, 15. Oberfläche der Kokilleninnenwand
Ausschwitzungen, (gerieft oder ungerieft, geschmiert, ge-
KaltschweißsteIlen schlichtet)
16. Höhe des Metallspiegels in der Kokille,
Schwankungen des Schmelze-
meniskus
17. Form des Luftspaltes zwischen Ko-
kille und erstarrendem Barren
18. Frästiefe am Barren
sowie Faktoren: 1 bis 7

fahren) als auch von der Produktionsseite (verbes8erte Verfahrens-


technik mit konventionellen Anlagen).
Gegenwärtig kann man deutlich eine Entwicklungsphase zur Ver-
feinerung des kontinuierlichen Gießens erkennen:
Verbesserte Systeme von Öfen, wirkungsvollere Reinigungsverfahren
der Schmelze oder günstigere Transfersysteme werden eingeführt.
Hierbei ist man z. B. bemüht, Oxydeinschlüsse und Gasgehalt gering
zu halten und die Schmelze der Erstarrungszone zur Erzielung eines
optimalen Gefüges möglichst gleichmäßig und ohne Turbulenz zuzu-
führen.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 119

Das eigentliche Gießverfahren hat viele Wandlungsmöglichkeiten ;


so kann z. B. die Sumpftiefe oder die Erstarrungsgeschwindigkeit um
den Faktor 2 bis 5 variiert werden.
Diese wenigen Beispiele werden zitiert, um zu zeigen, wie tief-
greifend die Wandlungsmöglichkeiten des Stranggießens von Aluminium
sind.
Viele Entwicklungsarbeiten am Stranggießen bauen auf empirischen
Erfahrungen auf. Ein grundlegendes Verständnis der in Frage kommen-
den Elementarvorgänge ist jedoch wünschenswert, um Verbesserungen
oder grundlegende, neue Lösungen auszuarbeiten. In dieser Hinsicht
verdienen verfeinerte Untersuchungen, z. B. des "Wärmehaushaltes"
beim Stranggießen. besondere Beachtung.

3.3 Geometrie der Erstarrungsfront, Wärmeableitung, innere Spannungen


und Rißbildung beim Stranggießen

Im vorliegenden Absatz beschränken wir uns darauf, einige typische


Untersuchungen über die Grundlagen des Stranggießens zu behandeln.

3.31 Lage der Erstarrungs/ront

Der Zufluß der Schmelze zur Erstarrungsfront hat starken Einfluß


auf Sumpfform und Gußgefüge, siehe z. B. [60, 240 bis 244] und Abb. 79a,
bund 80a, b.
Es hat daher nicht an Versuchen gefehlt, die vielen möglichen
Varianten in der Schmelzezufuhr rechnerisch zu erfassen [235], oder
durch Modellversuche, z. B. mit 'Wasser, zu klären [245].
Dennoch ergeben sich die meisten Maßnahmen bezüglich der Schmelze-
zufuhr auch heute noch aus empirischen Feststellungen, von denen einige
hier und weiter unten beschrieben werden.
Ein globulitisches Gefüge bei Strangguß hat zur Voraussetzung, daß
Keime in einigem Abstand vor der Erstarrungsfront entstehen. Ein
wichtiger Mechanismus, der hierfür in Frage kommt, ist eine Durch-
mischung von kälteren Volumenelementen der Schmelze mit wärmeren,
wie dies bei dem in ALL. 79L gezeichneten Einlaufsystem durch vertikale
Düsen gegeben sein dürfte.
Wenn dagegen, wie Leim horizontalen Eintritt der Schmelze, die
Geschwindigkeit des zufließenden Metalls nahe der Erstarrungsfront
niedrig ist, bleibt die Keimbildung vor der Erstarrungsfront unter Um-
ständen aus, falls nicht z. B. durch Titan-Zusatz für das Auftreten freier
Keime gesorgt wird, wodurch man globulitisches Gefüge auch bei lang-
120 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

samer Zuflußgeschwindigkeit der Schmelze nahe der Erstarrungsfront


erhält.
Die Lage der Liquidus- und Solidusfläche kann mit verschiedenen
:Methoden sichtbar gemacht werden. Das rasche Ausgießen des Sumpfes
oder das Abtasten der Sumpfform
Melalleinlauf mit einer mechanischen Sonde (Eisen-
stab) gibt gute Aufschlüsse über die
Kokille == Lage der Liquidusfläche, ebenso das
rasche Zugeben eines Legierungszu-
satzes zur Schmelze, z. B. einer
Kupfer-Vorlegierung bei kupfer-
a freiem Material (s. Abb. 81) [128,
Melalleinlauf 235, 246].
Auch die Zugabe von geringen
radioaktiven Zusätzen eignet sich
Kokille zur Ermittlung der Sumpfform und
macht die gesamte Breite des Er-
': starrungsintervalles kenntlich [128,
Wasser~ 248].
1\1

b ~r Besonders geeignet ist die Zugabe


Abb. 79a u. b. Walzbarrenguß mit waage- von 0,0001 % radioaktivem Gold:
rechtem und senkrechtem MetaJleinlauf(nach
W. ROTH U. M. SCHIPPERS [60]).
Es können - ohne besondere Sicher-
a) Walzbarrenguß mit waagerechtem Metall- heitsrnaßnahmen - noch 5 bis 6 Tage
einlauf mittels Verteilbecher; b) Walzbarren- nach dem Gießen deutliche Auto-
guß mit MetalIeinlauf durch zwei senkrechte
Düsen. radiographien erhalten werden [249].

Abb. 80a u. b. Gußgefüge von Strangguß-Walzbarren aus Reinaluminium bei waagerechtem und senk-
rechtem Metalleinlauf (nach ALUSUISSE).
a) Waagerechter MetaJleinlauf nach Abb.79a. Gefüge besteht vorwiegend aus Fiederkristallen;
b) Senkrechter Metalleinlauf nach Abb. 79b. Globulitisches feinkörniges Gefüge.
Lit. ~. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 121

\v. ROTH hat versucht, die Sllmpftiefe von Rundbarren rechnerisch


zn erfassen [236].
Die Lage der echten Solidusfiäche ist allerdings nicht leicht zu ermit-
teln. speziell bei Legierungen mit breitem Erstarrllngsintervall [249].
Sogar bei Reinaluminium kommen starke Zerklüftungen der Rest-

= 1:1 Abb.82. Form des Sumpfes als Funktion


Abb. 81. :;;ichtbanllileheJl Jef SUHlllffoflll heim GIlß der Gießgeschwindigkeit beim Strang-
von ReinaluminiuIll durch ZugelJen von Kupfervor- gießen von Wnlzbarren (nach D.lIf. LBWlS
legierung . Längsschnitt durch eillen ReinalulHi- u. J. SAVAGE [235]).
uiulll-Rul\Llbarren. ge~en Gießende wunle (Iem ----- Gießgesrhwindigkeit 10 cm/min;
11etall eille Knpfervorlegierung zugesetzt. daller 15 cm/min;
\lf'lItliehf' Abzeichnnng der Sumpfform l1n gr,üzfell 20 cm/min;
Gefüge (na("h AL{·~rT~~E). 25 cm/rnin.

schmelzeadern nahe bei lokalen Ansaugzentren vor. Besonders in den


Oberflächenzonen der Barren ist daher die Ermittlung der Solidus-
fläche problematisch [128, 243, 250].
In Abb. 82 wird der Einfluß einer variierten Gießgeschwindigkeit
auf die Sumpfform beschrieben.
122 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

3.32 Lage der Isothermen im Barren


W. ROTH hat wohl als erster entsprechende Berechnungen und
Messungen vorgenommen [246].
Die Berechnung des Wärmehaushaltes beim Stranggießen wurde
von H. KLEIN [251] und J. CZIKEL [252] weiter verfeinert.

7.5cm!min 22.5cmjmin

30

35

cm
40
Allh. tla. Verlauf der Isothermen in Rundbarren bei zwei verRchiedenen Gießgeschwindigkeiten
(nach D. M. LEWIS [128]).

Eingehende Messungen und Berechnungen wurden sodann von


D. M. LEWIS und J. SAVAGE [235] und D. M. LEWIS [128] angestellt.
Diese Autoren geben auch ein umfassendes Literaturverzeichnis.
Im allgemeinen ist die m.athematische Behandlung des Strang-
gießens noch unbefriedigend. Die Gestalt der Sumpfform und die Lage
der Isothermen nahe der Solidusfläche hängen z. B. in starkem Maße
vom Einlaufsystem ab.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 123

Besser steht es mit der Berechnung der Isothermen, die weiter von
der Erstarrungsfront entfernt liegen, aber gefügemäßig weniger wichtig
sind.
Beachtlich sind die Messungen von D. M. LEwIs und Mitarbeitern
mit Hilfe eingefrorener Thermoelemente und die Ergebnisse ihrer elek-
trodynamischen Analogie betrach -
tungen [128, 235], Abb.8:3 gibt
typische Meßergebnissc von D. M.
LEWI"; wieder. UnbE'friedigend ist
bei allen Messungcn diE' Ungewiß-
hpit über die Lage der IsothE'rmen
nahe der Kokillenwand und im
Bereich des Einsetzen" der direk-
ten Kühlung [1281- Eine der Ur-
---r--h--/{üh!- ~
sachE'n liegt darin. daß im BE'-
o Wirkung der ~
l"E'ich des Schrumpf8paltes der ? Sprühdüse am unfe.J!
\\'ärmeübergang untcrbrochcn ren Kokillenrand §
c::
wird (Abb. 84). und zwar in eiJ1E'r ",c. 0.0

~
Weit'c, dic von Zufälligkciten '"~ 15 ~
stark abhängt [143.243,2501. c,
c::
Gam allgemein haben D. M. --2 'Co
oQ

LEWIS und J. SAVAGE bei ihren '"


U ntcrsuchungen l23;jJ festge- 20
stellt, daß nur ungefähr 15 Pro-
zent der Erstarrungswärme eine,.;
cm
Barrens über die Stranggußko-
kille abgeleitet werden, während 1M
das Kühlwasser unterhalb der
Kokille anschließend dic rest- AblJ. 84. 'relllperaturgra(Uent und V{ärme-
übergang in der äußersten 6 IHm dicken
lichen 85 Prozent aufnimmt. Randzone eines Rundbarrens von 225 mln
"ViI' werden in Abschn. :3.7 DurchmeHHer als Funktion des Abstands von
<ler Oberfläche der Schmelze (nach D. M.
noeh darauf eingehen. I,RWIH [128]).

3.33 IlIllerp Spannungen

Solange die Isothermen im Barren nicht ganz flach verlaufen (Tüten-


guß). müsscn nach dcm Erstarren innere Spannungen vorliegen. Diese
wurden zuerst mit der SAcHs"when Ausbohrmethode untersucht [253].
Die Größe der Spannungen wurde sodann von G. SEEGER [2541 ge-
!lauer geprüft, und 7:war durch Messung der Längen- und Dicken-
änderung yon Klöt7:('hen. die aus dE'n mit inncren Spannungen be-
124 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

hafteten Barren herausgetrennt wurden 1. In Abb. 85 ist ein typisches


Ergebnis aufgezeichnet.
Im Innern eines Rundbarrens herrschen nach den Ergebnissen von
G. SEEGER allseitige Zugspannungen, außen dagegen Druckspannungen.
Bei Aluminium-Kupfer-Magnesium-Legierungen treten Spannungen bis
zu 12 kp/mm 2 auf, was der Dehngrenze des Gußgefüges entspricht.

13
(p/mm z fangenfia/
8
4
0
-4

.,c::
""c::c:::::. 4
.,c::
~ 0
-4
8

0
-4 Blockmiffe J
Abb.85. Gußspannungen in einem Strangguß·Rund· Abb.86. Zonen der Druck· uud Zugspan·
barren aus AlCuMg (nach G. SEEGER [254]). Bungeu in einem Walzbarren (nach W. A.
-;- Zugspannungen - Druckspannnngen LIWANOW [255]).

W. A. LIWANOW [255] findet bei Walzbarren nahe den Schmalseiten


Zugspannungen (Abb. 86). Diese werden auf die an den Schmalseiten von
drei Seiten erfolgende Abkühlung zurückgeführt.
Bei der Beeinflussung der inneren Spannungen zur Vermeidung von
Riß bildung spielen Gießgeschwindigkeit und Barrenquerschnitt eine
bevorzugte Rolle [235, 236, 256].
In Abb. 87 u. 88 werden einige diesbezügliche Erfahrungswerte ver-
mittelt.
Bei Schmiedeteilen oder Stranggußbolzen großer Durchmesser aus
hochfesten Legierungen (z. B. bei der Legierung AlZnMgCu) sind die
inneren Spannungen ein solches Problem, daß man neuerdings in USA
in einer ziemlich umständlichen Prozedur die Abkühlungsspannungen
durch Erhitzungsspannungen umgekehrten Vorzeichens beseitigt [257].

1 Die von G. SEEGER untersuchten Walzbarren waren bereits sechs Jahre ge-
lagert, was die Ergebnisse beeinflußt haben kann.
Lit. ~. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 125

Hierzu kühlt man den Barren z. B. in flüssigem Stickstoff ab und erwärmt


ihn dann möglichst rasch mit überhitztem Dampf, worauf der Barren
anschließend bei Raumtemperatur 48 bis 84% seiner ursprünglichen

z:;
1~lr
, Q2
78 \

ib
1\
b2 \

Qll\ \
,I \
c\ \\, 1\
I
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c2\ .~ ~
~. ~ ~ r-
! ~
I'----400"-mmf::--bOO
c 100 200 300
Blockdurchmesser
.Abo. l::\i. _-\.bhängigkeit der lttaximalell GieIJge· Abb. 88. Zusammenhang zwischen Rlack-
~('hwindigkeit vom Blockdurc1nllcsser und Legie- dicke. Gieß geschwindigkeit nnd Neignng zur
rungstyp. Rißbildung bei gegebenem Seitenverhältnis
(11 , . ". naeh U. PORItO H. 1'. LmIBARDl [256]) (nach W. A. LIWANOW [255]).
(11,. b,. c, nach W. HOTH [23Ii]). iJ maximal zulässige nIackdicke bei gegebe-
Kurve a 1 : ReinalUIllinium und nlchtrißanfä1ligp nem Seiten verhältnis ; C zulässige Gieß ge-
Legierungen Kurve ('1: Stark rißanfällige I~egip­ ,chwindigkeit. die bei der Blarkdicke bein-
rnngen; Kurve (12: ReinallullilliuIll und eutekthwhe wandfreien Guß gewähr]f'i~t.pt.
T.pgierungptl; Kurve b2 : Nichtri ßanfäl1igr IJrgierun-
U"Pll: hnrVf' ('2: Hiß;\llfillligp T.f'gierllll~f'll.

Spannungen verloren hat l258, 259]. Dieses Verfahren ermöglicht emen


Abbau der Spannungen ohne merkliche Warmaushärtung.
Die Spannungen im Gußblock sind bei der Rißbildung maßgebli()h
beteiligt, worauf im folgenden eingegangen wird.

3.34 Rißbildung beim Stranggießen

Die Rißbildung it;t nach don Arbeiten von W. ROTII [236] und
W. A. LIWANOW [255] insbesondere mit folgenden Faktoren ver-
knüpft:
1. Spannungsverteilung im heißen bzw. kalten Block. (Zu beeinflus-
sen durch die Gießbedingungen. insbesondere durch die Art der \Värme-
abfuhr.)
126 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

2. Temperatur, bei der die Risse auftreten (Warm- bzw. Kaltrisse).


3. Blockabmessungen
4. Legierungstyp
5. Kleinere Legierungsvarianten (besonders wichtig bei Warmrissig-
keit).
Außer diesen mehr grundlegenden Faktoren kommen zahlreiche
Maßnahmen der Gießereipraxis hinzu, wie Vorbehandlung der Schmelze,
Gehalt an nichtmetallischen Verunreinigungen, Zufuhr der Schmelze
zur Erstarrungsfront [236].
Wir können hier nicht auf Einzelheiten eingehen, sondern wollen
einige typische Beispiele zitieren:

3.341 Vergleich von Flach- und Rundbarren. Die Spannungsverhält-


nisse bei diesen beiden Barrentypen sind sehr unterschiedlich [255].
Nach den Untersuchungen von W. ROTH [236] gelten daher beim
Gießen von hochfesten Legierungen zur Vermeidung von Rissen je nach
dem Barrenformat unterschiedliche Regeln:

3.342 Kaltrisse. Zur Vermeidung des Reißens muß bei Rundbarren


zur Erzeugung eines flachen Sumpfes und damit geringer radialer
Spannungen möglichst langsam gegossen werden.
Im Gegensatz dazu wird bei Flachbarren ein tiefer Sumpf zur Unter-
drückung der Risse angewandt, indem entweder die Gießgeschwindig-
keit erhöht oder die Wärmeabfuhr an den Breitseiten des Barrens
verringert wird [236, 255, 260].
Auch die Drosselung der Wärmeabfuhr an den Schmalseiten des
Barrens kann sich günstig auswirken [261].
Bei hochfesten Legierungen treten meistens Kaltrisse auf, d. h.
die nach dem Abkühlen entstehenden Spannungen führen zu größeren
Rissen - gelegentlich erst geraume Zeit nach Abschluß des Gießens.
Die von W. ROTH [236] gegebene Unterteilung der Maßnahmen zur
Unterdrückung der Risse bei Rund- und ~~lachbarren ist vielleicht nicht
für alle Fälle gültig. Zum Beispiel werden Rundbarren großer Querschnitte
aus hochfesten Legierungen so gegossen, daß die Kühlung unterhalb der
Kokille durch Wegblasen des Kühlwassers [262, 263] oder ähnliche Maß-
nahmen eine Zeitlang unterbrochen wird. Hierdurch wird bewirkt,
daß die Abkühlung des erstarrten Stranges verzögert wird und daher
über seinen Querschnitt relativ gleichmäßig erfolgt, was die Spannungen
vermindert.

3.343 Warmrisse. Diese treten meist in der Gestalt feiner Risse auf,
die oft nur schwer zu erkennen sind. Von diesen Rissen werden ins-
besondere die Legierungen des Typs AIMgSi sowie AIMn und AIMgMn
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 127

befallen, teilweise auch Reinaluminium. Die Risse treten unmittelbar


nach dem Erstarren auf und können vielfach durch geringe Änderung der
Legierungszusammensetzung beeinflußt werden, vor allem durch Ver-
änderung des Verhältnisses Eisen:Silizium. Beträgt dieses (bei Rein-
aluminium oder AIMn) 1: 1, oder hat man sogar einen Silizium-Überschuß,
so sind die Warmrisse begünstigt, während sie bei einem deutlichen
Eisenüberschuß ausbleiben [255).
Die Warmrissigkeit tritt bei Legierungen mit schmalem Erstarrungs-
intervall dann auf, wenn ein verhältnismäßig tief schmelzendes Eutekti-
kum zwischen den nahezu erstarrten Körnern auftritt. Bei Reinalu-
minium mit 99,0 bis 99,7% Al ist bei Fe>Si die Erstarrung der Korn-
grenzen spätestens bei 611 bis 615°C beendet, während bei Si>Fe
die Erstarrung unter Umständen erst bei 575 bis 577°C abschließt
[143, 264, 265, 267]. Hierbei spielt die Kornseigerung eine wichtige
Rolle, vor allem in den Außenzonen des Barrens [143].
Kornverfeinernde Zusätze wirken sich günstig auf die Rißanfälligkeit
aus [261J.
Hauptsächlich in England sind Untersuchungen durchgeführt
worden, bei welchen die Warmbrüchigkeit verschiedener Legierungen im
Zusammenhang mit Problemen beim Schweißen oder Formgießen ge-
prüft wurde [264, 265]. Manche dieser Ergebnisse sind auf die Warm-
rissigkeit beim Strangguß unmittelbar zu übertragen [236, 266]. Die
Warmrissigkeit wird in neuerer Zeit mit der geometrischen Form der
~.\nordnung der Restschmelze im teilweise erstarrten Gefüge in Verbin-
dung gebracht, welchE' von der Legierungszusammensetzung in starkem
Maße abhängt [267al

3.4 Einfluß von Gießgeschwindigkeit und ßarrenformat auf Rißbildung,


Sumpftiefe und Korngröße
Neben der Gießgeschwindigkeit hat das Barrenformat besonders
starken Einfluß auf die Rißbildung. Wie Abb. 87 zeigt, stimmen die
Erfahrungswerte nicht unbedingt überein [235, 236, 256, 268, 269J.
Dies erklärt sich zwanglos aus den verschiedenen Legierungen, Kokillen,
Einlaufsystemen usw .. die bei den einzelnen Autoren Verwendung
fanden.
Bei manchen Legierungen (z. B. bei der Legierung AIZnMgCu [236])
tritt Kalt- und Warmrissigkeit auf; gemäß Abb. 88 muß man dann bei
rechteckigen Blöcken die Blockdicke verringern und ist außerdem bei der
Gießgeschwindigkeit auf ein gewisses rißfreies Intervall angewiesen [255].
Die Sumpftiefe l wächst bei Rundbolzen etwa linear mit der Gieß-
geschwindigkeit v und quadratisch mit der Blockdicke d [236]:
I =- v . d2 • k
128 A. Eigenschaften der AluminiumEchmelze lLit. S. 193

Die Konstante k hängt hauptsächlich von der Kühlung unterhalb der


Kokille ab.
Daher sind bei vorgegebenem Barrenformat in erster Linie die
Kühlung unterhalb der Kokille sowie die Gießgeschwindigkeit praktisch
beeinflußbare Variablen zur Unterdrückung der Rißbildung. Beide Vari-
ab ein beeinflussen die Qualität des Gußgefüges in mehrfacher Hinsicht,
daher muß man bei der Unterdrückung von Rissen oft bezüglich Seige-
rungen oder Oberflächengüte des Gießgutes einen Kompromiß schließen
[270].

3.5 lVlakroskopische Seigerungsvorgängl' im Gußgefüge

3.51 Übersicht

Betrachtet man die Konzentrationsverschiebungen innerhalb eines


Barrens (oder Gußstückes) aus Reinaluminium oder einer untereutekti-
schen Aluminiumlegierung, so sind folgende vier Phänomene zu unter-
scheiden:
1. Kornseigerung.
2. Makroskopische Bereiche mit starken Unterschieden in der Aus-
scheidungsform der Legierungselemente.
3. Blockseigerung : Diese tritt beim Aluminium fast immer in der
Form der umgekehrten Blockseigerung auf, mit lokalen Unstetigkeiten.
4. Ausschwitzungen.
Die Phänomene 1 und 2 sind mit normalen analytischen Methoden
oft nicht nachweisbar, wohl aber die Phänomene 3 und 4.
Alle vier Vorgänge sind miteinander in Wechselwirkung, außerdem
auch mit der Entstehung von Schrumpflunkern und Gasporen im Guß-
gefüge.
Die Kornseigerung wurde bereits weiter oben behandelt, so daß wir
nunmehr die Phänomene 2 bis 4 und danach auch die Bildung von Hohl-
räumen im Gußgefüge erörtern werden.

3.52 Makroskopische Bereiche mit starken Unterschieden in der


Ausscheidungsform der Legierungselemente

3.521 Untersuchungen an Reinaluminiuill. D. ALTENPoHL hat dis-


kontinuierliche Erstarrungsvorgänge im Gefüge von Stranggußbarren
aus Reinaluminium genauer untersucht [143, 250]. Werden Barren-
querschnitte in einer Mischung von HCI und FeCl 3 geätzt, so zeigen sich
diskontinuierliche Übergänge zwischen Gefügezonen von stark unter-
schiedlicher Ätzbarkeit, deren Form von der Schnittrichtung abhängt,
Lit. 8. 19BJ B. Problemp beim Gießen von Knetlegierungen 129

siehe z. B. Abb. 89 oder Abb. 92 auf S. 131. Bei Längsschnitten unter den
beim Stranggießen verwendeten vertikalen Einlaufdüsen tritt oftmals
daR .. Tannenbaumgefüge" auf (Abb. 90).

1:~

Abb. BUa u. h. ).Iukroskuphiche Bereiehe unterschiedlicher Atzbarkeit iUl Gefüge von Strangguß-
barrf'll ans .-\1 99,6. Ahzeiehnullg der drei Düsen des l\ietalleinlaufs. G-ießgeschwindigkeit: 9.5 crnjmin.
Cleiitzt in HCl -+- FeC!" (nach AL 1:SrISSE [2.50]).

Die Spitze der "Tannenbaumä~te" verläuft offenbar zu Saugtrichtern ,


welche nahe der Barrenoberfläche liegen, oft unter starken Ausschwit-
zungen.
In Abb. 91 wird die dreidimensionale Form der Gefügezoneu stark
unterschiedlicher .Äb;barkeit beschrieben, während Abb. 92 ein prak-
t,isches Beispiel gibt. In Abb. 93 wird die Entstehung eines "Tannen-
baumastes" erklärt: Zum Zeitpunkt a entsteht in einem kleinen V olumen-
element nahe der Oberfläche eine starke Ansaugwirkung, da dort durch
die direkte Kühlung das nur teilweise erstarrte Gefüge erfaßt wird. Beim
weiteren Absenken des Stranges tritt die Saug wirkung im Bereich des
teilweise erstarrten Gefüges lokal weiterhin auf, was schließlich die
.. Tannenbaum" -Struktur heryorruH.

9 A!tpnpohL Alllllliniullt
130 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Im "Tannenbaum"-Gefüge ist mehr Restschmelze zwischen den


Dendritenarmen eingelagert als im normalen Gefüge (Abb. 94), was mit
der gegebenen Erklärung übereinstimmt. Trotzdem sind die analyti-
schen Unterschiede zwischen "Tannenbaum"- und Normal-Gefüge kaum
nachweis bar.
In Abb. 95 u. 96 werden Untersuchungen im Heizmikroskop über
die Aufschmelztemperatur der Restschmelze wiedergegeben, wobei sich

1:5
Abb. 90a u. b. "l'annenbaullIge!üge" unter der Düse. Längsscbnitt durch Stranggnßbarren
aus A199,6. Gieß geschwindigkeit 8 cllIjmin. Geätzt in HCl + }'eCl, (nach ALlJSUISSE [250]).

zeigt, daß das "Polyeutektikum" innerhalb des Tannenbaumastes


(Abb. \)5) bzw. innerhalb des Seigerungsbandes (Abb. 96) wesentlich
tiefer aufschmilzt als im normalen Gefüge [143]. Die beschriebene Unter-
suchung wurde an Stranggußbarren durchgeführt, welche mit vertikalen
Düsen gegossen wurden [143, 250]. Daher war ein relativ tiefer Sumpf
und ein ungleichmäßiges Temperaturgefälle zwischen Sumpf und Barren-
oberfläche vorhanden.
3.522 Untersuchungen an Knetlegierungen. Die lokale Zuführung
des Metalles zum Sumpf begünstigt nicht nur bei Reinaluminium die
Ausbildung von "Tannenbäumen", sondern auch beim Stranggießen
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Kuetlegierungen 131

von Legierungsbarren. Zum Beispiel traten in Rundbarren aus der


Legierung AlMgSi von 200 mm 0, welche nur mit einer vertikalen
Düse gegossen wurden, "Tannenbäume" auf. Unter diesen relativ un-
günstigen Gießbedingungen kommt es zu starken Ansaugerscheinungen
im fast erstarrten Gefüge, welche bei
Legierungen unter lTmständen sogar
analytisch nachweisbar sind (siehe
unten) ..Jedoch treten bei T~egierungen

sie Ige Seigerungsfron Düsen


.fannenboum"oiJ(
wngsflache

'Schni//flddJe Mmm
, linler der 6ußhoui
ongeschndlene
• Tonnenbaumosle·
1: 10
sirichpunkher er Teil wurde weggeschntflen Abb. 92. Beispiele für die dreidimensio-
nale Forln der G-efügezonen unterschied-
Abb. 91. Schnittflächen !lurch einen Stranggußbarren licher Ä tzbarkeit. .ÜJSehllitt aus einem
aus Reinalulniniulll. Dreidimensionale Form der Ge- Strallggußbarren "''' Al 99.6. Ange-
!üge7,Onen unterschiedlicher Ätzbarkeit (nach A1,l"- ;-\('hllittene .,Tanllenhaumäste". Geätzt in
SFTSf\E [200]). Rn + F'rC1, (nm'h ALrSIHSSE).

auch lokale "Wolken" von ca. 2 bis 20 mm Durchmesser auf, in


denen die Legierungselemente unterschiedlich zum "Normalgefüge"
angeordnet sind, ohne daß diese Zonen sich analytIsch von der
Umgebung merklich unterscheiden. In Abb. :34, S. 42 ist eine solche
"Wolke" wiedergegeben, welche beim anodischcn Oxydieren eines (zuvor
geglänzten) Querschnittes durch das Gußgefüge leicht erkannt werden
kann.
Abgesehen von Ansaugvorgängen während der Endphase der Er-
starrung können solche ..Wolken" auch mit der Vorgeschichte der

9*
132 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

So/idusfemperalur
der Korngrenzen-
subsfanz (keine
Isofherme , ca
verspannfe Zone 617 '" czg oe ,je nach
lokaler Zusammen-
sefzung der Resf-
schmelze)

Schmelze in dünnen Kanälen desJannenbaumas!esnoch flÜSSig


W .,Tannenbaum" endgültig erstarr!
Abb. 93. Schematische Darstellung der Entstehung eines Ansaugtrich\.ers ("Tannenbaum"ste,;") im
teilweise erstarrten Gefüge eines Stranggußbarrens aus Reinaluminium (nach ALUSUISSE r2.501) .
{/ , b, c: drei zeitlich aufeinanderfolgende Positionen desselben Ansaugzentrnms .

.. ,-'. ,.
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, .' - ... -
~

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11 ~~
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- " .'

_. 4.'-

60: 1
Abb. 94a u. b. Vergleich zwischen nonnaleJu Gußgefüge und deut Gefüge eines "Trulllellbalunaste~'·.
Querschliffe aus Stranggußbarren aus Al 99,6. Elektrolytisch reliefpoliert (nach AL U8 UISSE [2.50]).
a) "Tannenhaumast" ; b) normales Gefüge.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 133

Schmelze zusammenhängen, speziell bei mangan- oder magnesium-


haitigen Legierungen, bei denen eine gleichmäßige Verteilung der Legie-
rungselemente in der Schmelze schwer zu erreichen ist.

= 1:1

,I

, , ..J

)
. .•
b
120: 1
ALL. 95a - c. AnfKchlllelztempemtur der He,t-
schmelze im •. Tannenbaumgefü!(e'· eineK
Reinaluminium-Stranggullbarrens (AI 99.6:
. 520x 160 nun; Gießgeschwindigkeit 9.ocm!nlin)

-
~
(nach ALUSl:ISSE [143]).
J"r I a) Schnittfläche 40 mm tief parallel zur Hllf.:-

, •
) •
haut. Geätzt in HCI + ~'eCJ3' Pleil ~ Giel.\-
richtung; b) Gefüge des Harrenabsehnittes nJll
j Teilbild a bei Erwärmung alll 513 "C. Keine
Gefügeänderullg gegenüber deIn kalten Zu-
stall(l: c) Geliige des gleichen AbHehnitte, bei
Erwärmung auf 638 oe. Anschmelznng einer
inlermc,liiiren l'hase (Pfeil).

l~O: 1

Bei Aluminium-Magnesium-Legierungen dürfte nies am ehesten mit


einem " Oxydhautsack" zusammenhängen, der einzelne Magnesium-
tröpfchen auch in der Schmelze umhüllt!.
Die Legierungspartner, welche wesentlich höher als Aluminium
sr;hmelzen, bereiten bei der Herstellung gleichmäßiger Legierungs-
8chmelzen besondere Probleme. Wird Z. B. die Legierung AIMn (ca.
1,2% Mn. zugesetzt 7,U Reinaluminium) aus Schrott erschmolzen, so

1 Die verschiedenen Legierungszusätze zeigen generell eine stark unterschied-


liche Auflösungsgeschwindigkeit im flüssigen Aluminium. Beispielsweise zeigt sich,
daß die Auflösung von Kupfer wesentlich rascher erfolgt als von Magnesium.
Bei AIMg-Legierungen kann eine homogene Legierung durch Diffusion allein kaum
erreicht werden, sondern es ist pinp meehanisehe Rührwirkung notwendig [269a].
Hiehe dazu auch S. 31, 1l87.
134 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

liegt das Mangan in feinster Verteilung vor. Wird aber eine frische Legie-
rung unter Verwendung von Rein-Mangan oder Mangan-Vorlegierung
erschmolzen, so wird häufig festgestellt, daß das Mangan in "Wolken"
von der Größenordnung 1 mm angereichert ist. Daher kann bei
einer Spektralanalyse des Guß gefüges der Mangangehalt lokal relativ
stark schwanken, wenn die Legierung zum ersten Male erschmolzen
wurde. (Diese Schwankungen sind u. U. auch noch nach dem Abwalzen
auf ca. 1 mm spektralanalytisch erkennbar.)

= 1:1

) \

- ) '-

.~
\

)
r
120: 1

,

Abb. 96,,- c. Aufschmelztemperatur der Rest-
schmelze in der Seigerungszone eines strang·
gußbarrens aus Reinstaluminium (Al 99,995)
(nach ALUSUISSE [143]).
a) Ausschnitt aus einer Seigerungszone, die
quer durch die Primärkörner verläuft. b) Schliff
durch. die Seigerungszone von Teilbild a nach
Erwärmung auf 635 oe. Keine Gefügeänderung
gegenüber dem kalten Zustand. c) Die gleiche
c GefügesteIle wie Teilbild b nach Erwärmen anf
651°e. Starkes Anspressen von Restschmelze.
120:1

Natürlich haben Schmelztemperatur, Abstehzeiten usw. Einfluß auf


diese Art der Wolkenbildung, worauf wir im einzelnen nicht eingehen
können.
Die Folgen solcher "Wolken" müssen im einzelnen noch weiter unter-
sucht werden.
Eine Eigenschaft, die besonders empfindlich anspricht, ist die Streifig-
keit nach anodischer Oxydation, auch wenn zuvor das Gußgefüge durch
Abwalzen z. B. von 200 auf 1 mm stark gestreckt wurde.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen VOll Knetlegierungen 135

Es ist anzunehmen, daß auch Festigkeitswerte und Rekristallisations-


texturen lokal auf die Seigerungen im Gußgefüge ansprechen. Dies gilt
insbesondere für die analytisch im Gußgefüge von Legierungsbarren
leicht nachweisbaren Seigerungen, auf die wir im folgenden eingehen
werden.

:l.6 rmgekehrtt' Blockseigerung

3.61 V ()rbemerkung

Die umgekehrte Blockseigerung ist seit Anfang der 20er Jahre


Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen, welche sich speziell
mit Aluminiumlegierungen befaßt haben. Die Untersuchungsergebnisse
haben bis in die jüngste Zcit hinein zu widerspruchsvollen Theorien ge-
führt. Die Theorien bis 1937 sind in übersichtlicher Form beiN. B. VAUG-
HAN [2711 und W. CLAUS l272J bE'schrieben und gegenübergestellt. Eine
neuere Literaturübersieht gibt G. JEHMLICH [270].
Wir werden uns darauf beschränken, einige typische, am Aluminium
erhaltene Untersuchungsbefunde der umgekehrten Blockseigerung zu
beschreiben und die heute am meisten anerkannte Theorie der Volumen-
schrumpfung sowie die hiervon stark abweichende Hypothese von
G. JEHl\ILICH [270] kurz wiederzugeben.

3.62 Beobachtungen au GIlßbarren aus Al1tminiurn-Legierungen


3.621 rnstctigkeiten der umgekehrten Blockseigerung' in strangguß-
barren. Die Blockseigerung verläuft in Barren odE'r Gußteilen meistens
unstetig [240, 241, 242, 250, 270. 27.5, 276].
Speziell beim Stranggießen können starke lokale Schwankungen im
Seigerungsverlauf auftreten, welche z. B. durch Strömungen in der
Schmelze, ungleichmäßige Abkühlung von Nachbarpartien oder lokale
Abschnürung der "Nachspeisung" durch Einfrieren von Zuflußkanälen
eier Restschmelze entstehen können.
In Abb. 97 und 98 werden einige typische Ergebnisse wiedergegeben,
die durch Analyse einzelner Barrenzonen erhalten wurden. Die dort
wiedergegebenen Schwankungen im Kupfergehalt von Walzbarren aus
AICuMg sind auf eine beim Stranggießen erfolgte ungleichmäßige Zufuhr
der Schmelze in den Sumpf zurückzuführen. Außerdem hat auch di~
Gießgeschwindigkcit starken Einfluß auf die Seigerungen, welche mit
zunehmender Gießge,.;ehwindigkeit generell stärker werden 1 (Abb. 99)
[242].
1 Dies gilt sowohl für die Kornseigerung als auch für die Blockseigerung. Eine
starke Kornseigerung sorgt für ein vermehrtes Volumen an Restschmelze, welche
wiederum eine Rtärker ausgebildete Rlockseigerung begünstigt.
136 A. Eigenschaften der Alurniniurnschrnelz3 [Lit. S. 193

Mit zunehmender Gießgeschwindigkeit nimmt die Sumpftiefe wie


auch die Breite der Erstarrungszone zu.
Die umgekehrte BIockseigerung nimmt beim kontinuierlichen Gießen
mit der Sumpftiefe zu. Sie ist in etwa proportional zur Projektion der
Breite der Erstarrungszone auf den Blockquerschnitt.

~~ ohne GußsfrahlJlerfeiler
%
'1.0

3.C

.3.2
::!:::
~ 2,8
"2>
~
mif Gußsfrahlyerfeiler
~'I.
*
*. 0
3.C

3.2
2,8

E
E 0 0 o 0 0 0 0 o 0 o 0
<::>
~

Abb. 97. Einfluß der Schmelzeznfuhr auf die Seigerung von Walzbarren 100 x 400 mm aus AlCuMg
(nach H. Kästner [241]).

Schmelz zufluß

Abh.98. Störstelle im Seigerungsbild eiues Wasserguß-Walzbarrens aus AICu3Mg durch unzweck-


mäßige SchmelzezuflIhr (nach H. KÄSTNER [241)).
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 137

In Abb. 99 und 100 kommt zum Ausdruck, daß sowohl bei Strangguß
als auch bei Kokillenguß 6 bis 9 Minima in den Seigerungskurven auf-
treten, wenn der Kupfergehalt von Barren aus AICuMg über den Barren-
querschnitt untersucht wird. Der Vergleich der Abb. 99 und 100 läßt
außerdem erkennen, daß die Blockseigerung beim Kokillenguß wesent-
lich stärker auftritt als beim Strangguß, wenn die normalerweise an-
gewendete Gießgeschwindigkeit von 6 bis 10 cmJmin beim Strangguß
zugrunde gelegt wird.

\
'( \
I
a 3,7 i~----'-----:--:-----~---+--J...J
~- ---+-- - 8arrend/dre.IS?4mm,-~~+----H
3,8~;--T--~--+1---~----~~
, ' ' 1 I
3,6:- Durchschnilfsanafvse 3,5~ %Cu - ----j-----+
I:
--------;-----~,------~---T-'

! ,'I 'I \
I ,

c 3,0 : ,
~, - --I -- BarrendlckMS3Smm ---
36' , " ,
, ,- Durchschniffsanafvse 3,54 %CU-I---7""=~--'-----+i
" I i 1 /

U
11
1 '

,I

- ---------j--
I

Barrendicke -152 mm

Abb. 99 a- d. Seigerung bei Strangguß verschiedener Gießgeschwindigkeit


(nach H. VOSSKÜHLER[242]).
a) Gieß geschwindigkeit 6 cmjmin;
b) Gießgeschwindigkeit 8 cm/min;
c) Gießgeschwindigkeit 10 cmjmin;
d) Gießgeschwindigkeit 12 cmjmin.
138 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit.8.193

Die von H. VOSSKÜHLER gegebene Deutung des Auftretens mehrerer


Minima in der Seigerungskurve ist in Abb. 101 abis c wiedergegeben
[242]. Die gestrichelte, horizontale Jjnie gibt jeweils an, wo der betrach.
tete Schnitt liegt. Im linken Teil von Abb. 101 b wird ein Schnitt durch
die Erstarrungszone bis in die Mitte des
3,8~--------------.
Sumpfes beschrieben. Man erkennt die
% anfängliche Abscheidung kupferarmer
3,7~--------~----------~
Primärkristalle, die eine angereicherte
Restschmelze im teigigen Bereich hin~
terläßt. Nach völligem Abschluß der
Erstarrung (rechter Teil von Abb. 101 b)
haben sich die Verhältnisse umgekehrt,
da nunmehr die kupferreiche Schmelze
durch Volumenschrumpfung in die
Außenzone abgesaugt wurde. Im Bereich
der Erstarrungsfront entstehen gleich.
zeitig aluminiumreiche Primärkristalle.
Wie in Abb. 101 c erläutert wird,
3,3~--------------------~ kann das in Barrenmitte auftretende
1 . - - - ßarrendicke-Mmm ------:
Konzentrationsminimum dadurch er-
Abb. 100. Seigerung bei Kokillenguß klärt werden, daß dort vorzugsweise
(Schwenkkokille). Barrenmitte
(nach H. VOSSK1tHLER [242]). Primärkristalle liegen. Zwischen diesen

a c
Abb. 101. Ableitung des diskontinuierlichen Verlaufs der Seigerung bei AlCuMg (ohne Auftreten von
Ausschwitzungen) (nach H. VOSSK1tHLER [242]).
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 139

wurde die kupferreiche Restschmelze fortgesaugt, wobei die von oben


aus dem Sumpf nachströmende Schmelze durchschnittlicher Zusammen-
setzung den Kupfergehalt nicht wieder auf den Mittelwert bringen kann.
Die in Abb. 99 und 100 erkennbaren Minima nahe der Barrenober-
fläche sind auf das Auftreten von Ausschwitzungen zurückzuführen.
Einzelheiten dazu siehe weiter unten.

3.622 Zusammenhang zwischen Unstetigkeiten in der Korngröße


und Seigerungen. W. ROSENKRANZ [240] hat die Unstetigkeiten im
Gefüge von AIOuMg-Barren mit dem Abkühlungsverlauf in Zusammen-
hang gebracht. Wie Abb.102 zeigt, können gewisse Zusammenhänge
zwischen den Konzentrationsminima des Kupfers und dem Auftreten
einer neuen Gefügezone festgestellt werden.
Nach W. ROSENKRANZ [240] hören die Stengelkristalle dann auf zu
wachsen, wenn der Temperaturgradient durch Schrumpfspalt und dicker
werdende Kruste zu flach geworden ist, worauf eine Keimbildung in der
Schmelze und globulitische Kristallisation erfolgt. Innerhalb dieses
globilitischen Gefüges hat W. ROSENKRANZ [240] wiederum Zusammen-
hänge zwischen Seigerung und Gefügeausbildung gefunden: Zonen mit
feinem Korn haben einen tieferen Kupfergehalt als grobkörnige Bereiche.
Der in Abb.102 beschriebene Seigerungsverlauf wurde an einem
Kokillen-Gußbarren gefunden, welcher unter normalen Bedingungen
erstarrte (hauptsächlich radiale Wärmeableitung). Wird dagegen eine
langsame Erstarrung bei Unterdrückung der radialen Wärmeableitung
durchgeführt, so ergibt sich das in Abb. 103 wiedergegebene Seigerungs-
bild.
Bei dem in Frage kommenden Barren war der größte Teil der Wärme
über die (ursprüngliche) Schmelzoberfläche direkt an die Atmosphäre
abgeführt worden, d. h. die Erstarrung begann an der freien Oberfläche.
Aus dem Vergleich von Abb. 102 und 103 ergibt sich der Hinweis, daß
die Legierungsmetalle in Richtung des Wärmestromes wandern, wobei
die "Wasserscheide" des Wärmeflusses normalerweise in Barrenmitte
und im Fall der Abb.103 außerdem nochmals nahe dem Blockrand
auftritt (ein geringer Teil der Wärme wurde durch die Kokillenwand
abgeleitet).
Auf Grund von Röntgen-Durchstrahlungsaufnahmen findet G. JEHM-
LICH [270], daß die StcngelkriRtall7.0ne einen gleichmäßigen (und zwar
erhöhten) Kupfergehalt aufweist, der an der Grenzfläche zur globuliti-
sehen Zone stark absinkt.
S. MUROMACHI [273] findet bei einer Aluminiumlegierung mit 4% Ou
ein Minimum im Kupfergehalt beim Übergang zwischen der feinkörnigen,
durch rasche Abkühlung entstandenen Außenzone zur Stengelkristall-
zone. (Dieses Minimum könnte durch Ausschwitzungen verursacht sein).
140 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

*,0 Abb. 102. Seigerungsverlauf in einem nor-


% mal an Luft abgekühlten Kokillenguß-
Rundbarren, 170 mm Durchmesser, aus
AICuMg (nach W. ROSENKRANZ [240]).

3,9

3,8 H
% 5,02%

-."
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~
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CQ

! ! glob~/ifisch \ ~OO
L
20 *0 mm CO
Lsehr feinglobulifisch Absfand von der Blockoberfläche
- grob sfengelig
sehr fein globulifisch Abb. 103. Seigerungsverlauf in einem
fein sfengelig Rundbarren aus AICuMg, 100 mm Durch-
messer. Von 800 oe sehr langsam abgekühlt,
20 *0 CO mm 80 radiale Wärmeableitung stark gehemmt
Absfand von der ßlockoberflöche (nach W. ROSENKRANZ [240]).

3.623 Theorie der umgekehrten Bloekseigerung von Aluminium·


legierungen. In den meisten neueren Untersuchungen wird die Ansicht
vertreten, daß bei der umgekehrten Blockseigerung von Aluminium-
legierungen auf Grund der etwa siebenprozentigen Erstarrungsschrump-
fung der zuerst erstarrten Primärkristalle eine stark angereicherte
Restschmelze in die Außenzonen des Barrens oder Gußteiles gesaugt
wird. Diese "Volumenschwindungs-Theorie" basiert somit auf einem
rein mechanischen Vorgang [136, 241, 242, 271, 274, 275, 276, 277,
279]. Einige Autoren haben die Theorie der Volumenschwindung weiter
ausgebaut.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 141

P. BRENNER und W. ROTH [276] haben verschiedene der in Betracht


kommenden Faktoren eingehender untersucht. Durch die erwähnte
Volumenschrumpfung bei der Erstarrung wird ständig Schmelze in die
zuerst erstarrte Zone nachgesaugt. Wenn die Schmelze dabei das teil-
weise erstarrte Gefüge passiert, wachsen die dort liegenden Primär-
kristalle weiter, wodurch die Schmelze auf ihrem Weg nach außen immer
mehr angereichert wird.
In den äußeren Zonen des Barrens sind im Regelfall die Verhältnisse
so, daß die Anreicherung der Restschmelze am seigernden Legierungs-
element viel höher ist als die Verarmung der dort liegenden Primär-
kristalle, was somit bei einer (integrierenden) Analyse die umgekehrte
Blockseigerung ergibt.
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, den beschriebenen Mechanismus
der umgekehrten Blockseigerung durch Berechnungen zu erhärten
[136, 274, 279, 280]. Die Übereinstimmung zwischen den Berechnungen
und gemessenen vVerten ist im großen und ganzen befriedigend.
Wie in Abb. 104 beschrieben wird, kann die umgekehrte Blockseige-
rung sowohl durch hohe als auch durch niedrige Erstarrungsgeschwindig-
keit unterdrückt werden [276].

Kmia//selgerung
,
" ....-
....---- _----
/'
,/
/
// umgekehrfe
/ B/ockselgerung
//

a Abküh/geschwlndlgkeif

--,
b
.
";Innen
C
_~=<innen
außen
\
\
auöen ""
"-
"

h ZeH
Abb. 104 a u. b. Zusammenhang zwischen Abkühlungsgeschwindigkeit und Seigerung.
a) Einfluß der Abkühlgeschwindigkeit auf Kristallseigerung und Blockseigerung (schematisch); (nach
W. CLAUS [272] sowie P. BRENXER U. W. ROTH [276]; b) Schematische Darstellung des Abkühl-
verlaufs bei verschieden schneller Abkühlung von Schmelzen (nach W. ROSENKRANZ [240]).
Kurve a: sehr schnelle Erstarrung; Kurve b: mittlere Erstarrungsgeschwindigkeit (technischer Barren-
guß) ; Kurve c: sehr langsame Erstarrnng.
?Im im Falle b wird starke Blockseigerung beobachtet
142 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S; 193

W. ROSENKRANZ [240] weist darauf hin, daß nur bei mittleren Erstar-
rungsgeschwindigkeiten die Voraussetzungen für die umgekehrte Block-
seigerung gegeben sind, wie aus dem Vergleich der Erstarrungskurven in
den Außen- und Innenzonen hervorgeht (s. Abb. 104b).
Außerdem sind noch die geometrischen Verhältnisse zu berücksichti-
gen: Hier ist vor allem die Form der Erstarrungsfront wichtig; Tüten-
guß (flacher Sumpf) unterdrückt z. B. die umgekehrte Blockseigerung.
Ein anderes Beispiel ist das Zonenschmelzen : Bei diesem erfolgt die
Erstarrung extrem langsam, und trotzdem hat man eine äußerst starke
Blockseigerung. Dies ist darauf zu-
Sfronggußborren rückzuführen, daß beim Zonen-
20mml0 0
~ schmelzen die Anreicherung der Rest-
(f fe-arm , 0.&8 "foFe schmelze an Legierungsbestandteilen

I
fe zunehmend absichtlich hoch gehalten wird: Die
[J ' ß "chI Gründe hierfür sind von W. G. PFANN
I b h' b d
o %~ /!.e-\ / A . Je rt ung . •
lIll emze nen esc ne en wor en
.6Z e '!!Fm' ' fe mox, (9G%Fe [281].
Als treibende Kraft kann an-
0.7'" 'k Fe
Fe zunehmend stelle des Ansaugens durch Volumen-
~ - Anreicherungen in der
' GuBhouf, '" 1,2 %Fe schrumpfung auch die Kapillarwir-

.
~
05S %fe (Fe~, / A
,orf!J.
4,
S h,]
femax.1.52%fe
h1 - 0; bis aGmm
hi!-aSbis 1,1mm
kung angenommen werden [136].
H. VOSSKÜHLER [242] hat erklärt,
daß die Oberflächenspannung des
flüssigen Aluminiums (proportional
(jußh ou,' A- Ausschwtlzung der Steighöhe der Schmelze in den

Abb. 105. Gehalt an ausgeseigertem Eisen in Kapillaren des teilweise erstarrten


Ausschwitzungszonen. Längsschnitt durch die Gefüges) mit abnehmender Tempera-
Oberfläche eines Stranggußblocks aus Al99
mit 0,80% Fe und 0,18% Si (schematisch) tur zunimmt. Demnach wird die Ka-
(nach ALUSUISSE [243]). pillarwirkung in den Außenzonen des
S Seigerungsband, das durch Atzung in HCI B b d b .
+ FeCI, kenntlich gemacht werden kann. arrens eson ers egünstlgt, was
im Sinne der umgekehrten Block-
seigerung wirkt. Die Viskosität der Schmelze dürfte gleichfalls als Variable
zu berücksichtigen sein; W. CLAUS [272] hat darauf aufmerksam ge-
macht, daß die umgekehrte Blockseigerung durch eine in der Schmelze
vorhandene Oxydsuspension stark beeinflußt werden kann.
Ein Ansaugen von Schmelze kann im Regelfall nur durch ein Gefüge
erfolgen, welches zu mehr als 70% erstarrt ist und in dem eine gewisse
Kohärenz der Primärkristalle besteht.
Die Hypothese von G. JEHMLICH [270] stützt sich auf Röntgendurch-
strahlaufnahmen, die vor und während der Erstarrung ausgeführt
wurden. Auf Grund seiner Experimente glaubt G. JEHMLICH nachge-
wiesen zu haben, daß die in der Nähe der Kokillenwand unterkühlte
Schmelze bereits vor Beginn der Erstarrung an Legierungselementen ange-
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 143

reichert ist. So findet G. JEHMLICH Z. B. an einer Aluminium-Kupfer-


Legierung mit 10% Cu, daß zunächst kupferreiche Mischkristalle
erstarren und dann eine an Kupfer verarmte Restschmelze zurückbleibt.

3.7 Ausschwitzungen und Seigerungen nahe der Gußhaut


Die höchsten Gehalte an ausgeseigerten Elementen werden vielfach
in Ausschwitzungen gefunden [243, 283]. Abb. 105 läßt erkennen, daß
z. B. der Eisengehalt in Ausschwitzungen über das Doppelte des durch-
schnittlichen Gehaltes betragen kann.

Kokille g!alf

(jew-% Fe

0.15 Si
f-A-----+----=*~-----'=F~~d--___i

~-=7 --1
I" ':::"...,=1 - 'Fe- -
p-""'---
3a:'r' nmlife(
Si
--
~~y-

"cl
I'~ '~7 ~
-1

70 75 20 0 5 70 15 mm 20
Absland von der Oberfläche
Abb. 106 a-f. Seigerung an Strangguß-Walzbarren aus A199,6 (nach ALUSUISSE [243]).
a), b) Düsenguß (eine Düse 10 mm Durchmesser) Gießgeschwindigkeit 8,5 em/min; c), d) Guß durch
Loehbecher, Gießgeschwindigkeit 12,0 em/min; e) Guß dureh Loehbecher, Gieß geschwindigkeit
10,0 cm/min; f) Guß durch offene Rinne, Gieß geschwindigkeit 6,5 cm/min.

Nahe der Oberfläche von Gußbarren wird oftmals eine enge Gefüge-
zone beobachtet, welche an Eutektikum verarmt ist [242, 243].
Allerdings hängt es von den Gießbedingungen ab, wie die Seigerungs-
kurve verläuft, und Abb. 106 zeigt, daß das System der Metallzufuhr, die
Rauheit der Kokillenwand und die Gießgeschwindigkeit beim Strang-
gießen einen starken Einfluß auf die Seigerungen nahe der Barrenober-
fläche haben.
144 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Zwei besonders wichtige Faktoren, welche die Höhe des Schrumpf-


spaltes und damit die Seigerungen nahe der Gußhaut beeinflussen, sind
Sumpftiefe und Höhe des Meniskus.
Der Mechanismus, der die Ausschwitzungen beim kontinuierlichen
Gießen erzeugt, wird in den Abb. 107 und 108 schematisch beschrieben.
Sobald beim kontinuierlichen Gießen ein Schrumpfspalt vorliegt, tritt
dort ein Wärmestau ein. Nunmehr kann durch die weiterhin freiwerdende
latente Erstarrungswärme ein Aufheizen der bereits erstarrten Rand-

*(nach Zusfandsdiagramm)
Abb. 107. Einfluß der Meniskushöhe auf die Erstarrung von Reinaluminium nahe der Kokillenwand.
Links: Entstehung von starken Ausschwitzungen; Rechts: Gußhaut weitgehend frei von Ausschwit-
zungen_ Längsschnitt durch Stranggußkokille.
A Ausschwitzung; SR Solidustemperatur der Restschmelze an Korngrenzen und zwischen Dendriten-
armen (keine Isotherme, da abhängig vom Ausmaß der Kornseigerung); Absenkgeschwindigkeit
"" 8cmjmin.

kruste erfolgen, wobei das zwischen Dendritenarmen oder an Korn-


grenzen liegende Eutektikum wieder aufschmilzt und auf Grund der
Volumenzunahme in der Form von Schwitzperlen ausgepreßt wird.
Selbst das Auftreten kräftiger Ausschwitzungen kann auf die beschrie-
bene Weise erklärt werden, zumal bis zu 1/6 der Barrendicke unter der
Oberfläche als "Einzugsgebiet" für die Ausschwitzungen dient, wie z. B.
an der Verarmung dieser Zone an Kupfer festgestellt wurde [242].
Das Ausquetschen von wiederaufgeschmolzenem Eutektikum tritt
auch bei Kokillenguß auf, wo gleichermaßen ein Schrumpfspalt zu beob-
achten ist. Alle Faktoren, welche den Schrumpfspalt beeinflussen, be-
wirken :folgerichtig eine Veränderung der Ausschwitzungen [243, 284].
Um beim Stranggießen die Ausschwitzungen möglichst ganz zu
unterdrücken, muß man den Schrumpfspalt auf ein Minimum reduzieren,
Lit. S. 19:~l :~. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 145

was nach Abb. 107 (rechter Teil) durch Gießen mit möglichst niedrigem
Meniskus gelingt. Jedoch ist es nicht ganz einfach, einen Meniskus so tief
und konstant zu halten. Hierzu sind z. B. absolut plane Kokillen zu
verwenden.

Wärmesfrom ewe Temp

8arren-
Oberfläche
Schmelze
~m
.~ferder
Oberfläche
Wärmesfau
im Luffspalf
~
'"<:: i Einfluß der
'§ rdirekfen
~ I Kühlung
~ , i
c03
Liquldusfemp Liqu idusfemp.
a Solidusfemp (nach Zusfands- Solidusfemp. (nach
diagramm) Zusfandsdiagramm)

Warmesfrom

Schmelze
.imm
/unferder
Oberfläche
Warmesfau
_ L
,
'1 1m Luffspalf
-: -t ---
0.>
----+-1:)
I Einfluß der
<:: 'rdireMen
r~ lKühlun g
t ]
-- -I ~/ Liquidusfemp.
Solidusfemp (nach Zusfands-
Llquidusfemp diagramm)
b Solidusfemp (nach Zusfandsdiagramm)
Abt. 108 a u. h. JiJrläuterullg der
Entl'iteh1Ln~ periodischer Ausschwitzungen beiIn StranggieI3en YOll
Reinalumininm ("~199.5). Längsschnitt durch eine Hälfte der Kokille mit zngehörigem Wärmest rom
lInd wit zugehörigen Temperaturen an der Barrenoberfläche bzv{. 5 nun darunter
(lI:tch ALFSTTISSE [243]).
a) Kurz nach (leI' Rnt:'lltphnng einpf Anssrh\vitzung;
b) Kurz vor der Eutstehung einer AllSsrhwitzung.
A AllS~-l('hwitzlLng; S' Seigernngsband lnit angereieherter Restsclullelze.

Ein oft angewendetes Mittel zur Verringerung von Ausschwitzungen


sind Riefen auf der Kokillenwand parallel zur Gießrichtung [285]. Diese
Riefen verringern den 'Värmeübergang in die Kokille, was einer Absen-
kung des Sehrumpf8paltes gleichkommt. Außerdem nehmen die Riefen

10 c\ltenpohl, Aluminiulll
146 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Schmiermittel besser auf als eine polierte Kokillenwand. Die Verwen-


dung geriefter, gut geschmierter Kokillen gemeinsam mit einem Schwim-
mersystem zur Einhaltung eines konstanten und tiefen Meniskus (z. B.
50 bis 55 mm von Kokillenunterkante bei Walzbarren) erlaubt die Her-
stellung fast ausschwitzungsfreier Barren aus Reinaluminium. Jedoch
sind die gerieften Kokillen für Legierungen oftmals ungeeignet (Risse
nahe der Oberfläche).
Abb. 106 läßt verstehen, daß bei gerieften Kokillen recht kräftige
Seigerungsvorgänge nahe unter der Gußhaut ablaufen, welche bei Legie-
rungen durch den höheren Anteil an
Restschmelze verstärkt auftreten und
zu schwachen Gußkorngrenzen führen.
Daher wird man bei Legierungen
meist die Tendenz haben, in der Ko-
kille bereits genug Wärme abzuleiten,
um eine genügend dicke erstarrte
Kruste zu haben, wenn die direkte
Kühlung einsetzt. Allerdings muß man
dafür bei Legierungen stärkere Aus-
. : schwitzungen in Kauf nehmen.
Der Übergang zu diesen mit Rest-
schmelze stark angereicherten Aus-
16.5: 1 schwitzungen ist oft recht schroff
Abb. 109. Schliff durch Ausschwitzungen (Abb.109).
am Rand von Kokillengußbolzen aus
AICuMg (nach ALl:Sl;ISSE). Ein anderes Hilfsmittel zur Redu-
zierung des Schrumpfspaltes und so-
mit zur Unterdrückung der Ausschwitzungen ist die Verwendung
konischer Kokillen oder eines isolierenden Kragens im oberen Teil der
Kokille. Letztere Maßnahme bewirkt außerdem einen flacheren Sumpf,
was gleichfalls die Ausschwitzungen verringert.
Der in den Abb. 107 und 108 beschriebene Mechanismus der Ent-
stehung von Ausschwitzungen dürfte heute weitgehend akzeptiert sein
[235, 243, 284].
Teilweise wird der hydrostatische Druck des Sumpfes als Ursache
der Entstehung der Ausschwitzungen benannt [276]. Jedoch wiesen
andere Autoren nach, daß Ausschwitzungen auch ohne hydrostatischen
Druck entstehen [242, 270]. Sie können auch allein durch lokal starke
Unterschiede der Erstarrungsgeschwindigkeit nahe der Oberfläche
erzeugt werden. Dies kann z. B. dadurch bewirkt werden, daß in eine
Kokillenwand isolierende Flächenelemente eingefügt werden, wobei dann
nahe der Grenzlinie zwischen starker und schwacher Wärmeableitung
bevorzugt Ausschwitzungen auftreten, welche man somit auf lokale
Schrumpfspannungen zurückführen könnte [283].
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 147

H. RÖHRIG [286] hat Überlegungen über die Ursache der Ausschwit-


zungen angestellt. Er nimmt an, daß die globulitische Innenzone
innerhalb relativ kurzer Zeit erstarrt und dabei auf Grund der frei-
werdenden Schmelzwärme die zuvor erstarrte äußere Kruste so weit auf-
heizt, daß das Eutektikum aufschmilzt und ausgepreßt wird.

1 :2.5
Abh. 110 a - c. Periodische KaltschwcifJstcllen (li/,,,,) und Ausschwitzullgen (.11 ifte und rechts) auf
Stran!l:gufJharren aus Al g[l. 420 x 130 mIll. Pfeil: Gießrichtllng (nach ATXSl:ISSE).
a) Gieß temperatur 080 oe. UieHgesehwilldigkeit. 5 cm/Illill, Surnpftiefe 5 (,111; b) Gießtemperatur
700'cC. Gießgeschwindigkeit 1:3.5 cllljmill, SU1llpftiefe 12 eIn: e) Gieß temperatur 700°C, Gießgeschwin-
digkeit 1:1.;) ('lll/lIIin SlIIllpftiefe H,;> ('111 (l\:feni~kn:-; 2,5 eIU tiefer ab bei b).

Die Ursache der periodischen Ausschwitzungen und der (teils auch


periodischen) KaltschweißsteIlen bei Stranggußbarren, ist für Theorie
und Praxis besonders interessant. Diese beiden Erscheinungen treten
nicht nur hAi Aluminium r24:n
i'\ondern auch hei anderen Metallen auf
[287] und sind für die Gießcreipraxis von großer Wichtigkeit. In
Abb. 110 wird die Aufsicht auf drei Reinaluminiumharren, die unter
verschiedenen Gießbedingungen entstanden, wiedergegeben.
Alle drei Barren sind gemäß heutigen Erkenntnissen "falsch" ge-
gossen. Der links dargestellte Barren hat viele "KaltschweißsteIlen" .
Diese haben mit Aussehwitzungen nichts zu tun, sondern sind ein durch

10*
148 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

die Oberflächenspannung erzeugter, rein mechanischer Effekt, der bei zu


kaltem und/oder bei zu langsamem Gießen auftritt [287].
In Abb. 111 wird die Entstehung einer Kaltschweißrippe erläutert.
Diese unerwünschte Erscheinung hat somit zur Voraussetzung, daß eine
erstarrte Kruste sich bis zur Grenzfläche Aluminium-Luft erstreckt,
worauf neu zufließende Schmelze, durch die Oberflächenspannung be-
dingt, eine Kerbe an der Oberfläche bildet. l
Der mittlere und der rechte Barren in Abb. 110 haben starke peri-
odische Ausschwitzungen, hervorgerufen durch absichtlich zu hohe Gieß-

neu zufließen- Kalfschweiß-


des flüssiges 8fe/fe
Mefaff

j( j(

a b c
Abh. 111 ,,-c. Bildung einer KaltschweißstelJe beim yertikalen Stranggießen
(nach B. H. W ATERS [287]).
E erstarrte Kruste; K Kokillenwand
Durch zu kaltes oder zu langsmnes Gießen erstreckt sich die erHtarrte Kruste zu hoch, so daß neu zu-
fließendes ~Ieta\l an der vorliegenden Phasengrenze gemäß den Gesetzen der Oberflächenspannung
eine Kaltschweißstelle bildet.

geschwindigkeit (= tiefer Sumpf) in Kombination mit zu hohem Menis-


kus. Man erkennt, daß der Abstand der periodischen Ausschwitzungen
stark abnimmt, sobald die Meniskushöhe (und damit der Schrumpfspalt)
abgesenkt wird. Würde der Meniskus weiter gesenkt werden (auf ca.
60 mm), so würden die periodischen Ausschwitzungen ganz verschwinden,
und man hätte den Fall, der im rechten Teil der Abb. 107 skizziert ist.
Der im linken Teil der Abb. 107 skizzierte Fall stellt nur cin kurzes
Zeitintervall im Verlaufe eines kontinuierlichen Vorganges dar, und zwar
den Zeitpunkt der Entstehung einer Ausschwitzung.
Die oft beobachteten periodischen Ausschwitzungen entstehen durch
zyklische Schwankungen in der Breite des Schrumpfspaltes, wie in
Abb. 108 erläutert wird. Offenbar nimmt bei hierfür geeigneten Gieß-
bedingungen die Breite des Schrumpfspaltes so lange zu, bis eine Aus-
schwitzungsrippe austritt. Gleichzeitig tritt eine bessere Wärmeableitung
1 Der bereits erwähnte isolierende Kragen im oberen Teil der Kokille unter-
drückt die Kaltschweißbildung, bzw. allgemein die Entstehung vorerstarrter Krusten
nahe dem Meniskus.
Lit.. i:l. 193J 3. Pl'Oblpmp beim Gießen von Knetlegierungen 149

in der Kokille auf, und für einige Zeit bleiben Ausschwitzungen aus , bis
der Schrumpfspalt wieder breit genug ist usw.
Es ist durchaus möglich, daß beim Auftreten der Ausschwitzung das
darüberliegende Flächenelement der Gußhaut sich kurzzeitig an die
Kokillenwand anlegt. da zu diesem Zeitpunkt die Oberfläche des Barrens

'" 1:4
Ahh. j 12 a u. h. AllsschwitzlIngsf;wpcll und ScigcfnngslJänder ilu Län gsschnitt eines Strangguß·
barrcllH au:,; Al ~)9,6. Eilll;lIIfs~·H tem: Offene Hinne. (HeßgeHchwilluigkeit: 9 em /m in.
GeiHzt ill HCl L FeCI,. Pfe il: Oießrichtlllli! (nach ALUSUISSE).
;1) Yonl r r:->('.itr ; h) :Rü('ks(' it t"

in dieser Zone sehr wenig Festigkeit haben dürfte 1 Daß das Auftreten
ciner Ausschwitzungsraupe von einem sehr schroffen lokalen Schrumpf-
vorgang begleitet ist, geht aus Abb. 112 hervor. 2
Diese Abbildung läßt außerdem erkennen, daß zwischen peri-
odischen Ausschwitzungen ein t:leigef'Ungsbaml unter J er Oberflächt' des

1 Sobald die flü ssigp Hestst'h melze volumenmäßig ptwa 5% a usmacht, sinkt
die Festigkeit des Aluminiums auf pra ktiseh Null [287].
2 Der Vergleich von Abb . 112a mi t 112b zeigt, daß ein Ansaugzentrum relativ
klein ist, da auf der R üebeite der gleichen Platte (.-\bb. 112b ) der auf der Vorder-
,,~it e siehtbitre Ansaugkq!e] (.. Tannen lmumaKt") nicht mehr g(' sdmitten wird .
150 A. Eigen~chaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Barrens verläuft, welches eine maximale Tiefe von etwa 20 mm erreicht


(s. Abb. 105).
In diesem Seigerungsband ist Restschmelze in erhöhtem Ausmaße
eingefroren.
Der Verlauf des unter Ausschwitzungen auftretenden Seigerungsban-
des deutet darauf hin, daß periodische Längenschwankungen des
Schrumpfspaltes vorkommen.
In Abb.l08 wird erläutert, wie das Seigerungsband nahe dem
Bereich rascher Schrumpfung aus der teilweise erstarrten Zone an-
gesogen wird. Diese Seigerungen können auch parallel zur Gußhaut
verlaufen (z. B. bei gerieften Kokillen).

3.8 Zusammenhang zwischen Gasgehalt, Porosität und Seigerungen

Über den Zusammenhang zwischen Gasgehalt und Porosität in


Stranggußbarren geben insbesondere Arbeiten von C. E. RANSLEY und
D. E. J. TALBOT [160] wie auch von M. F. JORDAN, G. D. DENYER und
A. N. TURNER [289] Auskunft. Beim Kokillenguß kann ein zu hoher Gas-
gehalt noch zu makroskopischen Gaslunkern führen. Bei der raschen
Erstarrung des Stranggusses kommt es dagegen ausschließlich zu einer
feinen Porosität zwischen Dendritenarmen, vorzugsweise nahe der Guß-
haut, aber auch in den Mittelpartien des Barrens.! Diese Porosität ist aus
drei Gründen unerwünscht:

Gasporosität erzeugt niedrigere Querdehnungswerte bei hochfesten


Legierungen, vor allem festzustellen in kräftigen Querschnitten
(Schmiedeteile, Strangpreßprodukte ).
Gasporosität kann bei der Mehrzahl der Legierungen Einrisse beim
Warmwalzen verursachen.
Gasporosität kann Blasenbildung bei der Weichglühung des Halbzeuges
hervorrufen.

Die beiden erstgenannten Ausschußursachen gehen offenbar darauf


zurück, daß Gasporen im Gefüge Kerbstellen bilden, welche bei der Ver-
formung als Ausgangspunkte von Rissen wirken.

1 Wieviel von der durch Kompressionstests im Gußgefüge festgestellten Porosi-


tät auf Mikroporen von etwa 1 bis 3 fLm Durchmesser bzw. auf Makroporen von
mehr als etwa 10 fLm Durchmesser entfällt, ist bisher noch nicht bekannt und dürfte
in starkem Maße von Legierungszusammensetzung und Erstarrungsbedingungen
abhängen.
Lit. S. 193] :3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 151

Diese unerwünschte Kerbwirkung tritt vor allem bei hochfesten


Legierungen hervor, und es ist plausibel, daß die Porosität des Guß-
gefüges bei diesen Legierungen möglichst niedrig gehalten werden muß.1
In Abb. 113 sind Ergebnisse verschiedener Autoren eingetragen, welche
die Porosität des Gußgefüges als Funktion des Wassen,toffgehaltes unter-
sucht haben. Man erkennt folgendes:
Unterhalb eines gewissen Wasscrstüffgehaltes ist das Gefüge porenfrei.
Oberhalb dieses Grenzwertes steigt die Porosität des Gußgefüges an-
nähernd linear mit dem Wasser-
stoffgehalt an. %
Der Grenzwert des H 2 -Gehal- 0.7
tcs, unterhalb dessen keine Poro-
sität auftritt, hängt von der Er- D.b
starrungsgeschwindigkeit ab. Er
beträgt gern. Abb. 113für AICuMg- 0.5
Barren von ca. 1:JO bis 280 mm 1

Dicke 0,12 bis 0,14cm 3 /100g und -!2 .~ O,~ - - ----L


I

für AICu-Sandguß etwa 0,09 ci: '-- '

cm 3 /100 g. 0.3
Abb. 114 zeigt gleichfalls die
starke Abhängigkeit der Gußporo- 0.2--- -1-
sität vom Gasgehalt, sobald dieser
einen gewissen Schwellwert über- 0,1r----+r-r-~~·---+------+---~
schreitet: auf die in Abb. 114 er-
kennbaren Seigerungseffekte wird
0.
weiter unten noch eingegangen.
M.F.JORDAN,G.D.DENYER Abh. 118. Porosität in stranggllßba..rrell am:.
und A. K. TURNER [160J weisen AICuMg und Sandgnl.\stüeken aUR Aleu in Ab-
hängigkeit VOll dem 'V nsserRtoffgehalt der
darauf hin, daß bei ungünstigen ~chmelze und VOll deu llarrcllahmcssungen
(nach M. ~' .•TORDAX. 0. D. D~~N,ER H.
Nachspeü.;ebedingungen bei sehr A. X. l'ruXER [160]).
tiefem Gasgehalt Schrumpfporen * ]~rgelmh;sc von n. T. ME'l'tJAL.Fg [2.9U);
vorkommen können. Teilweise ** BrgcblliHi"e VOll C. E. J{AX,'":II,EY n. D. E. J.
TALBOT [1,,11.
sind sogar Ergebnisse erhalten
worden, wonach ein gewisser Gasgehalt auch beim Stranggießen er-
wünscht ist, um die erwähnten Schrumpfporen zu unterdrücken.
Oft findet man im Gußgefüge Porosität und starke lokale Anreiche-
rung von Re:->tsehnwl7.!' nah!' hpipinander, Rif'hf' Abh. 115.

1 Das breite ErstarrungHintervall der hochfesten Legierungen begünstigt die


Ausscheidung von Wasserstoff in makroskopischen Poren, welche in Strangguß-
barren der Legierung AIZnMgCu bereits bei H 2 -Gehalten von 0,08 bis 0,1 cm 3 /100g
>1uftreten. bei Reinaluminium (Al 99,2) dagegen erst oberhalb ca. 0,18 cm3 /100 g
[15.1].
152 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

--t-
~ 5,0
'" {Jew-'y, f(upfergehall I
.1
~-t
~ 1f,5 C-- in der Sch~ - r- 1;---"""""
~

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§- 4,0 I.:?<V
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9 ..,.' i • ~
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~-l--:-- I~
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fiasgehalfiE:-+ I __
der Schmelze i I
I I .~

I
1\ ~ ~~- I
i
!
,

V i 1/ ..n'I I
a. I I~ i c --1. j
50 100 1500 so 100 1500 so 100 mm 150
Absfand von Barrenoberfläche
Abb.114 a-c. Verteilung des Kupfer· und Wasserstolfgehalts sowie der Porosität in Barren aUR
AICuMg aus Schmelzen mit verschiedenem Gasgehalt (nach M. F. JORDAN, G. D, DEXYER U. A, N.
TURNER [160]).
a) durchschnittlicher Gasgehalt 0,28 cm'/100 g; b) durchschnittlicher Gasgehalt 0,19 cm'/100 g;
c) durchschnittlicher Gasgehalt 0,13 cm'/100 g.

Dies ist nach dem bisher Gesagten einfach einzusehen, denn so bald die
nachgesaugte Restschmelze durch Einfrieren nicht genügend nach-
gespeist wird, müssen im Ansaugbereich Hohlräume entstehen.
Darüber hinaus ist immer wieder
der Gasgehalt als Hauptursache [272]
oder als teilweise Ursache der Seigerun-
gen in Aluminium bezeichnet worden,
Literaturübersicht siehe Z. B. [270]
oder [271].
,
.
Es hat sich aber gezeigt, daß auch
beim Erstarren von völlig gasfreien
Schmelzen umgekehrte Blockseigerung
auftritt, so daß die Gastheorie die um-
gekehrte Blockseigerung nicht völlig
erklären kann [136, 270, 288]. In der
90: 1
Arbeit von D. E. ADAMS [136] wurde
Abb. 115. Seigerungen von Mg,Al, in Lun-
kernähe, eingebettet in Normalgefüge von
dem Auftreten von Porosität in Zusam-
Druckguß aus AlMg (nach ALUSUISSE). menhang mit der Seigerung und dem
Gasgehalt besondere Beachtung ge-
schenkt. Es wurden Schmelzen mit 3 bzw. 7% Cu einer einsinnigen
Erstarrung unterworfen. Einige Ergebnisse sind in der Abb. 116 wieder-
gegeben.
Man erkennt dort, daß sogar bei der gasfreien Legierung eine poröse
Zone nahe der gekühlten Kokillenwand auftritt, wobei es sich um kleine
Schrumpfporen handeln dürfte.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 153

Die in Abb. 116 eingesetzte korrigierte Analyse wird rechnerisch


erhalten, indem die auftretenden Schrumpfräume mit eutektischer Rest-
schmelze mit 33% Cu gefüllt werden, wobei berechnete und gemessene
Kupferverteilung im großen und ganzen parallel laufen.
Nach Abb. 116 nimmt vor allem im Innern des Barrens die Anzahl von
Poren mit dem Gasgehalt stark zu.
Wie ebenfalls dort zu erkennen ist, besteht zwischen den auftreten-
den Poren und den Seigerungen ein Zusammenhang.

I i/
3

~
Isolofion

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~, ...
~b ".
" "\ \
,a
s I \
o 10 20 30 M 50 80 70 BOmm 90
Abstand vom gekühlten /(akillenboden
Ahh. 116. Zusammenhang zwischen Kupferseigerungen nnd Barrenporosität bei einer Aluminium-
Kupfer-Legierung mit 7% Cu (nach D. E. ADAMS [136]).
Kurve" rasch abgekühlt, gashaltig; Kurve b langsam abgekühlt, entgast; Kurve c rasch abgekÜhlt.
entgast; - - - - Kupfergehalt (korrigierte Analyse ~ Kupfergehalt, wenn sämtliche Lunker und
Poren mit Schmelze aufgefüllt worden wären); - - - Porosität; Während der Erstarrung erfolgte
(lef Wärmeabftuß nur nach unten.

Abb. 114 zeigt folgendes: Falls der Gasgehalt hoch genug ist, zeigt
die Porosität eine starke Abhängigkeit von der Entfernung zu der Guß-
haut. Diese Abhängigkeit ähnelt der Veränderung des Kupfergehaltes
durch umgekehrte Blockseigerung.
Die Kupferseigerung wird schwächer, wenn der Wasserstoffgehalt ver-
ringert wird.
Dcr Gasgehalt ist über den Querschnitt des Blockes ziemlich gleich-
mäßig verteilt. Der Gasgehalt der Schmelze ist identisch mit dem-
jpnigen, der nach der Erstarrung gefunden wird.
Verfeinerte Gefügeuntersuchungen haben gezeigt, daß unabhängig
von der z. B. in Abb. 114 sichtbaren Verteilung der Porosität die Poren
meistens in Nestern auftreten. Der in Abb. 115 wiedergegebene Befund
legt dip Vermutung nahe. daß Pormlität bevorzugt in solchen Bereichen
154 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

des Gefüges auftritt, durch welche in der Endphase die an Wasserstoff


angereicherte Restschmelze angesaugt wurde ("Tannenbaumäste"
s. Abb. 90 bis 92 auf S. 130-131).
Bereits bei der Erörterung der Ausschwitzungen haben wir auf da!>
Vorhandensein von Schrumpfporen etwa 3 bis 15 mm unter der Guß-
haut hingewiesen. Diese poröse Zone entsteht bei der schroffen Abküh-
lung der relativ dünnen erstarrten Kruste durch das Einsetzen der direk-
H BlockmiHe'-... tenKühlung.AusAbb.117
geht hervor, daß die Lage
ilt~I~1 der porösen Zone mit der
~ a~r------,------~~==~,------. Seigerung des Wasserstof-
1~cm;:f95;k?1: i~ I fes und der metallischen
Legierungselemente etwa

~lr\t4?t1
parallel geht. Das Vorkom-
men und die Lage der po-
rösen Zone hängen stark
D,1~----~~----~----~~--~
von den Gießbedingungen
o 2,5 5,0 7,5 cm 10
ab. Die in Abb. 117 er-
Absfand von einer Blockseifenfläche
Abb. 117. Yerteilung des Kupfer- und Wasserstoffgehalts kennbare Seigerung des
sowie der Porosität über den Querschnitt eines 200 mm Wasserstoffes überrascht
dicken stranggegossenen Barrens aus A1Cul\lg
(nach C. E. RANSLEY u. D. E. J. TALEOT [151]). zunächst. Jedoch muß
man berücksichtigen, daß
bei den meisten technischen Gieß verfahren durch den Übergang "flüssig
--+ fest" der Wasserstoff um mindestens den Faktor 10 übersättigt vor-
liegt. Wasserstoff dürfte speziell in der Restschmelze angereichert sein,
und es erscheint verständlich, wenn somit der Wasserstoff ähnlich
seigert wie z. B. das in der Restschmelze angereicherte Kupfer.

:1.9 Einige Beispiele aus der Praxis des Stranggießens

3.91 Einfluß des Schmelz- und Gießverfahrens


auf die Blasenbildung beim Weichglühen
Es ist wiederholt die Frage erörtert worden, inwieweit man in Strang-
gußbarren kleine Gußporen in Schrumpflunker und Gasporen unterteilen
kann [143].
C. E. RANSLEY und R. E. J. TALBOT vertreten die Ansicht, daß alle
Poren bei technischen Gießverfahren durch Abscheidung von Wasser-
stoff entstehen [151].
Jedoch sind auch solche Poren zu berücksichtigen, welche eindeutig
von Gießbedingungen und Legierungstyp abhängen und nicht vom
Wasserstoffgehalt. Somit dürften zwei verschiedene Ursachen für die
Entstehung kleiner Poren in den Stranggußbarren in Betracht kommen:
Lit. S. 193] 3. Probleme bcim Gießen yon Knetlegierungen 155

Mangelnde Nachspeisung von Schmelze in Bereiche rascher Abkühlung


oder zu hoher Gasgehalt 1.
Mangelnde Nachspeisung erzeugt insbesondere Poren nahe der Guß-
haut. Diese bewirken beim Warmwalzen unter Umständen kleine Ein-
risse bzw. beim späteren Weichglühen von kaltgewalzten Blechen (ca.
1 mm dick) Blasenbildung. Hierbei handelt es sich um sog. "Oberflächen-
blasen", welche verglichen mit der Blechdicke einen relativ dünnen
Blasendeekel haben.
Folgende mit der Gießtechnik zusammenhängenden Faktoren sind
ausschlaggebend für die Blasenbildung, wie dies teilweise weiter oben
bereits dargelegt wurde.
1. Legierungstyp : Das Blasenproblem tritt besonders deutlich bei
Aluminium hoher Reinheit auf. Oberhalb 99,5% Al ist bei Reinalumi-
nium nur wenig Restschmelze vorhanden, was das Nachspeisen er-
schwert und Schrumpflunker allgemein begünstigt. Dieser Einfluß
wird mit zunehmender Metallreinheit immer deutlicher; daher ist Metall
mit über 99,7% Al besonders blasenanfällig.
2. Gießbedingungen : Generell kann man feststellen, daß eine zu tiefe
Gießtemperatur, sowie ein tiefer Sumpf, hervorgerufen z. B. durch ver-
tikale Einlaufdüsen, das Auftreten winziger Schrumpflunker begünsti-
gen. Diese Schrumpflunker führen späterhin zur Blasenbildung. Es ist
verständlich, daß z. B. eine tiefe Gießtemperatur diese Erscheinung ver-
stärken kann, da hierdurch das Zufrieren der Nachspeisekanäle be-
günstigt wird.
:~. Frästiefe : In Abb. 118 erkennt man, daß die Blasenbildung an
weichen Blechen deutlich auf die Tiefe der an den Stranggußbarren ab-
gefrästen Oberflächenschicht anspricht. außerdem auch auf die Gieß-
bedingungen. Es ist auffallend, daß bei einer bestimmten Frästiefe (im
vorliegenden Falle von 4 mm) die Blasenbildung ein Minimum hat. Dies
dürfte damit zusammenhängen, daß gemäß Abb. 114 das Strangguß-
gefüge im Inneren der Barren wieder in zunehmendem Maße Mikroporen
aufweist. Solche wim;igen Lunker können z. B. nach der Methode von
C. E. RANSLEY und D. E. .J. TALBOT [191J durch Dichtemessung vor
und nach Stauchung bei ca. 500 oe oder an Hand der Dehnungswerte
kleiner, aus dem Gußgefüge herausgedrehter Zerreißstäbe erkannt
werden.
Bei einer Anzahl von Gießverfahren kann man feststellen, daß das
Gußgefüge bis zu einer bestimmten Tiefe unter der Gußhaut (oftmals
ca. 10 mm) weitgehend dicht ist. worauf eine stark poröse Zone kommt,

1 Auch die Schrumpfporen füllen sich mit Wasserstoff, der eindiffundiert.


Daher ist die Trennung der beiden Porentypen in der Praxis oft unmöglich.
156 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

während das Gefüge zur Barrenmitte hin an Korngrenzen teilweise


winzige Schrumpflunker aufweist.
Die bisherigen Feststellungen betreffen einige der typischen Fak-
toren, welche die Blasenbildung beeinflussen. Es handelt sich jedoch bei
der Blasenbildung um ein komplexes Problem.

D.5.----r----~--~----~---,

Abb. 118. Auftreten von Oberflächenblasen auf weich-


geglühten Reinaluminiumblechen (Al 99.5, 1 mm dick)
in Abhängigkeit von der Frästiefe am stranggegossenen
Harren (610 x 185 mrn). Einlaufsy,tern: Drei vertikale
Düsen.

I Gießserie

i B C D

~ .. gerieft I gerieft ~~~~ glatt.


Kokille waag- unI 3° um 3° waag-
Lage I recht
II ver-
kantet
ver-
kantet
I recht

o z If 6 mm 10 )[etalltemperatur im Gießbecher : 680 bis 690 oe


Fräs/fefe Gießgeschwindigkeit 7,8 crn/rnin.

Höhere Kennziffer in dem Diagramm bedeutet höheren Blasenanfall. Unterschiede in der Blasigkeit
sind nicht auf unterschiedliche Metallzusammensetzung zurückzuführen, da eine einheitliche Schmelze
verwendet wurde (nach ALUSUISSE [143]).

Beispielsweise kann ein "sauberes" Ausgangsmetall unter Umständen


mit tiefem Sumpf gegossen werden, ohne daß Blasen auftreten. Sobald
aber das Ausgangsmaterial mit nichtmetallischen Verunreinigungen
angereichert ist, wird ein optimales Stranggießverfahren (flacher Sumpf
und richtige Wahl der Gießtemperatur) nötig, um die Blasenbildung zu
vermeiden. Eine zu tiefe Gießtemperatur erzeugt Schrumpflunker, eine
zu hohe Gießtemperatur begünstigt wiederum bei manchen Legierungen
(wie AIMn oder AIMgSi) das Auftreten kleiner Warmrisse im Gußgefüge,
die beim Abwalzen unvollständig verschweißen und somit auch wieder
Blasenbildung nach sich ziehen.
Wie unübersichtlich allein die Mitwirkung des Wasserstoffes ist, geht
aus folgendem Beispiel hervor:
In Abb. 119 ist das Auftreten von Poren nahe der Gußhaut von
Stranggußbarren in Abhängigkeit vom Wasserstoffgehalt aufgetragen.
Man erkennt, daß bei Unterschreitung eines gewissen Wasserstoff-
gehaltes verstärkte Porenbildung auftritt. Daher kann man die bei einem
\Vasserstoffgehalt unter ca. 0,1 cm 3 /100 g auftretenden Poren als
Schrumpflunker bezeichnen. Daß diese Schrumpflunker bei geringem
Wasserstoffgehalt auftreten, deutet darauf hin, daß der vVasserstoff-
gehalt der Restschmelze dazu beiträgt, diese in soeben entstehende
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 157

Schrumpflunker hineinzudrücken. Aus demselben Grund unterdrückt


ein mittlerer WasserstoffgehaIt bei AIMg3Si die Warmrissigkeit [230].
Bei der Erklärung der Blockseigerung ist von verschiedenen For-
schern auf Beobachtungen hingewiesen worden, wonach der Wasser-
stoffgehalt in der Endphase der Erstarrung die Restschmelze verstärkt
in die Außenzonen des Barrens drückt [230]. Ob der sich ausscheidende
Wasserstoff Restschmelze verschieben kann, hängt weitgehend von den
Erstarrungsbedingungen ab. Am ehesten besteht die Möglichkeit beim
Formguß, bei dem sich der Wasserstoff in allseitig geschlossenen Hohl-
räumen ansammeln kann [193]. Es ist vom Formgießen her bekannt,
daß bei zu tiefem Wasserstoffgehalt re-
lativ große Schrumpflunker entstehen
./
2,0
können. %
Sodann soll nochmals an die Mit- -~

wirkung von Oxydeinschlüssen bei der /


:j .
1.5
Blasenbildung erinnert werden. Oxyd-
einschlüsse können vor allem bei un-
geeigneter Metallzufuhr zur Erstar- V
rungsfront entstehen, außerdem durch
Abbröckeln vorerstarrter Krusten,
- - - I---- I--- f--
welche sich nahe der Kokillenwand an
der Oberfläche der Schmelze angesam- t;.:a
0.5
melt haben, evtl. auch an einem un-
" /
.!
geeigneten konstruierten Zuführsystem,
speziell bei zu tiefer Gießtemperatur b', • II
[303]. o 0.1 0,2 0.3 cm 3 100g 0.5
Im Zusammenhang mit der Blasen- Wassersfoffgehalf
bildung beim Weichglühen ist dem Ver- Abt>. 119. Porosität in Gußbarren in Ab·
halten der Gußporen beim Abwalzen des hängigkeit vom Wasserstoffgehalt.
Kurve a Sandgußbarren aus Reinalumi·
Gußgefüges Beachtung zu schenken. nium, Ergebnisse nach C. E. RANSLEY u.
Man hat drei Fälle zu unterscheiden: H. NEUFELD [177]; • Wert einer Einzel·
messung, 0 Mittelwert aus zwei oder mehr
Messungen; Kurve b Schematisch: Ergeb·
I. Warmwalzen nach mehrstündiger nisse an Stranggußbarren nach A. X.

Anwärmdauer auf ca. 450 bis 550 oe.


TLRNER [691.

Während des Anwärmens diffundiert


soviel Wasserstoff in die Gußporen, daß dieser ein "Kissen" bildet,
welches das Verschweißen der Poren beim Warmwalzen verhindert
[304].

Ir. Sofortiges Warmwalzen des noch warmen Gußblockes oder


eines gegossenen Bandes:
Hierbei verschweißen die Gußporen im allgemeinen und späterhin
bleibt eine Blasenbildung aus.
158 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

III. Kaltwalzen eines rasch erstarrten Gußgefüges :


Hierbei bleibt gleichfalls die Diffusion des Wasserstoffes in die Guß-
poren aus, und es tritt Verschweißen ein. Jedoch kommt das Kalt-
walzen des Guß gefüges wohl nur bei gegossenen Bändern von weniger
als 20 mm Dicke in Betracht.
Beim Weichglühen von Blechen von z. B. 1 mm Dicke tritt die Bla-
senbildung vor allem dann auf, wenn intakte Hohlräume einer gewissen
Mindestgröße als Diffusionszentren zur Verfügung stehen. Zusammen-
fassend kann man sagen, daß der Stranggußtechnik bei der Beeinflussung
der Blasenanfälligkeit eine ebenso große Bedeutung zukommt, wie der
"Sauberkeit" der vergossenen Schmelze. Im übrigen verweisen wir auf
die S.69 und S.95, auf denen der Mechanismus der Blasenbildung
bereits abgehandelt wurde.

3.92 Korngräße

Diese ist beim Stranggießen insbesondere von folgenden Variablen


abhängig;
1. Legierungszusammensetzung und Anwesenheit kornverfeinernder
Zusätze:
2. Anwendung von Vibrationen bei der Erstarrung;
3. Gießtemperatur ;
4. Einlaufsystem ;
5. Gießgeschwindigkeit ;
6. Barrenformat.
Die Faktoren 1 bis 3 sind im Kap. 1.2 eingehend beschrieben worden.
Erfahrungen aus der Gießereipraxis zeigen, daß alle sechs Faktoren
miteinander in Wechselwirkung stehen.
Man erkennt das am Beispiel der Fiederkristalle :

3.921 Fiederkristalle. Insbesondere in Stranggußbarren aus Rein-


aluminium werden beim Atzen von Querschnitten oftmals "Fieder-
kristalle" beobachtet, wobei der Durchmesser einer fiederkristallinen
Zone meist 20 bis 200 mm beträgt (Abb. 80a auf S. 120).
Das Auftreten der Fiederkristalle wird durch folgende drei Faktoren
beeinflußt:
Beim Stranggießen entstehen Fiederkristalle vor allem bei horizon-
talem Metalleinlauf in den Sumpf gem. Abb. 79a (S. 120). Diese Art
der Metallzufuhr bewirkt ein relativ schwaches Temperaturgefälle und
eine verhältnismäßig niedrige Strömungsgeschwindigkeit nahe der
Lit. s. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 159

Erstarrungsfront, verglichen mit dem vertikalen Einlauf (Abb. 79b),


bei dem keine Fiederkristalle entstehen.
Hohe Gießtemperatur begünstigt das Auftreten von Fiederkristallen.
Dagegen erscheinen diese nicht, wenn die Gießtemperatur weniger als
etwa 20 grd über der Liquidustemperatur liegt.
Kornverfeinernde Zusät~e, wie Titan, unterdrücken die Bildung von
Fiederkristallen.
Iu mehreren Untersuchungen ist nachgewiesen worden, daß die
Fiederkristalle aus einer großen Anzahl paralleler Zwillingslamellen
bestehen [60, 287, 292 bis 298).

b a
=1:2.5 =70:1
Abb. 120 a u. lJ. Ficderkri,talle iu Tüteugllßharren aus Al U9.5. (Wärmeableitung beim TütenglIß
nur nach unten) (nach W. ItOTH u. M. SCHIPPERS [60]).
a) ]'iederkristall zwischen St.eJlgelkri~taI1en: Längsschnitt durch einen Tütengußbarren; b) Schliff
durch einen }'iederkristall. Die geraden Linien sind Schnitte durch Zwillingsebenen.

Die Lage der Zwillingsebenen im Gußgefüge ist unabhängig von der


Richtung der Wärmeableitung [60).
Wie aus Abb. 120a ersichtlich, wachsen die Stengelkristalle entgegen-
gesetzt zur Wärmeableitung, während ein Fiederkristall schräg dazu
und außerdem schneller als die Stengelkristalle wächst.
Ungeklärt ist noch, warum die Fiederkristalle eine ganz spezifische
Wachstumsrichtung haben, nämlich die [112]-Richtung auf (111)-
Ebenen. Es erscheint möglich, daß bei der erwähnten \Vachstums-
richtung die Spitze des wachsenden Kristalls einen "konstanten Keim"
ergibt, der durch Anlagerungen von Atomen besonders leicht weiter-
wächst und somit weniger Unterkühlung braucht als andere Wachstums-
richtungen.
In Abb. 121 wird ein an geätzter Schliff senkrecht zur Längsachse der
Stengelkristalle aus Abb. 120a gezeigt. Man erkennt an den Atzfiguren,
160 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

daß eine [100]-Achse parallel zum Wärmefluß liegt. Ein Schliff durch
einen Fiederkristall sieht dagegen ganz anders aus. In Abb. 120b erkennt
man, daß die Zwillings ebenen im Schnitt als gerade Linien auftreten.

240: 1 60: 1
Abb. 121. Schliff durch StengeJlrristaJle senk· Abb. 122. Schliff durch FiederkristaJl im Gefüge
recht zur Faserachse. Tütengußbarren aus eines Stranggußbarrens aus AICuMg. Schraflilr·
Al 99,5 (nach W. ROTH u. M. SCHIPPERS [60]). ätzung nach KOSTRON
(nach ALCOA. New Kensingtoll).

Innerhalb eines Fiederkristalls ist die Orientierung jeder zweiten


Lamelle die gleiche, wie in Abb. 122 nach einer "Schraffurätzung" zu
erkennen ist. Je zwei Zwillingslamellen haben die (111 )-Ebene gemeinsam
(s. Abb. 123).

(111)

(110) (110)
Abb. 123. Schematische Darstellung der Orientierung von Fiederkristallen. Rechteckige Schliffprobe
mit in Zwillingslage befindlichen Kristalliten und den zu erwartenden Atzfiguren. Zwillingsebene (111)
(nach W. ROTH U. M. SCHIPPERS [60]).

Die Länge der Zwillingsebenen ist recht unterschiedlich. In Abb. 122


und Abb. 120b sind sie offenbar länger als ca. 1 mm.
L. F. MONDOLFO [296] hat vermutet, daß die Zwillinge auf Grund
von Deformationen (Gußspannungen) entstehen, was aber späterhin
widerlegt wurde [292].
Lit. f:l. 193J 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 161

Abb. 120 b zeigt anschaulich, daß die Zwillingsebenen im Anfang der


Erstarrung vorhanden waren, da die Erstarrung der Restschmelze un-
abhängig erfolgt. Heute dürfte feststehen, daß es sich bei den Fieder-
kristallen um Wachstums-Zwillinge handelt, deren Entstehung auf die
Bildung von Stapelfehlern an (111)-Flächen zurückgeführt werden
könnte [2.92]. Bisher befriedigt allerdings die theoretische Deutung der
Entstehung der Zwillingslamellen noch nicht; speziell harrt die starke
Abhängigkeit von dt'n Gießbedingungen einer Erklärung.
Die ZwillingsebenE'1l selbst sind meist frei von Ausscheidungen
[292, 297J, und es ist auch kein Künzentrationsgradient in der Nähe der
Zwillingsflächen festzustellen [287]. Nach längerer Glühung bei 575°C
treten jedoch im Falle von Reinaluminium Ausseheidungen an den
Zwillingsebenen auf [2.92J.
Die meisten Untenmuhungen wurden an Reinaluminium durchgeführt,
doch treten Fiederkristalle ("columnar twins") auch bei I.egierungen in
Erscheinung (Abb. 122) [60, 2.99].
Im ganzen gesehen sind Fiederkristalle im Gußgefüge wegen ihrer
ungünstigen Auswirkung auf verschiedene Eigenschaften [300] der Halb-
zeuge durchaus unerwünscht, z. B. bezüglich Zipfelbildung und Verhal-
ten bei anodiseher Oxydation.

3.922 Beeinflussung der Korllgröße. Wenn auch die weiter üben ge-
nannten sechs Variablen die Korngröße beeinflussen, so beschränkt man
sich in der Praxis oft darauf, nur eine der Einflußgrößen zu variieren.
Hierfür folgen einige Beispiele:

Gießgeschwindigkeit. Die Kürngröße im Gußgefüge fällt bei langsamer


Absenkgeschwindigkeit besonders fein an. Dieser an sich überraschende
Befund erklärt sich laut Abb. 124 daraus, daß beim langsamen Gieße~
ein schmalerer En;tarrungsbereich (= größere Erstarrungsgeschwindig-
keit) vorliegt ab bt'im raschen Gi~ßen [266J.
Aus Abb. 124 t'rkennt man, daß Schwankungen der Tiefe der Er-
i:ltarrungszone über den Querschnitt des Barrens an der Größe der Guß-
körner wieder erkannt wt'rden können.
Bei den stationären Gieß verfahren, wie Kokillenguß und Sandguß,
nimmt die Korngröße mit der Erstarrungsgeschwindigkeit ab.

Gießtemperatur. Aus Abb. 125a bis c erkennt man, daß das Gußkorn
wesentlich feiner wird, sobald die dem Sumpf zugeführte Schmelze eine
Temperatur hat, welche weniger als ca. 15 grd über der Liquidustempe-
ratur liegt, bei Reinaluminium somit unter ca. 675°C.

11 Altenp olll. Aluminium


162 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Barrenformat. Es gibt hier keine einheitliche Regel. Vielfach beob-


achtet man eine Kornverfeinerung mit abnehmender Barrendicke, was
mit der Abb.124 in Einklang steht (kleinerer Barrendurchmesser bedeutet
schmalere Erstarrungsfront ).

Erslarrungszone

Ersfarrungszonenbreile über dem Blockquerschnill aufgefragen


~i
o I I 1::err=1 i I j I
Ausfall der Bruchprobe

~l%~~if!(l
rasches Gießen langsames Gießen
r2Z2] grobkornig ~mJ feinkornig
Abb. 124. Einwirkung von raschem und langsamem Gießen auf die Breite der Erstarrungszone und auf
das Guß gefüge beim Stranggießen einer AlCuNi·I,egierung (nach W. ROTH [236]).

1:6
Abb. 125 a- c. Einfluß der Gießtemperatur auf die Korngröße von Stranggußbarren aus Rein-
aluminium Al 99.5 (nach ALUSUISSE).
a) Gießtemperatur 665 bis 670'0; b) Gießtemperatur 675 bis 680'0; c) Gießtemperatur 685 bis 690'C.

Man kann jedoch bei gegossenen Bändern von z. B. 6 bis 20 mm


Dicke beobachten, daß der größte Teil des Querschnittes aus relativ
großen Stengelkristallen besteht, die nur bei sehr kaltem Gießen und
kräftigem Zusatz an kornverfeinernden Elementen verschwinden.
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 163

3.93 Gießen von Reinaluminium mit tiefem Sumpf


3.931 Stranggießen mit verringerter direkter Kühlung. In Frankreich
werden zwei Verfahren praktiziert, um Reinaluminium mit einer Sumpf-
tiefe von ca. :30 bis 60 cm zu gießen (die normale Sumpftiefe beim
Stranggießen beträgt 5 bis 20 cm). In Abb. 126 und 127 werden diese
zwei Verfahren, .. lsomet'; und "Isotrop", schematisch beschrieben.

--koki/le

schwache kühlung
mif Wasser-
Sprühnebel

direkfe
Wasserkühlung

ers/orr/er
Wa/zbarren- -

Abb. 126. Gießen von Walzbarren mit verzögerter Wärmeableitnng nach dem "Isomet"-Verfahren
(Gießen mit tiefem Rumpf). Schnitt durch Barrenschmalseite (nach G. TRAPIED [229]).
Wn"erdiise: n Preßluftdilse.

Der Zweck der Verfahren besteht darin, einen kokillengußähnlichen


8tranggußbarren herzustellen, um eine geringe und gleichmäßige Zipfel-
bildung nach dem Weichglühen von Blechen zu erzielen.
Die Ursache, warum Gießverfahren gemäß Abb. 126 und 127 die
Zipfelbildung günstig beeinflussen, liegt in der relativ langen Verweilzeit
des erstarrenden und erstarrten Met,alls bei Temperaturen nahe der Soli-
dustemperatur. 1
1 Hierdurch wird bei Reinaluminium die Übersättigung an Eisen verringert,
welche die Rekristallisationstextur beeinfiußt [305, 306]. Die lokal stark unterschied-
lichen Erstarrungsvorgänge über den Querschnitt eines Barrens, wie sie z. B. in
Abb.92 zum Ausdruck kommen, lassen verstehen, daß in Blechen aus Strangguß-
barren die lokale Übersättigung des Eisens und damit die Zipfelbildung stark
schwankt, da eine nachträgliche Homogenisierung des Eisengehaltes von Strang-
gußbarren in technisch realisierbaren Zeiten selbst bei 600°0 nicht gelingt.

11 *
164 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Das im vorhergehenden Abschn. 3.91 Gesagte ließ deutlich werden,


daß beim Gießen mit absichtlich tiefgehaltenem Sumpf die Gefahr der
Blasenbildung beim Weichglühen von Blechen relativ groß ist. Dies trifft
aber nur zu, falls die Schmelze zuviel nichtmetallische Verunreini-
gungen enthält, und/oder ein ungünstiges Zuführsystem der Schmelze in
den Sumpf gewählt wurde. Daher ist ein sauberes Metall Grundbedin-
gung für das Gießen mit tiefem Sumpf bei geringem Blasenausschuß.

A::J!!!!III!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII!I!i;;{7

r
A
H-HttttHttttltltHtttttW

Abb. 127. Gießen von Walzbarren mit verzögerter Wärmeableitung nach dem "Isotrop"-Verfahren
(Gießen mit absichtlich tiefem Sumpf). Ansicht der Kokille mit Schürze (zur Verzögerung der Abküh-
lung). Das aus der Kokille austretende Kühlwasser wird durch die "Schürze" vom oberen Teil des
Gußstranges ferngehalten. Die Form der Schürze verhindert eine vorzeitige Abkühlung der von drei
Richtungen gekühlten Seitenzonen des Gußstranges und bewirkt somit einen tassenförmigen Sumpf.
Die Schürze ist zur Wasserfübrung außen grob gerieft (nach G. ~ALMON [282]).

3.932 Gießen von möglichst spannungsfreien Legierungsbarren. Hier


ist z. B. ein Verfahren interessant; welches die Kaiser Aluminium &
Chemical Corp. für das Stranggießen von max. 800 mm - Rundblöcken
und max. 600 mm - Quadratblöcken aus den relativ rißanfälligen Legie-
rungen AlCuMg und AlZnMgCu entwickelt hat [262]. Aus Abb. 128
geht hervo!, daß der Bereich der direkten Kühlung durch den Einsatz
von rund um den Block angeordneten Preßluftdüsen unterbrochen
wird, welche das herablaufende Kühlwasser über Ablenkplatten fort-
drücken. Infolge der Unterbrechung der direkten Kühlung wird gemäß
Abb. 129 der Temperaturgradient über den Blockquerschnitt stark ver-
mindert; wodurch Wärmespannungen und damit Warmrisse weitgehend
unterbunden werden.
Wichtig ist, daß bei der Erstarrung des Barrenzentrums der Tempe-
raturgradient möglichst klein ist. Nach Ergebnissen von H. ZOLLER
sollte das Wasser sogar etwas oberhalb der tiefsteIiStelle des Sumpfes
weggeblasen werden, also höher als in Abb. 128 angegeben [261].
I,it. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 165

_-~Mefalleinlauf
durch ßießrinne

Kokille
Kühlwasser
I kaslen
I
} BereICh der dtrek-
~--
Sumpf~- 1 I len Kühlung
...... _1 I~':> Preß/uffdüsen in
Ablenkplafle, ~-::::
fur Kühl- "\QY"' ~~ } ringförmiger
Anordnung
wasser
--- Barren
Abb. 128. Stranggießanlage mit be-
grenzter Blockkühlung unterhalb
,Ier Kokille zum Gießen rißanfälliger --- frockene Barren-
Legierungen (nach A. T. TAyr,oH. oberflöche
E. H. THO)[PSON u . •T. J. WF.(lNEI(
[262]).
!::r====:::::===;J ~-- Fußplalie

-----hydraulische Hebe-
vorrichfung

r 1 . I i II
md, '"
.1I
ohne
I
Unferbrechung der direkfen Kühlung
50 l/

~ 11
1/
r~
~)
0~
1
/
bf/""sItlT ~~

W
f--Io"'<t,
v

kiff ~I - l--
V ~
I/ 7
v
V
V
f3/ ~
"""
o\y 1

/1
ce>
Abb. 129. Isothermen während des
0 Stranggießens von Quadratblöcken mit

bo/ \ 450 mm Seitenlänge aus AlCuMg, mit und

V /
V
~\JI\
ohne Unterbret·.hullg der direkten Kühlung
("ach A. T. TAYLOR, E. H. THOMPSON 11.
J. J. WRUNER [262]).
550
.1 Ort der Kühlwasserablenk1lng.

mm
650
o 100 ZOO 0 100 mm ZOO
Absland ron B!ockmille
166 A. EigellJlchaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

3.94 Auftreten von Krusten oder großen Primärkristallen


beim Gießen von Legierungen

Beim Gießen von Legierungen, welche Mangan, Chrom, Vanadium,


Titan und/oder einen erhöhten Eisengehalt enthalten, besteht die Gefahr,
daß sich diese Legierungselemente in Krusten auf der Oberfläche des
Sumpfes oder aber in groben Ausscheidungen innerhalb des Gußgefüges
ansammeln.
Die Beeinflussung dieser unerwünschten Erscheinung kann auf mehr-
fache Weise geschehen, am ehesten aber durch .Änderung der Legierungs-
zusammensetzung und Einhaltung einer möglichst hohen Gießtemperatur.
Jedoch stoßen beide Maßnahmen unter Umständen auf Schwierig-
keiten.
Eine Erhöhung der Gießtemperatur verursacht bei den meisten in
Frage kommenden Legierungen eine gesteigerte Rißanfälligkeit und
begünstigt außerdem ein gröberes Gußkorn.
Auch mit der Auswahl der Legierungszusammensetzung ist man oft
wegen eines ungünstigen Einflusses auf die Riß bildung oder auf die Eigen-
schaften des Materials bei der Weiterverarbeitung eingeengt. Aus der
großen Anzahl der hierfür vorliegenden Beispiele möchten wir den Gehalt
an Eisen und Mangan bei der Legierungstype AlMn anführen.
An sich ist es bei der Legierung AlMn erwünscht, den Eisengehalt
relativ hoch zu halten, beispielsweise bei 0,6%, da mit zunehmendem
Eisengehalt eine markante Kornverfeinerung im weichgeglühten Zu-
stand der Bänder oder Bleche festgestellt wird. Jedoch tritt bei einem
Mangangehalt von 1,2% und einem Eisengehalt von 0,6% beim Strang-
gießen bereits eine lästige Krustenbildung durch vorerstarrte Eisen-
Mangan-Aluminide auf, und daher hält man den Eisengehalt der Legie-
rung oftmals bei 0,45 bis 0,55%, obwohl bei 0,45% bereits die Korn-
größe nach Weichglühen (besonders beim Glühen schwerer Bandbunde )
deutlich zunimmt.
Natürlich kann man den Mangangehalt auf 1 % oder darunter ab-
senken, um die Krustenbildung zu bekämpfen, aber dann geht die Legie-
rungsverfestigung deutlich zurück, und die genormten Festigkeitswerte
werden eventuell unterschritten.
Sodann muß bei der genannten Legierung der Siliziumgehalt mög-
lichst tief gehalten werden, um die Warmrissigkeit zu bekämpfen. Diese
tritt auf, sobald der Siliziumgehalt mehr als etwa 3/5 des Eisengehaltes
beträgt. Warmes Gießen begünstigt die Warmrissigkeit gleichfalls, ist
aber zur Unterdrückung der Krustenbildung erwünscht. Mit zunehmen-
dem Siliziumgehalt wird im übrigen die kornverfeinernde Wirkung des
Eisens abgeschwächt (durchAusscheidung des übersättigten Eisens [305]).
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 167

Hieraus erkennt man, daß allein durch das Phänomen der Krusten-
bildung die einzuhaltende Analyse und Gießtemperatur einer Knet-
legierung in ziemlich engen Grenzen festgelegt wird.
Das Gesagte gilt auch für den Zusatz von Kornverfeinerern:
Sobald z. B. bei Reinaluminium mehr als 0,05% Ti oder bei Reinst-
aluminium mehr als ca. 0,15% Bor zugesetzt werden, tritt Krusten-
bildung auf. Daher bleibt man mit kornverfeinernden Zusätzen meist
kurz unter dem Gehalt, bei dem die Krustenbildung oder das Entstehen
grober Primärkristalle 7.U befürchten ist.

'4
'._ . . . . ~ .,- c

.... "'!" • •

~()O: 1 40: 1
A hb. 130. Al,}[n-l'rilllärkristalle im Uußge!üge Abb. 131. Geknetetes Gefüge der Legierung
von Rcinstaluminiunl nlit 4% )1n AIZnMgCu. Al,Cr-Primärkristalle, die während
(na("h ALUn'ISSE). der Erstarrung entstanden sind
(nach ALFSUISSE).

Die vorerstarrten Krusten auf der Oberfläche sind im übrigen


oftmals mit Oxyden angereichert und frieren häufig nahe der Oberfläche
des Stranggußmaterials ein, wo sie durch tieferes Fräsen entfernt werden
können [284].
Bei aushärtbaren Legierungen wird oftmals Mangan und/oder Chrom
zugesetzt, um ein Kornwachstum bei der Lösungsglühung zu unter-
drückel1. Außerdem enthalten die Legierungen ohnehin einen natürlichen
Eisengehalt und oftmals Zusätze an Titan für die Kornverfeinerung.
Die Elemente Mangan, Chrom, Eisen und Titan (ebenso auch Molybdän
und Vanadium, welche aber selten 7.ugesetzt werden) bilden grobe Aus-
,;cheidungen beim StTanggießen, welche qualitätsmäßig unerwünscht sind.
Abb. 130 sowie 1iH zeigen grobe Einschlüsse von Al 6Mn und AI 7Cr.
Wesentlich schwieriger zu kontrollieren sind aber die großen Kristalle,
welche sich aus mehreren der oben genannten Legierungselemente zu-
8ammem;etzen [307]. Daher beschränkt man beispiel8weise bei einer
typischen AIZnMgCu-Legierung diejenigen Elemente. welche grobe
Gußausscheidungen bilden, auf folgende Gehalte:
Fe rnax. 0,35%. Mn rnax. 0.35%, Ti max. 0,05%, CI' max. 0,1:3%.
168 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die Entstehung grober Gußheterogenitäten wird durch zu starken


Wärmeentzug im Zuführsystem der Schmelze oder durch eine etwas zu
niedrige Gießtemperatur stark begünstigt. Die Nachteile großer spröder
Kristalle, wie sie in Abb. 130 und 131 zu erkennen sind, liegen auf der
Hand: bei der Verformung des Gefüges
40 40 treten Risse und Walzen beschädi-
% kpjmmz I 6B
-----L -
gungen auf.
I
~

..0

da., I
I
.
I
-- 3.95 Festigkeitswerte von Gußgefüge
i dB
!
..... i
do.2 ./10___ In der Abb. 132 werden Festig-
L ~---
keitswerte von AIMgSi-Strangguß-
-.
/ ~ .JL
°10 barren wiedergegeben.
Man erkennt im Teil c der Ab-
a 0 0
M 40 bildung, daß die Dehnungswerte bei
% kpjmrrf ..f!.o OB niedrigen Mangangehalten in den
Randzonen des Barrens wesentlich
~

00.2
~
höher sind als in Barrenmitte.
Dies ist darauf zurückzuführen,
daß die rasch erstarrte Randzone
010 weniger Gußporosität hat als die lang-
::-
-C>-

dB
sam erstarrte Mittelzone des Barrens.
dO•2
Mit zunehmendem Mangangehalt
verschwinden allerdings die Unter-
h 0 0 schiede und schließlich hat man so-
gar in Barrenmitte etwas höhere
Dehnungswerte als in den Außen-
c zonen. Dies dürfte auf manganhaltige
Ausscheidungen zurückzuführen sein,
Abb. 132 a-c. Festigkeitseigenschaften von welche in einem Seigerungsband in
AIMgSil mit verschiedenen Mangangehalten ~ähe der Oberfläche verstärkt auf-
(nach ALUSUISSE).
a) Stranggußbarren 610 x 185 mm,
treten (ähnlich wie die in Abb. 112
• - - - • Gußzustand, Warm-
0 -- 0 erkennbaren FeSi-haltigen Seigerungs-
ausgehärtet 165'C 14 Stunden; b) Bleche
2,3 mm dick, . - - . Weich (3 Stunden bänder). Der Vergleich zwischen
bei 380'C geglüht), 0 - - 0 Warmausge- Abb. 132a und b zeigt, daß man im
härtet 165'C 14 Stunden; c) Unterschiede
der Dehnung zwischen Mitte und Rand des Gußgefüge nach einer Warmauslage-
Gnßbarrens, Ausschnitt aus a (Gußzustnnd). rung beachtliche Werte von Zugfestig-

keit und Dehngrenze erreicht, welche


etwa gleich hoch oder sogar etwas höher sind, als die an stark abge-
walzten Blechen erhaltenen Werte.
Man erkennt aus den genannten Beispielen, wie komplex die Ge-
sichtspunkte sein können, welche zu berücksichtigen sind, um Gieß-
Lit. S. 193] 3. Probleme beim Gießen von Knetlegierungen 169

bedingungen und Legierungszusammensetzung zur Erzielung günstiger


Festigkeitswerte und Verarbeitbarkeit in geeigneter Weise miteinander
zu kombinieren.
In Abb.554 (S. 717) wird das Verhalten der Festigkeitswerte eines
Stranggußbarrens bei der Verformung beschrieben. Besonders bemerkens-
wert ist im Verlaufe der Warmverformung das anfängliche Absinken von
Zugfestigkeit und Dehngrenze, ohne daß die Bruchdehnung ansteigt.
Hieraus ergibt sich der Schluß, daß beim
~I

-
Warmverformen zu Beginn der Querschnitts-
mm'
reduktion ein Zustand auftritt, in welchem
das Gefüge besonders zu Trennbrüchen ~
neigt [308]. /
Dies wird auch in der Praxis beobachtet,
~
denn das Aufreißen von Poren beim Warm- V
z
walzen oder Schmieden tritt meist zu An- Jmm
/
/
fang der Warmverformung ein. Zur genauen
Verfolgung eignet sich vor allem die Unter-
suchung von Mikro-Zerreißstäben sowie von
Kerbschlagproben, welche bei verschiedenen
Temperaturen untersucht werden [308]. i'-..
"'" '"'-
~
19 i I---
3.96 Einfluß der Gießbedingungen auf die "-

'"
.~ 1,3

'"
~mm
Festigkeitswerte nach dem Abwalzen ~
~Z1
P. BRENNER und W. ROTH [309] haben ~
'-

.1% 09
~ --...,
darauf hingewiesen, daß nach Abwalzen oder ~ • I.f. B 8 cmjm!n 1E
Strangpressen die Festigkeitswerte von Absenkgescnwindigkeil
Stranggußmaterial bei Legierungen wesent- Abb. 133. Festigkeitseigenschaften
von kaltausgehärteten Blechen aus
lich günstiger liegen als bei Kokillenguß- AlCuMg, 1 mm dick, in Abhängig·
material. Beim Stranggießen haben die keit von der Absenkgeschwindigkeit
beim Stranggießen (nach H. BOTH·
Gießbedingungen Einfluß auf die Festigkeits- MANN U. H. VOssKttHLER [244].

werte des Endproduktes [236, 244, 266].


In Abb. 133 erkennt man an Hand von Ergebnissen von H. BOTH-
MANN und H. VOSSKÜHLER [244] den starken Einfluß der Gießgeschwin-
digkeit auf die späteren Festigkeitswerte von AICuMg-Blechen.
Man kann den Einfluß der Gießgeschwindigkeit gelegentlich
unmittelbar an der Verformbarkeit beim Warmverformen wieder-
erkennen:
Beim langsamen Gießen tritt oftmals eine Kornverfeinerung auf,
welche den Kraftaufwand bei der Warmverformung erhöhen kann.
Schnelles Gießen (= tiefer Sumpf) begünstigt Schrumpflunker und
daher Rißbildung beim Warmwalzen.
170 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Es ließen sich noch viele Beispiele aufzählen, wie durch die Gieß-
bedingungen die mechanischen oder Oberflächen-Eigenschaften des ab-
gewalzten oder stranggepreßten Materials beeinflußt werden.
Auf einige Beispiele werden wir in späteren Kapiteln zurückkommen.

4. Metallkundliehe Probleme beim Gießen von Gußlegierungen


Von H. Arbenz, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

Manche der weiter oben für die Knetlegierungen beschriebenen Gesetz-


mäßigkeiten oder Erfahrungen lassen sich sinngemäß auch auf die Guß-
legierungen übertragen. Dies gilt insbesondere für den Mechanismus der
Erstarrung, das Verhalten der nichtmetallischen Verunreinigungen, den
Einfluß der Abkühlungsgeschwindigkeit und das Auftreten von Seige-
rungen. Dennoch gibt es bei Gußlegierungen eine ganze Reihe spezieller
Probleme. Hierfür werden im folgenden einige typische Beispiele ge-
nannt.
4.1 Grundsätzliche Unterschiede zwischen Guß- und
Knetlegierungen

Guß- und Knetlegierungen unterscheiden sich im Zustand, in welchem


sie als Fertigprodukt zur Anwendung kommen, grundsätzlich von-
einander. Der Unterschied besteht in einer Verformung im festen Zu-
stand beim Knetmaterial und im Fehlen dieses nachhaltig auf das Ge-
füge wirkenden Arbeitsprozesses bei Gußlegierungen. Dies bedeutet
einerseits eine Vereinfachung der metallkundlichen Aspekte, anderer-
seits werden durch die oft recht verwickelte Gestalt der Gußstücke
spezielle Probleme aufgeworfen.
Der Gefügebau von Aluminiumgußstücken hat gegenüber jenem
von Knetmaterial folgende Besonderheiten:
a) Fehlen einer Verformungstextur, Vorliegen einer zumeist nur
undeutlichen Gußtextur. In Gußstücken gibt es im allgemeinen keine
Rekristallisation. Die Korngröße der Primärkörner bleibt bei einer
vYärmebehandlung meist unverändert, d. h. es tritt weder eine Ver-
gröberung noch cine Texturänderung ein.
b) Mehr oder weniger zahlreiche Gefügelücken in Form von l\'Iikro-
lunkern, l\'Iikrorissen und Gasporen. Diese Gefügefehler werden wegen des
Fehlens einer Verformung des Gußgefüges nicht verschweißt.
Eine Folge davon sind oftmals niedrigere Festigkeitswerte (speziell
Dehnungswerte) von Aluminiumgußstücken gegenüber solchen von
Walz- oder Preßmaterial gleicher Zusammensetzung, auch dann, wenn
letzteres weichgeglüht wurde (siehe z. B. Tab. 19).
Lit. S. 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 171

Tabelle 19. Vergleich der Festigkeitswerte von AIMg3 nZs Gußgefüge


und nach dem Kneten

0 .• NB
° 02
kpj Illlll ,
(JB
kpjlllIll' 0
/0 kpjrr1n1"l

Kokillengußstück G-AlMg3
Guß zustand, 100 mm~-Zerreiß· H,2 17,0 7;2 ;54
probe aus 15 mm WanddickP ent·
nommen
Flachprofil gepreßt
AIMg3 "weich" 15 X :~O mm 10.ß 22.8 24.1 ;")2
100 mm 2-Zerreißprobe

Das Ausmaß dieses Zurückfallens hängt naturgemäß von Menge


und Gräße der Gefügelücken ab und ist damit stark von den gieß-
technischen Details beeinftußt. Abb. 134a zeigt rißartige Korngrenzen-
lücken bei G-AlCu4Ti (Sandguß). Sie bewirkten an der betreffenden
Gußstückpartie eine rund 15%ige Einbuße der Zugfestigkeit gegenüber
dem entsprechenden. an einer fehlerfreien Stelle gemessenen Wert.
Durch Erstarrung unter Druck sowie durch gute Nachspeisung mit
Schmelze während der Erstarrung kann die Entstehung von Gefüge-
lücken bekämpft werdf'n (~. a. Tab. 6. S. 24, u. Abschn. A 4.32).

,-

'--
.- ................
,

... '

13: 1
Abb. 134:1. Korngrenzenlücken in G-All'1l4Ti·Salldguß (na("h ALrSUISS}~).

c) Grobe intermetallische Phasen, Durch Walzen oder Pressen werden


Einlagerungen von Legierungsbestandteilen und Begleitelementen zer-
kleinert. Sie erhalten einen feineren Dispersionsgrad als im Gußzustand.
Zudem sind die Einlagerungen bei dem durch Strangguß hergestellten
Gußzustand feiner als beispielsweise bei Sandguß, welcher teilweise sehr
geringen Abkühlungsgeschwindigkeiten unterliegt. Abb. 134 b zeigt Aus-
172 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

scheidungen von Kupferaluminid in G-AICu4Ti (Sandguß) im Guß-


zustand und warm gewalzt (Verformungsgrad 90%).
Die feinere Dispersion der intermetallischen Phasen bewirkt bei
Knetmaterial im Verlaufe einer Lösungsglühung rascheres Inlösunggehen
dieser Gefügebestandteile als bei Gußgefüge. Knetlegierungen erfordern

.... . . . .

".

70: 1
Abb.134b. Ausscheiduugen von Kupferaluminid in G-AICu4Ti (nach ALUSUISSE).
links: Gnßzustand (Sandguß) rechts: warmgewalzt, Verformungsgrad 90%.

daher eine kürzer dauernde Lösungsglühung als Gußlegierungen ähn-


licher Zusammensetzung.
Für AICu4Mg (Blech) beträgt sie beispielsweise zur vollständigen
Lösung des Al 2Cu 1 bis 2 Stunden bei 505°C, während für G-AICu4TiMg
(Sandguß) 8 bis 12 Stunden bei 520°C anzusetzen ist.

4.2 Gießverfahren und ihr Einfluß auf das Gußgefüge


Die wichtigsten Gieß verfahren für Gußlegierungen sind Sandguß,
Kokillenguß und Druckguß [331].
Aluminiumgußlegierungen eignen sich bei richtiger Auswahl für alle
drei Verfahren ausgezeichnet. Diese Universalität ist bei keiner anderen
Legierungsgruppe von industrieller Bedeutung zu finden, also weder bei
Eisen-, Kupfer-, Zink- noch Magnesiumlegierungen. Dies ist die Folge
einer günstigen Kombination von Eigenschaften der Aluminiumguß-
legierungen, nämlich:
Tief liegende Schmelzintervalle, zwischen 520 und 640°C, so daß die
wenig darüber liegenden Gießtemperaturen (650 bis 780°C) von
eisernen Formen gut ausgehalten werden.
Schutz des fließenden Metalls vor Oxydation durch den dünnen Oxyd-
film, der sich auch auf einer stark bewegten Schmelze bildet.
Lit. S. 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 173

Eine hohe Erstarrungswärme (~90 kcal/kg) gestattet die scharfe


Wiedergabe kompliziert gestalteter Gußteile ohne übermäßige über-
hitzung der Schmelze.
Ein gutes Verformungsvermögen vermindert die Tendenz des Auf-
schrumpfens auf vorspringende Formteile und der Bildung von
Spannungsrissen .
4.21 Sandguß
Das Metall fließt durch sein Eigengewicht in eine aus Quarzsand her-
gestellte Form, die nach der Erstarrung zerstört wird. Die als Bindemittel
für den Quarzsand dienenden Stoffe Wasser, Tonmineralien oder orga-
nischen Zusätze (Kernbinder) werden während des Gießprozesses physi-
kalischen und chemischen Vorgängen (Verdampfung, Kalzination, pyro-
lytischer Zerfall) unterworfen. Diese Vorgänge werden hauptsächlich
durch die Wärmeabgabe der erstarrenden Legierung unterhalten. Trotz
dieser Wärmeabgabe verläuft die Erstarrung verhältnismäßig langsam,
denn die dem Metall unmittelbar benachbarte Sandschicht weist nach
der Verdrängung des Wassergehaltes eine schlechte Wärmeleitfähigkeit
auf und erreicht rasch eine Temperatur nahe dem Soliduspunkt der
Legierung. Dadurch verlangsamt sich die Erstarrung. Sandgußteile
weisen deshalb, wenn nicht absichtlich eine Kornverfeinerung durch
Fremdkeime 1 eingeleitet wird, ein grobes Gußgefüge auf. Dies gilt haupt-
sächlich für das Innere des Gußquerschnittes und für Oberflächenpartien,
die dem Formoberteil zugekehrt sind. Dort entsteht durch die Schwin-
dung des Metalls ein Luftspalt, der noch stärker wärmeisolierend wirkt
als die entwässerte Sandschicht. Sandgußstücke, die keine Kornverfeine-
rung durch Fremdkeime erfuhren, weisen Körner (iX-Mischkristalle oder
eutektische Zellen) von mehreren Millimetern Größe auf. Ein so grobes
Korn kommt bei den relativ hochlegierten Aluminiumgußlegierungen
nur durch sehr langsame Erstarrung zustande.
Unter ungünstigen Verhältnissen können sich Formstoffreaktionen
mit dem Metall ergeben, z. B. zwischen Wasserdampf und dem als Legie-
rungselement in sehr vielen Aluminiumgußlegierungen enthaltenden
Magnesium. Daher ist es wichtig, durch eine gute Durchlässigkeit der
Form die gasförmigen Reaktionsprodukte entweichen zu lassen.

4.22 Kokillenguß

Das Metall fließt durch sein Eigengewicht in eine vorgewärmte mehr-


teilige Eisenform, die meist durch einen dauerhaften dünnen keramischen
Überzug (Schlichte) geschützt ist. Die Form wird nach dem Guß nicht
I S. a. Abschn: A 1.24:
174 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

zerstört und oft erst nach Tausenden von Abgüssen durch Abnutzung
und Deformation unbrauchbar. Formstoffreaktionen sind nicht zu be-
fürchten, dagegen muß der Undurchlässigkeit der Form wegen für ein
ungehindertes Entweichen der im Formhohlraum befindlichen Luft ge-
sorgt werden. Dies wird durch Fugen, Schlitze, Bohrungen und Steiger
bewerkstelligt.
Die gute Wärmeleitfähigkeit des Formwerkstoffes bewirkt eine rasche
Erstarrung, weshalb das Kokillengußgefüge feiner und dichter ist als das
Sandgußgefüge. Hierzu ist es allerdings Voraussetzung, daß eine ge-
nügende Wärmekapazität der Form (Kokille) die Temperatur derselben
nicht zu rasch und zu hoch ansteigen läßt. Aus diesem Grund ist es not-
wendig, daß die Kokillenwanddicke ein Mehrfaches derjenigen des Guß-
stückes beträgt. Gegenüber der Formoberseite oder infolge von Schrumpf-
spannungen auch an anderen Gußstückpartien kann wie beim Sandguß
ein wärmeisolieTender Luftspalt entstehen, der eine Kornvergröberung
bewirkt.
4.23 Druckguß
Das MetRll wird durch einen sehr hohen Druck (bis zu 1000 kp/cm 2)
in mehrteilige Formen aus Warmarbeitsstahl gepreßt ("gespritzt"). Die
Innenwände der Formen tragen nur einen äußerst dünnen, nicht per-
manenten ölhaltigen Schutzfilm (Schmiermittel). Eine Druckgußform
hält in der Regel viele 10000 Güsse aus.
Die Erstarrung in den verhältnismäßig kalten, oft wassergekühlten
Formen vollzieht sich sehr rasch und setzt schon in der Füllbüchse ein,
bevor das Metall den Formhohlraum erreicht hat. Druckgußstücke sind
daher sehr feinkörnig, und auf das Einbringen von Fremdkeimen in die
Schmelze kann verzichtet werden. Die sich in Millisekunden vollziehende
gewaltsame Formfüllung ("Schuß") gestattet trotz der Vorerstarrung
das präzise, scharfkantige Gießen sehr dünnwandiger, komplizierter Teile.
Die große FließgeschWindigkeit bewirkt sogar ein Wiederaufschmelzen
bereits erstarrter Metallanteile durch Reibungswärme.
Die im Formhohlraum befindliche Luft sowie Ölgase des Schmier-
mittels können nicht vollständig zum Entweichen gebracht werden und
mischen sich teilweise mit der Legierung. Druckgußstücke sind daher
mehr oder weniger stark von Bläschen durchsetzt, die aber oft nur mikro-
skopische Größe annehmen. Durch Evakuieren der Form gelingt es,
diesen Nachteil etwas zu mildern (Vakuumdruckguß). Der Bläschengehalt
der Druckgußteile bewirkt eine Abnahme der Dichte und der elektrischen
Leitfähigkeit von 5 bis 20%. Auch dürfen die Gußstücke in den meisten
Fällen einer Lösungsglühung nicht unterworfen werden, weil die ein-
geschlossene Luft bei der erforderlichen Temperatur (500 bis 540°0) so
große Drucke erreicht, daß Blasen und Deformationen auftreten. Die
Lit. f-j. 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 175

nachträgliche Aushärtung aushärtbarer Gußlegierungen ist daher bei


Druckguß nicht möglich. Immerhin bewirkt die sehr rasche Erstarrung
eine beträchtliche Übersättigung der primär entstehenden Gefüge-
bestandteile, woraus ein starker Festigkeits- und Härteanstieg resultiert.
Gleichzeitig Silizium, Magnesium und Kupfer enthaltende Druckguß-
legierungen neigen aus dem gleichen Grund zur Selbstaushärtung, indem
bei der Erstarrung mit Übersättigung gelöstes MgzSi sich später bei
Raumtemperatur langsam als festigkeitssteigernde Phase ausscheidet.
Im folgenden werden die sich zwischen flüssigem und festem Zustand
abspielenden Vorgänge unter Berücksichtigung der verschiedenen Gieß-
verfahren näher beschrie ben.

4.3 Verhalten des Metalls in der Form

4.31 Beeinflussung des Fließens und der Formfüllung

Ein häufiger Fehler beim Formgießen besteht darin, daß das flüssige
Metall im engen Formhohlraum durch vorzeitige Erstarrung stecken-
bleibt, bevor es den ganzen Riwm des Abgusses einnimmt. In erster
Linie sind zur Vermeidung solcher Schadensfälle formtechnische Maß-
nahmen erforderlich:
Verkürzen der Flie13wege durch Erhöhen der Zahl der Anschnitte.
Herabsetzen der Gießzeit durch Vergrößern der Querschnitte des
Anschnittsystem:,; .
Erhöhen det; mctallostatischen Druckes und damit der kinetischen
Energie des fließenden Metalls.
Sodann kann metallseitig durch Erhöhen der Gießtemperatur eine
größere Beweglichkeit des fließenden Metalls erreicht werden.
Allen diesen Maßnahmen sind relativ enge Grenzen gesetzt, die bei
den Aluminiumlegierungen gewissenhaft beachtet werden müssen:
Eine ü bcrmäßigc Beschleunigung des Metallflusses in der ]'orm
fördert durch da:,; Vorherrschen turbulenter Strömung und durch das
Ansaugen von Luft und Formgasen die Entstehung von Oxydschaum,
welcher sich mit dem Yletall mischt und später den erstarrten Abguß
durchsetzt.
Eine Erhöhung der Gieß temperatur über eine gewisse, aus der Praxis
hervorgegangene Grenze hinaus läßt die Nachteile erhöhten Abbrandes
und verstärkter Wasserstoffaufnahme fühlbar werden.
Daraus geht die Wichtigkeit hervor, die Gußlegierungen so zu wählen,
oder metallurgisch so zu behandeln, daß das Metall in der Form mög-
lichst leicht fließt.
176 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Die Prüfung des Fließvermägens erfolgt im deutschen Sprachbereich


meist durch Gießen einer Spirale in einer Formmaske aus kunstharz-
gebundenem Quarzsand (Abb. 135). Dieser sowohl für Eisen, Buntmetall
und Aluminiumlegierungen geeignete Test wurde aufbauend auf älteren,
ähnlichen Methoden 1947 von PH. SCHNEIDER entwickelt r310].

Abb. 135. Spiralprabe nach Pli. SCHNEIDER [310] zur Bestimmung des Fließ- unu 1<'ormfüllungs-
vermögens . Offene Maskenfarm, ;l-bguß und Meßplatte.

900 200
oe cm
-
V ~'"
V
800 1,0

~
V
\ "'--'" /

. 600 ~
\
~
r--...........-
V
/' \ so

SOO
o
/ 10
3iliziumgehalf
1S 20 Gew.-% 2S
o

Abb. 136. ]'ließvennögen im System Aluminium-Silizium ausgedrückt durch die Auslauflänge


der Spiralprobe. (nach W. PATTEllSON und R. KÜMMERLE [311]).

Die Länge der Spirale ist kennzeichnend für das Fließvermägen.


Durch die Anwendung von Formmasken ergibt sich die für Sandformen
denkbar beste Präzision, verbunden mit einfacher Herstellung und der
Möglichkeit, die Formen bis zum Gebrauch längere Zeit aufzubewahren.
Abb. 136 zeigt das Fließvermögen im System Aluminium-Silizium
bei 750 °C. Im Kurvenverlauf wird als erstes sichtbar, daß eine exakte
Relation zur Schmelzpunkterniedrigung nicht besteht; es zeigt sich,
Lit. S. 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 177

daß, abgesehen von Reinstaluminium, eine Legierung mit leicht über-


eutektischer Zusammensetzung am besten fließt [311]. Andererseits ist
es möglich, von allen denkbaren Aluminium-Silizium-Legierungen die
12- bis 13%ige eutektische mit der tiefsten Temperatur zu dünnen Ab-
güssen zu vergießen. Dies ist hauptsächlich bei Druck- und Kokillen-
guß von Wichtigkeit. Bei diesen Gießverfahren
180
cm
wird die Lebensdauer der Stahl- oder Grauguß-
170
formen von hohen Gießtemperaturen stark be-
einträchtigt. In Abb. 137 ist ein Vergleich
160 zwischen den wichtigsten Gußlegierungen auf-
gezeigt, worin die Überlegenheit der silizium-
150 haltigen Kombinationen zutage tritt.

140 .
'"
.g>
~ 130
f:
o1Z0 70
cm
li
"'.
,~50
~
~
':5
'( 30

90
10
0 5 10 75 ZO Gew.-% cf)
Siliziumgehalf
Abb.137. Vergleich des Flicll- Abb. 138. Fließvermögen im System Aluminium-Silizium, Gieß-
vcrmögem3 verschiedencrGuß- temperatur 50 grd über dem T.iquidnspunkt (nach W. PATTERSON
lPgiernngcn (nach R. IInf.\Kx und R. Kt~)Jl\rF,RLE r311]).
[331J).

Die in dieser Abb. vorgenommene Gegenüberstellung des Fließ-


vermögens verschiedener Legierungen bei gleicher Gießtemperatur
gibt keine genaue Antwort darauf, wie weit die physikalischen Eigen-
schaften fließender Schmelzen vor und während der Erstarrung den
Meßbetrag des Fließvermögens beeinflussen. In Abb. 138 wurden für
das System Aluminium-Silizium die Spirallängen aufgetragen, die jeweils
bei Gießtemperaturen gewonnen wurden, welche einen bestimmten Betrag
über der Liquidustemperatur liegen. Es zeigt sich das zunächst unerwar-
tete Ergebnis, daß der Kurvenverlauf eine ähnliche Form annimmt, wie
beim Venmch mit konstanter Temperatur. Das günstigste Verhalten liegt
jedoch bei stark übereutektischen Zusammensetzungen, während die
eutektische Zusammensetzung und weite Bereiche unterhalb dieser
stark zurückfallen. Dies besagt, daß tatsächlich gewisse Eigenschaften
der Schmelze unmittdbar vor der Erstarrung ebenso wie die Erstarrungs-

12 Altenpohl. Aluminium
178 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. s. 193

bedingungen das Fließen in der Form beeinflussen. Diese Einflüsse sind


je nach Gehalt an Legierungskomponenten verschieden stark. Das Er-
staunliche ist, daß dieses relative Fließvermögen bei Reinaluminium
besser ist als beispielsweise bei der eutektischen Aluminium-Silizium-
Legierung. Dies steht den Beobachtungen in der Gießereipraxis dia-
metral entgegen. G-AISi12 ist jene Legierung, welche mit Vorzug für
dünnwandige Abgüsse verwendet wird, während Reinaluminium hierbei
Schwierigkeiten bereiten würde. Hier mußte eine tiefergehende Unter·
suchung der Spiralmethode ansetzen. Sie führte zu einer besser kennzeich-

Abb. 139. Auslauf-Zunge des Spiralabgusses . Abb. HO. Querschnitt einer Spi-
rale zur Bestimmung des Form-
füllungsvermügens (nach W. PAT-
TERSON und R. KÜMMERLE [311]).

nenden Größe, dem Form!üllungsvermögen, welches das früher für die


Füllbarkeit einer Form als maßgebend betrachtete Fließ vermögen in
wertvoller Weise ergänzt.
Ein gutes Formjüllungsvermögen einer Legierung äußert sich in einer
möglichst exakten Wiedergabe des Formhohlraumes, wobei die scharfe
Nachbildung von Ka,n ten und Hohlkanten als eigentliches Kriterium
zu gelten hat.
Man kann an den zur Bestimmung des Fließvermögens benützten
Spiralabgüssen von trapezförmigem Querschnitt eine vollkantig aus-
laufende Partie und daran anschließend, ein sich zungenförmig fort-
setzender "Vorlauf" mit unvollständigen Konturen unterscheiden [313]
(Abb. 139). Als Formfüllungsvermögen wird, von der eingangs auf-
gestellten Definition ausgehend und auf Grund dieser Beobachtung,
der Prozentsatz definiert" den die vollkommen ausgelaufene Spiralen-
Lit. S. 193] 4. Probleme beim GieBen von GuBlegierungen 179

lănge von der Gesamtlănge einnimmt. Da bei erwies es sich als vorteilhaft,
dem Querschnitt der Spirale anstelle des Trapezes sternformige Gestalt
zu geben (Abb. 140) und die Proben in Graphitformen zu gieBen.
Das bei einer GieBtemperatur von 80 grd liber Liquidus am System
Aluminium-Silizium mit Hilfe der Sternspirale ermittelte Formfiillungs-
vermogen ist in Abb. 141 dargestellt. Zum Vergleich sind Werte der
kinematischen Viskosităt und der Oberflăchenspannung in reziproker

1~8
S 10 1S Gew. -% ZO
Si/iziumgeha!f
Abb. 141. Formfiillungsvermiigen und rcziproke Werte von Oberflăchenspannung und Viskosităt bei
Giel.ltemperaturen von 80 grd iiber dem Liquiduspunkt im System Aluminium-Silizium
(nach W. PATTERSON u. H. BRAND [313]).

Form aufgetragen. Deutlich geht aus dem allgemeinen Verlauf der


drei Kurven die Beeinflussung des Formfiillungsvermogens durch die
beiden physikalischen GroBen hervor. Bedeutungsvoll, aber ungeklărt
ist das Erscheinen eines gemeinsamen Maximums in der Gegend des
groBten Erstarrungsintervalls sowie eines Minimums zwischen 5 und
11% Si.
Wichtig ist auch der EinfluB des Wărmeinhalts, indem beim GieBen
der Spiralen bei Temperaturen, die gleichen Wărmeinhalt verkorpern,
die Kurve des Formfiillungsvermogens stark verflacht wird. Abb. 142
zeigt einen Vergleich des Verlaufes des Formfiillungsvermogens im
System Aluminium-Silizium bei einer GieBtemperatur von 80 grd iiber
der Liquidustemperatur und bei GieBtemperaturen mit gleichem Wărme­
inhalt [313].
In gewissen Bereichen des Systems Aluminium-Sizilium wird das Form-
fiillungsvermogen auch vom Kornfeinungszustand der Schmelze beein-
fluBt. Ăhnliches gilt fiir das FlieBvermogen. Die EinfliiEse einer Korn-
feinung durch Fremdkeime ăndern physikalische Eigenschaften in fliis-
sigem Zustand kaum und treten erst zu Beginn der Erstarrung in Erschei-

12*
180 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

nung. Daraus kann geschlossen werden, daß Habitus, Größe und Anzahl
der während des Fließens entstehenden Primärkristalle Fließ- und Form-
füllungsvermögen zusätzlich zu den den schmelzflüssigen Zustand kenn-
zeichnenden physikalischen Größen beeinflussen.

100
% 6.

80
iil
:~

~
if, 60
g>
8:'
~
~
~ 40

(} s cO Gew.-% Zfi

Abb.142. Form!üllungsvermögen im System Aluminium-Silizium bei konstantem Wärmeinhalt von


190 cal/g, sowie bei 80 grd über der Liquidustemperatur (nach W. PATTERSON n. H. BRAND [313]).

4.32 Erstarrungsvorgänge

Die Erstarrungsvorgänge von Gußlegierungen unterscheiden sich


prinzipiell nicht von jenen von Knetlegierungen. Sie werden ebenfalls
von Eigen- und Fremdkeimen beeinflußt (Kap. 1.21 und 1.24). Schon
bei der verhältnismäßig langsamen Erstarrung beim Sandguß können
sich Unterkühlungserscheinungen einstellen, und das Gefügc enthält
übersättigte Mischkristalle sowie erstarrte Restschmelzen, die nicht den
Gleichgewichtsbedingungen entsprechen. So besagt beispielsweise das
Gleichgewichts-Zustandsdiagramm des Systems Aluminium-Kupfer, daß
ein Eutektikum iX-A1 2Cu erst oberhalb 5,7% Cu entsteht. Tatsächlich
ist jedoch dieses Eutektikum schon bei kleineren Konzentrationen, näm-
lich bei ca. 4,3% Cu anzutreffen, und dies selbst bei dickwandigem Sand-
guß (s. a. Abschn. A 1.336).
Wichtig sind sodann die Folgen des Volumenverlustes (Erstarrungs-
schrumpfung) bei der Erstarrung von Formgußstücken. Deren ver-
wickelte Gestalt und die kurze Zeit, die für die Füllung einer Form zur
Verfügung steht, bereiten dem Nachfließen des Metalls in die Erstarrungs.
hohlräume, der sog. Nachspeisung, große Schwierigkeiten. Kann sich an
irgendeiner Stelle des Gußstückes dieser Vorgang nicht abspielen, so
bleiben Gefügelücken zurück, die Lunker genannt werden. Durch gut-
überlegte gießtechnische Maßnahmen gelingt es meistens, solche Fehler
Lit. S. 193] 4. Problemf beim Gießen von Gußlegierungen 181

zu beheben. Dabei hat das Setzen von "Speisern" an geeigneter Stelle


beim Gußstück am meisten Bedeutung. Es handelt sich um Reservoirs,
die nach der Formfüllung noeh genügende Mengen flüssigen Metalls ent-
halten und erst nach dem eigentlichen Gußstück vollständig erstarren.
Speiser können in ihren Dimensionen berechnet werden [312, 312a, 312b].
Bei Druckguß sind solche Maßnahmen nicht notwendig, da der auf
dem flüssigen Metall lastende Druck die Nachspeisung erzwingt.
Die Erstarrungshohlräume ("Lunker") können verschiedene Gestalt
annehmen. Man unter::;ehcidet zwischen Grob- oder Makrolunker, Fein-
oder Mikrolunker und dem sog. Einfallen. Das "Einfallen" ist ein Ein-
sinken einer noch teigigen Gußhaut unter dem Drurk der Atmosphäre.
Es hat sieh gezeigt, daß diese Erscheinungsformen in erster Linie von
der I~egierung::;zusammensctzung abhängen. Gußstücke aus Reinalumi-
nium und eutektischen Legierungen (z. B. aus G-AISi 12), welche beide
einen scharfen Erstarrungspunkt besitzen, weisen bei mangelhafter Nach-
speisung nur Groblunker auf, die glattwandig sind. Das übrige Gußgefüge
ist dicht. Dies ist eine Folge davon, daß die Erstarrung mit glatter Grenz-
fläche (Erstarrungsfront) vorrüekt und als solche stehenbleibt, wenn die
Schmelze aufgebraucht ist. Legierungen mit großem Erstarrungsintervall,
wie G-AICu4Ti, G--AIMg5 und G-AISi7Cu3 dagegen erstarren bei un-
genügender Nachspeisung von Schmelze mit Mikrolunkern, d. h., das Guß-
gefüge wird schwammartig locker und durchlässig, ohne daß dies zunächst
am äußeren Anbliek der Gußstücke stark in Erscheinung tritt. Mikro-
lunker werden hauptsächlich im Schliffbild sichtbar (Abb. 134a). Bei
großem Erstarrungsintervall bildet ::;ich eine breite Zone, in welcher die
Schmelze ein bereits bestehendes Kristallgerüst (Dendritenäste ) oder
einen Kristallbrei am~ globulitisehen Körnern durchsetzt. Mangel an
Schmelze läßt dann Hohlräume in feiner Verteilung zurück.
Das Einfallen stellt sieh dann ein, wenn die Legierung eine genügend
feste, luftundurchlässige Gußhaut gebildet hat, die aber dem Atmo-
sphärendruek nachgibt. Dies tritt ebenfalls bei großem Erstarrungsinter-
vall bevorzugt auf, z. B. bei G-AISi5Mg.
Vielfach treten alle die genannten Lunkererscheinungen gleichzeitig
auf, z. B. bci G-AISi10Mg, dabei ist aber nicht nur die Legierungs-
zusammensetzung von Bedeutung, sondern auch die Gestalt des Guß-
stückes. Gut abgerundete, einfache Körper begünstigen die Mikro-
lunkcrbildung. In verwickeltAn, mit HohlkAhlAn ven;;ehAnen Abgüssen
treten bevorzugt Groblunker auf, und zwar dort, wo die Wärmeableitung
behindert ist. Die Volumina der einzelnen Lunkerarten bilden bei nicht
nachgespeisten Gußstücken eine Summe, die dem Volumenbetrag der
Erstarrungsschrumpfung etwa gleich ist. Es wurde gefunden, daß diese
bei Reinaluminium und vielen Aluminiumgußlegierungen gleich groß
ist, nämlich etwa 7%. Eine Ausnahme bilden die Aluminium-Silizium-
182 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

Legierungen. Mit steigendem Siliziumgehalt geht der Volumenverlust


zurück und beträgt bei 10% Si nur noch etwa 4,5%. Dies ist eine Folge
davon, daß das reine Silizium unter Volumenzunahme erstarrt. Aus
Aluminium-Silizium-Legierungen sind daher lunkerfreie Gußstücke
leichter herstellbar als aus Aluminium-Kupfer-,
Aluminium-Zink- oder Aluminium-Magnesium-
Legierungen.
Die Messung der Lunkerneigung unter Auf-
teilung in die einzelnen Erscheinungsformen ist
nicht einfach. Für Aluminiumlegierungen hat
sich die Methode von A. TATUR eingeführt
(Abb. 143) [318, 318a, 318b, 319].

4.33 Gasausscheidung
9
% Bei Aluminium-Magnesium- und Aluminium-
8
Silizium-Gußlegierungen sind in der Regel höhere
7
Wasserstoffgehalte feststellbar als bei Rein-
aluminium.

Abb. 143. Einfluß des Natriums auf die Lunkerneigung von


G-AISi12 bestimmt mit der TATUR-Probe bei 12,7% Si
z (nach ALUSUISSE [319]).
a) 0,0003% Na; b) 0,0041 % Na.
(I: Groblunkeranteil; b: Einfallen; c: Mikrolunkeranteil:
S: konstant bleibende Gesamtschrumpfung.
o (L b cS
a

Die Wirkung des Wasserstoffes liegt in erster Linie in der Blasen-


bildung während der Erstarrung, welche von der Erstarrungsgeschwin-
digkeit abhängt.
Eine rasche Erstarrung, wie beispielsweise bei Druckguß, vermag
selbst die Ausscheidung sehr hoher Wasserstoffgehalte zu verhindern,
so daß bei diesem Gießverfahren der Gasgehalt des Metalls keiner be-
sonderen Beachtung unterliegt.
Eine niedrige Erstarrungsgeschwindigkeit führt schon bei geringen
Wasserstoffgehalten zu porösem Gußgefüge. Dieser Fall liegt vor, wenn
innerhalb des Erstarrungsintervalls die Abkühlung mit weniger als
ca. 1 grd/s erfolgt. Solche Verhältnisse liegen bei Sandguß sowie bei dick-
wandigem Kokillenguß mit hohen Formtemperaturen vor. Ein dichtes
Gußgefüge und damit beste Festigkeitswerte können in solchen Fällen
nur bei mittleren oder niedrigen Wasserstoffgehalten erzielt werden,
beispielsweise unter 0,4 cm 3 /100 g. Abb. 144 zeigt die Ausbildung von
Lit. :::;. 193 J 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 183

Wasserstoffporosität in G-AISi5Mg-Sandguß in Abhängigkeit vom Wasser-


stoffgehalt der Schmelze und von der Erstarrungsgeschwindigkeit,
welche durch verschiedene Probendurchmesser erzielt wurde.
Im Gußgefüge, das unter ungünstigen Bedingungen entstanden ist,
unterscheidet man in bezug auf die Entstehung zwei Arten von Gefüge-
lücken. nämlich:

0,65 0,5 cm'/100 9 0,4


H,-*
Abb. 144. Einflnß des W asserstoffgehaltes auf die Porosität von G-AISi5M:g (Sandguß),
(nach ALUSUISSE).

Gasporen, hervorgerufen durch die Ausscheidung von Gasen, be-


sonders von Wasserstoff, während der Erstarrung.
Lunker, hervorgerufen durch den Volumenverlust der Erstarrungs-
schrumpfung (s. a. Abschn. 4.32).
Eine scharfe Unterscheidung auf Grund des Aussehens dieser beiden
Arten von Hohlräumen bei der Schliffbetrachtung gelingt jedoch nur
in wenigen Fällen (s. dazu auch S. 154).
Grobe Lunker werden in Legierungen mit geringem Erstarrungs-
intervall durch überschüssigen Wasserstoff, der sich überall zwischen den
Kristallen ausscheidet, vermindert oder ganz unterbunden, indem eine
Kompensation der Erstarrungsschrumpfung durch die Bläschenbildung
eintritt. Kokillengußstücke aus gashaltigem Metall, das auf diese Weise
184 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

erstarrt, können ohne oder mit geringer Nachspeisung von flüssigem


Metall, also ohne bzw. mit kleinen Steigern gegossen werden. Äußerlich
erscheinen solche Teile als gesund, indem grobe Lunker ausbleiben, im
Gefüge sind sie jedoch von feinsten Gasporen durchsetzt. Dies ist bei
Teilen, an welche keine QuaIitätsansprüche gestellt werden, nicht weiter
von Belang, bei vorgeschriebener Dichtheit und Festigkeit jedoch un-
zulässig (s. a. Abschn. A 1.343).

4.4 Veredelung der Aluminium-Silizium-Legierungen als Sonderfall der


Kornfeinung

Die Veredelung ist ein Vorgang, dessen Entdeckung durch A. P ACZ


im Jahre 1920 [314] die Entwicklung des Gießens von Aluminium-
gußstücken in entscheidender Weise vorwärtsbrachte. Die guten gieß-
technischen Eigenschaften der naheutektischen Aluminium-Silizium-
Legierungen waren zwar schon vor dieser Entdeckung bekannt. Doch
waren solche Abgüsse nur beschränkt brauchbar: Festigkeit und Dehnung
befriedigten nicht, und die spangebende Bearbeitung war durch großen
Werkzeugverschleiß beeinträchtigt.

4.41 Beschreibung der Veredelungsoperation

Diese Schmelzbehandlung besteht in einem Natriumzusatz zur


Schmelze, entweder mittels Natriummetall selbst oder durch chemische
Reaktion zwischen natriumfluoridhaltiger Schlacke und Legierung.
Letztgenannter Prozeß wird "Salz veredelung " genannt.
Der bei der Veredelung anzuwendenden Temperatur sind nach oben
und unten Grenzen gesetzt. Nach oben, um den nach der Operation ein-
setzenden Natriumabbrand klein zu halten, sowie eine WasserstofI-
aufnahme und Oxydation in angemessenen Grenzen zu halten; nach
unten, um vor dem Gießen keine Wiedererwärmung der Schmelze ein-
schalten zu müssen und um im Fall der Salzveredelung eine genügend
große Reaktionsgeschwindigkeit zu erzielen. In der Regel wird bei 720 bis
760°0 veredelt. Bei der Salzveredelung muß der schlackenseitige Reak-
tionsteilnehmer, das Natriumfluorid, durch Zusätze anderer Salze ver-
flüssigt werden. Sein Schmelzpunkt von 990°0 bedeutet nämlich, daß bei
den praktisch anwendbaren Schmelztemperaturen der chemische Umsatz
zwischen fest und flüssig stattfindet, und daher keine genügend große
Reaktionsgeschwindigkeit zustande kommt. Geeignete Zusätze zur
Schmelzpunkterniedrigung sind Natriumchlorid und Kaliumchlorid.
Abb.145 zeigt ein Zustandsdiagramm entsprechender Salzkombinati-
Lit. S. 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 185

onen mit eingezeichneten Konzentrationsbereichen gebräuchlicher Ver-


edelungssalze. Am besten ist es, wenn die Veredelungsschlacke nicht
ganz flüssig ist, sondern sich bei der Anwendungstemperatur in ihrem
Erstarrungsintervall befindet [315]. Dies ermöglicht das leichte Ent-
fernen der Schlacke nach Ablauf der Reaktion.

I I I ! ! I

100 Gew. -% 80 10 6'0 50 40 SO 20 10 o


NofriumchloridjKoliumchloridj Nofriumchlorid
Abb. 145. Zustandsdiagramme von Salzgemischen zur Veredlung von Almninium-Silizium· Legierungen
(nach K. GRASSMANN [315]).
E: Eutektisrhe Punkte; ',. x,: Hauptanwendungsbereiche.

Der Reaktionsmechanismus der Salzveredelung vollzieht sich nach


der Gleichung:

3 Na+ + Al ;::( =====::! 3Na + Al+++


Schlacke Schmelze Schmelze Schlacke

Es handelt sich um ein Gleichgewicht, in welchem der Ablauf


zugunsten der rechtseitigen Produkte vor allem dadurch zustande
kommt, daß sich Al+++ als AIF a vollständig von der metallischen Schmelze
trennt und Schlackenbestandteil wird. Die Reaktionsgleichung läßt ver-
muten, daß anstelle von Natriumfluorid auch Natriumchlorid als Ver-
edelungssa.lz wirken könne. Dies ist jedoch deshalb ausgeschlossen, weil
das Reaktionsprodukt AICla in erheblichen Mengen in der Schmelze
bleibt, so daß vor Erreichen der für den Veredelungseffekt notwendigen
Natriumkonzentration der Schmelze die Reaktion zum Stillstand kommt.
In der Gießereipraxis wird oft zugleich mit natriumfluoridhaltigem
Salz und mit metallischem Natrium veredelt: "Kombinierte Verede-
lung".
Natrium steht jedoch in der Veredelungswirkung nicht allein da .
.Ähnliche, wenn auch schwächere Effekte zeigen Lithium, Kalium,
Beryllium, Kalzium, Barium, Strontium und Zer.
186 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

4.42 Auswirkungen und Begleiterscheinungen der Veredelung

4.421 Unterkühlung. Die veredelte Schmelze erstarrt bezüglich des


Eutektikums mit einer Unterkühlung, die 10 und mehr grd betragen
kann. Die Aufheizkurve verläuft dagegen normal (Abb. 146) [132]. Die
Unterkühlung der Ausscheidung des Eutektikums ist aber auch bei
schwach veredelten oder unveredelten Schmelzen durch hohe Abküh-

610 \ obkl"h/en oufh~izen /


600 \ 0,018% Na {sfork verede/f} L
590 \ 1/
S80 \ v
/
\ Ir
570
v-
a ~

610 1\ Obklh/en
I.
oufheJzen I
800 \ 4006 %Na (wenig veredelf) V
SUO \
I
/
S80 \ 11
S?O
\ r------.. I
f----

\ 1
1
h
SEiO
o 6 1& 18 Z40 8 1Z 18 mm Pt
Zei!
Abb. 146 a ll. b. Vergleich der Thermoanalysen VOll veredelten und nnveredelten Schmelzen
mit 7,5% Si (nach R. C. PLUMB ll. J. E. LEWIS [132]).

lungsgeschwindigkeiten erzielbar, wobei zu lamellarem Eutektikum


neigendes Ausgangsmetall bedeutend weniger rasch abgeschreckt
werden muß als körnig anfallendes (Abb. 147 [316] und 148).

4.422 Gefügeänderungen. Leicht übereutektische Aluminium-Sili-


zium-Legierung (bis ca. 14% Si) erstarrt im veredelten Zustand ohne
Ausscheidung von Primärsilizium, dagegen erscheinen mehr oder weniger
Lit. S. 193) 4. Probleme beim Gießen von GußlegierullgPI1 187

500
oe abkiih/;n
I
aufheizen
I
,90
Irdrn~es EuleM"lrum, unveredell
,80
Abh; fgeschwindigkell1:8ogrdjmin [)
7

/
~

\ : i -;

1/
/

/
SIiO

's
~ SSO
a 1\
~600 i

"" abkühlef aufheizen


I

I
590
lamellares Eulekfikum, unveredell
'lbkiihlgeschwindiglreif 220grd/min
580
I IJ
90 ~ /
~/
~

l....-- --... 11

\
560

550
o
b
5 12
1/
18 0 6' 12
Zeil
Abb. 147 " u. b. Abkühl- und Aufheizkurven entektischer Aluminium-Silizium-Legierungen
(nach G. GÜRTLER [316]).
a) mit körnigem Eutektikum ; b) mit lamellarem Eutektikum.

100: 1
Abu . 148 lt u. b. Eutektikum in einer Aluminium-Silizium -Legierung mit 12.7 % Si (unveredelt),
(nach ALUSUISSE).
a) lamellar 0,00005% P , O,OOOO~% Na; b) körnig 0,0002 % 1',0,0004 % Na.
188 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. A. 193

umfangreiche Felder von a-Mischkristall. Es ergibt sich gleichsam eine


Verschiebung des eutektischen Punktes.
Das eutektische Silizium erscheint in einer vielfach feineren Aus-
bildung, wobei sich auch die Kristalltracht ändert. Aus lamellarem bzw.
körnigem eutektischem Silizium (Abb. 148 a u. b) entsteht eine graupelige
bis rundliche Form (Abb.149). Auch
bei tieferen Siliziumgehalten tritt diese
Verfeinerung und Umwandlung des
Silizium-Kristallhabitus auf (Abb.150
a u. b).
Die Veredelung erweist sich in
dieser Hinsicht als Parallele zu der
bekannten Kugelgraphitbildung im
Grauguß. Im Falle der Veredelung,
wie im Falle der Kugelgraphitbil-
dung, wird ein Gefügebestandteil von
blättrigem oder spießigem Habitus
(Lamellengraphit, unveredeltes eutek-
100: 1
Abb. 149. Veredeltes Eutektikum in einer tisches Silizium) in eine kugelige
Aluminium-Silizium-Legierung mit Form (Graphitsphärolithen, veredeltes
12.5% Si und 0,015% Na
(nach ALUSUISSE). eutektisches Silizium) umgewandelt.

.r

\,.1 h~, t.r1,f,...lj


200:1 200: 1
Abb.150 a u. b. Entektikum in einer Aluminium-Silizium-Legierung mit 5,1 % Si (Kokillenguß),
(nach ALUSUISSE).
a) körnig 0,0002% Na: b) veredelt 0,052% Na.

Der Veredelungszustand muß bei der Qualitätsbeurteilung der Guß-


stücke in seiner Intensität abgestuft werden. Diese Abstufungen sind
einerseits vom Natriumgehalt, andererseits von der Abkühlungsgeschwin-
digkeit abhängig und gehen stetig ineinander über. Abb. 151 a zeigt unter-
veredeltes, Abb. 151 b überveredeltes Eutektikum.
Lit. S. 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen j 81)

Bei Sandguß mit einer Abkühlungsgeschwindigkeit von durchschnitt.


lieh ca. 1 grdjs sind folgende Grenzen annehmbar:
unveredelt < 0,001% Na
unterveredelt 0,001 bis 0,005% Na
gut veredelt 0,005 bis 0,015% Na
überveredelt > 0,0115% Na

70: 1 150:1
Aht.. 151 a u. h. EutektikulII in einer A lulllinilllu-Silizilull -Legier nn~ mit 12.2 bi s 12,5% Si (Sanuguß)
(nach ALl'Sl'IRSE).
a) untervel'edelt 0.004''." Na: 1,) iiberveredelt 0.035% Na. (11 ~ natrinlllreiche Rest.~chmelze)

Bei Kokillenguß mit weit höherer Abkühlungsgeschwindigkeit ver-


schiebt sich diese Skala gegen geringere Natriumgehalte.
Der Natriumgehalt ist nach der Veredelungsbehandlung einem von
der Zeit abhängigen Abbrand unterworfen, so daß das für das Gießen
günstige Zeitintervall relativ

\
begrenzt ist. Abb. 152 zeigt die 0,030
Abbrandkurve des Natriums Cew.-%
0,0iJ5
[317]. In der Praxis des Sand-
" "
gusses ist eine beträchtliche I\. !
Überveredelung, beispielsweise ~ I" 1
mit 0.015 bis 0.02%) Na. hei I ""
I
I
."-~
~

Abb. 152. Abbranuknrve ue, Natr;'lIn' in


400~
"'M-.
r-t-+I'- Bereich {ur-.:t 'f....
' II "
i'iner 50 kg-Schmelze von G-AlSi 12 bei 'f--
735 oe und 300 fllIH TiegelrlllTchlllesser I Sandguß I
(na"h C. MAseRE 11. !VI. L~~ FEll\'HE 1·1I7!). i 1 1- 1 i " ""
o 10 cO 30 40 50 00 70 mln 90
Abslehzeif
Gießbeginn angezeigt, da beim Gießvorgang selbst ein relativ großer
~atriumverlust durch Oxydation eintritt.
Die Gefügeumwandlung der Veredelung hat auch eine Änderung des
Bruchaussehens zur Folge. Die Anwesenheit von Primärsilizium und
190 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193

hauptsächlich der groben, manchmal Längen über 100 [Lm aufweisenden


Siliziumkristalle des Eutektikums in unveredelten Aluminium-Silizium-
Legierungen bewirken ein dunkelgraues, grobkörniges Bruchaussehen, in
welchem die bloßgelegten Flanken der Siliziumpartikel erglänzen. Es
zeigt große Ähnlichkeit mit jenem eines graphitreichen Graugusses.
Das Bruchaussehen veredelten Materials ist dagegen feinkörnig-seidig,
hellgrau und erscheint dem bloßem Auge homogen. Es gleicht dem Bruch-
aussehen eines gehärteten Kohlenstoffstahls.

Abb, 153. Biegeversuch an Sandgllß·Stäben ans G-A1Si 12 mit 20 mm Durchmesser


(nach ALUSUISSE).
Oben: veredelt: Bruch bei 50' Biegewinkel; Unlen: IInveredelt: Bruch hei 8' Biegewinkel.

4.423 Änderung der Fließeigenschaften und der Lunkerneigung.


Durch die Veredelung tritt eine beträchtliche Einbuße des Fließvermö-
gens ein. Damit steht die Veredelung im Gegensatz zu andern Korn-
feinungsprozessen, welche in der Regel eine Verbesserung des Fließver-
mögens bewirken. Das Formfüllungsvermögen bleibt nahezu unbeein-
Hußt [313J-
Die Lunkerneigung naheutektischer Aluminium-Silizium-Legierungen
wird sehr stark beeinHußt. Die Groblunkerneigung wird durch Natrium-
zusatz weitgehend abgebaut, während die Tendenz zur Mikrolunkerbil-
dung entsprechend zunimmt. Abb. 143 zeigt diese Erscheinung in Zahlen
gefaßt, ermittelt an der Konusprobe von A. TAT UR [319]. Dies ist sehr
wahrscheinlich eine Folge der Aufweitung des Erstarrungsintervalls
bezüglich des a-Mischkristalls, indem bei Natriumzusatz der eutektische
Punkt nach der Siliziumseite ausweicht.
Die Überveredelung ist von einer ausgeprägten Neigung zur Bildung
bläschenartiger, 0,1 bis 2 mm großer Lunker begleitet, deren Zustande-
kommen noch niGht geklärt ist.
4.424 Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften. Die Verbes-
serung der Festigkeitswerte und der Dehnung durch die Veredelung
ist augenfällig. Abb. 153 zeigt einen Biegeversuch an je einem unver-
edelten und veredelten Rundstab von 20 mm 0 . Der unveredelte Stab
Lit. :So 193] 4. Probleme beim Gießen von Gußlegierungen 191

ist beinahe unverformt gebrochen, der veredelte jedoch erst mit einem
Winkel von 50°. Abb. 154 enthält eine Gegenüberstellung von Zugfestig-
keit und Dehnung des unveredelten und des veredelten Metalls im
System Aluminium-Silizium. Die Auswirkungen des Veredelungseffektes
erscheinen hier deutlich als an die Größe des Anteils an Eutektikum im
Gußgefügc gebunden [320J.
Der Grund zu dieser '"erbesserung des mechanischen Verhaltens liegt
auf der Hand: Kantige und spießige Gefügeeinlagerungen mit einem
Verformungsverhalten, das von jenem der
Grundrnasse verschieden ist, führen bei
angelegter Zugspannung zu Störungen im
Kraftlinienfluß und damit zu örtlichen
SpannungsüberhöhungeIl. An solchen
Stellen treten Anribse auf, die einen vor-
zeitigen Bruch einleiten. Legierungen mit
kugeligen Heterogenitäten unterliegen
diesem Nachteil bedeutend weniger. Dies ---1---
zeigt sich wiederum als Analogiefall zum ~-
Gußeisen mit Kugelgraphit.
s ---r I ~
\

4.43 De'/dung des Veredelungsvorganges


o S 10 8ew.-% IS
Siliziumgehall
Abb. 154. Mechanische Eigenschaften
Die sehr interessante und technisch von gegossenen Proben aus Alumi·
bedeutungsvolle Gefügeumwandlung be- nium-Silizium·Legierungen in Ab-
hiingigkeit von Siliziumgehalt vor
wirkte zahlreiche ]'orsehungsarbeiten, ( 0 ) und nach (. ) Veredelung

welche das Auffinden der tieferen Ur- (noch 3f. T,. GHAXD [3201).

sachen der Veredelung zum Ziel hatten.


Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind sehr interessant, brachten aber
noch keine vollständige Enträt8elung. Verschiedene Veredelungstheorien
sind entstanden, die sich bei wachsendem Erkenntnisstand teilweise
ergänzen, teilweise sich widersprechen und teilweise als widerlegt aus
den Betrachtungen ausschieden. Noch heute sind nieht alle mit der Ver-
edelung zusammenhängende Fragen gelöst.
Die Veredelung ist jedoch einer jener in der praktischen Metallurgie
sehr zahlreichen Fälle, wo ein dureh reine Empirie entdecktes Verfahren
jahrelang in großem Jlaßstab ausgeübt wird, ohne daß seine metall-
knndlichen Grundlagt'1l vollständig bekannt sind.
[m folgenden sind die wichtigRten Veredelungstheorien beschrieben.
-1.431 'l'heorie des ternären, natriumhaltigen Eutektikums. Eine ter-
närE', natriumhaltigc Phase. welehe bei Überveredelung leicht übereutek-
fischer Schmelzen ab Primärausscheidung zwischen den Feldern des
Aluminium-Sizilium-Eutektikllm:'4 enieheint, j"t nachgewiesen worden:
192 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze [Lit. S. 193 ]

NaAISi 4 [321] oder NaAISi1.2S-1.33 [322]. Es handelt sich um die dunkeln


gröbern, leicht zerklüfteten Kristalle in den auch "natriumreiche Rest-
schmelze" genannten Zwischenfeldern (Abb. 151 b). Die Annahme geht
nun dahin, daß diese Phase ein ternäres Eutektikum bilde, welches die be-
obachtete Erstarrungspunkterniedrigung bewirke, und daß dieses mit
dem veredelten (normalen) Eutektikum identisch sei [323, 324]. Die Zu-
sammensetzung soll bei 13,5% Si und 0,009% Na liegen. Eine echte
Unterkühlung, die den vollen Betrag der festgestellten Absenkung des
Erstarrungspunktes ausmachen würde, bestünde demnach nicht.
Durch Zusatz der Verbindung NaAlSi 4 konnte jedoch keine Ver-
edlungswirkung hervorgerufen werden, so daß eher der von der Bildung
dieser ternären Phase nicht beanspruchte freie Natriumgehalt wirksam
ist [321].

4.432 Theorie der Inaktivierung der Schlackentrübe oder der Fremd-


keime. Bei Eisen-Kohlenstoff-Legierungen erwiesen sich nichtmetallische
Rehwebestoffe, vornehmlich silikatischer Art, in der Schmelze als wirk-
sam auf das Kristallisationsverhalten [325]. Diese Beobachtung wurde
in der Folge auch auf die Aluminium-Silizium-Legierungen übertragen
[326], nachdem schon zu Beginn der Entwicklung des Veredelungspro-
zesses die Vermutung ausgesprochen wurde, daß oxydische Partikel die
Bildung des veredelten Gefüges verhindern würden und erst nach einer
Reaktion der Oxyde mit dem zugesetzten Natrium der gewünschte
Kristallisationsablauf eintreten würde [327]. Aus der Beobachtung, daß
durch rasche Abkühlung auch ohne Natriumbehandlung veredeltes Ge-
füge auftritt, wird geschlossen, daß die dabei auftretende Unterkühlung
Voraussetzung zum Zustandekommen der Veredelung sei. Diese Unter-
kühlung tritt aber bei langsamer Abkühlung (z. B. bei Sandguß) nur beJ
Abwesenheit wirksamer Keime ein, vor allem bei Abwesenheit der
Schlackentrübe, d. h. von Fremdkeimen. Es lag nun auf der Hand, den
Schluß zu ziehen, daß durch Natrium solche Keime beseitigt oder "ver-
giftet" werden [132, 326, 328, 329].
Die Frage nach der Art dieser Keime erhielt eine Antwort aus den
Untersuchungen über die Wirkung des Phosphors in Aluminium-Silizium-
Schmelzen. Aus phosphorarmen, gewöhnlich mit lamellarem Eutektikum
erstarrenden Schmelzen (Abb. 148a) läßt sich schon bei relativ geringer
Erhöhung der Erstarrungsgeschwindigkeit ein vollständig veredeltes
Gußgefüge erzielen, während dies beim körnigen Typ (Abb. 148b) nur bei
extrem starker Abschreckung gelingt. Es konnte auch gezeigt werden,
daß lamellare Aluminium-Silizium-Legierung zur Erreichung eines gleich-
wertigen Veredelungszustandes einer geringeren Menge von Natrium
bedarf als das phosphorreichere, körnige Metall [316]. Dies besagt, daß
das Natrium, oder ein Teil davon, zu "Vergiftung" des keimwirksamen
Literatur zu Kapitel A 1 bis 4 193

Aluminiumphosphids verbraucht wird. Diese Ansicht wird gestützt


durch die viel stärkere Unterkühlbarkeit der lamellaren Legierung
(Abb. 147, S. 187).
Als keimwirksamer, die Veredelung verhindernder Legierungsbeglei-
ter wurde auch der Wa~serstoff in Betracht gezogen. Dieser würde bei
Anwesenheit von Natrium als Hydrid abgebunden und dabei die Impf-
wirkung verlieren [330]. Starke Begasung veredelter Schmelzen mit
Wasserstoff oder auch solcher, die zur Bildung lamellaren Eutekti-
kums neigen, führt jedoch nicht zu einer Änderung der Gefügeausbil-
dung.
Die Theorie der Schlackentrübe und der Keimvergiftung sagt nichts
aus über die Ursache der Veränderung der Kristalltracht des eutektischen
Silizium8. Es gelang tlodann, die Phosphorkeime mit andern Methoden,
z. B. durc,h Antimonzusatz, zu entfernen, worauf aber keine Veredelung
auftrat. Daraus muß ge8chlos8en werden, daß dem Natrium über die
Keimvergiftung hinaus noch eine zusätzliche Aufgabe zufällt [176].
4.433 Theorie der Diffusionshemmung [132, 176]. Diese Theorie sucht
eine Erklärung für die Änderung des Kristallhabitus des eutektischen
Siliziums zu erbringen. Die Trennung der Schmelze in zwei Komponenten
kann nur durch Diffusion kurz vor der Erstarrung ablaufen. Die Distanz,
über wdche die Diffusion abläuft, hängt von der zur Verfügung stehenden
Zeit ab, die ihrerseits wiederum von der Kristallisationsgeschwindigkeit
bestimmt wird. Rasche Abkühlung erlaubt nur eine kurze Diffusions-
zeit im Bereich der Phasengrenze, woraus die feine Struktur resultiert.
Dem Natrium wird nun die Wirkung zugedacht, daß es die Geschwindig-
keit der Diffusion des Siliziums vermindere. Der Diffusionskoeffizient
dieses Legierungsbestandteils würde demnach herabgesetzt, oder, was
wahrscheinlich auf das gleiche hinausläuft: Natrium erhöht die Viskosi-
tät der Schmelze. Die Siliziumkristalle, welche sich in einer gegebenen
Zeit ausscheiden, werden dadurch kleiner und rundlicher. Die
ihnen benachbarte Schmelze verarmt rasch an Silizium, und zufolge der
gehemmten Diffusion ist ein genügender Konzentrationsausgleich nicht
gewährleistet.
Die Gleichartigkeit des Eutektikums im rasch erstarrten Gefüge
(Kokillenguß) und im veredelten langsam erstarrten Gefüge (Sandguß),
wird hierdurch verständlich.

Literatur zu Kapitel Al bis 4


[1] HILDEBRAND, J. H.: Growth and Perfeetion of Crystals, London Chapman
and Hall 1958.
[2] FROST, B. R. T.: Progress in Metal Physies 5 (1954) 96.
[3] SAUERWALD, F.: Z. Metallkunde 35 (1943) 105-111.

13 Altenpohl. Aluminium
194 A. Eigenschaften der Aluminiumschmelze

[4] Aluminium-Taschenbuch, 12. Aufl., Düsseldorf: Aluminium-Verlag 1963.


[5] KELLEY, K. K.: US Bur. Mines Bull. 476 (1949).
[6] MARTY, W.: Brown-Bovery Mitt. 45 (1958) 549-552.
[7] GEBHARDT, E., M. BECKER U. S. DORNER: Aluminium 31 (1955) 315-321.
[8] SUTRA, G.: Compt. Rend. 232 (1951) 1027.
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[10] FÜRTH, R.: Proc. Camb. Phi!. Soc. 37 (1941) (34) 252.
[11] CHAMBERLAIN, 0.: Phys. Rev. 77 (1950) 305.
[12] SHARRAH, P. C., u. G. P. SMITH: J. Chem. Phys. 21 (1953) 228.
[13] TAKAGI, M.: J. Phys. Soc. Japan 11 (1956) 396.
[14] STEEB, S.: Dissertation Techn. Hochschule Stuttgart, 1958.
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B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik des
Aluminiums und seiner Legierungen
1. Metallphysikalische Grundlagen

1.1 Gitterbaufehler im Aluminium und ihr Verhalten


bei der Verformung
Von G. Schoeck, San Carlos de Bariloche (Argentinien)

1.11 Einführende Bemerkung über Gitterfehler in Metallen und speziell im


Aluminium

Für das mechanische Verhalten der Metalle spielt die Existenz von
Störstellen im Kristallgitter eine ausschlaggebende Rolle. Über die Einzel.
heiten besteht eine umfangreiche Literatur (siehe z. B. [1,2,3]). In dem
vorliegenden Kapitel beschränken
wir uns darauf, kurz die wesentlichen
~
a Eigenschaften der Gitterfehler auf·
f zuzählen und spezielle Betrachtun·
e
gen für das Aluminium anzustellen.
f--<d
Folgende Gitterfehler sind zu unter.
• c
scheiden:
1. Punktförmige Gitterfehler,
auch atomare Fehlordnung genannt
(Leerstellen, Zwischengitteratome
f
und Fremdatome).
Abb. 155. Schematische übersicht über wich-
tige Gitterbaufehler (kubisch-primitives
2. Linienhafte Gitterfehler (Ver-
Gitter). setzungen) .
aLeerstelle; b Zwischengitteratom; c,d gelöste 3. Flächenhafte Gitterfehler
Fremdatome : c Substitutionsatom, d Einla-
gerungsatom ; e Versetzung; ft Korngrenze. (Korngrenzen, Stapelfehler).
4. Störzonen des Gitters mit drei-
dimensionaler Ausdehnung (wie z. B. Ausscheidungen). Diese gehören
zwar nicht mehr zu den eigentlichen "Gitterfehlern". Da sie aber aus
den vorhergenannten Gitterfehlern hervorgehen und zudem einen wesent-
lichen Einfluß auf die mechanischen Eigenschaften haben, werden wir
sie zusammen mit den Gitterfehlern erörtern.
Eine schematische Darstellung einiger Störstellen ist in Abb. 155
gegeben.
[Lit. S. 253] 1. Metallphysikalisehe Grundlagep 203

1.111 Leerstellen (auch Gitterlücken oder SCHoTTKy-Defekte genannt).


Die Entstehung einer Leerstelle kann man so beschreiben, daß ein Atom
aus einem Gitterplatz entfernt und an der freien Oberfläche des Kristalls
wieder eingebaut wird. Da beim Transport in die Oberfläche im Mittel die
Hälfte der vorherigen atomaren Bindung gebrochen wird, ist dazu rund
die Hälfte der Bindungsenergie notwendig. Ebenfalls etwa die halbe
Bindungsenergie ist notwendig, um ein Atom von der Oberfläche in die
Gasphase zu bringen. Die Bildungsenergie für eine Leerstelle ist daher in
der Größenordnung der Sublimationsenergie.
Für genauere Angaben sind jedoch detaillierte quantenmechanische
Rechnungen notwendig, die bis jetzt nur für einwertige Metalle vorliegen
und wegen des komplizierten Verhaltens der Leitungselektronen für
Aluminium nicht durchgeführt worden sind. Neben freien Oberflächen
sind im Kristallinnern Korngrenzen und Versetzungen als Quellen und
Senken von Leerstellen zu erwähnen.
Durch die Einführung von Gitterlücken in einen vorher perfekten
Kristall wird die innere Energie U erhöht, gleichzeitig aber auch die
Entropie S, d. h. die Anzahl der Möglichkeiten, den Kristall in dem be-
stimmten Zustand vorzufinden, da sich ja die Leerstellen auf mannig-
faltige ~Weise verteilen können. Bei einer Temperatur T stellt sich daher
eine Konzentration von Leerstellen ein, die im thermischen Gleichgewicht
durch das Minimum der freien Energie gegeben ist und die Größe
SB UB
T -Pi'
c= e e (1 )
hat. Dabei ist U B die Bildungsenergie für Leerstellen und SB die Bil-
dungsentropie (abzüglich der :;\<'Iischungsentropie), hauptsächlich bedingt
durch eine Änderung des Schwingungs spektrums der Atome in der
Umgebung der Leerstelle.
Eine Leerstelle kann sich durch das Kristallgitter bewegen, indem ein
benachbartes Atom seinen Platz mit ihr austauscht. Für diesen Sprung
benötigt das Atom eine gewisse Aktivierungsenergie U s , um die "Sattel-
punktlage" zu überwinden. U s wird auch als Aktivierungsenergie der
Wanderung von Leerstellen bezeichnet ("Wanderungsenergie"). Diese
Energie kann durch thermische Gitterschwingungen aufgebracht werden
und die Sprungfrequenz l' ist dann gegeben durch
Ss Us

v= Vo z e
k e-kT (2)

Hier ist ))0 die sogenannte DEBYE-:Frequenz, die als die Grund-
frequenz der Schwingung der Atome um ihre Gleichgewichtslage gedeutet
werden kann. Für Aluminium ist ))0 = 9· 1012 • S-1. z ist die Anzahl der
nächsten Nachbaratome die ihren Platz mit der Leerstelle austauschen
können. Für Aluminium ist z = 12. Der dritte und vierte Faktor gibt
204 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

die Wahrscheinlichkeit dafür an, daß die Aktivierungsentropie S8 und die


Aktivierungsenergie U8 durch thermische Schwankungen aufgebracht
wird.
Die Bedeutung von Leerstellen liegt vor allem darin, daß sie zur
Selbstdiffusion und zur Diffusion von Zusätzen notwendig sind, also
wesentlich die Kinetik der Aushärtung und Ausscheidung beeinflussen.
Leerstellen ermöglichen ferner das Klettern von Versetzungen und sind
somit für das Kriechen bei erhöhten Temperaturen und für Erholungs-
vorgänge verantwortlich.
Eine zusammenfassende Darstellung des Auftretens von Leerstellen
im Aluminium siehe bei [65].
1.112 Zwisehengitteratome. Zwischengitteratome entstehen etwa
dadurch, daß innerhalb des Gitters ein Atom von einem normalen Gitter-
platz auf einen Zwischengitterplatz springt, d. h. einen Platz im Gitter,
der normalerweise nicht von einem Atom besetzt ist. Natürlich kann auch
ein Atom von einer freien Oberfläche auf einen solchen Platz springen. Im
ersten Fall wird ein Fehlstellenpaar (Leerstelle - Zwischengitteratom,
auchFRENKEL-Paar genannt) gebildet, im zweiten Fall nur ein Zwischen-
gitteratom (auch Anti-ScHoTTKy-Fehlstelle genannt). Da in der Umge-
bung eines Zwischengitteratoms in einem Metall dichtester Kugel-
packung, wie Aluminium, eine wesentlich stärkere Gitterverzerrung auf-
tritt als bei einer Leerstelle, ist die Bildungsenergie relativ groß und
dürfte für Aluminium einige Elektronenvolt betragen. Die Konzentra-
tion an Zwischengitteratomen, die sich im thermischen Gleichgewicht
befinden, ist daher selbst am Schmelzpunkt noch praktisch vernach-
lässigbar klein. Jedoch können durch Kaltverformung oder Bestrahlung
mit energiereichen Elementarteilchen nachweisbare Konzentrationen von
Zwischengitteratomen im Aluminium erzeugt werden.
Diese Zwischengitteratome können sich mit Hilfe von thermischer
Aktivierung durch das Gitter bewegen. Obwohl bis jetzt noch keine ver-
läßlichen Messungen der Aktivierungsenergie für den Sprung eines
Zwischengitteratoms im Aluminium vorliegen, kann man wohl in Ana-
logie zu Berechnungen und Messungen an Edelmetallen annehmen, daß
diese Energie kleiner als für die Bewegung einer Leerstelle ist. Zwischen-
gitteratome dürften also bei niedrigeren Temperaturen im Aluminium
als Leerstellen diffundieren.

1.113 Fremdatome. Im Aluminium liegen alle gelösten metallischen


Fremdatome als Substitutionsatome vor. Dagegen sind Kohlenstoff,
Stickstoff und Sauerstoff, deren Löslichkeit im Aluminium außerordent-
lich klein ist, möglicherweise als Zwischengitteratome vorhanden. Sicher~ist
dies wohl für Wasserstoff, der wegen seines kleinen Atomdurchmessers
keine wesentliche Gitterstörung hervorruft.
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 205

Die Löslichkeit für metallische Fremdatome ist in Aluminium im allge.


meinen auffallend klein und erreicht nur bei wenigen Zusätzen wie
Kupfer, Silber, Magnesium und Zink, die Größenordnung von einigen
Prozent. Die Löslichkeit nimmt bei allen Legierungselementen mit sinken·
der Temperatur stark ab und ist unterhalb 100°C meist nicht gen au be·
kannt, weil sich das Gleichgewicht unterhalb dieser Temperatur nur noch
äußerst langsam einstellt.

1.114 Versetzungen. Eine Versetzung stellt eine linienhafte Störung


des Gitterbaus dar. Diese kann man am einfachsten als die Berandung
einer Fläche beschreiben, auf
deren beiden Seiten eine relative
Verschiebung um einenkonstan·
ten Vektor stattgefunden hat.
Dies ist schematisch in Abb. 156 ~\L
und 157 für einen kubisch primi. / b
tiven Kristall dargestellt. In .1/
einem Kristall ist der Verschie·
bungsvektor, der als BURGERS·
Vektor bezeichnet wird. im all· b Burgers- Jlektor
gemeinen eine Identitätsperiode Abb.156.
des Gitters, sonst bliebe nämlich Stufenyersetzung (im kubisch· primitiven Gitter).

in der Verschie bungsfläche eine


Störung des Kristallaufbaus zu·
rück.
Der BURGERs·Vektor kann ~
jeden beliebigen Winkel mit der I
I
I
Versetzungslinie bilden, doch
it
I

sind zwei Spezialfälle von be- b


sonderer Bedeutung. Falls der I
I

BURGERS· Vektor senkrecht auf


der Versetzungslinie Rteht, ~
Versetzungslinie
spricht man von einer Stufen·
b Burgers-/lektor
versetzung, die man sich auch
durch eine eingeschobene Netz·
Abb.157.
ebene realisiert denken kann Schraubenversetzung (im kubisch· primitiven Gitter).
(Abb. 156). Die Ebene, die
durch BURG ERS· Vektor und Versetzungslinie aufgespannt ist, heißt Gleit·
ebene, weil in ihr die Versetzung sehr leicht beweglich ist. Dies ist schema·
tisch in Abb. 158 dargestellt. Wie man sieht, kann durch kleine Verschie·
bungen der Atome in unmittelbarer Nähe des Versetzungszentrums die
Störzone, d. h. die Versetzungslinie, durch das Gitter wandern und damit
in der Gleitebene eine Abgleitung um einen Atomabstand hervorrufen.
206 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Durch die Bewegung einer genügend großen Anzahl von Versetzungen


kann damit eine makroskopische Formänderung erzeugt werden. Falls
viele Versetzungen sich in derselben Gleitebene bewegen, bilden sie an der
freien Oberfläche die mikroskopisch sichtbaren Gleitlinien.
Eine Bewegung senkrecht zur Gleitebene ("Klettern") erfordert
dagegen Diffusionsvorgänge und tritt daher im allgemeinen nur bei
höheren Temperaturen auf. Zum Klettern einer Versetzung ist es not-
wendig, daß die in Abb. 156 erkennbare
eingeschobene Netzebene von Leer-
stellen aufgezehrt wird, oder daß Gitter-
atome sich an die eingeschobene Netz-
ebene anlagern und damit an ihren
früheren Lageorten Leerstellen zurück-
lassen. So kann also eine Stufenver-
setzung sich als Senke bzw. Quelle von
Leerstellen betätigen und dadurch das
thermische Gleichgewicht derselben her-
stellen.
Ein anderer Extremfall liegt vor,
Anfangslage .l. falls der BURGERs-Vektor parallel zur
fndlage Jb
Versetzungslinie liegt. Man spricht
Abb. 158. Abgleitung durch Wanderung dann von einer Schraubenversetzung
einer Versetzung um eine Identitätsperi-
ode des Gitters (schematisch). (Abb.157), weil die Atomebenen schrau-
benförmig um die Versetzungslinie als
Achse angeordnet sind. Wegen der Zylindersymmetrie des Verschie-
bungsfeldes ist in diesem Falle keine Gleitebene ausgezeichnet und
daher kann eine Schraubenversetzung in einem isotropen Medium in
allen Richtungen gleiten. Durch bestimmte Kristallstrukturen wird diese
Mannigfaltigkeit allerdings beschränkt.
Schraubenversetzungen können ebenfalls als Senken für Leerstellen
wirken, wobei sich dann die Versetzungslinie schraubenförmig aufwindet.
In reinem Aluminium w~rde dies jedoch bis jetzt noch nicht beobachtet,
dagegen in Aluminiumlegierungen.
Die Existenz von Versetzungen ist heute absolut gesichert. Gerade
experimentelle Untersuchungen am Aluminium haben viel zur Auf-
klärung wichtiger Fragen beigetragen. Im Aluminium wurden zum
erstenmal Versetzungen und ihre Bewegung durch elektronenmikro-
skopische Beobachtungen direkt sichtbar gemacht [4]. Typische elektro-
nenmikroskopische Bilder siehe S. 242 bis 251.

1.115 Stapelfehler. Stapelfehler treten in kubisch-flächenzentrierten


und hexagonalen Metallen auf. Bekanntlich kann man heide Kristall-
strukturen dadurch beschreiben, daß man dichtest gepackte Atom-
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 207

ebenen aufeinanderschichtet. 'Venn man die Position der Atome in einer


solchen Ebene mit A bezeichnet, so gibt es für die unmittelbar darüber
liegende Ebene zwei Gleichgewichtslagen, die mit Bund C bezeichnet
seien (Abb. 159). Wenn man nun die Ebenen in der Folge ABAB stapelt,
so ergibt sich das hexagonale Gitter; in der Folge ABCABC erhält man
dagegen die kubisch-flächenzentrierte Struktur.
Nun kann in dieser Stapelfolge
ein Fehler auftreten. Im kubisch-
flächenzentrierten Gitter kann man
dies z. B. durch das Herausnehmen
oder Einsetzen einer zusätzlichen
dichtest gepackten Ebene erreichen
und erhält dann ABCACABC oder
ABCBABC (Abb. 160). Dieser Sta-
pelfehlcr stellt eine flächenhafte
Störung des Kristallaufbaus dar
und hat daher eine bestimmte Ober-
flächenenergie, die kleiner als etwa Abb. 159. Schichtung der Aluminium-Atome im
kubisch -flächenzen tri erten Raumgi tter.
die Korngrenzenenergie ist, da nur
A, Bund C ist je eine mögliche Atomlage in
die Anordnung, aber nicht der Ab- dichtester Kugelpackung. A sei die zu unterst
stand zwischen Nachbaratomen liegende Schicht und die darauf liegende Schicht
sei in der Lage B angeordnet. Die darüber lie-
verändert wird. gende Schicht ist normalerweise dann in der
Position C. :Falls sie stattdessen in der Lage A
Endet die eingeschobene oder liegt, hat man zwischen den beiden obersten
herausgenommene Ebene und da- Atomlagen einen Stapelfehler vorliegen, somit
eine flächenförmige Gitterstörung.
mit auch der Stapelfehler im Innern
des Kristalles, so verläuft an der

~~i
Berandung eine sogenannte "un-
vollständige Versetzung" (auch
Halbversetzung genannt). Diese
Versetzung ist unvollständig, weil
eine Verschiebung um weniger als Abb. 160. Stapelfehler in einem kubisch-flächen-
zentrierten Metall, erzeugt durch das teilweise
eine Identitätsperiode stattgefun- Fehlen einer (111)-Atomebene.
den hat.
Für das Verhalten von Metallen dichtester Kugelpackung sind Stapel-
fehler deshalb so wichtig, weil in solchen Strukturen Versetzungen in zwei
Halbversetzungen aufspalten, zwischen denen sich ein Stapelfehlerband
aufspannt. Dies hat weitgehende Folgen für die Beweglichkeit der Ver-
setzungen. Es erschwert z. B. das gegenseitige Durchschneiden, die Quer-
gleitung und auch das Klettern von Versetzungen, weshalb im allgemeinen
kubisch-flächenzentrierte und hexagonale Metalle bessere Hochtempera-
tureigenschaften haben als Metalle ohne Stapelfehler mit derselben
Schmelztemperatur. Ferner tragen Stapelfehler wesentlich zum elek-
trischen Widerstand von Versetzungen bei.
208 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

1.116 Korngrenzen. Der Orientierungssprung an Korngrenzen kann


formal durch Anordnungen von Versetzungen in der Grenzfläche be-
schrieben werden; doch ist dies nur sinnvoll für "Kleinwinkelkorngren-
zen", bei denen der Abstand zwischen den Versetzungen groß genug ist,
so daß sie noch individuell unterscheidbar sind. 1
Die Anordnung der Versetzungen kann kompliziert oder relativ ein-
fach sein: Bei den Kleinwinkelkorngrenzen kommen komplizierte Anord-
nungen von Versetzungen vor, wenn die bei-
den aneinander angrenzenden Kristallgitter
um eine willkürliche Achse zueinander ver-
dreht sind.
Der geometrisch einfachste Fall ("tilt
boundary") ist dadurch gegeben, daß zwei
benachbarte Körner um eine in der Korn-
grenze liegende Achse um den Winkel 0 ge-
dreht sind. Eine solche Korngrenze läßt sich
durch eine parallele Anordnung von Stufen-
versetzungen (mit BURGERs-Vektor b) auf-
bauen, wobei der Abstand zwischen den Ver-
setzungen D ~ biO ist (Abb. 161). Solche
Abb. 161. Kleinwinkelkorngrenze Korngrenzen treten im Aluminium während
oder Subkorngrenze ("tUt boun-
dary") im kubisch-primitiven Gitter. des Hochtemperaturkriechens bei der soge-
nannten "Zellbildung" auf und während der
Erholung bei der "Polygonisation". In beiden Fällen wird diese Art
von Kleinwinkelkorngrenzen mittels Klettern der Stufenversetzungen in
eine energetisch günstige Anordnung gebildet.
Weniger gut bekannt ist die Struktur von Großwinkelkorngrenzen
[6 bis 8]; das polykristalline Aluminium enthält in der Praxis meistens
diese Art der Korngrenzen. Sie bilden wirkungsvolle Hindernisse für Ver-
setzungen, die sich an ihnen aufstauen können. Während einer Kriech-
deformation kann auch ein viskoses Gleiten der Körner längs der Korn-
grenzen stattfinden, deren Beitrag zur Gesamtdeformation bis zu 20%
erreichen kann.
Weiterhin erfolgt Diffusion bevorzugt entlang von Korngrenzen, und'
schließlich muß das Wandern von Korngrenzen während der Rekristalli-
sation erwähnt werden. Korngrenzen haben auch Bedeutung als Quellen
und Senken von atomaren Fehlstellen.

1.117 Ausscheidungen. Wird bei der Abkühlung einer festen Alu-


miniumlegierung die Grenze der Löslichkeit für ein Zusatz metall über-
schritten, so scheidet sich eine neue Phase aus. Dieser Vorgang verläuft

1 Zwischen Kleinwinkelkorngrenzen und "Subkorngrenzen" gibt es keinen defi-


nierten Unterschied.
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 209

beim Anlassen von Legierungen, die aus dem Gebiet des homogenen
Mischkristalls abgeschreckt worden sind, in der Regel über mehrere
metastabile Zwischenstufen (Kalt- und Warmaushärtung).
Die Bedeutung der Ausscheidungen und ihrer Vorstadien liegt vor
allem darin, daß sie Hindernisse für die Bewegung von Versetzungen
bilden.

1.12 Atomare Fehlordnung

1.121 Bildungs- und Wanderungs energie für Leerstellen. Wie schon


erwähnt, sind Leerstellen für die Diffusion notwendig; sie bestimmen
damit auch die Kinetik der Ausscheidung. Um ihre Konzentration und
Beweglichkeit für eine bestimmte Temperatur berechnen zu können,
braucht man die entsprechenden Aktivierungsenergien und Entropien.
Da jedoch die Verhältnisse bei Aluminium theoretisch sehr kompliziert
sind, ist man zur Zeit ausschließlich auf die experimentelle Bestimmung
dieser Größen angewiesen.
Zur Bestimmung der Bildungs- und Wanderungsenergie von Leer-
stellen muß man zunächst die Konzentration der Leerstellen systematisch
verändern können. Sodann benötigt man eine makroskopisch meßbare
Eigenschaft, die von der Konzentration der Leerstellen in bekannter
Weise abhängt. Die Anderung der Konzentration kann man am einfach-
sten durch Erhitzen und durch Abschrecken erreichen, indem man die
Gleichgewichtskonzentration, die bei einer hohen Temperatur vorliegt,
durch sehr schnelles Abkühlen bei einer niedrigen Temperatur "einfriert",
bei der die Beweglichkeit so klein ist, daß sich die neue Gleichgewichts-
konzentration in absehbarer Zeit nicht einstellen kann.
Als makroskopisch meßbare Größen, die von der Leerstellenkonzen-
tration abhängen, kommt vor allem die Anderung des elektrischen
Widerstandes und der Dichte in Betracht, wobei jene experimentell ein-
facher zu bestimmen ist. Beide Eigenschaften ändern sich bei genügend
kleiner Konzentration an Leerstellen (wenn noch keine Wechselwirkung
zwischen Leerstellen auftritt) proportional zur Leerstellenkonzentration.
Man kann daher mit Hilfe von GI. (1) durch Messung des elektrischen
Widerstandes nach Abschrecken von verschiedenen Temperaturen die
Bildungsenergie U B bestimmen. Dabei ergibt sich innerhalb der Fehler-
grenze (etwa ±0,05 eV) für U B = 0,76 eV [10 bis 14]. Wohl die ge-
naueste Bestimmung ist durch Messung der Längenänderung bei hohen
Temperaturen durchgeführt worden [14].
Dabei ergab sich für die Konzentration der Leerstellen
0,76 (eV)
-~
C= e2 ,4. e

14 Altenpohl, Alumininm
210 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Damit hat die Gleichgewichtskonzentration von Leerstellen im Alu-


minium die in Tab. 20 gegebenen Werte:

Tabelle 20. Leerstellen in Aluminium

Temperatur Gleichgewichts- Platzwechsel


00 konzentration 1/s

20 2.10-12 104
200 1.10-7 5.107
400 2,5.10-5 3.109
600 4,7·10-4 4. 1010
660 (fest) 9,4·10-4 6. 1010

Die Aktivierungsenergie für die Wanderung von Leerstellen läßt


sich durch Messung der Erholungskinetik des elektrischen Widerstandes
bestimmen. Man lagert eine abgeschreckte Probe bei verschiedenen
Temperaturen aus und beobachtet die zeitliche Abnahme des Wider-

1,2

,~~
0,8 ~ Al 99,995 %

'Abschreck-
lemperafur 600 0 C\\ 4T~ \ \\350
0

1
\1}SOOC\ \\:40h

D,2

o
-200 -150 -100 -50
'\~\
o
"- ..l..

50
Anlaßlemperafur
\\
100
-
~'-- 150 ~200.... C 250
0

Abb. 162. Relative Widerstandsänderung Aele. von Al 99,995 nach Abschrecken von verschiedenen
Temperaturen in Abhängigkeit von der Anlaßtemperatur (nach O. PANSERI u. T. FEDERIGHI [11]).

standes, wenn sich die übersättigten Leerstellen an Senken ausscheiden.


Der Ausscheidungsvorgang ist allerdings recht komplex und da.her die
Interpretation der Experimente nicht immer ganz eindeutig. Infolge-
dessen streuen die in der Literatur zitierten Werte zwischen 0,52 eV und
0,65 eV [11, 15].
Abb.162 zeigt die Änderung des Widerstands von Reinstaluminium .
nach Abschrecken von verschiedenen Temperaturen in Abhängigkeit von
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 211

der Anlaßtemperatur [11], was einer theoretischen Voraussage entspricht


[16,17].
Nach Abschrecken von niederen Temperaturen, d. h. bei kleiner
übersättigung, scheiden sich die Leerstellen wohl einzeln aus. Wenn
dagegen von höherer Temperatur abgeschreckt wird, d. h., wenn eine
hohe übersättigung an Leerstellen vorliegt, so bilden sich zunächst
Agglomerate von Leerstellen [18]. Diese können eine plattenförmige
Gestalt annehmen, und es bildet sich, wenn der Radius der Platte einige

Abb. 163. Bildung eines Versetzungsringes (gezeichnet im Schnitt) durch plattenförmige Kondensation
von Leerstellen im kubisch-primitiven Gitter.

Atomdurchmesser überschreitet, ein Versetzungsring (Abb. 163), da die


Spannungsenergie der Versetzung kleiner als die Oberflächenenergie der
Platte ist. Bei genügender übersättigung kann dieser Versetzungsring
durch "Klettern" wachsen, indem sich weitere Leerstellen anlagern.
Falls jedoch die Übersättigung an Leerstellen klein geworden ist, so
kann sich ein solcher Ring auch wieder auflösen, allerdings mit einer
höheren Aktivierungsenergie. Ehe nämlich eine Leerstelle davondiffun-
dieren kann, muß sie zunächst aus dem Versetzungsring gebildet werden.
Damit ist die Aktivierungsenergie für die Auflösung solcher Ringe gleich
der Summe der Bildungs- und Wanderungsenergie für Leerstellen und
damit gleich der Selbstdiffusionsenergie, die zwischen 1,3 eV und 1,4 eV
liegen dürfte [19, 20]. Die Bildung und Auflösung solcher Versetzungs-
ringe ist elektronenmikroskopisch beobachtet worden [21].
Von der Sprungenergie U s hängt es ab, wie schnell abgeschreckt
werden muß, um die vorhandenen Leerstellen einzufrieren. Falls, wie
experimentell gefunden, U s von der Größenordnung 0,6 eV ist, ergeben
sich nach GI. (2) die in Tab. 20 angegebenen Werte für die Platzwechsel
der Leerstellen pro Sekunde. Falls nun Versetzungen ideale Senken für
Leerstellen sind, so ist bei einer Versetzungsdichte von e die Konzen-
tration der Senken Cs ~ eb2, wobei b der Atomabstand ist. Für eine
Versetzungsdichte in einem erholten Kristall von e ~ 106 cm- 2 ist
damit Cs ~ 10-9 • Daraus ergibt sich, daß beim Abschrecken von hohen
Temperaturen die Geschwindigkeit von der Größenordnung 104 grdjs
sein muß, um zu verhindern, daß während des Abkühlens die Mehrzahl
der Leerstellen in Senken verschwinden kann.

14*
212 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Auch die bei Kaltverformung erzeugten Leerstellen heilen sehr schnell


aus. Wie man aus Tabelle 20 ersieht, macht auch bei Raumtemperatur
eine Leerstelle in Aluminium noch rund 104 Platzwechsel pro Sekunde.
Da in kaltverformten Metallen eine typische Versetzungsdichte
(! f':::i 1012 cm- 2 ist, existiert eine Konzentration von Senken von der
Größenordnung 10-3 , so daß also in Zeiträumen von der Größenordnung
von Minuten die überschüssigen Leerstellen sich ausscheiden können.
Es ist z. B. auch beobachtet worden, daß der durch Abschrecken einge-
frorene Leerstellenüberschuß sich rascher ausscheidet, wenn die Probe
anschließend deformiert wird [22], da die neu erzeugten Versetzungen
als Senken für die Leerstellen wirken können.

1.122 Einfluß von Fremdatomen. Durch die Gegenwart von gelösten


Fremdatomen kann das Verhalten der Leerstellen im Aluminium wesent-
lich beeinflußt werden [24].
Diese Verhältnisse sind an Aluminium-Magnesium-Legierungen
besonders ausführlich untersucht worden [25].
Während ein Überschuß an Leerstellen nach Abschrecken in reinem
Aluminium bei Raumtemperatur sehr schnell ausheilen kann (Abb. 162),
genügt schon etwa 0,1 % gelöstes Magnesium, um die meisten durch
Abschrecken oder Kaltverformung erzeugten Leerstellen festzuhalten.
Dies erkennt man daran, daß die Erholung der Festigkeitswerte ver-
formter Aluminium-Magnesium-Legierungen bei Raumtemperatur oder
Temperaturen bis 150°C wesentlich schneller vor sich geht als in Rein-
aluminium [23]. Der Überschuß an Leerstellen führt zum Klettern von
Versetzungen bei den genannten Temperaturen.
Erhitzt man dagegen die Proben über 100°C, so zeigt eine dort ein-
setzende Erholung des elektrischen Widerstandes, daß die Leerstellen
sich von ihren Bindungsplätzen in der Nähe von Magnesiumatomen los-
reißen ("verdampfen") und sich ausscheiden. Die gelösten Magnesium-
atome können dann nicht mehr zur Erholung (Klettern) beitragen. Sie
erschweren vielmehr die Versetzungsbewegung [53], und daher hat eine
Aluminium-Magnesium-Legierung eine höhere Fließspannung als reines
Aluminium [26, 27].
Die Assoziation zwischen Leerstellen und Fremdatomen im Alu-
minium ist übrigens keineswegs auf Magnesium beschränkt, sondern
tritt auch bei anderen gelösten Fremdatomen, wie Kupfer, Silber und
Zink auf. Dies zeigt sich darin, daß die Ausscheidung der Fremdatome
etwa nach Abschrecken oder Kaltverformung im Temperaturgebiet
zwischen Raumtemperatur und ca. 100°0 um mehr als eine Größen-
ordnung schneller verläuft, als man aus Extrapolation der Diffusions-
koeffizienten von hoher Temperatur erwarten sollte [28, 29]. Einzel-
heiten darüber werden in Abschn. B 5 diskutiert.
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 213

1.13 Versetzungen

Da über die Eigenschaften und das Verhalten von Versetzungen eine


ausgedehnte Literatur besteht [1, 2, 30, 31], werden im folgenden nur
kurz die Grundbegriffe zusammengestellt, die notwendig sind, um das
mechanische Verhalten eines Metalles wie Aluminium vom atomistischen
Standpunkt aus verstehen zu können.
1.131 Spannungen, Energie, Kräfte. Eine Versetzung, wie sie etwa in
Abb. 156 und 157 dargestellt ist, stellt eine Störung des Kristallgitters dar
und ruft damit innere Spannungen hervor.
Wenn man von Einzelheiten absieht, so sind zumindest für größen-
ordnungsmäßige Abschätzungen die Spannungskomponenten in der
Umgebung einer geradlinigen Versetzungslinie von der Form
1 G·b
(Jr::;:j---- (3)
2n r '
wobei G der Schubmodul, b der Betrag des BURGERs-Vektors und r der
Abstand von der Versetzungslinie ist.
Infolge ihres Spannungsfeldes kommt der Versetzung auch eine ge-
wisse Selbstenergie zu, die von der geometrischen Anordnung der Ver-
setzungslinie abhängt. Für die meisten Probleme kann man jedoch die
Versetzung so behandeln, als ob sie eine konstante Energie pro Längen-
einheit habe, deren Größe sich zu
1
EL =- G·b 2 (4)
2
ergibt. Eine Versetzung verhält sich damit analog zu einer elastischen
Saite, die unter dem Einfluß einer Linienspannung E L steht.
Wie man aus GI. (4) ersieht, ist die Energie der Versetzung propor-
tional dem Quadrat des BURGERs·Vektors b. Aus diesem Grunde ist der
BURGERS-Vektor in Kristallen nahezu immer die kürzeste Identitäts-
periode des Gitters. Wäre b nämlich größer, so könnte die Versetzung
durch Aufspalten in zwei Versetzungen mit kleinerem b ihre Energie
erniedrigen. In Aluminium ist daher der BURGERS-Vektor (und damit die
a
Abgleitrichtung) immer vom Typ 2" (110).
Für die Anwendung wichtig ist auch die Kenntnis der Kraft, die eine
angelegte Spannung auf eine Versetzung ausübt. Bewegt sich eine Ver-
setzung in der Gleitebene, so leistet nur die dort wirkende Schub spannung
Arbeit. Daher ist für das Einsetzen der plastischen Verformung die maxi-
male Schubspannung ausschlaggebend (ScHMIDsches Schub spannungs-
gesetz [32].
214 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Die Größe der Kraft kann aus Abb.158 hergeleitet werden. Wenn die
Schubspannung (J an dem Körper der Breite 1 und Tiefe d angreift, so
ist die wirkende Kraft (J. 1 . d. Damit wird die Arbeit, wenn die gesamte
obere Hälfte des Kristalls um einen BURGERs-Vektor abgeglitten ist,
W = (J. l· d . b. Bezeichnet man andererseits die Kraft pro Längen-
einheit der Versetzung mit k, so ist die Gesamtkraft auf die Versetzung
k . d und die während der Abgleitung geleistete Arbeit W = k . d . l,
da sich die Versetzung über die Strecke 1 bewegt. Durch Gleichsetzen der
beiden Arbeitsbeträge ergibt sich

k = (J. b (5)

1.132 Versetzungsstruktur im Aluminium. Um die Vorgänge während


der plastischen Verformung qualitativ verstehen zu können, muß man
die atomistische Struktur in
der Nähe eines Versetzungs-
zentrums etwas eingehender
untersuchen. Dabei zeigt es
sich, daß die Verhältnisse kom-
plizierter sind, als etwa in den
Abb. 156 und 157 schematisch
61eilebene (111) Slapeifehier
dargestellt wurde. In Alumi-
a h nium, wie in allen kubisch-
Abb. 164a u. b. Entstehung eines Stapelfehlers durch flächenzentrierten und hexa-
Aufspaltung einer Versetzung in einem kubisch-flächen-
zentrierten Metall.
gonalen Metallen, können die
a) Eine vollständige Stufen-Versetzung besteht aus Versetzungen sich aufspalten,
zwei eingeschobenen Halbebenen; b) Die Versetzung wie es in Abb.164 schematisch
hat sich in zwei Halbversetzungeu aufgespalten,
zwischen denen ein Stapelfehler aufgespannt ist. dargestellt ist. Um einer Ver-
schiebung um ein BURGERS-
Vektor aj2 (110) zu erreichen, muß man zwei Gitterebenen {110}
einschieben, die gegeneinander parallel verschoben sind. Eine Ver-
setzung besteht also aus zwei nebeneinanderliegenden Halbversetzungen,
zwischen denen eine elastische Abstoßung besteht. Wenn sich nun aber
die beiden Halbversetzungen trennen, so erzeugen sie zwischen sich ein
Band, in welchem gegeneinander verschobene {110}-Ebenen ober- und
unterhalb der Gleitebene aneinandergefügt werden. Damit bildet sich
zwischen den beiden Halbversetzungen ein Stapelfehler aus, der eine
gewisse Flächenenergie y hat.
Ein Gleichgewichtszustand stellt sich dann ein, wenn die Oberflächen-
spannung des Stapelfehlers gerade die abstoßenden elastischen Kräfte
zwischen den Halbversetzungen kompensiert. Die Möglichkeit zur Auf-
spaltung von Versetzungen in kubisch-flächenzentrierten Metallen liegt
darin, daß es in der {111}-Gleitebene noch unbesetzte Gleichgewichts-
Lit. S. 253] 1. lHetallphysikalische Grundlagen 215

lagen für die Atome gibt, wie in Abschnitt B 1.115 besprochen wird. Die
Struktur der aufgespaltenen Versetzung in Abb. 164b ist folgende: links
der linken Halbversetzullg ist Stapelfolge ABCAB ... , die linke Halb-
versetzung überführt Atome etwa aus der Lage A in der Gleitebene in die
Lage B und invertiert damit dort die Stapelfolge, und die rechte Halb-
versetzung überführt daun wieder Atome aus der Lage B in die Lage A,
nun um einen Burgersvektor a/2 (110) versetzt.
Die Aufspaltung in Halbversetzungen wird hier deshalb so ausführ-
lich behandelt, weil sie einen ganz ausschlaggebenden Einfluß auf die
plastische Verformung der verschiedenen kubisch-flächenzentrierten
Metalle hat. Die charakteristischen Unterschiede im Verformungsverhalten
oder bei der Erholung von Aluminium und anderen kubisch-flächenzen-
trierten Metallen wie z. B. Kupfer lassen sich weitgehend durch die ver-
schiedene Größe der Versetzungsaufspaltung in beiden Metallen erklären.
Einige der wichtigsten Folgerungen werden daher im folgenden näher
diskutiert:
1.133 Weite der Aufspaltung. Die Weite der Aufspaltung ist durch
die Größe der spezifischen Stapelfehlerenergie y bestimmt. Da man einen
Stapelfehler im kubisch-flächenzentrierten Gitter auch als einen aus einer
einzigen Atomschicht bestehenden Zwilling beschreiben kann, so ist die
Stapelfehlerenergie zumindest größenordnungsmäßig gleich der doppel-
ten Zwillingsgrenzen energie.
Für Aluminium ist y ~ 200 erg/cm 2 [1], und damit ergibt sich die
Weite der Aufspaltung zwischen 1 und 2 Burgersvektoren b.
Dagegen ist für Kupfer ein Wert von y = 40 erg/cm 2 angenommen
worden, und damit ergab sich eine Aufspaltungsweite für Schrauben-
versetzungen von etwa 4,5 b und für Stufenversetzungen von etwa 12b.
Nach neueren Messungen [33] scheint aber y größer zu sein und die Auf-
spaltungsweite damit zwischen 1,5b und 3,2b zu liegen. Auf jeden Fall
ist die Aufspaltungsweite in Kupfer und anderen Edelmetallen gräßer als
in Aluminium.
1.134 Durchschneidungssprünge. Wenn eine sich bewegende Ver-
setzung auf andere Versetzungen trifft, die die Gleitebene durchstoßen,
so muß sie diese durchschneiden. Falls die Versetzungen aufeinander
senkrecht stehen, so tritt im isotropen Fall im allgemeinen keine elastische
Wechselwirkung auf. Dagegtm tritt an der Stelle, wo sich die beiden Ver-
setzungszentren durchdringen, eine starke lokale Störung des Gitters auf.
Diese Störung ist besonders ausgeprägt, wenn sich zwei Stapelfehler
durchdringen, und die Atome müßten an dieser Stelle eine energetisch sehr
ungünstige Lage einnehmen. Um dieses zu vermeiden, bildet eine auf-
gespaltene Versetzung an dieser Stelle eine Einschnürung, wie dies
schematisch in Abb. 165 dargestellt ist.
216 B. .Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Die Energie dieser Einschnürung Es ist um so größer, je größer die


Aufspaltungsweite ist. Für Aluminium liegt Es zwischen 0,13 und 0,28 eV,
für Kupfer dagegen nach neueren Messungen zwischen 0,24 und 0,80 eV
[33].
Falls der BURGERS-Vektor der durchschnittenen Versetzung eine Kom-
ponente senkrecht zur Gleitebene hat, so bleibt in der sich bewegenden
Versetzung dort ein Sprung (eng!. "jog") zurück, wo die Versetzung von
einer Atomebene auf eine benachbarte Ebene überspringt. Dabei bleibt

Abb. 165. Eine aufgespaltene Versetzung durchschneidet eine stationäre Schraubenversetzung und
bildet zunächst eine Einschnürung (E) und dann einen Sprung (8). Die stationäre Versetzung ist der
übersicht wegen nicht aufgespalten gezeichnet.

die Einschnürung zumindest teilweise erhalten. Dieser Sprung stellt eine


Verlängerung der ursprünglichen Versetzungslinie dar und führt damit zu
einer Energieerhöhung. Da jedoch in Abständen, die gegenüber der
Sprunghöhe groß sind, das elastische Spannungsfeld der Versetzung kaum
beeinflußt wird, ist die Sprungenergie Ei relativ klein. Für Aluminium
ergeben sich Werte zwischen Ei = 0,3 eV und 0,4 eV, während die ent-
sprechenden Werte für Kupfer bis zu 1 eV betragen.
Die eben geschilderten Sprünge (jogs) in Versetzungslinien können
auch durch thermische Aktivierung gebildet werden, indem sich Leer-
stellen an einer ursprünglich geraden Stufenversetzung anlagern. Die
Sprungkonzentration längs der Versetzungslinie ist dann im thermischen
Gleichgewicht c = exp. (- Ej/kT), was unterhalb von 150 oe, wo sich
das Gleichgewicht für Aluminium nur noch sehr langsam einstellen kann,
einem Wert von kleiner als 10-4 entspricht. Dagegen treten bei der pla-
stischen Verformung, wenn eine sich bewegende Versetzung einen "Ver-
setzungswald" durchschneiden muß, solche Sprünge in großer Anzahl
auf. Wie weiter unten diskutiert wird, ist dieses Durchschneiden eines
"Versetzungswaldes" und die damit verbundene Bildung von Sprüngen
die Ursache für die Temperaturabhängigkeit der Fließgrenze (s. Abschn.
B 1.14).
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 217

1.135 Bildung von Leerstellen und Zwischengitteratomen durch


Sprünge. Wenn eine sich bewegende Schraubenversetzung einen Sprung
enthält, so kann sich dieser nicht ohne weiteres mitbewegen. Da ja der
BURGERS-Vektor entlang einer Versetzung konstant ist, stellt der Sprung
ein Stück einer Stufenversetzung dar. Die Gleitebene des Sprungs, die ja
durch Sprung und BURGERS-Vektor aufgespannt wird, liegt damit entlang
der Versetzungslinie (Abb. 166a). Wenn sich also die Versetzungslinie be-
wegt, so muß sich der Sprung senkrecht zu seiner Gleitebene bewegen,
d. h., wie in Abschn. 1.114 diskutiert, klettern, und dabei je nach der

b Burgers-Vekfor

a b c
IIlIIIIlllllI G/eilebene des Sprunges / Versefzungsbewegung
Abb. 166a~c.Bewegung von VerRetzungen, die einen Sprung enthalten. Die Gleitebene des Sprunges
ist schraffiert gezeichnet.
a) Schraubenversetzung : Der Sprung kaun nur durch .,Klettern" bewegt werden, wobei Leerstellen
oder Zwischengitteratome gebildet oder absorbiert werden; b, c) Versetzung mit teilweisem oder reinem
Stufencharakter: Der Sprung kann auf seiner Gleitebene gleiten.

Bewegungsrichtung Leerstellcn oder Zwischengitteratome erzeugen.


Dagegen kann sich in Stufenvcrsetzungen oder gemischten Versetzungen
ein Sprung konservativ, d. h. ohne Fehlstellenerzeugung, bewegen
(Abb. 166b u. cl. Dic zur Erzeugung dieser atomaren Fehlstellen not-
wendige Energie kann durch die angelegte äußere Spannung aufgebracht
werden. Aber selbst wenn die äußere Spannung zu klein ist, um die not-
wendige Arbeit zu leisten, kann thermische Aktivierung mithelfen, die
Versetzung zu bewegen. Daraus ergibt sich eine Temperaturabhängigkeit
der Fließspannung. Sprünge in Versetzungslinien wirken also wie eine
temperaturabhängige Reibungskraft, welche die Versetzungsbewegung
erschwert. Dies zeigt sich etwa experimentell darin, daß durch Ab-
schrecken von Aluminium die Fließgrenze erhöht werden kann [22, 34J
(Abb. 167).
Teilweise ist für diesen Effekt die Bildung von Versetzungsringen
durch Kondensation von Leerstellen verantwortlich. Daneben ergibt sich
aber auch eine Zunahme der Fließgrenze infolge der großen Anzahl von
Sprüngen ("jogs"), die eingefroren wird, oder die sich durch das Aus-
scheiden von Leerstellen an Versetzungen bildet.
Die Anzahl der Leerstellen und Zwischengitteratome, die bei der Ver-
formung gebildet werden, hängt natürlich von der Sprungdichte, von der
218 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Dichte und Art des Versetzungswaldes und von Einzelheiten des Ver-
formungsvorganges ab, die durchaus noch nicht geklärt sind. Wenn man
die verschiedenen vorgeschlagenen Modelle vergleicht [2], so kann man
als eine Abschätzung der Größenordnung für die Konzentration c der
atomaren Fehlstellen, die während einer plastischen Verformung mit dem
Verformungsgrad B erzeugt werden, die Formel

c = 10-3 B

zugrunde legen. Daher erzeugt man bei einer Querschnittsreduktion um


10% kurzzeitig eine Leerstellenkonzentration von 10-'.
Beim Aluminium heilen diese Fehlstellen bei Raumtemperatur schon
zum Teil während der Verformung wieder aus, und nach 5 bis 10 Minuten
sind die meisten Leerstellen im all-
gemeinen in Senken verschwun-
den.
Die bei der Verformung er-
zeugten atomaren Fehlstellen tra-
gen zur Widerstandserhöhung bei
der KaltverfQrmung bei. Daneben
können sie auch die Diffusionsge-
schwindigkeit erhöhen und so die
o 10 20 30 't0 "/0 50
Ausscheidungskinetik beeinflussen
Dehnung
Abb. 167. Spannungs·Dehnungs-D1agramme von [28, 29]. Da allerdings auch Verset-
Einkristallen aus Reinstaluminium bei verschie- zungen in gleichem Sinne wirken
dener Abkühlung von 680·0 Glühtemperatur
(nach M. WINTENBERGER [22)). [35, 36], ist eine detaillierte Aus-
sage nicht immer möglich.
1.136 Klettern von aufgespaltenen Versetzungen. Wie schon erwähnt,
kann eine Versetzung von Stufencharakter sich senkrecht zu ihrer Gleit-
ebene bewegen oder "klettern", indem sie je nach der Bewegungsrichtung
Leerstellen oder Zwischengitteratome erzeugt oder aufnimmt. Gegen-
über dem in Abb. 156 dargestellten Fall tritt nun bei aufgespaltenen Ver-
setzungen eine Komplikation ein. Wie man in Abb. 164 sieht, würden
nämlich die beidenHalbversetzungen, wenn sie einzeln klettern, zwei nicht
zusammenpassende (110)-Ebenen in Kontakt bringen und dadurch eine
flächenhafte Störung von hoher Energie hervorrufen. Obwohl dies nicht
ausgeschlossen ist, wäre es in Aluminium wohl energetisch günstiger,
wenn sich an dem Ort, wo Klettern stattfindet, zunächst eine Einschnü-
rung bildet, worauf sich dann dort Leerstellen anlagern. Falls genügend
Sprünge vorhanden sind, wird die Aufnahme oder Abgabe von Leerstellen
zur Herstellung des thermischen Gleichgewichts vor allem an diesen
Sprüngen erfolgen. Das Klettern der Versetzungen erfolgt dann in der
Weise, daß sich etwa der Sprung in Abb. 165 seitwärts parallel zur Ver-
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 219

setzung bewegt und dabei je nach der Bewegungsrichtung Leerstellen


aufnimmt oder abgibt.
Das Klettern von Versetzungen ist technologisch von großer Wichtig-
keit. Wie im Abschnitt über Kriechen zu besprechen sein wird, ist es der
Prozeß, der die Kriechgeschwindigkeit bei erhöhter Temperatur be-
stimmt. Das Klettern von Versetzungen ist außerdem für die Erholung
des Aluminiums oberhalb Raumtemperatur verantwortlich.
Im Aluminium läuft das Klettern der nur wenig aufgespaltenen Ver-
setzungen relativ leicht ab, was an der raschen Polygonisation nach Kalt-
verformung und anschließender geringer Erwärmung erkennbar ist.
Bei Kupfer erfolgt dagegen wegen der weiten Aufspaltung ein Klettern
der Versetzung wesentlich träger.

a c
Abb. Hi8a-c. Quergleitung (schematisch).
a) Eine aufgespaltene Versetzung nähert sich einem Hindernis und hat sich infolge thermischer
Schwankungen teilweise vereinigt; b) ]'alls die Vereinigung eine kritische Länge I. erreicht, kann sich
eine nene Aufspaltung in einer anderen Gleitebene bilden: c) Die neue Aufspaltung breitet sich in der
neuen Gleitebene aus und ermöglicht damit die üherschreitung des Hindernisses.

1.137 Quergleitung. In einem isotropen Medium ist das Verzerrungs-


feld einer Schraubenversetzung zylindersymmetrisch. Damit kann die-
selbe in jeder beliebigen, durch die Versetzungslinie gehenden Ebene
gleiten, da ja BURGERS-Vektor und Versetzungslinie parallel sind und keine
Gleitebene definieren. Wenn dagegen, wie in Aluminium, die Schrauben-
versetzung in der {111}-Ebene aufgespalten ist, so ist sie damit ebenfalls
an eine {l1l}-Ebene als Gleitebene gebunden. Um nun die Gleitebene
wechseln zu können und etwa von der Ebene (111) in die Ebene (111)
"querzugleiten ", muß die Aufspaltung über eine gewisse kritische Länge 10
rückgängig gemacht werden, wie es in Abb. 168 dargestellt ist. Dabei
sei die Versetzung etwa in der (l11)-Ebene durch ein lokales Hindernis
aufgehalten. Nachdem sich nun die beiden Halbversetzungen mit Hilfe
von thermischer Aktivierung über die Länge 10 vereinigt haben, kann die
Versetzung in der Quergleitebene (111) aufspalten und sich dann durch
eine dort wirkende Schubspannung ausbreiten und auf diese Weise das
Hindernis überschreiten.
Die für die Quergleitung notwendige Aktivierungsenergie hängt
neben den herrschenden Spannungen hauptsächlich von der Aufspaltungs-
220 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

weite der Versetzung ab und hat in Aluminium in typischen Fällen einen


Wert von unter 1 eV. Da die Quergleitung thermisch aktiviert ist, wird
ihr Auftreten bei tieferen Temperaturen erschwert, was z. B. deutlich im
Zerreiß diagramm zum Ausdruck kommt (s. Abschn. B 1.143).
Dabei zeigen sich die Unterschiede zwischen Aluminium und Metallen
mit größerer Aufspaltungsweite, wie etwa Kupfer, in charakteristischer
Weise.
1.138 Seßhafte Versetzungen. Ein für die Verfestigung in kubisch-
flächenzentrierten Metallen wichtiger Mechanismus tritt dann auf, wenn
sich zwei aufgespaltene Versetzungen in zwei sich schneidenden {111}-
Ebenen treffen. Bei geeigneter Orien-
tierungder BURGERS-Vektoren kann sich
dabei eine sogenannte seßhafte Verset-
zung - auch LOMER-CoTTRELL-Verset-
zung [31] genannt - bilden, wie es etwa
.. in Abb. 169 dargestellt ist. Die beiden
Halbversetzungen am Scheitel vereini-
gen sich und bilden eine neue Verset-
zungen zung, deren BURGERS-Vektor denWinkel
zwischen den beiden Gleitebenen hal-
(111}
biert. Da damit die Versetzung im
Abb. 169. Zwei aufgespaltene Versetzun- Scheitel nur in dieser neuen Richtung
gen in zwei sich schneidenden {111}-Ebe- gleiten kann, die beiden restlichen Halb-
nen haben sich vereinigt und bilden eine
"seßhafte Versetznng". versetzungen aber an die {l11}-Ebenen
gebunden sind, ist diese Versetzungsan-
ordnung unbeweglich und bildet damit ein Hindernis, an dem sich mög-
licherweise andere Versetzungen aufstauen können.

1.139 Ursprung von Versetzungen. Für den Ursprung der Versetzun-


gen in unverformten Metallen gibt es verschiedene Ursachen.
Dies gilt sowohl für die durch Erstarren aus der Schmelze, als auch
für die durch Rekristallisation gewachsenen Kristalle. Selbst mit äußer-
ster Vorsicht hergestellte Aluminiumeinkristalle haben im allgemeinen
noch eine Versetzungsdichte in der Größenordnung von 106 cm- 2 • Als
Mechanismen kommen für die Bildung dieser Versetzungen folgende
in Frage:
1. Zufällige Mißorientierung beim Wachstum von Kristallen, die
zur Ausbildung von Kleinwinkelkorngrenzen führen kann [37J.
2. Das Ausscheiden von überschüssigen Leerstellen, die Versetzungs-
ringe bilden, wie etwa in Abschn. 1.121 besprochen [16, 38].
3. Die Ausscheidung von gelösten Fremdatomen während der Erstar-
rung (Mikrosegregation), die zu lokalen Änderungen des Gitterpara-
Lit. S. 253] 1. Metall physikalische Grundlagen 221

meters führt. Die dadurch entstehenden inneren Spannungen können


durch Versetzungen stark reduziert werden [30, 39].
4. Die Ausbildung von thermischen Spannungen während des Ab-
kühlens, die durch Versetzungen reduziert werden können.
5. In Legierungen die Ausbildung von Spannungen in der Umge-
bung von Ausscheidungen während des Abkühlens [40].
Im unverformten rekristallisierten oder erstarrten Aluminium liegen,
wie auch in anderen Metallen, Versetzungen wohl in einem dreidimen-
sionalen Netzwerk vor, das durch seine eigene Linienspannung im Gleich-
gewicht gehalten wird. Daneben treten auch Kleinwinkelkorngrenzen
verschiedenen Typs auf. Bei rascher Abkühlung von hoher Temperatur
beobachtet man ebenfalls, wie schon oben besprochen, eine Anzahl iso-
lierter Versetzungsringe .

7.14 Plastische Ver/ormung

1.141 Versetzungsmultiplikation. Da in Aluminium keine Defor-


mationszwillinge auftreten, wird die plastische Verformung allein durch
Bewegung von Versetzungen bewirkt. (Im Gußgefüge treten Wachstums-

Abb. 170. li'RANK-READ-Quelle . .A und B sind unbewegliche Knotenpunkte. Die Versetzungsbewegung


verläuft in der Folge 0 bis 5, worauf sich der Vorgang wiederholt.

z" illinge auf, deren Entstehung im einzelnen noch ungeklärt ist). Dazu
muß während der Verformung eine große Anzahl neuer Versetzungen
geschaffen werden. In der Tat kann durch Kaltverformung die Ver-
setzungsdichte auf 'Werte bis zu 1012 cm- 2 ansteigen. Diese Versetzungen
können sich mittels dcr "FRANK-READ-Quellen" bilden, deren einfachster
Typ in Abb. 170 dargestellt ist. In der dargestellten Gleitebene verläuft
ein Stück Versetzungslinie, das an den Knoten A und B verankert ist,
222 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

wo die Versetzung in andere Gleitebenen überzweigt. Wirkt nun in der


Gleitebene eine Schubspannung, so baucht sich die Versetzung in der
angedeuteten Weise aus, wobei wie bei einer Saite die Linienspannung
1
EL = 2 G· b2 [GI. (4)] der angelegten Spannung entgegenwirkt. Nun

ist die Kraft pro Längeneinheit, welche die Schubspannung a auf die
Versetzung ausübt, durch k = a· b [GI. (5)] gegeben. Falls man die Ver-
setzung als Saite mit dem Krümmungsradius r behandelt, so ist die
Gleichgewichtsbedingung gegeben durch k = ELjr, und damit wird die
kritische Spannung ao, welche notwendig ist, um die Versetzung zu
befreien, gegeben durch
G·b
ao = -l-' (6)

falls die Entfernung AB gleich l ist. Diese Spannung ao ist nämlich not-
wendig, um die Versetzung durch die Lage zu bringen, in welcher der
Krümmungsradius r ein Minimum hat, also wo r = lj2 ist.
Nachdem diese kritische Lage überschritten ist, kann sich die Ver-
setzung ausdehnen und durchläuft die in der Abb. 170 gezeichneten
Stadien. Da sie in den unbeweglichen Knoten A und B verankert ist,
vereinigen sich dort zwei gegenläufige Versetzungsstücke und stellen
an der Quelle den ursprünglichen Zustand wieder her, wobei aber gleich-
zeitig ein voller Versetzungsring gebildet wird. Dieser Vorgang kann sich
wiederholen und in einer einzigen Gleitebene eine große Anzahl von Ver-
setzungen erzeugen.
Wenn auf diese Weise f! Versetzungen pro Flächeneinheit senkrecht
zu den Versetzungslinien gebildet wurden und wenn der mittlere Lauf-
weg der Versetzungen L ist, so ist die dadurch verursachte Abgleitung
gegeben durch
l3 =Leb. (7 a)

Der Beweis für GI. (7 a) ist recht einfach: Betrachtet man ein Volu-
menelement (Abb. 171), das senkrecht zu n bewegten Versetzungslinien
die Fläche h . L und in Richtung der n Versetzungslinien die Tiefe d
hat, so ist nach GI. (5) die geleistete Arbeit W = n . abd . L. Anderer-
seits folgt für die Arbeit W = aLd· nb = aLdhl3. Durch Vergleich
ergibt sich sofort GI. (7a), da e =njhL. GI. (7a), die sich auf ein
eindimensionales Modell bezieht, kann man leicht noch erweitern.
Sind etwa N Versetzungen pro Volumeneinheit erzeugt worden, von
denen jede sich über die Fläche A bewegt, so ist die resultierende Ab-
gleitung
l3=NAb. (7b)
Lit. S. 253 1. Metallphysikalische Grundlagen 223

Da L niemals länger als der Korndurchmesser sein kann, kann man


mit Hilfe von GI. (7a) die Mindestzahl der während der Verformung in
Vielkristallen erzeugten Versetzungen abschätzen.

1.142 Kritische Fließ spannung. Die im Kristall schon vorhandenen


Versetzungen erschweren die Bewegung der neu gebildeten Versetzungen.
Das ist letztlich auch der
Grund für die Verfestigung
durch Verformung. Dabei
muß man prinzipiell zwei Bei-
---
(f

träge unterscheiden:
1. Versetzungen in paral-
lelen Gleitebenen. Auf eine sich
bewegende Versetzung wir- n
ken Versetzungen in paral-
lelen Gleitebenen mittels ihres ~~~------L--------~
Spannungsfeldes. Wenn die Abb.171. Zusammenhang zwischen Versetzungsbewe-
Versetzungsdichte 12 cm- 2 ist, gung und makroskopischer Schubverformung (s. Text).
so ist der mittlere Abstand
zwischen den Versetzungslinien 1 ~ lIVe.
Damit herrscht im Kristall
ein inneres Spannungsfeld, das sich mit der mittleren Periode 1 ändert
und dessen mittlerer Absolutbetrag nach GI. (3) etwa den Wert

1 ,/-
(Ji = 2n . G· b fl2 (8)

hat. Falls die angelegte Spannung CI kleiner als Cli ist, bleiben die Ver-
setzungen in den "Tälern" des "Spannungsgebirges" gefangen, und nur
für (J > (Ji können sie sich über größere Abstände bewegen. Da nach
GI. (8) (Ji temperaturunabhängig ist (oder nur über G ganz schwach von
T abhängt), ergeben also die Spannungsfelder der vorhandenen Ver-
setzungen einen Beitrag zur Fließspannung, der von der Verformungs-
temperatur nicht abhängt.
2. Versetzungen senkrecht zur Gleitebene. Eine sich bewegende Ver-
setzung trifft auch auf andere Versetzungen, die ihre Gleitebene durch-
stoßen. Daher muß sic einen sogenannten "Versetzungswald" durch-
schneiden. :Falls die "Bäume" geneigt sind, können sie sich mit der sich
bewegenden Versetzung stückweise vereinigen Abb. 172 [41, 42], wobei
dann ebenfalls eine gewissc Mindestspannung von der Größenordnung
von GI. (8) notwendig ist, damit die Versetzung nicht hängen bleibt. Ein
anderer Einfluß des "Waldes" liegt darin, daß beim Durchschneiden
die im Abschn. B 1.134 beschriebenen Einschnürungen und Sprünge in
den Versetzungen gebildet werden müssen. Da die dazu notwendige
224 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Energie durch thermische Schwankungen aufgebracht werden kann,


ergibt sich eine Temperaturabhängigkeit der Fließgrenze, die sich aus
folgenden Überlegungen ableiten läßt.

Abb. 172. Versetzungsvereinigung beim Durchschneiden eines Versetzungswaldes (schematisch). Die


bewegte Versetzung b1 kann sich mit den Versetzungen b, und b, stückweise vereinigen, falls die
BURGERS· Vektoren geeignete Orientierung haben. Bei der Weiterbewegung von b 1 muß die Vereinigung
wieder rückgängig gemacht werden.

Abb. 173 stellt schematisch eine Versetzungslinie dar, die an den


"Bäumen" des Waldes aufgehalten ist, da die angelegte Spannung a
nicht groß genug ist, eine Durchschneidung der "Bäume" zu ermöglichen.
Eine Bewegung ist dann nur möglich, wenn eine lokale thermische
Schwankung die Durchschneidungsenergie U(a) aufbringt. Danach kann
sich ein Versetzungsstück wie eingezeichnet über eine Fläche A hinweg-
bewegen, bis es an anderen "Bäumen" wieder aufgehalten wird. Falls N

o
o 0-------
/// A
/
/

o
o
o
Abb. 173. Durchschneiden eines Versetzungswaldes (schematisch). Die bewegte Versetzung wird an
Versetzungs·"Bäumen" vom Durchmesser d aufgehalten, kann diese aber mit Hilfe von thermischer
Aktivierung durchschneiden und bis zum nächsten Baum weitergleiten.

solcher Versetzungsstücke pro Volumeneinheit aufgehalten sind, so ist


die resultierende Verformungsgeschwindigkeit e,
wie man leicht aus
Gl. (7b) ableitet, gegeben durch
U(a)
e = NAb 'I'oe -kT. (9)
Die beiden letzten Faktoren stellen dabei die Frequenz dar, mit der
die Durchschneidungen stattfinden. Dabei ist '1'0 die Schwingungsfrequenz
der Versetzung um ihre Ruhelage und der Exponentialfaktor gibt die
Lit.~. 233] 1. Metallphysikalische Grundlagen 225

Wahrscheinlichkeit wieder, daß die Energie U thermisch aufgebracht


wird.
Betrach tet man nun die Verhältnisse während des Durchschneidens
genauer, so sieht man, daß einmal die Energie für einen Versetzungs-
tlprung ~Co aufgebracht werden muß, daß aber die lokal wirkende
f-Ipannung, die (a - a;) beträgt, während des Durchschneidens Arbeit
leitltet.
I::;t der Durchmesser der Versetzung d, so ist in Aluminium ent-
sprechend der Aufspaltungsweite d ~ 2b. Dann ist entsprechend GI. (5)
die geleistete Arbeit W = (a - ai) bld, falls l der Abstand zwischen
den "Bäumen" ist. Damit muß thermisch nur noch die Energie

C (a) = U o - bld (a - ai) (10)


aufgebracht werden.
Beim Zugversuch (z. B. mit einer POLANYI-Maschine) wird nun i::
yorgegeben und die zugehörige Spannung a beobachtet. Um daher a zu
erlutlten, setzt man GI. (10) in GI. (9) ein und löst nach a auf. Damit
ergibt sich die Temperaturabhängigkeit der Fließgrenze durch
Uo kT [;
a = ai + lab - ldb In NAb~· (11)

1). h., am absoluten Xullpunkt ist a = ai + Uolldb und nimmt mit


"teigender Temperatur linear ab, wobei aber der ~Wert ai nie unter-
schritten werden kann, da son"t keine Versetzungsbewegung über
längcre Strecken mehr möglich ist. Für hohe Temperaturen ist also
a =-- ,r" wohei entsprechend GI. (8) a nicM (oder nur sehr schwach wie der
Schubmodul G) von der Temperatur abhängt.
Wie gnt GI. (11) die Vcrhältnii4se wiedergibt, ersieht man ausAbb.l74,
welühe die experimentell bestimmte Fließgrenze von Aluminium-
einkri,;bllen darstellt [43]. Dabei muß erwähnt werden, daß auch
quantitative ebereinstimmung zwischen den experimentellen 'Verten
und elen "theoretischen" Parametern d, l, U o und A besteht [1].
Xaeh neueren Untersuchungen [44((, 44b, 44c] fällt oberhalb nm
etwa 21m ce die kritische Fließspannung wieder weiter ab. Dies läßt ~<ich
\\'Ohl <tm zwanglosesten durrh das Klettern des Versetzungsnetz\verkes
erklären. }fan beobachtet nämlich in diesem Temperaturbereich ebenfalls
CÜWll Kriech vorgtwg (Dielte TI 1.151) uIld eiIle Abnahme del:l dYIIamil:lchcn

Elast.izitätstnodub [44d], (lie beide auf dem Klettern VOll Versetzungen


beruhen.
1.143 Verfestigung. Dureh die Zunahme der Versetzungsdichte tritt
während der Verformung eine Verfestigung ein. Wären die neu erzeugten
\' er,;dzungen rein stati"tif;ch verteilt, so könnte man daraufhin ein "Ver-

1":; ..--\Itcllllohl, Aluminium


226 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

festigungsgesetz" angeben. Aus den GIn. (7a) und (8) kann manetwae
eliminieren und erhält
1 , / - ,/-
u= - G y blL . f 8 (12)
231:
als eine parabolische Verfestigung, wie sie an polykristallinem Material
annähernd beobachtet wird. In Wirklichkeit liegen die Verhältnisse
wesentlich komplizierter. Verhältnismäßig umfangreiche Untersuchun-
gen liegen an Einkristallen in kubisch-ßächenzentrierten Metallen vor.

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-220 -180 -/40 -/00 -60 -20 0 20 60 100 140"C 180
Temperatur
Abb. 174. Fließspannung von Aluminium-Einkristallen (Al 99,99) als Funktion der Temperatur. Die
Meßwerte von A. H. COTTRELL und R. J. STOKES [43] wurden nach A. SEEGER [1] wegen der Tempera-
turabhängigkeit der elastischen Konstanten korrigiert.

Eine typische Verfestigungskurve für einen Einkristall aus Aluminium


ist in Abb. 175 gezeigt [46]. Man unterscheidet Jeicht drei Stadien der
Verfestigung, die mit I, II und III bezeichnet werden, und es existieren
mehrere Deutungsversuche [1,30,46], die sich mehr oder weniger von-
einander unterscheiden. Die eine Gruppe der Theorien [1, 30] führt die
Verfestigung im wesentlichen auf die Ausbildung von Versetzungs-
aufstauungen (engl. pile-ups) während der Verformung zurück.
In Teil I, der auch mit "easy glide" bezeichnet wird, betätigt sich
nur ein Gleitsystem. Die Laufwege der Versetzungen sind groß und dem-
entsprechend der Verfestigungsanstieg klein. Nachdem eine gewisse
Verformung erreicht ist, treten andere Gleitsysteme in Tätigkeit. Dabei
bilden sich dann die oben geschilderten seßhaften Versetzungen, die
den Laufweg der Versetzungen stark verkürzen und durch Versetzungs-
aufstauungen zu starken inneren Spannungen führen. Damit ist der Ver-
festigungsanstieg in Teil II verhältnismäßig steil. Falls nun eine kritische
Spannung l'm überschritten wird, so können aufgestaute Stufen-
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 227

versetzungen mittels Quergleitung die seßhaften Versetzungen über-


schreiten. Damit nimmt dann der Verfestigungsanstieg wieder ab. Da
aber die Quergleitung durch thermische Aktivierung erfolgt, ist auch
Tm temperaturabhängig. Bei Raumtemperatur ist in Aluminium der
Teil II sehr klein, während er bei
der Temperatur der flüssigen Luft
deutlich ausgeprägt ist. Bei Kupfer
dagegen, das wegen der weiteren Auf-
spaltung eine größere Quergleitungs-
3,0
kp/mm 2 [001]
~ i71
, , , --+----j
---y---,--,--

[l711]
Orientierung der
energie hat, ist Teil II auch schon Zugachse
bei Raumtemperatur stark ausge-
prägt,.

Abb. 175. Verfestigungskul'Ve im Zugversuch von 1,0 f---t-~--'t----t----b----I


Einkristallen von Aluminium und Kupfer mit
identischer Orientierung bei verschiedenen Tempe-
raturen. Die Ausbildung der Bereiche I, II und
III ist deutlich wahrzunehmen. Bei Raumtem-
peratur ist iu Aluminium der Bereich II fast voll-
ständig unterdrückt (nach A. SEEGER [1]).
o 10 20 30 40 % 50
Abgleilung

Ist die Zugachse des Einkristalls jedoch anders orientiert als in


obigem Beispiel, so daß sofort mehrere Gleitsysteme betätigt werden,
hat die Verfestigungskurve ein anderes Aussehen. Beispiele sind samt
den zugehörigen Orientierungen in Abb. 176 gegeben [45].
Mit Hilfe der oben gegebenen Darstellung der Verfestigung läßt sich
auch das Auftreten der sogenannten "Verformungsentfestigung" in
kubisch-flächenzentrierten Metallen erklären. Der Effekt ist für Alu-
minium leicht zu beobachten [43, 45] und ist in Abb. 177 schematisch
dargestellt. Wird z. R. ein Aluminiumkristall bei tiefer Temperatur ver-
formt und danach die Temperatur erhöht, so nimmt zunächst bei Weiter-
verformung die Fließspannung ab, d. h. es tritt eine Entfestigung ein.
Die Erklärung liegt darin, daß die Spannung, bei welcher Quergleitung ein-
tritt, bei niedriger Temperatur relativ hoch ist. Kommt nun durch Tem-
peraturerhöhung Tm unter die Fließspannung des verformten Kristalls
zu liegen, so können bei Weiterverformung zunächst Schraubenverset-
zungen dureh Quergleitung au::; aufgestauten Versetzungsgruppen ent-
weichen und dadurch eine Erniedrigung der inneren Spannungen be-
wirken.
Eine andere Verfe::;tigungstheorie [46] geht von der Tatsache aus,
daß bei der Elektronendurchstrahlung von verformten dünnen Metall-

15*
228 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

folien in Metallen wie Aluminium, Kupfer, Gold, Silber usw. keine auf-
gestauten Versetzungsgruppen beobachtet wurden, sondern nur Gebiete
hoher Versetzungsdichte, in denen die Versetzungen in starker und un-
regelmäßiger Vermaschung auftreten und die durch relativ versetzungs-
freie Gebiete getrennt sind [4].
40r-----r----,-----.-----.----~
Ob diese Anordnungen für das
kp!mm 2
Innere des Kristalles typisch sind
~r----+----~--~~--_+----~ oder sich erst beim Abätzen der
Folien (deren Dicke einige 10-5 cm
ist) aus aufgestauten Gruppen
bilden, ist jedoch noch nicht ge-
klärt. Im Teil lIder Verfesti-
gungskurve werden dann durch
die Spannungen der Versetzungen
1m primären Gleitsystem Verset-
zungen im sekundären Gleitsy-
o 10 20 30
Abg/eHung stem aktiviert, die das primäre
Abb. 176. Verfestigungskurve von Einkristallen Gleitsystem durchschneiden und
aus Reinstaluminium (AI 99,99) von verschiedenen eine große Anzahl von Durch-
Orientierungen. (Zugversuch, Raumtemperatur)
(nach W. STAUBWASSER [45]). schneidungssprüngen hervor-
rufen. Diese Sprünge erschweren
dann die Versetzungsbewegung und verursachen damit eine Verfestigung. ]
Obwohl auch noch andere Deutungsversuche bestehen [9a], scheinen
neuere elektronenmikroskopische Untersu-
chungen [9b,9c] darauf hinzuweisen, daß in ku-
bisch-flächenzentrierten Metallen die Verset-
zungensich tatsächlich in engen Gleitzonen be-
wegen und damit Aufstauungen bilden. Wenn
auch damit die Theorie, die von Versetzungs-
aufstauungen Gebrauch macht [1, 9d], den
tatsächlichen Verhältnissen wohl am besten
entspricht, kann eine endgültige Klärung wohl
erst durch zukünftige Untersuchungen erfolgen.
Abg/eilung
1.15 Kriechen Abb.177. Schematische Darstel-
lung der Verformungsentfesti-
Unter Kriechen versteht man eine pla- gung bei Temperaturwechsel zu
stische Verformung, die unter langdauernder höheren Temperaturen mit zwi-
schenzeitlichem Entlasten
Belastung abläuft. Kriechen wird meist bei (nach A. SEEGER [1]).
erhöhten Temperaturen und bei konstanter
Spannung beobachtet, tritt aber bei allen Temperaturen auf. Da zahl-

1 Dieser Erklärungsversuch hat sich nach neueren Untersuchungen jedoch nicht


durchgesetzt (s. [5]).
Lit. S. 253] 1. lVletallphysikalische Grundlagen 229

reiche zusammenfassende Darstellungen existieren [1,30,47], werden hier


nur einige typische Ergebnisse für Aluminium erwähnt.
Wegen seiner hohen Oxydationsbeständigkeit und seines relativ
niedrigen Schmelzpunktes eignet sich Aluminium ganz besonders für
systematische Untersuchungen, und daher ist ein großer Teil der Grund-
lagenforschung über Kriechen am Aluminium durchgeführt worden.
In der technischen Literatur wird oft zwischen Übergangskriechen,
stationärem Kriechen und Beschleunigungskriechen unterschieden, je

50 2,11
Kcal/m 01 eV
90
I i 1, 13",
I
IA
.~

1,30 ~ '"
- - r-- cf' ~I I 0,81.!ii
~
§
I
j i I
~
0,43""
--l<

o--D'
V I
I o
100 200 300 ~oo 500 600 100 800 900 °1(1000
ffriechfemperofur
Abh. 17~. Aktivierung"energi" iiir das Kriechen von ]leiJl,;talllminiulll (Al 99.99) alK Funktion der
allKolllten Temperatl\l' (naeh O. D. SHERRY, .J. L. LYTTOK u. J. K DORX [48]).

nachdem die Kriechgeschwindigkeit abnimmt, konstant bleibt, oder in


der Endphase, die zum Bruch führt, zunimmt,! Es hat sich inzwischen
gezeigt, daß diese Einteilung nicht immer sinnvoll ist. Wenn man etwa
hochtemperaturbeständige Legierungen entwickeln will, so ist die Frage
nach dem atomistischen Mechanismus, der die Kriechgeschwindigkeit
bestimmt, die wiehtigste. Da Kriechen ein thermisch aktivierter Vor-
gang ist, läßt. "ieh die Krieehgeschwindigkeit E darstellen in der
Form
U(a,'P,SI)
E= t (0', T, 8t) . e . --TT-- (13)

wobei die Aktivierungsenergie U und der Frequenzfaktor t im all-


gemeinen von der Spannung 0', der Temperatur T und der Struktur st
e
abhängen. Dabei wird hauptsächlich von der Aktivierungsenergie be-
stimmt, welche für den Verformungsmechanismus maßgebend ist.
In Abb. 178 ist die experimentell bestimmte Aktivierungsenergie für
Kriechen in polykristallinern Reinstaluminium (99,99%) dargestellt
[48], und zwar als Funktion derjenigen Temperatur, bei welcher das
Kriechen stattgefund8n hat. Wie man sieht, lassen sich deutlich drei
Stadien mit verschiedener Aktivierungsenergie und damit verschiedenen
Mechanismen unterscheid8n.
1 In Abb. 448 auf S. f;71 wird eine typische Kriechkurve mit ihren drei Phasen
wiedergegeben.
230 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

1.151 Hochtemperaturkriechen. Als Hochtemperaturkriechen be-


zeichnet man Kriechen, das oberhalb etwa der halben Schmelztempera-
tur stattfindet. Es läßt sich zeigen, daß im allgemeinen in diesem Tempe-
raturbereich die Konzentration von Leerstellen im thermischen Gleich-
gewicht und ihre Beweglichkeit so groß ist, daß Versetzungen leicht
klettern können. Die Kriechgeschwindigkeit ist dann durch die Ge-
schwindigkeit gegeben, mit welcher Versetzungen die etwa in ihrer
Gleitebene liegenden Hindernisse überklettern.
Entsprechend der oben gegebenen Darstellung des Kletterns ist
leicht einzusehen, daß die Geschwindigkeit des Kletterns proportional
ist zur Wahrscheinlichkeit, eine Leerstelle vorzufinden, und proportional
zur Wahrscheinlichkeit, daß sich diese Leerstelle zu einer Versetzung
bewegen kann. Damit wäre die Aktivierungsenergie für das Kriechen die
Summe aus Bildungsenergie und Bewegungsenergie einer Leerstelle, was
zusammen die Aktivierungsenergie UD für die Selbstdiffusion der Alu-
minium-Atome ergibt.
Nun tritt aber in Aluminium, wie in allen kubisch-flächenzentrierten
Metallen, folgende Komplikation ein: Wegen der Aufspaltung der Ver-
setzungen kann ein Klettern nur an Versetzungssprüngen stattfinden,
die entweder thermisch gebildet werden müssen oder während der Ver-
formung im Verlaufe von Durchschneidungen entstehen. Damit kann
noch ein weiterer Beitrag zur Aktivierungsenergie hinzutreten, dessen
Größe von Einzelheiten abhängt, der aber kleiner oder höchstens so
groß wie die Sprungenergie E j ist. Eine eingehende Diskussion der Ver-
hältnisse [49] ergibt dann

i:: = const . an . ~ kT (14)

als Kriechgesetz. Der Koeffizient n hat im allgemeinen die Größen-


ordnung zwischen 2 und 4, und es gilt UD;;;; U;;;; UD +
Ej•
In dem Temperaturbereich über der halben Schmelztemperatur
beobachtet man nun bei langsamer Kriechverformung im Aluminium
eine Erscheinung, die man als Zellbildung oder Subkornbildung bezeich-
net [50]. Dabei bilden sich innerhalb eines Korns eine Anzahl von Sub-
körnern, die einen Orientierungsuntcrschied bis zu einigen Grad unterein-
ander aufweisen, wie dies in Abb. 179 mit Hilfe von anodischer Oxydation
sichtbar gemacht wurde [51]. Die Grenze zwischen den einzelnen Sub-
körnern wird dabei durch Versetzungswände von der in Abb. 161 ge-
zeigten Art gebildet.
Die Zell bildung hat sehr viel Ähnlichkeit mit der während der Erho-
lung beobachteten Polygonisation, die z. B. in Abb. 180 in Aluminium
dargestellt ist, wobei die Versetzungen durch Ätzgrübchen sichtbar ge-
macht wurden. Der Mechanismus ist der folgende : Wenn sich etwa
Lit. ~. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 231

Stufenversetzungen vor einem Hindernis in der Gleitebene aufstauen, so


bilden sich große und relativ weitreichende Spannungen aus, weil sich
die Gebiete der Kompression und Expansion überlagern. Bei genügend
hoher Temperatur können sich jedoch
die Stufen versetzungen durch Klettern
vertikal übereinander anOf"dnen. Da da-
bei das Kompressionsfeld der einen Ver-
setzung durch das Expansionsfeld der
unmittelbar darüber (bzw. darunter)
liegenden Versetzung weitgehend kom-
pensiert wird, treten keine weitreichen- '
den Spannungen mehr auf. Die Abnahme
der elastischen Spannungsenergie stellt
also die treibende Kraft. für die Poly-
gonisation dar.
Während der Verformung kann Zell-
Abb. 179. Suukornbildun!( in Aluminium
bildung allerdings auch bei niedrigeren nach Kriechverformung bei erhöhter Tem-
Temperaturen stattfinden, wobei durch peratur. Reinstaluminium Al 99.98.
Kriechtelllperntuf 200 oe, 50% Dehnung.
Quergleitung von Schraubenversetzun- Anodiseh oxydierter Schliff, Aufnahme in
lIolarisiertelll lAcht
gen ebenfa1l8 Subkorngrenzen gebildet (nad\ n. McLEAK [51\).
werden können [T].

1.152 Kriechen bei mittlerer 'remperatur. Aus Abb. 178 ersieht man,
daß für Aluminium unterhalb etwa 160 oe der Wert der Aktivierungs-
energie für Kriechen auf etwa 1,2 eV abfällt. In diesem Temperatur-
bereich ist die Konzentration und die
Beweglichkeit von Leerstellen so nied-
rig, daß Klettern nicht mehr in nen-
nenswertem Umfang auftreten kann.

Abb. 180. Durch Ät"griibchen sichtbar gemachte


Versetznngen in Reinstaluminimn Al 99,997 nach
plastischer Verformung und ]<;rholnng. Ein Einkri-
stall wurde gebogen und danach 18 Stunden bei 625 oe
geglüht. Es liegen Atzgriibchen vor, welche durch
Polygonisation entstandene Yersetzungswände senk-
recht zu den Gleitebenen kenntlich machen
(\\;lch R. W. ('.mx [:i:m.

Der ProzeB, der in diesem Temperaturgebiet die Kriechgeschwindig-


keit bestimmt, ist wohl das Quergleiten von Schraubenver8etzungen,
wie aus der Beobachtung von Gleitlinien während Zugverformung [1]
und aus kinematographischen Aufnahmen mit Hilfe von Elektronen-
durchstrahlung [41 geschlossen werden kann. Wenn sich in diesem Tem-
232 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

peraturbereich Versetzungsringe ausbreiten, so bleiben zwar die Stufen-


anteile vor Hindernissen liegen, jedoch können die Schraubenanteile
durch Quergleitung ein Hindernis überwinden. Die gemessene Aktivie-
rungsenergie ist von der Größenordnung der Quergleitungsenergie.
Die zurückbleibenden Stufenversetzungen führen zu einer Zunahme
des inneren Spannungsfeldes mit zunehmender Kriechverformung. Daher
wird in diesem Gebiet hauptsächlich Übergangskriechen beobachtet,
d. h. die Kriechgeschwindigkeit nimmt mit zunehmender Verformung
ab, während bei höheren Temperaturen, wo Klettern möglich ist, statio-
näres Kriechen auftritt.
1.153 Kriechen bei tiefen Temperaturen. Bei tieferen Temperaturen
(etwa unterhalb -50°C) ist für Aluminium die thermische Energie nicht
mehr ausreichend, um eine Quergleitung zu ermöglichen. Die Kriech-
geschwindigkeit wird dann durch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der
Versetzungsringe bestimmt, die den Versetzungswald durchschneiden
e
müssen. ist damit unmittelbar durch GI. (9) und (10) gegeben. Man
ersieht daraus, daß keine einheitliche Aktivierungsenergie mehr auftritt,
sondern das U von der angelegten Spannung abhängt. Es läßt sich auch
leicht zeigen, daß, falls aus experimentellen Gründen die Beobachtungen
innerhalb eines engen Intervalls der Kriechgeschwindigkeit durchgeführt
werden, dann die effektive Aktivierungsenergie linear mit der Tempera-
tur zunimmt (Abb. 178) und die Größenordnung der Frequenzfraktoren
im Einklang mit dem Durchschneidungsmechanismus ist [47].

1.16 Wechselwirkung zwischen Versetzungen und anderen Gitterstörungen


Die vorangegangenen Betrachtungen bezogen sich größtenteils auf
das Verhalten von reinem oder nur schwach legiertem Aluminium.
Sobald man das Verhalten von technischen Legierungen untersucht, tritt
eine Anzahl von zusätzlichen Effekten auf. Es zeigt sich dabei, daß im
Falle des Aluminium (wie bei anderen Metallen) Legierungen eine höhere
Fließspannung haben als das reine Metall [53]. Zum Teil liegt dies darin
begründet, daß die ursprüngliche Versetzungsdichte in Legierungen wohl
höher ist als im reinen Metall, da Fremdatome die Ausbildung eines Ver-
setzungsnetzwerkes begünstigen. Zum anderen Teil hat es seine Ursache
darin, daß Gitterstörungen, wie etwa Fremdatome oder Ausscheidungen,
auf vielfache Weise mit Versetzungen in Wechselwirkungen treten kön-
nen. Die Mannigfaltigkeit ist dabei so groß, daß es nicht ohne weiteres
möglich ist, allgemeingültige Aussagen zu machen. Da in jedem Fall das
Verhalten von den speziellen Einzelheiten abhängt, seien im folgenden
einige der wichtigsten theoretisch denkbaren Möglichkeiten skizziert [54].
Diese können dann bei der Deutung einer speziellen Beobachtung als
Arbeitshypothese herangezogen werden.
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 233

1.161 Elastische Wechselwirkung. Betrachtet man zunächst den


Einfluß von gelösten Fremdatomen, so ist die elastische Wechselwirkung
zwischen ihnen und Versetzungen weitaus die wichtigste. Sie ist um so
größer, je größer die Atomradiendifferenz zwischen Aluminium und dem
gelösten Fremdatom ist [53, 55, 56], jedoch scheint auch die Valenz einen
Einfluß zu haben [30]. Es ist ohne weiteres einzusehen, daß etwa ein
Fremdatom, das größer als ein Aluminiumatom ist, leichter in der expan-
dierten Zone in der Nähe einer Stufenversetzung einzubauen ist, als im
ungestörten Gitter, weil dort sein Gitterplatz durch die Spannungen der
Versetzung schon aufgeweitet ist.
Entsprechendes gilt für Fremdatome, die kleiner sind als das Atom
des Wirtsgitters. Sie werden bevorzugt an der Kompressionsseite einer
Versetzung mit Stufenkomponente eingebaut. Infolge der beschriebenen
Wechselwirkung haben gelöste Fremdatome die Tendenz, zu Versetzun-
gen hin zu diffundieren. Nach Gl. (3) sind die Spannungen um die Ver-
setzung proportional zu r- 1 . Die vVechselwirkungsenergie nimmt in der
Nähe einer Versetzung entsprechend zu.
Dadurch werden "Wolken" von Fremdatomen um die Versetzungen
gebildet, die sie in ihrer Lage festhalten können. Daher ist eine höhere
Spannung notwendig, sie in Bewegung zu setzen. Man spricht in diesem
Fall von einer "Co'rTRELL-Verankerung" [31], die den Anlaß zu einer
doppelten Streckgrenze geben kann.
Versetzungen treten auch mit Leerstellen und Zwischengitteratomen
in Wechselwirkung. Diese können sich an einer Versetzung mit genügend
Sprüngen (jogs) ausscheiden und damit, wie früher beschrieben, Klettern
verursachen. Falls jedoch geeignete Versetzungssprünge fehlen, können
sich diese Fehlstellen an einzelne Halbversetzungen anlagern und diese
verankern oder bei starker Übersättigung dort Agglomerate bilden.
Besonders eingehend behandelt ist die Bildung von Poren oder Platten
durch Kondensation von Leerstellen entlang den Versetzungslinien
[17, 301 oder die Ausscheidung von Zwischengitteratomen. die durch
Kaltverformung erzeugt wurden [581-

1.162 Chemische Wechselwirkung'. In Legierungen mit aufgespaltenen


Versetzungen ist auch eine "chemisehe" Wechselwirkung mit Fremd-
atomen oder eine sogenannte "SUzuKI-Verankerung" möglich [54]. Ein
Stapelfehler stellt nämlich eine atomare Schicht einer hexagonalen
Phase dar. Da die Löslichkeit von Fremdatomen von der Kristallstruk-
tur beeinflußt wird, kann im Stapelfehler eine Anreicherung oder eine
Konzentrationsverminderung von gelösten Fremdatomen stattfinden.
Hierdurch kann es schwieriger sein, die Versetzung aus ihrer Anfangs-
lage zu entfernen als sie anschließend durch das Gitter zu bewegen. In
Lösung können Fremdatome auch ganz allgemein die Stapelfehler-
234 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

energie verändern und damit eine Veränderung der Aufspaltungsweite


verursachen, was dann die Fähigkeit zur Quergleitung und zum Klettern
beeinflußt. In Aluminium scheinen schon geringe Zusätze von Magne-
sium oder Zink eine Erniedrigung der Stapelfehlerenergie zu bewirken
und damit die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Zumindest
lassen sich in Aluminium mit den genannten Zusätzen Stapelfehler rönt-
genographisch nachweisen, während in reinem Aluminium auch nach
Kaltverformung ihre Dichte noch unter der Nachweisbarkeitsgrenze liegt,
[64].
1.163 Streekgrenzeneffekte. Das Verankern von Versetzungen durch
Fremdatome oder atomare Fehlstellen macht sich im allgemeinen durch

15
kp/mm
/
V ,,"
1.

I V'"
/"

V
/3

~
10
/
2
/ 3 5 6 7 %8
Dehnung
Abb. 181. Doppelte Streckgrenze von AlMg3 nach Unterbrechnng der plastischen Verformnng (bei
-183' C) und Auslagerung bei 96'C (nach A. R. C. WESTWOOD U. T. BROOJII [59]).

die Ausbildung einer scharfen oder doppelten Streckgrenze und durch


Reckalterung ("strain aging") bemerkbar, wie z. B. bei Aluminium-
Magnesium beobachtet wird [59] (Abb. 181). Da die Versetzungen im
Verlaufe einer plastischen Verformung von ihren Verunreinigungswolken
befreit werden, wird die scharfe Streckgrenze bei der Weiterverformung
nach einer kurzzeitigen Entlastung nicht mehr beobachtet. Sie tritt
jedoch wieder auf, falls die Probe eine Zeitlang bei erhöhter Temperatur
ausgelagert wird.
Hierdurch wird den gelösten Fremdatomen Gelegenheit gegeben, wieder
an die Versetzungen heranzudiffundieren und diese zu verankern. Aller-
dings ist es oft schwierig, diese Vorgänge eindeutig zu identifizieren und
von der Aushärtung durch "Zonen" oder Ausscheidungen zu unterschei-
den.
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 235

1.164 Mitdifl'usion von Fremdatomen. Im Falle der Verformung bei


erhöhter Temperatur können weitere Effekte auftreten. Falls die Ver-
setzungsbewegung genügend langsam und die Beweglichkeit der Fremd-
atome genügend groß ist, wird die "Wolke" von der Versetzung mit-
gezogen und übt damit eine Reibungskraft aus. Unter solchen Bedin-
gungen ist dann die Kriechgeschwindigkeit durch den Diffusionskoeffi-
zienten des betreffenden Fremdatoms bestimmt. Dieser Diffusions-
koeffizient muß jedoch nicht
mit dem unter stationärem Ver- I
kp/m J2
9
t-.r"-
halten bestimmten überein- ~
~
stimmen, da ja durch die Ver- 6

formung selbst auch Leerstellen


erzeugt werden, die die Diffusi-
/~ I
i

l
I i
{msgeschwindigkeit erhöhen. I I

I ! II
Auf dem Mitdiffundieren
von Fremdatomen beruht z. B. o 2 J %5
Dehnung
auch der sogenannte PORTEVIN-
Abb. 182. Unstetiges Spannungs-Dehnungs-Dia-
LE CHATELIER-Effekt [54J, der gramm (PORTEVIN-LE CHATELIER-Effekt) in Rein-
sich im Zerreißdiagramm durch aluminium, verursacht durch die Wechselwir-
kung von Versetwngen mit Verunreinigungs-
stufenförmige U nstetigkeiten- atomen (nach A. H. COTTRELL [54]).
zeigt, die auf die Bewegung der
Versetzungen zurückgeführt werden können. Ein Beispiel für Reinalu-
minium ist in Abb. 182 gezeigt [54].
Speziell bei Aluminium-Magnesium-Legierungen werden Stufen in
der Verformungskurve festgestellt (siehe dazu S. 285). Der Mechanismus
der Stufenbildung dürfte prinzipiell folgender sein:
Falls die angelegte Spannung groß genug ist, kann die in Frage kom-
mende Versetzung ihrer Wolke davonlaufen und sich verhältnismäßig
rasch durch das Gitter bewegen. Verlangsamt sich jedoch die Ver-
setzung, oder bleibt, sie vorübergehend vor einem Hindernis liegen, so
haben die Fremdatome Gelegenheit, eine Wolke zu bilden und die
Versetzung zu verankern. Dann muß die Spannung wieder stärker er-
höht werden, damit die Versetzung sich wieder von der Wolke losreißen
kann, und auf diese Weise wird eine unstetige plastische Verformung be-
wirkt.

1.165 Ausscheidungeu. Eine technisch sehr wichtige Steigerung der


Fließgrenze wird durch die Agglomeration und Ausscheidung von
Fremdatomen bewirkt. Berücksichtigt man die große Mannigfaltigkeit
der verschiedenen Entmischungs- und Ausscheidungsvorgänge (s. Kap.
B5.2, S. 456), so ist es nicht verwunderlich, daß man die Wirkung der Aus-
härtung nicht mit einer einzigen einfachen Modellvorstellung beschreiben
kann. Prinzipiell gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, die eine ver-
236 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

schiedene Abhängigkeit der Fließspannung von der Temperatur und dem


Dispersionsgrad geben:
1. Liegen sehr kleine und kohärente Ansammlungen (wie z. B.
GUINIER-PRESToN-Zonen) vor, so können die Versetzungen dieselben
durchschneiden [60]. Bei sehr kleiner Ausdehnung können thermische
Schwankungen mithelfen, die Hindernisse zu überwinden. Daher ist in
diesem Falle eine starke Abhän-
~r----,-------,-------r------,
gigkeit von der Temperatur zu
kp/mm z
erwarten. Dies istinAbb.183 am
Beispiel einer Aluminiumlegie-
rung mit4% Cu gezeigt [61], wo-
bei im späteren Stadium, wenn
die Zonen größer geworden sind,
alles Cu in Lbsung die Temperaturabhängigkeit ab-
nimmt, da die Durchschneid-
oe 100 spannung nicht mehr thermisch
-273 -200 -100 0
I'rüffemperofur aufgebracht werden kann.
Abb. 183. Fließspannung von Aluminium mit 2. Handelt es sich um stär-
1,7% Cu in Abhängigkeit von der Verformungs-
kere und größere Ausscheidun-
temperatur. Entsprechend den Ausscheidungen
bei verschiedenen Auslagerungstemperaturengen, so können diese für Ver-
werden die Größe und die Temperaturabhängig-
keit der Fließspannung beeinflußt setzungen ein undurchdring-
liches Hindernis bilden, insbe-
(nach J. G. BYRNE, M. E. FINE 11. A. KELLY [61]).

sondere wenn die Ausscheidung


inkohärent ist. Die Versetzungen müssen die Hindernisse dann mit Hilfe
von Quergleitung oder bei höherer Temperatur durch Klettern überwin-
den oder sich zwischen ihnen hindurchzwängen [62], wie es schematisch
in Abb. 184c gezeigt ist. Falls der Abstand zwischen den Partikeln list,
so beträgt nach GI. (6) die dazu notwendige Spannung Gbjl. Mit zuneh-
mendem Dispersionsgrad nimmt daher die Fließspannung ab. Die um die
Ausscheidung zurückbleibenden Versetzungsringe führen dabei zu einer
zusätzlichen Verfestigung [63]. Falls die Versetzungsringe in der Gleit-
ebene liegenbleiben, ist die Temperaturabhängigkeit der Fließspannung
schwach, wird aber stärker, wenn eine Überschreitung der Hindernisse
stattfinden kann.
3. Ausscheidungen können fernerhin durch Ausbildung von inneren
Spannungen eine Aushärtung hervorrufen [31]. Als einfachstes Beispiel sei
eine kugelförmige Ausscheidung betrachtet, die einen um (1 a)+
größeren Raumbedarf haben soll als die entsprechende Atomanzahl des
Wirtsgitters. Nun läßt sich leicht zeigen, daß die mittlere innere Spannung,
die durch die Ausscheidungen verursacht wird und die ja für die Behin-
derung der Versetzungen maßgebend ist, nicht vom Dispersionsgrad
abhängt. Der Grund liegt darin, daß mit zunehmender Ausscheidungs-
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 237

größe zwar die Spannung pro Ausscheidung zunimmt, gleichzeitig aber


auch der Abstand zwischen den Ausscheidungen, wobei beide Einflüsse
sich gerade ausgleichen. Ist r etwa die ausgeschiedene Konzentration und
G der Schubmodul, RO gilt
lJi ~ Ocxc. (15)

Eine Abhängigkeit der j1-'ließspannung vom Dispersionsgrad kommt


aber nun dadurch zustande, daß die Versetzungslinie eine gewisse Flexi-
bilität besitzt. Infolge der Span-
nung lJi kann nämlich die Verset- 0 0 °00°°

zung den Krümmungsradim;


0°°0°0°0
o o 0 0 0 0 0° 0 0 0 0
o 0 0 0 00°00°0
00 0 ~ 0 0 0 000

Gb a
r= ----: (16)
2IJi ®
® ®
®
-
annehmen, wie sieh leicht aus -, ®
® ", /
Gl. (6) ableiten läßt. ® ® ®
Die Fließ spannung hängt nun @
b ®
dayon ab, ob der Abstand l zwi- ®

schen den Ausscheidungen klei-


ner, gleich oder größer als rist.
j1'ür l < r (Abb. 184a) kann die
Versetzung den "Spannungsge-
birgen" nicht ausweichen und da-
her wirken im Mittel genauso viel
innere Spannungen in der Bewe-
gungsriehtung wie entgegenge-
setzt, und die mittlere Gesamt- c
kraft auf die Versetzung ver- Abb. 184a-c. Bewegung einer Versetzungslinie
schwindet demzufolge. durch einen Kristall mit Ansscheidungen von ver-
schiedenen Dispersiollsgradell (schematisch)
Ist l = r, so kann sich eine (l ~ mittlerer Abstand zwischen den Ausschei-
dungen. r ~ Krümmungsradius. den die Ver-
Versetzung in die "Täler" des setzung unter dem Einfluß der mittleren inneren
"Spannungsgebirges" legen, und Spannung annehmen kann).
zur ~Weiterbewegung muß dann
die angelegte Spannung zumindest die Größe von lJi haben, um die ein-
zelnen Versetzungssegmente zu bewegen. Ist dagegen l > r, so kann
Rieh die Versetzung zwifwhcn den "Spannungsbergen" hindurch bewegen ,
ohne sie übersrhreitcn zu müssen, und dementsprechend ist die Fließ-
spannung wieder kleiner (Abb. 184e).
Aus den in Abb. 184 schematisrh beschriebenen Überlegungen geht
somit hervor, warum ein mittlerer Dispersionsgrad maximal verfestigend
wirkt. l\Iit Hilfe von GI. (15) und (16) ergibt sieh als optimaler Abstand
zwischen den Partikeln 1 = b/2"c, was in typischen Fällen etwa 100 A
238 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

entspricht. Die Fließspannung (oder genauer alG) ist in diesem Falle im


wesentlichen von der Temperatur unabhängig.
Bei höheren Temperaturen treten nun in der Theorie verschiedene
Komplikationen ein. Falls z. B. eine Ausscheidung thermodynamisch
nicht stabil ist, kann sie während der Beanspruchung ihre Struktur oder
Dispersion ändern. Solche Transformationen können durch gleichzeitige
Deformation beschleunigt werden, da die von den Versetzungen erzeug-
ten Leerstellen die Diffusion erleichtern. Weiterhin findet auch Diffusion
bevorzugt entlang von Versetzungslinien statt, und Versetzungen können
als Keimzentren für Ausscheidungen in Frage kommen.
Es ist daher einzusehen, daß man das mechanische Verhalten einer
technischen Legierung nicht ohne weiteres vom theoretischen Standpunkt
voraussagen kann. Die Eigenschaften hängen vielmehr von vielen und
oft noch unbekannten Einflüssen ab. Trotzdem sollten die oben entwickel-
ten Vorstellungen den Schlüssel geben, um zu einem tieferen atomisti-
schen Verständnis der Festigkeit und des Verformungsvorganges zu ge-
langen.

1.2 Elektronenmikroskopische Untersuchung des Verhaltens von Ver-


setzungen und Leerstellen im Aluminium
Von H. Bichsel, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

1.21 Präparationsmethoden zur elektronenmikroskopischen Untersuchung

Der elektronenmikroskopischen Metalluntersuchung stehen prin-


zipiell zwei Methoden zur Verfügung: Die Abdrucktechnik und die Durch-
strahlung von abgedünnten Metallfolien.
Im ersten Falle wird von der zu untersuchenden Oberfläche ein Ab-
druck hergestellt, der, abgelöst von seiner Unterlage, deren Topographie
wiedergibt. Für die Durchstrahlungsmethode (Transmission) anderer-
seits werden abgedünnte, ca. 2000 bis 4000 A dicke Metallfolien benötigt,
die zur direkten Untersuchung gelangen.
1.211 Abdruckverfahren. Von den zahlreichen Abdruckmethoden soll
hier nur kurz auf das Kohleabdruckverfahren sowie auf das für Alu-
minium und seine Legierungen wichtige Oxydabdruckverfahren näher
eingegangen werden. Im übrigen sei auf die reichhaltige Fachliteratur
hingewiesen [67 bis 74].
a) Herstellung von Kohleabdrucken (einstufiges Verfahren). Die polierte
und geätzte Metalloberfläche wird in einer Verdampfungsapparatur bei
10-4 Torr mit einem Kohlefilm belegt. Als Verdampfungsquelle dienen
zwei sich berührende Kohlenspitzen, die sich bei Stromdurchgang bis
zur Sublimation erhitzen. Die gewünschte Schichtdicke hängt v?m Cha-
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalisohe Grundlagen 239

rakter der abzubildenden Oberfläche ab, rauhe Oberflächen sowie


Extraktionsabzüge benötigen eine größere Filmdicke als eine sehr feine
Struktur, z. B. die Abbildung von Elementargleitlinien. Normalerweise
wird bis zur ersten bräunlichen Tönung bedampft. Die Kohleschicht
wird anschließend durch Ritzen mit einem Rasiermesser in Quadrätchen
von 2 bis 3 mm Seitenlänge aufgeteilt. Zum Ablösen des Films wird der
Schliff in ein Säuregemisch, etwa Atzlösung nach DIX 1 mit etwas Alkohol-
zusatz, gelegt. Nach gründlichem Spülen werden die isolierten Quadrät-
chen auf Objektträger gebracht und die Proben sind zur Metallbeschat-
tung (siehe c) bereit.
b) Herstellung von Oxydabdrucken. Die meist vorgängig elektroly-
tisch polierte Aluminiumprobe wird als Anode geschaltet und in einem
Elektrolyt 2, welcher eine strukturlose Sperrschicht erzeugt, oxydiert. Die
Schichtdicke läßt sich dabei durch die angelegte Spannung steuern. Sie
beträgt pro Volt 14 A-Einheiten. Nach dem Oxydieren wird die Schicht
wie beim Kohleabdruckverfahren in Quadrätchen geschnitten und durch
Einlegen des Schliffes in gesättigte Sublimatlösung isoliert. Nach Reini-
gen der Oxydhäutchen in verdünnter Salzsäure und dreimaliger Wässe-
rung werden diese auf Trägernetzchen gefischt.
c) Metallbeschattung. Zur Steigerung des Kontrastes werden die
Abdruckfilme mit Metalldampf (Chrom, Gold, Platin, Palladium) schräg
beschattet. Ein Körnchen des betreffenden Metalles wird in ein Wolfram-
körbchen gebracht und bei 10~4 Torr unter einem Winkel von ca. 30°
auf die Probenoberfläche gedampft.
Es sei noch erwähnt, daß die ursprüngliche Metallprobe durch geeig-
netes Atzen so behandelt werden kann, daß heterogene Ausscheidungen
stark hervortreten. Diese werden beim Bedampfen in den Abdruckfilm
eingebaut. Diese in situ isolierten Gefügebestandteile lassen sich oft im
Mikroskop durch Feinbereichsbeugung identifizieren (Extraktions-
abdrücke [75]).

1.212 Herstellung durchstrahlbarer Metallfolien. Von den zwei


Methoden, direktes Schneiden im Ultramikrotom mit Diamantmesser
[76] und elektrolytisches Abdünnen in einem Glänzbade ist die letztere
von größerer Bedeutung [77 bis 81]. Eine ausgezeichnete übersicht über
die modernen Präparationsverfahren gibt G. THOMAS [66]. Das Schneiden
vprurRacht bpi vielen Metallen Deformationsspuren, welche Feinheiten
des Gefüges überdecken. Eine der einfachsten elektrolytischen Ab-
dünnungsmethode ist die "Fenstertechnik" nach H. M. TOMLINSON [79].
Als Ausgangsmaterial wird eine Blechprobe der Dicke 0,1 mrn verwendet,

1 0,50m3 HF (40%ig), 1,5 oms HCI (oono.), 2,5 om3 HNO a (oono.), 95,5 om3 H 2 0.
2 60 g Na2HP04 und 2 ml H 2S04 oono. auf 11 H 2 0.
240 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

welche bis auf ein Quadrat von 12 X 12 mm beidseitig mit Lack (Poly-
styrol in Trichloräthylen) abgedeckt wird. Die als Anode geschaltete
Probe wird in einem Glänzbad 1 sorgfältig gleichmäßig abgedünnt, bis ein
Durchbruch erfolgt. Die Randpartien des entstandenen Loches werden
nach gründlichem Spülen mit einem Rasiermesser herausgeschnitten,
wobei die Metallfolie zwischen zwei Fließblätter gelegt wird. Meist muß
eine gute Stelle herausgesucht werden, doch eignen sich die Proben bei
einer Dicke von weniger als 4000 A gut zur direkten Beobachtung im
Elektronenmikroskop.

1.22 Nachweis von Versetzungen und Agglomeraten von Leerstellen

1.221 Übersicht. In den letzten Jahren ist eS gelungen, die vorerst in


der Metallkunde nur theoretisch beschriebenen Gitterfehlstellen wie Ver-
setzungen und Stapelfehler, auch experimentell festzustellen. Außer
Ätzmethoden [82, 83] sowie Nachweis der Versetzungen in Legierungen
durch bevorzugte Ausscheidung des Legierungsbestandteils an Stellen
hoher Gitterstörungen brachte in erster Linie die elektronenmikrosko-
pische Durchstrahlung dünner Metallfolien bedeutende experimentelle
Ergebnisse. Diese von R. D. HEIDENREICH [84] 1949 erstmalig verwen-
dete Methode wurde in den letzten Jahren präparationstechnisch vervoll-
kommnet (Literatur s. [66, 77 bis 81]).
Die bei der Durchstrahlung dünner Metallfolien sich ergebenden
Helligkeitskontraste wurden teilweise schon von R. D. HEIDENREICH
[84] auf die dynamischen Theorien der Elektronenbeugung zurückgeführt.
In neuerer Zeit haben P. B. HIRSCH und M. J. WHELAN, A. HOWIE sowie
H. ALExANDER [85 bis 87, 100] die Elektronenbeugung an Gitterfehlern
mathematisch behandelt und damit einen wertvollen Beitrag zur Inter-
pretation der elektronenmikroskopischen Durchstrahlungsbilder geliefert.
Eine auffallende Erscheinung bei der Durchstrahlung dünner Metall-
folien sind die Extinktionskonturen, die bei ungleicher Foliendicke oder
bei Verbiegung der Probe erscheinen. Beim Neigen des Präparates um
1 bis 2° huschen diese, im Gegensatz zu Versetzungslinien, über die Bild-
fläche hinweg oder verschwinden.
Stapelfehler erscheinen, wie die Theorie der Elektronenbeugung an
Gitterfehlern zeigt, als eine Schar paralleler Linien, während sich Ver-
setzungen infolge der Gitterverzerrung ihrer Umgebung bei Hellfeld-
betrachtung als dunkle, im Dunkelfeld aber als helle Linien abbilden. Die

1 Zwei für Aluminium gebräuchliche Elektrolyten:


1. 20% HClO, (60%ig), 80% Alkohol, Temperatur: <20°0.
2. 817 ml HaPO, (d = 1,57), 134 ml H 2 SO, conc., 156 g OrOa, 40 ml H 2 0, Tempera-
tur: ca. 70°0.
1. "vletftllphpikalische Grundlagen 241

Breite des Kontratite8 von Versetzungslinien beträgt bei Aluminium


ungefähr 200 A. Da e8 sich bei der elektronenmikroskopischen Abbil-
dung von Versetzungen um einen durch das gestörte Gitter induzierten
Beugungseffekt handelt, ist die Sichtbarkeit desselben von der Lage der
Yersetzung in bezug auf die kubischen Achsen und den einfallenden
EIE'ktronenstrahl abhängig. So läßt sich beispielsweise ableiten, daß
eine Versetzung dann nicht sichtbar ist, wenn ihr BURGERs-Vektor in
der reflektierenden Gitterebene liegt. Sie wird dagegen sichtbar für den
~FaIL daß die Orientierung der Folie nahe einer BRAGGschen Reflexion
liegt. Diese aus der Theorie gefolgerten Ergebnisse lassen sich durch
;\Jeigen de:-; Objektträgen; leicht nachprüfen, wobei der Einfallswinkel
<ll'B ElektronenstrahJ:,; geändert wird. Man beobachtet dabei das Am;-
löschen gewi::;ser VE'rsetzungen. wogegen andere bisher nicht sichtbare im
Blickfeld erscheinen. DieBe Beispiele mögen zeigen, daß die Hell-Dunkel-
Kontra,;te bei Durch"trahlung dünner jVfetallfolien ah; orientierungs-
abhängige Beugung8erscllPinungen aufgefaßt werden müssen.
F~r8te Beobachtungen über ~\nordnung und Bewegung von Ver-
"etzungPll in verformtE'1I "\Iuminium wurden von P. B. HIRSCH, R. \V.
HORNE und M. ,I. WllELAN [88J durchgeführt. Die Proben zur Durch-
r:;trahlung warcn ,tUH 0,.5 fLm dicker gehämmerter Aluminiumfolie durch
einfaches Abätzell in verdünnter Flußsäure hergestellt. Ein typisches
Gefüge au::; die8er Untersuchung zeigt A bb. 18.5. Die bei der starken Ver-
formung gebildeten VC'l"Ndzungen sind bereits zu einer Zellstruktur umge-
lagert und haupt:-;iichlidl an den Subkorngrenzen zu Hehell. Die Hellig-
keit,mbt-ltufungen der pinzelnen ~ubkörner sind eine, durch ihre Orien-
tierung bedingte, Beugung,;erschpinung. Die Bezirke erscheinen nur dann
hell. wenn da" BRAul+iolche Glanzmaximum durch die Objektblende geht.
Bleibt diese,; außerhalb der Blend!:', so wird der betreffende Bezirk
dunkel abgebildet.
J<Jinzelheiten ii ber den Aufbau der Subkorngrenzen zeif!t Abb. 186.
:\lan erkennt zwei Typen von Ven.;etzungr:;anordnungen: Scharen von
parallelen Linien zwiNehen henach harten f.)ubkörnern entsprechend reinen
Kippkorngrenzen und N etzwerk('.
J<Jin Kehr t-lchöne,; Xetzwerk in Aufsicht weist da:-; große Subkorn in
der unteren Rildhälft.t' auf. DieNes liegt mit der (001 )-Fläche ungefähr
parallel zur Foli!:'lIoberfläehe, die beiden Scharen von Ven.;etzungen
laufen liing::; [1101 hzw. [110 I. J<J:., handelt t-iich vermutlich umeirw Drehkom-
grenze auf (001), aufgebaut aus zwei Systemen paralleler Schraubenver-
setzungen. In güm;tigt'll Fällen konnte der Abstand der einzelnen Verset-
zungen in ~ubkorJlgn'nzPJl aU8gemeB"en werden. Im Mittel beträgt dieser
etwa 100 A, waN elrH'l" gt~genseitigcn ])e8orientierung der Gitterblöcke
von etwa 11/ 2 entspricht. Dies ist in guter Übereinstimmung mit Ergeb-
U

nissen der Feinbereichsbeugung und Röntgenfeinstrukturmessungen [89].

16 AltenpohJ. Aluminiulll
242 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik rLit. S. 253

Sehr schöne Versetzungsanordnungen sind oft im polygonisierten


Zustand vorhanden. Abb. 187 zeigt aus Versetzungen aufgebaute Sub-
korngrenzen in leicht verformtem und anschließend erholtem AIMg3.
Die Elektronenmikroskopie an dünnen Metallfolien erlaubt ferner
das Studium von sich bewegenden Versetzungen. Das Wandern von Ver-

9250: 1 22000: 1
Abb.185. Versetzungen und Snbkorngefüge in Abb.186. Versetzungsnetzwerke und Subkorn-
gehämmerter Reinstaluminiumfolie. Elektronen- grenzenaufbau in gehämmerter Reinstalumini-
mikroskopische Durchstrahlaufnahme umfolie. Elektronenmikroskopische Durchstrahl-
(nach P. R. HIRSCH u. Mitarb. [88]). aufnahme (nach P. TI. HIRSCH u. Mitarb. [88]).

setzungen darf nicht mit dem Verschieben der Extinktionskonturen bei


hohem Elektronenfluß verwechselt werden, es ist dies lediglich ein
Hinweis dafür, daß sich das Präparat etwas verbiegt. P. B. HIRSCH
u. Mitarb. [88] stellten verschiedene
Arten von Bewegungen fest, gewisse
Versetzungen laufen sehr rasch, andere
wieder langsam oder bewegen sich ruck-
artig vorwärts. Die in der Bewegung be-
obachteten Versetzungslinien sind in
der Regel relativ kurz und liegen in
einer zur Folienoberfläche geneigten

Abb. 1~7. Polygonisationsgefüge in AI~lg 3, 33 % kalt-


verformt und danach 15 Minuten bei 320 oe ange-
lassen. };Iektronemnikroskopische Durchstrahlauf-
nahme (naeh A. SAULNIER [131]).
20000: 1

Gleitebene (Abb. 188). In der Regel verbinden die beobachteten Ver-


setzungslinien Folienoberseite und -unterseite. Abb. 189 nach P. B.
HIRSCH [90] zeigt schematisch eine von A in Richtung B laufende
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 243

Schraubenversetzung. Man beachte, daß im Gebiet, wo die Versetzung


durchgelaufen ist, der Kristall eine Gleitstufe aufweist. Eine Hemmung
bei der Ausbildung dieser Gleitstufe ist die Ursache für das Erscheinen einer
Spur hinter einer wandernden Versetwng. Bei Aluminium erscheint. diese

16700,1
Abb.188. Wandern einzelner Versetzull>(en in Reinstaluminium Al 99,99. Die Folie wurde bei 500'C
geglüht, elektrolytisch abgedünnt und in das Elektronenmikroskop eingesetzt. Durch die dort ent-
standenen Spannungen sind Versetzungen gewandert. I und II sind zwei zeitlich nacheinander
liegende Anfnahmen ans einer größeren Serie. Elektroncllmikroskopische Dnrchstrahlanfnahmen
( nach .T. T. FOTTRlF. n . Tr. G. }' . WUSDOR F [1 .12]).

-y
S,
'>-::::::::;::::::::::::~A/'

~-"'~<s;~

30000,1
Abb.189. Schematische Darstellung einer VOll A Abb. 190. Elektronenmikroskopische Durch-
nach B laufenden Schmuhenvcrsetzung mit den strahlaufnahme einer kaltgewalzten Folie aus
an den Oberflächen entstnndenen Yersetzungen 8, AIMn. Im Mikroskop tritt Wandern von Ver-
nnd S, (nach J>. H. H[R~C" [.911]). setzungen ein. Hierbei häufiges Quef/,Iciten
(Cross Slip)
(nach A. SAULNIER [.90a]).

Spur ebenfalls, löscht jedoch nach einigen Sekunden wieder aus. Abb. 186
zeigt. innerhalb eines Subkorns die Spur einer wandernden Schrauben-
versetzung, die durch Quergleitung (cross-slip) auf eine andere Gleitebene
gewechselt. hat. Abb. 190 zeigt gleichfalls Spuren erfolgt.er Querglei-
tungen.
Die Metallfolie ist. mit. einem dünnen Oberflächenfilm (Oxyd- bzw.
Kohlefilm) bedeckt. Dieser Oberflächenfilm ergibt. eine gewisse Veranke-
rung des Endes der Versetzung.

1ß*
244 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Einen Hinweis darauf ergibt die gebogene Gestalt der laufenden Ver-
setzungen (Abb. 188). Die Mitte der Versetzungslinie ist meist weiter vor-
gerückt als die beiden Enden, die offensichtlich zurückgehalten werden.
Aus der Krümmung der Versetzungslinien gelingt es, die örtliche Scher-
spannung zu berechnen. Diese beträgt etwa G/1000 (G = Gleitmodul),
was zur Verschiebung von Versetzungen bereits genügt [90]. Ursprüng.
lich wurde angenommen, die Versetzungen würden im Elektronen-
mikroskop infolge lokaler Aufheizung der Metallfolien wandern. Eine
genaue Untersuchung dieser Verhältnisse durch J. SILCOX und M. J.
WHELAN [90b] zeigte indessen, daß sich die Folie bei Elektronen-
bestrahlung unter normalen Bedingungen nur um 10 bis 20 grd erwärmt.
Diese geringe thermische Energie genügt zur Verschiebung von Ver-
setzungen nicht. Es scheint, daß der Oberflächenfilm auf die Versetzun-
gen Kräfte ausübt, der genaue Mechanismus ist jedoch noch unklar. Ist
der Oberflächenfilm kräftig genug, um die Ausbildung der Gleitstufe zu
verhindern, entstehen an den Grenzflächen Metall/Oberflächenfilm je
eine Versetzung (81 und 8 2 in Abb. 189). Verursacht durch diese Ver-
setzungen beobachtet man an den Außenseiten der Gleitspur den stärksten
Kontrast. Bei der Entstehung der Gleitstufe, verschwinden die beiden
oberflächlichen Versetzungen 8 1 und 8 2 und damit auch die von ihnen
induzierte Spur der ursprünglichen Versetzung A bzw. B.

1.222 Besondere Versetzungstypen. a) Versetzungsringe. In abge-


schrecktem Aluminium wurden erstmalig von P. B. HIRSCH, J. SILCOX,
R. E. SMALLMAN und K. H. WESTMACOTT [91] Versetzungsringe von
einigen 100 A Durchmesser entdeckt, die, wie die Autoren nachweisen
konnten, aus der Agglomeration von Leerstellen entstanden sind. Nach
dem Abschrecken diffundieren die in großem überschuß vorhandenen
Leerstellen zu flächenhaften Anordnungen parallel (111}-Ebenen. Bei
Zusammenbruch dieser Zonen entstehen in Metallen mit hoher Stapel-
fehlerenergie (wie Aluminium) stapelfehlerfreie Versetzungsringe (Abb.
191). Bei Metallen mit kleiner Stapelfehlerenergie dagegen ist der
ursprüngliche, durch den Zusammenbruch entstandene Stapelfehler be-
ständig und geht, wie J. SILCOX und P. B. HIRSCH [92] an abgeschreckter
Goldfolie zeigten, in symmetrische Stapelfehlertetraeder über. Die bei
Aluminium auftretenden Versetzungsringe sind bereits von D. KUHL-
MANN-WILSDORF [93] vorausgesagt worden.
In Abb. 191 erkennt man deutlich die verschiedene Anordnung der
Ringe. Daß es sich um Versetzungslinien handelt, geht eindeutig aus der
Orientierungsabhängigkeit des Kontrastes hervor. Ringe, die auf einer
zur Probenoberfläche geneigten (111)-Ebene liegen, zeigen ungleichen
Kontrast, indem die geneigten Teile der Versetzungslinie verkürzt und
nur schlecht sichtbar erscheinen, Doppellinien treten bei sehr stark ge-
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 245

neigten Ringen auf und sind durch einen Beugungseffekt verursacht.


Die Versetzungsringe sind sogenannte prismatische Versetzungen. In
sehr langsam von 600°(' abgekühlten Proben werden nur wenige Ringe

I •,

~ .
:10000: 1 ~2000: 1
Abb. HH. Yersctzllugsrillge in abgeHchreektenl Abb. 192. Korngrenzeufcgioll ohne Versetzungs-
Reinstaluminium. ElektrOlleIllnikrmikopisehe ringe in Reinstaluminium. Elektronenmikrosko-
Durch,tmhlnnfnahmc (na .. h .T. ~TT,C()X [I.).'!]). pische Durchstrahlallfnahme
(nach P. TI. HIRSCJlll. 1litarb. [fllJ).

beobachtet, da sieh bei langsamer Ab-


kühlung für jedeTemperatur das Gleich-
gewicht einstellt und keine Übersätti-
gung an Leerstellen auftritt. Abb.192
zeigt eine Korngrenzenregion, die eine
ca. 1 lJ.m breite von Versetzungsringen
freie Zone aufweist. Dies veranschau-
licht. daß Leerstellen einem "Korngren-
zensog" unterliegen: die Leerstellen-
dichte ist infolgedessen in Korngrenzen-
nähe für die Bildung von Ringen zu tief.
In ähnlicher Weise wirken auch Verset-
zungen. In Abb. 19:~ beobachtet man
in der Umgebung tIPI' stark gefalteten
Versetzungslinien nur sehr wenig Ringe.

Ahh. 10a. ZOlW ohne \~pr~{-'t,z.llllgMringp ill lInmit,t.p,l-


barer Nähe von gekletterten Ven;etzllug;Hlinietl. Reinst-
aluminium. Elektronenmikr()skopische Durchstrahl-
:lIlfnahlllp (naC'h P. R HIH",'II 11. 'Hitarh. [91]).
~2000 :1

Bekanntlich können Versetzungen Leerstellen aufnehmen, dieser Prozeß


wird als "Klettern" bezeichnet. Dadurch wird die ursprünglich relativ
geradlinige Versetzung auf komplizierte Weise gefaltet (Abb. 193).
246 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Leerstellenagglomerate, d. h., Versetzungsringe bzw. Stap'elfehler-


tetraeder wurden bei verschiedenen Legierungen nachgewiesen [94, 951-
Versetzungsringe wurden ferner in neutronenbestrahlten Metallen gefun-
den, insbesondere bei Kupfer [96]. Dagegen zeigt Aluminium auch nach
intensiver Bestrahlung (1,4.10 20 Neutr.jcm 2 bei 60°C< T < 100°C)
keine elektronenmikroskopisch erfaßbaren Defekte [97J.
Durch Auslagerung der abgeschreckten Proben bei etwa 180 bis
200°C gelingt es, wie J. SILCOX und M. J. WHELAN [98] nachwiesen, die


m
37000: 1
Abb. 194. "Ausglühen" von Versetzungsringen während der Beobachtung im Elektronenmikroskop
bei 190°('. Reinstaluminium. I bis IV: zunehmende Dauer der Beobachtung. Elektronenmikrosko·
pische Durchstrahlaufnahme (nach J. SILCOX 11. M. J. WHELAN [98]).

Versetzungsringe wieder "auszuglühen". Dieser Vorgang kann in einem


mit Aufheizvorrichtung ausgerüsteten Elektronenmikroskop beobachtet
werden. Abb.194 zeigt eine Folge von Aufnahmen derselben Probe im
Laufe der Glühung bei 190°C. Die Ringe schrumpfen durch Abwandern
von Leerstellen und verschwinden unter Umständen ganz. Gleichzeitig
beobachtet man, daß sich die gefalteten und unregelmäßigen Verset-
zungslinien strecken. Es besteht ein grundlegender Unterschied, ob die
Glühung an der 75 [Lm dicken Ausgangsfoiie oder an der abgedünnten
Lit. S. 253] 1. lVIetallphysikalische Grundlagen 247

Probe im Elektronenmikroskop ausgeführt wird. Wie auch R. V ANDER-


VOORT und J. W ASHBURN [99] fanden, verschwinden in dicken Folien die
kleinen Versetzungsringe, wobei sich aber auf deren Kosten große Ringe
bilden.
Interessant ist ferner die Beobachtung, daß durch eine nach dem
Abschrecken erfolgte Kaltverformung von mindestens 5% die Bildung
von Versetzungsringen gänzlich unterdrückt wird [99]. Dies kann so
erklärt werden, daß der Leerstellenüber-
schuß durch die bei der Verformung ent-
standenen Versetzungen aufgenommen
wird.
b) Versetzungswendeln. In lösungsge-
glühten und abgeschreckten Legierungen
(z. B. Al +
4% Cu und Al +
16% Ag)
wurden von G. THOMAS und M.•I. WHELAN
[101] sowie von R. B. NICHOLSON und
.r. NUTTING [102] wendelförmige Verset-
zungslinien beobachtet (Abb.195). Da die
Wendelachse parallel zu [110]-Richtun- 26000:1
gen verläuft, wird angenommen, daß sieh Abb. 195. VerKetzungswendeln (.. helical
dislocations") in einer von 540 oe a.bge-
die ~Wendeln durch Klettern von Schrau- schreckten Aluminiunllegierung nlit 4%
benversetzungen gebil(let haben. Nach Cu. Elektronenmikroskopische
stmhlaufnahme
Durch-

G. THOMAS [103] treten Versetzungs- (nach G. THOMAS u. l\L.T. WHELAN [101]).


wendeln, hauptsächlich in konzentrier-
ten Legierungen, bei relativ niedrigen Abschrecktemperaturen auf.
c) Versetzungenirn verformten M nterinl. Gewisse Versetzungsanord-
nungen in Legierungen weisen auf die Existenz von FRANK-READ-
Quellen [104] hin. In abgeschreckten Proben aus einer Aluminium-
legierung mit 4% Cu, die vor der Anlaßbehandlung leicht verformt
wurden, beobachtete H. G. F. WTLSDORF [106J linienförmige Anordnung
der @'-Plättchcn auf Segmenten von kcinzentrischen Kreisen. Dies weist
auf an einer FRANK-READ-Quelle entstanden Versetzungsschleifen hin.
Kürzlich wurden an derselben Legierung von A. JAQUET, R. W. ADRI-
ENNE und J. CALVET [l06] ähnliche Anordnungen festgestellt. Abb. 196
zeigt eine von diesen Autoren beobachtete Versetzungsquelle. Ebenfalls
in einer lösungsgeglühten und abgeschreckten Aluminium-Kupfer-
Legierung wurden von K. R. WESTMACOTT, D. RULL, R. S. BARNEs
und R. E. SMALLMAN [107] im elektronenmikroskopischen Durch-
strahlungsverfahren in der a bgedünnten Metallfolie Versetzungs-
konfigura tionen gefunden, die a uf Versetzungsquellen hinweisen. Das
Zentrum der Quelle besteht aus einem Versetzungsdoppelring, umgeben
von konzentrisch angeordneten Versetzungsschleifen. Der eine Ring liegt
248 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

in der Ebene der konzentrischen Schleifen, während der zweite in einer


andern (l11)-Ebene verankert ist. Beim gemeinsamen Mittelstück des
Doppelringes parallel zu [110] dürfte es sich um das Versetzungssegment
handeln, welches sich bei angelegter Schubspannung ausweitet und neue
Versetzungsringe erzeugt.
Beim Dehnen von Metallfolien unter Beobachtung im Elektronen-
mikroskop konnten keine FRANK-READ-Quellen entdeckt werden.
H. G. F. WILSDORF [108] führt dies
darauf zurück, daß in sehr dünnen
Folien eher zwei- als dreidimensionale
Versetzungsnetzwerke vorliegen, und
daß deshalb die Verankerungsmöglich-
keiten für FRANK -READ - Quellen
fehlen.

Abb. 196. Frank-Read-Qnelle in einer Aluminium-


legierung mit 4% Cu, lösungsgeglüht bei 540°C, ab-
geschreckt und 15 Minuten bei 250 °c ausgelagert.
Elektrolytisch poliert. Elektronenmikroskopische
Aufnahme eines beschatteten Oxydabdruckes
(nach P. A. JACQUET u. E. MENCARELLI [106]).
1650:1

Die bei Beginn der plastischen Verformung beobachteten in Bewegung


geratenen Versetzungen stammten meistens aus Subkorngrenzen. Da
in der erwähnten Arbeit die Mehrzahl der Versetzungen Schrauben-
charakter aufwies, war Quergleitung und Doppelquergleitung sehr häufig.
Aus diesem Grunde wurden auch keine aufgestapelten Versetzungen ge-
funden, da für Schraubenversetzungen die Möglichkeit besteht, Hinder-
nissen durch Quergleitung auszuweichen. Die Untersuchung von H. G.
F. WILSDORF [l08] legt die Schlußfolgerung nahe, daß zwischen sehr
dünnen Folien und dickem Material hinsichtlich dem Verformungs-
mechanismus fundamentale Unterschiede bestehen.
Neuerdings wurden von J. D. EMBURY und R. B. NICHoLsoN [108a]
Versetzungsquellen in abgeschreckten Legierungen mit 7 und 9% Mg
beobachtet. Da in der näheren Umgebung der Quelle Versetzungsringe
fehlen, wird auf einen BARDEEN-HERRING-Mechanismus geschlossen
[108b].

1.23 Subkorngefüge
Im Aluminium treten unmittelbar nach starker Kaltverformung
relativ gut ausgebildete Subkorngrenzen auf. Im Gegensatz dazu findet
man in stark deformiertem Silber, Kupfer (J. BAILEY [109]) oder Nickel
(W. BOLLMANN [110]) bei Raumtemperatur Anhäufungen von Verset-
zungen in Gestalt breiter Bänder, die relativ versetzungsfreie Gebiete
Lit. S. 253] 1. Metallphysikalische Grundlagen 249

umschließen. Das eigentliche Subkorngefüge entsteht in diesen Metallen


mit stark aufgespaltenen Versetzungen erst bei der Erholungsglühung
bei erhöhter Temperatur.
In diesem Abschnitt seien ausschließlich nur die als Folge der Kalt-
verformung entstandenen Substrukturen behandelt. Substrukturen, die
sich beim Erstarren von Schmelzen bil-
den (U. BENEDICT und H. J. SEEMAN
[116J sowie H. BlLONTundL.H. DESTAIL-
LATS [117]) sind grundsätzlich anderer
Art und hängen mit den Erstarrungs.
bedingungen und (km Seigerungsver.

AlilJ. 197. OiJerfläehell:-itrtLktul' 'VOll chcllIi:-ieh geglänz-


tem Reinstalumillium AI 99.994 lllit Gleits]luren.
Glänzung inl R-5-ßad (P hol'phorsäure und Salpeter-
,äure). Beobachtungsebene : (1lO)·F läche. Elektronen·
mikroskoph;ehe Aufnahllle eine, chromheschattelen
Kohleahdrucke, (na('h AI'\"~lTr~!':g).
6000: 1

AiJb. 198. OiJerfläehenstrllktm VOll Reinstailiminiulll


AI 99,997. Vorbehandlung wie bei Abb.197. Quer
durch das Bild verläuft eine Korngrenze. Die längsge·
streckte Substruktur entspricht einer (110)·Fläche, die
globulitische Substruktur einer (100)· Fläche. Da der
Reinheitsgra.d höher ist als bei der Probe von Abb . 197 ,
ist der Durchmesser der Sub struktur entsprechend
größer. Elektronenmikroskopische Aufnahme eines
ebrombeschatteten Kohleabdrucke,
(nach ALI·"rrl'i'E).
8000:1

halten der Verunreinigungen zusammen. Ferner müssen auch die


durch chemische bzw. elektrolytische Glanzbäder erzeugten Ober-
flächenstrukturen ausgenommen werden (Abb. 197 u. 198). Diese, je
nach Kristallorientierung, furchen- oder zellenfärmig ausgebildeten
Substrukturen wurden von M. S. HUNTER und D. 1.. ROBINSON, T.1..
FRITZL1W. n. Ävrv,NPOHL. D. ATJJ'ENPoHL und W. HUGI sowie F. R
(:UFF und N. ,J. GRANT untersucht [111 bis 775J. Die in Abb. 197
und 198 erkenn baren Strukturen treten typisch nach dem chemischen
Glänzen auf . Diese Substrukturen nehmen in ihrem Durchmesser bei
Reinheiten oberhalb 99,99% Al deutlich zu und verschwinden bei zonen-
geschmolzenem Aluminium höchster Reinheit ganz. Dies führte ins-
besondere D. ALTENPoHL sowie F. R CUFF und N. J. GRANT zu dem
250 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253

Schluß, daß es sich um eine Seigerungssubstruktur handeln könnte [113,


115]. Aus Abb. 197 und 198 kann die Orientierungsabhängigkeit der
Substruktur auf (110)- und (100)-Flächen deutlich entnommen werden.
Im ersteren Fall ist die Sub struktur längsgestreckt, im zweiten Fall weist
die Substruktur annähernd Gleichachsen auf. Die recht markante Erschei-
nung der Substrukturen nach chemischem Glänzen ist noch immer nicht
befriedigend erklärt. Die nach dem Glänzen entstehenden Oberflächen-
strukturen weisen jedenfalls, wie N. O. WELSH [118J, R. PHILLIPS und
N. O. WELSH [119J sowie H. BICHSEL [120J zeigten, mit dem durch Ver-
formung erzeugten Subkorngefüge keinen unmittelbaren Zusammenhang
auf. Dies geht ohne weiteres daraus hervor, daß die in Abb. 197 und 198
erkennbare Substruktur auch an vollständig rekristallisiertem Material
erhalten wird, welches dagegen in Durchstrahlaufnahmen kein Subkorn-
gefüge zeigt. Weitere Angaben über die "Seigerungsstruktur" s. S. 6.1:8.
Wie bereits erwähnt, tritt in stark verformtem Aluminium unmittel-
bar bei Raumtemperatur das Subkorngefüge auf. Anders liegen die Ver-
hältnisse dagegen bei Verformung unter dem kritischen Reckgrad, z. B.
nach schwachem Recken oder Biegen von Einkristallen. Um in diesen
Proben erkennbare Subkorngrenzen zu erhalten, müssen diese geglüht
werden.
Die nach schwacher Verformung durch Polygonisation bei erhöhter
Temperatur gebildeten Subkörner wurden von P. LACOMBE [121J und
seiner Schule untersucht. Diese "Riesensubkörner" weisen eine Größe
von 0,1 bis mehrere Millimeter auf, der Neigungswinkel zwischen zwei
benachbarten Subkörnern beträgt jedoch nur einige Minuten.
Die Anätzbarkeit der Subkorngrenzen hängt mit den im Metall vor-
handenen Verunreinigungen zusammen. Wie G. WYON, J. M. ~ABCHIN
und P. LACOMBE [82, 122, 123] auf Grund von umfangreichen Unter-
suchungen zeigen konnten, lassen sich Versetzungen und Subkorngrenzen
unter Verwendung spezieller Reagenzien nur dann anätzen, wenn diese
mit Fremdatomen angereichert sind (OoTTRELL-Atmosphäre). Die beim
Glühen entstehende Substruktur hängt von der Art der Glühung ab.
Werden abgeschreckte Einkristalle (Al 99,95%) normal bei 640°0 ge-
glüht, so entstehen polyedrische Subkörner ohne bevorzugte Orientierung.
Wird derselbe abgeschreckte Kristall dagegen in einem Ofen mit Tempe-
raturgefälle geglüht, bilden sich, wie J. MONTuELLE [124] zeigte, parallele
Scharen von Subkorngrenzen, die senkrecht zum Temperaturgefälle ver-
laufen. Das durch kritische Dehnung und Glühung erzeugte Poly-
gonisationsgefüge verändert sich nach G. WYON, J. M. MARCHIN und
P. LACOMBE [125] nach mehrmaligem Aufheizen und Abkühlen in dem
Sinne, daß die kleinsten Subkörner sukzessive verschwinden. In gedehnten
und polygonisierten Proben sind die Subkörner in Gleitbändern oft sehr
klein und längs diesen ausgerichtet [124].
Lit. S. 253J 1. lVletallphysikalische Grundlagen 251

Weichgeglühte und anschließend spannungsverformte Reinstalu-


miniumproben (99,99%) zeigten nach R. L. SEGALL und P. G. PARTRIDGE
[126] bei kleiner Verformung einzelne Versetzungen, welche sich mit
steigender Belastung in Gruppen ordnen. Aus diesen entstehen wiederum
bei noch höherer Zugbeanspruchung lokale Fragmente von Subkorn-
grenzen . Eine derartige Struktur, allerdings nach schwacher Walz-
verformung, zeigt Abb. 199. Schließlich
bildet sich bei starker Reckung eine gut
entwickelte Subkornstruktur aus, wobei
die meisten Versetzungen als unregel-
mäßige Netzwerke in den Subkorngren-
zen liegen.
Die Größe der Subkörner des bei
Raumtemperatur gewalzten Alumini-
ums liegt oft bei 1 bis 2 [.Lm. Dieser Wert
wurde von P. B. HIRSCH und J. N.
KELLAR [127] mit F einstrahl-Röntgen-
methoden bestimmt und seither ver-
schiedentlich elektronenmikroskopisch 12000: 1
Abb.199. Versetzungsstruktur in Reinst-
bestätigt [84, 88, 1201- aluminium nach schwacher Walzverfor·
Die Subkorngröße nimmt, wie P. B. mung (5%). Das Subkorngefüge ist erst
HIRSCH und J.N. KELLAR [127] zeigten, teilweise ausgebildet. Elektronenmikro·
skopische Durchstrahlaufnahme
mit zunehmendem Kaltverformungsgrad (nach A. SAUJ.NIER [HI)).
ab. Bei 10% linearer Dickenreduktion
durch Walzen ist die Endgröße der Subbezirke von ;;:::; 2 [.Lm bereits
erreicht.
Dieser Wert wird von Aluminium bei Raumtemperatur auch bei
hohen W'alzgraden nicht unterschritten, was offenbar mit dem Einsetzen
der Erholung, die mit der Kaltverfestigung in ein dynamisches Gleich-
gewicht tritt, zusammenhängt. Im Gegensatz dazu weist in flüssigem
Sauerstoff bei -183 oe gehämmertes Aluminium ein deutlich feineres
Subkorngefüge (1,2 [.Lm) auf [128]. Wird jedoch die röntgenographische
Feinstrukturuntersuchung bei derselben Temperatur vorgenommen, so
ist überhaupt keine Subkornbildung erkennbar. Nach A. KELLY und
W. T. ROBERTS [128] sind die bei - 183 oe entstandenen gestörten
Bezirke zu klein, um von der Methode erfaßt zu werden.
Bei Glühung von kaltgewalzten Reinstaluminiumfolien unterhalb
der Rekristallisationst emperatur erfolgt eine kontinuierliche Vergröbe-
rung des Subkorngefüges [120]. Abb. 200 zeigt die Subkornstruktur der
hartgewalzten Folie (99,994%), welche eine Dehngrenze (jo 2 von 11,7 kpj
mm 2 aufweist. Nach 2minütiger Glühung im Salzbad bei 250 0 e entsteht
das in Abb. 201 festgehaltene Subkorngefüge. Die Dehngrenze ist auf
9,5 kp jmm 2 gesunken , ist jedoch noch sehr viel höher als diejenige der
252 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 253J

vollständig rekristallisierten Folie (3,0 kpjmm 2 ). Im Laufe der statt-


gefundenen Erholung trat eine deutliche Vergröberung des Subkorn-
gefüges auf, die Subkorngrenzen sind gegenüber denjenigen im walz-
harten Zustand schärfer ausgebildet. Abb.202 veranschaulicht die Ab-

2500:1 2500: 1
Abb. 200. Subkorngefüge von hartgewalzter Abb. 201. Subkorngefüge von gewalzter Reinst·
Reinstaluminiumfolie (AI 99,994). Elektronen· aluminiumfolie (Al 99,994). Nach 2 Minuten
mikroskopische Durchstrahlaufnahme Glühen bei 250 oe im Salzbad (vgl. Abb. 200)
(nach ALUSUISSE [120]). (nach ALUSUISSE [120]).

nahme der Sub körner pro mm 2 nach jeweils 24stündiger Glühung der
walz harten Folie bei verschiedenen Temperaturen. Zwischen 20 und
100 oe findet hinsichtlich Größe der Körner keine nennenswerte Ände-
rung des Subkorngefüges statt. Sehr
7~--~--~----~---r----r---,

'10 5 deutliche Vergröberung erfolgt erst


mm-2 bei Glühung oberhalb 100 oe. Ab
ca. 160 oe beginnen einzelne, offen-
5"----1-
bar gegenüber ihrer Umgebung
l -------'-- -H~-+--+-----1
bevorzugte Subkörner stärker zu

~ 1- Abb. 202. Subkornwachstum in Reinstalurnini-


urnfolie (Al 99,994) nach verschiedener Anlaß-
behandlung. Das Material wurde aus einer etwa
6 rnrn dicken Warrnwalzplatte ohne Zwischen-
gliihung auf Fertigdicke (30 (J.rn) abgewalzt
(nach ALUSUTSSE [120]).
{) 50 100 150 200 250 oe J(}{j
filühfemperafur

wachsen, so daß eine Disproportionierung des Gefüges in wenige große


und viele relativ kleine Subkörner eintritt, wobei die letzteren suk-
zessive verschwinden. Bei 270 0 e ist die Folie mit ca. 500 Körnerjmm 2
vollständig rekristallisiert, und es sind in der Durchstrahlaufnahme keine
Subkörner mehr zu sehen.
Literatur zu Kapitel B 1.1 u. 1.2 253

Die in diesen Untersuchungen erzielten Ergebnisse über das Subkorn-


gefüge im walzharten sowie im angelassenen Zustand geben zu der Ver-
mutung Anlaß, daß das Wachstum vom ausgebildeten Subkorn bis zum
primär rekristallisierten Gefüge in Reinstaluminium ein kontinuierlich
ablaufender Vorgang ist. Die größten und bestausgebildeten Subkörner
dürften dabei, entsprechend der zu ihrer Umgebung relativ niederen
Oberflächenspannung, die besten Wachstumsmöglichkeiten aufweisen.
Nach der BECKschen Wachstumsauslese [129] werden sich hauptsächlich
die Subkorngrenzen mit relativ großer Orientierungsdifferenz verschie-
ben.
Eine weitere Untersuchung der Subkorngröße im gewalzten und ge-
glühten Reinstaluminium wurde von P. A. BECK, B. G. RICKETTS und
A. KELLY [130] durchgeführt. Die Autoren gingen von Einkristallen
aus, die in (110) [I12]-Lage um 80% kaltgewalzt wurden. Die im elek-
tronenmikroskopischen Durchstrahlungsverfahren ermittelte Subkorn-
größe beträgt für den walzharten Zustand 1,2 f1.m. Mit zunehmender
Glühtemperatur werden die Korngrenzen schärfer ausgebildet, der Kon-
trast zwischen den Subkörnern wird größer, und die Subkorngröße steigt
an, wobei jedoch auch bei 300 und 400°0 der Grenzwert von 2,7 f1.m
nicht überschritten wird. Im vor1~genden Fall muß berücksichtigt wer-
den, daß der Kristall in der (110) [112]-Lage gewalzt worden ist, was eine
scharf ausgeprägte Walztextur erwarten läßt. Diese hat zur Folge, daß
zwischen den einzelnen Subkörnern praktisch nur Kleinwinkelkorn-
grenzen auftreten, die nur eine geringe Korngrenzenverschiebungs-
geschwindigkeit aufweisen, was sich in einer Verzögerung der Rekristalli-
sation äußert.

Literatur zu Kapitel B 1.1 u. 1.2


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[Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 257

2. Plastische Verformung

Von D. AItenpohl, Zürich; H. Bichsel, Neuhausen am Rheinfall


(Schweiz) u. E. Macherauch, Stuttgart

2.1 Einleitung
Im folgenden werden die wichtigi:lten über die plai:ltii:lche Verformung
von reinstem und legiertem Aluminium vorliegenden Kenntnisse zu-
sammenfassend dargestellt. Im ersten Abschnitt werden die kristallo-
graphischen und geometrischen Faktoren beschrieben. Danach wird
ein Überblick über typische Beobachtungsergebnisse bei der Ein-, Bi-
und lVIehrkristallverformung dei:l reinsten Aluminiums gegeben. Ein
weiterer Abschnitt gibt einen Abriß über neuere Untersuchungsergebnisse
an Aluminiumlegierungen. Dabei werden, dem Umfange der vorliegenden
Untersuchungen entsprechend, die kupfer- und magnesiumhaItigen
Legierungen getrennt yon den soni:ltigen Legierungen besprochen. Einige
Aspekte der technologischen Formgebung werden ebenfalls erörtert. Im
letzten Abschnitt werden die Ergebnisse von Oberflächenbeobachtungen
an kriech- und wechselverformten Aluminiumwerkstoffen zusammen-
gefaßt. Auf die Deutungsmöglichkeiten der erörterten Beobachtun-
gen, insbesondere auf die in Frage kommenden versetzungstheoretischen
Argumente wird nur yereinzelt hingewiesen. Sie sind an anderer Stelle
diese8 Buche8 [1] au:sfiihrlich be"dlrieben.

2.2 Kristallog-raphie und Geometrie der r erformung


Die Grundvorgänge bei der plastischen Verformung von Metallen
umfassen die Bewegung, die Erzeugung sowie verschiedene vVerhsel-
wirkungsproze:sse ,"on Versetzungen. Sie bilden den atomisti,;chcn
Untergrund der makroskopisch beobachtbaren ErfahrungstatsarllenI,
deren wesentlichste die ist, daß die plastische Verformung durch Abglei-
tung bestimmter Gitterebenen längs definierter Gitterrichtungen, abo
streng kristallographisrh erfolgt. Bei Einkristallen kubiseh-flächenzen-
trierter Struktur werden die dichtest belegten Oktaederebenen (111) als
Gleitebenen und die dichtest belegten Rhombendodekaederrichtungen
[110] als Gleitrichtungen beobachtet. Jede Oktaederebene enthält drei
lIlögliehe Gleitridltuugcn. Jede Kombination einer Gleitebene mit den
in ihr liegenden [tlO]-Richtungen stellt ein Gleitsystem dar. Welrhes
dieser Gleitsysteme bei der plastischen Verformung bestätigt wird,
hängt von der KristaUorientierung ah. Dasjenige Gleitsystem wird
primär aktiviert, in dem die größte Srhu bspannung wirh;am ist. erden "T
1 8ic'he dazu ~\bb. 171, S. 223.

17 Alt('upuhl Alllminiulll
258 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

mit A bis D die Pole der möglichen Gleitebenen, mit I bis VI die der
Gleitrichtungen bezeichnet, so ermöglicht Abb.203 mit der Bezeich-
nungsweise von E. SCHMID und W. BOAS [2] vorherzusagen, welches
Gleitsystem bei der vorliegenden Kristallorientierung als primäres
System aktiviert wird. Für Orientierungen innerhalb der einzelnen
Dreiecke der Abb. 203 gibt der Buchstabe die primäre Gleitebene, die
römische Ziffer die Gleitrichtung an. Da wegen der kubischen Symmetrie
jede kristallographische Rich-
tung im Raum 47 völlig gleich-
wertige hat, legt man heute all·
gemein die Orientierung einer
Kristallstabachse bezüglich der
Richtungen [100] und [111] bzw.
[110] im Grunddreieck der ste-
reographischen Projektion fest.
1'6 Dieses umfaßt gerade 1/48 aller
möglichen Richtungen. Für alle
Kristallorientierungen inner-
halb dieses Grunddreieckes, das
in Abb.203 schraffiert einge.
zeichnet ist, ist das Gleitsystem
(111) [101] schubspannungsmä-
ßig gegenüber allen anderen aus·
Abb. 203. Kla8sische Festlegung der Gleitelemente gezeichnet. Man nennt es des·
kubisch-flächenzentrierter Einkristalle nach E.
SCHMID und W. BOAS [2]. Der Buchstabe gibt die halb Hauptgleitsystem.
Gleitebene. die römische Ziffer die Gleitrichtung Bei der plastischen Verfor-
der Systeme, die bei Orientierungen innerhalb der
einzelnen Orientierungsdreie<;,ke als Hauptgleit- mung ändern Einkristalle ihre
system betätigt werden. Da alle Gleitrichtungen Form und ihre Orientierung. Zur
doppelt gezählt wnrden (positive und negative
Richtung), treten insgesamt 24 Gleitsysteme auf. Klärung grundsätzlicher Fragen
erfolgt die Einkristallverfor-
mung überwiegend im Zugversuch. Dabei werden meist zylinder.
förmige Kristalle bekannter Orientierung unter Anstrebung von Mo-
mentenfreiheit in geeignete Fassungen, z. B. einer POLANYI-Apparatur,
eingespannt und mit konstanter Geschwindigkeit verformt. Für die ein-
setzende plastische Verformung ist die in der primären Gleitebene in
Gleitrichtung wirksame Schub spannung T = fl a bestimmend. Dabei
ist fl = sin X cos A der sogenannte Orientierungsfaktor, der die Lage
von Gleitebene und Gleitrichtung gegenüber der mit der Kristallstab-
achse übereinstimmenden Zugrichtung wiedergibt, a die äußere Zug-
spannung, A der Winkel zwischen Zug- und Gleitrichtung und X
der Winkel zwischen Zugrichtung und Gleitebenennormale. Eine an-
schauliche Beschreibung des Verformungsprozesses bei Betätigung
eines Gleitsystems liefert das bekannte Holzscheibenmodell von H. MARK,
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 259

M. POLANYl und E. SCHMID [3], das, ursprünglich für hexagonale Kristalle


beschrieben, sinngemäß auf kubisch-flächenzentrierte Metalle mit ein-
facher Oktaedertranslation übertragbar ist.
Bei anwachsender Zugverformung wird der Winkel A zwischen
Zugrichtung und Gleitrichtung immer kleiner. Die Zugrichtung dreht sich
stetig mehr und mehr in die Gleitrichtung, und zwar in einer Ebene, die
durch die Ausgangsrichtung der Kristallachse und die Gleitrichtung
festgelegt ist. Bezeichnet man mit Zo und Zi die Probenlänge vor und nach
einer bestimmten Verformung, mit Ao und Ai die zugehörigen Winkel
zwischen Zugrichtung und Gleitrichtung, so
gilt der Zusammenhang [2]

li sin Ao
Zo sin Ai'

Da Zi mit zunehmender Verformung anwächst,


wird Ai entsprechend kleiner. Die bei einfacher
o ktaedertranslation auftretenden .Änderungen
der Einkristallorientierung beim Zugversuch
sind in Abb. 204 in stereographischer Projek-
tion wiedergegeben. Daraus ist zu entnehmen, Abb. 204. Orientierung,ände·
daß für alle Kristallorientierungen innerhalb rungen kubisch-ßächenzentrier'
ter Kristalle bei Betätigung des
des Grunddreiecks bei Betätigung des primären primären Gleitsystems. Im
Grunddreieck orientierte Kri·
Gleitsystems (111) [101] die Wanderung der stalle ändern ihre Orientierung
Zugachsen in Richtung auf den [to1]-Pol er- längs der eingezeichneten Wau-
derungskreise in Richtung auf
folgt. [101] zu. bis die SymJUetra\t'
Für die Orientierungen innerhalb des [1001- [111] erreicht wird.

Grunddreiecks ist der Orientierungsfaktor p


und damit auch die Schubspannung für das Hauptgleitsystem (111}
[101] am größten. Die Schubspannungen erreichen aber in den anderen
Gleitsystemen zum Teil ebenfalls recht erhebliche Werte. Die Gleit-
systeme, die bei einer bestimmten Kristallorientierung kleinere Schub-
spannungen aufnehmen als das primäre, werden latente Gleitsy-
steme genannt. Erreicht die Schubspannung auch in diesen den kriti-
schen Wert, so tritt dort ebenfalls Abgleitung auf, und die obigen Be-
trachtungen hinsichtlich der Orientierungsänderungen sind nicht mehr
gültig. Einen einfachen Überblick über die Gesamtheit der latenten Gleit-
systeme liefert Abb. 205, wo die den möglichen Gleitebenen zukommen-
den Flächenpole mit den zugehörigen Gleitrichtungen durch Pfeile ver-
bunden sind. Die an den Pfeilen angegebenen Zahlen 2 bis 12 geben die
heute üblicherweise benutzte Numerierung der latenten Systeme
wieder. Je nach Orientierung des Kristalls kommen verschiedene latente
Gleitsysteme dem primären Gleitsystem schubspannungsmäßig am

17*
260 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik Lit. s. 303

nächsten [4, 5]. Für Orientierungen auf den Begrenzungen und Ecken
des Grunddreiecks sind von Anfang an zwei oder mehr Gleitsysteme
geometrisch und damit schubspannungsmäßig gleichberechtigt. Werden
bei dort liegenden Kristallorientierungen diese Systeme auch gleich-
zeitig oder wechselweise betätigt, so spricht man von Doppel- oder Mehr-
fachgleitung. Bei Kristallorientierungen, die mit den hochsymmetrischen
Richtungen [100], [111] und
[/JoD [110] zusammenfallen, sind bei-
spielsweise 8, 6 und 4 Gleit-
systeme geometrisch gleich-
wertig.
:Für die Orientierungsände-
rungen bei der Zugverformung
von Einkristallen kubisch-
[oi [010] flächenzentrierter Metalle er-
gibt sich somit folgendes Bild:
Bei Kristallen, deren Zug-
achsen im Inneren des Grund-
dreiecks liegen, durchlaufen
diese stetig zunächst die in
Abb.204 eingezeichneten Zug-
[ooff achsenwanderungskreise, bis
Abb. 205. Die zu den einzelnen Gleitsystemen ge-
die Nähe der Symmetralen
hörenden Gleitelemente. Die in den Verbindnngs- [100]-[111] erreicht wird. Ab
pfeilen der zugehörigen Gleitebenen und -richtungen
angegebenen Zahlen geben die heute übliche Nu- dort ist dem primären Gleit-
merierung der Gleitsysteme wieder. system (B IV in der in Abb.
203 gewählten Bezeichnungs-
weise) das Gleitsystem (111) [110] (CI in Abb. 203) gleichwertig, und die
weitere Orientierungsänderung erfolgt so, daß sich die Zugachse mehr
und mehr einer zu beiden Gleitrichtungen symmetrischen Lage zu-
wendet. Die Orientierungsänderung erfolgt längs der Symmetralen auf
die Richtung [211] zu, die asymptotisch bei unendlich großer Verfor-
mung erreicht würde. In Abb. 204 ist dieses Verhalten durch die in der
Symmetralen [100] - [111] eingezeichneten Pfeile angedeutet. Bei Kri-
stallorientierungen, die auf den Begrenzungen [110] - [111] bzw. [100] -
[110] des Grunddreiecks liegen, sind im primären Gleitsystem und in
den Systemen (ln) [011] bzw. (111) [101] (BVundAIIlnachAbb.203)
gleiche Schubspannungswerte wirksam. Die Orientierungsänderung er-
folgt in diesen Fällen längs der Begrenzungen des Grunddreiecks in
Richtung auf den [111]- bzw. [100]-Pol zu. Doppelpfeile auf diesen
Grunddreiecksbegrenzungen deuten diesen Sachverhalt in Abb. 204 an.
Stabachsenorientierungen schließlich, die mit den [100]- bzw. [111]-
Polen übereinstimmen, werden - je nachdem welche Systeme zufällig
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 261

aktiviert und blockiert sind - mehr oder weniger unregelmäßige Orien-


tierungsänderungen um diese Pole erfahren.
Experimentell werden diese Voraussagen bestätigt. In Abb. 206a ist
die im Zugversuch beobachtete Orientierungsänderung eines Aluminium-
einkristalls [6] wiedergegeben. Wie erwartet, biegt bei Annäherung an die
Symmetrale [100] - [111] die Zugachsenorientierung von dem für ein-
fache Oktaedertranslation bezeichneten Weg ab und nähert sich bei sehr
hohen Verformungsgraden der Richtung [211]. In Abb. 206b ist diesem

/}off
[tog

[114/
Abb.206a u. b. Beobachtete Orientierungsänderungen bei der Zugverformung kubisch·flächen-
zentrierter Einkristalle.
a) Orientiernngsänderung eines Aluminiumeinkristalls. Die Kreuze geben die nach verschieden großen
Abgleitung (Zahlenwerte) beobachteten Orientierungen. Man erkennt die Abweichung der Orien-
tierung vom eingezeichneten Wandernngskreis bei Annähernng an die Symmetrale in Richtung auf
den (211)-Pol zu; b) Orientiernngsändernng eines Au-Einkristalls. Hier erfolgt die Orientierungs-
änderung längs der Zugachsenwandernngskreises über die Symmetrale hinaus. Der Kristall "über-
schießt". Erst danach setzt Umkehr der Orientiernngsändernng in Richtung auf den (211)-Pol ein.

Befund die Orientierungsänderung eines zugverformten Goldeinkristalls [7]


gegenübergestellt. Hier bleibt bei Annäherung der Zugachsenrichtung
an die Symmetrale das im Falle des Aluminiums betätigte sekundäre
System (111)-[110] unterdrückt. Die Orientierung des Goldeinkristalls
ändert sich auch nach Erreichen der Symmetralen weiter in Richtung auf
den [101 ]-Pol zu. Erst nach hinreichend hoher Verformung kehrt sich
die Richtung der Orientierungsänderung um. Die Zugachse wandert
zurück zur Symmetralen, um dort schließlich in Richtung auf den
[211 ]-Pol einzumünden. Dieses Überschießen setzt immer dann ein, wenn
die Verfestigung des latenten Systems größer als die des Hauptgleit-
systems ist. Wesentliche Abgleitung im latenten Gleitsystem wird dann
verhindert. Erst wenn die Verfestigung in beiden Systemen den gleichen
Wert erreicht, ist das Überschießen beendet und die Orientierungs-
änderung erfolgt wieder in Richtung auf die Symmetrale. Diese Er-
scheinung des überschießens ist typisch für Metalle mit kleiner Stapel-
262 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

fehlerenergie, wird also bei Aluminium nicht erwartet und ist bisher
dort bei der Einkristallverformung auch nicht beobachtet worden.
Die Bildung von Verformungszwillingen wurde bei Aluminium bis-
her selbst bei extrem tiefen Verformungstemperaturen [15, 16] nicht fest-
gestellt.
Bei der Hochtemperaturverformung [8 bis 13] von Aluminiumein-
kristallen aus dem durch die Pole [110], [111] und [211] begrenzten Orien-
tierungsbereich werden neben Abgleitungen im primären Gleitsystem
auch solche aufWürfelflächen (100) mit Gleitrichtungen [110] beobachtet
[8,9]. Der Weg der Zugachsenwanderung läuft in solchen Fällen auf
den [l11]-Pol zu. Auch bei Ausgangsorientierungen in der anderen Hälfte
des Orientierungsgrunddreiecks tritt bei der Hochtemperaturverfor-
mung abweichend vom Normalfall bereits vor Erreichen der Symmetra-
len [100] - [111] Mehrfachgleitung in mehreren Oktaedersystemen auf,
die zu einer Orientierungsänderung in Richtung auf den [100]-Pol hin
führt. Bei Verformung oberhalb 450°0 wurden neben (111)- und (100)-
Ebenen auch noch andere Gleitebenen beobachtet [10 bis 13]. Als mög-
liche Gleitebenen wurden Ebenen vom Typ (110), (112) und (113) disku-
tiert. Die Ergebnisse sind vorerst nicht einheitlich: Bei Schubversuchen
mit für Abgleitung auf Nichtoktaederebenen günstig orientierten Ein-
kristallen wurden bei Verformungstemperaturen von 400 und 600 oe
keine Hinweise auf Nichtoktaedergleitung gefunden [14].

2.3 Verformung von Reinstaluminium

2.31 Einkristalle

2.311 Verfestigungskurven. Eine Vorstellung von den Verfestigungs-


kurven raumtemperaturverformter Reinstaluminiumeinkristalle ver-
schiedener Orientierung [17] gibt Abb. 176 auf Seite 228. Aufgetragen
ist die Schub spannung 'Z' als Funktion der Abgleitung a. Wie man
sieht, ergibt sich für die einzelnen Orientierungen ein verschieden-
artiger Kurvenverlauf. Das SCHMIDsche Schubspannungsgesetz [181,
das eine Orientierungsunabhängigkeit der kritischen Schubspannung
fordert, ist bei Aluminium ebenso wenig erfüllt 'wie das verallge-
meinerte Schubspannungsgesetz [19], nach dem die Einkristallver-
festigungskurven orientierungsunabhängig sein sollten. Die Unter-
suchungen der letzten Jahre [7, 17, 20 bis 28] haben sichergestellt,
daß bei Reinstaluminiumeinkristallen mittlerer Orientierungen Schub-
spannung und Abgleitung bei genügend tiefen Temperaturen nicht
parabolisch voneinander abhängen, sondern die in Abb. 207 schematisch
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 263

wiedergegebene .Form besitzen. 1 Während die Raumtemperaturverfesti-


gungskurve von einem flachen Anfangsteil unmittelbar in einen paraboli-
schen Endteil (vgl. Abb. 207 a) übergeht, sind die bei hinreichend tiefer
Verformungstemperatur auftretenden Verfestigungskurven in drei
Bereiche I, II und III (vgl. Abb. 207b) unterteilbar [27,28]. Im Bereich
I, dem easy-glide-Bereich, ist der Zusammenhang zwischen Schub-
spannung und Abgleitung linear, so daß sich ein konstanter Verfesti-

Bereich! !lereichD

lm
I Vu=(::i
V.
I
=(;d~)
da I

·0
a Abg/eifung b aß am Abg/eifung
Ahh. 207a u. b. Schematische Yerfestigungskurven einesAlurniniurneinkristallsmittJercr Orientierung.
a hei Ranmtemperatur; h hei tiefer Temperatur.

gungskoeffizient VI = dT/da ergibt. In Bereich II tritt ein gegenüber


dem easy-glide-Bereich wesentlich steilerer, aber ebenfalls konstanter
Verfestigungsanstieg VII auf. Oberhalb einer wenig orientierungs- und
stark temperaturabhängigen Schubspannung TIII setzt ein mit zunehmen-
der Verformung immer flacher werdender Verfestigungsanstieg ein.
Bei der in Abb. 207 a skizzierten Raumtemperaturverfestigungskurve
eines Aluminiumeinkristalls mittlerer Orientierung wird an Stelle von
Bereich II ein Übergangsintervall beobachtet, in dem die Verfestigungs-
kurve stetig ihre Krümmung ändert und der Anfang von Bereich 111
praktisch mit dem Ende von Bereich I zusammenfällt. Bei einer Ver-
formungstemperatur von 4°K umfaßt die Einkristallverfestigungskurve
von Aluminium dagegen nur noch Bereich I und II. weil die Kristalle
brechen, bevor Bereich III erreicht wird.
Die Temperaturabhängigkeit der kritischen Schubspannung und der
Fließspannung [25, 30] von Reinstaluminiumeinkristallen wurde sehr
ausführlich untersucht. A. H. COTTRELL und R. J. STOKES zeigten, daß
das :Fließspannungsverhältnis von nacheinander bei verschiedenen
Temperaturen verformten Reinstaluminiumkristallen unabhängig vom

1 Einkristalle mit "mittlerer Orientierung" liegen im Mittelteil des Orientierungs-


dreiecks (Z. B. Kristall Nr. 4 in Abb. 176, S. 228), im Gegensatz zu Einkristallen mit
"Eckorientierung" .
264 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

Verformungsgrad ist. Die Temperaturabhängigkeit der auf die Meßwerte


bei 4,2°K bezogenen Fließspannungen [25, 30] ist in Abb. 208 wieder-
gegeben. Wie man sieht, nimmt das Fließspannungsverhältnis (Kurve a)
monoton mit steigender Temperatur ab. Auch bei Eliminicrung der
Temperaturabhängigkeit der elastischen Konstanten (Kurve b) ist die
starke Temperaturabhängigkeit des Fließspannungsverhältnisses bei
tiefen Temperaturen nicht zu übersehen. Die Temperaturabhängigkeit
der Fließ spannung abgeschreckter Reinstaluminiumeinkristallc wurde
kürzlich ebenfalls näher untersucht [31], wobei sich praktisch derselbe
Verlauf wie in Abb. 208 ergab.

.--+------r-~-
!--x i
I j-k~.,
i a~
100 200 300 0 K 400
Prüffemperafur
Abb. 208. Yerhältnis zwischen der }'ließspannnng bei Temperaturen zwischen 4,2 und 400 °K unu
der bei 4,2 °K gmnessenen. Zugversuche an Einkristallen aus Reinstaluminiulll
(nach Z. S. BASINSKI [30]).
n geluessell; b nlit Korrektur der Tenlperaturabhängigkeit des E-l\Ioduls.

Das Verformungsverhalten spezieller Einkristallorientierungen wurde


in letzter Zeit sowohl bei Raumtemperatur [32J als auch bei tieferen Tem-
peraturen [33] genauer yerfolgt. Einkristalle mit Eckorientierungen zeigen
nicht das in Abb.207 skizzierte Verhalten, sondern unmittelbar nach
Dberschreiten der kritischen Schubspannung einen steileren Verfesti-
gUllgsanstieg als Kristalle mit mittlerer Orientierung!. In keinem Falle
wurde ein Bereich 11 mit konstantem Verfestigungsanstieg beobachtet.
Bei der Wiederbelastung vorverformter Aluminiumeinkristalle tritt,
besonders deutlich bei niederen Verformungstemperaturen, eine Streck-
grenzenerscheinung [22, 25, 34, 35] auf, die in Abb. 181 auf S. 234 be-
schrieben ist. Sie ist von der Verformungstemperatur und von der Fließ-
spannung abhängig.
Der Einfluß der Substruktur auf die .Form der Verfestigungskurve von
Aluminiumeinkristallen wurde von B. JAOUL [36] näher verfolgt.
1 Siehe .Abb. 176, S. 228.
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 265

2.312 Oberflächenbeobachtungen. Auf gut polierten Einkristallober-


flächen werden nach hinreichender plastischer Verformung bereits bei
schwacher Vergrößerung oder unter Umständen sogar mit bloßem Auge
.,Gleitspuren" sichtbar.
Zwei typische Gleitspurenbilder, die an einem quaderförmigen Ein-
kristall lichtmikroskopisch beobachtet wurden, sind in Abb. 209a und b
wiedergegeben [37]. Es treten an Stirn- und Seitenfläche des Kristalls
unterschiedliche Anordnungen der Gleitspuren auf. Bei der vorliegenden
Kristallorientierung werden auf der Stirnseite verzweigte und abgestufte
Gleitspuren beobachtet. auf der Seitenfläche dagegen nur geradlinige.

=.
liO:l 95:1
Abb. 20Ila. Stirnlläche eiue, ]{ein,taluminiulll- Abb. 209b. Seitenfläche eines Reinstalulllinium-
einkristalles nach 7 ~~ Dehnung kristalles nach 7 % Dehnung
(nach R. W. ('AH'! [.'17]). (na"h R. W. ('AHN [.)7 ]).

Die Versetzungs theorie liefert zwanglos eine Erklärung dieses Befundes.


Auf Grund der Orientierung der Gleitelemente treten auf der Stirnfläche
an den Enden der durch Stufenversetzungen erzeugten Gleitbänder
Gleitstufen auf, die von Schraubenversetzungen herrühren, welche durch
Quergleitung ihre Gleitebene geändert haben. Im einen Falle bleiben also
die Gleitspuren geradlinig (Abb.209b), im anderen treten Quergleit-
spuren hinzu (Abb. 209a).
Das Wachstum der Gleitspuren auf Stirn- und Seitenfläche von
Aluminiumeinkristallen erfolgt verschieden rasch, wie N. K. eHEN und
R. B. POND [38] sowie P. HAASEN und R. SIEMS [39] durch Zeitdehnungs-
kinematographie feststellten. Die Messungen ergaben, daß die an den
Stirnftächen austretenden Stufenversetzungen sich mit größerer Ge-
schwindigkeit durch den Kristall bewegen als die an den Seitenflächen
austretenden Schraubenversetzungen.
Erste elektronenmikroskopische Studien der Gleitvorgänge an
Aluminiumeinkristallen wurden von R. D. HEIDENREICH und W. SHOCK-
LEY [40] sowie A. F. BROWN [41] durchgeführt. In beidenArbeiten wird
266 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

festgestellt, daß die in den Abb. 209 a und 209 b beschriebenen licht-
mikroskopischen Gleitspuren, die heute allgemein als Gleitbänder (slip
bands) bezeichnet werden, aus einer Vielzahl einzelner gebündelter Gleit-
linien (slip lines) bestehen. Die Auflösung feinster Einzelheiten verformter
Oberflächen von Aluminiumeinkristallen gelang H. WILSDORF und
D. KUHLMANN-WILSDORF [42 bis 44] mit Siliziummonoxyd-Abdrücken,
die eine wesentlich bessere Auflösung als die bis dahin benützten Oxyd-
abdrücke besitzen. Je nach Verformungsgrad wurden 5 bis 100 Gleit-
linien mit Abständen von 50 bis 500 A innerhalb eines Gleitbandes be-

toooo: 1 16000: 1
Abb. 210. Feingleitnng anf einem Reinstalumi- Abb. 211. GleitlinieIl und Gleitbänder auf
niumeinkristall verformt bei 90 °K in Bereich II einem bei Raumtemperatur verformten Reinst-
(8 = 7%) (nach A. SEEGER n. Mitarb. [45]). aluminiumeinkristall (8 = 30%)
(nach A. SEE GER u. Mitarb. (45)).

obachtet. Die feinsten Gleitstufen - von den genannten Autoren als


"Elementarstruktur" bezeichnet - besaßen eine Höhe von 10 bis 20 A
und eine Länge zwischen 3 und 20 [lm. Bei 2% Abgleitung betrug ihr
mittlerer Abstand 500 A.
Die genauere Untersuchung verformter Einkristalloberfiächen in den
letzten Jahren hat ergeben, daß eine enge Korrelation zwischen den
Oberftächenerscheinungen und den Verfestigungsprozessen besteht [28,
29, 45]. Im easy-glide-Bereich (Bereich I in Abb. 207b), in dem Ab-
gleitung fast ausschließlich im primären Gleitsystem stattfindet, bilden
sich in ihrer Ausdehnung mit den Kristallabmessungen vergleichbare
Gleitlinien als "gleichmäßige Feingleitung" [29] aus. In Bereich II zeigt
das Gleitlinienbild " strukturierte Feingleitung" (vgl. Abb. 210).
Neben Gleitlinien des Hauptgleitsystems sind die sekundärer Gleit-
systeme beobachtbar. Oberhalb iIII ergeben Oberftächenbeobachtungen
erstmals Quergleitspuren, und der strukturierten Feingleitung überlagert
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 267

sich in zunehmendem Maße die Bündelung einzelner Gleitlinien zu Gleit-


bändern (Abb.211). Hinzu kommt in Bereich III bei größeren Verfor-
mungsgraden eine zunehmende Fragmentierung der Gleitbänder, die
sich in einer seitlichen Verschiebung aneinanderstoßender Gleitband-
teile auswirkt. Die einzelnen Fragmente sind vielfach untereinander
durch Quergleitspuren oder durch feine, der Hauptgleitebene zugehörige
Spuren verbunden.
Bei lichtmikroskopischer Beobachtung von Gleitbändern ist die
Gleitbandrichtung meist nicht identisch mit den Spuren der Haupt-
gleitebene. Abb. 212 aus einer Arbeit von A. SEEGER und Mitarbeitern
[45] zeigt, daß das diagonal verlaufende
Gleit band mit nichtkristallogra phischer
Orientierung aus feinen Gleitspuren des
primären und des Quergleitsystems auf-
gebaut ist. Das Bild wurde an einem
Kristall erhalten, der bei 90 0 K vorver-
formt, danach abpoliert und anschlie-
ßend bei Raumtemperatur weiterver-
formt wurde, eine Technik, die erstmals
von C. CRUSSARD [46] angewandt wurde.
Nach W. STAUBWASSER [17] liegen
bei gleicher Abgleitung die Gleitbänder
nach Verformung bei flüssiger Luft viel 11000: 1
Abb. 212. Vom primären Gleitband ausge-
dichter als nach Verformung bei Raum- hende Quergleitspuren (Reinstaluminium)
temperatur, sind aber schwächer aus- (uaell A. SEEGER u. Mitarb. [45]).
gebildet. Auch A. F. BROWN [41] weist
darauf hin, daß die Bildung von Gleitbändern mit steigender Tempera-
tur ausgeprägter wird.
Bei der Untersuchung von Oberflächen verformter Aluminium-
einkristalle werden noch andere Erscheinungen beobachtet, die unter
dem Begriff Deformationsbänder (deformation bands) zusammengefaßt
werden. Sie umfassen nach R. \V. K. HONEYCO;\IBE [48] neben den
Knickbändern (kink bands) die Bänder zweiter Gleitung (bands of
secondary slip), die auch Striemen (striations) genannt werden. Ein-
gehende Untersuchungen von B. JAOUL, 1. BRICOT und P. LACOMBE [49]
bestätigen diese Klassifizierung. Die mit beiden Arten von Oberflächen-
erscheinungen verbundenen Gitterstörungen lassen sich röntgenogra-
phisch nachweisen.
Knickbänder umfassen Bereiche, die gegenüber der Kristallmatrix
gedreht sind. Die Gleitbänder haben dort, wie das Beispiel in Abb. 213
zeigt, einen s-förmigen Verlauf. Nach R. W. CAHN [37] verlaufen die
Knickbänder in schwach verformten Proben parallel zu (110)-Ebenen,
deren Normalen mit der Gleitrichtung zusammenfallen. Knickbänder
268 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

können als um eine [211 ]-Richtung der Gleitebene gedrehte Kristall-


bezirke gedeutet werden. Nach S. MADER und A. SEEGER [47] entstehen
im Bereich I und II der Verfestigungskurve kubisch-flächenzentrierter
Metalle nur wenige, im Bereich III dagegen viele Knickbänder. Bei der
Raumtemperaturverformung von Aluminiumkristallen werden daher
bereits nach kleinen Verformungsgraden ausgeprägte Knickbänder be-
obachtet. Da mit den Knickbändern Gitterverbiegungen verbunden
sind, ist eine starke Zunahme des Asterismus der LAuE-Reflexe nach
Übergang in Bereich I I I der Verfestigungskurve zu erwarten, was
H. LANGE und K. LÜCKE [22] auch be-
stätigen. Hohe Verformungsgeschwin-
digkeiten begünstigen dic Knickband-
ausbildung.
Das Auftreten von Knickbändern ist
stark orientierungsabhängig. Kristalle
mit Orientierungen in der Mitte und in
der Nähe der Begrenzung [100] - [110]
des Grunddreiecks zeigen besonders aus-
geprägte Knickbänder. Nach R. W. K.
HONEYCOMBE [48] hemmt die Aktivie-
rung eines sekundären Gleitsystems in
200:1
frühen Vcrformungsstadien die Knick-
Abb. 213. Knickbauu an der Seitenfläche
eines gedehntenlteinstaluminiumkristalls bandausbildung.
(n ach R W. CAHN [ 3 7]) . Einzelheiten über Bildung der Knick-
bänder und ihre Stabilität können Ar-
beiten von H. MÜLLER [50] sowie S. MADER und A. SEEGER [47] ent-
nommen werden.
Bänder sekundärer Gleitung (Striemen) umfassen Oberflächenbereiche,
in denen die Gleitspuren des Hauptgleitsystems schwach gegenüber
den mit wachsender Verformung immer stärker ausgeprägten Gleit-
spuren eines Sekundärsystems bleiben. Die von dieser Erscheinung, die
auch die Namensgebung [48] bestimmte, erfaßten Kristallbereiche gehen
nich1{ durch Drehung um eine [211]-Richtung aus dem ungestörten
Gitter hervor. Striemen treten besonders bei den Kristallorientierungen
auf, bei denen nur geringe Knickbandbildung beobachtet wird. Ihre
Dichte nimmt mit wachsender Verformungsgeschwindigkeit und ab-
nehmender Temperatur zu [51]. Vermutlich handelt es sich bei der von
H. J . GAUGH, H . L. Cox und G. D. SOPWITH [52] beschrieben "Herings-
gräten-Struktur" um mehrere parallele Bänder sekundärer Gleitung.
Abb. 214 zeigt ein von H. WILSDORF und D. KUHLMANN-WILSDORF
[42] beobachtetes Deformationsband, auf dem alle von links auf das
Band auftreffenden Gleitbänder hell, alle von rechts kommenden dunkel
erscheinen. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß die Verformung ent-
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 269

weder mit verschiedenen Gleitrichtungen oder mit gleicher Richtung,


aber verschiedenen Vorzeichen erfolgte. Das Deformationsband selber
zeigt Spuren eines sekundären Gleitsystems.
Durch eine Reihe von Untersuchungen [53 bis 59] ist sichergestellt,
daß die mechanischen Eigenschaften von Metalleinkristallen durch
oberflächenaktive Substanzen beeinflußt werden. Auch Aluminium-
einkristalle zeigen Veränderungen ihres plastischen
Verhaltens, wenn sie unter Einwirkung bestimmter
Lösungen verformt werden. 1. R. KRAMER [58] hat
kürzlich gezeigt, daß bei Aluminiumeinkristallen
mittlerer Orientierung die Verformung in verschieden
konzentrierten Mischungen aus Paraffinöl und Stea-
rinsäure zu merklichen Anderungen von Ausdeh-
nung und Anstieg des easy-glide-Bereichs, aber zu
keiner Anderung der kritischen Schubspannung
führt. Einen merklichen Einfluß des beim elektroly-
tischen Polieren von Aluminium in H J P0 4 ent-
stehenden anodischen Oberflächenfilms auf die kri-
tische Schubspannung, die Fließspannung und die
Feinstruktur der Gleitbänder hat r. TAMAKURA [59]
festgestellt.

2.32 Bi-, Tri-und Mehrkristalle


Der Einfluß von Korngrenzen auf die Verfor-
mung von Aluminiumkristallen läßt sich am über-
sichtlichsten aus Versuchen mit Bi-. Tri- und Mehr-
kristallen entnehmen. von denen eine größere Zahl
Ahb. 2J 4. DeformatiollHhalld in einer lllll 11 ~'o geLlehntcll
vielkriHtallinen Reinstaluminiumprobe
(na('\, H. WIL~IlO1{F u. D. KUHL>IANN-WILHDORF [42]).
(j50:1

[26, 60 bis 67] vorliegt. R. CLARK und B. CHALMERS [60] untersuehten


Bikristalle, von denen je eine (l11)-Ebene um 45° geneigt zu der
zur Zugrichtung parallelen Korngrenze lag. Durch Drehung um eine
bei'len Kristallen gemeinsame Achse wurde der Winkel zwisehen den
Gleitrichtungen in der gemeinsamen Gleitebene variiert. Mit wachsen-
dem Orientierungsuntersehied beider Kristalle wurde eine Zunahme
der Dehngrenze und ein stark erhöhter Verfestigungskoeffizient des easy-
glide-Bereiehs bei gleiehzeitiger Reduzierung seiner Länge beobachtet.
Bei Untersuchungen von K. T. AusT und N. K. CHEN [611 besaßen beide
Aluminiumkristalle eine gemeinsame [110]-Richtung parallel zur Zug-
richtung. Durch Drehung eines Kristalls um diese Richtung konnte die
Lage der Gleitebene bezüglich der Korngrenze variiert werden. Auch bei
270 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik Lit. S. 303

diesen Untersuchungen wirkte sich eine stärkere Orientierungsdifferenz in


einer Dehngrenzen- und V/-Zunahme sowie in einer Abnahme der Aus-
dehnung des easy-glide-Bereichs aus. R. L. FLEISCHER und W. A. BACK-
OFEN [62] führten Bikristallversuche bei Temperaturen des flüssigen
Stickstoffes und Heliums durch, um den Korngrenzeneinfluß auf die
Deformationsprozesse im Bereich 11 der Einkristallverfestigungskurve
zu untersuchen. Es ergab sich, daß ähnlich wie bei Aluminiumein-
kristallen auch bei Bikristallen die Dehngrenze und die Ausdehnung
der Bereiche 1 und 11 mit abnehmender Temperatur zunehmen, daß
aber je nach Bikristalltyp Anstieg und Ausdehnung des easy-glide-

l,o~~~~~~-+~~~r-~~~~~-+~~~

kp/mm 2

1,2·~~~~~~-+~~-=-i"'-~~+

El
[I).

o 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 % 6,0


Dehnung
Abb. 215. Gegenüberstellung der Verformungskurven zweier verschieden orientierter Einkristalle
<I~I und I:TI) mit der eines Bikristalls (III~I), dessen Kristalle die gleiche Orientierung wie die vermesse-
nen Einkristalle hatten. Reinstaluminium Al 99,993; Verformung.temperatur 295°K
(nach R. L. FLETSCHER n. W. A. BACKOFEN [62]).

Bereichs unterschiedliche Änderungen durch die Korngrenze erfahren.


Der Verfestigungsanstieg in Bereich I I wurde durch die Korngrenze
nicht beeinflußt.
Die Auswirkung einer Korngrenze auf die Verfestigungskurve kann
Abb.215 entnommen [62] werden. Dort sind die Einkristallverfesti-
gungskurven zweier zu einem Bikristall gekoppelter Kristalle der er-
haltenen Bikristallverfestigungskurve gegenübergestellt. Wie man sieht,
tritt bei diesem Bikristalltyp der bei beiden Einkristallen deutlich aus-
geprägte easy-glide-Bereich bei Raumtemperaturverformung nicht auf.
Die Fließgrenze des Bikristalls ist erhöht, seine Fließspannung liegt ab
etwa 1 %Verformung ungefähr 0,3 kp/mm 2 über den Einkristallkurven.
Bei Bikristallen mit hinreichenden Orientierungsunterschieden wird
in Korngrenzennähe Mehrfachgleitung beobachtet. K. T. AusT und
N. K. CHEN [61] fanden bei ihren Versuchen nahe der Korngrenze
Doppelgleitung, R. L. FLEISCHER und B. CHALlVIERS [63], die den Ein-
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung von Aluminium 271

fluß der Querschnittsabmessungen der Kristalle eines Bikristalls auf


dessen Verfestigungskurve untersuchten, sowie R. L. FLEISCHER und
W. A. BACKOFEN [62] beobachteten beiderseits der Korngrenzen aus-
geprägte Mehrfachgleitung. J. D. LIVINGSTON und B. CHALMERS [64]
konnten unter Benutzung eines speziellen Versetzungsmodells die in
Bikristallen bestimmter Orientierungen über die Korngrenze hinweg
aktivierten sekundären Gleitsysteme in guter Übereinstimmung mit den
experimentellen Befunden voraussagen. In drei Fällen wurden dabei
Gleitspuren von (110)-
Ebenen beobachtet. Bei
Untersuchungen über die Z2I-------~------+-------+=~~~--~
kp/mm J,Z
kristallographische Na-
tur der Gleitvorgänge in
Korngrenzennähe von §!;>, 1 I-------:-h"t--:~----+_------+_-------l
Aluminium-Bi- und Tri- ~
kristallen wurde von T. 4
OJALA, C. ELBAUM und
W. C. WINEGARD [65] o 3 3
Nichtoktaedergleitung Dehnung %"
auf (110)-, (331)- und Abb. 216. Raumtemperaturverfestigungskurven von Mehr-
(221)-Ebenen gefunden. kristallen aus Reinstalnminium. n gibt die Zahl der Kri-
stalle im Probenqnerschnitt an
In allen Fällen wurde (nach R. L. FLEISCHER H. W. F. HOSFORD [67]).
diese von der Korngrenze
ausgehend durch Oktaedergleitung im Nachbarkristall induziert. Auch
von R. L. FLEISCHER und W. A. BACKOFEN [62] wurde bei Bikristall-
versuchen in einem Falle (110)-Gleitung beobachtet.

Die Ergebnisse dieser Bi- und Trikristalluntersuchungen stellen


ein wichtiges Bindeglied zu den bei der Verformung von Aluminium-
mehrkristallen [66, 67] mit einer kleinen Zahl n von Kristallen pro
Querschnittsfläche auftretenden Erscheinungen dar. Raum- und Tief-
temperaturuntersuchungen [67] solcher Mehrkristalle, deren Kristallite
alle freie Oberflächen besaßen, haben gezeigt, daß vor allem bei kleinen
n- Werten ein starker Einfluß der Zahl der Kristallite pro Querschnitts-
fläche auf die Verfestigung best.eht. Dabei ergab sich, daß Mehrkristalle
bei Raumtemperatur keinen, bei Heliumtemperatur bis zu n < 8
einen easy-glide-Bereich zeigen. Abb.216 enthält einige Mehrkristall-
verfestigungskurven, die von R. L. FLEISCHER und W. F. HOSFORD [67]
bei Raumtemperatur aufgenommen wurden. Maximal zwei bis drei
Gleitsysteme liefern praktisch die gesamte Abgleitung der Kristallite.
Die starke Inhomogenität der Verformungsprozesse bei Mehrkristallen
geht aus Untersuchungen von V. M. URIE und H. L. WAIN [68] hervor,
die die Dehnungsverteilungen in flachen Mehrkristallproben mit einer
t~
-.)
~

§' 15 1 11 rdl' 1_ 1 ~ li c I :1\ A: 1 I i I ~ J.fu I


~ f
~ '"
S'
'"
~
10 50 180 mm?O
"'"
o 30 30 fO
I .,~
I
[
5
'"
A ----8 ~
~
~
Abb. 217. Inhomogene Dehnungsverteilung längs des Schnittes A-B eines Aluminiummehrkristalls nach 5% (I) und 10% (lI) mittlerer Gesamtdehnung, Reinst· ~
aluminium Al 99,99 (nach V. M. URIE n. H. L. WArN [68]).

F.f'"
~
~
o
~
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 273

"Photogrid-Methode"l ermittelten. Typische Dehnungsverteilungen


längs der Kristalle des Mehrkristalls bei Gesamtdehnungen der Probe von
5 und 10% sind in Abb. 217 wiedergegeben. In der Nähe der Korngrenzen
werden Deformationsbeschränkungen, deren Art von der Orientierungs-
beziehung der Nachbarkristalle abhängt, beobachtet.

2.33 Vielkristalle

Die Ergebnisse der besprochenen Mehrkristalluntersuchungen liefern


einen direkten Zugang zu den Verformungsvorgängen in Aluminium-
vielkristallen, deren Kristallite mit Ausnahme der oberflächennahen
allseitig von Korngrenzen umgeben sind. Hier sind die Verformungs-
prozesse der Kristallite von Anfang an durch die Korngrenzen stark
behindert und laufen wesentlich komplexer ab als bei den erwähnten
Bi- und Mehrkristallversuchen. Die Kristallite des Vielkristallverbandes
müssen sich bei der Verformung unter Erfüllung bestimmter Stetigkeits-
bedingungen [69] für Spannungen und Verzerrungen an den Korngrenzen
aneinander anpassen. Einfachgleitprozesse sind daher von vornherein
weitgehend auszuschließen. Die Abgleitbehinderung an den Korngrenzcn
führt dort zu Versetzungsaufstauungen mit komplexen Spannungs-
feldern, die durch Aktivierung sekundärer Gleitprozesse in Nachbar-
kristalliten ausgeglichen werden können. Der einzige Prozeß, der die
komplizierten Vorgänge bei der Vielkristallverformung innerhalb und
an den Grenzen der Kristallite des Haufwerkes ermöglichen kann, ist
Mehrfachgleitung. Bekanntlich [70] können unter der Bedingung der
Volumkonstanz beliebige Verzerrungen, wie sie u. U. zur Erhaltung des
Zusammenhanges an den Korngrenzen erforderlich sind, durch die
Betätigung von fünf voneinander unabhängigen Gleitsystemen erzeugt
werden.
Mehrfachgleitprozesse werden bei der Zugverformung von Alu-
miniumvielkristallen schon nach sehr kleinen Verformungsgraden be-
obachtet. Sie treten bereits bei relativ großen Kristallitabmessungen
auf, allerdings dann am ausgeprägt esten in Korngrenzennähe. Die
gleichzeitige Betätigung mehrerer Gleitsysteme führt zu Versetzungs-
reaktionen, bei denen unbewegliche LOMER-COTTRELL-Versetzungen [1]
gebildet werden. Diese unterbinden das Auftreten eines easy-glide-
Bereichs bei der Vielkrio;tallverformung.
Wegen der Schwierigkeit, die der Untersuchung von Gleitprozessen
in einzelnen Kristalliten des Vielkristallverbandes im Wege stehen,

1 Die elektrolytisch polierte Probe wird vor der Verformung auf photogra-
phischem Wege mit einem feinen Strichgitter versehen. Dieses erlaubt, nach er-
folgter Verformung die Verlängerung der einzelnen Körner zu messen.

18 AItenpohl. Aluminium
274 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

wurden erst in den letzten Jahren Detailuntersuchungen an Proben mit


Kristallitgrößen bis hinab zu 100 [Lm durchgeführt. Von T. KAWADA [71]
sowie G. J. OGILVIE [72] wurde dabei beobachtet, daß vielfach die Gleit-
bänder benachbarter Kristallite in einem Punkt der Korngrenze zu-
sammentreffen, auch wenn sie in beiden Kristalliten nicht parallel zu-
einander verlaufen. Gleitbandübergänge an den Korngrenzen wurden
von G. J. OGILVIE [72] nur bei gerade verlaufenden Korngrenzen und
nur dann gefunden, wenn die Schnittgerade der Gleitebenen benachbarter
Kristallite in der Korngrenze liegt und vom [110]-, [123] oder [122]-Typ
in beiden Kristalliten ist. Nach neueren Untersuchungen [73] treten
jedoch auch Gleitbandübergänge bei gekrümmten Korngrenzen auf, und
die an den Korngrenzen zusammentreffenden Gleitebenen schneiden
sich in den verschiedensten Richtungen, die auf einem durch die [211]-
und [110]-Pole des Orientierungsgrunddreiecks gehenden Großkreis
liegen. Bei der Induzierung von Gleitprozessen in Korngrenzennähe
ändern im allgemeinen die die Korngrenze durchsetzenden Gleitspuren
ihre Richtung, wobei Richtungsänderungen bis zu 65° beobachtet werden.
E. MACHERAUCH und D. MUNZ [74] zeigten kürzlich bei Aluminium-
vielkristallen mit Kristallitgrößen bis zu 100 [Lm, daß die durch Ver-
setzungsaufstauungen an den Korngrenzen im Nach barkristall induzierten
Abgleitprozesse dem in Abschnitt 2.32 erwähnten Versetzungsmodell von
J. D. LIVINGSTON und B. CHALMERS [64] genügen, wenn die Abgleitungen
in Oktaederebenen erfolgen. Untersuchungen von R. J. HARTMANN und
E. MACHERAUCH [75] ergaben, daß die bei der Vielkristallverformung
betätigten Gleitsysteme nicht immer der schubspannungsmäßig er-
warteten Reihenfolge entsprechen. In den meisten Fällen liefert anfangs
zwar das Hauptgleitsystem den überwiegenden Anteil der Abgleitung,
aber bereits nach kleinsten Verformungsgraden werden sekundäre
Gleitsysteme aktiviert, deren Schubspannungen gegenüber der des
primären bis um einen Faktor 0,3 verschieden sein können. Dieselben
Autoren [76] untersuchten auch die bei kleinen Verformungsgraden
auftretenden Orientierungsänderungen oberflächennaher Kristallite der
Vielkristallmatrix. Diese erwiesen sich als stark abhängig von den
Wechselwirkungen, die zwischen benachbarten Kristalliten während der
plastischen Verformung bestehen.
W. BOAS und G. J. OGILVIE [77] sowie T. OJALA, C. ELBAuM und
W. C. WINEGARD [78] beobachteten Nichtoktaedergleitung in viel-
kristallinern Aluminium. Eine ausführlichere Untersuchung [76] der bei
der Vielkristallverformung aktivierten Gleitsysteme führte in etwa 30%
der Fälle auf Gleitbänder, die nicht mit Abgleitungen in Oktaederebenen
verträglich waren. E. MACHERAUCH und D. MUNZ [73] stellten jedoch bei
Reinstaluminium vergleichbarer Kristallitgröße nur etwa 10% Nicht-
oktaedergleitung fest und zeigten auf direktem und indirektem Wege,
Lit. s. 303] 2. Plastische Verformung 275

daß die meisten Gleitbänder, die auf Grund ihrer Richtung nicht mit
Oktaedergleitung verträglich sind, in Wirklichkeit doch durch Abglei-
tung auf Oktaederebenen entstehen.
Gegenüber diesen Detailbeobachtungen an einzelnen Kristalliten
der Vielkristallmatrixsind pau-
q6,----,-----,----,-----,----.
schale Untersuchungen des pla- kp/mm 2 x
stischen Verhaltens von Alu-
miniumvielkristallen wesent-
lich leichter durchführbar.
R. P. CARREKER und W. R.
HIBBARD [79] haben den Ein-
fluß von Korngröße, Dehnungs-
geschwindigkeit und Verfor-
mungstemperatur auf die Zug-
verformung von Reinstalumi- O'~2~VO~--_1~w~----mLv-----~~-----0L-~~
nium im Temperaturintervall f/erfOrmungsremperll/r.;r
von 20 bis 873 °K in den Grund- Abb.218. 'l'emperaturabhängigkeit der Fließgrenze
zügen geklärt s. a. Abb. 436, YOu Reinstaluminiumvielkristallen mit zwei ver-
schiedenen mittleren Korndurchmessern
S. 559). Die von H. KNÖLL (narh H. KNÖU u. E. MACHERAUCH [80]).
und E. MACHERAUCH [80]
unterhalb Raumtemperatur frobendurchmesser/ miff/erer /(omdurcnmesser
beobachteten Fließgrenzen 40 16 8 4 3
1,4
kp/mm 2 !
sind in Abb. 218 zusammenge- +
stellt. Man sieht, daß sich eine
ähnliche Temperaturabhän-
1,2

7,0
+
. i
i
--1---- --

gigkeit ergibt, wie sie für die


kritische Schubspannung [7] \ -
und die Fließspannung (vgl.
Abb. 208) von Aluminiumein- \ I

kristallen gefunden wurde. Die \ ,

."
- - f--
- I ---
Korngröße hat in erster Nähe- i
rung keinen Einfluß auf die mit 0.2 I- ----
~ I
i
abnehmender Temperatur an-
i
steigende Dehngrenze. Sie o 0,3 0,6 0,9 1,2 mm 1,5
beeinflußt lediglich deren Ab- mifflefer Komdurchmesser
solutbetrag. Hinweise auf Abb. 219. Kristallitgrößenabhängigkeit der Fließ-
die Kristallitgrößenabhän- grenze von Reinstaluminiumvielkristallen eines
Probendurchmessers von 4 mm
gigkeit der Fließgrenze von (nach H. KNÖLL u. E. MACHERAUCH [80]).
Aluminiumvielkristallen, die
bei Raumtemperatur verformt wurden, können Abb. 219 entnommen
werden. Eine neuere Untersuchung über die Hochtemperaturverformung
von Aluminiumvielkristallen stammt von P. B. HIRSCH und D. H.
WARRTNOTON [81]; des weiteren verweisen wir auf S. 560.

1~*
276 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. s. 303
Unterhalb 240 K zeigt auch die Vielkristallverfestigungskurve von
0

Aluminium drei charakteristische Bereiche [80]. Bereich 1 ist ein zwischen


elastischer und plastischer Verformung liegendes kurzes Übergangs-
intervall, Bereich II umfaßt einen anschließenden Teil der Verfestigungs-
kurve mit konstantem Verfestigungskoeffizienten, und in Bereich 111
wächst die Fließspannung dwa
~5 parabolisch mit wachsendem
kp/m-~2 Verformungsgrad an.
4°K
Drei typische Verfestigungs-

i/
~
7
~- --

kurven von Reinstaluminium


4,5 / mOK einer Kristallitgröße von 140 [Lm
V sind in Abb. 220 für Verfor-

7: y mungstemperaturen von 90, 183


und 293°K wiedergegeben. Das

v/V
.,,- /"" Ende des Bereiches II liegt bei
v 293"1(
den beiden Tieftemperaturver-
I festigungskurven etwa bei

71/17 V
,li /
0,6 %Gesamtdehnung. Verfesti-
gungskurven von Aluminium-
proben mit Kristallitgrößen
zwischen 100 und 500 [Lm

IV
2,0
zeigen bei Raumtemperatur
oberhalb etwa 3% plastischer

7l!
1,5
Verformung praktisch die glei-
che Form und lassen sich durch
W7
1,0
Parallelverschiebung ineinander
überführen. In diesem Kristal-
1/5 0
2 3 Lf 5 6 ? %8 litgrößenbereich wird also keine
6'esamfrlehnung von der Kristallitgröße unab-
Abb. 220. Vielkristallverfestigungskurven von Reinst- hängige Fließspannung [82]
aluminium bei drei verschiedenen Verformnngstem-
peraturen. Die Dehnungsgeschwindigkeit betrug oberhalb eines bestimmten Ver-
0,01 min- 1 I, die Korngröße 140 tLm formungsgrades erreicht.
(nach H. KNÖLL u. E. MACHERAUCH [80]).
Ein Tieftem pera tur -Reck-
1 Oder in anderer Schreibweise: 1 % pro Minute.
alterungseffekt wurde in poly-
kristallinern Reinstaluminium
von A. R. C. WESTWOOD und T. BRooM [83] sowie von G. F. BOLLING [84]
beobachtet. Die Streckgrenzenerscheinung [84] nach Wiederbelastung
vorverformter Proben und die Erscheinung der Verformungsentfesti-
gung wurde auch bei Vielkristallen gefunden [85].
Zur Berechnung der Verfestigungskurve von Vielkristallen liegen
mehrere theoretische Ansätze [86 bis 91] vor, von denen die bekanntesten
die von A. KOCHEN DÖRFER [86] und G. J. TAYLOR [87] sind. Bei diesen
wird versucht, unter bestimmten Annahmen durch Mittelung von Ein-
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 277

kristalldaten zu quantitativen Aussagen über die Vielkristallverfesti-


gungskurve zu gelangen. A. KocHENDöRFER [86] nimmt an, daß der
Verfestigungsanstieg der Kristallite im Vielkristallverband gleich, der
Absolutbetrag der Verfestigung jedoch um einen additiven Betrag, die
Spannungsvcrfestigung, größer ist als bei der mittleren Einkristall-
dehnungskurve. G. J. TAYLOR [87] geht dagegen von extremer l\Iehr-
fachgleitung der Kristallite als
[11f}
dominierendem Prozeß bei der
Vielkristallverformung aus.
Der Vergleich der nach "
beiden Ansätzen berechneten '/ / I
mit experimentell ermittelten
fr I' I
Verfestigungskurven [80] er-
gibt folgendes : Nach der '- It V
\I \, l

"
KocHENDöRFERschen Theorie
\ ~
wird für hohe Verformungs-
grade bei entsprechender Wahl ') ~ \

')
\,~~
\
der Spannungsverfestigung gu- 7 ~ '>
te Übereinstimmung erzielt, 000] [110J
der Anfangsteil der experi- Abb. 221. Orientierungsänderungen verschieden orien-
mentellen Kurve wird aber tierter Kristallite des Vielkristallverbandes auf Grund
der Theorie von G. J. TAYLOR [87]. Mehrere Pfeile
nicht richtig wiedergegeben. bedeuten, daß für die betreffende Orientierung meh-
Um auch dort Übereinstim- rere Kombinationen von 5 unabhängigen Gleitsystemen
auf die gleiche kleinste Abgleitsumme aber unter-
mung mit dem Experiment schiedliche Orientierungsänderungen führen.
zu erzielen, muß eine verfor-
mungs- und korngrößenabhängige Spannungsverfestigung eingeführt
werden. Die TAYLoRsche Theorie führt bei Zugrundelegung der mitt-
leren Einkristallverfestigungskurve zu einer falschen Vielkristallver-
festigungskurve .
u. F. KocKs [92] hat darauf aufmerksam gemacht, daß die mittlere
Einkristallverfestigungskurve keine geeignete Ausgangsbasis für die
TAYLoRsche Theorie ist. Er konnte bei Zugrundelegung einer für lVIehr-
fachgleitullg typischen [l11]-Verfestigungskurve (vgl. Kurve 3 in
Abb. 176, S. 228) befriedigende Übereinstimmung zwischen Theorie und
Experiment erreichen. Dieses Vorgehen hat sich jedoch in anderen Fällen
[80, 93, 94, 9,j] weniger gut bewährt.
Die TAYLORSche Vielkristalltheorie [87] gestattet auch Aussagen
über die auftretenden Orientierungsänderungen der Kristallite im Viel-
kristallverband. Die Wanderungsrichtungen der Zugachsen bei kleinen
Verformungsgraden sind in Abb. 221 durch Pfeile für gleichmäßig über
das Orientierungsdreieck verteilte Orientierungen wiedergegeben. Zwei
oder mehr Pfeile bei einer Orientierung bedeuten das Auftreten von zwei
oder mehr unabhängigen Kombinationen von 5 Gleitsystemen, die auf
278 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

die gleiche Abgleitungssumme aber zu verschiedenen Orientierungs-


änderungen führen. Wie man sieht, führt die Verformung für die
Kristallitorientierungen im rechten Teil der Abbildung auf Zugachsen vom
Typ [111], im linken Teil vom Typ [100]. Die in der Nähe der [110]-
Ecke liegenden Zugachsenorientierungen wandern teilweise auf den
[100]-, teilweise auf den [111]-Pol zu. Nach hinreichender Verformung
sollte sich also ein Zustand einstellen, bei dem von allen Kristalliten

g> (fK
::::
~ :R o.4-l
q. kp/mm Z
0,2
0
~-o,2
§ -0,*
Dehnung §
C}-o,6
-0,8
A B -1,0
-1,2
J,?9mm
I
I b
I
rt I
rtf( I (j
'~I
IfR - - - - - - - - -t--

A B
a x
Abb. 222" u. h (nach K. KOLB U. E. MACHERAUCH [102]).
a) Schematische Vielkristallverfestigungskurve a(€) von Reinstalumininm unter Berücksichtignng der
Sonderstellnng der oberflächennahen Kristallite bei plastischer Verformung. a R hedeutet die Ober-
flächenverfestigungskurve, (JK die des Probenkerns. Die Spannungsverteilung über dem Probenquer-
schnitt während des Zugversuches ist unten wiedergegeben. Nach Entlastung der verformten Prohe
treten Eigenspannungen 1. Art auf.
b) Experimentell ermittelte Eigenspannungsverteilung über dem Probenquerschnitt einer 10~ 0
plastisch zugverformten Reinstaluminiumprobe. Den Druckeigenspannungen in den Oberflächen-
schichten wird durph Zugeigem;;pannungen hn Probeninneren das Gleichgewieht gehalten.

entweder eine [111]- oder eine [100]-Richtung in die Zugrichtung ge-


dreht ist. Bei Druckbeanspruchlmg kehren sich die Orientierungs-
änderungen um und man erhält als Endlage für alle Kristallite [110]-
Richtungen parallel zur Druckrichtung. Experimentell - vgl. Abschn.
B 4.24 - werden diese Endlagen gut bestätigt. Es sei noch erwähnt, daß
W. BOAS und E. SCHMID [96] die gleichen Endlagen für Zug- und Druck-
beanspruchung erhielten, indem sie zur Erzeugung einer vorgegebenen
Deformation Abgleitungen im primären und in den schubspannungs-
mäßig nächst günstigen zwei Gleitsystemen bei den einzelnen Orientie-
rungen annahmen.
Lit. s. 303] 2. Plastische Verformung 279

Bei allen theoretischen Ansätzen und auch bei der Interpretation der
an zugverformten Aluminiumvielkristallen gewonnenen Versuchsergeb-
nisse werden meist die durch die Oberflächen verursachten Randeffekte
vernachlässigt. Der Vielkristallzugversuch wird als makroskopisch homo-
gen ablaufend betrachtet, und es wird angenommen, daß die inhomogenen
Verformungsprozesse in den Kristalliten nur zur Ausbildung von Eigen-
spannungen H. und IH. Art führen. Auf Grund erstmals von E. HEYN
[97] und G. ~fASING [98] entwickelten Vorstellungen erwartet man
infolge der Dehngrenzen- und Verfestigungsanisotropie in den Kristalli-
ten des Vielkristallverbandes die Ausbildung von praktisch homogenen
Korneigenspannungen [99] nach Zugverformung. Nach neueren Unter-
suchungen [100] trifft dies nicht zu. Bei Reinstaluminium wurden nach
Zugverformung Eigenspannungen I. Art in den oberflächennahen
Kristallitgruppen nachgewiesen. Ihr Auftreten ist Folge der Sonder-
stellung, die den Oberflächenkristalliten bei der plastischen Verformung
[94] zukommt. Gegenüber den in der Matrix gekoppelten Kristalliten
besitzen sie eine freie Begrenzung, über die keine Weehselwirkung zu
Nachbarkristalliten besteht. Dies bedeutet, daß in den Randkristalliten
andere Gleitkombinationen und damit auch andere Verfestigungs-
prozesse als in den Kristalliten im Probeninneren auftreten. Bei Alu-
minium läuft daher der Zugversuch auch makroskopisch betrachtet
inhomogen ab, so wie es in Abb.222a skizziert [101] ist. Die Fließ-
spannung der Oberflächenschichten ist kleiner als die der Gesamtprobe
im IVIittel, was nach Verformung zur Ausbildung von Druckeigenspannun-
gen 1. Art in den Oberflächenschichten führt, die mit dem Verformungs-
grad zunehmen und Werte von 1 bis 2 kp/mm 2 erreichen. Kürzlich wurde
auch die Eigenspannungsverteilung über dem Probenquerschnitt zug-
verformter Reinstaluminiumproben [102] ermittelt. Nach einem Ver-
formungsgrad von 10% wurde die in Abb. 222b wiedergegebene Ver-
teilung bestimmt.

2.4 Verformung von Aluminiumlegierungen


Im folgenden beschränken wir uns auf die Besprechung eImger
typischer Versuchsresulate. Eine umfassende Übersicht über Fragen
der Ausscheidungsverfestigung bietet ein kürzlich erschienener Bericht
von A. KELLY und R. B. NWHoLsoN [192].

2.41 K upferhaltige Legierungen


Von den aushärtbaren Legierungen wurden die Aluminium-Kupfer-
Legierungen hinsichtlich ihres Verhaltens bei der plastischen Verformung
bisher am gründlichsten untersucht. Mehrere Untersuchungen [103 bis
112] an Einkristallen unterschiedlichen Kupfergehaltes wurden durch-
280 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

geführt. Bereits die Arbeit von R. KARNOP und G. SACHS [103] hatte
gezeigt, daß zwischen dem ausgehärteten und überalterten Zustand einer
5% Cu enthaltenden Legierung deutliche Unterschiede im Verfestigungs-
verhalten bestehen. Die Untersuchungen von V. U. CARLSEN und
R. W. K. HONEYCOMBE [104] an Legierungseinkristallen mit 3,5% Cu
brachten genauere Hinweise auf
~r-----,------r------r-----,--.
den Einfluß des Verteilungszu-
kp/mm 2
DI standes der Legierungszusätze auf
10 j - - - - - - - i -
den Verlauf der Verfestigungskur-
ve. Während sich der übersättigte
Mischkristall praktisch wie ein
8
reines Metall verhält, liefern 3 Tage
bei 190°C ausgelagerte sowie über-
alterte Kristalle nur wenig orien-
tierungsabhängige Verfestigungs-
kurven und keine merkliche Gleit-
bandausbildung. Im Gebiet des
4 Härtemaximums erfolgt eine sehr
unregelmäßige Gleitung (indi-
stin ct slip) . Verfestigungskurven
-~ von Aluminium-Kupfer-Legie-
~ rungseinkristallen, die das Ver-
formungsverhalten vom übersät-
o 5 10 15 % 20 tigten Mischkristall bis zur zwei-
4bg/eilung phasigen Legierung wiederge-
Abb. 223. Verfestiguugskurveu bei 770 K von vier ben, sind in Abb. 223 zusammen-
verschieden wärmebehandelten Aluminium-Kup- gestellt. Sie sind einer neueren
fer-Legierungseinkristallen mit 4,5 Gew.-% Cu.
I übersättigter Mischkristall, II überaltert, Arbeit von G. GREETHAM und
III 27,5 Std. gealtert bei 190°C, IV zwei Tage
gealtert bei 130 °C.Mit den Kristallen I -III wur-
R. W. K. HONEYCOMBE [108] ent-
den zusätzlich die angedeuteteu Reckalterungs- nommen. Alle Zugverformungen
versuche gemacht
wurden, um stabile Verhältnisse
(nach G. GREETHA}! und R. W. K. HONEYCOMBE
[108]). zu haben, bei 77 °K durchgeführt.
Kurve I gehört zu einem über-
sättigten ::\Iischkristall und zeigt nach Erreichen der kritischen Schubspan-
nung einen ausgedehnten Bereich mit konstantem Verfestigungsanstieg.
Der optimal ausgehärtete Einkristall, Kurve III, zeigt demgegenüber eine
dreimal höhere kritische Schubspannung und einen ausgeprägteren Ver-
festigungsanstieg. 2 Tage bei 130°C ausgelagerte Proben liefern ähnliche
Verfestigungskurven wie die mit IV bezeichnete. Kurve II wurde bei
einer überalterten Legierung gemessen. In allen Fällen handelte es sich
um Kristalle mit Orientierungen im Inneren des Orientierungsgrund-
dreiecks. Die Unterbrechungen der Verfestigungskurven I, II und III
rühren von vorgenommenen Alterungsversuchen her. Kristall I wurde
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 281

bei (b) entlastet, etwa 46 Stunden bei Raumtemperatur gealtert und


anschließend bei 77°K weiterverformt. Man sieht, daß übersättigte
Aluminium-Kupfer-Mischkristalle eine ausgeprägte Reckalterungs-
erscheinung nach Tieftemperaturverformung zeigen. Der die e"-Phase
und die ei-Phase enthaltende Kristall III wurde 266 Stunden bei Raum-
temperatur ausgelagert und zeigte ebenfalls noch eine deutliche Alte-
rungserscheinung (0,). Bei der heterogenen Legierung, Kurve 11, wurde
nach einer Raumtemperaturauslagerung von ca. 60 Stunden eine Streck-
grenzenerscheinung (c), nach 45 Minuten dauerndem Halten unter
Spannung bei 77°K und anschließender Wiederbelastung dagegen kein
Alterungseffekt (d) beobachtet. Diese Untersuchungen haben ferner
gezeigt, daß Aluminium-Kupfer-Legierungseinkristalle mit Orientierun-
gen nahe der Begrenzung des Orientierungsgrunddreiecks sich deutlich
in ihrem Verfestigungsverhalten von Kristallen mittlerer Orientierung
unterscheiden.
Wie S. KODA und T. TAKEYAMA [114] zeigten, werden Plättchen der
ei-Phase oft ähnlich wie die Matrix verformt, was darauf hindeutet,
daß die Versetzungen diese teilweise mit der Matrix kohärenten Aus-
scheidungen durchdringen. In stark überalterten Legierungen wird
relativ früh Mehrfachgleitung und deshalb ein starker Verfestigungs-
anstieg beobachtet. Nach G. THOMAS und I. NUTTING [114], werden die
Gleitlinien um die groben Al 2Cu-Partikel abgebogen, da diese nicht mehr
mit der Matrix zusammenhängen. Interessant ist eine Beobachtung von
G. GREETHAM und R. W. HONEYCOMBE [108], daß nach Verformung
und 15minütiger Auslagerung bei Raumtemperatur übersättigter
Kristalle die Festigkeit sprunghaft ansteigt, was von einer durch die
Verformung beschleunigten Ausscheidung in den Gleitebenen herrührt.
Von S. KODA und Mitarbeitern [115] stammen neuere Untersu-
chungen über die 'Wechselwirkung von Versetzungen mit ei-Ausschei-
dungen.
Die Temperaturabhängigkeit der kritischen Schubspannung ver-
schieden orientierter Einkristalle einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit
4.23% Cu wurde von A. KELLY und C. CHIOU [105] genauer untersucht.
Die vermessenen Kristalle waren so wärmebehandelt, daß GP I-Zonen vor-
lagen. Durch Temperaturwechselversuche wurde gezeigt, daß der rever-
sible Fließspannungsanteil in gleicher Weise von der Temperatur abhängt
wie bei reinen Aluminiumeinkrii;tallen. Der Zusammenhang zwischen der
kritischen Schubspannung und dem Kupferzusatz kann für über-
sättigte Legierungen Abb. 224 entnommen werden [106]. Die Neigung
der eingezeichneten Ausgleichsgeraden ergibt sich zu 1,53 kpJmm 2 pro
At.-%Cu.
In neueren Arbeiten [110, 111] ist die Temperaturabhängigkeit der
Anfangsteile der Verfestigungskurven vonAluminium-Kupfer-Legierungs-
282 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

einkristallen ausführlicher untersucht worden. Die Temperaturabhängig-


keit der kritischen Schubspannung von Einkristallen verschiedener Le-
gierungszustände kann Abb. 225 entnommen werden. Die Erzeugungs-
weise der GP-Zonen ist in der Ab-
*.*
kp/mm '2 bildungslegendevermerkt. Wie man
v

sieht, ist der Temperatureinfluß


11,0

y
für alle Kristallzustände oberhalb
150 K gering. Die rückgebildeten 0

11
J,5
0
J,2 u +-

/
i

.
Abb. 224. Konzentratiollsabhängi!lkeit der kri-
2,8 i tischen Schubspannung übersättigter Alumilli-
c:

...,"
c:
c:
2.9
II I
um-Kupfer-Legierungseinkristalle. Die Kristalle
wurden zwei Tage bei 540 °0 geglüht, luftabge-
"chreckt und danach verformt (nach D. DEW-

/i
Q.
: HUGHER und W. P. ROBERTSON [106]) •
.Q

"u
.c:
VI 2,0
"u ~
.c:
/0 Abb. 225. Temperaturabhängigkeitderkritischell
..,.:~
V
ZU Schubspannung von Aluminium-Kupfer-Ein-
kristallen nahezu einheitlicher Orientierung aber
i

/re
unterschiedlicher Wärmebehandlung und somit
~z unterschiedlicher Znstände. Der Zustand GP I
, (130 °0) wurde durch 2-tägige, der Zustand GP 1I
(130 °0) durch 1000-stündige Auslagerung bei
0,8
/ 130 °0 erreicht. 1-tägige Glühungbei 190° (GP 1I

/~ I [190°]) führte zur Ausbildung von GP lI-Zonen


und 13% der Maximalkonzentration der e' -Phase
4#

/
(nach J. G. BYRNE u. Mitarb. [111]).
I i
i Anmerkung: In übereinstimmung mit der Ori-
ginalarbeit wurde dieBezeichnung "GP lI-Zonen"
o 0,8 1.) 1,6 2,04t-% 2,11 beibehalten, obwohl die neuere NormenklatuT
Kupfergehalf hier die Bezeichnung e" vorsieht.
Abb.224

~r---------r--------,---------,--------,

.
c:
10
."
c:
c:
.,
Q.
.Q 8
"
"5 °6PI(IJO°C)
VI

"
.c:
.~
6 ----T-- I

.;: fiJ'
..,. If
Rückbildung Y. aPI
2
IJ

0 100 ZOO JOO °K400


Abb.225 VerformUfigsfemperofa"
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 283

Kristalle und die Kristalle mit GP I-Zonen zeigen die stärkste Tempera-
turabhängigkeit der kritischen Schubspannung unterhalb 150 oK. Die
häufige Feststellung, daß die Auswirkung der elf-Phase auf die kritische
Schubspannung größer sei als die der GP I-Zonen, trifft zumindest, für
tiefe Temperaturen nicht zu.
Die Abgleitungsprozesse erfolgen auch bei den optimal ausgehärteten
Legierungseinkristallen durch bevorzugte Betätigung des Hauptgleit-
systems. Das geht auo; den in Abb. 226 wieder- [11]
gegebenen Orientierungsänderungen hervor, die
.T.NI. SILCOCK [107] an ausgehärteten Kristallen
beobachtet hat. Beim Vorliegen von GP I-Zonen
überwiegen gewellte Gleitbänder. Die Gleit-
bands puren sind mit zunehmender elf-Phase
immer schwerer zu erkennen und werden sel-
trner. Nach einer \Värmebehandlung, die zur
teilkohärenten Ausscheidung der e' -Phase
führte, konnten bis zn 10% Verformung keine
[100] [110J
Gleitbänder beobachtet werden. Bei Einkristall-
Abb. :!26. Orientierungsände-
verformungen (5,3% Cu) wurden von O. J. rungen verschieden behandel-
BEEVERS und R. 'IV. K. HONEYCOMBE [112] ter Aluminium-Kupfer-Einkri-
stalle bei Zugverformung. Die
(100)-Gleitebenen beobachtet, wenn Kristall- Kristalle 8, und 8 enthielten 3

orientierungen nahe der [l11]-Ecke des Orien- nur die (9°-Phase, die Kristalle
11 lind 17 nur die (9'-Phase. Bei
tierungsgrunddreiecks verformt wurden. Bei den Kristallen 13, 12, und 12,
einer Verformungstemperatur von 77 QK wurde w,," die (9°-Phase, als allch (9'-
Anteile vorhanden
praktisch nur bei [111 } orientierten Kristallen (nach J. l\r. RILCOCK [107]).

Würfelflächengleiiung beobachtet, bei 393°K


dagegen für Kristallorientierungen eines weiteren Orientierungsbe-
reiches um den [111 ]-Pol. Auf Nichtoktaedergleitung in Aluminium-
Kupfer-Legierungen wurdr auch von M. PAGANELLI [116] hinge-
wiesen.
Die Bruchvorgänge bei unterschiedlich wärmebehandelten Alu-
minium-Kupfer-Einkristallen sind kürzlich ebenfalls näher untersucht
worden. C. J. BEEVERS und R. W. K. HONEYCOMBE [112] beobachteten
dabei stets duktile Bruchvorgänge längs der zuletzt betätigten Oktaeder-
gleitebenen.
Bei vielkristallinen Aluminium-Kupfer-Legierungen klärten die
Untersuchungen von J. E. DORN und Mitarbeitern [117, 118] den Ein-
fluß des Dispersitättlgrades von OuAl 2 auf die Temperaturabhängigkeit
der Verfestigungskurven im Temperaturintervall von 78 bis 700 o K. Es
ergab sich, daß die plastischen Eigenschaften hauptsächlich vom mittleren
Abstand des CuAl 2 abhängen.
284 B. Allgemeine Metallkunde und ~Ietallphysik [Lit. S. 303

2.42 M agnesiumhaltige Legierungen

Der Einfluß von Magnesiumzusätzen auf die Vielkristallverfestigung


des Aluminiums kann Abb. 227 entnommen werden [119, 120]. Man er-
kennt, daß die Verfestigungskurven mit anwachsendem Magnesium-
gehalt stark auffächern. Der Verfestigungsanstieg zu Beginn der Ver-
formung wächst mit zunehmendem Magnesiumgehalt an. In Abb. 228
ist die Fließ spannung 5% verformter Vielkristallproben der betrachteten
Legierungen als Funktion der Verformungstemperatur wiedergegeben.

~.------r------~----~

kp/mm 3

o JO 20 0/0 JO o 200 1100 600


Oehnung PriJflemperalur

Abb.227. Spannungs-Dehnungs-Dia- Abb. 228. Temperaturabhängigkeit der Fließspannllng


gramme von bei Raumtemperatur ver- von 5% verformten vielkristallineu Aluminium·;\Iagne·
formten, vielkristallinen Proben aus sillm· Legierungen mit verschiedenen Magnesiumgehalten
Aluminium - Magnesium· Legierungen (nach O. D. SHERBY, R. A. ANDERSON nnd d. E. DORN
mit verschiedenen Magneslumgehalten [120]).
(nach d. E. DORN, P. PIETROKOWSKY t> 3,01 % Mg; + 1,48% MI!; x 1,00% Mg; • 0,50% Mg~
U. T. E. TIETZ [119]). o O,OO~~ llg.
t> 3,01 % Mg; x 1,48% Mg; + 1,03%
Mg; .0,50% Mg; 00,00% Mg.

Der Kurvenverlauf zeigt, daß Magnesiumzusätze bei tiefen Temperaturen


praktisch nur den Absolutbetrag der Fließspannung, oberhalb 400 0 K
jedoch auch deren Temperaturabhängigkeit beeinflussen. Mit zunehmen-
dem Magnesiumgehalt wird der Fließspannungsabfall bei höheren
Temperaturen steiler.
Bei den Aluminium-Magnesium-Legierungen wird bei Raumtempera-
turverformung ein Fließbereich, diskontinuierliche Verformung und die
Ausbildung charakteristischer Oberflächenerscheinungen beobachtet
[121 bis 126]. Vielkristallverfestigungskurven von AIMg3 sind in Abb. 229
wiedergegeben [121]. Nach R. CHADWICK und W. H. HOOPER [122] tritt
der ausgeprägte Fließbereich nur in rekristallisierten Legierungen mit
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 285

mittleren Kristalldurchmessern kleiner als 50 [J.m auf. Ferner ist die Länge
des Fließbereichs kristallitgrößenabhängig und schließlich wird die
Streckgrenzenerscheinung und die ruckweise Verformung (die auch als
PORTEVIN-LE CHA'rELIER-Effekt bezeichnet wird, vgl. S. 235) nur bei
;\/findest-Magnesiumgehalten von 0,6 bis 0,9% beobachtet.
Die bei der Zugverformung weichgeglühter Aluminium-Magnesium-
Legierungen (25 (J.m Korngröße) [121] auftretenden Oberflächenerschei-
nungen werden unter dem Be-
20~----,----.-----,-----,----.
griff "Streckfiguren" ZUtlam- kp/mm z ,I ~'luten
mengefaßt. R. CHADWICK und ausgeprägter
"r. H. L. HooPER [122] sowie
~~~~T---~~~~~---+--~
fließbereich ~~ ISfreifenbildung(8)
V. A. PHILLIPS [126] un terschei- I !' I
10 I-+-:::-:-:--+-----+_----+---+_-_____i
den dabei zwei Arten, A und B. I fließfJguren - I!
Bei Typ A handelt es sich um bi/dung(A) . I
5~--4---+_--+---~-_____i
flammcnartige, I\U Beginn der I ~
Verformung während des
Durchlaufens des Fließbereichs
_______Vb
or---+---+-=-~~----~~
,---+--'
ungefähr senkrecht zur Ver- 10 /
formungsrichtung auftretende ~ I
Figuren, von denen Abb. 230 ~~ 5~--+---+_--+---+_-~ I
ein typisches Beispiel bei
~ ~

·r- '-I
AIMg3 zeigt. Nach R. CRAD- Or---+---+_~~+---+_-_____i
WIeK und 'V. H. L. HOOPER ~~I I
[122] ist die maximale Ausbil-
dung dieser Streckfiguren nach
etwa 1 % Dehnung erreicht, 5~----r---_+----4_----+---~
wobei eine Vielfalt von Formen
mit ganz zufälligen Orientie- i
rungen vorliegt. Das Erschei-
o 2 3 4 %5
Oehnung
nungsbild ist dem der LÜDERs- Abb.229. Spannungs-Dehnungs-Diagramm von A1Mg3
Bänder bei der Verformung un- (nach Y_ A. PHILLIPS [124] bzw. R. NIELSEN [121]).
legierten Stahles vergleichbar. a ~ bei 20'e
b = bei -76 ce
Nach Dehnungen von 1,5 bis c = bei 20 oe nach dem Abschrecken VOll 500 oe.
2% verschwinden die Streck-
figuren vom Typ A, und es bilden sich bei weiterer Verformung Streck-
figuren vom Typ B aus, die eine ausgeprägt streifige Form haben. Bei
piner AIMgCu-Legierung treten, wie Abb.2:H zeigt, nach 8% Verfor-
mung Scharen paralleler Linien ca. 57 bis 58° geneigt zur Verformungs-
richtung auf. Beim Recken nimmt die Dehnung lokal sprunghaft
zu, wobei eine oder mehrere Scharen von Streifen über die Oberfläche
wandern. Die zeitlich mit der ruckartigen Verformung zusammenfal-
lende Entstehung der Streckfiguren des Typs B ist mit deutlich hörbaren
Geräuschen verbunden. Durch Tieftemperaturverformung lassen sich
286 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

die Streckfiguren vom Typ B, durch Abschrecken von 500 °0 die des
Typs A unterdrücken (vgl. Abb. 229).
R. OHADWICK und W. H. L. HOOPER stellten durch verfeinerte
Messungen fest, daß sich beide Streckfigurentypen auch bezüglich ihrer
Oberflächentopographie grundsätzlich unterscheiden. Die unregel-
mäßigen Streckfiguren (A) weisen auf eine unstetige Verformung hin, die
sich nach Überschreiten einer kritischen Spannung von einzelnen Stellen

..Streckrichtung .
1,5:1 2.5:1
Abb. 230. Streckfiguren. Typ A bei der Legierung Abb. 231. Streckfiguren. Typ B bei einer
AllIIg3 nach 1 % Dehnung (nach AI,USUISSE). AIMgCu· Legierung (Zustand: lösungsgeglüht
und abgeschreckt) nach ca. 8% Dehnung
(nach ALUSUISSE).

der Probe aus bei konstanter Last in das noch unverformte Material aus-
breitet. Die Streckfiguren markieren die jeweilige Lage der Deformations-
front. Bei Typ A werden relativ große Unebenheiten beobachtet, die bei
1 % Dehnung Werte bis zu 75 fLm erreichen. Die auftretenden Ober-
flächenmuster auf beiden Seiten der Bleche entsprechen einander. Das
Blech ist an den Begrenzungen der Streckfiguren um kleine Winkel-
beträge von 1 bis 30' ohne Einschnürung abgeknickt. Bei Typ Bist
dagegen die periodisch wiederkehrende Unebenheit zwischen benach-
barten parallelen Bändern geringer und erreicht bei 10% Dehnung nur
Werte von 7,5 !Lm. Bei hohen Dehnungen gehen die Bruchvorgänge von
Vertiefungen der Streckfiguren aus.
Die Entstehung der Streckfigurtypen ist von der Korngrößeab-
hängig. Typ A entsteht ausschließlich bei sehr feinem Korn mit Ab-
Lit. S. 303] 2. Plastisehe Verformung 287

mei:lsungen zwii:lchen 25 und 42 [lm. Oberhalb einer Korngröße von 50 [lm


wird Typ A nicht mehr beobachtet. Dagegen liegt die obere Kristallit-
größe, bei der noch Streckfiguren vom Typ B beobachtet werden, bei
250 flm. Streckfiguren lassen sich daher bei technischen Verformungen
durch abgestimmte Walzprogramme vermeiden, die auf Endkorngrößen
zwischen 50 bis 80 [Lm führen. Ein geringes Nachwalzen feinkristallisierter
Bleche oder ein geringer Endwalz-
grad mit nachfolgender Erholungs-
glühung führen ebenfalls zum Ziel.
Ein neuerer Deutungsversuch tReckaHerung
des diskontinuierlichen plastischen 14ushärlvng
Fließens bei den Aluminium-Ma-
gnesium-Legierungen Htammt von
P. R. SPERRY [127J.
Bei Aluminium-Magnesium-Le-
gierungen sind auch Alterungser-
scheinungen beobachtet worden.
VonA.R.C.WESTWOODU T.BROOIVl
[128] wurde die Reckalterung inAb- Dehnung
hängigkeit vom Magnesiumgehalt Abb. 232. RecknlterungK- \lud Aushärtungsein-
fluß anf die Jnießkurve einer lösungsgeglühteu
(0,5 bis 3 % Mg) und der Vorverfor- AIMgSi-Legierung, die bei 197 °K verformt und
mung näher untersucht. Abb. 181, ,mschließend 3 Std. bei Raumtemperatur aus-
gelagert und dann bei 197 °K weiterverformt
Seite 234, zeigt die Streckgrenzen- w\lflle (nach Y. A. PHILLIPS f124] bzw. H.
ausbildung einer 3 %igen Alumini- Nn;Ls~;!I" [121]).

um-Magnesium-Legierung, die bei


90 c K etwa 5% plastisch verformt und anschließend 10 Minuten bei
369°K ausgelagert wurde. Die auftretende Zunahme der Fließspannung
Lla ist von der Alterungszeit und vom Magnesiumgehalt abhängig. Der
Alterungseffekt nimmt deutlich mit wachsendem Magnesiumgehalt zu.
Es ist interessant, daß A. R. C. WESTWOOD und T. BROOM selbst bei der
Temperatur der flüssigen Luft eine Reckalterungserscheinung an Alu-
minium-Magnesium-Legierungen beobachteten.
Bei der Untersuchung von Alterungserscheinungen bei Aluminium-
Magnesium-Legierungen ist der Siliziumgehalt der Legierung zu beachten
(Ausscheidungstendenz von Mg 2Si).
Reckalterung sowie Aushärtung laufen bei aushärtbaren Legierungen
u. U. gleichzeitig ab. In manchen Fällen sind beide Effekte nur schwer zu
trennen. Ein Beispiel für den Fließspannungszuwachs einer AIMgSi-
Legierung nach Verformung um 2,5% bei 197°K und anschließender
dreistündiger Auslagerung bei Raumtemperatur zeigt Abb. 232. Während
die Aushärtung praktisch eine Parallelverschiebung der Verfestigungs-
kurve bewirkt, liefert die Reckalterung die Streckgrenzenerscheinung
[1241·
288 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

2.43 Sonstige Legierungen

Der Einfluß anderer Zusatzelemente als Kupfer und Magnesium auf


das Verfestigungsverhalten von Aluminium wurde in einer Reihe von
Ein- [129 bis 135] und Vielkristalluntersuchungen [119, 120] näher ver-
folgt. Bei geringen Zusätzen zeigte es sich, daß neben dem Atomradien-
verhältnis von Grund- und Fremdmetall vor allem der sich einstellende
Verteilungszustand der Fremdatome für die plastische Verformung von
Bedeutung ist. F. HAESSNER und D. SCHREIBER [132], die verschieden
behandelte Rekristallisationseinkristalle aus Aluminium-Silber-Legierun-
gen mit Silbergehalten von Obis 0,5 At.- % bei Raumtemperatur und der
Temperatur der flüssigen Luft untersuchten, fanden bei Zusätzen bis zu
0,125 At.- % praktisch keine Auswirkung auf das Verfestigungsverhalten.
0,5 At.-% Silber enthaltende Einkristalle zeigten nach Luftabschreckung
bei Raumtemperaturverformung eine 3- bis 4mal höhere kritische Schub-
spannung und einen etwa 3mal längeren easy-glide-Bereich als Reinst-
aluminiumeinkristalle. Ofenabgekühlte Einkristalle dieser Legierung
besaßen dagegen eine um einen Faktor 10 erhöhte Schubspannung und
keine ausgeprägte Orientierungsabhängigkeit der Verfestigungskurven.
G. GREETHAM [133] fand an 0,5 und 1,0 At.-% Ag enthaltenden Alu-
minium-Silber-Einkristallen ebenfalls verlängerte easy-glide-Bereiche.
Gegenüber Aluminiumeinkristallen längere easy-glide-Bereiche wurden
auch von B. JAOUL und I. BRICOT [130] bei Zusätzen von 0,2% Si be-
obachtet.
Eine ausführliche Untersuchung von J. E. DORN, P. PIETROKOWSKY
und T. E. TIETZ [119] klärte bei Aluminiumvielkristallen den Einfluß
verschieden großer Beimengungen von Zink, Germanium, Kadmium und
Silber auf die Verfestigung. Auch der Einfluß der Verformungstempera-
tur auf den Verlauf der Verfestigungskurven von Aluminium mit
Legierungszusätzen wurde genauer verfolgt [120].
Über das Verformungsverhalten von Aluminium-Zink-Legierungen
mit 1,65 bis 5,3 At.- % Zn im Temperaturintervall von 4,2 bis 298°K
gibt eine Arbeit von J. DASH und M. E. FINE [134] umfassend Aufschluß.
Sowohl Legierungen mit Zonen als auch rückgebildete Legierungen
wurden untersucht. Die beim Wiederbelasten vorverformter Proben aus
Aluminium-Zink-Legierungen auftretenden Streckgrenzenerscheinungen
wurden von A. T. THOMAS [35] näher verfolgt.
R. J. PRICE und A. KELLY [136] untersuchten die Anfangsverfesti-
gung von Aluminiumlegierungen mit 20% Ag bzw. 15% Zn mit kohären-
ten und teilweise kohärenten Ausscheidungen. Von H. BÖHM [137]
stammen Angaben über den Einfluß des Ausscheidungszustandes einer
Aluminium-Silizium-Legierung auf ihre mechanischen Eigenschaften.
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 289

2.44 Technische Verformung von Knetlegierungen


Das Ausgangsmaterial für technische Verformungsvorgänge liegt
meistens entweder im Gußzustand, rekristallisiert oder schwach kalt-
verformt (1/4- bis 1/2-hart) vor.
Vor der Warm verformung des Gußgefüges erfolgt entweder eine
Anwärmung auf die W'armverformungstemperatur oder ein mehr-
stündiges " Homogenisieren" bei einer höheren, teilweise nahe der Solidus-
linie liegenden Temperatur. Auf die im Verlaufe der Barrenglühung bei

2 mm lief <I mm tief

0,8:1
Abb.233. Warmwalzplatte aus AlMn, welche bei relativ tiefer Temperatur oder mit kleinen Stich-
abnahmen warm gewalzt wurde. Nur eine dünne Oberflächenzone ist rekristallisiert, während im
Innern der Platte die Gußkörner nicht rekristallisiert und daherlanggestreckt sind(nachALUSUISSE).

verschiedenen Legierungstypen auftretenden Besonderheiten wird an


anderer Stelle eingegangen (vgl. z. B. S. 53 u. S. 690). Hier soll nur dar-
auf hingewiesen werden, daß oftmals beim "Homogenisierungsglühen"
feine Ausscheidungen übersättigter Legierungselemente auftreten 1 und
bereits im Guß gefüge vorhandene Ausscheidungen koagulieren. Außer-
dem erfolgt ein Abbau der Kristallseigerung.
Bei der Warmverformung eines Gußbarrens werden die Gußkörner
gestreckt. Unter den beim Warm walzen oder Strangpres3en angewandten
Verformungsbedingungen tritt eine Rekristallisation ein, falls die Warm-
verformungstemperatur einen bestimmten Wert überschreitet, dessen
Höhe vom Legierungstyp abhängt. Da Unterschiede im Verformungsgrad

1 Daher sollte der in der Technik oft verwendete Ausdruck "Homogenisierung"


besser durch "Barrenhochglühung" ersetzt werden, siehe dazu S. 53.

19 AltcnplJhl, AluminiulIl
290 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

und in der Temperatur über dem Querschnitt nicht zu vermeiden sind,


kann z. B. ähnlich wie in Abb. 233 das Gefüge an der Oberfläche rekri-
stallisiert sein, während es im Inneren langgestreckt ist. Es ist bisher
nicht geklärt, ob die Kornumlagerung beim rekristallisierten Gefüge
schon während der Warmverformung
erfolgt, oder ob zunächst langgestreckte
Körner entstehen, die unmittelbar an-
schließend rekristallisieren. In Abb. 234
sind die Fließfasern eines warmverform-
ten, nicht rekristallisierten Gefüges deut-
lich zu erkennen. Diese Fließfasern sind
bei geschmiedeten oder stranggepreßten
Teilen von besonderer Bedeutung. Senk-
recht zur Faserrichtung werden geringere
Festigkeitswerte beobachtet als parallel
zur Faser.
Über die mechanischen Eigenschaf-
ten der im Gußgefüge eingebetteten in-
termetallischen Phasen ist noch relativ
wenig bekannt. Zur Untersuchung ihrer
Eigenschaften müssen sie - meist mit
chemischen Methoden - aus dem Gefüge
heraus präpariert werden. Die in Alu-
miniumlegierungen vorkommenden in-
ternletallischen Phasen zeigen, wie aus
den in Abb. 235 wiedergegebenen Mes-
sungen von E. R. PETTY [139] hervor-
geht, im Temperaturbereich von 300 bis
600°C einen raschen Härteabfall. Die
Temperatur einsetzender Härteabnahme
ist bei den einzelnen intermetallischen
Phasen sehr unterschiedlich. Während
z. B. bei Fe 2Al5 und MnAI 4 , die relativ
hohe Härte besitzen, erst oberhalb 450°C
0,8:1
Abb. 234. Geätzter Querschnitt durch die Härte abnimmt, wird solches bei
Schmiedeteil (nach ALUSlJISSE). Mg 5AI s, CuAl 2 und NiAl 3 bereits ober-
halb 300°C beobachtet. Die Bedeutung
dieser Feststellungen für die Warmformgebung von Gußgefüge liegt auf
der Hand. Sehr wahrscheinlich hängt damit die Beobachtung zusammen,
daß bei den einzelnen Legierungen eine bestimmte minimale Warmverfor-
mungstemperatur existiert, unterhalb der im Halbzeug Risse auftreten.
Bei Temperaturen unter etwa 350°C sind die meisten intermetallischen
Phasen des Aluminiums spröde. Sie verändern beim Kaltverformen mei-
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 291

stens ihre Größe nicht und werden vom duktilen Aluminium-Misch-


kristall lediglich umflossen 1. Beim Warmverformen von heterogenen
Legierungen wird bei hinreichenden Verformungsgraden meist ein Zer-
brechen der härteren Gefüge-

-
bestandteile ohne Rißbildung 7000 ~ - . -1 - - -

800 r----- --. ~ 1-----


in der umgebenden Alumini-
- -

600 I--- I r---- i'..


ummatrix festgestellt. ~~ Fe2A1s
Für die Praxis ergeben sieh 400 - - -- -

somit folgende Aspekte für das '\


Ni2 Al 3 ~
CrzAl11
Abwalien von Aluminiumle- 200
gierungen:
Falb; das Guß gefüge H ete- 100 -----

rogenitäten von mehl' als ca. 800 f--.-::


0,2 bis 0,4 mm Durchmesser t--- "'-
"~l--
!
600 ~
aufweist. so muß die Verfor- 400 I---
~ MnAl;
mung anfänglich oberhalb ca.
350 bis 400 ce vorgenommen
"" ~~Al5
werden, um die Gußheteroge- NiAl 3
nitäten zu zerkleinern. Der
-- ---- -.
Warmverformungsgrad Rollte
mindestens ca. 60 bis 70% be-
tragen. Anschließend kann die
weitere plastische Deformation
des Gefüges durch Kaltverfor-
200 r=t===J:==t-----";----t---''-+''-\-i
mung erfolgen.
Für die Wahl der Warm-
100 f----r---+---+---'c--'-'r-+----'-+------j
verformungstcmpcratur spielt
der Verformungswiderstand
des Materials bei der in Frage
kommenden Temperatur eine
wichtige Rolle. Einen Über- o 100 200 300 400
blick über den Verformungs- Prüffemperolur
widerstand einiger Aluminium- Abb. 235. Härte von intermetallischen Phasen bei
werkstoffe bei verschiedenen ver:schieuenen Tempera.turen.
* Die Härtemessung erfolgte mit einem speziell
Temperaturen gibt Abb. 236. k(lllstruierten Hiirtemeßgerät und entspricht unge-
Im allgemeinen wählt man die fähr der VICKERs-Härte: Der zu messende Eindruck
wnrde bei der Priiftemperatur gemacht. Ausmessung
\VarmverformungRkmperat,ur spiiterhin 1lei Raumlcmpemtur.
so hoch wie möglich; eine zu Der besseren ÜbefRichtlichkeit halber wurden die
Kurvenscharell in drei Gruppen übereinander ge-
hohe VerformungRtemperatur zeielmct (nach E. R. PETTY [139]).

1 Dies gilt jedenfalls für die nach \Varmverformung vorliegenden Heterogeni-


täten. Grobe, aus dem Gußgefüge stammende Heterogenitäten (0 größer als ca.
0,.5 mm) können auch durch Kaltverformen zertrümmert werden, jedoch reißt das
umgehende Uefiige dabei meistens auf.

19*
292 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

ist wiederum von Nachteil (schlecht aussehende Oberfläche; Rißbildung,


insbesondere in Korngrenzen). Aus den genannten Gründen hält man die
Temperatur der Warmverformung meistens zwischen 400 und 550°C.
Hat das Gußgefüge nur kleine Heterogenitäten, so kann die Ver-
formung des Gußgefüges unmittelbar durch Kaltverformung vorgenom-
men werden, ohne daß Risse auftreten. Dies trifft z. B. in folgenden
beiden Fällen zu:
1. Bei einem Reinheitsgrad oberhalb etwa 99,8% Al (auch mit Zusatz
von 1 bis 2% Mg),

22 ~
-
kp/mm
20

18

16 r--

0>

:f :Ec: « '? « «
L
I
~ I

...: « «
0; I
-.L

Abb. 236. Verformungswiderstand bei derWarmverformung verschiedeuer Legierungen in Abhängig·


keit von der Verformungstemperatur : Der Verformungswiderstand wurde im Stauchversuch als Fließ-
spannung bei 50% Verformung bestimmt (nach R. R. ARNOLD u. R. J. PARKER [193]).

2. Bei genügend rascher Erstarrung fallen die Gußheterogenitäten


kleiner als etwa 50 bis 200 [Lm an (z. B. beim Bandgießen von Legierungen).
Bei bestimmten Legierungen, z. B. manganhaItigen, tritt während der
Warmverformung keine Rekristallisation auf, da Manganzusätze die
Rekristallisationstemperatur erhöhen. Die Bedeutung auftretender
bzw. nichtauftretender Rekristallisation für die Halbzeugfertigung liegt
auf der Hand. Gefügeschwankungen über die Länge eines gepreßten
Stranges oder bei verschiedenen Chargen von Warmwalzplatten sind
unerwünscht, werden aber relativ oft beobachtet, da das Auftreten einer
Rekristallisation bei der Warmverformung nicht immer in gleichem
Ausmaß erfolgt.
Neben dem Makrokorn verdient auch die Subkornausbildung Beach-
tung. Unmittelbar nach beendeter Warmverformung (bei z. B. 400 bis
500°C) besitzen die Subkörner Linearabmessungen von ca. 2 bis 5 [Lm.
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 293

Bei der anschließenden Lagerung des Halbzeuges bei Temperaturen


zwischen 300 und 450°0 wachsen die Subkornabmessungen innerhalb
von ca. 1 bis 10 Min. auf über 10 (J.m an, und es kann lokal Rekristalli-
sation einsetzen. Ein solch teilweise rekristallisiertes Gefüge verhält sich
bei einer anschließenden Kaltverformung wesentlich ungünstiger als
eines mit einheitlicher Subkorngröße von z. B. ca. 2 bis 6 [Lm. Man
schreckt daher zweckmäßigerweise das Material sofort nach Beendigung
der Warmverformung ab [138] (s. auch S. 317 und Tab. 23).
Auf die zahlreichen Besonderheiten, welche in der Gefügeausbildung
über den Querschnitt von Strangpreßprofilen beobachtet werden, können
wir hier im einzelnen nicht eingehen (siehe dazu z. B. S. 733). Es sei ledig-
lich erwähnt, daß J. HERENGUEL und P. LELONG [153] beim Strang-
pressen in Bereichen, in denen eine starke Umformung des Gefüges durch
den Fließvorgang eintritt, ein rasches Inlösunggehen zuvor ausgeschiede-
ner Phasen beobachteten. Diese werden oftmals anschließend in Form
sehr feiner Dispersionen wieder ausgeschieden, was bezüglich gleich-
mäßigen Aussehens nach Anodisieren und bezüglich guter Korrosions-
beständigkeit erwünscht ist.

2.45 H ochgeschwindigkeitsverformung

Mit den klassischen Verformungsverfahren sind Dehnungsgeschwin-


digkeiten bis zu etwa 10 sec-1 erreichbar. 1 Höhere Deformationsgeschwin-
digkeiten bis zu 105 sec-1 lassen sich z. B. bei Explosivverformungen
realisieren, wobei die Verformung von den das Material durchlaufenden
Stoßwellen hervorgerufen wird [185]. Stoßwellen liefern Dehnungen hoher
Amplitude, die sich in einer eng begrenzten Wellenfront ausbreiten. In
Aluminium können lokale Drücke von 300 bis 400 kbar, das entspricht
Spannungen von etwa 3000 bis 4000 kp/mm 2 , erreicht werden [186].
Die Hochgeschwindigkeitsverformung bietet eine Reihe technischer
und wirtschaftlicher Möglichkeiten, die in Zukunft vermehrte Bedeutung
erlangen können [187, 188].
Die für quantitative Betrachtungen der Stoßwellenbeanspruchung
von Aluminium erforderliche HUGONIOT-Kurve wurde von H. D.
MALLORY [189] ermittelt. Nach einem Stoßwellendurchgang bleiben in
den einzelnen Metallen charakteristische Gefügeänderungen zurück. Bei
Kupfer wird beispielsweise Zwillingsbildung beobachtet, bei Aluminium
dagegen nicht. Einen Beweis für die hohe Stoßwellenverfestigung von
Aluminiumlegierungen stellen jedoch die auftretenden Unterschiede in

1 Eine Dehnungsgeschwindigkeit von 1 sec- 1 bedeutet, daß die Probe durch


plastische Verformung in einer Sekunde auf doppelte Länge gebracht wird (oder z. B.
in 1/10 Sec. auf 10% Dehnung belastet wird).
294 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

Dehngrenze und Zugfestigkeit dar, die bei Reinaluminium Al 99 von


3,5 bzw. 8,4 kpJmm 2 auf 10,5 bzw. 11,5 kpJmm 2 anwachsen unter gleich-
zeitiger Reduzierung der Bruchdehnung von 42% auf 24% [186]. Im
allgemeinen rekristallisieren stoßwellenverformte Aluminiumproben bei
denselben Temperaturen wie kaltverformte Proben gleicher Härte,
obwohl die Stoßwellenverfestigung ohne Formänderung, d. h. ohne sicht-
bare plastische Verformung erfolgt.
Die verfestigende Wirkung einer Stoßwellenbehandlung läßt sich bei
Aluminiumlegierungen mit der Aushärtung zur Erzielung günstiger
Werkstoffkenngrößen kombinieren. Bei den in Tab. 21 wiedergegebenen
Beispielen hat der stoßwellenbehandelte Werkstoff die höchste Zug-
festigkeit bei relativ großer Bruchdehnung.
Der Einfluß der Kristallorientierung auf die Hochgeschwindigkeits-
verformung von Aluminium-Einkristallen wurde von R. B. POND und
C. M. GLASS näher untersucht [191].
Tabelle 21. Einfluß einer Stoßwellenbehandlung auf die Fe8tigkeit8eigen8chaften einer
hochfesten Aluminiumlegierung. Zusammen8etzung: 6,3% Cu, 0,3% Mn, 0,1% V,
0,15 % Zr, Rest Al (nach STANFORD RESEARCH INSTITUTE [190])

"0,2 "B I 6
Zustand kp/mm' kp/mm' %•

weich 7,0 17,5 20


lösungsgeglüht
und warmausgelagert 31,0 42,0 11
lösungsgeglüht,
kaltverformt und
warmausgelagert 40,0 48,5 10
lösungsgeglüht,
stoßwellenbehandelt
und warmausgelagert 42,0 50,0 13
* Meßlänge 50 mm.

2.5 Oberßächenbeobachtungen bei Kriech- und Wechselverformung


Auf die Kriech- und Wechselverformung wird in den Abschnitten C2.3
bis 2.5 ausführlich eingegangen. Im folgenden werden daher - ohne
Anstrebung von Vollständigkeit - nur einige Gefügebeobachtungen be-
sprochen, die typisch für die beiden Verformungsvorgänge sind.

2.51 Kriechverformung
Bei der Kriechverformung ist neben der Abgleitung innerhalb der
Körner auch die Verschiebung einzelrer Körner relativ zueinander von
Bedeutung [146]. Die für die Abgleitung verantwortlichen Versetzungs-
2. Plastische Verformung 295

reaktionen sind In Abschn. B 1.15, S. 228 1m einzelnen erörtert


worden.
Das an den Korngrenzen des Aluminiums auftretende viskose Fließen
bewirkt ein Absinken des Elastizitätsmoduls von vielkristallinem Mate
rial mit zunehmender Temperatur
(s. A bb. 445, S. 569). Über das Korn-
grenzenkriechen, das bi" zu etwa
15<}0 zur gesamten Krieehverfor-
mung beiträgt, liegen bei Alumi-
nIUm unri Heinen Legierungen sehr

15:1 30: 1
Abb. 237a u. b. Aufsicht anf eine Reinstaluminiumoberfläche uach 3% Kriechverformung bei 280'C
(nach H. BRUNN ER U. N. J. GRANT [145)).
a) Kriechgeschwindigkeit 0,17%/Std. Abgleiten entlang einer Korngrenze;
b) Kriechgcschwinrligkeit 0,4'X,/Std. Drehung eines Kornes um etwa 15°.

detaillierte Untersuchungen [140 bis 146J vor. Oft wurde dabei licht-
mikroskopisch die V ersehie bung von Markierungsrastern verfolgt, die
mehrere Körner überdek-
20
ken. In Abb. 237 Hiwi %
16 I
.) -D- 0
zwei charakteristische Er-
gebnisse von H. BRUNNEH
I
II I
ap
lt;;
und ~ .•T. GRAN'l' i14SJ i ~
Abb. 238. l~llstetigeA Kriechen von
Reinstalunüniulll (grobkörnig rckri-
stallisiert) uuter eiucr Zllgbelastllug
I

~
r
von 0,06 kp/llllll', bei 370 oe (nach
H. C. CHAX'; \lu,l X ..J. GRAXT [1 I.J]).
o
~ 10 20 JO
I
40 SO
i
60 71) 80 h90
8e/aslufI§sdaller

wiedergegeben. Man erkennt in Abb. 237 a die Relativverschiebung zweier


benachbarter Körner, in Abb. 237b die Drehung eines einzelnen Kornes
gegenüber seinen Nachbarn. Mit Hilfe solcher Markierungslinien wurden
296 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303
~r-------~------~------~
'io
bei grobkörnigem Reinstaluminium
bei einer Kriechtemperatur von
370°C die aus Abb. 238 hervorge-
henden Unstetigkeiten in der Deh-
nungsgeschwindigkeit nachgewie-
sen.

Abb. 239. Anteil des Korngrenzenkriechens an


der gesamten Kriechverformung (nach 10%
Kriechverformung). Dabei wurde die angelegte
Spannung so gewählt, daß die Dehngeschwindig-
keit 2,7% pro Stunde betrug
(nach H. BRUNNER U. N. J. GRANT [145]).
300 I;()O oe 500
Kriechfemperofur
Das Ausmaß des Korngrenzenkriechens ist überraschenderweise korn-
größenunabhängig, wie H. BRUNNER und N. J. GRANT [145] durch Kriech-
versuche bei verschiedenen Temperaturen und Belastungen sowohl für

b Lage in der /(orngrenle


Abb. 240a u. b. Korngrenzen·Kriechen von rekristaIlisiertem Reinstaluminium bei 260 oe und einer
Verformungsgeschwindigkeit von 0,17%/Std. (nach H. BRUNNER U. N. J. GRANT [145]).
a) Schematische Darstellung der Korngrenzen mit Markierungslinien; b) In Intervallen von je 2 Std.
erhaltene Verschiebung .1 A der in Teilbild a) dargestellten Korngrenze als Funktion der Lage in
der Korngrenze.
Lit. S. a03] 2. Plastische Verformung 297

Reinstaluminium als auch zwei Aluminium-Magnesium-Legierungen


nachwiesen. Wie Abb. 239 zeigt, ist der nach 10% Gesamtverformung
auftretende Anteil des Korngrenzenkriechens an der Gesamtverformung
stark temperatur- und legierungsabhängig. Das in Abb. 240 wieder-
gegebene Beispiel läßt erkennen, daß die Relativverschiebung benach-
barter Körner zwischen den Schnittpunkten dreier Korngrenzen Maximal-
werte erreicht. Ferner ist zu sehen, daß die beobachtete Verschiebung
IJA nach längeren Kriechzeiten langsam abnimmt, obwohl makro-
skopisch ungefähr konstante Kriech- 250:1
geschwindigkeit festgestellt wurde.
Dieser Rückgang des Korngrenzen-
kriechens mit zunehmender Zeit-
dauer der Kriechverformung wird von
H. BRUNNER undN. J. GRANT [145] auf
eine Art Verzahnung der Körner an
den Korngrenzen zurückgeführt, die
mit zunehmender Kriechverformung
immer wirksamer wird. Beispiele zeigen

Abb. 241 a u. b. Durch Kriechverformuug entstan-


dene verzahnte Korngrenzen im Gefüge einer Legie-
rung aus Reinstaluminium mit Zusatz von 1,9% Mg
(nach H. BRUNNER U. N. J. GRANT [145]).
a) 9,8% Kriechverformnng bei 270 'e. Nach Polieren
weitere 1,2% Kriechverformung bei der gleichen Tem-
peratur; b) 9,4% Kriechverformung bei 205 'e. Nach
Polieren weitere 10,2% Kriechverformnng bei der
gleichen Temperatur.
750: 1

Abb. 241a und b. Die an den Korngrenzen während der Kriechverfor-


mung entstehenden Verzahnungs- und Knickstellen stehen offenbar in
Zusammenhang mit der Subkornbildung im Korninnercn. ·Wie die
Abb. 242a und b zeigen, werden dort Unstetigkeiten in der Korngrenze
beobachtet, wo eine Subkorngrenze auftrifft.
F. N. RHINES und Mitarbeiter [141] haben nachgewiesen, daß um so
geringeres Korngrenzenkriechen auftritt, je kleiner die Orientierungs-
differenz benachbarter Körner ist. Insbesondere W. A. RACHINGER [147]
untersuchte metallographisch und röntgenographisch den Korngrößen-
einfluß auf die Kriechverformung. Genauer verfolgt wurde die Aufteilung
der Körner in Subkörner während des Kriechens. Besonders bei erhöhten
Temperaturen und feinem Korn wurde ein viskoses Fließen der Korn-
grenzen beobachtet. W. A. RACHINGER wies nach [148], daß Ober-
flächenbeobachtungen nur bedingt auf die Kriechverformung im Proben-
inneren übertragbar sind.
298 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

D. McLEAN und M. H. FARMER [149] haben das Kriechverhalten


von drei vielkristallinen Aluminiumlegierungen näher untersucht. Dabei
wurde festgestellt, daß Gleiten im Korninneren und Korngrenzenkriechen
gleichzeitig und in konstantem Verhältnis zueinander auftreten. Die
Größe dieses Verhältnisses hängt von den Verformungsbedingungen ab.
Der Einfluß gelöster Legierungselemente auf die Kriechverformung von
Aluminium wurde auch von G. D. GEMMEL und N. J. GRANT [150] unter-
sucht. Kriechversuche bei 260, 371 und 482°C unter konstanter Last

60:1 45: 1
Abb. 242a u. b. Zusammenhang zwischen Knickstellen an Korngrenzen und dem Subkorngefüge
(nach H. BRUNNER u. N. J. GRANT [145]).
a) Reinstaluminium bei 370 oe um insgesamt 11,4% durch Kriechverformung gedehnt; b) Legierung
mit 1,9% Mg bei 480 oe insgesamt 10,87% durch Kriechen gedehnt.

zeigten, daß schon kleine Kupfer- und Magnesiumzusätze die Stand-


festigkeit des Aluminiums beträchtlich erhöhen, während Zinkzusätze
kaum eine Änderung hervorrufen (s. a. Kap. C2.3, S. 571).
Abb. 243 zeigt Längsschliffe einer durch Kriechverformung gebroche-
nen Aluminiumprobe [151]. Man erkennt, daß durch das Kriechen Hohl-
räume entstanden sind, vor allem in Korngrenzennähe. Das Anwachsen
von Rissen oder Hohlräumen während der Kriechverformung wird z. T.
auf das Zuwandern von Leerstellen zurückgeführt [141, 149, 162].

2.52 Wechselverformung
Bei vielen der bisherigen Wechselverformungsuntersuchungen standen
mehr anwendungstechnische als grundlegende Fragen im Vordergrund
des Interesses. Die in den letzten Jahren in verstärktem Maße auf-
genommene, an die klassischen Untersuchungen von H. J. GOUGH und
Mitarbeitern [154] anknüpfende Grundlagenforschung hat zu neuen wert-
Lit. s. aoa] 2. Plastische Verformung 299

vollen Erkenntnissen geführt. Dazu trugen u. a. licht- und elektronen-


mikroskopische Oberfiächenbeobachtungen unter Benutzung verfeinerter
Ätz- und Poliertechniken bei.
Oberfiächenbeobachtungen von M. HEMPEL und A. SCHRADER [155]
sowie M. PAGANELLI [156] ergaben bei Reinaluminium Hinweise auf den
Zusammenhang zwischen Gleitbandausbildung, Spannungsamplitude
300 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303

und Lebensdauer. Bei geringen Amplituden werden Gleitbänder nur in


vereinzelten, bei hohen Amplituden dagegen praktisch in allen Kristal-
liten beobachtet.
Bei den kubisch-flächenzentrierten Metallen sind zwei Stadien der
Wechselverfestigung zu unterscheiden, von denen das eine (VI) nur bei
hohen Amplituden auftritt, das andere (VII) bei Amplituden in der Nähe
der Dauerfestigkeit überwiegt [157, 158]. Im Bereich VI gleichen die
Gleitbänder den bei einsinniger Verformung auftretenden. Es werden
lediglich Gleitstufen beiderlei Vorzeichens gleich häufig beobachtet. Man
spricht von T-Bändern (Tensile-Bänder) [157]. Während oder am Ende
von VII bilden sich die für die Ermüdung charakteristischen F-Bänder
(Fatigue-Bänder) aus. Diese sind scharf begrenzt und treten weit von-
einander getrennt auf.
Die Untersuchung der Amplitudenabhängigkeit der Wechselverfesti-
gung von Aluminiumeinkristallen [159, 160, 161] ergab während der
ersten tausend Lastwechsel einen starken Verfestigungsanstieg, dem sich
ein Sättigungsbereich anschließt. Bei höheren Lastspielzahlen tritt ein
erneuter geringer Verfestigungsanstieg auf. Der sich einstellende Sätti-
gungswert der Spannungsamplitude ist für die einzelnen Dehnungs-
amplituden charakteristisch und unabhängig von der Probenvorge-
schichte [162, 163]. Die Orientierungsabhängigkeit der Wechselverfesti-
gung ist bei hohen Amplituden der bei einsinniger Verformung ähnlich
[164, 165, 166]. Der Orientierungseinfluß geht mit sinkender Amplitude
rasch zurück und ist bei kleinen Amplituden nicht mehr nachzuweisen [166].
Für die Ermüdung charakteristische Oberflächenerscheinungen sind
die sogenannten Extrusions und Intrusions. P. J. E. FORSYTH [167]
fand, daß während der Wechselbeanspruchung in den F-Bändern dünne
Metallstreifen bis zu einer Höhe von etwa 10 (J.m aus der Oberfläche aus-
gepreßt werden. Diese Extrusions besitzen eine Dicke von etwa 0,1 (J.m
und unterschiedliche Länge. Auch langgestreckte Vertiefungen, soge-
nannte Intrusions, werden beobachtet. Intrusions und Extrusions ent-
stehen mit gleicher Häufigkeit längs der Gleitbänder. Sie sind schon nach
einem Zeitintervall von wenigen Prozent der Lebensdauer der wechsel-
beanspruchten Proben nachweisbar und werden in ihrem Wachstum
durch die Atmosphäre, in der die Wechselversuche stattfinden, beein-
flußt. Ihre Häufigkeit fällt mit abnehmender Dehnungsamplitude rasch
ab. Intrusions treten selbst bei Temperaturen von 4,2°K auf [168]. Von
M. P AGANELLI an Reinstaluminium und einer Aluminium -Kupferlegierung
(5% Cu) beobachtete Extrusions sind in Abb. 244 wiedergegeben. Auf
die vorgeschlagenen Modelle [169 bis 171] zur Erklärung beider Erschei-
nungen kann hier nicht näher eingegangen werden. Sie werden heute
kaum noch als notwendig für die Erklärung der Ermüdungserscheinungen
angesehen.
Lit. S. 303] 2. Plastische Verformung 301

Die zum Ermüdungsbruch führenden Anrisse, die schon nach wenigen


Lastspielen entstehen, entwickeln sich aus den F-Bändern 1. Da F-
Bänder und Mikrorisse auch bei Amplituden auftreten, die nicht zum
Ermüdungsbruch führen, dürfte die Ausbreitungsfähigkeit einmal ge-
bildeter Risse das für die Dauerfestigkeit bestimmende Kriterium dar-
stellen, nicht dagegen die Rißbildung. Nach P. J. E. FORSYTH [172]
unterscheidet man zwei Ausbreitungsstadien. Die Rißausbreitung erfolgt
bei kleinen Amplituden zunächst entlang der Gleitebenen der F-Bänder.

/
t --
L~~~~~-~~~~~. __~
400:1 600:1
Abb. 244 a. Extrusions auf der Oberfläche von Abb. 244 b. Extrusions auf der Oberfläche von er-
ermüdungs beanspruchtem weichem müdungsbeanspruchten Proben aus einer Alumi-
ReinstaluTniniulll nium·Kupfer·Legierung (5% Cu) kaltausgehär-
(nach Jlf. PAGANELLI [156]). tet (ungeätzt) (nach M. PAGANELLI [156)).

Später verläuft die Bruchfläche, unabhängig von der Kristallorientierung


senkrecht zur Probenachse. Bei hinreichend hohen Amplituden tritt nur
das zweite Stadium auf.
Die Lebensdauer wechselbeanspruchter Proben wächst, wenn wäh-
rend einer Versuchs unterbrechung die jeweils entstandenen Gleitbänder
abpoliert werden. Bei höheren Versuchstemperaturen werden auch
Anrisse in den Korngrenzcn beobachtet, bisweilen geht die Anrißbildung
auch von Knickbändern aus. Beispiele von F-Bändern mit in ihnen liegen-
den Hohlräumen sind in Abb.245a und b wiedergegeben [167]. Die
röhrenförmigen Hohlräume haben eine Tiefenausdehnung von wenigen
Il-m und Durchmesser kleiner als 11l-m. Mit andauernder Wechselbean-
spruchung wachsen die Hohlräume zusammen und bilden einen makro-
skopischen Anriß.
M. PAGANELLI [156] ist der Frage nachgegangen, inwieweit bei aus-
härt baren Aluminiumlegierungen auf Grund der Wechselbeanspruchung
ein Abbau der Übersättigung des Mischkristalls erfolgt. Im Gegensatz

1 In der angelsächsischen Literatur spricht man von "persistent slip bands",


da sie nach Abpolieren dünner Oberflächenschichten noch sichtbar bleiben [173].
302 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 303]

zu anderen Feststellungen [174, 175] ergab sich keinerlei Zusammen-


hang zwischen der Bildung von Extrusions und den Ausscheidungsvor-
gängen.
Die Versetzungsstruktur nach Wechselverformung wurde in letzter
Zeit mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie mehrfach unter-
sucht [176 bis 180]. Systematische Untersuchungen der in wechsel-
verformten Reinstaluminium anzutreffenden Versetzungsanordnungen
wurden bei Einkristallen von K. U. SNOWDEN [178], bei Vielkristallen
von J. C. GROSSKREUTZ [179] vorgenommen. Bei mittleren und hohen

l°tum

..

Abb.245a u. b. Elektronenmikroskopische Aufnahmen einer ermüdungsbeanspruchten Probe.


Aluminiumlegierung mit 7,5% Zn und 2,5% Mg (nach P. J. E. ]'ORSYTH [167]).
a) Nach Abpolieren bestehenbleibende Gleitbänder (A) ("persistent slip bands") nnd Hohlräume (B);
b) Röhrenförmige Hohlräume eines Gleitbandes.

Amplituden wurden Versetzungsknäuel und -ringe beobachtet, deren


Dichte mit wachsender Lastspielzahl zunimmt. Im Bereich der Sätti-
gungsverfestigung bildet sich eine Zellstruktur aus, bei der dichtere Ver-
setzungsknäuel praktisch versetzungsfreie Bezirke einschließen. Die
Abstände der Zellwände, die sich parallel zu niedrig indizierten Ebenen
einstellen, betragen etwa 2 !1-m [179]. Bei kleineren Dehnungsamplituden
werden auch größere Zelldurchmesser beobachtet. Es gibt eine Mindest-
dehnungsamplitude, unterhalb der keine Zellstruktur mehr nachweisbar
ist. Dann bilden sich Zonen mit hoher Dichte an Versetzungsringen.
Es bestehen eine Reihe von Hinweisen [157, 158, 175, 177, 181 bis
183], daß die bei der Wechselverformung entstehenden Leerstellen, ihre
Diffusion und Ausscheidung eine Rolle bei der Wechselverfestigung mit
Literatur zu Kapitel B 2 303

kleinen Amplituden und wahrscheinlich bei den Prozessen der Riß-


bildung und Rißausbreitung spielen.
Eine Übersicht der gegenwärtigen Diskussion auf dem Gebiet der
Wechselverformung findet sich in Arbeiten von R. J. HARTMANN [168J
sowie J. C. GROSSKREFTZ [1841.

Literatur zu Kapitel B 2
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3. Erholung und Rekristallisation


Von D. Altenpohl, Zürich

3.1 Erholung

3.11 Vbersicht

Wird das kaltverformte Aluminium auf eine Temperatur von z. B.


50 bis 200 oe erwärmt, so setzt eine merkliche Erholung der durch die
Kaltverformung veränderten physikalischen und mechanischen Eigen-
schaften ein. Eine Abgrenzung zwischen Erholung und Rekristallisation
gelingt am ehesten anhand VOn Gefügebeobachtungen, da bei der Erho-
lung lediglich eine Umlagerung der Subkorngrenzen erfolgt, während
beim Einsetzen der Rekristallisation eine Wanderung von Großwinkel-
korngrenzen auftritt. l
1 Hier gibt es allerdings einen Ausnahmefall: Beim reinsten Aluminium wachsen
während der Erholung die Subkörner unter Umständen stetig weiter, wobei eine
vollständige Entfestigung zustande kommt (Rekristallisation "in situ"), s. Abb. 256.
[.1 •.1].

20*
308 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Im übrigen ist es nicht einfach, den Vorgang der Erholung abzu-


grenzen. Dies gilt sowohl bezüglich der Maßnahmen, welche die Erholung
bewirken, als auch hinsichtlich der Vorgänge, die während der Erholung
ablaufen. Eine Erholung erfolgt während und nach der Warmverformung
und bei bestimmten Legierungen bereits während der Kaltverformung
sowie im Verlaufe der anschließenden Lagerung bei Raumtemperatur.
Letzteres wird insbesondere bei Aluminium hoher Reinheit oder bei Alu-
minium-Magnesium-Legierungen beobachtet. Wird die Erholung bei
einer bestimmten Temperatur verfolgt, so ist es außerdem von Be-
deutung, bei welcher Temperatur die vorherige Verformung durch-
geführt wurde.
Bereits G. TAMMANN hat darauf hingewiesen, daß die verschiedenen
Eigenschaften eines kaltverformten Metalls sich nach unterschiedlichen
Gesetzmäßigkeiten erholen [32]. Bei Untersuchung von Erholungs-
vorgängen ist es daher von Wichtigkeit, welche Eigenschaft man unter-
sucht: Die Erholung der elektrischen Leitfähigkeit erfolgt z. B. bei
wesentlich tieferen Temperaturen als die Erholung der Festigkeitswerte
[33]. Der letztgenannte Vorgang wird auch als Entfestigung bezeichnet.
Teilweise ist versucht worden, den Mechanismus der Erholung als
den Platzwechsel von einzelnen Atomen oder Leerstellen zu definieren
[1]. Diese Definition trifft nur für die Erholung bei relativ tiefen Tempe-
raturen zu. Mit zunehmender Temperatur der Erholung erfolgt auch das
Klettern von Versetzungen und ihre Ansammlung in Subkorngrenzen
[2,3].
Schließlich wird die Definition der Erholung auch dadurch erschwert,
daß der Übergang zwischen Erholung und Rekristallisation anhand der
Messung von Festigkeitswerten oft schwierig abzugrenzen ist.
Im folgenden werden wir die im Aluminium ablaufenden Erholungs-
vorgänge im allgemeinen je nach der Art der durchgeführten Beobach-
tung behandeln. Untersucht wird meistens die Erholung der physika-
lischen oder der mechanischen Eigenschaften sowie die Veränderung des
Gefüges (Polygonisation und Entstehung von Ausscheidungen während
der Erholung). Zuvor werden wir auf Messungen der Wärmetönung bzw.
der Aktivierungsenergie der Erholung in verschiedenen Temperatur-
bereichen eingehen.

3.12 Thermische Effekte während der Erholung


Die während der Kaltverformung im Gefüge gespeicherte Energie
wird teilweise während der Erholung in Form einer positiven Wärme-
tönung frei.
Besonders geeignet ist die Ermittlung der Wärmetönung bei iso-
thermer Versuchsführung. Abb. 246 zeigt Ergebnisse von H. U. ASTRÖM [7].
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 309

}fan erkennt, daß \Yärmetönungen in zwei ven;chiedenen Tempera-


turbereichcn auftreten, und zwar einmal bei ca. 80 oe und ein anderes
1Ial zwischen ca. 180 und 250 oe.
Sodann wird bei ca. :i;30 oe eine starke Wärmetönung beobachtet,
welche auf die eim:etzende Rekristallisation zurückzuführen ist.
Die Aktivierungsenergie der Erholungsvorgänge zwischen 80 und
lOOoe wurde VOll H. U. ASTRÖlVf mit 27 kcalfg-Atom bestimmt. H. U.
ASTHÖl\f nimmt an, daß mit
5
dieser Akti vierungsem'rgic ein I
cal/g -Atom
\Yandern von Versetzungen auf
4
Gleitebenen undeinAuslöolC'hen
von Versetzungen entgegen-
gesetzten V orzeiehens erfolgt. ~ :;:, 3 -e-. HS-- --1
Im Temperaturbereich von 11
.~
I
I
180 bis 250 0 e erfolgt die Er- ~ z I
0 - .-Jf!L

holung mit einer Aktivierungs- r--o. . .


energie von 36 kcalfg-Atom,
welehe der Selbstdiffusion des
Aluminium8 ent8prjeht, und
o
1
!/lO
II
zoo JOO 4fX} 500 oe 600
:50mit dem Klettern von Ver-
hmperoflJr
setzungen in energiearme Po-
Abh. 246. Wärllletöllung und relative Härte (Ver-
sitionen (Polygonisat ion). hältnis von Härte nach GJühung bei der aufgetra-
Die gemäß Abb. 246 bei genen Temperatur zu Härte nach GJühung bei
555 'C) von kaltverformtem vielkristallinem Reinst-
Tem pera turen bis zu 2.50 oe ge- aluminium (Al 99,985 mit 0,0084% :Fe) in Abhän-
messenen thermischen Effekte gigkeit von der GJÜhtemperatur. Kaltverformung
durch Stauchen. Verformungsgrad 45%
ergeben gemeinsam eine 'Vär- (nach H. U. ASTRÜ~I [7]).
metönung von 37 bis 47 % der
im Verlauf der Kaltverformung im Gefüge aufgespeicherten Energie.
Die Meßwerte von H. U. ASTRÖM stimmen mit denen neuerer Unter.
:mchungen nur teilweise überein. Der Befund, daß mit zunehmender Er·
holungstemperatur nacheinander zwei oder drei verschiedene Erholungs.
mechanismen ablaufen, dürfte heute aber als gesichert gelten [52a].

3.13 Erholung des elektrischen Widerstandes, der Linienbreite bei der


Röntgenjeinstr-uktllr. Untersuchung sowie der Härtewerte

Im allgemeinen wird das AUtimaß der Erholung durch folgenden Quo.


tienten beKchrieben:
Ao-A t
Ao-A 1
Hierbei bedeutet A o die Meßgröße nach Kaltverformung, At nach
einer Erholungsdauer t und Al nach vollständiger Rekristallisation.
310 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Im folgenden geben wir einige an polykristallinem Reinstaluminium


erhaltene Messungen von E. C. W. PERRYlIIAN [12] wieder. Das Material
war im Ausgangszustand 20 bzw. 80% kalt gewalzt.
Gemessen wurden in Abhängigkeit von Temperatur und Dauer der
Erholungsglühung der elektrische Widerstand, die Linienbreite bei LAuE-
Rückstrahlaufnahmen sowie die Härtewerte.
0,4

+ I
0,3 -~
~,

+.~ •
!!
iI-
I
~.-
0,
'V · I I
I
!

o 70 20 JO 40 mln SO
Anlaßdauer
AbI!. 247. Änderung des elektrischen Widerstandes e während der Erholungsglühung von vielkristal-
linem Reinstaluminium mit 20% Kaltwalzgrad (nach E. C. W. PERRYMAN [12]) .
• Anlaßtemperatur 74 oe; 0 Anlaßtemperatur 100 oe; + Anlaßtemperatur 127°C.

0,5
• I
I

-
~.
.J..-;:" x
;'---x x

~ ~
I
!

00
V i
I
I

i
I
I
!
ZO 40 50 80 rOO lZ0 140 160 180 mlnZOO
Anlaßdauer (ZlO bis 281°C)
zoo
! I I ! ' !

o {ifXJ (j{J) 800 1200


rO{}(} fIIOO 1600 kW hZOOO
Anla8dauer (rooDC)
Abb.248. Änderung der Linienbreite B bei LAUE-Rückstrahlaufnahmen während der Erholungs-
glühung von vielkristallinem Reinstaluminium mit 20% Kaltwalzgrad
(nach E. C. W. PERRYMAN [12]) .
• Alllaßtemperatur 281 oe; + Anlaßtemperatur 250°C; x Anlaßtemperatnr 210 oe;
o Anlaßtemperatur 100 oe.

Typische Ergebnisse sind in Abb. 247 bis 249 sowie in Tab. 22 wieder-
gegeben. Die Meßwerte wurden durch Auftragen des Logarithmus des
reziproken Wertes der Zeit für völlige Erholung gegen den Logarithmus
1
von l' auf die Aktivierungsenergie ausgewertet. Die erhaltenen Akti-
vierungsenergien sind in Tab. 22 eingetragen.
Man erkennt, daß die Erholung des elektrischen Widerstandes mit
einer relativ geringen Aktivierungsenergie von 7,7 kcaljMol erfolgt.
Wurde allerdings die Auswertung für den Zeitpunkt, zu dem gerade die
halbe Erholung abgelaufen war, durchgeführt, so wurde eine wesentlich
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 311

höhere Aktivierungsenergie von 15,5 kcaljMol gefunden. Interessant


ist sodann in Abb. 247, daß bei einer Temperatur von z. B. 74°C auch
nach sehr langen Anlaßzeiten (welche in die Abbildung nicht eingetragen
wurden) die durch die Kaltverformung erzeugte Zunahme des elektri-
schen Widerstandes durch Erholung nicht restlos abgebaut wird,
sondern erst bei Temperaturen von über 100°C. (Die durch die Kalt-
verformung erzielte \riderstandszunahme hatte insgesamt 0,25% be-

20 40 60 80 100 120 MJ 100 180minZOO


An/aßdauer
Auu. 24\1 ..~ndcrnng der YICnlm~· Härte H während der Erholungsglühung von vielkristallinem Reimt-
aluminium mit 20% Kaltwalzgrad (nach E. C. W. PERRYMAN [12]) .
• AnlaßteIllpcratur 247 'e; ° Anlaßtemperatur 281 °C; x Anlaßtemperatur 301 oe;
-' Anlaßtemperatur 318 °c.

Tabelle 22. Erholung von vielkristallinem Reinstaluminium mit 20 und 80% Kalt-
wnlzgrad (nach E. C. W. PERRYMAN [12])
Zeit für das
Zeit für vollständige Erholung (Minuten) Auftreten
Anlaß- einzelner rc-
temperatur oe Linienhreite kristallisier-
ElektriHcher Härte
ter Körner
Widerstand I
(Min.)
20~~ KY ~O% KV 80% KV 20~'~ KV 80% KV
I 20%KV

74 26,5
100 12,0 120000
127 6.0
210 100
225 40 230
250 48 25 590 52 480
281 R 6,5 100 24 60
301 34 10 10
318 14 2
.\ktivierungs-
energie 22400 ± 20000 ± 31800 ± 22500±
7700 ~±: 100
2000 5000 2600 2400
caljg-Atom
KV Kaltverformung vor der Erholung
312 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

tragen.) Man erkennt in Tab. 22, daß bei der Erholung der Linienbreite
sowie der Härte die Aktivierungsenergie mit zunehmendem Kaltverfor-
mungsgrad abnimmt. Aus den in Tab. 22 zusammengefaßten Ergeb-
nissen kann man erkennen, daß die Erholung kein Einzelvorgang ist,
sondern daß die physikalischen oder mechanischen Eigenschaften des
Aluminiums sich in verschiedenen Temperaturbereichen und mit unter-
schiedlicher Kinetik erholen.
Bei einer isothermen Untersuchung (bei z. B. 100°C) nimmt die
Erholungsgeschwindigkeit in folgender Reihenfolge ab: Leitfähigkeit,
Linienbreite, Dehngrenze, Zugfestigkeit und Härte [3, 35, 36].
Im folgenden werden wir auf die Entfestigungsvorgänge im einzelnen
eingehen.

3.14 Grundlegende Beobachtungen bei der Entfestigung

Es zeigt sich, daß die Aktivierungsenergie der Entfestigung mit zu-


nehmender Anlaßdauer abnimmt [8] entgegen der Auffassung einiger
Autoren, die die Erholungsvorgänge mit einer konstanten Aktivierungs-
energie rechnerisch zu erfassen versuchen [3, 38]. Die Art der Entfesti-
gungsvorgänge und die Höhe der Aktivierungsenergie hängen vom Ver-
formungsmechanismus ab. Werden z. B. Aluminiumeinkristalle durch
Schubverformung um 30 bis 40% plastisch verformt, so ergibt ein ein-
stündiges Anlassen bei 350°C eine nahezu völlige Entfestigung. Kristalle,
welche im gleichen Ausmaß, aber durch Zug verformt waren, zeigten
bei der gleichen Anlaßbehandlung nur eine Erholung der Festigkeits-
werte um 20 bis 30% [9].
Für den Mechanismus der Entfestigung ist es wichtig, in welchem
Ausmaß Vielfachgleitung erfolgt ist. Solange bei der Verformung nur
ein Gleitsystem in Aktion getreten ist ("easy glide"), wird weder Poly-
gonisation noch Rekristallisation beobachtet. In diesem Falle können
sich Versetzungen umgekehrten Vorzeichens ohne Klettern gegenseitig
auslöschen.
Wenn die Kristalle einen hohen Reinheitsgrad haben (99,99% Al oder
höher), können relativ große plastische Verformungen durch "easy
gIide" bewirkt werden [10, 11]. In diesem :Fall kann der größte Teil der
Kaltverformung durch Entfestigung wieder abgebaut werden. Bei Ein-
kristallen tieferen Reinheitsgrades (z. B. Al 99,5) ist der "easy-glide"-
Bereich dagegen sehr klein, so daß die Vielfachgleitung dominiert.
Wenn Vielfachgleitung vorliegt, geschieht die Entfestigung gleich-
zeitig mit einer Polygonisation. In Abb. 250 erkennt man, daß die Ent-
festigung eines durch Vielfachgleitung verformten Einkristalls wesent-
lich langsamer erfolgt als die Erholung der durch Röntgenfeinstruktur-
untersuchung erkennbaren Gitterverzerrungen.
Lit. S. 371] :3. Erholung und Rekristallisation 313

Sobald Mehrfachgleitung einsetzt, ist es im allgemeinen nicht möglich,


allein durch Erholung eine völlige Entfestigung zu erreichen 1.
Im allgemeinen können maximal ca. 40 bis 60% der Kaltverfestigung
durch Erholung abgebaut werden. Dies kommt auch in Abb. 250 zum
Ausdruck. Der starke Härteabfall bei Anlaßzeiten länger als 1200 Sekun-
den wird durch Rekrü;tallisation verursacht [3]. Wie in Abb. 250 kennt-
lich gemacht, ist das Subkorngefäge im vorliegenden Fall nach ca. 200 Se-
kunden voll ausgebildet. Zu diesem Zeitpunkt hat die Erholung erst 1/10
der Kaltverfestigung abgebaut. Im weiteren Verlauf der Entfestigung
(bis zum Einsetzen der Rpkristallisation) wachsen die Subkörner relativ

--
30

~ """1:
kp/m
30
Einsetzen der
~
~ >-... ~l!kriSfa!{isafillr,
,

~'K
., SubkiJrner vo!!
• ausgebif, ef
\
'1-
t
E
- 1.'5

zoo 400 600 800


(J!ühdauel'
/000 /zoo
'0
1400 s 1600"
Abb. 250. Änderung der .i\Iikrohärte H (HV 0,2) und der Linienbreite B bei der Röntgenfeinstruktm-
untersuchung während der Erholungsglühung bei 350 'e. Einkristall aus Reinstaluminium, Kalt-
verformungsgrad 80o~ (nach A. H. J,1::TTS U. P. A. BECK [51).

langsam weiter, wobei die Subkorngrenzen schärfer ausgebildet werden.


Siehe dazu S. 252 und 317.
'Während kalt verformte Einkristalle noch bei Temperaturen von
ca. 500 oe oftmals ausschließlich entfestigt und nicht rekristallü,iert
sind, liegt die Rekristallisationsschwelle bei gleich stark verformtem vit'l-
kristallinen Gefüge wesentlich tiefer.
Bei der Glühung von kalt verformtem polykristallinen Reinaluminium
kann man im Temperaturbereich zwischen 230 bis ca. 450 oe das gleich-
zeitige Auftreten von Entfestigung und Rekristallisation beobachten.
Diesen Fall wollen wir vorerst beiseitelassen und im folgenden solche
Fälle erörtern, in denen ausschließlich EntfestigungRvorgänge abla,ufen.
Diese können in zwei Gruppen zergliedert werden:
Erfolgt die Erholungsglühung von kaltverformtem Reinaluminium
in einem Temperaturbereich von z. B. 80 bis 130 oe, so wird oftmals beim
Zugversuch ausschließlich eine Erholung der Dehngrenze beobachtet,

1 Mit Ausnahme der "Rekristallisation in situ" beim Reinstaluminium.


314 B. Allgemeine :Metallkunde und :Metallphysik [Lit. S. 371

während die Zugfestigkeit vor und nach der Erholungsglühung gleich


bleibt (s. Abb. 251 a). Dieser Erholungstyp wird auch als "metarecovery"
bezeichnet und entspricht dem in Abb. 246 erkennbaren ersten Maxi-
mum der Wärmetönung.
Oberhalb von 140 bis 180°0 tritt in zunehmendem Maße außer der
Erholung der Dehngrenze eine Erholung der Zugfestigkeit auf, wie dies
14
kp/mm Z •

10

~
~
~a4
c:; 14
~
15~

10

h40 5 10 15 20 25 % .10
wuhre Oehnung
Abb.251a u. b. Spannung.-Dehnungs-Kurven von weichen vielkristalJinen Proben aus Al99,5
(nach T. V. CHERIAN, P. PIETROKOWSKY u. J. E. DORN [13]).
1. Ohne l:nterbrechung des Zugversuches; 11. Zugversuch nach 9,2% Dehnung unterbrochen,
anschließend für die angegebene Zeit bei 100'C bzw. 150'e angelassen.
,,) Anlaßtemperatur 100'C: Die Proben zeigen nach Anlassen ausschließlich Rückgang der
Dehngrenze (metarecovcry).
o Anlaßzeit 0 h; • Anlaßzeit 52 h; f'.. Anlaßzeit 2588 h.
b) Anlaßtemperatur 150 '0: Die Proben zeigen nach Anlassen Rückgang der Dehngrenze nnd Zug-
festigkeit (orthorecover~·).
o Anlaßzeit 0 h; • Anlaßzeit 24 h; 'V Anlaßzeit 106 h; f'.. Anlaßzeit 2466 h.

in Abb. 251 b zum Ausdruck kommt. Dieser Erholungstyp wird auch als
"orthorecovery" bezeichnet und entspricht dem zweiten Maximum der
Wärmetönung in Abb. 246 [3].·
Die Entfestigung läuft im niedrigen Temperaturbereich rascher ab
als im höheren Temperaturbereich. Die Aktivierungsenergie beträgt im
ersten Fall 27 kcaljMol und im zweiten Fall 33 bis 36 kcaljMol [7, 13].
Den beiden verschiedenen Erholungsvorgängen werden zwei ver-
schiedene metallphysikalische Mechanismen zugeordnet (s. S. 309).
Lit. 1:'. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 315

Hierbei verweisen wir auf Beobachtungen, welche bei der Kriech-


verformung des Aluminiums in verschiedenen Temperaturbereichen ge-
macht wurden (S.228). Bei der Untersuchung von Kriechvorgängen
wurden gleichfalls zwei Tcmperaturbereiche gefunden, in denen ver-
schiedene "\Verte für die Akti vierungs energie des Kriechens vorliegen:
Im Temperaturbereich oberhalb ca. 160°C erfolgt während des
Kriechens ein Klettern von Versetzungen. In diesem Temperatur-
bereieh ist die Konzentra-
~Mr-----,------,------r-----,-----,
tion an Leerstellen und ihre z
~kp/mm
Beweglichkeit groß genug, §i
um das Klettern der Ver- <S ~ 1,05t------+--------±-=---=::..--t-----+------I
setzungen zu erleichtern. l'
Unterhal b etwa 160 oe ii

--+
~
ist dies nicht mehr der ]'all, ~ 0,70-
so daß das Klettern von Ver- ~

setzungen nur noch in ge- ~
~~35 -x~L-+_-----+------~----+_----~
ringem Ausmaß auftritt.
§
Interessant sind in die- ~
sem Zusammenhang Be- ~
obachtungen bei der Ent- o 2 4 fi 8 h 10
Erho/ungsdauer
festigung von Proben, die Abb. 252. Eintluß der Temperatnr der Kaltverformung
bei verschiedenen Tempe- auf die Entfestigung von Reinstaluminium (Al 99,9987)
bei 32 '0. Die Kaltverformung der Proben bei den ange-
raturen kaltverformt und gebenen Temperaturen wurde so gewählt, daß beim an-
anschließend bei einer hö- schließenden Zugversuch in flüssigem Stickstoff alle Prü-
ben dieselbe Dehngrenze aufwiesen (nach T. E. TIETZ.
heren Temperatur entfestigt R. A. ANDERSON U. J. E. DOl\X [25]).
wurden. Abb. 252 gibt eirJi- Temperatur der Kaltverfornmng:
g8 Erge bnisRe dieser Art • - 70 oe; + 0 0(' ; x + 23 oe.
wieder, welche zeig8n. daß
bei Verformung im Tieftemperaturbereich mit abnehmender Verfor-
mungstemperatur die Erholung bei Raumtemperatur wesentlich ver-
stärkt wird [4. 5J.
"\Vegen der in Frage kommenden metallphysikalischen Mechanismen
verweisen wir im übrigen auf Absehn. B 1.1, S. 202.

3.15 Erholung während oder nach der plastischen Deformation


Zusammenhänge zwischen Erholung und Subkornwachstum .

Bei allen in der Technik wichtigen Verformungsvorgängenlaufen bei


Aluminium und Aluminiumlegierungen Erholungsvorgänge bereits
während der plastischen Deformation ab. Dies ist sowohl bei der Warm-
verformung als auch bei der Kaltverformung der Fall. Beim Warmwalzen
erfolgt beispielsweise eine merkliche Entfestigung während und nach der
316 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Warmverformung 1 • Aber selbst bei vVarmwalztemperaturen von 500°C


wird dem Gefüge noch eine merkliche Kaltverformung aufgeprägt,
erkennbar an einer deutlichen Rekristallisationsschwelle bei zunehmen-
der Erwärmung des warmgewalzten Materials [28J.
Der erholbare Anteil der Kaltverformung nimmt mit zunehmender
Verformungstemperatur ab. Dies ist um so ausgeprägter, je höher
der Reinheitsgrad des untersuchten Aluminiums ist. Wird Reinstalu-
minium bei ca. 200 oe plastisch verformt, so geht der erholbare Anteil
der durch die Verformung geänderten Eigenschaften nahezu auf Null
zurück.
Generell wird gefunden, daß die Erholung sehr beschleunigt wird,
wenn gleichzeitig eine schwache plastische Verformung erfolgt [3, 17, 34].
Es gibt eine ganze Reihe von Varianten, wie durch eine Verformung
die Entfestigung verstärkt werden kann. Hierzu gehören auch elastische
Spannungen. Diese können einsinnig oder pulsierend sein. Z. B. bewirkt
Ultraschall eine merkliche Beschleunigung der Entfestigung [85J.
Die Entfestigung mit überlagerter Spannung und das Kriechen be-
ruhen auf ähnlichen Mechanismen, siehe dazu bei [3J.
Das Subkorngefüge ist nach plastischer Verformung bei erhöhter
Temperatur wesentlich besser ausgebildet als nach Kaltwalzen und an·
schließender Erwärmung auf dieselbe Temperatur [16J.
Generell wird festgestellt, daß mit abnehmender Subkorngröße die
Festigkeitswerte zunehmen, insbesondere die Dehngrenze. Dies gilt
vor allem für Material, welches im Anschluß an die Verformung eine teil·
weise oder vollständige Erholung durchlaufen hat.
D. WHITWHAM und J. HERENGUEL [21] haben den Einfluß der Sub·
korngröße bzw. der Korngröße nach Rekristallisation auf die Festig-
keitswerte genauer untersucht. In Abb. 253 werden Messungen der Mikro·
härte in Abhängigkeit von der durchschnittlichen Korngröße wieder·
gegeben. Es ist bemerkenswert, daß die durch die Meßwerte verlaufende
Kurve keine Diskontinuität zeigt und daß Körner oder Subkörner der
gleichen Größe (ca. 5 !J.m) die gleiche Mikrohärte aufweisen. Sodann ist
auffallend, daß die Härtewerte sich inl Korngrößenbereich zwischen 1 und
10 !J.m besonders stark ändern.
Es ist in der Technik relativ schwierig, durch eine Entfestigungs.
glühung ein Gefüge mit Subkörnern annähernd gleicher Größe zu
erreichen.
Verfeinerte Untersuchungen von J. HERENGUEL und Mitarbeitern [54]
haben folgendes gezeigt: Solange die Entfestigung nach Kaltwalzen noch
relativ schwach ist, haben die Subkörner eine Größe von 0,5 bis 2 !J.m,
und die Dehnungswerte sind relativ niedrig.

1 Siehe dazu auch S. 292.


Lit. S. 371] 3. Erholung und Hekristallisation 317

Mit zunehmender Entfestigung beginnt ein ungleichmäßiges Sub-


kornwachstum. wobei die Dehnungswerte ansteigen. Ein Gefüge mit
einheitlicher Su bkorngröße von ca. 5 bis 8 [Lm weist eine günstige Kombi-
nation von relativ hohen "'erten der Zugfestigkeit (und Dehngrenze) mit
relativ hohen Delmung::"verten auf. Jedoch ist es schwierig, diesen
Gdügezustand durch Rntfestigen nach Kaltverformung zu erhalten
(,.,. s. :~2i)). Die" geijngt am ehesten durch Abschrecken unmittelbar nach

40 1
kpjm ~J\
35
~
:ts
~
30 ~.
:si ·\~o
~ 2S
~ r---
20
~

10 TOO 1000 p.m 70000


Komdurchmesser
Abb. 2,33. }likrohiirtf' (HY O,OlR) yon Al 99,99 in Abhängigkeit von der mittleren Korngröße der
Subkorngröße nach Rekristallisation neler Erholung, Beachtenswert ist, daß die Kurve keine Diskonti-
nuität zeigt (nach D, WHITWILHI H, J, HERENGUEL [21]),
"nllkiirner durch Erholung entstanden; 0 ltckristallisatinnskiirncr.

Warmverformung. Hierdurch kann ein Gefüge erhalten werden, welches


z. B. Subkörner von etwa 2 bis 6 [Lm Durchmesser enthält und welches
gemäß Tab.23 durch seiJw hohen Dehnungswerte bei gleichlwitig hoher
Zugfestigkeit auffällt.

Tabelle 23 . .Mtrhanische Eigenschaften von Profilen aus AlMn, welche nach dem
Strangpre88en abgeschreckt wurden, im Vergleich mit halbharten Blechen aus AI1VI n
(nach D. WITHWA:'i[ U. J. HERENGUEL [21])

J\I echallische Eigenschaften

Zug·
Zustand festigkeit Dehnung b
OB %
kpjmm'

Pressen *, dann abschrecken von 300 oe 17 17


Pressen *, dann abschreckE'n VOll 500 oe 15 21
Halbhart gewalzt ** 17-13 4
Halbhart entfestigt *** 17-13 8

* Verpressungsgrad 6,5: 1
** USA-Spezifikation H 14
*** USA-Spezifikation H 24
318 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Das Fortschreiten der Polygonisation bzw. das Wachstum der Sub-


körner kann durch wiederholte Wärmebehandlung beeinflußt werden.
Hieraus ergeben sich Hinweise auf den Mechanismus des Subkorn-
wachstums, vor allem bezüglich der Mitwirkung von thermischen Leer-
stellen bei der Wanderung bzw. Auslöschung von Versetzungen [30].
Es gibt eine ganze Reihe von Arbeiten über die Entstehung und das
Wachstum der Subkörner bei der Verformung des Aluminiums und bei
Erholungsvorgängen. Literaturübersicht siehe bei A. BERGREZAN,
P. A. BEcK, R. W. OARN und C. ORUSSARD [6, 26, 27, 34, 37],
Im übrigen verweisen wir auf die Seiten 248 und 208 dieses Buches.

3.16 Einfluß gelöster Legierungselemente auf die Entfestigung

Hier verweisen wir besonders auf die Arbeiten von E. O. W. PERRY-


MAN, Literaturübersicht siehe bei [3J.
Der Legierungsgehalt allein genügt nicht als Anhaltspunkt für den
Einfluß des in Frage kommenden Legierungselementes auf die Entfesti-
gung, vielmehr ist auch der Lösungszustand wichtig. Übersättigt gelöstes
Eisen retardiert z. B. die Entfestigung merklich, während ausgeschie-
denes Eisen die Entfestigung kaum beeinflußt.
Das Entfestigungsverhalten des Reinstaluminiums spricht sehr
empfindlich auf kleinste Zusätze an. Entsprechende Ergebnisse sind auf
df'n Seiten 607 bis 631 abgehandelt, da die Phänomene, welche typisch
für das Reinstaluminium sind, zusammen erörtert werden.
Bereits ein kleiner Siliziumgehalt von z. B. 0,2% hat einen merk-
lichen Einfluß auf das Entfestigungsverhalten: Bei der Untersuchung
von Einkristallen kann während der Anlaßbehandlung bei 300°0 unab-
hängig von der Entfestigung eine durch Ausscheidungsvorgänge ver-
ursachte Festigkeitszunahme beobachtet werden, welche wahrscheinlich
durch den Siliziumgehalt des verwendeten Reinaluminiums verursacht
wurde [8, 10].
Der Einfluß einer Reihe von Legierungselementen auf die Ent-
festigung und gleichzeitig ablaufende Aushärtnngsvorgänge ist der
Abb.287, S. 356 zu entnehmen.
Die Überlagerung von Entfestigungs- und Aushärtungsvorgängen
kann man besonders deutlich bei den warmaushärtbaren I~egierungen
beobachten, z. B. bei der Legierung AIMgSi [19]. Erwärmt man nach
Lösungsglühen und Abschrecken kaltverformtes Halbzeug aus der Legie-
rung AlMgSi bei zunehmenden Temperaturen zwischen 100 bis 250°0,
so kann man die Überlagerung der teilweise voneinander unabhängigen
Vorgänge der Entfestigung sowie der Aushärtung an den Festigkeits-
werten gut verfolgen.
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 319'

Im niedrigen Temperaturbereich oder zu Anfang einer isothermen


Glühung wirkt sich die durch die Aushärtung hervorgerufene Verfesti-
gung stärker aus, während mit zunehmender Temperatur und/oder An-
laßzeit die Entfestigung dominiert.
Unter den höheren Zusätzen wurde insbesondere der Einfluß des
Magnesiumgehaltes auf die Erholung verfolgt [36]. Tab. 24 gibt ent-
sprechende Resultate wieder. Diese Tabelle zeigt, daß bereits ein Zusatz
von 0,1 % Mg die Entfestigung erheblich beschleunigt, wobei eine
weitere Steigerung des )fagnesiumgehaltes wenig Einfluß hat.

Tabelle 24. Zeit für vollständige Erholung der Linienbreite bei Röntgenjeinstruktur-
Untersuchung sowie der Härte bei polykristallinefn Reinstaluminium mit und ohne
Magnesiumzusätzen. Ausga,ngszustand: 20% kaltgelt"alzt (nach E. C. W. PERRYMAN [36])

ileit für vollständige Erholung (Minuten)


Anlall·1 \l!),99~~ Al + I 99.9~J~ Al + 99.99%AI +
tellll)e- 99,99% AI
n.t 0 ~[g I O,~.o )Ig 2,87~o l\lg
I '
ratIIr
in ce Halbe 'I

,Linienbreite\ Hade
••
Halhe i H" t Halbe
Lillit'lthreite\ ur eLinienbreite
I Har. t e Halbe I
Linienbreite I Härte

100 120000 1500 2000 1~4000 2000


1 ~400060
:200 125 5000 6 50 6 I 50 6
21iO 48 ,i90 10 ! 25 4 i 40

Im weiteren verweisen wir auf Abb. 520 auf S. 664, aus welcher her-
vorgeht, daß kalt verformte Aluminium-Magnesium-Legierungen bei
längerer Raumtemperaturlagerung deutlich entfestigt werden, was z. B.
bei Reinaluminium nicht geschieht. Auf S.212 sind die Gründe für
das spezielle Entfestigungsverhalten der Aluminium-Magnesium-Legie-
rungen dargelegt CWeehselwirkung zwischen Leerstellen und Magnesium-
atomen).

3.17 Übergänge zwischen Entfestigung und Rekristallisation

In Abb. 254 sind einige isotherme Erweichungskurven wiedergegeben ..


Röntgenuntersuchungen zeigen, daß die ersten Anzeichen von Rekristal-
lisation auftreten, kurz bevor der in Abb. 254a erkennbare steile Abfall
der Härtekurven einsetzt [12, 14].
Im Fall der Abb. 254a ist der Anteil der Entfestigung eher kleiner
als normalerweise beobachtet wird.
Im allgemeinen wird bei Reinstaluminium oder Reinaluminium fest-
gestellt, daß etwa 30% der Kaltverformung durch Entfestigung abge-
baut ist, bevor die erst,en Spuren einer Rekristallisation sichtbar werden
[3]. Dies kommt in Abb. 255 zum Ausdruck. Diese Abbildung zeigt. daß.
320 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

zu Anfang der Rekristallisation die Entfestigung noch weiter abläuft.


Durch Extrapolation kann man feststellen, daß im Falle der Abb. 255
55% der gesamten Erweichung durch Entfestigung hervorgerufen wurde,
der Rest durch Rekristallisation.
Wie auf S. 252 bereits erwähnt, bringen wandernde Rekristalli-
sationskorngrenzen die Subkorngrenzen zum Verschwinden, so daß

24
kpjmm z ! i
i
I
22
! I I I
l~±:h4~j
I I
I
I
I1·, I ~
i
1- ~r-~~
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I I I 1\ 1\ \ ~ ,I

7'1- ,
I !
i
!
I ".'1--.. I',\- '\
'x
I
i '+
10 1000 mlO 10000
a

b
f_\bb. 254a u. b. Isotherlne EIltfestigung und Rekristallisation VOll vielkristallilleUl Aluminium.
,,) Ausgangsmaterial: Reinstaluminium AI 99,99 mit 20% Kaltwalzgrad (nach P. LAURENT u.
M. RATISSE [14]); b)Ausgangsmaterial: ReinaluminiumAl99,4 mit 60% Kaltwalzgrad, Zugfestigkeit
17,6kp/mm' (nach T. R. G. WILLIAMS u. T. 1. JONES [24]).
-r Anlaßtemperatur 280 'e; X Anlaßtemperatur 300 cC; 0 Anlaßtemperatur 320 'e;
• AnJaßtemperutur 340 'C.

100
Ofo
80 ,:.-,--

walzharf
o 10 20 30 40 60 70 80 90 % 100
An/ei! des rekrisfo//isierfm (Jpfü.ll8S
Abb. 255. Verlauf der Erholung und Rekristallisation von vielkristallinem Reinstaluminium
AI 99,99. Die verschiedenen Symbole in der Abbildung entsprechen verschiedenen Kombinationen
von Kaltwalzgrad und Glühtemperatur (Kaltwalzgrad von 20 bis 60%; Glühtemperatur von 300 bis
375 'e (nach E. C. W. PERRYMAN [12]).
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 321

rekristallisierte Körner bei der Durchstrahlung oder bei der metallo-


graphischen Prüfung mei::;t keine Subkörner enthalten.
Werden somit mch einer Weichglühung in einem Gefügebereich
Subkörner gefunden, ::;0 ist dieser lecliglich entfestigt und nicht rekristalli-
siert. Der gleichzeitige Ablauf von Entfestigung und Rekristallisation
kann durch Mikrohärtemessungen verfolgt werden [15]. Nach kurz-
zeitiger Entfestigung von kaltgewalztem Reinstaluminium bei 375 oe
können zwei Arten von Subkörnern festgestellt werden: Die eine Gruppe

Tabelle 25. Mikrohärtemessungen an 20 % kaltgewalzten vielkristallinen Reinstalu-


rniniumproben, welche bei 375°0 unterschiedlich lange geglüht wurden
(nach E. O. W. PERRYMAN [15])
i
Mikrohärte in kpjllllll' (Belastung 25,17p)
Glühzeit in
I Rekristallisierter !
Gefügeanteil Grobe Subkörner :b'eine Subkörner Neue Körner durch
Sekunden Rekristallisation
I in % (lO- 3O IL1ll 0) (ca.21L 1ll 0>
entstanden

0 0* 29,2±2,5
30 ~,2 23,5±0,6 27,1±0,9
60 6,0 28,4± 1,3 26,7 ±0,8
120 25,8 24,5±0,8 23,4±1,0 18,5±0,8
240 liO,O 23,9±0,8 24,2±0,6
480 75,0 24,0±0,7 24,0± 1,2
960 94,0 24,8± 1,1
1800 91i,3 22,3± 1,1 21,4±O,6
* Kaltgewalztes Material

4
kpf ~rrf~ Ii

3 ~

~
~ I
I

~-
Einsetzen der
Rekrisfallisatiofl
I
_i,l
oA ~

o 100 200 300 400 oe


Temperafur
Abb.256. Erholung der Dehngrenze von vielkristallinelll Reinstaluminium nach 3,5% plastischer
Dehnung als Funktion der Temperatur (nach C. CRUSSARD u. Mitarbeitern [4]) .
.A Dehngrenze der weichen Probe vor der Verformung.

21 Altcnpohl, Aluminium
322 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

hat einen Durchmesser von 10 bis 30 [Lm und die andere von ca. 1 bis
2 [Lm. 1
Tab. 25 gibt aus einer Untersuchung von E. C. W. PERRYMAN
Ergebnisse der Mikrohärtemessungen an verschiedenen Subkorn-
bereichen wieder. Die feinen Subkörner (ca. 1 bis 2 [Lm Durchmesser)
zeigen die typische Kinetik der Erholung, nicht aber die groben Sub-
kornbereiche.
Bei Reinstaluminium und bei Aluminium-Magnesium-Legierungen
auf Basis Reinstaluminium kann im Verlauf der Erwärmung nach Kalt-
verformung ein stetiges Wachstum der Subkörner beobachtet werden.
Hierdurch wird gemäß Abb. 256 eine weitgehende oder sogar eine völ-
lige Entfestigung ohne Rekristallisation bewirkt. Im letzteren Falle
spricht man auch von Rekristallisation "in situ".

3.18 Herstellung des halbharten Zustandes durch Entjestigung


oder durch Rekristallisation mit anschließender Kaltverjormung
In Abb. 257 wird die Veränderung von Zugfestigkeit, Dehnung und
Zipfelbildung im Verlauf des Kaltwalzens sowie bei zunehmender Ent-
festigung und Rekristallisation schematisch wiedergegeben [18]. ~Ian
erkennt, daß hierbei ein weiter Bereich von Festigkeitswerten durch-
~
~
~
~ I
I
I
~
_li? f1Qrf _ ~_ rf
""~.f2> i
li 1/4 hor!_ ~__
to
~O;;? -----t
I
_ ........

II ""'" \
~
Cl.>
0<:: /" ~lkrisla//isafions\ h
.e;,
~
L -_ _ _ -'-_=be[J!nn '\ ~
~ Ko/lverformungsgrad Oaueroder kmperolllrder (J/ül7ung \.,
~ '-
~

Abb.257. Schematische übersieht über die Abhängigkeit von Zugfestigkeit GB, Dehnung ö lind
Zipfelhöhe h von Kaltwalzgrad, Entfestigung und Rekristallisation bei Reinaluminium Al 99,5.
Der im rechten Teil der Abbildung schematisch angedeutete Beginn der Rekristallisation ist von einer
Reihe von Faktoren abhängig, insbesondere von der Kombination der gewählten Glühzeit und Glüh-
temperatur. Der eingezeichnete Fall dürfte am ehesten für relativ kurze Glühzeiten in der Größen-
ordnung einiger Minuten gelten. Ilei wesentlich längeren Glühzeiten verschiebt sich die vertikale ge-
strichelte Linie nach rechts, d. h. der halbharte Zustand kann auch durch reine Entfestigllng erreieht
werden (nach ]\!. BITRA!'1 [18)).

1 Nach den Feststellungen von D. WmTWHAM und J. HERENGUEL ist dies ein
typischer Gefügezustand nach der Entfestigung im Anschluß an eine Kaltverfor-
mung [21]. (Siehe dazu S. 317.)
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 323

laufen werden kann. Der Dehnungsrückgang bei zu intensiver 'Weich-


glühung (hohe Temperatur und/oder lange Glühzeit) ist auf Kornvergrö-
berung zurückzuführen.
Abh.258 zeigt den zeitlichen Verlauf der Entfestigung und Re-
kristallisation von walzharten Blechen aus der Legierung AlMg3.

J.1.1-1
kp/m'-+-+-~
1'--.:4
2--0. ·-f kpjmm 2
+-
on ~
30 .~
I i
JO
%
250
~--.-l_.
r.,,~l
i

t----..._
I'"
l ..........;,:.
1--~--.
"
20

o7/4 4- 16 4 h 10
Glühdauer
Abb. 258. Einfluß Glühzeit nnd Glühtemperatnr anf die FestigkeitKwerte ,"on Blechen aus AlllIg3
VOll
(naeh Y. RUESSON u. M. RENOUARD [19]).
Ausgangswerte: OB = 33,5 kpjnll1l 2 ; 0 0 ,2 = 29,2 kpjmn1 2 ; 6 = 10~o; ZusannneTIsetzung: 2.8~:) Mg;
0,5% Mn,
• Glühtclllperutur 150 '(;; + Glühlamperatur 175 oe; 0 Glühtemperatur 200 'e; D. Glühtemperatnr
220 'e; x Glühtemporatur 250 '('; .... Glühtemperatur 275 'e; v Glühtemperatur 300 'e.

::\Ian erkennt, daß die 'Werte der Dehngrenze und Dehnung besonders
8tark auf das Einsetzen der Rekristallisation ansprechen,
Es ist schon vielfach vorgeschlagen worden, halbharte Walz produkte
durch eine Entfestigungsglühung statt durch Kaltwalzen nach Weich-
glühung zu fertigen [19, 20, 21, 22. 23, 24]. Dies hat insbesondere den
VortriL daß man bei gleicher Dehngrenze (oder Zugfestigkeit) wesentlich
höhere Dehnungswerte erhält als beim Kaltverformen nach einer 'Veich-
glühung, Die8 wird durch Abb, 259 bis 261 erläutert.
Da bei vielen Formgebungsverfahren hohe Dehnungswerte bei mitt-
lerer bis hoher Dehngrenze erwünscht sind, wäre somit das Entfestigen
zur Erzeugung von Zwisehenhärten dem Kaltverformen nach Weich-

21*
324 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

glühung durchaus vorzuziehen. Jedoch werden heute noch Reinalu-


minium und die nicht aushärtbaren Legierungen meist durch Kaltver-
formen nach Weichglühung auf Zwischenhärten gebracht, da die Ent-
Mr-r-~-----r----,----.

o,u

30

Zugfesfigkeif
Abb. 259. Schematische Darstellung des Zu-
sammenhangs zwischen Dehnung und Zug-
festigkeit für fortschreitende Verfestigung
eines geglühten Metalls bzw. für fortschrei- 70
tendes Glühen eines verfestigten Metalls
(nach D. WHITWHAM u. J. HERENGUEL [21]).

Abb. 260. Zusammenhang zwischen Dehnung und


Zugfestigkeit von Reinaluminiumblechen Al 99,5,
die entweder entfestigt oder nach Weichglühung
abgewalzt wurden. Beim Zustand '/.-hart und '/,- O~L-~ __~-L-L__~~~
hart hat außer der Entfestigung die Rekristallisa- 8 7Z
tion merklich eingesetzt (nach J. HERENGUEL [31]). Zugfesfigkeif

JO~--+-+++

'\
20
\

11 7Z kpjmm Z 74
Zugfesfigkeif Dehfluflg
Abb. 261. Häufigkeitskurven der Festigkeitswerte für den ".-harten Zustand von Reinaluminium-
blechen Al 99,5, hergestellt durch Entfestigung (mit teilweiser Rekristallisation) bzw. durch Kaltwal-
zen nach Weichglühung (nach J. HERENGUEL [31]).
- - -, - entfestigt; - - kaltgewalzt nach Weichglühllng.
Lit. S. 3il] 3. Erholung und Rekristallisation 325

festigungsglühung zur Erzeugung z. B. des halbharten Zustandes in


einer Fabrikation mit konventionellen Glühöfen, d. h. mit chargenwei-
sem Einsatz, nicht leicht zu beherrschen ist. Um die Gründe hierfür zu
erläutern, müssen wir zunächst die Entfestigungsglühungen in zwei
Gruppen einteilen:

Reine Entfestigung,
Entfestigung mit teilweiser Rekristallisation.

Glühungen der ersten Art sind relativ leicht durchzuführen [19],


ohne daß Durchlaufglühöfen eingesetzt werden müssen. l
Die reine Entfestigungsglühung 0
hat aber folgende Nachteile -.
-.........,
Man kann durch Erholungsglühen
im Rahmen einer Fabrikation nur "«,b.
\\
max. ca. 40 bis 50% der Kaltver- \\
formung abbauen. Dies erlaubt es
nicht, den Zustand l/2-hart sicher zu
erreichen.
\\.
\
\.,\
Bei der Erholungsglühung bleibt
die Kaltwalztextur erhalten, was 300 320 J40
'..
,
J60 CJ80
0

[j/ühfemperafur
wegen der Zipfelbildung oftmals un- Abb. 262. Bntfestigung und Rekristallisa·
erwünscht ist. (Siehe dazu Abb. 257). tion beim Glühen mit konstanter Glühzeit
(8 Minuten). Ausgangsmaterial: Walzharte
Die Glühungen, bei denen teilweise Bleche aus Reinaluminium Al 99, 1,4 mm
Rekristallisation auftritt, erfordern dick. Die beiden Kurven beziehen sich auf
.~aterial, das aus zwei verschiedenen Schmel·
eine sehr präzise Temperaturkontrolle zen stammte, zwischen denen jedoch kein
(auf etwa +: 3 grd). Außerdem hat t:nterschied in Zusammensetzung oder Vor·
behandlung feststellbar war
E'ine gnnze Reihe von Vnrinblen in der (nach Y. BR"SSOX H. l\T. RENoeARD [19]).
Herstellung des Halbzeugs Einfluß
auf Lnge und Neigung der Erweichungskurve im Bereich der Rekri-
stallisa tionssch welle.
In Abb. 262 werden Erweichungskurven von zwei identischen Rein·
alumininmchargen wiedergegeben, welche scheinbar gleiche Her-
stellungsbedingungen hatten und trotzdem in ihrer Erweichungscharak-
teristik deutlich voneinander abweichen. Man erkennt außerdem, daß
es bei beiden Materialien genügt, die Glühtemperatur um ca. 5 grd zu
erhöhen, um vom l/2-hnrten zum l/4-harten Zustand zu gelangen.
Für die Herstellung des l/2-harten Zustandes, bei dem teilweise
schon Rekristallisation vorliegt, haben sich insbesondere Durchlauf-
glühöfen bewährt [19, 24].

1 Allerdings empfiehlt sich die Verwendung einer Schutzgasatmosphäre zur


L"nterdrückllng von Ölflecken.
326 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Hierdurch werden Unterschiede in der Glühbehandlung von äußeren


und inneren Lagen vermieden, wie sie beim Glühen ganzer Bänder oder
von Blechstapeln auftreten.
In Durchlaufglühöfen wird durch intensiv bewegte Heißluft oder
Verbrennungsgase ein rascher Wärmeübergang bewirkt, und ein Blech
von z. B. 1 mm Dicke erreicht je nach Wirkungsgrad und Konstruktion
des Ofens in ca. 10 bis 100 s eine Temperatur von z. B. 300 bis 500°C.
Das Erzielen des halbharten Zustandes durch Entfestigung ist dagegen
beim Glühen schwerer Chargen fast unmöglich. T. R. G. Wn.LIAMS und
T. I. JONES [24] haben darauf hingewiesen, daß es für die modernen
Walzwerke an sich sehr er-
wünscht wäre, vermehrt die
Entfestigungsglühung anstelle
der Weichglühung einzufüh-
ren, da das Abwalzen von weich
geglühten Bändern auf densel-
ben Walzwerken, welche außer-
dem kalt verfestigte Bänder
weiter abwalzen, zu Schwierig-
keiten führt (der Walzenballen
m~--+---~---+--~----~\~~--~
sollte beim Abwalzen weicher
Bänder anders dimensioniert
werden als z. B. beim Abwal-
~O~--~--~--~~~=-~~--~'o~C~
50 100 150 ZOO 250 .JOO 350 zen halbharter Bänder).
7emperofur Daher ist es zur wirtschaft-
Abb. 263. Entfestigung und Rekristallisation von lichen Ausnutzung schnell lau-
walzharten Blechen aus Aluminium·Magnesium·Legie·
rungen mit 2,5% Mg (0-0) bzw. 2,0% Mg (e-e). fender moderner Walzwerke
Glühzeit jeweils 2 Stunden bei der angegebenen Tem-
peratur. erwünscht, die Entfestigungs-
(nach T. R. G. WILLIAMS U. T. I. JONES [24]). glühung auch von Bändern
verstärkt einzusetzen. Hierzu
dürften in Zukunft vermehrt Banddurchlaufglühöfen herangezogen
werden.
Unabhängig vom Ofentyp ist bei der Entfestigungsglühung der Ein-
fluß der Vorgeschichte auf die Erweichungscharakteristik unbedingt zu
beachten. Hier sind insbesondere folgende Variablen von Wichtigkeit:
Die Legierungszusammensetzung hat in jedem Fall einen starken
Einfluß. Bei Reinaluminium wird die Erweichungskurve um so flacher,
je tiefer der Reinheitsgrad ist. Daher wird die Erzielung des 1/2-harten
Zustandes mit sinkendem Reinheitsgrad leichter, denn generell ist eine
flache Neigung der Erweichungskurve erwünscht, um den Zustand
1/2-hart durch "Rückglühen" zu erreichen.
In Abb. 263 erkennt man den starken Einfluß einer Variation des
Magnesiumgehaltes auf den Verlauf der Erweichungskurve. Allein
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 327

dureh die Erhöhung des Magnesiumgehaltes von 2 auf 2,5% wird bereits
der Temperaturbereich, innerhalb dessen man den Zustand 1/ 2-hart
erreicht, von 57 auf 25 grd eingeengt.
In Abb. 264a erkennt man den starken Einfluß des Kaltwalzgrades
auf die Xeigung d('r l1~rwcichungskurve. Bei Reinaluminiumblechen

7/3
2
kp/m m
75 t--- f-- 70grd
\

- I - - -=:::::: :;::-, j

..~
-...... I
!--Zusfand { ':;;:
;;;.;: r:~?/
/~

halbharf
f-"~~~
:::.. ~. ~tj~
I\~
.'. "'-..
6

I 20 9 rd
50 700 150 ZOO 250 300 350 °C400
a TempE'rolur

J20~~~~~~r-~-,~~-.~~-,
oe
AlJb.264,. u. b. Einfiuß des Kaltwalz· JOO 1----"\'<;,.--7'--'----+---+-----1
grades auf die Entfestigung und Rekri·
stallisation von Reinaluminiulllbleehell
A19H,4 (nach T. R. G. WILLIAMS U. T. I.
J OXES [24]). 2/30 t----+----+----+---+-------1
a) Kaltwalzgrnd 77~~ (. ---.) und 50%
(0 --0). Der lmllJharte ?:u"tanll wird im
er"ten Fall in einem Temperaturintervall
von 20 grtl und im zweiten :Fall in eillelll
Tcmperatllrintervall VOll 70 grd erreicht;
h) Einfiuß dei; Kaltwalzgrarles auf die
ltckristallisationstemperatur und dcn
Temperaturbereieh, innerhalb dessPlI ucr
halhharte ZU:-itand durch zweistündiges
i11iihen erreieht werden kanll. Djc Hlf';che
wurden durch Kaltwalzen von ninpr cin-
heitlie1lPIl _4 usgangsdirkr (4: mm) hergf'-
:--.tf'llt. Rllddirke der gC11rüften B1edHl. 7.wi- ':y,\?v\.rD(J~re Grenze tkrmgfi;sfigkeJf
... ehen 2 und 0,9 rnnl pntsprerhelHl ;;0 bis
77°~ Kaltwal;t;grad.
: =l2,ßkp Imme I
ZOO~~~~~-=~~~~~~~~
50 60 70 80 90 % 100
b KalfverfOrmungsgrad

wird durch die Erhöhung des Kaltwalzgrades von z. B. 50 auf 77% der
zur Erzielung des 1/2-harten Zustandes anzuwendende Temperatur-
bereich von 70 auf 20 grd eingeengt (Abb. 264a und b).
Dementsprechend hat auch eine Zwischenglühung einen starken Ein-
fluß auf das Entfestigungsverhalten (Abb. 265). Dieser Einfluß ist nicht
nur auf eine Verringerung des Kaltwalzgrades, sondern auch auf die
AURsch,'ülung gelöster T~t'gierungsbestandteile zurückzuführen, welche
328 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

die Lage der Rekristallisationsschwelle stark beeinflussen (siehe dazu


S.359).
Man erkennt in Abb. 265, daß durch die Zwischenglühung der für die
Entfestigungsglühung (halbharter Zustand) nutzbare Temperaturbereich
um 21 grd erweitert wird, was
18
kp/m~rr-
1-_-r-- ---l -1J8grd~-
! für die Anwendung der Ent-
festigungsglühung in der be-
--+---+i"
1--
75
trieblichen Praxis entschei-
f------- 17uSfa~
y" " • :C>~ ~ "/;/; 77 dend sein kann. Außerdem
'ra/bha / ); j~~ ~/ zeigt die Erfahrung, daß durch
\ eine Zwischenglühung die Aus-
9
~~ wirkung der thermischen Vor-
---17grd4-
: geschichte bis zum Abschluß
50 100 750 ZOO 250 JOO °CJ50 des Warmwalzens des Mate-
Temperofur rials auf das Entfestigungsver-
Abb. 265. Einfluß einer Zwischenglühung auf Entfesti-
gung und Rekristallisation von Reinaluminium Al 99,4 halten abgeschwächt wird. So-
mit 60% Kaltwalzgrad. Die Bleche wurden von 4,0 auf mit hat die Zwischenglühung
1,6 mm kalt abgewalzt. Die Warmwalzplatte war bei
4, mm entweder zwischengeglüht worden (0-0) oder bezüglich eines gleichmäßigen
wurde ohne Zwischenglühung abgewalzt (0-0) Ergebnisses bei einer Entfesti-
(nach T. R. G. WILLIAl\!S U. T. I. JONES [24]).
gungsglühung einen erwünsch-
ten stabilisierenden Einfluß.
18~o;::::F~=+=rl-II Die thermische Vorge-
kpjmm
~~--~--+---~~~--P~/" schichte des Materials vor dem
Warmwalzen sowie die Warm-
walzbedingungen üben gleich-
falls einen starken Einfluß auf
g~--4----+--~~--+--- den Lösungszustand der Legie-
rungselemente aus.
Die Bedingungen des Bar-
50 700 150 ZOO Z50 JOO °CSSO
Temperofl1r renanwärmens bzw. Warm-
Abb. 266. Einfluß der Warmwalztemperatur auf die walzens sind daher für das Ent-
Entfestigung und Rekristallisation von Reinalumini· festigungsverhalten sehr wich-
umblechen Al 99,4 mit 70% Kaltwalzgrad. Barrenan·
wärmung 24 Stunden bei 580 'e (0--0) bzw. bei 510 'e tig. Der zur leichteren Tem-
(0-0). Beginn des Warmwalzens bei den jeweils ge·
nannten Temperaturen
peraturkontrolle bei der Ent-
(nach T. R. G. WILLIAl!S U. T. I. JO~!ES [24]). festigungsglühung erwünschte
flache Verlauf der Entfesti-
gungskurve wird bei Reinaluminium gemäß Abb. 266 beispielsweise eher
durch eine Warmwalztemperatur von 510 als 580°C erreicht. Dies dürftc
durch den Lösungszustand des Eisens bedingt sein. Im vorliegenden Fall
(d. h. unter den vorliegenden Bedingungen der thermischen Vorgeschichte
und des Eisen- und Siliziumgehaltes) hat das im Reinaluminium vorhan-
dene Eisen bei der höheren Warmwalztemperatur einen für die Hem-
mung der Entfestigung wirkungsvolleren Dispersionsgrad.
Lit. S. 371J 3. Erholung und Rekristallisation 329

In dieser Hinsicht gibt es eine Anzahl paralleler Beobachtungen,


welche das Entfestigungsverhalten, den Verlauf der Rekristallisation
sowie die Zipfel bildung betreffen. Maßnahmen bezüglich der Legierungs-
zusammensetzung oder der thermischen Vorgeschichte, welche eine Aus-
scheidung des bei der Erstarrung übersättigten Eisens bewirken, können
in allen drei genannten Fällen gleichermaßen wiedererkannt werden.
Zusammenfassend kann man sa-
gen, daß eine genaue Kontrolle der 20
kp( mm~ Wormwolzlemperolur 600°C
Legierungszusammensetzung, der
thermischen Vorgeschichte, des Kalt- I ------L
walz grades sowie der Endglühbedin-
gungen nötig ist, um den 1/ 4-harten
oder 1/ 2-harten Zustand durch Ent-
0------,-
~o
festigung und teilweise Rekristalli-
sation in der Fabrikation reprodu-
zierbar zu erreichen.

70
10 r - - - - - , - - - - - , - - - - - - ,
%
3.19 Entfestigungsverhalten
bei Material geringer Dicke.
Beim Entfestigen finden im Ge- ~
füge oftmals Ausscheidungsvorgänge i'! S f-------+_~-------j
statt. Interessant sind in diesem Zu- ~ o~--_"'"
sammenhang Beobachtungen über
den Rückgang der Werte der Bruch-
dehnung bei der Entfestigung von
dünnen Querschnitten [29]. 2 5 min 30
Bei Dicken unter ca. 0.5 mm kann OIühdouer
man im Verlaufe der Entfestigung Abb. 267. Veränderung der Festigkeitswerte
von Reinaluminiumhlechell oftmals beim Entfestigen von walzharten Reina]u~
miniumblechen (99,25% Al, .Fe:Si ~ 2:1).
einen Dehnungsrückgang feststellen. Inechdicke 0,1 mm, Kaltwalzgrad 85%,
Ein solcher Dehnungsahfall tritt 0lühtemperatnr 200 oe (Salzbad)
(nar'h AT,lJtWISSE [29]).
beim Entfestigen dann rmf, WClln
im Gefüge. das der Entfestigungs-
glühung unterworfen wird, relativ viel übersättigtes Eisen vorliegt. Der
Effekt ist bei Materialdicken unter ca. 50 Il-m besonders deutlich. Da-
her gelingt es bei der Entfestigung von Folie (ca. 10 Il-m) meistens nicht,
die Bruchdehnung zu steigern, sondern es wird ein Dehnungsabfall be-
obachtet.
Abb. 267 zeigt, daß diese Bpobachtung im Falle des vorliegenden
Reinheitsgrades und der thermischPll Vorgeschichte wohl bei einer Warm-
walz temperatur von 600 oe, nicht aber bei einer Warmwalztemperatur
330 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

von 400°C gemacht wird. Im letzteren Fall dürfte das übersättigte


Eisen ausgeschieden worden sein.
Eine Untersuchung von H. HUG und H. BICHSEL [29] hat gezeigt,
daß die Veränderung der Werte der Bruchdehnung bei der Entfestigung
Zusammenhänge mit dem Zipfelverhalten aufweist (Abb. 268).
W,-,--,--~-r--r--,-,~

%
I I
o 5
Wormwolzfemperafur 6'00
+-- ~----t>-----+t----~-
oe i

~~ ...../1 !

~. 1 . I I
~ . I
~i I
+O~~~~~~--4-~--~~

3.-~-,--,--r--,-,--'--,
Ofo ; i I I . i
2 Warmwolzfemperofur 400,o C+--+
"--r---r_

-4 99,7
b
Abi>. 268a u. b. Vergleich des Zipfelverhaltens mit der Veränderung der Dehnungswerte (Bruch-
dehnung 0,") beim Entfestigen von Reinaluminium (Fe: Si = 2: 1) verschiedener Reinheit
(nach ALUSUISSE [29]).
a) Zipfelhöhe weichgeglühter Bleche in Abhängigkeit vom Reinheitsgrad: b) Dehnungsveränderung
nach Anlassen bei 200 oe im Salz bad (Aulaßdauer 5 lIIinuten) in Abhängigkeit vom Reinheitsgrad.

Alle Maßnahmen, welche das übersättigte Eisen ausscheiden, be-


wirken eine Dehnungszunahme statt einer Dehnungsabnahme beim Ent-
festigen von Material, daß dünner ist als ca. 0,5 mm.
Hierzu gehört auch ein Berylliumzusatz, durch den das in übersät-
tigter Lösung befindliche Eisen weitgehend zur Ausscheidung gebracht
wird [29].
Gern. Tab. 26 wird durch den Berylliumzusatz tatsächlich der Abfall
der Bruchdehnung bei der Entfestigung von 0,1 mm dicken Blechen be-
seitigt.
Die Wirkung des übersättigten Eisens auf die Bruchdehnung ist in
seinem Mechanismus noch ungeklärt. Es kommen vor allem zwei Erklä-
rungen in Betracht:
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 331
Tabelle 26. Festigkeitswerte nach Entfestigenvon Reinaluminium 99,8%
ohne und mit Beryllium-Zusatz. Blechdicke 0,1 mm (Kaltwalzgrad = 98%)
(nach ALUSUISSE)

Zusammensetzung
Wamlwalz-!
I,temperatur I Anlaßglühung II G..
kpjmm'
II GB
kpjmm'
I d*
%

Al 99,8 500°C Zustand hart 15,8 18,8 2,5


20ü°C/2min 14,5 16,4 1,2
200°C/5min 14,3 16,2 1,4
20ü°C/30min 13,7 15,8 1,3
400°C Zustand hart 15,5 18,3 2,3
200°C/2min 14,6 16,1 1,1
200°C/5min 13,4 14,8 1,4
200°C/30min 12,6 14,8 1,5
AI 99,8 + 0,04% Be 500°C Zustand hart 15,9 18,1 3,5
200°C/2min 13,7 15,7 3,4
200°C/5min 13,5 15,8 4,9
200 °C/30 min 12,5 14,7 5,8
400°C Zustand hart 16,8 20,4 4,1
200°C/2min 14,1 16,3 6,6
200°C/5min 14,1 16,0 7,3
200°C/30min 13,5 15,1 9,3
* Meßlänge = 40 mm.

H. HUG und H. BICHsEL schlagen als Erklärung vor, daß sich das
übersättigte Eisen beim Anlassen mit Versetzungen zusammenlagert
und deren Verschiebung erschwert ("CoTTRELL-Wolken") [29]. Eine an-
dere Erklärung wäre die, daß das übersättigte Eisen sich, evtl. gemein-
sam mit anderen Legierungselementen wie Silizium, auf Grund der Dichte-
differenz bevorzugt nahe der Oberfläche in Heterogenitäten ausscheidet,
welche einen Dehnungsabfall hervorrufen [88].
Da der Dehnungsabfall nach Entfestigung nur bei kleinen Dicken
beobachtet wird, ist die zweite Erklärung befriedigender als die erste.

3.20 Korrosionsverhalten

Die beim Entfestigen ablaufenden Ausscheidungsvorgänge können


bei bestimmten Legierungen bzw. Korrosionsbedingungen eine verstärkte
Korrosionsanfälligkeit verglichen mit dem nach Weichglühung abge-
walztem Material bewirken.
Bei Reinaluminium sind die Unterschiede praktisch in den meisten
Fällen unerheblich, bis auf spezielle Prüfbedingungen, z. B. in einer
Ammoniak-Kochsalz-Mischung.
332 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Bei dem Legierungstyp AIMn ist die Korrosionsanfälligkeit des ent-


festigten Zustandes in einigen Fällen etwas größer als im halbhart ge-
walzten Zustand [22].
Bei Aluminium-Magnesium-Legierungen mit Magnesiumgehalten
oberhalb ca. 2,5 bis 3% ist bei der Durchführung der Entfestigungs-
glühung Vorsicht geboten, da hierdurch die Anfälligkeit auf Spannungs-
korrosion begünstigt werden kann.

3.2 Rekristallisation

3.21 Übersicht

Die Rekristallisation des Aluminiums ist Gegenstand einer großen


Anzahl theoretischer Untersuchungen gewesen und hat für die Praxis der
Herstellung und Weiterverarbeitung von Halbzeug erhebliche Bedeu-
tung.
Während die Theorie der Erholungsvorgänge bereits weitgehend
geklärt ist, herrscht über die bei der Rekristallisation ablaufenden V or-
gänge noch keine solche Klarheit. Die Vielzahl der Wechselwirkungen
zwischen den Maßnahmen, welche die Rekristallisation beeinflussen und
den bei der Rekristallisation nacheinander ablaufenden Vorgängen
erschwert die Erarbeitung einer übersichtlichen Theorie der Rekristal-
lisation. Die Beeinflussung des Rekristallisationsablaufs erfolgt daher in
der Praxis vorerst an Hand empirischer Befunde.
Unter den Maßnahmen, welche eine Rekristallisation bewirken, sind
insbesondere die beiden folgenden zu erwähnen:
Weichglühen nach Kaltverformung,
Rekristallisation während der Verformung.
Letztere wird insbesondere bei der Warmverformung beobachtet, tritt
aber beim reinsten Aluminium auch während der Kaltverformung auf.
Im allgemeinen kann zwischen der Rekristallisation, welche während,
und der Rekristallisation, welche unmittelbar nach der Verformung
erfolgt, nur schwer unterschieden werden.
Wir werden im folgenden die nach Kaltverformung ablaufenden
Rekristallisationsvorgänge abhandeln. Die bei der Warmverformung
auftretende Rekristallisation wurde bereits auf S. 289 erörtert.
Bei den Rekristallisationsvorgängen ist zwischen folgenden zu unter-
scheiden [76]:
Rekristallisation "in situ". Dies wurde bereits im vorangegangenen
Kapitel erörtert und ist ein Mittelding zwischen Entfestigung und Re-
kristallisation. Diese Form der Rekristallisation hat für die Technik
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 333

untergeordnete Bedeutung und wird am ehesten bei hochreinen Werk-


stoffen und bei Einkristallen beobachtet.

Primäre Rekristallisation. Bei der primären Rekristallisation laufen


nacheinander die Vorgänge der Keimbildung und des Keimwachstums
ab, die sich im zeitlichen Ablauf teilweise überlappen. Die primäre
Rekristallisation ist abgeschlossen, nachdem sich das gesamte kalt-
verformte Gefüge in rekristallisierte Körner umgelagert hat.

Kornwachstu1fI. Wird nach Abschluß der primären Rekristallisation


die Glühung fortgesetzt, so tritt oft eine gleichmäßige Kornvergröberung
auf. Diese ist zur primären Rekristallisation hin nicht. scharf abgegrenzt,
da bis zum Abschluß der primären Rekristallisation bereits ein Teil der
rekristallisierten Körner auf Kosten ihrer Nachbarn gewachsen ist. Daher
wird das Kornwachstum oftmals als Teil der primären Rekristallisation
behandelt.

Sekundäre Rekristallisation. Im Unterschied zum gleichmäßigen


Kornwachstum tritt bei der sekundären Rekristallisation das ungleich-
mäßige Wachstum einzelner "Riesenkörner" auf.

3.22 Untersuchunysmethoden zur Verfolgung der Rekristallisation

3.221 Metallographische Beobachtungen. In der Technik beschränkt


man sich im allgemeinen darauf, die durch Rekristallisation bewirkte
Gefügeumlagerung durch makroskopische Beurteilung eines geätzten
Gefügequerschnittes festzustellen. Bei der Untersuchung lediglich auf
ihrer Oberfläche geätzter Proben ist Vorsicht geboten, da die Ober-
flächenschicht oftmals anders rekristallisiert als das Innere des Gefüges.
Die Angaben einer durchschnittlichen Korngröße nach Rekristalli-
sation ist häufig anhand von Vergleichsproben möglich. Bei ungleich-
mäßiger Korngröße bestehen Fehlermöglichkeiten in der Korngrößen-
bestimmung [83], und es empfiehlt sich die Anwendung des von H. Ko-
STRON entwickelten Verfahrens [81]. Mit dieser Methode kann man im
Verlaufe der Rekristallisation die Korngrößenverteilung im einzelnen
verfolgen. In diesem Zusammenhang interessiert z. B. im Rekristalli-
sationsgefüge das Verhältnis zwischen globularen und gestreckten Kör-
nern [82].
Die Rekristallisation verläuft oftmals zeilenförrnig. Dies ist z. B. auf
die Kornseigerungszonen aus dem Gußgefüge zurückzuführen, welche
im Verlauf der plastischen Verformung zu langen Fasern gestreckt
wurden [2].
334 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Zur Untersuchung der Rekristallisation bei kleinen Kaltverformungs-


graden im Bereich des "kritischen Reckgrades" verwendet man vielfach
korngeätzte Keilzugproben.

3.222 Prüfung der Festigkeitswerte. Das Fortschreiten der Rekristalli -


sation kann anhand der Festigkeitswerte verfolgt, aber oft nicht von
einer vorhergehenden Entfestigung klar getrennt werden (siehe z. B.
Abb.254b auf S.320). Auch die Messung des Elastizitätsmoduls oder
der Dämpfung ist zur Verfolgung der Rekristallisation herangezogen
worden. Dämpfungsmessungen eignen sich zur Untersuchung der Kinetik
der Rekristallisation [39, 40].

3.223 Röntgenographische Untersuchungen. Bei Röntgenfeinstruk-


tur-Untersuchungen kann das Auftreten der ersten rekristallisierten
Körner leicht festgestellt werden (siehe dazu S.377). Die röntgeno-
graphische Methode eignet sich auch zu Aussagen über den Fortgang der
Rekristallisation mit der Glühzeit.
Hierbei kann man entweder den bereits rekristallisierten Gefügeanteil
mit befriedigender Genauigkeit ermitteln [41], oder auch die Verschie-
bung einer einzelnen Korngrenze ohne Unterbrechung der Glühung ver-
folgen [93].

3.224 Untersuchung physikalischer Kennwerte. Hier interessiert


insbesondere die bei der Rekristallisation gelegentlich beobachtete Dichte-
zunahme, welche prinzipiell auf die Beseitigung von Gitterfehlern durch
die Rekristallisation zurückzuführen ist [59]. Oft ist allerdings die
Dichteschwankung zwischen verformtem und rekristallisiertem Gefüge
unmeßbar klein. Bei der Rekristallisation erfolgt meist eine Umlagerung
der Legierungselemente. Dies überdeckt den Einfluß der Rekristallisation
auf die Dichtewerte oder andere physikalische Eigenschaften, falls nicht
Aluminium höchster Reinheit untersucht wird, bei dem aber wieder
andere experimentelle Komplikationen auftreten (starke Abhängigkeit
der Rekristallisation von kleinsten Spurenelementen, Rekristallisation
bereits bei Raumtemperatur).
Aus den genannten Gründen können über den Einfluß der Rekristalli-
sation auf die physikalischen Eigenschaften nur relativ wenige Aussagen
gemacht werden.
Ebenso bereitet es bisher Schwierigkeiten, über die bei der Rekri-
stallisation erfolgende Änderung des Energieinhaltes oder der Verset-
zungsdichte des ursprünglich kaltverformten Materials quantitative Aus-
sagen zu machen [52a].
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 335

3.23 Rekristallisation des Gußge/üges

Eine Rekristallisation des Gußgefüges wird vereinzelt beobachtet,


speziell bei Reinstaluminium (mit oder ohne Zusatz von Magnesium) [42,
43]. Sie kann insbesondere dann eintreten, wenn die Legicrungsele.
mente bei der in :Frage kommenden Temperatur in Lösung sind.
Reinstaluminium mit Zusatz von 2% Cu oder 0,15% Si kann als Guß·
gefüge zur Rekristallisation gebracht werden, während z. B. das Gußgrfüge
riner Legierung mit einem Gehalt von 0,15% Cr oder 0,15% Fe nicht re·
kristallisiert [80, 100].
Die treibende Kraft zur Rekristallisation des Guß gefüges ergibt sich
im allgemeinen aus inneren Spannungen.
Die Rekristallisation kann entweder durch nachträgliches Erwärmen
des Gußgefüges oder während der Abkühlung nach dem Erstarren
erfolgen.
Ein Verfahren, um z. B. ein Gußstück ohne Formänderung zur Rekri·
stallisation zu bringen, besteht im Aufprallen einer durch eine Explo,,jon
erzeugten Schallwelle mit einer Geschwindigkeit von z. B. mehr als
t 200 m/s. Hierdurch kann eine sehr feinkörnige Rekristallisation be·
wirkt werden [44, 45].

3.24 Einfluß von Kaltverformungsgrad und Weichglühbedingungfll


((71/ die primäre Rekristallisation

3.241 Übersicht. In Tab. 27 sind die wichtigsten Maßnahmen auf.


geführt, welche die \Veichglühung nach vorheriger Kaltverformung
beeinflussen. Die "klassische Theorie" hat zunächst nur die drei Vari.
ablen Kaltverformung, Temperatur und Zeit berücksichtigt [84]. Hier·
(lurch war die Vielzahl der Phänomene nicht im entferntesten zu klären
[2]. In Abb. 269 ist eines derfür die klassische Theorie typischen Rekristal.
lisationsdiagramme wiedergegeben, in welchem versucht wird, auch dem
Auftreten von grobem Korn im Bereich des kritischen Reckgradrs und
durch sekundäre Rekristallisation gerecht zu werden [112].
Die in der Tab. 27 untrr Nr. 4 bis 9 genannten Faktoren können aber
für den Verlauf der Rekristallisation einen stärkeren :Einfluß haben als
die Faktoren 1 bis 3. Daher ist die Gültigkeit des z. B. in Abb. 269 wieder·
gegebenen Rekristallisationsdiagramms auf eine spezielle Kombination
der Faktoren 4 bis 9 beschränkt.
Der Betriebspraktiker richtet heute zur Beeinflussung der Rckristalli·
tiation sein Augenmerk auf die Faktoren 1 bis 9.
336 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Tabelle 27. Materialkenngrößen und Verarbeitungsschritte in der Halbzeugfertigung,


welche die primäre Rekristallisation beeinflussen
(Weichglühung nach vorheriger Kaltverformung)

Bereich der "klassischen Theorie" 1. Kaltverformungsgrad


2. Temperatur der Weichglühung
3. Glühzeit
Aus empirischen Ergebnissen her- 4. Legierungselemente bzw. Verunreini-
geleitete Einflußgrößen gungen
5. Gießverfahren
6. Temperatur sowie zeitlicher Verlauf
von Barrenglühung und Warmver-
formung
7. Verfahren der Warm- und Kaltver-
formung
8. Zwischenglühungen (danach weitere
Verformung)
9. Aufheizgeschwindigkeit bei der End-
glühung

Späterhin werden wir der Frage nachgehen, inwieweit mehrere der in


Tab. 27 aufgeführten Maßnahmen auf dieselbe steuernde Einflußgröße
einwirken, z. B. auf die Ausscheidung von gelöstem Eisen, welches bei

Abb. 269. Rekristallisationsdiagramm von Reinalumininm Al 99,6, Glühzeit 2 h


(nach O. DAHL n. F. PAWLER [112]).
I grobes Korn im Bereich des kritischen Reckgrades (primäre Rekdstallisation). II sekundäre Re-
kristallisation. 111 Bereich der primären Rekristallisation mit feiner nnd mittlerer Korngröße.

der Rekristallisation des Reinaluminiums sowie verschiedener Legierun-


gen einen dominierenden Einfluß ausübt.
Zuvor werden wir die wichtigsten Beobachtungen über die Beein-
flussung der primären Rekristallisation kurz beschreiben.
Lit. S. :371] :~. Erholung und Rekristallisation 337

3.242 Rekristallisation im Bereich des kritischen Reckgrades. Wird


schwach kaltverformtes Aluminium auf Temperaturen über ca. 400 oe
erwärmt, so erfolgt eine sehr grobkörnige Rekristallisation. Der hierfür
erforderliche "kritische Reckgrad" liegt beim unlegierten Aluminium und
bei manganfreien Legierungen meist zwischen 2 bis 15% und hängt von
einer Reihe von Variabkn ab [108].

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~OO 450 SOO 550450 500 ISO oe 600
G/ühtemperafur
Ahh. 270a u. b. Kritischer Reekgrad in Abhängigkeit von Glühtemperatur und Ausgangskorngröße,
Glühzeit 30 min (nach W. M. WILLIAMS und R. EBORALL [108]).
a) Relnstaluminium Al 99,99
J AU'HI,mgskorndurchmesser 0,180 mm; + Ausgangskorndurchmesser 0.105 mm; X Ausgangskorn·
durchmesser 0,067 mm; • Ausgangskorndurchmesser 0,042 mm.
h) Reinaluminium Al 99,4 (O,451}~ JI'e, O,16~/~ Si)
o Allsgangskorndurehnwsser 0,60 mm; + Ausgangskorndurchmesser 0,045 mm; x Ausgangskorn·
durchmesser 0,031 mnl; • Ausgangskorndurchnlesscr 0,023 mm.

Wie Abb. 270 zeigt, sinkt der kritische Reckgrad mit zunehmender
Glühtemperatur IUld mit abnehmender Ausgangskorngröße ab. Außer
der Legierungszusammensetzung ist auch die thermische Vorgeschichte
für die Höhe des kritischen Reckgrades ausschlaggebend [56, 97].
Abb. 271 zeigt dies für Aluminium des Reinheitsgrades 99,9. In Abb. 271
ist zu erkennen, daß infolge teilweiser Ausscheidung der Zusätze bei der
tieferen Vorglühung (Vorbehandlung 2) das Material bei tiefen Glüh.
temperaturen geringere kritische Reckgrade zeigt als bei der höheren
Vorglühung (Vorbehandlung 1). Der Einfluß der thermischen Vor·
geschichte auf den kritischen Reckgrad ist auch in Abb. 272 zu erkennen:
Durch eine Barrenhochglühung wird die Legierung AIMn wesentlich
rekristallisationsfreudiger, und der kritische Reckgrad sinkt dement·
sprechend ab (Einzelheiten s. S. 697).
22 Altenpohl, Aluminium
338 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Bei Legierungen mit rekristallisationshemmenden Zusätzen, wie


z. B. einem Manganzusatz, liegt der kritische Reckgrad gern. Abb. 272
erheblich höher als beim unlegierten Aluminium oder bei manganfreien
Legierungen [50, 108].

i1Jrbehond/ung 1 Vorbehandlung 2

~:r
10

~
~ 0,7
E::
~
0,07

0,0070
4 6 72 75 0 4 8 !2
Reckgrad
Abb.271. Zwei Rekristallisationsrliagrmnme im Bereich des kritischen Reckgrades. Reinaluminium
Al 99,9 mit 0,045% Fe und 0,03% Si (nach F. ERDMANN-JESNITZER und H. HADAMOV8KY [62]).
Vorbehandlung 1: 4 Sekunilen uei 520°C im Salzbad weichgeglüht; Vorbehandlung ~: 3 Stunden
bei 300°C weiehgeglüht.
Anschließend an diese Weich~lühung wurden die Proben gereckt, mit einer Aufheizgeschwindigkeit
von 6,7 grdjmin aufgeheizt und dann 1 h bei den angegebenen Temperaturen geglüht.

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o LJ4a:';:'::-=-=--==-=-~'~--~-;-;:;::-:;5,fVÖ;;-~-~-;-;;;-~- 600
(Jlühfemperofur
Abb. 272. Kritischer Reckgrail verschiedener Aluminiumwerkstoffe in Abhängigkeit von der Weich-
glühtemperatur. Glühzeit 30 min. (nach W. M. WILLIAMS und R. EBORALL [108]).

mit Barrenhochglühung (27 Stunden 600°C) warmgewalzt; 0--0


+ --- - + AL.'\In (1,5% Mn) ohne Barrenhochglühung warmgewalzt; x --- x AJMn (1,25% Mn)
AlCuMg bei 500°C lösungs-
geglüht, dann abgeschreckt; /',--/', AlCuMg bei 425°C lösungsgeglüht, ilann abgeschreckt; . - - .
Reiualuminium Al 99,4; & - - & AIMg2; 0 --0 AIMgSiI; . - - - . Reinstaluminium Al 99,99.
Mittlerer Korndurchmesser vor der Verformung: 0,026 bis 0,042 mm.

3.243 Ablauf der primären Rekristallisation oberhalb des kritischen


Reckgrades
a) Einfluß der Aufheizgeschwindigkeit. Je höher die Aufheizgeschwin-
digkeit des Glühgutes und je kürzer die nach Erreichung der maximalen
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 339

Temperatur angewendete Glühzeit, um so höher liegt die Rekristalli-


sationstemperatur. Bei der Weichglühung von kaltverformtem Material
aus Reinaluminium oder der Legierung AIMn nimmt die Korngröße
des rekristallisierten Materials mit zunehmender Aufheizgeschwindigkeit
sehr stark ab. Daher verwendet man bei der Weichglühung von Blechen
aus Reinaluminium oder der Legierung AIMn mit Vorteil Durchlauf-
glühöfen, welche z. B. 1 mm dicke Bleche in einigen Minuten weich-
gliihen [69].1
Der starke Einfluß der Aufheizgeschwindigkeit auf die Korngröße
kann auf zwei verschiedene Faktoren zurückgeführt wenlen:
Mit zunehmender Temperatur nimmt oftmals die Keimbildungs-
geschwindigkeit rascher zu als die Keimwachstumsgeschwindigkeit, was
eine Kornverfeinerung ergibt [2].
Der Einfluß der Aufheizgeschwindigkeit auf die Korngröße ist außer-
dem mit der Art der Legierungskomponenten eng verknüpft. Es zeigt
sich, daß schnelles Aufheizen eine Kornverfeinerung nur bei solchen
Legierungen bewirkt, bei welchen mit zunehmender Temperatur ein
merkliches Inlösunggehen einer bei tiefer Temperatur heterogen aus-
geschiedenen Legierungskomponente erfolgt [48]. Hierzu gehört Rein-
aluminium (99.3%-ig) oder z. B. die Legierungen Al + 1 % }Ig 2Si oder
Al + 1 % :\Jn. 2
Bei Legierungen dieser Gruppe kann man oftmals bei höherer Glüh-
temperatur ein feineres Korn erzielen als bei niedriger Glühtemperatur
(typisch bei Aluminium-Mangan-Legierungen). Die Ursache liegt darin,
daß bei der höheren Glühtemperatur gleichzeitig an vielen Stellen des
Gefüges die Inhibierung der Korngrenzenversehiebung durch Auflösen
der zweitpll Phase fortfällt. während bei der tieferen Glühtemperatur nur
relativ wenige Rekristallisationskeime wachsen. Bei Werkstoffen welche
ein weitgehend homogene" Gefüge aufweisen (z. B. AIMg2 oder 99.95%-
iges Al) hat die Aufheizgesehwindigkeit keinen deutlichen Einfluß auf
die Größe d<,,, Rekri"talli"ationskorns und der Einfluß der Glühtempera-
tur auf die primäre Rekri"talli"ation i8t weniger ausgeprägt. Bei Reiu8t-
aluminium kann sogar durc'h langsames Aufheizen ein feineres Korn
erhalten wt'rden als dureh ra8ches Aufheizen (s. S. 620).
b) Eil/fluß des Kaltwalzgrades, der Glühtemperatur und der Glühdauer
auf die Rekri8tallisationsschwelle und die Korngröße nach primärer Rekri-

1 In modernen Durchlauföfen, bei denen Verbrennungsgase hoher Temperatur


("Gasjets") oder sehr rasch bewegte Heißluft zur Wärmeübertragung herangezogen
werden, beträgt die Glühzeit für 1 mm dicke Bänder oder Bleche nur 10 bis 20 s.
2 Dies wird gefunden, wenn z. B. folgende zwei Glühungen verglichen werden:
Aufheizen von walzharten Blechen in weniger als zwei Minuten bzw. in etwa
45 Minuten auf 400 oe, danach jeweils 30 Minuten Weichglühen bei 400 oe.

22*
340 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

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o0 ZO 30 40 50 90
c Ka/fwalzgrad
Abb. 273a- c. Einfluß einer einstiindigen Gliihung auf die Festigkeitswerte VOll Blechen aus AIMn.
Der Kaltwalzgrad vor der Gliihung wurde zwischen 6 und 95 % durch Kaltwalzen nach einer
Zwischengliihnng variiert. Dehnuug = Bruchdehnung 010 (nach ALUSUISSE).
Ausgangsmaterial : Stranggußbarren, 12 Stunden bei fiOO oe hochgegliiht.
Lit. S. 371J 3. Erholung und Rekristallisation 341

stallisation. EiS gibt verschiedene Methoden einer graphischen Darstellung


der Ergebnisse entsprechender Rekristallisationsversuche :
Abb. 27:3 gibt in einer häufig verwendeten zweidimensionalen Dar-
stellung den Einfluß von Entfestigung und Rekristallisation auf die
Festigkeitswerte von Blechen der Legierung AlMn für verschiedene
Glühtemperaturen und Kaltwalzgrade wieder. 1

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Temperafur

ALh. ~7 J. l';intluß der G1ühtellljleratur auf die J<'estigkeitswerte von Blechen ans All\lIg 0,5.
Die Bleche waren von 8,5 auf 0,8 mm kalt abgewalzt worden (Verformungsgrad 90,6%) und wnrdell
.ieweilR zwei Stunden lang bei der angegebenen Temperatur geglüht (nach AI,USUISSE).
Zusammensetzung in Gew.-%
Fe Si ;\,In Mg Cu Zn
0,26 0,08 0,03 0,62 0,01 0,10

In Abb. 274 werden die Festigkeitswertc von Blechen aus einer


niedrig legierten AlMg-Legierung in Abhängigkeit von der Glühtempera-
tur aufgetragen. In Abb. 275 sind für Reinaluminium und die Legierung
ADIg3 durch gestrichelte Linien Anfang und Ende der Rekristallisation
kenntlich gemacht, d. h. der Zeitpunkt, zu dem das Wachstum der ersten
Rekristallisationskörner festgestellt wird, bzw. der Zeitpunkt, zu dem
das kaltverformte Gefüge durch Rekristallisation vollständig aufgezehrt
wurde. Man erkennt in Abb. 275a, daß beim Glühen des kaltverfestigten
Reinaluminiumt; das Einsetzen der Rekristallisation nicht aus dem Kur-
venverlauf des Festigkeitsabfalls entnommen werden kann (hierzu sind
,;cparate metallographisehe oder röntgenographische Untersuehungen
notwendig).

1 Nach Ablauf der Rekristallisation liegen die Dehngrenzen und Dehnungswerte


bei Glühtemperaturen von 450 oder 550°C teilweise höher als bei einer Glühtempera-
tur von 350°C. da bei tiefer Glühtemperatur aus den oben erwähnten Gründen ein
rf,lat.iv grohp~ Korn auftritt.
342 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Dagegen zeigen isotherme Erweichungskurven von kaltgewalztem


AilVIg3 einen eher unstetigen Verlauf. Der Ablauf von Entfestigung und
Rekristallisation kann im vorliegenden Fall an Hand der Werte der
Dehngrenze zeitlich voneinander getrennt werden (Abb. 275b).
Wie bei fast allen Metallen sind Glühtemperatur und Kaltwalzgrad bei
Reinaluminium konstanter Zusammensetzung und konstanter thermi-

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15 ZO 25 minJO
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Abb. 275a u. b. Zeitlicher Verlauf der Erweichung von Blechen mit 93% Kaltwalzgrad aus Al 99,5
und AlMg3 bei einer Glühtemperatur von 310 oe. Die beiden Abbildungen zeigen das Erholungs- und
Rekristallisationsgebiet (nach E. NACHTIGALL [64]).
a) Reinaluminium Al 99,5; b) AlMg3.

scher Vorgeschichte die beiden ausschlaggebenden Faktoren für den


Ablauf der Rekristallisation. Im Bereich der Rekr.istallisationsschwelle
ist der Einfluß der Glühtemperatur sehr ausgeprägt.
Ein kaltverformtes Blech mit 83% Abwalzgrad zeigt beispielsweise
bei 210 oe erst nach 19 Tagen Glühdauer den Beginn der Rekristalli-
Lit. R. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 343

sation, die dann nach rund 100 Tagen beendet ist. Bei 285 oe liegen diese
Werte schon bei 50 Minuten und 11 Stunden Glühdauer (Abb. 276a).
Da>; Ausmaß der Kaltverformung beeinflußt gleichfalls die Geschwin-
digkeit des Festigkeitsabfalls bei der Rekristallisation. So ist z. B. bei
47 % Kaltverfestigung bei übereinstimmender Temperatur gegenüber
dem mit 83% verfestigten Blech etwa die doppelte Glühdauer zur vollen
Rekristallisation erforderlich (Abb. 276) [64].

ZIOOC, Anfang 19 d i Ende fOO d


40 ~;:::d==:::j===e~~::::::;~
235°C Anfang 4 d i Ende 45 d
kpjmm 2
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b (Jlühdauer
Abh. 276a ll. b. Härteaufall von Bleehen aus Reinaluminium Al 99,5 in Abhängigkeit von der Glüh-
dauer bei verschiedenen Glühtemperaturen. Die beiden Abbildungen zeigen das Erholungs- und
Rekristallisationsgebiet (nach E. NACHTIGALL [64]).
a) KaItwalzgrad 83~~; h) Kaltwalzgrad 47%.

Nach Untersuchungen von J. A. M. VAN LIEMPT [65] sowie W. A.


ANDERS ON und R. F. MEHL [101] besteht zwischen der Glühtemperatur
und der Geschwindigkeit, mit welcher die primäre Rekristallisation ab-
läuft, ein exponentieller Zusammenhang von der Form
K
v = voe '1'

(1)= Geschwindigkeit der primären Rekristallisation; T = Temperatur;


vo, K = Konstanten). Daher erhält man bei der Auftragung des Lo-
garithmus der Glühdauer gegen den Reziprokwert der absoluten Tempe-
ratur eine Gerade, wenn man für einen vorgegebenen Kaltverformungs-
grad den Beginn bzw. den Abschluß der primären Rekristallisation ein-
trägt. Nach einer Untersuchung von K NACHTIGALL ergibt diese Art der
344 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Auftragung für den Betriebspraktiker eine brauchbare Richtschnur [641-


Ein Beispiel ist in Abb. 277 wiedergegeben.
Der Einfluß von Glühtemperatur und Glühzeit auf die Kornver-
gröberung ist je nach Legierungszusammensetzung und thermischer Vor-
geschichte sehr unterschied-
10mYJ lich. Es gibt Fälle, in denen
min
5 \ nach Ablauf der primären Re-
4 1\
\ kristallisation die Glühung
\\ \\
z I längere Zeit (sogar tagelang)

1000
8
\ 1 \
\\
\
I
I fortgesetzt werden kann, ohne
daß ein merkliches Korn-
wachstum auftritt.
\ \ '. j

\l
5 Dies ist ins besondere bei
4
\ \ \i I I

1\\\
Reinstaluminium mit Zusät-
I zen an Eisen der Fall [52]
z
!t; )\\
\
\ \
!
,
sekundör/>
rekrisfa//isierf
. (s. S. 358).
~ 100 Bei Reinaluminium und
~ 8 f----
\ \ solchen Aluminiumlegierun -
-~

<:§ 5 \ \
t--
\ \ gen, bei denen Ausscheidun-
4

2 !\~.\ \
\
+
gen im Verlaufe der Weich-
glühung in I~ösung gehen,
nichf erf\ I \ r\:o// primör I
findet mit zunehmender Glüh-
rekrisfollisierf I \ rekrisfol/isierf
10 temperatur und Glühzeit eine
.. _-
8 t---
5
\1 \ Kornvergröberung statt, wor-
I'.
-+-~ \~- \I-i
!
4 über die Rekristallisations-
diagramme im einzelnen Aus-

"
z I I

o -
18
1\ I
17 15 15
\\
\
14
\
13
I
kunft geben [84).

12
-lo4;r
j ! I I [ I I
3.25 Einfluß von Legierungs-
zso JOO J50 400 450 SOO °C5JO
Blühfemperofur zusätzen auf die primäre
Abb. 277. Rekristallisationsablallf von Reinaillminium
Rekristallisation
Al 99,5 in einer Auftmgungsart nach .T. A. M. VAN
LIE~lPT [65] (nach E. NACHTIGALL [64]). 3.251 Aufgabenstellullg.
~~- 83~~ verformt; AusgangRwerte:
Im folgenden geben wir zu-
aB = 15,9kpjnlm 2; 0'0.2 = 14,1 kpjmn1 2 ; 6 10 = 4,1~/~;

- - - 47% verformt; Ausgangswerte:


nächst empirische Befunde
aB = 12,4 kp/IUln = 10,7 kpjnuu
2; 0'0_26 = 4,6%. über den Einfluß von Legie-
2; 10

rungszusätzen zu Reinstalu-
minium oder Reinaluminium auf das Rekristallisationsverhalten wieder.
Im Regelfall handelt es sich um Zusätze von mindestens 0,01 Gew.-%.
Die Verhältnisse bei Reinstaluminium mit äußerst kleinen Zusätzen
oder mit kleinen Unterschieden in den natürlichen Verunreinigungen
werden separat abgehandelt (s. S. 610).
Lit. S. 371J 3. Erholung und Rekristallisation 345

3.252 Experimentelle Befunde. a) tJbersicht über die Einwirkung einer


Reihe von Legierungselernenten auf die Rekristallisationsternperatur und die
Korngröße nach prirnärer Rekristallisation. Es gibt eine ganze Anzahl von
Untersuchungen, in welchen der Einfluß von Legierungszusätzen auf die
Rekristallisation verfolgt wird. Viele der Ergebnisse sind nicht vergleich-
bar, da die Vorgeschichte des Materials bei den einzelnen Autoren starke
Unterschiede zeigt. Um daher den Einfluß einer ganzen Reihe von Legie.
rungszusätzen auf das Rekristallisationsverhalten vergleichen zu können,
empfiehlt es sich, Ergebnisse heranzuziehen, welche unter einheitlichen
Arbeitsbedingungen erhalten wurden. Entsprechende Untersuchungen
sind in neuerer Zeit insbesondere von F. LrnL, E. NACHTIGALL und
G. PIESSLINGER [52] sowie von F. LrnL, E. NACHTIGALL und H. OFFEN-
BARTL [53] durchgeführt worden. Diese Autoren haben den Einfluß einer
Reihe von Zusätzen zu Reinstaluminium auf das Gußgefüge 1 so",ie auf
das Rekristallisationsverhalten vergleichend untersucht.
Einige Ergebnisse der genannten Autoren bezüglich des Einflusses
diverser Legierungszusätze auf die Rekristallisation sind in Abb. 278 und
279 wiedergegeben. Man erkennt in Abb. 278a, daß bei einem Kaltver·
formungsgrad von 8 % die Rekristallisationsschwelle von den häufig
angewendeten Legierungselementen vor allem durch Zusätze von Eisen,
Titan, Mangan und Chrom erhöht wird, wobei die Wirkung dieser
Elemente in der genannten Reihenfolge abnimmt.
Bei allen untersuchten Zusätzen, welche die Rekristallisationstempera.
tur beeinflussen (mit Ausnahme des Siliziums), zeigt sich das Auftreten
eines Sättigungswertes, d. h., oberhalb eines gewissen Zusatzes wirken
weitere Zusätze nicht mehr oder nur noch schwach in Richtung auf eine
weitere Erhöhung der Rekristallisationstemperatur.
Aus Abb.278b geht der Einfluß derselben Zusatzelemente auf die
Rekristallisationskorngröße hervor. Die Proben wurden 30 Minuten lang
weichgeglüht, wobei nur ein unbedeutender Einfluß der Glühdauer fest.·
gestellt wurde, wenn diese z. B. bei 500°C zwischen 5 Minuten und
10 Stunden varüert wurde.
Es ist auffallend, daß der Einfluß der verschiedenen Zusatzelemente
auf die Korngröße wesentlich anders verläuft als der Einfluß auf die
Rekristallisationstemperatur. Interessant ist insbesondere, daß bei der
Steigerung des Eisenzusatzes über 0,02% die kornverfeinernde Wirkung
des Eisenzusatzes rasch zurückgeht. Bei etwa 0,1 % Eisenzusatz wird die
Korngröße des Reinstaluminium erreicht und bei weiterer Steigerung des
Eisenzusatzes rekristallisiert das Material sogar grobkörniger als Reinst·
aluminium.

1 Einige Ergebnisse bezüglich Kornverfeinerung des Gußgefüges sind an anderer


Stelle wiedergegeben (S. 24).
346 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Aus Abb.278c geht hervor, daß die Einwirkung von Titanzusätzen


auf die Erhöhung der Rekristallisationstemperatur von der gleichzeitigen
Anwesenheit von Eisen- oder Siliziumzusätzen abhängig ist: Gleich-

Cu
~ ZOOr-----~~~-r----~~----+-----~

Mg
~
~
Fe er
100 I+-I7Sj;<----f---f----:=;;;--i""'---j
Mn;Zn

oo~--~n----+~--~~--~~~~···~
o,e M 0,0 0,8 (}!!W.- 1,0
h Gehalt an Zusafzelemenfen

JOOo!:---:!--:;---~
0,2 0,4 0 0,2
c Tifangeho/f
Abb. 278a-c. Einfluß einiger bei Knetlegierungen häufig verwendeter Legierungszusätze auf die
Rekristallisationstemperatur und die Koruzahl nach primärer Rekristallisation. Ausgangsmaterial :
Reinstaluminium Al 99.99 (nach F. LIHL, E. NACHTIGALL U. G. PIESSLINGER [52).
a) Rekristallisationstemperattir in Abhängigkeit von der Höhe des Zusatzes. Als Rekristallisations-
temperatur wurde die untere Temperaturgrenze verstanden, bei welcher nach einer Glühdauer von
30 Minuten die Probe bei makroskopischer Betrachtung vollständig rekristallisiert erscheint. Kalt·
reckgrad vor der Glühung 8%; b) Kornzahl in weirhgeglühtem Zustand in Abhängigkeit von der
Höhe des Zusatzes. Glühbedingungen : 30 Minuten bei 500 °0 (bei den Proben mit Zusätzen von Eisen
oder Titan bei 600°0). Kaltreckgrad vor der Glühung: 8%; c) Rekristallisations·Temperatur von
Reinstaluminium mit Zusatz von Titan und Eisen bzw. Titan und Silizium. Definition der Rekristalli-
sationstemperatur wie bei a) Kaltreckgrad vor der Glühung: 3%.

zeitige Zugabe von Eisen zu der Legierung verstärkt die Wirkung des
Titans bezüglich der Erhöhung der Rekristallisationstemperatur, wäh-
rend Siliziumzusätze bis ca. 0,3% die Wirkung des Titans teilweise ab-
schwächen.
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 347

Höhere Siliziumzusätze verstärken dagegen die Einwirkung des


Titans auf die Steigerung der Rekristallisationsschwelle.
Die Wirkung von Titan- oder Vanadinzusätzen auf die Kornverfeine-
rrung bei der Rekristallisation ist im übrigen von den Bedingungen ab-
bUU
oe Be

»Or----r----r---~----+----+----+---~

Ti

Go

400r----r----r----r----~---r+_--~~A

Ni
Be
°o~~o~==~~~--~--~~~~~
,1 0,2 0,3 0,4
h Zusafzelemenfe
Abb. 2i9 a u. b. Einwirkung einiger relativ selten zugesetzter Legierungselemente auf die Rekristalli-
sationstemperatnr und die Korngröße nach primärer Rekristallisation. Ausgangsmaterial: Reinst-
aluminium Al 99,99. Kaltreckgrad vor der Glühung 8%
(nach F. LIHL, E. NAOHTIGALL u. H. OFFENBARTL [53]).
a) Rekristallisationstemperatnr in Abhängigkeit von der Höhe der Zusätze. Aufgetragen ist diejenige
Temperatur, bei der nach einstündiger Glühung die primäre Rekristallisation abgeschlossen war;
b) Korngröße nach primärer Rekristallisation in Abhängigkeit von der Höhe des Zusatzes. Glüh-
bedingungen: 1 Stunde bei 380 'e (zirkonhaltige Proben bei 450 'Cl.

hängig, unter welchen diese Metalle in die Schmelze eingebracht wurden,


z. B. von der Schmelzetemperatur. Je feiner verteilt das Titan oder
Vanadin im Gefüge vorliegt, um so stärker ist die rekristallisations-
hemmende Wirkung [53].1
1 Ähnliche Beobachtungen liegen auch bezüglich der Kornverfeinerung des Guß-
gefüges vor, s. S. 31.
348 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

In Abb. 279 ist der Einfluß einiger weniger häufig verwendeter Legie-
rungselemente auf die Rekristallisation wiedergegeben.
Die beiden erwähnten Arbeiten von F. LmL und Mitarbeitern [52,
53] haben zu folgender Schlußfolgerung geführt:
Am stärksten kornverfeinernd wirken Zusätze von Titan, Vanadin,
Zirkon, Molybdän und Wolfram, wobei die kornverfeinernde Wirkung
mit Erhöhung des Zusatzes zunimmt. Schwächer kornverfeinernd wirken
Zusätze von Silizium, Kupfer, Magnesium und Bor.

~~
~ I
~ ::::t::Dl--
!
-- f--I

300 1
JI I --.,
~
~
'/
~ ~~~________J -______~ ~____~__~~__~____~____~~~~
o i 20 7 2 J 4 S 0ew.-0f06'
lifhiumgeha/f !1agnesiumgehalf
Abb. 280. Einfluß von Lithium- und Magnesiumzusätzen auf die Rekristallisationstemperatur. Die
Schmelzen waren teilweise mit Wasserstoff angereichert. Als Rekristallisationstemperatur wird die
Temperatur bezeichnet, bei der bei Kegelrückstrahlaufnahmen die ersten diskreten Interferenzpllnkte
im Röntgendiagramm auftreten. Kaltwalzgrad vor der Glühung 80%
(nach F. ERDMANN·JESNITZER U. H. H,mAMOVSKY [28]) .
• mit Wasserstoff, 0 ohne Wasserstoff

Eine weitere Gruppe wird durch die Metalle Beryllium, Kobalt, Eisen
und Nickel gebildet. Kleine Zusätze dieser Elemente führen zu einer
merklichen Kornverfeinerung. Mit steigendem Zusatz geht jedoch diese
Wirkung zurück, bis schließlich die Korngröße des Reinstaluminiums
sogar überschritten wird. Beispielsweise kann bei Aluminium-Beryllium-
Legierungen .die Korngröße nach Rekristallisation um eine volle Größen-
ordnung höher liegen als bei Reinstaluminium.
Eine ähnliche Reihenfolge kann auch bezüglich des Einflusses auf die
Rekristallisationstemperatur aufgestellt werden. Die meisten untersuchten
Legierungselemente wirken im Sinne einer Erhöhung der Rekristallisa-
tionstemperatur. Zusätze an Kupfer, Magnesium, Silizium, Zink und Bor
sind nach den Feststellungen der genannten Autoren praktisch ohne
Einfluß auf die Rekristallisationstemperatur.
Jedoch sind solche Befunde von den speziellen experimentellen Bedin-
gungen abhängig und daher keineswegs allgemeingültig, siehe dazu z. B.
S. 364 und [116].
Im folgenden werden wir auf einige spezifische Beobachtungen hin-
weisen, welche bei Magnesium-Zusätzen, bzw. bei solchen Legierungs-
zusätzen gemacht wurden, welche die Rekristallisation stark hemmen
oder deutlich erleichtern.
Lit. S. 371J 3. Erholung und Rekristallisation 349

b) Magnesillmzllsätze. Nach Ergebnissen von W. BUNGARDT und


KÜSSWALD bewirken Magnesiumzusätze bis ca. 1 % zunächst eine Zu-
nahme der Rekristallisationstemperatur. Bei höheren Magnesiumzusätzen
fällt die Rekristallisationstemperatur wieder ab, um oberhalb von 4,5%
}Ig wieder etwas anzusteigen. Die erwähnte Variation der Rekristalli-
"ationstemperatur beträgt bei 50% Kaltwalzgrad maximal 25 grd und
ir-;t somit relativ gering [49].
F. ERllMANN-.JESNITZER und H. HADAMOVSKY [28] haben einen etwas
anderen Einfluß von }Iagnesiumzusätzen auf die Rekristallisations-
temperatur gefunden und diesen gemäß
500 r-----r--,--,----r--,
Abb. 280 in drei Bereiche unterteilt. Aus
dieser Abbildung geht hervor, daß Lithi-
umzusätze auf die Rekristallisationstem-
peratur ähnlich wie Magnesiumzm;ätze ein-
wirken. In beiden Fällen hat der Wasser-
stoffgehalt des Metalls keinen deutlichen
Einfluß auf das Rekristallisationsverhal-
ten.! Teilweise sind auch stärkere Verschie-
bungen der Rekristallisationsschwelle
durch Magnesiumzusätze berichtet wor-
den, indem z. B. ein Zusatz von 0,2% Mg o
die Rekristallisa tionstempera tur um 45 grd
Abi>. i~1. Korngröße nach der Re-
erhöhen soll [51], was freilich im Wider- kriRtal1ir::::ation von Aluminium-l\'Ia,-
spruch zu Abb. 280 steht. gnesiulIl-Legierungen auf Basis
Bei kleinen Kaltwalzgraden (3 bis 8 %)
Al 99.99 in Abhängigkeit vom Magne-
silllllgehalt.
haben Magnesiumzusätze keinen merk- (nach E. C. W. PERRYMAN [118]).

lichen Einfluß auf die Rekristallisations- o Kaltverformung 200/0; + Kalt.-


verformung 30%; • Kaltverformung
temperatur [SO]. 40%; x Kaltverformnng 50%:
[:, Kaltverformung 60%; ~ Kalt-
Der Einfluß von Magnesiumzusätzen verformung 80%.
auf die Korngröße nach primärer Rekri- lllühullg bei 350 bis 415°C jeweils his
"tallisation geht aus Abb. 281 hervor. zur volh;t.ändigen R.pkristalli~ation.

Um die Ursachen für die Kornverfeine-


rung zu analysieren. hat E. C. W. PERRYl\'IAN [1l8] die Keimbildungs-
geschwindigkeit und die Keimwachstumsgesch windigkeit 2 von Aluminium-
1 C. E. ELLs und VV. EVANs haben Wasserstoff dureh Protonenbestrahlung in
Aluminium-Magnesium -Legierungen eingeführt und Ansammlungen von Wasserstoff
hauptsächlich an Korngrenzen beobachtet, wobei diese Ansammlungen mit zuneh-
mendem Magnesiumgehalt abnahmen. Eine ~Wa8serstoffporosität dieser Art hemmt
das Kornwachstum, ist aber ohne Einfluß auf die Rekristallisationsschwelle [63].
2 Für den dureh primäre Rekristallisation entstandenen mittleren Kornquer-

~('hnitt F gilt folgpndc Ikziel1\lng:

F~
e . const
1j -~-
V N
o 0 Keimwaehstumsgesehwindigkeit, N = Keimbildungsgeschwindigkeit.
350 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Magnesium-Legierungen in Abhängigkeit von der Glühzeit und vom


Magnesiumgehalt ermittelt (Abb. 282 u. 283).
E. C. W. PERRYMAN findet ein Maximum der Aktivierungsenergie
der Rekristallisation der Aluminium-Magnesium-Legierungen bei ca.
1,5% Mg und erklärt dies dadurch, daß ein zunehmender Magnesium-
gehalt die Keimbildungsgeschwindigkeit (N) und die Keimwachstums-
geschwindigkeit (G) unterschiedlich beeinflußt. Bei ca. 1,5% Magnesium-
gehalt scheinen N und G beide in etwa ein Minimum zu haben.
2~'~--,---r--,--~
Keimzahl/cm~s
/0000
'I. f 2 1 ",,1800 ---
Keimzahhcm '5 1
I
I I
~
15,. t!51600f----\----\---+---+
'\ I '/0, ~ •
1000 cmS,\:
14 .~ /400r.---\---+---+---.H

1~1V ~ I

'-rrr
,....
"":
=2
<l; IIlI
J ~ 12 'B 1200H---+--+---tf
~
i5
.~ 100
~~'~4 I'X
r- __
~
~ 10
.~
~
;: 1000
]
t-
10

I
~
?;i, ! --l- __• 118"":800
~ I I i ~ ~ I
~ 100 40 80 720 180 200 240 s 280 -r
]
I
(j ~6'OOJ-

~ J-rlf~E·H··j
.~
~4l4001
>?,
!} I
2 ::§ 200 .-,1
:.;s

,0 400 800 7200 1400 2000 2400 s 2800 o~
ß/ühzeif

Abb. 282. Keimbilduugsgeschwiudigkeit vou Reinst- Abb. 283. Keimbildungsgeschwindigkeit N


alunünium und Reinstaluminium mit Magnesiunl- und Keimwachstumsgeschwindigkeit G
zusatz in Abhängigkeit von der GJühzeit bei 350 oe von Aluminium-Magnesium-Legierungen
(nach E. C. W. PERRYMAN [118)). in Abhängigkeit vom Magnesiumgehalt
I Al 99,99, 60% Kaltverformung; II Al 99,99 (nach E. e. W. l'ERRYMAN [118]).
mit Zusatz von 0,5% Mg, 60% Kaltverformung;
III Al 99,99 mit Zusatz von 1 % Mg, 60% Kaltver-
formung; IV Al 99,99 mit Zusatz von 4% Mg, 60%
Kaltverformun!(; V Al 99,99 mit Zusatz von 1 % Mg,
20% Kaltverformung,

In Abb.283 werden die Keimbildungsgeschwindigkeit N und die


Keimwachstumsgeschwindigkeit G in Abhängigkeit vom Magnesium-
gehalt angegeben. Die Keimbildungsgeschwindigkeit wurde ermittelt,
nachdem 20% Flächenanteil rekristallisiert war. Bereits durch Zusatz von
0,125% Mg fällt der Wert von G auf etwa 1/10 des Wertes bei reinstem
Aluminium. Dies ist vielleicht auf die Ansammlung von Magnesium
an wandernden Korngrenzen zurückzuführen.
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 351

Oberhalb von 2% Mg steigt der Wert von N sehr stark an, wahrschein-
lich begünstigt durch die zunehmende Verformungsverfestigung des
Gitters mit steigendem Magnesiumgehalt und gleichem Kaltverformungs-
grad. Jedoch SL'1d auch Ausscheidungsvorgänge als mögliche Ursache in
Betracht zu ziehen [102].
Die Werte von N und G sprechen auf den Kaltverformungsgrad sehr
unterschiedlich an: Wird die Kaltverformung von 60 auf 20% reduziert,
so sinkt die Keimzahl um den Faktor 330 ab, die Keimwachstums-
geschwindigkeit aber nur um den Faktor 6.
Beim Reinstaluminium ist die Kornwachstumsgeschwindigkeit weit-
aus am größten.
Vorerst liegen wenig zuverlässige Messungen über die Größe der
Keimbildungs- und Keimwachstumsgeschwindigkeiten bei der Rekristal-
lisation des Aluminiums vor. Die meisten Variablen der Rekristallisation
beeinflussen Keimbildung und Keimwachstum gleichzeitig.

c) Rekristallisationshemmende Zusätze. H. HUSCHKA und H. No-


WOTNY [111] haben Rekristallisationsversuche an um 5 und 10% ver-
formten Blechen aus Reinaluminium mit steigenden Zusätzen von Titan,
Zirkon, Molybdän. Wolfram und Silizium sowie von Titan + Silizium,
Zirkon + Silizium, Molybdän + Silizium und Wolfram + Silizium
durchgeführt und gefunden, daß alle diese Zusätze rekristallisations-
hemmend wirken. Den stärksten Einfluß hat Zirkon, das auch noch nach
lO%iger Verformung in einer Menge von 0,2% die Rekristallisation
unterbindet, während alle anderen um 10% gereckten Proben rekristalli-
sieren. Siliziumzusätze zusammen mit den genannten Elementpn führen
allgemein zu einer zusätzlichen Kornverfeinerung.
Zirkonzusätze bis ca. 0,3% steigern die Rekristallisationstemperatur
(von Material mit mehr als 10% Kaltverformung) sehr merklich und
ergeben eine wünschenswerte Erweiterung des zulässigen Temperatur-
bereiches bei der Warm verformung [51, 86). Eine Steigerung des Zirkon-
gehaltes über 0,3% ergibt keinen zusätzlichen Effekt auf die Rekristalli-
sation. Zirkonzusätze wirken nicht nur bei Reinaluminium, sondpl'll auch
bei zahlreichen Legierungen "tark rekristallisat.ionshemmend, z. B. auch
bei der Legierung AICuMg (Mn) [50].
2'rach Arbeiten von W. ROSENKRANZ [56, 57] und G. FALKENHAGEN
und W. HOFMANN [S8] wirken vor allem solche Legierungszusätze re-
kristallisationshemmend, bei dellen die Einstellung des Gleichgewichts-
zustandes - z. B. durch Auflösen von Heterogenitäten nach Temperatur-
erhöhung - träge erfolgt. Dies ist beispielsweise bei den Legierungs-
elementen Mangan, Chrom, Titan, Vanadin sowie Eisen der Fall [;)6 bis.
;j8]. Es fällt außerdem auf, daß die genannten rekristallisationshemmen-
den Elemente bereits bei der Erstarrung sehr zur Übersättigung neigen.
352 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Der Einfluß von Manganzusätzen auf den Rekristallisationsablauf


hängt weitgehend von der thermischen Vorgeschichte und der Legierungs.
type ab [60]. Generell wirken Manganzusätze als Rekristallisations·
bremse und erhöhen die Rekristallisationstemperatur, solange das
Mangan in Kombination mit anderen Legierungselementen vorliegt, die
im Aluminium schwer läslich sind, z. B. in Kombination mit einem Eisen.
gehalt von 0,5 bis 0,7% (Einzelheiten dazu siehe S. 688). Manganzusätze
zu Reinstaluminium haben keinen merklichen Einfluß auf die Korngröße
nach Rekristallisation und wirken auf die Erhöhung der Rekristalli·
sationstemperatur wesentlich schwächer, als gleich große Zusätze von
Eisen oder Titan [52] (Abb. 278b).
Interessant wäre es, die rekristallisationshemmende Wirkung der in
Frage kommenden Legierungszusätze in verschiedenen Temperatur.
bereichen separat zu verfolgen. Hierüber liegen bisher keine systemati.
sehen Arbeiten vor. Es ist aber z. B. bekannt, daß bei der Glühung bzw.
bei der langsamen Abkühlung von Strangpreßprofilen Manganzusätze
von z. B. 0,3 bis 1 % das Kornwachstum speziell oberhalb ca. 350 bis
bis 400°0 hemmen, während Zirkonzusätze von z. B. 0,1 bis 0,15%
hauptsächlich bei Temperaturen unter 350 °0 das Kornwachstum ver·
langsamen [54].
d) Zusätze, welche die Rekristallisationstemperatur merklich erniedri.
gen. Berylliumzusätze wirken insbesondere bei Reinstaluminium korn.
verfeinernd und erniedrigen die Rekristallisationstemperatur von walz.
hartem Reinstaluminium von z. B. 275 oe auf 225 °0.1 Dagegen ergibt
bei den meisten Legierungen der Berylliumzusatz keine merkliche Ver.
änderung der Korngräße.
Untersuchungen japanischer Autoren [55] haben gezeigt, daß Reinst.
aluminium oder Reinaluminium mit einem Kalziumzusatz von z. B.
0,2 bis 0,4% bei Raumtemperatur rekristallisiert, wenn es im Anschluß
an eine Weichglühung langsam abgekühlt wurde und anschließend einer
Kaltverformung von mindestens 30% unterworfen wurde. Folgende
Materialien re kristallisieren z. B. bei Raumtemperatur im Anschluß an
eine 95%ige Kaltverformung:
Al 99,99 +
0,2% Oa nach zehnstündigem Glühen bei 500°0, gefolgt
von langsamem Abkühlen zwischen 500 und 250 °0 mit 30 grdJh.
Al 99,7 +0,4% Oa nach Glühen bei 250°0 während 5 h.
Al 99,7 +0,4% Oa nach zehnstündigem Glühen bei 500°0, lang-
samem Abkühlen bis 250 °0 mit 30 grdJh und Glühen bei 250 °0
während 10 h.
Aus Aluminium mit Kalziumzusatz, das vor der Kaltverformung der
beschriebenen Wärmebehandlung unterworfen worden ist, lassen sich
1 Einzelheiten dazu s. S. 613.
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 353

]'olien ohne Zwischenglühung auswalzen. Kabelmäntel lassen sich bei


so niedriger Strangpreßtemperatur aufbringen, daß die Kabelisolation
nicht beschädigt wird.
Auch Galliumzusätze erniedrigen die Rekristallisationstemperatur
(Abb. 279a). Jedoch muß daran erinnert werden, daß trotz der hohen
Löslichkeit von Gallium in Aluminium infolge starker Kornseigerung
schon bei kleinen Galliumgehalten das bei 26,4 oe schmelzende Eutekti-
kum vorhanden sein kann [119]. Schon bei geringer Erwärmung kommt
es bei galliumhaItigen Aluminium oft zu einem völligen Zerfall des
Gefüges, da an den Korngrenzen ein dünner Schmelzfilm vorhanden ist.
Außerdem neigen galliumhaltige Aluminiumlegierungen stark zu inter-
krist.alliner Korrosion. 1

3.26 Faktoren, welche die Rekristallisation des Aluminiums beeinflussen


3.261 Einwirkung des Gießverfahrens und der thermischen Vorge-
schichte auf die primäre Rekristallisation. Je höher die Erstarrungs-
geschwindigkeit beim Gießen und je kürzer das Zeitintervall des Ver-
weilens des Gußgefüges nahe unter der Solidustemperatur ist, um so mehr
gelöste Legierungselement.e liegen im Gußgefüge und damit meist auch
im verformten Halbzeug vor, welches der Weichglühung unterworfen
wird. Der Einfluß des Gießverfahrens auf den Ablauf der primären
Rekristallisa tion ist besonders eingehend bei dem Legierungstyp AlMn
sowie beim Reinaluminium verfolgt worden.
Aus Stranggußbarren abgewalzte Bleche der Legierung AlMn re-
kristallisieren wesentlich träger als Bleche, die aus Kokillenguß ab-
gewalzt wurden.
Bei Reinaluminium, welches aus bandgegossenem Material abge-
walzt wurde, liegt bei gleichem Kaltwalzgrad die Rekristallisations-
schwelle cal. 50 bis 200 grd höher als bei Material, das aus Strangguß-
barren abgewalzt wurde (s. Abb. 284 u. 285).
Zwar kann durch eine Hochglühung des Gußgefüges ca. 10 bis 50 grd
unterhalb der Solidustemperatur die Übersättigung an Mangan und
Eisen teilweise oder weitgehend abgebaut werden, jedoch sind diese
Hochglühungen relativ aufwendig oder technisch nicht immer gut durch-
führbar (z. B. bei gegossenen Bändern, bei denen die große Oberfläche
des Materials bei einer Glühung nahe der Solidustemperatur relativ stark
oxydiert würde). Daher wird oftmals das Gußgefüge lediglich auf die
\Varmverformungstemperatur angewärmt. In solchen Fällen kommt dann
der von der Erstarrung herrührende Verteilungszustand der Legierungs-
atome in der Höhe der Rekristallisationsschwelle und in der Korn-
größe deutlich zum Ausdruck.
1 Daher scheiden Galliumzusätze für die Praxis jedenfalls aus.

23 Altenpohl. Aluminium
354 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

m~~~~----~----+-----+-----+-----+---~

60
'l::J
~
..!:;
JO I--c---F\-+
~
~ 40 1---~~i7'''--~
~
30

11 Ii

°C(jOO

Ahb. 284. 11ekristallisation von Reinaluminiumblechen Al 99,5, hergestellt aus Stranggußbarren


(70 mm dick) bzw. aus gegossenem Band (6 mm dick) (nach ALUSUISSE).

300 350 500 550 oe


ü!ühfemperalur

Abb. 285. Makrogefüge weichgeglühter Bleche aus Reinaluminium Al 99,5, gewalzt aus Strangguß-
barren (70 mm dick) bzw. aus gegossenem Band (6 mm dick). Kaltwalzgrad vor der Weichglühung
10%. Glühdauer je 24 Stunden bei den angegebenen Temperaturen (nach ALUSUISSE).
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 355

Bei Reinaluminium und den technischen Knetlegierungen hat man


meist Eisengehalte von 0,2 bis 0,6% vorliegen. Die Löslichkeit des
Eisens im Reinstaluminium beträgt bei Solidustemperatur 0,052%
und bei 500°C ca. 0,006%. Bei Reinaluminium und technischen Le-
gierungen liegt Eisengehalt über der LösIichkeitsgrenze. Eine Vielzahl

I~FNjl]111
~ffj 20 5 10
I
20 25
I
JO
t 1
3.5 h 40
a fllühzeif (500°C)

Abb. 286a u. b. Rekristallisation"verhalten von Einkristallen aus .'1.199,8 (Eisen· und Siliziumgehalt
je 0,09%). Alle Kristalle wurden zunächst 5 Stunden lang bei 620 oe geglüht und anschließend an
Luft rasch abgekühlt (620 oe auf 30 oe in zwei Minuten). Anschließend wurde jeder einzelne Kristall
ein zweites Mal erwärmt, wobei Dauer und Temperatur der Behandlung von Kristall zu Kristall
variiert wurden. Einzelheiten dieser zweiten thermischen Behandlung sind in den Abbildungen an-
gegeben (nach D. ALTENPOHL U. B. LIEBMANN [47]).
a) Dehngrenze und Wachstumsgeschwindigkeit als Funktion der Glühzeit bei 500 oe. W Wachstums-
geschwindigkeit von Korugrenzen mit 40° <1TI)·Orientieruugsdifferenz.
b) Dehngrenze und Anteil von Kristallen mit der genannten Vorzugsorientierung in Abhängigkeit
von <Ier Temperatur der Anlaßglühung (Glühdauer 2 Stunden bei der angegebenen Temperatur);
f( Allteillleuer Kristalle mit Yorzugsorientierung.

an Beobachtungen hat neuerdings den Hinweis ergeben, daß der Lösungs-


und Ausscheidungszustand des Eisens in bemerkenswerter Weise die
Rekristallisation des Aluminiums sowie der meisten Knetlegierungen
steuert.
Spezifische Verteilungszustände des Eisens wirken insbesondere auf
die folgenden Eigenschaften oder Merkmale des Reinaluminiums ein:

23*
356 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Höhe der Rekristallisationstemperatur (s. Abb. 278a).


Korngröße bei verschiedenen Weichglühtemperaturen (s. Tab. 28).
Auftreten der sekundären Rekristallisation (s. S. 362).
Aushärtung8effekte. Bei den im oberen 'Teil von Abb. 286a wieder-
gegebenen Versuchsresultaten ist zu erkennen, daß bei dem untersuchten
Material (Reinaluminium mit 99,79% Al) bei einer Glühtemperatur von
etwa 500 oe ein Maximum der Dehngrenze durchlaufen wird, ähnlich

ZO 2 4IJ
kp/mm %
cf

15 3D

10 ZO

5 10
~ 043
~
~
2'aO
rf. 0
~ 20 40
~
~
~
~ 15 30

'"
c:::,' rf

10 ZO

5 10
oe
00,.1
0
00,.1
zoo 300 400 5000 100 ZOO 300 400 oe 50rf
d
Temperafur
Abb. 287a-d, Festigkeitswerte von Reinstaluminium mit verschiedenen Zusätzen in Abhängigkeit
von der Glühtemperatur. Kaltwalzgrad 96%. Blechdicke 0,2 mm. Glühzeit je 30 Minuten bei der an-
gegebenen Temperatur (nach H. CHOSSAT [117)).
a) - - - AI99,998; --AI99,99; b) 0,7% Fe, 0,047% Si; c) 0,4% Mg, 0,014% Fe, 0,024% Si;
d) 0,1 % Zn, 0,002% Fe, 0,035% Si.

wie bei der Warmaushärtung. Die dabei erfolgte Ausscheidung oder Ent-
mischung der Eisenatome (evtl. gemeinsam mit Siliziumatomen) hemmt
das Kornwachstum [47].
Hieraus resultiert z. B. ein bevorzugtes Wachstum günstig orientier-
ter Korngrenzen. Somit ergibt sich gem. Abb. 286a und b eine starke
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 357

Abhängigkeit der Texturen vom Ausscheidungszustand des Eisens [47].


Im übrigen verweisen wir auf S. 400.
Die erwähnten Aushärtungseffekte sind bei eisenhaItigen sowie bei
siliziumhaItigen Legierungen bereits längere Zeit bekannt [2, 8, 10, 61].
Sie treten gern. Abb. 287 während der Entfestigung oder in den Anfangs-
stadien der Rekristallisation bei einer Reihe recht unterschiedlicher
Legierungszusammensetzungen auf (andeutungsweise auch bei Reinst-
aluminium mit 99,99% Al).
In gewissen Verteilungszuständen des Eisens wird dieses bei der
primären Rekristallisation nicht aufgelöst und verursacht eine nach-
haltige Blockierung des Kornwachstums, solange die Glühtemperatur
nicht einen gewissen Wert überschreitet (s. Tab. 28).
In Abb. 344 auf S.421 sind Gefügebilder wiedergegeben, welche die
zunehmende Ausscheidung des zuvor übersättigt gelösten Eisens mit
sinkender Barrenglühtemperatur (oder Warmwalztemperatur) veran-
schaulichen. Entsprechende Befunde sind auch in die Tab. 28 übernommen
worden, wobei es sich um lichtmikroskopisch beobachtbare Segregate
handelt. Man erkennt, daß eine Hemmung des Kornwachstums vor allem
dann vorliegt, so lange feines Segregat im Lichtmikroskop festgestellt
werden kann.
Deshalb ist aber der Schluß keineswegs erlaubt, daß ausschließlich
die feinen Ausscheidungen die Rekristallisation hemmen. Dies erkennt
man, wenn man in Tab. 28 die Korngröße nach dreistündiger Weich-

Tabelle 28. Korngröße sou'ie Auftreten von lichtmikroskopisch sichtbaren Aus-


scheidungen ("Segregaten"*) bei weichen Reinaluminiumblechen (99,0 % Al,
Fe:Si = 2:1). A1I8gllug8zlIsfrl11d: w::tlzhart. Warmwalztempemtur: 600 bzw. 400°C
(nach ALUSUISSE)

Warmwalz·
temperatur Glühung Kornzahl Bemerkungen

600°C 450°C/3 Std. 750/mm 2 noch etwas Segregat vorhanden *


500°C/3 Std. 320/mm2 nur wenig Segregat
550°C/3 Std. grobes Korn kein Segregat
600°C/3 Htd. grobes Korn kein Segregat
400°C 450°C/3 Std. 180/mm2
500°C/3 Std.
550°C/3 Std.
150/mm2
100/mm2 } ruoh~
segregat} beginnende Einformung
6OO°C/3 Std. 100/mm2 der groben Heterogeni-
600 °C/24 Htd. 75/mm2 täten
* Als Segregate werden gern. Abb. 344 auf S. 421 feine eisenhaltige Ausscheidun-
gen bezeichnet, welche im Gußgefüge ursprünglich nicht vorhanden waren, sondern
erst bei der Barrenanwärmung vor dem Warmwalzen durch Ausscheidung von
übersättigtem Eisen (teilweise gemeinsam mit Silizium) entstehen. Dieses Segregat
geht bei hohen 'Veichglühtemperaturen teilweise wieder in Lösung.
358 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

glühung bei 500 °0 vergleicht: Die höhere Warmwalztemperatur ergibt hier


ein feineres Korn, obwohl wesentlich weniger Segregat vorhanden ist als
bei der tieferen Warmwalztemperatur. Dies deutet bereits darauf hin,
daß auch ein lichtmikroskopisch nicht sichtbarer Verteilungszustand des
Eisens im Aluminiumgefüge die primäre Rekristallisation steuern kann
(oder vielleicht den eigentlichen Hauptfaktor darstellt). Generell wird
der hemmende Einfluß, den der Eisengehalt auf das Kornwachstum aus-
übt, mit steigendem Siliziumgehalt stark abgeschwächt. Glüht man bei-
spielsweise siliziumfreie Aluminiumbleche mit 0,5% Fe bei 600°0, so

I
Ausscheidllngols Fe AI 3 Al 9 Fez Siz
(meisf feindispers ) muis!grobdispers

Abb. 288. Schematische Darstellung der Lösungs- und Ausscheidungszustände des Eisens in Rein-
aluminium, die mit abnehmender Temperatur durchlaufen werden. Wieviel von Ausscheidungsart
I, II und III entsteht, und welche Größe die Heterogenitäten erreichen, hängt vom Reinheitsgrad,
VOln Pe: Si-Verhältnis und von der thermischen Vorgeschichte ab
(nach D. ALTENPOHL U. B. LIEBMAXX [471).

bleibt das primäre, feine Rekristallisationskorn selbst nach wochenlanger


Glühung erhalten. Durch Zusatz von nur 0,1 % Si zu dieser Legierung
tritt hingegen bei der genannten Temperatur bereits nach einer Glüh-
dauer von wenigen Stunden grobes Korn auf [68].
Bei der Weichglühung von Reinaluminium wird generell festgestellt,
daß mit Steigerung des Verhältnisses Si: Fe die Korngröße nach Rekristal-
lisation zunimmt.
In Ab b. 288 wird ein schematischer Überblick gegeben, in welcher Form
das gelöste oder ausgeschiedene Eisen prinzipiell im Aluminiumgefüge
vorliegen kann [47]. Zur weiteren Abklärung wären verfeinerte Unter-
suchungen unter Einschaltung von Leitfähigkeitsmessungen am Platze.
Es liegen Hinweise vor, daß die Ausscheidungsformen II und I I I sowie das
im Gleichgewicht gelöste Eisen die Rekristallisation von Reinaluminiurn
weniger beeinflussen, als die drei übrigen Verteilungszustände des Eisens,
welche in Abb.288 aufgeführt sind. In Wirklichkeit kommen für die
Steuerung der Rekristallisation noch weitere Verteilungszustände des
Eisens in Betracht, wenn man das Auftreten sehr fein disperser AIFeSi-
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 359

Ausscheidungen sowie die Ansammlung oder Ausscheidung von ge-


löstem oder übersättigtem Eisen in den wandernden Rekristallisations-
korngrenzen als separate Mechanismen auffaßt.
In Abb.289a kommt zum Ausdruck, daß die Temperatur einer
Zwischenglühung den Ausscheidungszustand der natürlichen Verunreini-
gungen des Reinaluminiums beeinflußt, was an dem Ausmaß der Rekri-
stallisationshemmung deutlich wiedererkannt werden kann.

~
,~ JS~--+---~---+---4~~+---~---+~~----~--~--4---~

15t;i
~ JO~--+---~---+---4--~+---~---+---+\---~--+-4-4---~

b
Abh. 2SBa u. h. Einfluß der thernlischen Vorgeschichte auf die primäre Rekristallisation von Rein-
aluminiumblechen bei isothermen Glühen bei 250 oe.
a) Härte von Reinalumilliumbleehell Al 99,5 in Abhängigkeit von der Glühdauer. DRH Material
wurde zwischengeglüht und ,mschließend um 75% gewalzt
(T. LL. RrCHARDS u. R. F. PL'GH [46]).
--- Zwis('henglühun~ vor dem Kaltwalzen bei der angegebenen Tenlperatur; - - - - Nach
Zwischenglühnng bei 500 oe von 400 auf 300 oe änßerst langsam abgekühlt (mit 1 grdjh).
h) Dehngrenze von Reinaluminiumblerhen AI ()9 (~'e: Si ~ 2: 1), die hei zwei verschiedenen Tempera-
turen warmgewalzt worden waren. in Abhilngigkeit von der Glühdauer. Kaltwalzgrad 87,5%
(nach ALlTflrIRRE).

1m allgemeinen wird mit abnehmender Temperatur der Barren-


anwärmung oder des Warmwalzens (zwischen 600 und 400°0) der als
Rekristallisationsbremse wirkende Verteilungszustand des Eisens abge-
baut (siehe z. B. Abb.289b). Ein einfacher Zusammenhang kann aber
keineswegs angegeben werden, denn die Befunde sind jeweils vom
Gehalt und Ausscheidungszustand der Legierungselemente abhängig
(beim Reinaluminium vom Eisen- und Siliziumgehalt).
Wie Tab. 28 zeigt. liegen nach einer Warmwalztemperatur von 600°C
die natürlichen Verunreinigungen des Reinaluminiums in einem Ver-
360 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

teilungszustand vor, der bei dreistündiger Glühung bis zu 500 0 Glüh- e


temperatur eine wirksame Rekristallisationsbremse ergibt, die aber
bereits bei einer Glühtemperatur von 550 oe versagt. Bei dieser Tempera-
tur scheint sich der in Frage kommende wirksame Verteilungszustand
des Eisens aufgelöst oder umgelagert zu haben.

JO rpin

7d

Z5% 50% 75% 85%


Kaltwalzgrad

Abb. 290. Korngefiige von weichgeglühten Blechen aus Aillig 3 mit verschiedenen Kaltwalzgraden
vor der Glühung bei 580 'e (nach E. NACHTIGALL [64]).

Bei einer Warrriwalztemperatur von 400 oe ist der Verteilungszustand


der natürlichen Verunreinigungen dagegen bis zu Glühtemperaturen von
600 oe als Rekristallisationsbremse wirksam.
Die zuletzt gegebenen Erklärungen sind aber bereits spekulativer
Natur und veranschaulichen die Notwendigkeit präziser Untersuchungen
über den Verteilungszustand der natürlichen Verunreinigungen oder
Legierungselemente des Aluminiums vor und nach Rekristallisation.

3.262 Ablauf der sekundären Rekristallisation. In Abb. 290


wird das Auftreten der sekundären Rekristallisation an einigen korn-
geätzten Blechproben veranschaulicht. In der Technik sollte die sekun-
däre Rekristallisation an sich niemals vorkommen, da von ihr befallenes
Halbzeug wegen der extremen Korngröße meistens eingeschmolzen
Lit. H. 371] :3. Erholung und Rekristallisation 361

werden mulP Man erkennt in Abb. 290, daß der Verlauf der sekundären
Rekristallisation gewisse Ahnlichkeiten mit dem Verlauf der primären
Rekristallisation aufweist [64]. Die Ähnlichkeit besteht z. B. in folgendem:
Vorliegen einer Rekri"tallisationsschwelle auch bei der sekundären
Rekristallisation.
Das Auftreten der "ekundären Rekristallisation wird mit steigender
Temperatur und steigendem Verformungsgrad erleichtert.
Der Ablauf der sekundären Rekristallisation wird außer durch die
Legierungszusammem;etzung in starkem ::Vlaße von dem Verteilungszu-
stand der LegierungRelemente und somit von der thermischen Vorge-
Rehichte gesteuert.
Verfeinerte Untenmchungen zeigen, daß auch die sekundäre Rekri.
stallisation oftmals yom Ausseheidungszustand des z. B. im Reinalumi-
nium vorhandenen Eisens gesteuert wird. Dieser kann bekanntlich durch
eine Variation des Siliziumgehaltes oder durch eine Veränderung der
Warmwalztemperatur stark beeinflußt werden, was sich gemäß Abb. 291
im Ablauf der sekundären Rekristallisation deutlich ausdrückt.
Dies kann man insbesondere an der Länge der Inkubationszeit ablesen,
welche während der "Teiehglühung bei z. B. 600°C verstreicht, bis die
sekundäre Rekristallisation einsetzt. In Abb. 292 erkennt man den kombi-
nierten Einfluß von 'Varmwalztemperatur sowie vom Eisen- und Silizium-
gehalt auf das Auftreten der sekundären Rekristallisation. Bei der nied-
rigeren 'Varmwalztempcratur genügt ein Eisengehalt von etwa 0,2%, um
8elbst bei hohen Siliziumgehalten das diskontinuierliche Kornwachstum
ganz zu unterdrücken. Bei der höheren Warmwalztemperatur (600°C) darf
dagegen der Siliziumgehalt nicht über 0,1 % betragen, da sonst - unab-
hängig vom Eisengehalt bei den genannten Glühbedingungen sekun-
däre Rekristallisat,iofl ein"etzt. Eine verbindliehe D('utung dieser Befunde
j,;t nicht einfach.
Es liegen eine Reihe ,'on Befunden vor, welche darauf hindeuten, daß
die sekundäre Rekristallisation dann einsetzt, wenn eine in feiner Aus-
scheidung vorliegende Phase das Kornwachstum anfänglich hemmt,
schließlich aber im Y('rlaufe der Weichglühung in Lösung geht.
In Übereinstimmung damit kann z. B. bei Reinstaluminium (99,995)
unabhängig von der Warmwalztemperatur keine sekundäre Rekristalli-
8ation hervorgerufen werd('n (da keine hemmenden und dann in Lösung
gehenden Ausscheidungen vorhanden sind). Nach den Untersuchungen
,Ton R. RUG und H. BrCH8EL [681 ist es auch bei eisen freien Aluminium-
Silizium-Legierungen möglieh. diskontinuierliches Kornwachstum zu

l Es gibt hier allerdings eine Ausnahme: Um geät7:ten Blechen (z. B. für Wand-
verkleidungen) schöne dekorative Effekte zu verleihen, stellt man absichtlich ein
grobes Korn her, entweder durch Glühen im Bereich des kritischen Reckgrades oder
durch 8ckunrliire Rpkristallisation [78].
362 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

0.05% 0,10% 0,60%


Siliziumgeho/t

Abb. 291a u. b. Sekundäre Rekristallisation von Reinalnmininm mit unterschiedlichem Silizium-


gehalt. Eisengehalt 0,2%. Kaltwalzgrad vor der Glühung 90%. Glühtemperatnr 600 'e. Glühdauer
1 Stunde bzw. 4 Stunden (nach ALUSlJISSE).
a) Wnrmwalztemperatur 400 'e; b) Warmwalztemperatur 600 'e.

-f-

0,2 0,4 0.6 0,80 0,2


J!liziumgeho/f
Abb. 292. Abhängigkeit des diskontinuierlichen Kornwachstullls von der Zusammensetzung und
von der Warmwalztemperatur. Kaltverformungsgrad: 90%. Rekristallisationsglühung: 3 Stunden
600 'e (nach ALUSUISSE).
linkes Bild: Warmwalztemperatur 400 oe; rechtes Bild: Warmwalztemperatur 600 'e; 0 primär fein
rekristallisiert; • diskontinuierliches Kornwachstum.
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 363

erhalten, wenn das Silizium als feines Segregat aus dem Mischkristall
ausgeschieden wird. Werden beispielsweise Bleche aus Reinstaluminium
+ 0,25% Si von bei 600 oe geglühten Barren einige Zeit bei 160 0 e an-
gelassen, so scheidet sich Silizium aus dem Mischkristall aus. Bei an-
schließendem Glühen der Bleche bei 600 oe beobachtet man diskontinuier-
liches Kornwachstum, da das dispers ausgeschiedene Silizium die Rolle
der anfangs das Kornwachstum hemmenden und dann in Lösung
gehenden Komponente übernimmt [68].
Im übrigen scheint man immer dann eine sekundäre Rekristallisation
bewirken zu können, wenn ein schwerlösliches und ein leichtlösliches
Legierungselement gleichzeitig in ge-
J,O,--,-----,----,-~--,--"
nügender Konzentration anwesend ist.
mm 51ühfemperofur 6:fO°C
Bei den Aluminiumlegierungen dient I I ! \~..,......-'"
meistens der Eisengehalt als schwerlös- 0,5
liche Komponente. Als leichtlösliche
Komponente kommt anstelle des Sili- it;
ziums auch ein Zusatz von Kupfer, ~ I
~ O,2'f--------A'------+ --+------ ---- -
Magnesium, Mangan oder Kadmium in ~ Einse/zen der
·1

Betracht. Die sekundäre Rekristalli- t . 5robkombi/dung


sation von eisenhaitigen Aluminium- :!;2 O,JI\;::::::::::::1==?:=:;~==?='=:ij
625°C
Mangan-Legierungen ist durch P. A.
6000C
BECK und Mitarbeiter besonders ein-
~~~2-~-~-~-~-Lmi~n-J~~5
gehend untersucht worden [66, 90].
Diese Untersuchung hat gezeigt, daß
fein disperse Al 6Mn-Heterogenitäten Abb. 293. Durchschnittliche Korngröße
von AIMn (1 % Mn) in Abhängigkeit von
die nach primärer Rekristallisation ent- Glühdauer und Glühtemperatur
standenen Korngrenzen verankern. (nach P. A. RECK [90]).

Während der Glühung von primär re-


kristallisierten Blechen bei Temperaturen nahe unter der Löslichkeit;;-
grenze tritt lokal ein in Lösunggehen dieser Partikel auf, worauf das
Wachstum großer Kristalle einsetzt (Abb. 293).
Auch hier wieder hat man also als Ursache der sekundären Rekristalli-
sation das Vorhandensein einer anfänglichen Hemmung des Kornwachs-
tums, welche durch Inlöimnggehen der hemmenden Komponente auf-
gehoben wird.

3.263 Situation bezüglich einer einheitlichen Theorie des Mechanis-


mus der Rekristallisation des Aluminiums. Aus dem bisher Gesagten ist
bereits verständlich, warum eine einheitliche Theorie, welche das Rekri-
"tallisationsverhalten des Aluminiums sogar vorhersagen kann, bisher
nicht zustande gekommen ist. Zahlreiche der publizierten Arbeiten weisen
Ergebnisse auf, die wegen der Unterschiede in der thermischen Vorge-
I-'chichte des zur Rekri;;talli;;ation gebrachten Materials nicht vergleichbar
364 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

oder sogar diametral entgegengesetzt sind. Dies erkennt man beispiels-


weise, wenn man den Einfluß eines bestimmten Legierungszusatzes auf
die Rekristallisation anhand der Untersuchungen verschiedener Autoren
miteinander vergleichen will.
Während z. B. in einer Untersuchung festgestellt wird, daß Kalzium-
zusätze von 0,2% eine starke Erhöhung der Rekristallisationstempera-
tur bewirken [53], wird in einer anderen Untersuchung (ebenso mit Recht)
gefunden, daß ein Kalziumzusatz von 0,2% die Rekristallisationstempe-
ratur sehr stark erniedrigt (sogar bis auf Raumtemperatur) [55]. Die
Unterschiede der beiden zitierten Arbeiten liegen insbesondere darin, daß
in der zweitgenannten Arbeit das Material vor der Kaltverformung einer
langsamen Abkühlung von z. B. 500 oe auf 250 oe unterworfen und
hierdurch in ein weitgehend heterogenes Gefüge überführt wurde,
während dies bei der erstgenannten Arbeit nicht der Fall war.
Man erkennt hieraus sofort den dominierenden Einfluß der thermi-
schen Vorgeschichte. Aber andere Faktoren können ebenso maßgebend
sein, wie z. B. die Legiernngszusammensetzung oder die Temperatur-
Zeit-Kurve der Weichglühung. Wenn man somit die Rekristallisation in
Abhängigkeit von scheinbar einer einzigen Variablen (z. B. eines Kal-
ziumzusatzes) untersucht, so sind gemäß Tab. 27 in Wirklichkeit etwa
8 weitere Variable mehr oder weniger unbemerkt in dem Untersuchungs-
programm enthalten.
Hierbei ist schließlich noch zu berücksichtigen, daß der Verteilungs-
zustand von Legierungsatomen als eine der wichtigsten Einflußgrößen
sich bereits während des Aufheizens auf die Rekristallisationstemperatur
und erst recht während der Weichglühung ändern kann.
Eine weitere Komplikation für die Aufstellung einer Theorie der
Rekristallisation ergibt sich daraus, daß eine bestimmte Einflußgröße
stark unterschiedlich auf Keimbildung und Kornwachsturil einwirken
kann (wie in Abb. 283 für den Fall von Magnesiumzusätzen beschrieben).
Somit steht man vor folgender Situation:
Für die Halbzeugfertigung und Verarbeitung von Halbzeug braucht
man an sich eine übersichtliche und möglichst einfache Theorie über
die Rekristallisationsvorgänge bei Aluminium und Aluminiumlegie-
rungen.
Da eine wirklich übersichtliche Theorie vorerst nicht bereitgestellt
werden kann, gibt es zwei Möglichkeiten, die Rekristallisationsvorgänge
in der Praxis zu steuern: Entweder man stützt sich auf empirische Ver-
suchsserien (was heute hauptsächlich geschieht), oder man erarbeitet sich
ein gewisses Verständnis der Elementarvorgänge, welche den Rekristalli-
sationsablauf bewirken. Hat man sich für den letzteren Weg entschieden,
so wird man sich allerdings im allgemeinen damit begnügen, einige der
steuernden Faktoren zu analysieren.
Lit. S. 371] 3. Erholung und Rekristallisation 365

Ein wichtiger Faktor ist die bei fast allen Aluminiumwerkstoffen


feststellbare Hemmung des Kornwachstums durch übersättigt gelöstes
beziehungsweise in feinen Agglomeraten vorliegendes Eisen oder durch
eine zweite Phase in einer feinen Dispersion.
Hierfür werden wir im folgenden zwei Beispiele kurz resurnieren :

Einfluß des A1L88cheidungszustandes des Eisens.


Bereits bei der Besprechung von Abb. 288 wurde darauf hingewiesen,
daß über die strukturelle Anordnung, in welcher die Eisentome eine
maximale Hemmung der Rekristallisation bewirken, noch keine Klar-
heit besteht!. Jedoch kann man generell feststellen, daß eine Reihe von
Maßnahmcn, welche die Ausscheidung (oder die Vergröberung der Aus-
scheidung) des Eisens bewirken, gleichermaßen die Rekristallisation er-
leichtern. Mit einer solchen Arbeitshypothese kann man dann den Ein-
fluß einer Veränderung der Legierungszusammensetzung, der Barren-
anwärmungs- oder Warmwalztemperatur oder einer Zwischenglühung
auf das Vorliegen piner wirksamen Rekristallisationsbremse einiger-
maßen vorhersagen. Oder man kann auf dieselbe Weise verstehen,
warum ein bestimmtes Material mit zunehmender Glühtemperatur grob-
körnig wird, während dies bei einem scheinbar gleichen Material mit
einpr einzigen Variantf' in dpr Vorbehandlung nicht der Fall ist.

Einfluß des Dispersionsgrades der FJ-Phase in Al-eu-Legierungen


R. D. DOHERTY und ,}. W. MARTIN [114] haben den Einfluß des Disper-
sionsgrades von Ausscheidungen der B-Phase in Aluminium-Kupfer-Le-
gierungen (mit 3 bis 5% Cu) auf den Verlauf der Rekristallisation ver-
folgt. Zum Vergleich wurde eine einphasige Aluminium-Kupfer-Legierung
mit 0,49% Cu untenmcht. Dieser Kupfergehalt entsprach dem gelösten
Kupfergehalt in der Matrix der zuvor genannten Legierungen bci der
gewählten 'Veichglühtemperatur von 305°C.
Ein Gefüge mit groben FJ-Ausscheidungen rekristallisierte rascher
als das einphasige Gefüge. Je feiner die Dispersion der B-Phase war,
umso stärker wurde clie Rekristallisation gegenüber dem einphasigen
Gefüge verlangsamt. Eine Verringerung des mittleren Abstandes der
B-Phase auf ein Viertel ergab z. B. eine Steigerung der Zeit, bis zu der
.'50% des Gefüges rekristallisiert war, um den Faktor 105 und eine Korn-
vergröberung des I't,kristallisierten Gefüges um den Faktor 10 3 .

1 Eine mögliche Erklärung geht davon aus, daß das im Mischkristall übersättigt
gelöste Eisen sich in wandernden Korngrenzen ansammelt oder ausscheidet und hier-
durch deren weitere Bewcgung hemmt. ~ Die im folgenden wiedergegebenen Befunde
an Aluminium-Kupfer-Legierungen [114] sprechen allerdings dafür, daß feinste Aus-
scheidungen einer bestimmten Dispersion die maximale Hemmung der Rekristalli-
Ration bewirkcn.
366 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371

Somit kann die Anwesenheit einer zweiten Phase je nach ihrem


. Dispersionsgrad die Rekristallisation erleichtern oder erschweren.
Die genannten Autoren weisen darauf hin, daß der Dispersionsgrad
einer zweiten Phase in dreierlei Weise die Rekristallisationsgeschwindig.
keit beeinflussen kann:
1. Unterschiedliche Kaltverfestigung vor Beginn der Rekristallisation.
II. Einfluß auf die Keimbildung.
III. Einfluß auf das Keimwachstum (durch "pinning" von Korngrenzen).
Gemäß den Ergebnissen von R. D. DOHERTY und J. W. MARTIN sind im
vorliegenden Fall insbesondere die Faktoren II und III zu beachten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung der ge·
nannten Autoren, daß ein Rekristallisationskeim nur dann weiter·
wächst, wenn er eine gewisse Mindestgröße erreicht hat, bevor er auf
die ersten Partikel einer zweiten Phase stößt.
3.264 Mechanismus der Korngrenzenverschiebung bei der Rekristalli-
sation. Über die Gesetzmäßigkeiten, welche bei der Rekristallisation die
Bewegung der vorliegenden Großwin·
kelkorngrenzen bewirken, sind am Alu·
minium viele Studien durchgeführt
worden. Wir beschränken uns darauf,
einige typische Untersuchungen dieser
Art kurz zu zitieren und verweisen ins·
besondere auf Arbeiten von P. A. BECK,
P. R. SPERRY und Mitarbeitern, sowie
K. LÜCKE [26, 27, 66, 70 bis 74, 90].
Bei der Korngrenzenverschiebung
im Verlauf der Rekristallisation kann
man zwei grundsätzlich verschiedene
Fälle unterscheiden: Das Wachstum
Abb.294. Wachstum eines primär rekri· des rekristallisierenden Kornes in das
stallisierten Korns (linker Bildteil). Reinst·
alnminium. Kaltwalzgrad 12%. Glühtern· kaltverformte Gefüge und das gegen·
peratur 350 "e, Glühzeit insgesamt 150 Mi· seitige Aufzehren rekristallisierter
nuten. Innerhalb der genannten Glühzeit
sind die 4 sichtbaren Zungen nacheinander Körner. Die treibende Kraft ist in bei·
in das kaltverformte Gefüge (rechter Bild· den Fällen verschieden.
teil) hineingewachsen
(nach P. A. BECK [27]). P. R. SPERRY hat eine Methode
entwickelt, die es gestattet, das Wachs.
tum von Korngrenzen während der Rekristallisa tion metallogra phisch
zu verfolgen [73]. Durch Anwendung dieser Methode wurde bei der Re·
kristallisation von Reinstaluminium z. B. folgendes gefunden [90]:
Bei der primären Rekristallisation wachsen die Körner jeweils in eine
solche Richtung, daß die in Frage kommende Korngrenze sich vom Zen·
trum ihrer Krümmung entfernt (Abb. 294). Die Zunahme der Ober·
Lit. S. 371J :1. Erholung und Rekristallisation 36i

flächenenergie eines bei der primären Rekristallisation wachsenden


Kornes wird durch die Abnahme der Verformungsenergie im aufgezehr-
ten Bereich überkompensiert [721, Teilweise wird angenommen, daß die
Oberflächenenergie der im kaltverformten Gefüge vorliegenden Sub-
körner als Zugkraft wirkt 126].
Bei der Kornvergröberul/g ist es genau umgekehrt. Nunmehr wachsen
die Korngrenzen in Richtung auf ihren Krümmungsmittelpunkt zu. In
diesem Fall scheint die treibende Kraft für die Korngrenzenverschie-
bung in der Oberflächen-
spannung zu liegen, welche
bei emem Kornwachstum
gern. Abb. 295 abnimmt.
Die Bewegungsgeschwin-
digkeit V einer bei der Re-
kristallisation wandernden
Korngrenze kann in erster
~äherung dem Produkt aus
der treibenden Kraft Kund
der Beweglichkeit einer Korn-
grenze B gleichgesetzt wer-
den [.901:
Abb. 295. KOfllyergröberung von Reillstaluminium wäh-
rend der Weichglühun~ (scheutati:;ch gezeiehnef, nach
mikroskopischen Beob"chtun~en) (nach P. A. HECK und
P. R. SPERRY [72]).
P.A. BECK hatdie Beweg-
Position 1: 2 Minuten bei 600 ce weichgeglüht (primäre
lichkeit der Korngrenze und I{ekristallisation ahgeschlossen): Position 2 : Nach zusät7--
außerdem die treibende liC'hen :30 Spkunden Glühung bei 600°(1.

Kraft K für die versehiede-


nen Stadien der Rekristallisation separat analysiert.
Beispielsweise nimmt die Wirksamkeit einer gegebenen Dispersion
einer zweiten Phase (oder übersättigt gelöster Legierungsatome) mit
Abnehmen der treibenden Kraft für die Korngrenzenbewegung deutlich
zu. Beim Kornwachstum im Anschluß an die primäre Rekristallisation
nimmt die treibende Kraft mit zunehmender Korngröße stetig ab, und
wenn die treibende Kraft. der hemmenden Wirkung der vorliegenden Aus-
scheidungsform gerade entspricht, hört das Kornwachstum ganz auf.
und die maximale Korngröße der primären Rekristallisation ist er-
reicht [66, .t)o I.
Bei der primären Rekristallisation ist die treibende Kraft etwa um den
Faktor 10 2 größer als beim weiteren Wachstum der Körner im vollständig
rekristallisierten Gefüge. Daher kommen bei der Umlagerung des kalt-
verformten Gefüges durch Rekristallisation nur besonders hoch wirk-
same Arten der Dispersion der hemmenden Phase zur Auswirkung, wäh-
368 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. :l71

rend beim weiteren Kornwachstum eine breitere Skala von Verteilungs-


zuständen der Legierungsatome hemmend wirken können.
Die Korngrenzenverschiebung bei der sekundären Rekristallisation
erfolgt nach P. A. BECK [90] und J. E. BURKE [103] durch die Korn-
grenzenspannung, die an den Kanten der größeren Kristalle einwirkt, um
diese und die mit ihnen verbundenen
Korngrenzen zu verschieben.
Es gibt zwei Mechanismen (I, 11),
welche bewirken können, daß bei der
sekundären Rekristallisation nur em-
zeIne "Riesenkörner" wachsen:
I. Wenn in einem feinkörnig primär
re kristallisierten Gefüge gleichmäßiger
Korngröße einige Körner vorhanden
sind, die sich durch ihre besondere Orien-
tierung' durch ihre Größe oder durch
das örtliche Fehlen einer hemmenden
Abb. 296. Inselkristall in Zwillingslage in
einer Matrix mit hochorientierter Würfel- Dispersion von den übrigen unterschei-
textur. Reinstaluminium rekristallisiert, den, so können diese Körner unter Auf-
danach auf Orientierung der Körner geätzt
(nach ALUSlJISSE [118]). zehrung der umliegenden Körner wach-
sen. Bei Reinaluminium und Alumini-
umlegierungen scheint am ehesten das während der Glühung erfol-
gende Inlösunggehen der hemmenden Dispersion das lokale Kornwachs-
tum auszulösen: Das Inlösunggehen der hemmenden Dispersion kann
durch die verbliebene Kornseigerung des Gußgefüges oder durch andere
Gründe örtlich starke Unterschiede aufweisen. Solche Korngrenzen be-
ginnen im Verlauf der sekundären Rekristallisation zu wandern, an
denen die hemmende Ausscheidung oder Ansammlung von Fremdatomen
soeben in Lösung gegangen ist.
Ir. Da die angreifende Kraft relativ schwach ist, genügt die vor-
handene Wachstumshemmung, die Grenzen zwischen relativ kleinen
Körnern festzuhalten , während z. B. die gemäß Mechanismus 1 entstan-
denen größeren Kristalle infolge der für sie bereits größeren Kraft der
Korngrenzenenergie rasch weiterwachsen, wobei einige Riesenkörner ent-
stehen [90].
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß auch eine ausgeprägte
Textur die sekundäre Rekristallisation begünstigt [67, 70, 79].
Ein Textureffekt kommt beim Kornwachstum z. B. darin zum Aus-
druck, daß Korngrenzen, welche zwei Kristalle bestimmter gegenseitiger
Gitterorientierung trennen, sehr unbeweglich sein können. Falls die
Orientierungsdifferenz zwischen beiden Körnern sehr gering ist, oder falls
die beiden Körner zueinander annähernd eine Zwillingsstellung haben,
Lit. S. 371 3. Erholung und Rekristallisation 369

kann ein Korn von einem anderen rekristallisierten Korn vollständig um-
geben sein, ohne auch bei langem Glühen aufgezehrt zu werden. Abb. 296
zeigt einen auch nach langer Glühung nicht aufgezehrten kleinen Kristall,
der sich in Zwillingslage zu dem umgebenden Gefüge befindet.
Eine Reihe von Beobachtungen betrifft sodann den Einfluß der
Probendicke auf die Korngröße. In Abb. 297 ist zu erkennen, daß das
Kornwachstum zwei verschie-
denen Gesetzmäßigkeiten folgt.,
je nachdem, ob die Korngröße
kleiner als die Blechdicke Ü;t. odpr
diese in et.wa erreicht..
Im ersteren Fall gilt folgende
empirische Beziehung für den
mittleren Korndurchmesser D
als Funktion der Glühdauer t:
D = O. tll •
o und n sind dabei zeitunabhän-
gige Parameter, wobei 0 sehr
stark temperaturabhängig ist,
während n bei reinen MetalIpll
annähernd konstant ist [90]. 0.70,2 5 25 125 5Z5 min 15525
:vrallerkenntin Abb. 297, daß Glühdauer
AbI>. 2\)7. Mittlerer Korndurchme""er von Reins!'-
(las Kornwachstum im Anschluß aluminium A199,997 in Abhängigkeit von der Glüh-
an die primäre Rekristallisat.ion zpit bei verschiedenen Glühtemperaturen. Blech-
tlieke 0,5 unu. Es ha.ndelt sich Uln gleiehmäßig(:'~
zum Stillstand kommt, sobald Kornwachstnlll im Anschluß an die primäre Re-
der Korndurchmesser die BleC'h- kristallisation (nach 1'. A. RECK [UOj).
dicke erreicht hat.
Die Erklärung dieser Beobachtung scheint darin zu liegen, daß auf
Grund der Grenzflächenspannung während des Glühens kleine Einker-
bungen entlang der Schnittlinie von Korngrenzen und Probenoberfläche
entstehen. Daher bleiben Korngrenzen, welche die Probenoberfläche
prreichen, an diesen Einkerbungen hängen und bewegen sich bis zum
Abschluß des Kornwachstums ruckweise fort [90, 104].
Bei sehr dünnen Proben wird der Oberflächeneinfluß dominierend
für das Eintreten der Rekristallisation.
Aus elektronenmikroskopischen Untersuchungen an abgedünnten
Folien ist bekannt, daß Reinaluminiumfolien unterhalb von 5 :-tm und
Folien aus zonengeschmolzenem Aluminium unterhalb 0,15 [Lm Dicke
nicht mehr rekristallisieren [113J.
Im allgemeinen können Körner erst bei der sekundären Rekristalli-
sation in der Blechebene Durphmesser erreichen, die wesentlich größer-
:;ind als die Blechdipke.

24 Altenpohl, Aluminium
370 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 371]

Abgesehen von den Einkerbungen an Korngrenzen, sind eine Reihe wei-


terer Oberflächeneffekte bei der Rekristallisation zu berücksichtigen, allein
deswegen, weil die Oberflächenzone nach Kaltverformung meistens eine
stärkere Verformung aufweist als das Innere des Gef üges. Auch bei sorgfältig
hergestellten Einkristallen findet man, daß die Keimbildung vorzugsweise
von der Oberfläche ausgeht [95]. Auch die Rauhigkeit der Oberfläche hat
Einfluß auf den Verlauf der Rekristallisation: Die Geschwindigkeit, mit der
ein Korn, welches die Oberfläche erreicht hat, wächst, ist um so niedriger,
je rauher die Oberfläche ist (bewirkt z. B. durch Ätzbehandlung) [107].
Bezüglich des Ursprungs der Rekristallisationskeime im Aluminium
gibt es vorerst noch relativ viele Widersprüche [27, 76,90, 91, 92].
Sodann ist festzuhalten, daß über die Aktivierungsenergien der Re-
kristallisationsvorgänge keine allgemeingültigen Angaben gemacht werden
können wegen des ungeklärten Einflußes zahlreicher Faktoren, z. B. der
Temperatur oder von Verunreinigungen (siehe z. B. Abb. 501 und 503,
S.627, 629): diesbezügliche Angaben in der Literatur bedürfen oftmals
der kritischen Prüfung [90].
Bezüglich der Gesetzmäßigkeiten, welche die Keimbildung und das
Kornwachstum in Abhängigkeit vom Kaltverformungsgrad, von der
Glühtemperatur und von der Glühzeit betreffen, verweisen wir im
übrigen auf die Spezialliteratur, insbesondere auf Arbeiten von P. A.
BECK [27, 90] und W. G. BURGERS [77, 91, 94] sowie auf Arbeiten von
K. LÜCKE und F. HAESSNER r74, 75].
Im folgenden geben wir einige charakteristische Befunde kurz wieder:
Es ist zu beobachten, daß der Vorgang der Polygonisation in Kon-
kurrenz mit dem der Rekristallisation steht. Im Falle der Rekristalli-
sation "in situ" läuft die Polygonisation vollständig ab, ohne daß es zu
einer Rekristallisation kommt. Ob ein kaltverformter Einkristall zur Re-
kristallisation gebracht werden kann, hängt von dem Ausmaß der zuvor
abgelaufenen Polygonisation ab, welche das Einsetzen der Rekristallisa-
tion in gewissem Ausmaß oder vollständig inhibieren kann [105]. Dies
scheint der Grund zu sein, daß es beim Reinstaluminium relativ schwierig
und oft unmöglich ist, durch Rekristallisation und Kornwachstum Ein-
kristalle zu züchten, während dies bei tieferen Reinheitsgraden, bei denen
die Polygonisation wesentlich langsamer voranschreitet, ohne weiteres
gelingt (z. B. bei Al 99,8) [106, 109, 110, 115].
Durch das Aufbringen einer Spannung (z. B. Zugspannung) kann das
Einsetzen sowie das Fortschreiten der Rekristallisation stark verlangsamt
oder sogar abgestoppt werden [99]1.
1 Interessanterweise bewirkt eine überlagerte Spannung dagegen eine starke
Beschleunigung von Subkornwachstum und Entfestigung. Hieraus erkennt man,
daß diese von einem gänzlich anderen Mechanismus gesteuert werden als die
Rekristallisation.
Literatur zu Kapitel B 3 371

Verlangsamend wirkt auch eine Unterbrechung der Glühbehandlung,


und zwar um so stärker, je größer der hierbei angewendete Temperatur-
unterschied ist, und je länger die Pause zwischen den Glühbehandlungen
andauert.
Daher findet man stark unterschiedliche Wachstumsgeschwindig-
keiten, je nachdem, ob das Kornwachstum ohne Abkühlung verfolgt
wird (z. B. mit einer röntgenographischen Methode), oder ob das Gefüge
periodisch abgekühlt, geätzt und anschließend wieder weiter geglüht
wird [87, 93]. Im ersteren Fall ist die Wachstumsgeschwindigkeit einer
Korngrenze bei der primären Rekristallisation eines Einkristalls kon-
stant, während bei der zweitgenannten Methode die Wachstumsgeschwin-
digkeit nach jeder Unterbrechung abnimmt.
Die so hervorgerufene Verlangsamung der Rekristallisation wird teil-
weise auf eine Leerstellenreaktion zurückgeführt: Hierbei wird vermutet,
daß bei der zyklischen Wärmebehandlung Leerstellen in kleinen Hohl-
räumen kondensieren. welche gemäß Abb.64 auf S.83 ebenso wie
eine zweite Phase die Rekristallisation z. B. von Reinstaluminium ver-
langsamen.
Andere Autoren gehen davon aus, daß thermische Zyklen Spannungen
erzeugen, welche die Rekristallisationsgeschwindigkeit verlangsamen.
Außerdem ist immer damit zu rechnen, daß durch zyklisch-thermische
Behandlung die Verteilung der Verunreinigungen geändert wird [107].
Die Kinetik der Rekristallisation ist wiederholt untersucht worden,
ohne daß bisher einheitliche Ergebnisse erhalten wurden [44, 52a, 75,14,
89,90,96].
Z. B. ist die Beantwortung der Frage, ob eine vorherige Erholung bei
einer anschließender Rekristallisation die Keimbildung oder das Keim-
wachstum deutlich beeinflußt, weitgehend von den anwesenden Legie-
rungselementen abhängig. Bei Reinstaluminium mit 20% Kaltverfor-
mungsgrad konnte z. B. kein Einfluß der vorherigen Erholung auf die
Rekristallisation festgestellt werden [3].
Auch das Verformungsverfahren hat einen deutlichen Einfluß auf den
Verlauf der Rekristallisation, z. B. wurde bei einem Vergleich gleich
großer Kaltverformungsgrade die Korngröße nach Rekristallisation bei
gestreckten Material als temperaturabhängig gefunden, dagegen beim
gewalzten Material nicht [98].

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[114] DOHERTY, R. D., u. J. W. MARTIN: J. lnst. Met. 91 (1963) 332.
[115] BARBER, D. J., H. J. LAMB u. A. T. THOMAS: Preparation of Aluminium
Single Crystals, Banbury Alcan Res, Bull. Mai 1962.
[116] IGARAsffi, 1., u. T. IGARASHI: Metall. Abstr. on Light Metals and Alloys 1956-
1960, 1 (1962) 18.
[117] CHOSSAT, H.: Rev. Met. 47 (1950) 167,306,343.
[118] PERRYMAN, E. C. W.: J. Metals 7 (1955) 369.
[119] ZOLLER, H.: Metall 11 (1957) 378.

4. Feinstruktur und Texturen


4.1 Feinstruktur-Untersuchungen mit Röntgenstrahlen
Von F. Rohner, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

Im folgenden werden einige zur Untersuchung der Feinstruktur des


Aluminiums besonders geeignete Methoden beschrieben. Auf die Textur-
bestimmung wird nicht eingegangen (siehe dazu S. 384).

4.11 Messung der Gitterkonstante


Aluminium kristallisiert kubisch-flächenzentriert. Seine Gitterkon~
stante beträgt 4,0496 A bei 25°0 [1,2,5] (= 4,0414 kX). Abb. 298 zeigt
den Verlauf der Gitterkonstante als Funktion der Temperatur [6, 6a].
Aus der röntgenographisch bestimmten Gitterkonstante a läßt sich
die sog. Röntgendichte (!" nach der Gleichung
Z·A
e. = N. a3
Lit. H. 424 4.1 Feinstruktur-rntersuchungen mit Röntgenstrahlen 375

berechnen (Z = Zahl der Atome in der Elementarzelle, a 3 = Volumen der


Elementarzelle, A = Atomgewicht, N = LoscHMIDTsche Zahl). Bei 25 °0
beträgt [!x = 2,6980 gjcm 3 Abb 298 zeigt ihren Verlauf von 0 bis 600°0.
Aus dem Vergleich der tatsächlichen Dichte mit der Röntgendichte
kann man Schlüsse auf die An- oder Abwesenheit gewisser Gitterfehl-
stellen ziehen. Für rekristallisiertes zonengeschmolzenes Aluminium
fandenM. E. STRAUlVJANIS und T. EJIMA
4,14 r;::--,------,-----,------,------,------, 2,70
[3] nach der Auftriebsmethode eine a g/cm3
Dichte von 2,6981 gjcm:J, also praktisch 4,13
Übereinstimmung mit der Röntgen- 4,12
dichte. Fürrekristallisiertes 99,99%igetl
Aluminium lag die Dichte mit 2,6993
gjcm 3 gesichert höher. Dieser Befund
ist mit dem Gehalt an schwereren
Atomarten zu erklären. Bei freier
Reckung [4J und beim vValzen des
Aluminiums beobachtet man im all- 4,07

gemeinen eine Abnahme der Dichte.


+-_1
4,06 -
wie sie auch bei anderen :\fetallen ge-
4,05 -
funden wurde. SiE' entsteht durch die
Bildung von Versetzungen und Leer- 4oq '----'---~,,___----'-,------'-----'---,,~ Z,50
'0 100 500 oe 600
stellen, die gegenüber gebildeten Zwi-
schengitteratomen überwiegen. Ab. 298. Gitterkonstante a und Röntgen-
dichte Qx des Aluminiums als Funktion
Davon abweichend geben M. E. der Temperatur.
STRAUMANIS und T. EJIMA [3] eine
Zunahme der Dichte von 2,6993 auf 2,7004 gjcm 3 an, wenn das weiter
vorne erwähnte rekristalli~icrte Aluminium zu Draht von 0,3 mm Durch-
messer kalt gezogen wird. Die Autoren deuten diesen Befund mit der
Annahme, daß beim Drahtziehen die Bildung von Zwischengitteratomen
jene von VersetzungE'n und Leerstellen überwog.
Die Gitterkonstante des Aluminiums wird durch Legierungskompo-
nenten verändert, sofern diese Mischkristalle mit ihm bilden. Fremd-
elemente, die gegenüber dE'm Aluminium einen kleineren Atomradius auf-
weisen, verursachen in der Regel eine Kontraktion, solche mit größerem
Atomradius eine Dilatation. In Tab. 29 sind die Gitterkonstanten von
Mischkristallen des Aluminiums mit verschiedenen Partnern aufgeführt. 1
Aus dem Unterschied der Gitterkonstante gegenüber jener von Reinst-
aluminium wunLP die in der sech;.;ten Kolonne angegebene Gitterkon-
stantenänderung für 1 Atomprozent und 1 Gewichtsprozent jedes
Zusatzclementes berechnet. ~Für jedes Legierungselement ist in der zwei
ten Kolonne auch sein Atomradius angeführt. Es besteht kein einfacher

1 S. a. W. P. PEARSON, Handbook of Lattice Spacings [9].


376 B. .Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Zusammenhang zwischen Atomradius des Zusatzelementes und der


Gitterkonstantenänderung.
Den in Tab. 29 wiedergegebenen Zahlen läßt sich entnehmen, daß die
in 99,99 %igem Reinstaluminium normalerweise vorhandenen Bei-
mengungen die Gitterkonstante nicht meßbar beeinflussen können. Eine
Probenreinheit von 99,99% ist also hinreichend zur Ermittlung der von
Beimengungen unbeeinflußten Gitterkonstante des Aluminiums.

Tabelle 29. Beeinflus8ung der Gitterkonstante des Aluminium8


durch Mi8chkri8tall-Partner
Atomradius r für Veränderung von aAl
Koordlna tions- Konzentration Gitterkon-
Partner stante a pro 1 Gew.% pro 1 At.% Lit.
zahl 12
in Ä Gewichts-% I Atom· % bei 25'C Ä Ä

Al 1,43 - - 4,0496 - - [1]


Ag
Zn
Cu
1,44
1,37
1,27
20
25
5,5
5,0
10,3
2,33
4,0496
4,0383
4,0373
°
-0,0005
-0,0022
-0,0011
-0,0053
° [5]
[6]
[6]
Si 1,34 1,0 0,96 4,0478 -0,0018 -0,0019 [9]
Mn 1,31 1,25 0,61 4,0452 -0,0035 -0,0072 [8]
Cr 1,28 0,60 0,31 4,0460 -0,0060 -0,0116 [6]
Mg 1,60 15,35 17,0 4,1305 +0,0053 +0,0048 [7]

Gitterkonstantenmessungen bei verschiedenen Temperaturen können


dazu herangezogen werden, den Wärmeausdehnungskoeffizienten !Xx
1 da
= -;; dT zu bestimmen. Bei Raumtemperatur ergibt sich befriedigende
übereinstimmung mit dem dilatometrisch gemessenen Ausdehnungs-
1 dl
koeffizienten !Xl = I d T· So finden M. E. STRAUMANIS und C. H. CHENG [10]
zwischen 10 und 60°C ein !Xx = 22,8 .10-6 und M. WILKENS [7] zwischen
15 und 35°C ein !Xx = 22,6·· 10-6 , während neuere Messungen von
D. F. GIBBONS [8] bei Raumtemperatur ein !Xl = 22,6 . 10-6 ergaben.
Bei höheren Temperaturen, etwa ab 400°C, ist !x z < !X 10 weil die mit
steigender Temperatur zunehmende Bildu:J.g von Gitterleerstellen die
makroskopische Ausdehnung, zusätzlich zur eigentlichen Gitterauf-
weitung, verstärkt.
Durch entsprechende Vergleichsmessungen der beiden Ausdehnungs-
koeffizienten bis dicht unter den Schmelzpunkt des Aluminiums gelang-
ten R. O. SIMMONS und R. W. BALLUFFI [11] zur Abschätzung einer oberen
Grenze für die Leerstellenkonzentration im Aluminium dicht unter dem
Schmelzpunkt: 9,4· 10-4 •
Die Bestimmung der Gitterkonstante kann auch zur Messung von
inneren Spannungen herangezogen werden [12, 15]. Die Ergebnisse solcher
Lit. S. 424] 4.1 Feinstruktur-Untersuchungen mit Röntgenstrahlen 377

Messungen zeigen allerdings prinzipielle Unterschiede gegenüber jenen


anderer Methoden, z. B. durch stufenweises Ausdrehen und darauf-
folgende Messung der äußeren Dimensionsänderungen [13] oder durch
Messung mit Dehnungsmeßstreifen erhaltener Werte. Es gibt zwei
Gründe für diese Unterschiede. Erstens erfaßt die röntgenographische
Methode nur die elastischen Dehnungen, die meisten anderen Methoden
aber die elastischen und plastischen Dehnungen zusammen. Zweitens
tragen bei der röntgenographischen Methode nur Kristallkörner, die zum
einfallenden Röntgenstrahl geeignet orientiert sind, zur Messung bei.
(Näheres siehe [14].)

4.12 Ermittlung der KOTngräße sowie von Versetzungen

Im folgenden werden Körner und Subkörner gemeinsam behandelt,


denn es gibt keinen scharf definierten Unterschied zwischen beiden, wie
man bei der Rekristallisation in situ deutlich erkennt.
Bei mittleren Korndurchmessern von 1 bis 0,005 mm kann aus Rück-
strahlaufnahmen Aufschluß über die Korngröße gewonnen werden. Die
Resultate sind aber nur als halb quantitative Abschätzungen zu betrach-
ten. Die Kornauszählung an Schliffen unter dem Metallmikroskop ist in
diesem Korngrößenbereich der röntgenographischen Untersuchung vor-
7.uziehen.
Bei Abnahme des mittleren Korndurchmessers von 0,005 bis
0,0005 mm ändert sich im Röntgenogramm praktisch nichts. Die klassi-
schen Röntgenverfahren können deshalb in diesem Bereich keinen Auf-
schluß übcr Korn- und Teilchengrößen geben.
Die im Aluminium auftretenden Korngrößen haben - abgesehen von
pulvermetallurgischen Produkten vom Typ des S. A. P. - bei etwa
0,001 mm Durchmesser ihre untere Grenze. Bei Partikeln von weniger als
ca. 0,01 mm Durchmesser handelt es sich im allgemeinen um Subkörner.
Neben der Elektronenmikroskopie "ind zur Untersuchung der Sub-
struktur auch einige Spezialmethoden der Röntgendiffraktion brauchbar.
Bei einer normalen LAUE-Aufnahme führt jede Netzebenenschar eines
Kristallkorns höchstens zu einem LAUE-Fleck, solange die Subkörner
gegeneinander um weniger als 1 0 verdreht sind. Die gewöhnliche LAUE-
Aufnahme ist deshalb nicht zur Untersuchung von Substrukturen ge-
eignet. A. GUINIER und J. TENNEVIN [17] gaben eine fokussierende LAUE-
Anordnung an. die ein bereits besseres Auflösungsvermögen aufweist [19].
Diese Methode vermag noch Kristallite mit gegenseitigen Verdrehun-
gen herunter bis zu 10 Bogenminuten zu trennen. Dagegen sollten die ein-
zelnen Kristalle Durchmesser wesentlich über 0,1 mm haben, sonst
werden sie nicht getrennt.
378 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Eine auf H. LAMBOT [18, 19] zurückgehende Technik vermag Sub-


körner herunter bis zu etwa 10 [Lm zu trennen; die Verdrehung der Sub-
körner darf dabei nicht kleiner als etwa 20 Bogenminuten sein.
Es gibt zwei Methoden, die auch für Subkorngrößen wesentlich kleiner
als 10 [Lm leistungsfähig bleiben. Die eine stammt von S. WEISSMANN [20).
Seine Anordnung besteht aus einem Doppelkristall-Spektrometer. Der zu
prüfende Einkristall kann als erster oder als zweiter Kristall in das Spek-
trometer eingesetzt werden. Aus der Messung von Linienverbreiterungen
durch die Aufnahme von "Rockingkurven" werden die AnhaUspunkte

~. '

.'

Abb. 299a. Microbeam·Rückstrahl-Aufnahme Abb.299b. Vergrößerter Ausschnitt ans a)


von wenig abgewalztem Reinstaluminium (nach P. B. HIRSCH [23]).
(nach P. B. HIRSCH [23]).

zur Abschätzung von Subkorngrößen und von Versetzungsdichten ge-


wonnen. M. J. HORDON und B. L. AVERBACH [21] untersuchten 99,994%-
ige Aluminiumeinkristalle. Nach 24stündigem Anlassen bei 400 oe wurde
ein mittlerer Subkorndurchmesser von 0,001 mm und eine Versetzungs-
dichte von lOB Versetzungslinien pro cm 2 festgestellt. Im Easy-Glide-
Bereich bis zu Abgleitungen von etwa 10- 3 änderte sich daran wenig. Im
Verfestigungsbereich stieg jedoch die Versetzungsdichte rasch an und
erreichte nach Abgleitungen von 0,3 bis 0,5 die Größenordnung 1010 bis
1011 Versetzungslinien pro cm2 • 1 Die zugehörige Subkorngröße nahm auf
nahezu 10- 4 mm ab.
Eine weitere Methode, die bis zu sehr kleinen Subkorngrößen brauch-
bar bleibt, ist die "Microbeam"-Technik, die von P . B. HIRSCH [16, 22J
entwickelt wurde. Es wird mit einem auf wenige [Lm Durchmesser ausge-
1 Teilweise wird allerdings die Versetzungsdichte im kaltverformten Aluminium
1 bis 2 Größenordnungen tiefer angesetzt, s. S. 221.
Lit. S. 424] 4.1 Feinstruktur-Untersuchungen mit Röntgenstrahlen 379

blendeten Röntgenstrahl in DEBYE-SCHERRER-Anordnung gearbeitet. Da


ein nur sehr kleiner Bereich des Prüflings angestrahlt wird, bleiben die
DEBYE-SCHERRER-Ringe fleckig herunter bis zuSubkorngrößen von 1 [Lm.
Aus der Zahl der Reflexe auf einem DEBYE-SCHERRER-Ring und aus ihrer
Form lassen sich Rückschlüsse hinsichtlich Subkorngröße und Ver-
drehungswinkel zieheIl.
Abb.299a zeigt eine von P. B. HIRSCH [23] gemachte Rückstrahl-
Microbeam-Aufnahme einer nur sehr wenig kaltgewalzten Reinalumi-

Tabelle 30. Mit der 111icrobeam-Technik in kaltgewalztem Reinstaluminium


festgestellte Subkorn-Griißen und -Verdrehungen (nach P. B. HIRSCH U. J. N. KELLAR
[16]).

Abwalzgrad Suhkorngröße 111ax. Yer-


in ~() in (.1.111 drehung in Grad

0 20,0
1,3 4,3 4
:{ 5,2 22
H 2,0 11
;")7 2,0 16

niumprobe. Abb.299b zeigt einen stark vergrößerten Ausschnitt aus


Abb. 299a. In Reinstaluminium ermittelten P. B. HIRSCH und J. N.
KELLAR für verschiedene Abwalzgrade mit dieser Methode die in Tab. 30
aufgeführten Subkorngrößen und Verdrehungs-
winkel.
Aus solchen Microbeam-Aufnahmen lassen sich
aber auch Versetzungsdichten abschätzen. P. GAY,
P. B. HIRSCH und A. KELLY [24] fanden für kalt-
gewalztes Reinstaluminium bei einem Abwalz-
grad von 57% eine Subkorngröße von 2 [Lm und
IA
I
--
eine Versetzungs(lichte von 9· 109 Versetzungs-
linien pro cm 2 .
Eine Röntgenmethode, die geeignet ist, Ver-
8etzungen direkt sichtbar zu machen, die aber
keine Zahlenwerte für die Versetzungs dichte gibt, E
geht auf A. R. LANG [25, 26, 27] zurück. Sie liefert Abb.300.
Schema der Anordnung
ein dreidimensionales Bild der Versetzungsver- von I,ANG.
teilung, das vor allem bei einer niedrigen Ver-
setzungsdichte (unter 10 7 Versetzungen/cm 2 ) recht anschaulich ist. Die
Anordnung geht aus Abb.300 hervor. Ein monochromatischer, kurz-
weIliger Röntgenstrahl A fällt auf die zu untersuchende Einkristall-
probe B. Diese soll nicht zu dick sein, so daß sie einen wesentlichen Anteil
der Röntgenstrahlung durchläßt. Dank der Kurzwelligkeit der verwen-
380 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

deten Röntgenstrahlung (MoK" oder WK",) sind Kristallplättchen von


mehreren mm Dicke durchstrahlbar. Die Kristallprobe ist so orientiert,
daß an einer annähernd senkrecht zur Kristalloberfläche stehenden Netz-
ebenenschar BRAGG-Beugung auftritt. Durch eine geeignete LochblendeC
wird der Primärstrahl A aufgefangen, der gebeugte Strahl D aber zum
Film E durchgelassen. Bei Verwendung einer Feinfokusröhre gibt der
Film die Verteilung des Reflexionsvermögens und die Makro-Mosaik-
struktur innerhalb des Kristalls samt Versetzungen wieder, und zwar in
Grundrißprojektion.
Die besprochenen Methoden zur Untersuchung von Substrukturen
sollten die Möglichkeit geben, den Abhängigkeiten der mechanischen
Festigkeitseigenschaften von Subkorngrößen und Versetzungsdichten
nachzugehen [28]. Auch die Erforschung der Vorgänge des Kriechens und
der Ermüdung wird von vermehrter Anwendung dieser Methoden Nutzen
ziehen [29, 29a].

4.2 Texturuntersuchungen
Von H. P. Stüwe, Aachen

4.21 Texturen, ihre Messung und Darstellung

4.211 Definitionen. Die "Textur" ist die Verteilungsfunktion der


Kristallorientierungen in einem polykristallinen Material. Um sie zu
messen, müßte man also im Prinzip Orientierung und Volumen jedes
einzelnen Kristalliten in einem Haufwerk feststellen und darüber eine
Statistik anlegen. Zeigt diese Statistik, daß jede Kristallorientierung mit
gleicher Wahrscheinlichkeit auftritt, so spricht man von einer "textur-
losen" Probe oder von einer "grauen" Textur.
Ein feinkörniges Material mit grauer Textur verhält sich plastisch
quasiisotrop. Deshalb ist dieser Fall in der Technik vielfach sehr
erwünscht: Aluminiumbleche mit grauer Textur lassen sich z. B. zipfel-
frei tiefziehen. Praktisch ist dieser Fall selten; meist schwanken die
Orientierungen der Kristallite um gewisse typische "Ideallagen". Ist
dabei die Schwankungsbreite klein, so spricht man von einer "scharfen"
Textur. Liegt ein hoher Prozentsatz aller Kristallite in der Umgebung
einer Ideallage, so ist sie "stark belegt". Belegung und Schärfe zusammen
bestimmen die Höhe der Maxima einer Textur; diese Höhe ist ein Maß
für die Anisotropie des Werkstoffes. Abb.301 zeigt die Höhe zweier
für die Texturen von Aluminiumblechen charakteristischer Maxima,
aufgetragen gegen die relative Zipfelhöhe. Die beiden Größen zeigen
deutlich einen Zusammenhang.
Lit. S. 424J 4.2 Texturuntersuchungen 381

Der Extremfall einer tltark belegten und scharfen Textur wäre ein
Einkristall. Es überrascht daher nicht, daß ein Einkristallblech beim
Tiefziehen extrem hohe Zipfel zeigt [31, 120].
Durch eine Ideallage wird die I~age aller drei Raumachsen der Kristal-
lite festgelegt. Nicht allc Texturen lassen sich so beschreiben. Manchmal
ist nur die Lage einer Kl'i"tallachsc im Probekörper festgelegt, während
über die I~age der andercn Achscn nichts ausgesagt werden kann. Eine
solche Textur nennt man "Fascr-
textur" , die am;gezcichnetc Achse 0

die "Faserachse ".


Eine Deutung komplizierter 0 0

Texturen läßt sich manchmal er- a

reichen, indem man die Hauptmaxi- 10


r
o co
ma durch Ideallagen, die Neben-
0
komponenten durch eine überla- 0

gerte Fasertextur beschreibt [32J. 0


Man nennt eine Textur "homo-
gen", wenn sie an allen Stellen des
betrachteten Metallkörpers die 0
0
gleiche ist. Häufig ist das nicht der
Fall. 'Will man bei Tcxturmessun- 0
.~ 00
0

gen die statistische Genauigkeit


~ "graues #iVfau"
erhöhen, indem man über einen lexlurfreier Proben
größeren Ma terialbert'ich integriert, ;:'5 5 7,5 10 Ofo 145
so muß darauf geachtt't werden, re/olive Zipte!Mlie
daß die Textur - wenigtltens in dem Abh. 301. Zipfelhöhe als Funktion der Höhe
üer Maxima üer Textur (nach F. HAESS~ER,
betrachteten Volumen - homo- G. lIIAS!XG H. TI. P. STÜWE [30]).

gen ist.
4.212 Darstellung von Texturen. a) Ideallagen. Die vollständige
Beschreibung einer Textur ist durch eine Verteilungsfunktion V (Xl X 2 X 3)
gegeben. Dabei sind die ,Xl,2.3 die Orientierungsparameter. Vier Variable
lassen Hieh nicht mehr bequem graphisch erfassen, deshalb ist eine ge-
bräuchliche Darstellung von Texturen die Angabe der Ideallagen.
'Wenn man von t'inem Blech sagt, es habe eine starke belegte (100)
[OO1]-Textur, so ist damit gemeint, daß die meisten Kristallite eine
vVürfelfläche etwa parallel zur Blechebene und eine Würfelkante etwa par-
allel zur \Valzrichtung haben. DiesC'r Fall, die "WürfeUage", ist leicht zu
überblicken. weil die ldeallage zur Gestalt des Bleches völlig symmetrisch
ist. Mit (1, :3. ö) [2. 1, f] wäre eine Ideallage bezeichnet, die zur Walz-
richtung, Querrichtung und Blechnormalen nicht symmetrisch liegt. Eine
I"olche Texturangabe hezeichnC't im allgemeinen eine Textur aus vier Kom-
ponenten, yon denen jede eine {1, 3, ö}-Ebene parallel zur Blechober-
fläche und eine (2. 1, j)-Hiehtung in Walz richtung hat.
382 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

b) Polfiguren. Die häufigste Art, solche Verhältnisse graphisch darzu-


stellen, sind die "Polfiguren" im " WULFFschen Netz" . Dazu denkt man sich
eine Probe mit einer Kugel - der "Lagenkugel" - (Abb. 302) umgeben.
Jeder Punkt 0 der Kugelober-
fläche entspricht einer räum-
lichen Richtung in der Probe.
Es wird nun gefragt: Wie groß
ist die Anzahl der (h, k, l)-Netz-
ebenen, deren Normalen die
durch den Punkt 0 angegebene
Richtung haben? So kann man
auf der Lagenkugel ein Häufig-
keitsgebirge auftragen, das die
Verteilung der Normalen derent-
sprechenden (h, k, l)-Netzebenen
in der untersuchten Probe be-
Abb. 302. Darstellung von Polfiguren im schreibt. Schließlich wird dieses
WULFFschen Netz (nach F. HAESSNER [33]). Gebirge für den handlichen Ge-
brauch auf die Äquatorebeneder
Ifo/zrichtilfl
___-"-1--_ Lagenkugel projiziert (0 ~ 0' in
Abb. 302) und dort durch Höhen-
linien dargestellt. Dabei ent-
stehen natürlich verschiedene
Bilder von der gleichen Textur,
je nachdem, welche Gruppe
(h, k, l) von kristallographisehen
a Indizes gewählt wurde. Beim
Aluminium und anderen kubisch-
flächenzentrierten Metallen wer-
den dafür fast ausschließlich
(1, 1, 1) und (2,0,0) benutzt.
Abb. 303a und 303b zeigen als
Beispiel die "Würfeltextur"
eines Bleches in diesen beiden
b Darstellungen. Das ist eine ty-
Abb. 303a u. b. Polfiguren der Würfellage.
pische Textur weichgeglühter
a) (l11)-Pole; b) (200)-Pole. Aluminiumwalzbleche.
o = Ideallage : (100)[001]. Neben diesen ("direkten")
Polfiguren gibt es auch die Dar-
stellung in "inversen" Polfiguren. Soeben hatten wir ein Koordinaten-
system aus der Probennormalen, Walzrichtung und Querrichtung benutzt,
in das die Verteilung der kristallographisehen Pole eingetragen wurde.
Für die inversen Polfiguren wird das Kristallgitter als Koordinatensystem
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 383

gebraucht und die Lage der Probenachsen für jeden Kristalliten einge-
tragen. Auch so ergibt sich ein Verteilungsgebirge, das sich in Höhen-
linien aufzeichnen läßt.
Während bei der einen Dar-
stellung für jede Netzebe-
nenschar eine gesonderte
Polfigur erforderlich ist,
braucht man bei der ande-
ren eine eigene Polfigur für o
(1JJ)
jede Probenrichtung.
In ihren Höhenlinien-
bildern stellen direkte und
inverse Polfiguren Funktio-
nen von nur zwei Veränder-
lichen dar, während die Tex-
tur im allgemeinen eine a
Funktion von drei Verän-
derlichen ist. Deshalb ist
es immer möglich, eine be-
kannte Textur in Polfiguren
darzustellen; nicht möglich
ist es dagegen im allgemei-
nen, aus Polfiguren zwin-
gend auf die Textur zu
schließen. Diese grundsätz- 1rOI--------;;;;;;"*'I~
liehe Schwierigkeit hat z. B.
dazu geführt, daß für die
Walztextur von Aluminium
eine große Zahl verschiede-
ner Ideallagen vorgeschla-
gen wurde. Obgleich beide
Arten von Polfiguren ma- tll
thematisch gleichwertig 101
sind, werden für die Dis- Abb. 304a u. b. Inverse Polfiguren.
a) Verteilung der Drahtachsen in einer gepreßten Alumi·
kussion von Aluminium- nium-Stange (nach L. K .•lETTER u. Mitarb. [34]).
texturen praktisch nur di- b) Orientierung einiger drahtförmiger Einkristalle. Wegen
ihrer geringen Zahl ist eine Höhenliniendarstellung nicht
rekte Polfiguren benutzt. sinnvoll (uach H. LANGE u. K. LÜCKE [36]).
Das liegt daran, daß sie
sich - im Gegensatz zu den inversen Polfiguren - direkt messen
lassen.
In einem Draht hat man nur eine ausgezeichnete Probenrichtung und
kommt also mit nur einer inversen Polfigur aus. Wegen der hohen Kri-
stallsymmetrie des kubisch-flächenzentrierten Gitters braucht man beim
384 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Aluminium. nicht die ganze Polfigur, sondern alle Drahtachsen lassen sich
in einem Orientierungsdreieck unterbringen (Abb. 304a).
Hat die Probe eine Fasertextur, deren Achse mit der Drahtachse
zusammenfällt, so ist Abb. 304a bereits die vollständige Beschreibung der
Textur. Das steht nicht im Widerspruch zu den vorausgehenden Betrach-
tungen, denn die Fasertextur ist eine Funktion von nur zwei Variablen
und kann also durch eine Polfigur vollständig dargestellt werden.
Solche Polfiguren lassen sich auch durch Messungen ermitteln, aller-
dings nicht direkt, sondern über eine rechnerische Auswertung von Meß-
kurven [34, 35].
Inverse Polfiguren sind auch die übliche Darstellungsweise, wenn die
Orientierung drahtförmiger Einkristalle gezeigt werden soll. Ein Beispiel
dafür ist Abb. 304 b.

4.213 Messung von Texturen. In Abb. 305 sei S eine Quelle für Rönt-
genlicht der Wellenlänge A, P die zu untersuchende Probe und Z ein
Zählrohr. Sie sind so angeordnet, daß das
von den (h, k, l)-Ebenen reflektierte Licht
J..""liIi"-;-''-'-'----;x ins Zählrohr fällt. {} ist der zu (h, k, 1) und
SAgehörende Glanzwinkel. Für ihn gilt,
• {} A.
sln --- = -
N 2 2x

Abb.305. Aufnahme von


und in kubischen Kristallen
Polfiguren, schematisch.
S = Strahlenquelle für Licht der Wel- d= a
l'h 2 + k 2 -T- 12
lenlänge Ä; Z = Zählrohr; N = Nor-
malen derrefiektierenden Netzebenen-
(h, k, l); ~ = zu (h, k. I) und Ä gehö-
riger Glanzwinkel. a = Gitterkonstante des Aluminiums.

Die in Z gemessene Intensität J ist proportional der Menge der


(h, k, l)-Ebenen, deren Normalen mit N zusammenfallen. Wäre die Probe
P eine frei im Raum schwebende Kugel, so könnte man nacheinander
jede Proberichtung nach N drehen und die dazu gemessene Intensität
sofort nach Abb. 302 in die {h, k, l)-Polfigur eintragen.
Ist die Probe ein Blech, so läßt sich die Polfigur nicht mehr mit nur
einer Anordnung aufnehmen. Es gibt Probenstellungen, bei denen ein-
fallender und reflektierter Strahl auf der gleichen Seite des Bleches liegen
("Rückstrahlanordnung", Abb. 306a). In anderen Stellungen liegen ein-
fallender und reflektierter Strahl auf verschiedenen Seiten der Probe
("Durchstrahlanordnung", Abb.306b). Die Probengeometrie bewirkt,
daß die ganze Polfigur mit keiner der beiden Anordnungen allein aufge-
nommen werden kann. Der Rand der Polfigur kann nur mit dem Durch-
Lit. 8. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 385

strahlverfahren, ihre Mitte nur mit dem Rückstrahlverfahren abgetastet


werden. Die Grenze zwischen beiden Bereichen sollte man so wählen,
daß an den Meßwerten nur möglichst geringe Korrekturen notwendig
werden. Bei Aluminium hat es sich bewährt, die beiden Bereiche auf einem
Ring 70° vom Zentrum der Polfigur einander anzupassen. Über die Einzel-
heiten des Meßverfahrens und der Korrekturformeln sei auf zusammen-
fassende Darstellungen [37, 38] und die dort zitierten Originalarbeiten

---J

Allb. 306a u. b. Anordnung zur Textur- Abb.307. Aufnahme einer Fasertextur, schematisch
messung, schematisch.
a) Rückstrahlbereich ;
h) DnrrhstrahJhereieh.

hingewiesen. Bringt man an die Stelle Z in den Abb. 305 und 306 statt des
Zählrohres eine Fotoplatte, so läßt sich die dort einfallende Intensität aus
ihrer Schwärzung abschätzen oder ausfotometrieren. Dieses Verfahren
ist weniger genau und auch langwieriger als das Zählrohrverfahren, weil
zur vollständigen Aufnahme einer Polfigur viele Platten belichtet und
ausgewertet werden müssen. Bei einiger Übung und geschickt gewählter
ProbensteIlung kann man jenoch auch aus einer einzelnen Aufnahme auf
den Texturtyp schließen.
Bei Texturmessungen an Drähten wird meist vorausgesetzt, daß es
sich um eine gewöhnliche Fasertextur handelt. Trifft dies zu, dann ist
eine Meßanordnung zweckmäßig [39], bei der die Probe vom Röntgen-
strahl umflutet wird (vgl. Abb. 307). Schon oft [40 bis 43] wurde jedoch
die Möglichkeit erörtert, daß die Textur von Drähten durch Angaben
einer Faserachse nur unvollständig beschrieben sein kann. Eine Möglich-
keit zur experimentellen Nachprüfung zeigt Abb. 308. Der Draht ist längs
aufgeschnitten und die Schnittfläche wird, wie ein Blech, im Rückstrahl-
verfahren untersucht. Links im Bild deuten die kleinen Quadrate eine
(100)-Fasertextur klassischer Auffassung an, darunter die zu erwartende

2.'5 AlknlJoh1, AlullliniullI


386 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

(200)-Polfigur. Rechts im Bild hat der Draht eine "zyklische Würfel-


lage" [43]. Die dazu gehörige Polfigur zeigt nicht gleichmäßig belegte

Abb. 308a u. b. Experimentelle Unterscheidung einer (100)·Fasertextur


und einer zyklischen Würfellage, schematisch (nach H. P. STeWE [44]).

Zonen, sondern einzelne Maxima. Abb. 308 zeigt also schematisch, daß es
mit dieser Methode möglich ist, zwischen einer "echten Fasertextur" und
einer "zyklischen Lage" zu
unterscheiden. Zyklische
Fasertexturen lassen sich
auch nachweisen, indem
man dem Draht eine Probe
in Form einer koaxialen
o Röhre entnimmt, die man
o dann ausbreitet und wie ein
Blech untersucht. So wurde
aus einem rekristalIisierten
Aluminiumdrahtdie Polfigur
Abb. 309 gewonnen [137].

Abb. 309. [111]-Polfigur eines weichge-


glühten Drahtes aus Al 99,99. 96% ver-
formt und '/, h bei 375 oe geglüht
(nach G. I,INSSEN, H. D. MENGELBERG
U. H. P. ST17WE [137]).

Einen ersten Überblick über die Textur einer Probe kann man durch
Ätzverfahren gewinnen. Die Ätzgrübchen haben oft eine geometrische
Form, die mit der Orientierung des angegriffenen Kristalls zusammen-
hängt. G. TAMMANN und J. CZOCHRALSKI haben als erste dieses Verfahren
vorgeschlagen und angewandt.
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 387

M. YAlVIAMOTO [49], H. BICHSEL [50] und F. HAESSNER und W. in der


SCHMITTEN [51] haben ein Verfahren beschrieben, wie das von den Facet-
ten von Ätzgrübchen reflektierte Licht zur Orientierungsbestimmung von
Einkristallen benutzt werden kann. H. BICHSEL beschreibt, wie mit einer
solchen Anordnung Texturmessungen
durchgeführt werden.
Abb. 310 zeigt Ätzgrübchen an der
Oberfläche von Körnern mit einer (110)-
Ebene bzw. mit einer (111)- Ebene etwa
parallel zur Oberfläche.
Von P. R. SPERRY [46] stammt ein
Verfahren, wobei ein optisch anisotroper ..... .-
Oxydfilm elektrolytisch auf die ~Ietall­ .. ~ .~
oberfläche gebracht wird. Die Kristall-
orientierung im Film hängt von der des
., .'
darunterliegenden Aluminiumkornes
100:1
ab. Bei geeigneter Beleuchtung mit po-
Abb. 310. Ätzgrübchen in der Oberfläche
larisiertem Licht erscheinen die einzel- 7.weier Körner. Die daehförmigen Ätzgrüb-
nen Texturkomponentpn in verschie- chen bedeuten, daß eine (110)-Fläehe pa-
rallel zur 0 berfliiche liegt; die Ätzgrübchen
denen Farbe!l. in J;'orm eines gleichseitigen Dreiecks
H. KOSTRON [47J und H. KOSTRON weisen auf eine (111)-Fläche parallel zur
Oberfliiche hin (11",'h ALllSllISSJ,).
und M. SCHIPPERS [481 beschreiben eine
"Schraffurätzung" zum Studium der
Aluminiumtexturen (Abb. 311). Sie be-
ruht darauf, daß ein kolloidaler Kupfer-
niederschlag auf der Metalloberfläche
erzeugt wird, in dem beim Trocknen
Schwindrisse auftreten. Die Richtung
der Risse wird von der Kristallorientie-
rung beeinflußt..

4.22 Gußtexturen

Die Kristalle der kubisch-flächen- Abb. 311. Schraffurätzung AlCuMg


zentrierten Metalle wachsen am schnell- (nach H. KOSTROX u. M. SCHIPPERS [48]).
sten aus der Schmelze, wenn eine (100)-
Achse in Wachstumsrichtung zeigt [52]. Sind die Abkühlungsbedingungen
eines Gußblockes so gewählt, daß die statistische Keimbildung in der
Schmelze unterbunden ist, so entst.eht ein Gefüge aus Stengelkrist.allen
mit dieser für das Wachstum günstigsten Orientierung. Ein solcher Guß-
block hat dann eine (100)-Fasertextur, die Faserachse parallel zur Rich-
tung des \Värmeflusses. 'Wird durch geeignete Führung der Erstarrung

25*
388 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

oder durch Zusatz künstlicher Keime (Titan- und Borsalze) die Ausbil-
dung von Stengelkristallen verhindert, so ist die entstehende Gußtextur
im allgemeinen grau. Einen Überblick über diese Erscheinungen geben
W. ROTH und M. SCHIPPERS [45].

4.23 Warmverjormungstexturen
Über die Textur von Warmwalzplatten machen W. BUNK, K. LÜCKE
und G. MASING [53] die in Tab. 31 wiedergegebenen Angaben.

Tabelle 31. Textur von Warmwalzplatten aus Al99,3 (0,4% Fe; 0,25% Si)
(nach W. BUNK, K. LÜCKE U. G. MASING [53])

Walztemperatur < 400°C > 450°C

Plattenmitte (100) [010]: schwach (100) [010]: stark


(100) [112]: stark (110) [112]: schwach
1 (100) [010] (100) [011]: stark
4 der Plattendicke (110) [112]: schwach
Oberfläche (100) [011] Textur grau, stark
rekristallisiert

Die Entstehung der (100) [Ol1]-Lage als OberHächentextur wird


weiter unten gedeutet werden. Die Befunde im Blechinneren lassen sich so
verstehen: Der Verformuugsmechanismus sorgt für die Bildung der
sogenannten "S-Lage", die hier als (110) [112]-Lage beschrieben wurde,
während die Rekristallisation die Ausbildung der Würfellage fördert
(s. weiter unten). Bei tieferen Temperaturen überwiegt der Einfluß des
Verformungsvorganges, bei höheren der der Rekristallisation. Dabei
laufen wohl nicht beide Vorgänge gleichzeitig ab. Vielmehr wird zunächst
im Walzspalt die Verformungstextur gebildet werden; unmittelbar danach
setzt die Rekristallisation ein und läuft je nach Temperatur und Abküh-
lungsgcschwindigkeit mehr oder weniger vollständig ab.
Die beim Pressen entstehenden Texturen werden allgemein durch
Angaben von Faserachsen beschrieben, und zwar als Mischung einer
(100)- und einer (111)-Komponenten (vgl. Abb.304a). An gepreßten
Rundstangen aus Reinaluminium konnten H. KOSTROK und M. SCHIP-
PERS [48, 54] durch Auswertung der Atzfiguren zeigen, daß die um eine
gemeinsame Achse gedrehten Körner in Kolonien zusammenliegen. Sie
vermuten, daß jede solche Kolonie aus einem Korn des Gußgefüges her-
vorgeht. Die Preßtemperatur lag in einem Bereich, bei dem das ver-
wendete Material teilweise rekristallisiert.
W. HUECK und G. WASSERMANN [124] haben Einkristalle aus Al 99,8
in Strangpreßbolzen mit vielkristallinem Gefüge eingebettet, und die beim
Strangpressen (und Ziehen) auftretenden Texturänderungen beobachtet.
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 389

Die ursprünglichen Einkristalle sind nach der Verformung von Defor-


mationsbändern durchzogen, die in der Hauptsache eine (111 )-Richtung
parallel zur Stangenachse
aufweisen.
über den Einfluß von
Reinheitsgrad, Gießbedin-
gungen und Verformungs-
temperatur auf die Preßtex-
turen des Aluminiums be-
richten J. GREWEN und G.
WASSER1IANN [55]. Danach
ist es offenbar so, daß der An-
teil der (100)-Komponenten
wächst, wenn die Bedingun-
gen für eine rasche Rekristal-
lisation günstig sind, alRo bei
hoher Temperatur und nied-
rigem Gehalt an Verunreini-
gungen.
Man könnte daraus schlie- AbI>. 312. (111)-Polfigur eine,; kaltgewalzten Reinalll-
ßen, daß die (100)-Kompo- lniniumbleched Init eingezeichneten IdeallageIl.
nente der Fasertextur dem '" = (1,3,5)[2,1, Tl • = (0,1,1)[2,1, Tl
o = 0,2,3)[4,1,2] .... = (1,1,2)[1,1. Tl
rekristallisierten Anteil des Oll = (7, 12,22)[8,4, 5J ® = 3,5,8)[5,2, 3]
o = (5,8,14)[11,5, 7J • ~ (4,7, 9)[Il, 4. 71
Materials entspricht. Dage-
gen spricht, daß AICuMg- Walzricl!lvng
Legierungen, die bei der Preß-
temperatur nicht rekristalli-
sieren, ebenfalls eine aus (100)
und (111) gemischte Faser-
textur bilden [48, 54].

4.24 Kaltverjorrnungstexturen
Die Abb. :3l2 und 313 zei-
gen für kaltgewalztes Alumi-
nium (und viele andere ku-
bisch-flächenzentrierte Me-
talle) typische Polfiguren. Zur
Beschreibung der entspre-
chenden Textur sind eine
Reihe verschiedener Ideal-
lagen vorgeschlagen worden,
deren Pole in die Abbildun- AbI>. 313, (200)-Polfigur eines kaltgewalzten Reinaln-
miniuml>leches mit eingezeichneten r deallagen. Zeichen
gen eingetragen sind. Man wie in Abb. 312.
390 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

sieht, daß die meisten sich nur wenig voneinander unterscheiden und auch,
daß sie alle die Polfigur recht gut beschreiben. Ausnahmen davon bilden
eigentlich nur die Lagen (011) [211] und (112) [111], die zu einer Zeit vor-
geschlagen wurden, als nur
das fotographische Verfahren
der Texturbestimmung zur
Verfügung stand. Da die Maxi-
ma z. B. der (111)-Polfigur
nicht genau einen Winkelab-
stand von 70°32' haben, ist es
nicht möglich, eine Ideallage
zu finden, deren Pole gen au in
alle Maxima fallen. (Bei der
Würfellage ist das möglich I).
Da man aus den Polfiguren
die wahre Textur ohnehin nicht
streng ermitteln kann - wie
oben erläutert wurde -- haben
die verschiedenen Autoren we-
nigstens versucht, ihre Ideal-
lage so zu wählen, daß deren
Pole möglichst nahe bei den
Wulzrichlung
Maxima der Polfigur liegen.

4.241 S- und R-Lage. Um


der Verwirrung aus dem Wege
zu gehen, die durch den Ge-
brauch zahlreicher verschie-
dener Indizierungen für die
gleiche Textur entstehen kann,
wurde für den Texturtyp der
Abb. 312 und 313 die Bezeich-
nung "S-Lage" vorgeschlagen
[30].1
Für eine sehr ähnliche Tex-
tur (vgl. Abb. 314a u. b mit 312
u. 313), die jedoch nicht an
b kaltgewalzten, sondern an
Abb. 314a u. b. Polfiguren der R-Lage; Al 99,4 (0,37% Fe, weichgeglühten Aluminium-
0,18% Si) (nach W. BUNK u. P. ESSLINGER [6.5]).
a) (111)-Polfigur; b) (200)-Polfigur. blechen beobachtet wird, hat

1 Die bereits 1941 von J. F. H. CUSTERS [57] vorgeschlagene Bezeichnung


"Z-Lage" bezeichnet die spezielle Indizierung (4, 7, 9) [9, 4,7].
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 391

sich die Bezeichnung "R-Lage" eingebürgert [56]. Bezeichnungen dieser


Art werden der Physiognomie der Polfiguren besser gerecht als die nur
scheinbar genauen Indizierungen der Ideallagen.
Trotzdem muß man sich vorstellen, daß die meisten Kristallite etwa
so orientiert sind, wie es die Ideallagen angeben. Das ergibt sich z. B.
daraus, daß die Ideallagen verschiedene Polfiguren der gleichen Probe
etwa gleich gut beschreiben
(vgl. Abb. 312 mit 313).
Die Kaltwalztextur ist
nicht immer homogen. Abb.
315 zeigt eine Texturauf-
nahme aus dem Inneren eines
Bleches, das in der Nähe der
Oberfläche eine Textur nach
Art der Abb. 312 und 313 auf-
wies. Die Unterschiede sind
nicht groß, aber reproduzier-
Abb. 315. Walztextur der "Zwischenschicht" ; Al 99,6
bar. (0,22% Fe, 0,11 % Si)
In den Schichten nahe der (nach F. HAESSNER, G. MASING u. H. P. STÜWE [30]).
Blechoberfläche zeigt sich ge-
legentlich eine Asymmetrie
zur Querrichtung [58], wie ,lie
in Abb. 316 schematisch an-
gedeutet ist. Auf der anderen
Seite des Bleches sind dann
gewöhnlich die anderen bei-
den Ideallagen stärker be-
legt. Diese Inhomogenitäten
der Textur sind geringfügig,
die Homogenitätsbereiche
scheinen stetig ineinander
überzugehen.

4.242 Oberflächentextur
von Blechen. Ganz anders
ist dagegen die Textur einer
Oberflächenschicht, die man
gelegentlich auf kaltgewalz- Abb.316. Unsymmetrisch belegte S-Lage, schematisch.
ten Aluminiumblechen findet
(Abb. 317 a). }lIan nennt sie die "schräge Würfellage", weil sich die vier
::Vlaxima der Abb. 317b gut durch die Ideallage (100) [011] beschreiben
lassen. Das mittlere Maximum, das nicht immer beobachtet wird [59],
wird von einer noch dünneren Oberflächenschicht mit einer (ll1)-Faser-
Wolznchlung
392

a
Wo/rrichlung

b
Wolzric/JIung

Abb.317a-c. (111)-Polfiguren
eines kaltgewalzten Bleches
aus Al 99,4 (036% Fe, 0,19% Si)
(nach H. P. STt'WE [60)).
a) an der Oberfläche;
b) 45 tl-ffi abgeätzt;
c) 160 tl-ffi abgeätzt.

c
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 393

textur beigesteuert. Man kann sie abätzen und erhält dann Abb. 317b.
Noch tiefer im Material trifft man die S-Lage an (Abb. 317 c).
Über die Bedingungen, bei denen man diese Textur antrifft, sind
unterschiedliche Angaben gemacht worden. Nach [32] tritt diese Ober-
flächentextur nur bei dicken Blechen auf (etwa 5 mm). Nach [30] findet
man sie bei dünnen Blechen (0,3 mm). Nach [58] ist ihr Auftreten unab-
hängig von der Blechdicke, wird jedoch vom Walzverfahren beeinflußt:
Bleche, die bei jedem Stich in der gleichen Richtung gewalzt wurden,
zeigten eine Oberflächentextur, die der des Blechinneren ähnelt. Die
schräge Würfellage trat auf, wenn die Walzrichtung bei jedem Stich
vertauscht wurde. Nach [59] konnte sie durch reversierendes Walzen zer-
stört werden.
Neuere Untersuchungen [61] haben gezeigt, daß der entscheidende
Parameter für das Auftreten der "schrägen Würfellage" die Reibung
zwischen Walzballen und Walzgut ist. Mit sorgfältig getrockneten Walz-
ballen lassen sich nicht nur auf Aluminium, sondern auch auf Blei,
Kupfer und Silber Oberflächentexturen erzeugen.

4.243 Legierungstyp der Walztextur. Die S-Lage ist nicht die einzige
Walztextur der kubisch-flächenzentrierten Metalle. lX-Messing und Silber
z. B. bilden die Textur, deren Polfiguren in Abb. 318 wiedergegeben sind.
Diese Polfiguren werden durch die eingezeichnete Ideallage (011) [211]
gut beschrieben. Vergleicht man die Texturen einer Reihe von Kupfer-
Zink-Legierungen mit wachsemdem Zinkgehalt, so geht die Polfigur
Abb. 312 kontinuierlich in die Abb. 318a über [62]. Der Umschlag der
Walztextur von der S-Lage zur (0,11) [211]-Lage kann nicht nur durch
Zusatz von Fremdatomen bewirkt werden, sondern auch durch Walzen
bei sehr tiefen Temperaturen. Nach den Untersuchungen von J. SMALL-
MAN [63] läßt sich für jedes kubisch-flächenzentrierte Metall eine Kurve
wie in Abb. 319 aufstellen, die die Entstehungsbedingungen für die beiden
Texturtypen angibt.
Auch beim Aluminium wäre danach eine Textur mit (011) [21I]-Lage
zu erwarten, wenn man genügend unreines Material bei genügend tiefen
Temperaturen walzt. Hochreines Aluminium (99,995% )zeigt auch beim
Walzen unter flüssiger Luft keine Messingtextur [64]. Dagegen berichten
W. BUNK und P. ESSLINGER von einer systematischen Änderung der
Kaltwalztextur mit dem Gehalt an gelösten Verunreinigungen [65, 66]. Es
handelt sich dabei nicht um einen völligen Umschlag zur (011) [211]-
Lage, sondern vor allem, wie Abb. 320 zeigt, um eine Verbreiterung und
Aufspaltung des charakteristischen Maximums nahe am Zentrum der
(111)-Polfigur. Die anderen typischen Verschiebungen sind in Abb. 320b
angedeutet. Das Blech in Abb. 320c, das den "Legierungstyp" der Walz-
lage zeigt, hat eine höhere Reinheit als das in 320a. Die Verfasser weisen
394 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Abb. 318a u. b. Polflguren der Messing-


fIIolzrichlling textur (nach J. Ru, P. R. SPERRY U.
P. A. RECK [58]).
a) (l11)-Polflgur; b) (200)-Polflgur
o = (0,1,1)[2,1,1].

Ifolzriclllllnq

Abb. 319. Entstehungsbereiehe der


S-Lage und der (011)[211]-Lage
(nach J, SMALLMAN [63]).
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 395

jedoch darauf hin, daß ein Überschuß von Silizium die Wirkung hat, die
Übersättigung des Eisens im Aluminium zu verringern, so daß das Mate-
rial (Abb. 320a) tatsächlich die reinere Matrix haben sollte.
Eine Textur, deren Komponente weder mit der S-Lage, noch mit der
(011) [21I]-Lage identisch ist, zeigen kreuzgewalzte Bleche (Abb.321a.
und b) [107].

lfulzricIJlung Wo/zrichfllng JIIo/zrlcIJlung

WolzricIJlvng Wo/mChlllng

a b c
Ahb. 3~O" .. ('. und "Legierung"typ" (L-Typ) in kaltgewalzt,eu Aluminiumblechen
S-La~e
(nach W. BUNK u. P. ESSLINGER [65]).
<I) Aluminium mit O.23~'6 Eisell. O~51 % Silizium (R-Lage); b) Verschiebung der Intensität beim über-
gang von a nach c; c) 0,37% Eisen, 0,18% Silizium (L-Typ).
Obere Reihe; (l11)-Polfiguren; untere Reihe: (200) ]'olflguren.

4.244 }'asertextur in Drähten. Die Textur kaltverformter Aluminium-


drähte wird meist als (111)-Fasertextur beschrieben, gelegentlich wird
als Nebenkomponente eine (lOO)-Fasertextur beobachtet [38]. Dabei
spielt es offenbar keine entscheidende Rolle, ob der Draht gezogen oder
gewalzt wurde: der Materialfluß ist in beiden Verfahren ähnlich. In den
Oberflächensehichten ist die Faserachse nicht genau parallel zur Draht-
achse, sondern etwas dagegen geneigt [38]. Auch diese Kegelfaserkompo-
nente ist gewalzten und gezogenen Drähten gemeinsam; bei Walzdrähten
tritt sie allerdings nicht auf der ganzen Drahtoberfläche auf, sondern fehlt
in der Nähe des Grates [67]. Nach neueren Untersuchungen [137] haben
die Oberflächenschichten eine zyklische Textur, die bei einsinnigem
Ziehen aus nur einer einzigen Komponenten ähnlich Abb. 309 bestehen
kann.
396 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Abb. 321a 1I. b. (111) uud (200)-


Polfigur von krenzgewalztem Aill-
mini um (Al 99,4) (nach H.P. STÜWR
11. P. J. RJilGENET [61]).

t.lPalzricIJlllng

4.245 Scher- und Torsionstexturen. Die Textur in der Oberflächen-


schicht eines tordierten Stabes ist in Abb. 322 wiedergegeben. Die Ver-
formung sollte dort einer Scherung entsprechen. Tatsächlich ist die gleiche
Polfigur bei einem reinen Scherversuch beobachtet worden [108]. Die
Polfigur wird durch die eingetragenen Ideallagen gut beschrieben.

4.246 Theorie der Verformungstexturen. Um eine Theorie der Ver-


formungstexturen aufzustellen, muß man zwei Fragen beantworten:
Lit. So 424] 4.2 Texturuntersuchungen 397

1. Welche Gestaltänderung erfährt ein betrachtetes Volumenelement


im Material während des Verformungsvorganges?
2. Bei bekannter Gestaltänderung des Volumenelementes : wie ändert
sich seine Kristallorientierung?
Die zweite Frage wird in einem anderen Kapitel dieses Buches näher
diskutiert. Die erste Frage wird meist durch die vereinfachte Annahme
beantwortet, die Verformung
Droh/ochse
sei homogen, d. h., die Ge·
Ntaltänderung jedes Volu-
menelementes sei der des ge-
,;amten Werkstückes ähnlich.
So haben z. B. E. SCHlVIID
und W. BOAS [68, 69] die
Formänderung beim Band-
walzen durch eine Stauchung
in Richtung der Blechdicke
und einem überlagerten Zug
in Walzrichtung beschrieben,
die so abgestimmt waren, daß
die Breitung des :\faterials
~ull wurde.
Mit diesem vereinfachten
Modell Jic.f3 sich zeigen, daß
(011) [2(1; und (112) [111 J in Abb.322. Textur in der OberHächenschicht eines tor-
kubisch-flächenzentricrten dierten Stabes allS .Reinstaluminium Al 99.994. (111)-
Polfigur (nach H . P. STÜWE 11. P. J. REGENET [61]).
Metallen als stabile End- !':. ~ (100) in Seherebene, [Oll] in Scherrichtung
orientierungen auftreten soll- " ~ (111) in Seherebene, [110] in Scherriehtung.
ten . Für die kristallographi-
sehen Betrachtungen war dabei vorausgesetzt worden, daß die Verfor-
mung durch drei (111) llTO]-Gleitsysteme bewirkt wird; das Ergebnis
ändert sich jedoch nicht , wenn man die Betrachtung auf fünf (111)
L1I0]-Gleitsysteme ausdehnt [70). Da (Oll) [211] bei vielen kubisch-
ftächenzentrierten Metallen (z. B. Silber und ex-Messing) tatsächlich die
stabile Endlage der Walz textur ist, scheinen die von der Theorie ge-
machten Näherungen in diesen Fällen zulässig zu sein.
Beim Aluminium (wie auch beim Kupfer) tritt jedoch eine andere
Walztextur, die S-Lage, auf.
Dafür kann es zwei Gründe geben: entweder werden bei diesen Metal-
len andere Gleitmechanismen betätigt, als in der Theorie vorausgesetzt
wurde, oder das Volumenelement ändert seine Gestalt anders, als voraus-
gesetzt wurde. Die zweite Annahme wäre wenig einleuchtend. Es ist nicht
einzusehen, warum die plastizitäts-mechanischen Betrachtungen, die die
398 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Gestaltänderung jedes Volumenelementes liefern, für Messing wesentlich


anders sein sollen als für Aluminium.- Gegen feinere Unterschiede ist die
Walztextur jedoch unempfindlich: Es ist ein auffälliges experimentelles
Ergebnis, daß die Orientierung der Walztextur die gleiche bleibt, auch
wenn die Geometrie des Walzvorganges (Stichabnahme, Stichzahl,
Walzenradius usw.) in weiten Grenzen geändert wird. Nur die Schärfe der
Maxima nimmt mit steigendem Abwalzgrad zu, wie es auch plausibel ist.
Um den Unterschied zwischen Kupfer- und Messingtyp der Walz-
textur zu deuten, muß man also unterschiedliche Verformungsmechanis-
men annehmen, um so mehr, als der Texturumschlag von der Tempera-
tur [63] und der Stapelfehlerenergie [127] abhängt. Als solche Mechanis-
men sind genannt worden [127]:
1. Die Ausbildung von Verformungszwillingen [103].
2. Gleitung auf Nichtoktaederebenen. E. SCHMID und W. BOAS [71]
haben abgeschätzt, daß die Schubfestigkeit im (100) [Ol1]-System nur
um 15% über der im Hauptgleitsystem liegen sollte. Nichtoktaeder-
gleitung ist experimentell an Kupfer und Aluminium nachgewiesen
worden [72, 73].
3. Ungleiche Verfestigung der verschiedenen Gleitsysteme. An Ein-
kristallen ist das "Überschießen" der Orientierung leicht zu beobachten.
4. Thermisch aktivierte Quergleitung der Schraubenversetzungen.
R. E. SMALLMAN' und D. GREEN [138] deuten so qualitativ die Walztex-
tur des Aluminiums.
Wenn solche Effekte nennenswert zur Verformung beitragen, sind die
üblicherweise gemachten Vora ussetzungen der Theorie unzulässig.
Wenn, wie in Abb. 316, nur zwei der vier möglichen Ideallagen stark
belegt sind, so ist das wahrscheinlich eine Folge des Materialflusses. Um
diese Erscheinung zu deuten, genügt die pauschale Auffassung des Walz-
vorganges als kombinierter Zug- und Stauchversuch nicht mehr, sondern
man muß die genaue Gestaltänderung jedes Volumenelementes verfolgen,
wobei es dann nicht mehr gleichgültig ist, ob das Blech den Walzspalt
"vorwärts" oder "rückwärts" durchläuft.
Von manchen Texturänderungen ist noch nicht klar, ob sie eine
Frage des Materialflusses oder der kristallographischen Mechanismen
sind. Von der in Abb. 315 dargestellten Textur wurde ursprünglich ange-
nommen [30], daß sie eine Folge der speziellen Verformungsgeometrie im
Blechinnern sei. Neuerdings ist aber darauf hingewiesen worden [65], daß
auch die Änderung des Reinheitsgrades über den Blechquerschnitt dafür
verantwortlich sein könnte.
Vergleicht man die Abb. 317a und 322, so sieht man, daß es sich in
der Oberflächenschicht und bei der Scherung um die gleiche Textur
handelt, wobei die Polfiguren durch eine Wälzung um 90° auseinander
Lit. ~. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 399

hervorgehen [61]. Die "schräge Würfellage" entspricht also einer Scher·


textur an der Walzgutoberfläche, wobei die Walzrichtung der Scherrich-
tung und die Blechebene der Scherebene entspricht. Daraus wird sofort
verständlich, warum die "schräge Würfellage" bei schlechter Schmierung
im Walzspalt auftritt: Wo Walzgutoberfläche und Walze aneinander
haften, muß das Walzgut unter der Oberfläche abscheren, um die geo-
metrischen Bedingungen für den Materialfluß im Walzspalt zu erfüllen
[60, 61]. Bei guter Schmierung ist das nicht erforderlich.
Die Theorie der Drahttexturen ist analog zu der der Blechtexturen.
Die Überlegungen von E. SCHMID und W. BOAS [69] und W. R. HIBBARD
und M. K. YEN [74] lassen verstehen, warum die (111)-Fasertextur als
stabile Endlage bei der Verformung durch Ziehen zu erwarten ist. Die als
Nebenkomponente auftretende (100)-Lage ist möglicherweise keine echte
Verformungstextur, sondern erweist sich nur ihrer Symmetrie wegen als
resistent gegen Gitterdrehungen. Die Neigung der Faserachse nahe der
Drahtoberfläche dürfte sich aus dem genauen Studium des Materialflusses
verstehen lassen. Ebenso ist zur Deutung der zyklischen Texturen in den
Oberflächenschichten eine genauere Kenntnis des Verschiebungsfeldes in
der Ziehdüse ("Ziehhol") nötig.

4.25 Rekristallisationstexturen
4.251 Würfel- und R-Lage. An weichgeglühten Aluminiumblechen
werden im wesentlichen zwei Texturtypen beobachtet; die Würfellage
(Abb. 303a u. b) und die R-Lage (Abb. 314a u. b). Beide Texturen treten
auch nebeneinander als Komponenten einer Mischtextur auf. Die Frage,
welche der beiden Typen sich beim Weichglühen von Blechen verschie-
dener Vorbehandlung bevorzugt ausbildet, ist technisch von großer
Bedeutung und Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.
Für die Entstehung beider Texturen ist offenbar Vorbedingung, daß
das Blech eine ausgeprägte Walztextur hat. Das ist nicht immer der Fall.
So kann z. B. bei Zwischenglühungen eine Würfeltextur entstehen, die
sich gegen das weitere Abwalzen als sehr resistent erweist [30]. Ein solches
Blech erhält dann keine sehr ausgeprägte Walztextur und beim Weich-
glühen auch keine scharfe Rekristallisationstextur.
Bei Blechen mit deutlich ausgeprägter Walztextur entscheidet der
Abwalzgrad über den Texturtyp. Mit steigendem Abwalzgrad steigt die
Neigung zur Bildung der R-Lage [30]. Dieses Verhalten steht im Gegen-
satz zu dem von Kupfer, wo die Ausbildung der Würfellage mit dem
Walzgrad zunimmt [75].
4.252 Einfluß von Legierungszusätzen. Besonders stark ist der Ein-
fluß geringer Verunreinigungen auf die Ausbildung der Rekristallisations-
textur. Die vorhandenen Fremdelemente - in der Praxis meist Silizium
400 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

und Eisen - hemmen die Ausbildung der Würfellage und fördern die Aus-
bildung der R-Lage. Dabei staffelt sich,die Wirksamkeit der verschiede-
nen Fremdatome in ähnlicher Weise wie beim Umschlag der S-Lage in den
Legierungstyp der Kaltwalztextur [65]. Es ist jedoch nicht so, daß jeweils
die Würfellage aus der S-Lage und die R-Lage aus der Legierungstextur
hervorgeht. Vielmehr genügen schon sehr kleine Zusätze, um die Rekri-
stallisationstextur zu beeinflussen, während die Walztextur erst von
wesentlich größeren Legierungszusätzen beeinflußt wird [65].
5r-----,-----,,----~-----,------r-----,

x5l
I o tJODC}
1----+--:""""--+-----+--0 "soDe fndglühfcmperafur
XfjOO"C

405 q07
Korndurchmesser
Abb.323. Relative Belegung der Würfellage als Funktion der Eudkorngröße für verschiedene Vor-
behandlungen von AlMn (0,8% Mn)
(nach J. T. KOPPENAAL. M. N. PARTHARASATHI U. P. A. BECK [77]).

Neben dem Absolutgehalt an Legierungszusätzen ist auch deren Ver-


teilung im Gitter maßgebend für das Texturverhalten. Deshalb wird die
Rekristallisationstextur eines weichgeglühten Bleches von der gesamten
thermischen Vorgeschichte des Materials beeinflußt [76].

4.253 EinfiuB der Vorgeschichte des Materials. So neigt Strangguß-


material mehr zur Bildung der Würfellage als Kokillenguß [30], die
Strangoberfläche mehr als Material aus dem Inneren des Stranges [30].
Eine Barrenhochglühung verwischt diese Unterschiede [76], ebenso eine
hohe Warmwalztemperatur [30]. Auch die Verringerung der Gieß-
geschwindigkeit beim Strangguß wirkt in der gleichen Richtung.
Von der primären Rekristallisation ist das anschließende Kornwachs-
tum zeitlich kaum scharf zu trennen. Bei diesem Kornwachstum ver-
stärkt sich in einer Mischtextur der Anteil der Würfelkomponenten.
Abb. 323 zeigt die Zunahme der Würfellage mit der Korngröße für ver-
schiedene Vorbehandlungen von AIMn (nach [77]).
In den bisher diskutierten Fällen war vorausgesetzt, daß die Walz-
textur der S-Lage entspricht. Wenn man Einkristalle stabiler Orientie-
rungen, z. B. (110) [112] [78], kalt abwalzt, so erhält man eine verformte
Matrix, die in ihrer Orientierung gewissermaßen noch ein Einkristall ist
Lit. S. 424J 4.2 Texturuntersuchungen 401

(Abb. 324). Die Rekristallisationstextur solcher Bleche besteht aus mehre-


ren Komponenten, deren Orientierungen aus der ursprünglichen Einkristal-
lage durch 40°-Dehnungen um (111 i-Achsen hervorgehen. Die Rekristalli-
sationstextur des Bleches 1Il
Abb. 324 zeigt Abb. 32.5. Wolzric/Jlllng l

4.254 Rekristallisations-
textur in Drähten. In Drähten
findet man nach der Rekri-
stallisation entweder wieder
,
/ @
\
\
eine (111)-Textur [38]. oder \
\
\
eine (112)-Textur oder (210) I
I
I
nach Kornvergröberung [79]. I
I
I
I
Von der (lOO)-Komponenten, \
I I

~ /
\
die bei gepreßten und gezo- \
\
, I
genen Drähten zu beobachten " .- I
I

ist [55], wird ebenfalls ange- ' ............ ,,"


........ _-- ----", /
nommen, daß es sich um eine
Rekristallisationslage han-
delt, die gegen weitere Umfor-
mung resistent ist.
Abb.324. (111)·Polfigur eines (110)[112].Einkristalles
Alle diese Beschreibungen nach dem Abwalzen um 80%; Reinstaluminium
unterstellen, daß die Textur Al 99.994 (nach S. KOHARA, M. N. PARTHASARATHI
u. P. A. BBeR [78]).
eines rekristallisierten Drah-
tes durch Angaben einer Fa- Wo/zrichfllng
serachse hinreichend beschrie-
ben sei. Genauere Untersu-
chungen [137] zeigen, daß viel-
fach die Außenschichten, ge-
legentlich aber der ganze
Draht zyklische Texturen
zeigt. Ein Beispiel ist die Pol-
figur Abb. 309.
4.255 Theorie der Rekri-
stallisationstexturen. Unter
Rekristallisation sind nach
der Definition von P. A. BECK
[80] solche Gefügeänderungen
zu verstehen, bei denen Groß-
winkel-Korngrenzen durch Abb. 325. (111)·Polfiguren des Bleches aus AbI>. 324
nach dem Weichglühen. /', ist die Lage des ursprüng·
das Metall wandern und hinter lichen Einkristalles. die Kreise bezeichnen die La·
sich große Orientierungsän- gen, die durch 40°·Rotationen um (111)·Achsen daraus
hervorgehen (nach S. KOHARA. M. N. PARTHASARATHI
derungen zurücklassen. u. P. A. BECR [78]).

26 AitenpohI. Aluilliniulll
402 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Die Korngrenze zwischen zwei Aluminiumkristallen ist dann besonders


beweglich, wenn beide eine (111)-Achse gemeinsam haben und um diese
Achse etwa 40° gegeneinander gedreht sind [81] (Abb.326). Wenn in
einer verformten Einkristallmatrix (Abb.324) Rekristallisationskeime
aller Orientierungen entstehen, so können die Keime am besten wachsen.
die die oben genannte Orientierungsbeziehung zur Matrix haben. Sie
werden die Rekristallisationstextur bestimmen, deren Hauptkompo-
nenten also durch (l11)-Rota-
5
m~Imin
(T\
! (1\
(
I
I
tionen um etwa 40° aus der
Ausgangslage hervorgehen soll-

-- I II
+--t-i 1\1
\-
II
I
'
I +
I
ten. Wir haben oben (Abb. 325)
gesehen, daß das der Fall ist.
Nun wäre der Einwand mög-
J
/ \ I

r-iJ \ ' \
I \ I I lich, daß ja auch bereits die
Keime durch eine solche Gitter-
\ I \ I
I \ rotation aus dem verformten
I "
/1 \
/T
Gitter entstanden sein könn-
"," \ I ' .... .........
ten' weshalb die nachfolgende
0
//0
0
'10 0
60
0 0 100 0 1//0
Drehwinfe/ rp Wachstumsauslese für die Tex-
turbildung nicht entscheidend
Abb.326. Korngrenzenbeweglichkeit als Funktion des
Drehwinkels nm (111); Al 99,S (0,09% ]'e, 0,09% Si) ist [82]. Es gibt jedoch zwei
(nach B. LIEBMANK, K. LÜCKE U. G. MASING [81]). Beispiele, für die dieser Ein-
wand nicht gilt. H. YOSHIDA.
B. LIEBMANN und K. LÜCKE [83] haben in gedehnte Einkristalle von
Aluminium neue, rekristallisierte Körner hineinwachsen lassen. Zwischen
dem alten und dem neuen Kristall herrschte bevorzugt die Orientierungs-
beziehung günstigsten Wachstums, nämlich eine 40°-Rotation um eine
(l11)-Achse. Die Keimbildung fand an einem Ende des Kristalles statt.
das mit einer Zange abgekniffen war und führte dort, wie Röntgenbilder
zeigten, zunächst zu einem regellos orientierten Gefüge. Erst bei weiterem
Wachstum wurde der Kristallit bevorzugt, der später die ganze Matrix
aufzehrte (Abb. 327).
S. KOHARA, M. N. PARTHASARATHI und P. A. BECK [78] benutzten als
Matrix einen blechförmigen Einkristall (Abb.324). Die entstehende
Rekristallisationstextur (Abb.325) ließ sich in Komponenten zerlegen.
die alle durch die Beziehungen günstigsten Wachtums mit der Matrix ver-
bunden waren. Die Keimbildung war hierbei durch Abreiben der einen
Blechoberfläche mit Sandpapier erzeugt worden und das dort zunächst
aus den Keimen entstehende Gefüge war, wie Röntgenaufnahmen zeigten,
ebenfalls regellos. Erst beim Wachstum quer durch das Blech (Abb. 328)
entstand auf der anderen Seite die RekristaUisationstextur.
Diese beiden Experimente sind nur durch Wachstumsauslese zu
erklären.
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 403

Im Gegensatz zu einer Einkristallmatrix hat die S-Lage vier Kompo-


nenten. Würde die Rekristallisationstextur aus all den Ideallagen be-
stehen, die durch (111)-Rotationen um alle Pole aller Ausgangslagen her-
vorgehen, so wäre die sich ergebende Mannigfaltigkeit verwirrend groß.
Nun zeigt sich aber, daß eine dieser vielen Lagen eine besondere Eigen-
schaft hat. Die WürfeJlage nämlich hat zu allen vier Komponenten der
Sclmilf-
bereich f(

a b c e
Abb. 3:!7a-e. 'VachstUllJt-\ilusletie in draht- Abb. 3~~. WachHtumsanslese in einem Einkristall-
fönnigeIl Aluminiuln-Eblkristallelt hlech mit künstlicher Keimbildung, schematisch
(nach H. YOSHlDA, B. },lEmIAJSx (nach H. P. ST1:WE [44]).
u. K. LI'eRE [83]).

S-Lage ungefähr die Orientierung günstigen Wachstums (siehe hierzu


Tab. 32). Ein Keim, der diese Lage hat, wird also im ganzen Gefüge nur
auf Material stoßen, das sich besonders leicht aufzehren läl3t, und wird
deshalb besonders gut wachsen. Infolgedessen wird in der Rekristalli-
sationstextur die \Viirfellage bevorzugt vor anderen Lagen auftreten. Daß
die Orientierungsbeziehung nur ungefähr erfüllt ist (Tab. 32), bringt
keine große Schwierigkeit. Abb. 326 zeigt, daß das Maximum der Korn-
grenzenbeweglichkeit etwa 10° Breite hat. Andererseits beschreiben die
Ideallagen die Textur auch nur mit einer ähnlichen Schwankungsbreite.
Dagegen stellt sich die Frage, wie denn nun das Auftreten der anderen
für das Aluminium typischen RekristalIisationstextur, der R-Lage, zu
\'erstehen ist. Dazu sind drci Antworten möglich: Die R-Lage kann ent-
stehen durch Erholungsvorgänge und Rekristallisation "in situ", durch
orientierte Keimbildung oder ebenfalls durch Wachstumsauslese. Da man
zur Zeit nicht mit Sicherheit zwischen diesen drei Mechanismen ent-
scheiden kann. sollen sie nebeneinander diskutiert werden.
Bei der Rekristallisation "in situ" wandern keine Großwinkelkorn-
grenzen [84]. Die Walztextur muß dabei also erhalten bleiben. Solche
.. beibehaltenen" Texturkomponenten findet man z. B. in "halbweich"
geglühten Blechen. Es ist möglich, die Rekristallisation nur soweit ver-
laufen zu lassen, daß man cin zipfelfreics Blech erhält. In solchen Blechen

.:26*
404 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Tabelle 32. Geometrische Beziehungen der Ideallagen der Walztextur zur Würjellage

ISymbol
in den
I

Winkel zwischen Bildung der


I
Zahl der für die. .
Wmkel zWIschen
Abbil· Dreh·
(HO'Achse Würfellage gün. "l:llec~.
IlHlex
Idungen
312 u. I
winkel
und Drehachse stigen Kompo. l;r~ale~t un~.
313
I nenten " a znc ung

(1,3,5) [2,1,1] I {I., 44,8° 11,3° 4? 90°


I
(1,2,3) [4, 1,2]' 0 41,8° I
10,0° 4? 90°
(7,12,22) [8,4,5] ~ 45,0° 7° 4 88,7°
(5,8,14) [11,5,7] 0 44,9° 4,5° 4 89,3°

••
(3,5,8) [5, 2, 3] @ 44,6° 1,3° 4 89,F
(4,7,9) [9,4,7] 51,8° 0,6° O? 89,6°
(1,1,0) [1, 1, 2] 56,6° 22,2° 0 90°
(1,1,2) [1,1,1] & 56,6° 22,2° 0 90°
Idealfall 40° 0° 4 90°
* In der 5. Spalte ist der Winkel zwischen den durch die Indizierung gegebenen
Vektoren eingetragen. Da diese Vektoren Probennormale und Walzrichtung symbo-
lisieren sollen, müßte dieser Winkel 90° betragen. Wo dies nicht der Fall ist, wurden
zur Berechnung der Drehwinkel hier und in Tab. 33 entsprechende Korrekturen
angebracht (nach H. P. STÜWR [44]).

liegt dann eine Würfelkomponente aus der Rekristallisationstextur neben


dem beibehaltenen Anteil der Verformungstextur, also neben Körnern,
die nur Erholung erfahren haben [85,86]. Zu diesem Zweck müssen Glüh-
zeit und Temperatur äußerst präzise eingehalten werden. Trotz der
dadurch auftretenden Schwierigkeiten wird das Verfahren praktisch
angewandt. Auch in Abb. 325 sieht man neben den neuen Maxima
(Kreise) den beibehaltenen Anteil der Verformungstextur (6).
Eine andere Deutung für die Entstehung der R-Lage ergibt sich, wenn
man annimmt, daß die Rekristallisationskeime vorwiegend die Orientie-
rung der verformten Matrix haben [30]. Wenn die Keime durch Poly-
gonisation entstehen, wie vielfach vorgeschlagen wurde [87], so liegt
diese Annahme nahe. Ein Keim ist nur dann wachstumsfähig, wenn er an
Material wesentlich abweichender Orientierung grenzt. Deshalb kann
eine Keimbildung in der Orientierung der Matrix nur dann wirksam
werden, wenn die Textur der verformten Matrix mehr als eine Kompo-
nente hat und wenn die Keime an Korngrenzen, besser noch an den
Kanten der Körner entstehen. Das Auftreten von Keimkolonien an ge-
wissen Kornkanten ist tatsächlich beobachtet worden [88].
Schließlich kann man das Auftreten der R-Lage auch durch Wachs-
tumsauslese deuten. Tab. 32 zeigt, daß ein Keim in Würfellage überall im
Material günstigste Wachstumsbedingungen findet. Tab. 33 zeigt, daß
auch ein Keim in R-Lage zum Wachstum begünstigt ist - wenn auch
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 405

Tabelle 33. Drehwngen, die eine Komponente der S-Lage in die drei anderen überführen
(nach H. P. STÜWE [44])

i i i i i I Zahl der für


I I I
Illdex ISYlll-
I Dreh-

bol wiltkel
9: zwiöchm Dreh-
(111)- 1 . k I
AdlRe H. I Wllt e
(111)-
Aehöe u.
I .
9: zwischen 1' Dreh-
k I
Wll~ e
1
'

1
9: zwischen die Bildung
.
(111)-
Achöe u.
der R-Lage
günstigen
Drelm('\lse i Drehachöe I Drehtlchse Kompo-
nenten

(011)
[211]
( L12)
• o

[111]
0° o
(1:~;i)
D 44,0° I 12,2" 0-1
[211j I

( 12:~)
[412]
o 60° 44,4° 19,1)°

(7.12,22)
2,0" ti,(i' 2
[8. 4, 3] ~
(:i, 8, 14)
0° J9,0° 2-3
[11, 5, 7] 0
(:l, ii, 8)
1,..1. 0,4" 1,2° 3
lii. 2,3]
(4,7,9)
• 1 40,0° lil,4 16,1 0 i 409° 11),3° o
19, 4, 7] 1 •

nicht überall. so doch in 50 bis 75°/., des Materials mehr oder weniger gut,
wenn man die neueren Indizierungen (7, 12,22) [8,4,5], (5, 8, 14) [11, 5,7]
oder (3, 5, 8) [5, 2, 3] zugrunde legt. ~ächst den Würfelkeimen sollten also
auch R-Keime begünstigt am Aufbau der rekristallisierten Matrix teil-
nehmen. Das konkurrierende Auftreten von Körnern in Würfellage und
R-Lage haben P. A. HECK und R. Ru [89] im Mikroskop verfolgt.
Vom Standpunkt einer reinen Wachstums auslese müßten also primär
sowohl die \Vürfellage, als auch die R-Lage, wie auch symmetrische
Nebenkomponenten zunächst gleichzeitig auftreten. Beim anschließen-
den Kornwachstum setzt sieh dann die Texturkomponente durch. deren
Körner am größten sind. Da::; sind die Würfelkörner, deren Wachstum in
tier verformten Matrix am meisten hegünlitigt war und die auch alle
J{·Körner mit hoher Korngrenzenbewegliehkeit aufzehren können.
Diese Zunahme der Würfelkomponente mit dem Kornwaeh::;tum i"t,
tat::;ächlich beobachtet worden (::;. Abh. 323). Das Kornwachstum führt
bit; zur reinen Würfellage, wenn es nicht vorher zum Stillstand kommt.
Da" kann geschehen, weil AusRcheidungen einer zweiten Phase das weitere
Tabelle 34. Zwei verschiedene Erklärungen (1 u. 2) der Entstehung von Texturen bei der Rekristallisation von Reinaluminium 11:0-
o
0:>

Beobachtung Erklärung 1 Erklärung 2 Beide gemeinsam

Reines Aluminium Wachstumsauslese I Wachstumsauslese Wachstumsauslese


-;. Würfellage

technisches Aluminium: Ausscheidungen hemmen die Ver- gelöste Verunreinigungen ver- Verunreinigungen stören l"
--+ geringe Neigung zur stärkung der Würfellage durch wischen die Unterschiede der die Wachstumsvorgänge
Würfellage Kornwachstum Wachstumsgeschwindigkeit und
verhindern die Auslese i
~.
technisches Aluminium: Entsteht durch Wachstumsaus- keine Wachstumsauslese (s.o.)
-;. Bildung der lese in Konkurrenz zur Würfel- Entstehung der R-Textur durch ~
.,..
R-Lage lage ; Verstärkung der Würfellage also: a) Rekristallisation "in situ"
durch anschließendes Kornwachs- oder b) durch orientierte Keim-
tum ist verhindert bildung t(t)

Strangguß -;. Würfellage Strang: schnelle Abkühlung, Strang: schnelle Abkühlung, Die groben Ausscheidun- §
P-
Kokillenguß -+ R-Lage wenig Ausscheidungen in fester Kornseigerung nicht ausgeglichen, gen, die schon bei der Er-
Phase, also unbehindertes Korn- relativ reine Matrix: Wachstums- starrung gebildet werden,
wachstum auslese haben keinen wesentlichen
Kokille: langsame Abkühlung, Kokille: langsame Abkühlung, Einfluß
feine Ausscheidungen in fester schwache Kornseigerung, hoher
Phase, Behinderung des Korn- Gehalt an gelösten Verunreinigun- i
wachstums gen, keine \Vachstumsauslese

bei Strangguß : die Ausscheidung gelöster Ver- Kornseigerung gleicht sich aus, Angleichung des Strang-
Barrenhochglühung unreinigungen wird nachgeholt: nunmehr gelöste Verunreinigungen gußmaterials an den Aus- ~
mindert die Neigung Bildung feiner Ausscheidungen auch im Strangguß scheidungszustand im Ko- rn
zur Würfellage killenguß ~
"'"
Eisen: Silizium-Verhältnis: a) Silizium erleichtert die Aus- Silizium erleichtert die Ausschei- Silizium erleichtcrt die Aus- r~.
wächst der Silizium-Gehalt scheidung bei der Erstarrung: dung des Eisens und "säubert" scheidung des Eisens
auf Kosten weniger feine Ausscheidungen in damit die .Matrix: bessere \',lachs- V'
des Eisen-Gehaltes fester Phase tumsausleRe ~
-.;.. \\' ürfellage b) Silizium ist besser löslieh als ~
Bisen und neigt nicht zur Über-
sättigung: dip Uesamtmenge der
Ausscheidungpn in fpstpr Phasp
wird kleiner
c) Hilizium erleichtert die Koagu-
lation zu größeren, auf das Korn-
wachstum ,,-eniger wirksamen Par- :'"-
tikeln ""....,
~
c+
Stranginneres -.;.. H- Lage im lnnel'en langsamere Ahkiihlung: im lnnerenla!lgsamere A bkiihlung: im Inm'ren VOll Strangguß-
Strangobertläehe->- ft'inc .\ usseheidungen in fester schwache KOI'nseigerung, viele ge- barren ähneln di" Ab-
g
Würfellage Phase, BehinderunI-( des Korn- löste Verunreinigungen kühlungsbedingungen dem M-
(1)

wachstums :;J
Kokillellguß >=
hoher Verformungsgrad -+ a) erzwungene Ausscheidungen feineres Endkorn, überwiegender größeres Korn entspricht §"
wachsende Neigung zur bei hohen Verformungsgraden Einfluß der Keimbildung größerer Neigung zur
R-Lage b) oder: geringes Kornwaehstum
@
Würfellage
bei geringer Blcehdieke

~
o
-1
408 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Wachstum hemmen [90], oder weil die Korngröße der Blechdicke gleich
wird [91], oder einfach, weil die Glühung unterbrochen wurde. Dann
liegt eine Mischtextur aus Würfellage und R-Lage vor. Der Einfluß vieler
Parameter, also z. B. Walzgrad, Glühdauer und -temperatur, auf die
Rekristallisationstextur wird so sein, daß Bedingungen, die ein feines
Korn herbeiführen, auch die Ausbildung der Würfellage behindern. Hier-
in stimmt die Theorie mit der Erfahrung gut überein, wie eine Unter-
suchung von D. ALTENPOHL und B. LIEBMANN zeigt [76]. Wie sich ver-
schiedene Aluminium-Texturen durch die Wirkung von Ausscheidungen
·deuten lassen, ist in Tab. 34, Spalte 2, dargestellt.

1,0 1,'f,/ 1,6


I I I I I
V--
I I
oSS oe 577550 SOO ""SO WO 350 300 !!SO
- Temperafl/r
Abb. 329. Löslichkeit von Eisen und von Silizium in Aluminium.
Löslichkeit von Eisen nach J. K. EnGAR [99]; Löslichkeit von Silizium nach E. H. DIX U. A. C. HEATH
[100] (e) und nach G. TAMMANN U. W. OELSEN [101] (0).

Der Einfluß gelöster Fremdatome ist noch unübersichtlich [92 bis 97].
Es gibt zwei Auffassungen, welche in Spalte 2 und 3 von Tab. 34 ein-
ander gegenübergestellt sind.
Wie Spalte 4 zeigt, haben beide Auffassungen in ihrer praktischen
Anwendung vieles gemeinsam.
Ungeklärt ist die Frage, wodurch das Gefüge von Stranggußmaterial
sich von dem aus Kokillenguß unterscheidet: ob durch die rasche Ab-
kühlung viel Eisen in übersättigter Lösung verblieben ist, das sich bei
einer anschließenden Barrenhochglühung in fein verteilter Form aus-
scheidet [30], oder ob umgekehrt die starke Kornseigerung beim Strang-
guß eine besonders reine Matrix erzeugt, in der sich bei der nachträg-
lichen Glühung das bereits ausgeschiedene Eisen wieder löst [98].
Die Gleichgewichtsläslichkeiten von Eisen und Silizium, den für
technisches Reinaluminium typischen Verunreinigungen, sind zwar be-
kannt (Abb. 329). Man kennt auch die ternären Phasen, die von beiden
Lit. S. 424] 4.2 Texturuntersuchungen 409

Verunre:inigungen zusammen mit Alum:inium gebildet werden. Abb. 330


zeigt den 500°C-Schnitt durch die Alum:iniumecke des Systems [1021-
Man weiß aber auch, daß Eisen im Alum:inium zur Übersättigung neigt
[104]. Ein überschuß an Silizium sche:int diese Neigung zur Übersätti-
gung zu m:indern [66]. Auch die Wirkung eines Berylliumzusatzes auf die
Rekristallisationstextur läßt sich so deuten, daß durch Bildung von Aus-
scheidungen die Matrix an gelöstem Eisen verarmt [109]. Der Gehalt der

Abb.330. Isothermer Schnitt (500°C) dureh die Aluminium·Ecke des Systems Aluminium·Eiseu-
Silizium (uach H. W. L. PHILIPS [102]).

Matrix an gelösten Fremdatomen sowie Größe und Verteilung der Aus-


scheidungen s:ind eine Funktion der thermischen Vorgeschichte [76]. E:ine
neuere Arbeit von H. HUG [105] zeigt das unterschiedliche Ausscheidungs-
verhalten bei verschiedenen Temperaturen im SchliffbiId und setzt diese
Beobachtung :in Beziehung zur ZipfelbiIdung. Offenbar s:ind weitere
Untersuchungen dieser Fragen erforderlich [76].
Auch bei den Rekristallisationstexturen von Drähten unterscheidet
man graue Texturen, die Wiederholung der Verformungstextur und das
Auftreten völlig neuer I~agen. Während man die beiden ersten Fälle
analog zu den Walzblechen behandeln kann, fällt es schwer, die Vor-
Htellung der Wachstumsauslese auf Fasertexturen anzuwenden. In
Hpeziellen Fällen ist das zwar möglich gewesen. K. V. Gow und R. W.
CAHN [106] haben z. B. beobachtet, daß rekristallisierte Körner in einer
stranggepreßten Aluminiumstange zu den .:\iatrixkörnern die "ideale"
Orientierung günstigen vYachstums hatten.
410 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

4.3 Vergleich der Textur weichgeglühter Bleche aus


Reinaluminium und Kupfer.
Mitteilung von P. A. Beck, Urbana(Ill. (USA)

Das Aluminium verhält sich in der Textur weichgeglühter technischer


Bleche anders als Kupfer, welches mit steigendem Walzgrad einen größe-
ren Anteil an Würfellage zeigt [110, 111]. Der Grund für diese Erscheinung
war bisher nicht klar.

Abb.331. Walz textur eines zunächst bei 560 ' C geglühten, dann 98% kaltgewalztenunu absehlicßend
1,5 miu bei 36() ' C weichgegliihten Aluminiumbleches (Al 99,5).

Eine bisher unveröffentlichte Untersuchung von J . J. GAUTIER [112J


zeigt, daß die Glühtextur, die anstelle der Würfellage nach hohen Walz-
graden in Aluminium auftritt, mit der Walztextur identisch ist. Das zeigt
Abb.331 für ein Blech, das bei 560°0 geglüht wurde, dann 98% kalt-
gewalzt und schließlich 1,5 Minuten bei 360°0 weichgeglüht. Wichtig ist,
daß hier die Walztextur in jedem Detail erhalten bleibt, einschließlich der
weiten Streubereiche, die für die Walztextur des Aluminiums charakteri-
stisch sind [58].
Diese Übereinstimmung wird noch deutlicher, wenn man den beträcht-
lichen Unterschied zwischen der Weichglühtextur nach 98% Walzgrad
(Abb.331) und für das entsprechende Blech nach 90% Walzgrad be-
trachtet. Die letztere ähnelt der "doppelten" Weichglühtextur, die schon
früher [89] für Aluminium mitgeteilt wurde; neben einer Würfelkompo-
nente enthält sie vier Komponenten vom Typ (123)[412], ähnlich wie die
Hauptkomponenten der Walztextur, aber mit viel weniger Streuung. In
Lit. S. 424] 4.3 Vergleich der Textur weichgeglühter Bleche 411

diesem Fall beruht die Bildung der Würfelkomponente und größtenteils


auch die "Beibehaltung" der Walztextur, auf örtlicher Neuorientierung,
d. h. auf Rekristallisation [89]. Ähnliches wurde kürzlich auch von
W. BUNK und W. NORMANN [113] berichtet. Die Textur der Abb. 331 ist
die beibehaltene Walztextur in einem viel buchstäblicheren Sinne: Das
Metall hat sich ohne örtliche Neuorientierung entfestigt, also im wesent-
lichen ohne Rekristallisation. Diese Entfestigung durch Erholung wurde
durch eine Reihe von elektronenmikroskopischen Durchstrahlaufnahmen
bestätigt, die kontinuierliches ("normales") Wachstum der beim Walzen
gebildeten Subkörner zeigten, aber keine Rekristallisation.
Es zeigt sich also, das von den beiden Mechanismen zur Entstehung
"beibehaltener" Texturen in weichgeglühtem Aluminium, die schon vor
über 10 Jahren beschrieben wurden [89], derjenige unter den meisten
Bedingungen auftritt, der auf Rekristallisation beruht. Beibehaltung der
Walztextur durch einen Erholungsmechanismus herrscht hauptsächlich
bei hohen Walzgraden vor (z. B. 98%) und ist besonders begünstigt, wenn
die Glühung vor dem Walzen (oder das Warmwalzen) bei hohen Tempera-
turen durchgeführt wird (z. B. 560 °0). Das zeigt deutlich, daß die
höhere Konzentration gelöster Verunreinigungen, die die Folge einer
hohen Warmwalztemperatur ist, die Rekristallisationsgeschwindigkeit
(Wanderung von Großwinkelkorngrenzen) stärker beeinträchtigt als die
Erholung (Klettern von Versetzungen), so daß die l,etztere im Wett-
bewerb zwischen beiden begünstigt ist - jedenfalls bei hohem Walzgrad.
Den Einfluß zunehmender Verformung kann man sich so verdeutlichen:
Die Geschwindigkeit der Großwinkelkorngrenzen bei der Primärrekristalli-
sation sollte etwa linear mit der Versetzungsdichte (treibenden Kraft)
wachsen, aber die Geschwindigkeit für das Klettern von Versetzungen
dürfte etwa mit dem Quadrat der Versetzungsdichte wachsen (denn diese
Geschwindigkeit. hängt von der Leerstellenkonzentration ab, und Leer-
st.ellen bilden sich während der Verformung, wenn zwei Versetzungen sich
schneiden).
Jedenfalls läßt sich der Unterschied zwischen den Glühtexturen handels-
üblichen Kupfers und Aluminiums jetzt verstehen. Versetzungsklettern
und Subkornwachstum, die Hauptmechanismen der Erholung, finden
in Aluminium viel leichter statt als in Kupfer, weil im Aluminium die
Stapelfehlerenergie höher ist [114]. Zudem sind die Rekristallisations-
geschwindigkeiten in handelsüblichem Aluminium stark vermindert
durch die übliche Verunreinigung, Eisen, das in fester Lösung [115) oder
möglicherweise in sehr frühen Stadien der Ausscheidung [116] die Wande-
rung von Großwinkelkorngrenzen außerordentlich wirksam behindert.
In gewöhnlichem Elektrolytkupfer ist die Konzentration von Verunreini-
gungen ähnlicher Wirksamkeit sehr niedrig. Als Folge aller dieser Um-
stände ent.festigt sich gewalztes Kupfer fast ausschließlich durch Rekri-
412 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

stallisation, während im Aluminium nach hohen Verformungsgraden die


Rekristallisation vollständig durch Erholung ersetzt werden kann. Wenn
die Würfellage unter diesen Umständen nicht auftritt, so ist der Grund
dafür, daß wenig oder keine Rekristallisation stattfindet.
Aber auch wenn Rekristallisation stattfindet, unterscheiden sich die
Glühtexturen von gewalztem technischem Aluminium und Kupfer. Nach
einem Walzgrad von etwa 90% entwickelt Kupfer gewöhnlich die Würfel·
lage, im wesentlichen ohne andere Komponenten (außer den Rekristalli·
sationszwillingen). Dagegen ist in gewalztem und rekristallisiertem Alu·
minium die Würfellage von vier Komponenten (123)[412] begleitet [89].
Dieser Unterschied kann bequem durch den Mechanismus orientierten
Wachstums erklärt werden [117]. In stark gewalztem, vielkristallinern
Kupfer ist die Korngröße unmittelbar nach der Primärrekristallisation
außerordentlich klein, wahrscheinlich unter 1 [Lm. Im Aluminium scheint
die entsprechende Korngröße etwa 10 bis 20 [Lm (oder größer) zu sein.
Deshalb und weil im technischen Aluminium eine viel größere Menge von
Ausscheidungen anderer Phasen das Kornwachstum behindert, bleibt
das Kornwachstum im Aluminium auf einen viel kleineren Bereich be·
schränkt als im Kupfer. Dementsprechend kann die Zunahme der Würfel·
lage auf Kosten der anderen Komponenten der primären Rekristalli·
sationstextur durch Kornwachstum [77] im Aluminium viel weniger wirk·
sam werden als i~ Kupfer. Daher also die "doppelte" Rekristallisations·
textur des Aluminiums bei niedrigerem Walzgrad. Im Kupfer treten in
der Rekristallisationstextur die (123) [U2].Komponenten nur auf, wenn
man durch besondere Maßnahmen das Kornwachstum behindert [118].

4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminium


Von H. Hug, Neuhausen am Rheinfall, Schweiz

4.41 Aufgabenstellung und Vbersicht

In der vorliegenden Ausarbeitung werden die Auswirkungen der Le·


gierungszusammensetzung sowie der thermischen Vorgeschichte auf dic
Zipfelbildung von Blechen verschiedener Kaltwalzgrade beschrieben.
Die Elementarvorgänge, welche die Zipfelbildung hervorrufen, werden
nur kurz gestreift und sind an anderer Stelle dieses Buches eingehend
abgehandelt.
Während bei den gebräuchlichen Aluminiumlegierungen die Zipfel.
bildung nur unbedeutend ist und daher bei Tiefzieh. und Driickarbeiten
unter den heutigen Herstellungsbedingungen kaum Schwierigkeiten
bietet, liegen die Verhältnisse bei Reinaluminium ungünstiger. Insbeson·
dere die aus Stranggußbarren gewalzten Reinaluminiumbleche und· bänder
Lit. S. 424J 4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminiulll 413

zeigen eine ausgeprägte Neigung zur Zipfelbildung. Das aus Kokillenguß-


barren gewalzte Halbzeug zeigt zwar ebenfalls eine gewisse Neigung zur
Zipfel bildung , doch bleibt diese Erscheinung, wenigstens bei den für die
Herstellung von Hohlkörpern gebräuchlichen Blechdicken meist in
erträglichen Grenzen. Die Ausarbeitung spezieller Arbeitsverfahren erwies
sich daher bei Kokillenguß nur in bestimmten Fällen, z. B. für die Her-
stellung dünner Bleche als notwendig. Abgesehen davon, daß die Zipfel-
bildung bei Strangguß unter gleichen Arbeitsbedingungen merklich aus-
geprägter ist, beobachtet man bei diesem Material auch wesentlich

...

100: 1
Abb. 332,,-c .•Üzliguren auf Blechen unter.chiedlicher Textur (nach ALUSUISSE).
a) _Hzliguren auf Reinstaluminiumblech AI n9.99 (100)[OOl]-Textur; h) Atzfiguren auf Reinstalumi-
niumblech AI9!).99 mit (110)[112]-Walztextur; cl Atzfiguren auf Reinnlullliniumblech AI 99.7 mit
(112)[1111- Wal7.tcxtur.

stärkere Schwankungen der Zipfel bildung. Auch hinsichtlich der Lage der
Zipfel zur Walzrichtung werden trotz scheinbar gleicher Arbeitsweise
sehr oft Abweichungen festgestellt, was bereits darauf hindeutet, daß die
Verarbeitungs bedingungen an der Ausbildung der Zipfel maßgeblich be-
teiligt sind.
Die Zipfelbildung, die nicht nur bei Aluminium, sondern bei den
verschiedensten Metallen auftritt, ist eine Folge der Anisotropie der
mechanischen Eigenschaften des Ausgangsmaterials, die in der Tendenz
der Kristalle, sich in bestimmten Vorzugslagen (Texturen) [30, 31, 53, 56,
119, 121 bis 123] zu orientieren, begründet ist (Abb. 332a bis c). Je nach
der Art dieser Orientierung treten die Zipfel in verschiedenen Lagen auf.
Meist erscheinen bei den heute für weiche Reinaluminiumbleche und
-bänder aus Strangguß üblichen Verarbeitungsbedingungen ohne
Zwischenglühbehandlung vier Zipfel unter 45° zur Walzrichtung, ähnlich
wie dies auch bei hartgewalztem Material beobachtet wird. Die hierfür im
wesentlichen verantwortlichen Texturen (110) [112] und (112) [110] wer-
den deshalb als Verformungstexturen bezeichnet. Unter gewissen Ver-
arbeitungsbedingungen, so beispielsweise bei Einschaltung von Zwischen-
glühungen während der Verarbeitung, orientieren sich die Kristalle da-
gegen oft im Sinne der WürfelJage (100) [001], was vier Zipfel in 0 und 90°
414 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

zur Folge hat (Rekristallisationstextur). Aus der Kombination dieser


beiden Texturen entstehen acht Zipfel, vier unter 45° und vier unter 0/90°
zur Walzrichtung, wobei meist eine der beiden Orientierungen vorherrscht.
Vollständig ebene Zargenränder bei Ziehteilen, deren Ausbildung ein
praktisch texturloses Material voraussetzen würde, bilden eine Ausnahme.
Bei sehr grobkörnigem Ausgangsmaterial, z. B. bei Blechen mit sekundärer
Grobrekristallisation, als Folge einer langen und hohen Weichglühung,
treten die Zipfel in unregelmäßiger Höhe und Anordnung auf (Abb. 333).

Abb. 333a-e. Zipfelbildung bei Reinaluminium·Näpfchen (nach ALUSUISSE).


a) 4 Zipfel unter 45' zurWalzrichtung; b) 4 Zipfel unter 0 und 90'; c) 8 Zipfel, wovon je 4 unter 45"
und unter 0/90"; d) praktisch zipfelfrei; e) unregelmäßige Zipfel, durch seknndäre Grobkristallisation
bedingt.

Die Herstellung texturarmer Bleche erfordert die Einhaltung be-


stimmter Verarbeitungsbedingungen [66, 86, 125, 126, 128 bis 133].
Hauptfaktoren, die die Zipfel bildung bei Reinaluminium beeinflussen,
sind folgende:
1. Warmwalztemperatur und Kaltverformungsgrad
2. Barren-Glühbedingungen
3. Eisen: Silizium-Verhältnis
4. Reinheitsgrad des Ausgangsmaterials
Die Gießbedingungen beim Stranggießen sind ebenfalls von Bedeutung,
indem z. B. Bleche aus nach dem Isomet- oder Isotrop-Verfahren ge-
gossenen Barren eine merklich geringere Neigung zur Zipfelbildung
zeigen, als die nach dem normalen Stranggußverfahren gegossenen Barren
[86]. (Beschreibung dieser Gießverfahren s. S. 163.)

4.42 Einfluß der Walztemperatur, des Kaltverformungsgrades und der


Weichglühbedingungen

Nach der früher üblichen Praxis der Band- und Blechherstellung


werden in den meisten europäischen Walzwerken die Reinaluminium-
barren zwischen etwa 500 und 550°C auf 5 bis 10 mm warmgewalzt und
anschließend auf die gewünschten Enddicken kalt fertig verarbeitet.
Lit. S. 424] 4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminium 415

Diese Arbeitsweise führt bei tiefgezogenen oder durch Drücken aus weich-
geglühten Ronden hergestellten Gegenständen meistens zu Zipfeln unter
45° zur Walzrichtung. Die Neigung zur Zipfelung dieser Orientierung ist
dabei umso stärker, je höher die Warmwalztemperatur und/oder der
Kaltverformungsgrad gewählt werden. Die Zipfel sind deshalb bei dünnen
Blechen (mit starken Kaltwalzgraden vor
75,..,---.,----,--,-...........,
der Weichglühung) besonders ausgeprägt. %
Bei gegebener Kaltverformung wird die
Zipfellage bei Reinaluminium der für Tief- 70
zieh- und Drückarbeiten üblichen Reinheit
mit abnehmender Warmwalztemperatur in
Richtung 0/90° verschoben. Diese Tendenz
vermindert sich mit zunehmender Reinheit
und ist bei höheren Reinheitsgraden, wie
weiter unten gezeigt wird, nur noch sehr
gering. In gleichem Sinne ändert sich die 'I:,
Zipfellage, wenn bei gegebenen Warmwalz- ~
bedingungen die Kaltverformung verrin-
gert wird. Abb. 334 zeigt die Abhängigkeit
der Zipfelbildung der während 2 h bei 400 oe
weichgeglühten Bleche von der Warmwalz-
temperatur und vom Kaltverformungs-
grad. 7,5 7,00,8 0,60,5
Nach Untersuchungen des Verfassers 1I
B/echdicke
! I I I I!
zeigt sich nur eine geringfügige Abhängig- 56bls 80 67bis7D 78bis87 %89
8zbis8.
keit der Zipfelbildung von der Weichglüh- Ka/fverformunqsqrad
temperatur. Auch die Dauer der Weich- Abb. 334. Abhängigkeit lIer Zipfel-
glühbehandlung ist nach diesen Untersu- bildung von Warmwalztemperatur
uud Kaltverformungsgrad bei Rein-
chungen ohne nennenswerten Einfluß, so- aluminium Al 99,5, Zustand weich:
fern dadurch keine Gefügeveränderungen Fe:Si-Verhältnis "'2:1,
Warmwalzplattendicke '" 5 mm;
eintreten, beispielsweise durch sekundäre Weichglühtemperatur 400'C
Rekristallisation bei langer und extrem (2 h) (narh ALUSUIRSE).

hoher Glühung.
Rasches Aufheizen ("Stoßglühung" oder "flash annealing") führt zu
einer leichten Hemmung der 90°-Lage.
Ist das Gefüge infolge unvollständiger Weichglühung nicht voll-
ständig rekristallisiert, so behalten die Zipfel ihre der Verformungs-
t,extur entsprechende 45°-Lage bei. Je nach Rekristallisationsgrad ver-
schieben sich die Zipfel mehr oder weniger stark in Richtung 0/90°.
Durch eine reine Entfestigungsglühung walzharter Bleche, bei der
keine partielle Rekristallisation eintritt, ändert sich weder Lage noch
Höhe der Zipfel des walzharten Ausgangsmaterials (siehe dazu Abb. 257
auf S. 322).
416 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

Eine während des Kaltwalzens eingeschaltete Zwischenglühung mit


vollständiger Rekristallisation begünstigt die Zipfelbildung nach 0 und
90°. Aus solchen Zwischendicken hergestellte und anschließend weich-
geglühte Bleche weisen daher in der Regel eine Zipfelung nach 0/90° auf,
die erst bei sehr hohen Abwalzgraden in die 45°-Lage übergeht (Abb. 335).
Ein ganz ähnliches Verhalten wird, wie Abb. 336 zeigt, nach einer voran-
gehenden Warmwalzplattenglü-
70'~-~--~--~--~~
% hung beobachtet [131].
8~--~-----+---4-~--
Über den Einfluß der Zwi-
8'~--~- .---4-----+__
o schenglühtemperatur und der
'"..,. Abkühlungsgeschwindigkeit
g,j,-g 3 nach der Zwischenglühung liegen
~ ~ Ol----+------b'c-
".'" noch wenig systematische Un-
~ ~ GF-====j::::::::::=±=-
tersuchungen vor. Nach Unter-
~ ~~,5~m-m-z~,0~--7L5~~~70~o.~8~o.l5~o.J
" , , ,
~
suchungen von D. ALTENPOHL
B/echdiclre
und B. LIEBMANN [76] zeigt sich
Abb. 335. Zipfelbildung bei Blechen aus strangguß-
barren 99,5% mit und ohne Zwischenglühung bei eine deutliche Abhängigkeit von
2,5 mm (Warmwalzplattendicke 7,6 mm). :Fertig- der Geschwindigkeit der Abküh-
bleche bei 400'C weichgeglüht (nach ALUSUISSE).
lung nach der Warmwalzplatten -
glühung. Die weichgeglühten
I 0,65 mm dicken Bleche, die aus

+
0 I I
I
I einer bei620°CgeglühtenWarm-
I V
H !
I ltenglühun9-
~hne pa r11it~nglü~ung
.-/

--.....;
walzplatte mit rascher Abküh-
lung auf 30 bis 50°C (2 min)
hergestellt wurden, hatten hö-
5 4 3 70,80,5
B/echdicke here Zipfel in 0/90 -Lage als die
0

Ahb. 336. Zipfelbildung bei Blechen aus Straugguß- Proben, die während 10 Minuten
barren 99,3% mit und ohne Warmwalzplatten- von 620°C auf die gleiche Tem-
glühung (Warmwalzplattendicke 7,6 mm). Fertig-
bleche bei 400°C weichgegliiht (nach ALUSUISSE). peratur abgekühlt wurden.

4.43 Einfluß der Barrenglühbedingungen


Bei der beschriebenen Abhängigkeit der Zipfelbildung von den Warm-
walzbedingungen wurde vorausgesetzt, daß Warmwalztemperatur und
Barrenglühtemperatur einander praktisch entsprechen, und daß die Vor-
wärmung der Barren für das Warmwalzen während genügend langer
Dauer erfolgt ist. Weicht die Warmwalztemperatur von der Temperatur
der Barrenglühung ab, indem beispielsweise die Walzbarren nach einer
Hochglühung bei tieferer Temperatur warmgewalzt werden, so ändern
sich die Verhältnisse und es ergibt sich eine Abhängigkeit, wie sie Abb. 337
veranschaulicht. Abweichungen lassen sich auch feststellen, wenn die
Glühdauer der Barren zu kurz ist. Aus Abb. 338 ist ersichtlich, daß
Ronden, die aus den unmittelbar nach Erreichen der Solltemperatur ver-
Lit. S. 424] 4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminium 417

walzten Barren stammen, ein gänzlich anderes Verhalten zeigen als


Barren mit längerer Verweilzeit bei gleicher Temperatur. Selbst nach
3stündiger Vorwärmdauer zeigt sich z. T. noch eine Zipfelbildung, die
tieferen vVarmwalztempera.
75,------,-----,-----,----,---,-'"
turen entspricht. Nach einer %
6· und 12stündigen Glüh·
dauer bei der Solltemperatur 70
der Barrenanwärmung zeigen o
die Werte der Zipfclbildung ~

eine gute Übereinstimmung


mit den Kurvenwerten der
Abb.337.

Abb. 337. Zipfelbildung in Abhängig·


keit von Barrenglühbehandlung und
Warmwalztemperatur. (Reinaluminium
AI 99,5, weich, Fe: Si·Verhältnis ~ 2: 1)
Warmwalzplattendicke: 5,5 bis 6 mm;
Weichglühtemperatur 400'0 (2 h)
Barrenglühtemp. Warmwalztemp.
a 550'0 550'0
b 550'0' 400'0
c 550'0" 400'0
d 400'0 400'0
• von 550'0 auf 400'0 an Luft abge·
3 7,5 0,8 0,60,5
kühlt und 8 Std. bei dieser Temperatur 8/echdicke
! I I!! I
geglüht. 45bis50 64bis67 7Jbis75 83 86 % 97
•• von 550'0 auf Raumtemperatur ab· KaltverformungsgrlId
gekühlt, auf 400 '0 aufgeheizt und 12 Std.
bei dieser Temperatur geglüht.
Schraffierter Bereich ~ zulässige
Zipfelhöhe 75,----,------,--~--,---,-,

(nach ALUSUISSE). %

70

Abb. 338. Zipfelbildung bei weichge·


glühten Reinaluminiumblechen aus
Strangguß Al 99,5 (Fe:Si·Verhältnis
~ 2: 1) in Abhängigkeit von der Barren·
70
glühdauer bei Walztemperatur.
Aufheizdauer : je etwa 4 Std.
Warmwalztemperatur: "" 510"0;
75
Warmwalzplattendicke: 5,5 bis 5,7 mm; J mm E 7,5 0,8
Weichglühtemperatur: 400'0 (2 h). B/echdicke
Schraffierter Bereich ~ zulässige I I I I I I
Zipfelhöhe 46 84 73 BE 88 %
(nach ALUSUISSE). Kalfverformungsgrad

27 Altcnpohl, Aluminium
418 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

4.44 Einfluß des Eisen: Silizium- Verhältnisses


Die Neigung zur Zipfelbildung wird durch Legierungszusätze beein-
Hußt. Auch die natürlichen Verunreinigungen des Reinaluminiums Eisen
und Silizium und das Verhältnis ihrer Konzentrationen vermögen das
ZipfelverhaIten maßgeblich zu verändern [134]. Dabei begünstigt ein
Siliziumüberschuß die Of900-Lage der Zipfel, eine Erhöhung des Eisen-
o
~ 8.---------r---------r--------.--~

~ ~ ~~--------~--------~------~--~
""j""%
::::::::;s:
~~
~ ~ o~~~~~~~~~~~~%%~%~

~
~
V~~~~~~~~~~~~~~~~~
~ 80
Kollverformungsgrad
Abb.339. Abhängigkeit der Zipfelbildung von Warmwalztemperatnr nnd Kaltverformungsgrad.
Fe:Si·Verhältnis = 3:1 (Reinaluminium Al 99,2).
Warmwalztemperatnr :
- - - - 400°C, --- - - 500°C, - - - 600°C; Weichglühtemperatnr 400°C.
Schraffierter Bereich = zulässige Zipfelböhe
(nach ALUSUISSE).

~I~
~""
~~
~~~~--~~~--~~
~
_ 8o~'O~------~--------~--------~ru~
u, 70 80
Kollverformungsgrad
Abb. 340. Abhängigkeit der Zipfelbildung von Warmwalztemperatnr und Kaltverformungsgrad.
Fe : Si-Verhältnis = 1: 1 (Reinaluminium Al 99,2).
Warmwalztemperatnr :
- - - - 400°C, - - - 500°C, - - - - - 600°C; Weichglühtemperatur 400°C (2 h).
Schraffierter Bereich = zulässige Zipfelböhe
(nach ALUSUISSE).

gehaltes dagegen die 45°-Orientierung. Durch .Änderung des Verhältnisses


Eisen: Silizium, das sich bei normalem Handelsaluminium etwa in den
Grenzen 1,5: 1 bis 4: 1 bewegt, auf 1: 1 bis 1 :2, erzielt man ähnliche Effekte
wie bei einer Senkung der Warmwalztemperatur oder des Kaltverfor-
mungsgrades. Aus Abb. 339 geht hervor, daß bei einem Verhältnis Eisen:
Silizium = 3: 1 die weichgeglühten Bänder aus Reinaluminium 99,2
(Eisen 0,61 %, Silizium 0,20 %) bei Warmwalztemperaturen um 500° C
starke Zipfel unter 45° aufweisen; durch eine Erhöhung des Silizium-
Lit. S. 424] 4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminium 419

gehaltes, bei sonst gleicher Reinheit, verschieben sich die Zipfel in Rich-
tung 0/90° und liegen bei den üblichen hohen Warmwalztemperaturen
zwischen 500 und 600 oe bereits so günstig, daß ein Großteil der Bleche
und Bänder der handelsüblichen Dicken in zipfelarmer Qualität her-
gestellt werden können (Abb. 340 bis 342). Da jedoch mit zunehmendem
Siliziumüberschuß eine Neigung zur Kornvergröberung bei den Fertig-

o
~ ~LO--------~7~O--------~80~------~9~0-no/,'o~95
Kalfverformungsgrad
Abb.341. Abhängigkeit der Zipfelbildung von Warmwalztemperatur und Kaltvprfnrmungsgrad.
Fe:Si-Verhältnis ~ 1:3 (Reinaluminium Al 99,2).
Warmwalztemperatur:
- - - - - 400°C, - - - 500"C, - - - - - 600"C; Weichglühtemperatur 400°C (2h).
Schraffierter Bereich ~ zulässige Zipfelhöhe
(nach ALUSUISSE).

80 90 % 95
Ka/fverformungsgrad
Abb. 342. Abhängigkeit der Zipfelbildung von Warmwalztemperatur llnd Kaltverformungsgrad.
Fe:Si-Verhältnis ~ 1: 7 (Reinaluminium Al 99,2).
Warmwalztemperatur :
- - - - - 400°C, - - - 500°C, - - - - - 600°C; Weichglühtemperatur 400°C (2 h).
Schraffierter Bereich ~ zulässige Zipfelhöhe
(nach ALUSUISSl~).

blechen besteht und zudem auch die Gießbarkeit der Barren etwas beein-
trächtigt wird, ist es vorteilhaft, den Siliziumüberschuß möglichst klein
zu halten. Ein Eisen: Silizium -Verhältnis von 1 : 1 dürfte in der Praxis in
den meisten Fällen genügen. Eine Anpassung des Eisen: Silizium-Ver-
hältnisses an die gewünschte vVarmwalztemperatur bietet überdies den
Vorteil, daß die Warmverformung bei ein und derselben Temperatur für
einen weiten Kaltverformungsbereich auf einheitliche Plattenstärken
vorgenommen werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, daß auch die Aus-
gangsbarren für dünnere Bleche bei den wünschbaren höheren Tempera-
turen gewalzt werden können.

27*
420 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

4.45 Einfluß des Reinheitsgrades

Bei hohen Reinheitsgraden, etwa zwischen 99,7 und 99,9%, ist es


auch bei optimaler Einhaltung der oben beschriebenen Grundregeln
schwierig, zipfelarme Ziehteile zu erhalten [105]. Bei normalen Tempera-
turen zwischen 500 und 550 oe warmgewalzte Bleche und Bänder zeigen
überdies größere Streuungen in der Zipfelbildung. Tiefe Warmwalz-
temperaturen, die bei Reinheitsgraden zwischen etwa 99,0 und 99,5%
die Zipfel stark in Richtung 0/90° verschieben, sind bei hohen Reinheits-
graden praktisch ohne Einfluß. Abb. 343
s
% zeigt die Abhängigkeit der Zipfelbildung
!..-- ~~
..........-
.....-. V
vom Reinheitsgrad bei verschiedenen
Warmwalzbedingungen. Bei der Warm-

.., 70 L
Y.
/ walztem pera tur 400 oe zeigen die Bleche
. /
....-- II + bis zu einer Reinheit von 99,4% nur

'"~
-c::
'<::>
eine schwache Zipfelbildung in 45°. Mit
~
~ V
.,,?- +/ zunehmendem Reinheitsgrad des Mate-
"<
rials nimmt jedoch die Zipfelbildung in

-
5

\ / Richtung 45° stark zu. Bei der W alztem-


V peratur 500 oe treten erwartungsgemäß
..,.
0
'<>

",] r I auch bei den tiefen Reinheitsgraden

~
~
I
099,799,3 99,399,4 99,599,6 99,7 99,8
Fe: Si '" 3:7 ausgeprägte 45°-Zipfel auf, die bei zu-
.~ % 700 nehmender Reinheit der Bleche größer
"< Reinhetfsgrad werden. Bei hohen Warmwalztempera-
turen zwischen 550 und 600 oe verschie-
o
<::>
~ Abb. 343. Abhängigkeit der Zipfelbildung
von der Warmwalztemperatur bei 0,5 mm ben sich die vorerst leicht ansteigenden
dicken Reinaluminiumblechen verschie·
dener Reinheitsgrade (Kaltverformungs-
Zipfelwerte bei Reinheitsgraden über
grad 94%). etwa 99,5 % in Richtung 0/90°. Eine ähn-
Warmwalztemperatnr : 1iche Abhängigkeit zeigt sich auch bei ge-
0 - - 0 400°C, . - - . 500°C,
+--+ 600°C; ringerer Kaltverformung, wobei die
Weichglühtemperatnr 400°C (2 h) Werte lediglich etwas in 0/90° verschoben
(nach ALUSUISSE). werden. Diese bei hohen Reinheits-
graden außerordentlich starke Abhän-
gigkeit des Zipfelverhaltens von der Warmwalztemperatur erklärt die
vielfach beobachteten starken Streuungen der Zipfelwerte. Die neben
dem Kaltverformungsgrad für das Zipfelverhalten maßgeblich verant-
wortliche Barrenglühbehandlung sowie die erwähnte Abhängigkeit von
der Konzentration der natürlichen Verunreinigungen Eisen und Silizium
deuten darauf hin, daß Lage und Höhe der Zipfel durch einen, je nach
den gewählten Glühbedingungen hervorgerufenen, verschieden starken
Abbau der im Stranggußbarren vorliegenden Übersättigung an Eisen
und Silizium gesteuert werden. Die größere Bedeutung kommt dabei
dem Eisen zu [76], das je nach Übersättigungsgrad die Ausbildung von
Lit. i:l. 424] 4.4 Zipfel bildung bei Reinaluminium 421

extrem hohen Zipfeln in 45° zur Walzrichtung hervorruft. Die Abb. 344a
bis d zeigen die Veränderungen des Gußgefüges bei Reinaluminium
Al 99,5 (Eisen: Silizium = 2: 1) nach 24stündiger Glühung bei verschie-
denen Temperaturen. Nach Barrenglühung bei 600 0 e (Abb.344b)
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\
",,' -
300:1
Abb.344a-d. (tucri"lchliffe durch Guß gefüge VOll Reinaluluiniulll A19~),5 (nach ALlJSUISSE).
a) Reinaluminium-Stranggnßgefüge, ungeglühtes AusgangsmateriaJ. Elektrolytisch poliert;
Atzung: HF + H)/O, + HCI + H,O/30 s.
b) Reinaluminiutn·Gußgefiige. 24 h bei 600"C geglüht. Al ,Fe-Nadeln. Elektrolytisch poliert.
Atzung: 0,5% HF, imin.
e) ReinaluIlliniuIll·Gußgefügc, i4 h bei 500"C geglüht. AIFeSi-Segregat. Elektrolytisch poliert.
Atzung: HF + HNO, + HCI + H,O/30 s.
d) Reillalumininm·Gußgefiige, 24 h bei 400"C geglüht. AIFeSi-Segregat. Elektrolytisch poliert.
Atzung: HF + HXO,I- HCI + H,O/30 s.

erscheinen A1 3 Fe-Nadeln, die im unbehandelten Gußgefüge (Abb. 344a)


nicht beobachtet werden. Dies bedeutet, daß ein Teil des in übersättigter
Lösung befindlichen Eisens ausgeschieden wird. Da die Entmischung
jedoch nur unvollständig ist, neigen Bleche aus solchen Barren noch stark
zur 45°-Zipfelung. Im Gefüge der bei 500 oe geglühten Barren treten keine
Eisenaluminidnadeln mehr auf (Abb. 344c), hingegen beobachtet man
die Ausscheidung von AIFeSi-Scgregat, das, woraufW. BUNK und P. ESSLlN-
GER [65] hingewiesen haben, ebenfalls einen Abbau der Übersättigung zur
Folge hat. Bei 500 0 ist jedoch die Segregatbildung noch relativ gering,
422 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 424

so daß die Zipfelwerte in 45° noch ziemlich hoch liegen. Erst bei tieferen
Warmwalztemperaturen (400°0) nimmt, wie Abb. 334d zeigt, die Aus·
scheidung von AlFeSi.Segregat stark zu. Die Zipfel verschieben sich daher
stark in Richtung 0/90°. Alle Maßnahmen, die zu einem Abbau des über·
sättigten Eisens führen, vermindern die 45°.Zipfelung [30, 119]. Hier ist
zunächst auf den Einfluß einer lang.
samen Erstarrung hinzuweisen (Ko·
killenguß oder Stranggießen mit tie·
fern Sumpf). Des weiteren haben die
Barrenglühbedingungen (vor allem
die Dauer dieser Wärmebehandlung)
und die Siliziumkönzentration einen
starken Einfluß auf den Abbau der
Übersättigung des Eisens. Das Auf·
treten von 0/90°.Zipfeln bei tiefen
Warmwalztemperaturen ist bei nied·
rigen Reinheitsgraden wegen der
weitgehenden Ausscheidungsmög·
lichkeit von AIFeSi verständlich,
0,03 0,04 O,Og (Jew.·% 0, 10
Bery/liumgeholf
ebenso die Wirkung eines erhöhten
Siliziumgehaltes bzw. eines günstigen
Abb. 345. Einfluß von Beryllium auf die Zipfel·
bildung bei Reinaluminium Al 99.8, weich; Eisen: Silizium . Verhältnisses, wie
Fe: Si "" 2: 1; Blechdicke : 0,5 mm; Kaltwalz· D. ALTENPoHL und B. LIEBMANN im
grad: 92%. Weichglühtemperatur 400'C (2 h)
(nach AL USUISSE). einzelnen beschrieben haben [76].
Das abweichende Verhalten von Ble·
ehen hoher Reinheitsgrade mit niedriger Siliziumkonzentration läßt
sich hiermit ebenfalls leicht deuten. Eine Verschiebung der Zipfel in
Richtung 0/90° ist hier nur durch hohe Glühung unter Ausscheidung
des übersättigten Eisens als Al 3Fe möglich.

4.46 Einfluß des Zusatzes von Beryllium, Chrom oder Vanadium


Auch andere Elemente, die mit Eisen Verbindungen eingehen, wirken
ähnlich wie Silizium [129, 135,136]. Besonders wirksam ist Beryllium, das
bei tief warmgewalztem (400°0) Reinaluminium höherer Reinheitsgrade
schon bei geringen Zusätzen eine starke Verschiebung der Zipfel in Rich·
tung 0/90° verursacht. Abb. 345 zeigt diesen Einfluß bei Reinaluminium
99,8% mit einem Eisen:Silizium·Verhältnis von 2:1. Bei einem Kalt·
verformungsgrad von 92 % ergibt das berylliumfreie Blech bei 400 °0
Warmwalztemperatur eine Zipfelung von ca. 8% in 45° zur Walzrichtung.
Schon durch einen Zusatz von 0,02% Be ändert die Zipfellage nach
0/90°, infolge Ausscheidung des übersättigten Eisens als unlösliche
Beryllium.Eisen.Verbindung. Bei Berylliumgehalten zwischen 0,05 und
Lit. 1:\. 424] 4.4 Zipfelbildung bei Reinaluminium 423

0,1 % erreicht man Zipfelwerte, wie sie unter gleichen Bedingungen üb-
licherweise nur bei Reinstaluminium beobachtet werden. Auch bei nor-
malen Walztemperaturen (500°C) treten bei genügend hohem Beryllium-
gehalt Zipfel in Oj90 auf. Durch Diffusionsversuche an Reinstaluminium
C

73
%
r--.
------
8
-----. '~'Vo/
r--.. . . ~c?,B/'Olu/, --

------ :- - . . ___.. . . Ft
----

.......
900°C -.......

------ ~
~
0,70 0, 72 0,74 0,78 Gew. - % 0,20
f'1angangeha/f
Abh. 346. Einfluß vOlllVIangan auf die Zipfelbildung bei Reinallllniniulll AI99.8, weich; Fe: Ki = 1.5
hi" cl: 1. Hlechdicke: 0.5 1I1Tll: Kaltwalzgrad : 92%. Weichglühtelllperatnr 400'C (2 h)
(nach ALnmrSSE).

mit Eisen- und Berylliumzusätzen ließ sich die Bildung solcher Beryllium-
Eisen-Verbindungen nachweisen. Auch geringe Zusätze von Mangan,
Chrom oder Vanadium zeigen ähnliche Effekte, da ihre Aluminide Eisen
aufzunehmen vermögen. Ahb. 346 zeigt den Einfluß geringer Mengen

~'---~----,---,----r---.
%
8r---~~~---+----r-~

Abb.347. }<;inftulJ n)ll Chro!ll alll die Ziplelbil- Abb. ~4~. Einfluß von Yanadilllll auf die Zipfel-
dung bei Reilluluminiulll Al mUt weich; }'e:Hi bildung bei Reinalulllinium Al 99,S, weich;
= 2: 1; Blechdicke : 0.5 UUlI; Kaltwalzgrad : Fe: Si = 2: 1, Blechdicke : 0,5 mm; Kaltwalz-
H~~;). 'Veichglühtempefatur 400 0 ( ' (~h) i1.rad: 92°0. ""eichglühtenlperatur 400°C (2 h)
(Ilach AIX~T·I"SE). (nach AL{TSrrSRE).

Mangan beim gleichen Basismetall 99,8%. Es übt eme etwas geringere


Wirkung aus als Beryllium. Je nach Reckgrad beobachtet man eine Andc-
rung der Textur schon bei 0,05% Mn; im vorliegenden Falle, mit 92%
Kaltverfestigung, erreicht man Zipfelfreiheit jedoch erst bei einem Mangan-
gehalt von 0.15%. Zu~ätz8 bis etwa 0,4% führen zur Oj900-Lage, bei noch
424 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik

höheren Konzentrationen tritt wieder die Verformungstextur mit Zipfeln


in 45° zur Walzrichtung auf.
Abb.347 und 348 zeigen die Wirkung von Chrom und Vanadium.
Durch diese beiden Elemente wird ebenfalls eine starke Verschiebung der
Zipfel nach 0/90° bewirkt.

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5. Theorie der Aushärtung

5.1 Phänomenologie der Aushärtung


Von G. Hofmann, Stuttgart 1

5.11 Einleitung

ALFRED WILM [lJ entdeckte 1906, daß die Härte einer von 450°C
abgeschreckten Aluminiumlegierung mit 4% Cu und 0,5% Mg während
einer nachfolgenden Auslagerung bei Raumtemperatur beträchtlich
angestiegen war. 1911 erschien seine erste Mitteilung [2] über die "Ver-
edlung" von Aluminiumlegierungen. Die in manchem Rückblick [3, 4]
gewürdigten Arbeiten von A. WILM stellten die metallkundliehe For-
schung vor ungezählte neue Fragen und förderten maßgeblich die weitere
technische Entwicklung.
Der Abschnitt "Phänomenologie der Aushärtung" enthält eine Dar-
stellung der Voraussetzungen und Maßnahmen, die für die Aushärtung
einer Legierung notwendig ,.;ind. Sodann wird an Hand ausgewählter Bei-
spiele auf die im Verlaufe der Aushärtung auftretenden Eigenschafts-
änderungen hingewiesen. Die strukturellen Umlagerungen werden in
Form einer kurzen Übersicht abgehandelt. Sie werden im einzelnen in
Kap. 5.2 beschrieben.
5.111 Voraussetzungen und Maßnahmen für die Aushärtung. Defini-
tion von Kalt- und Warmaushärtung. Die konstitutionelle Voraussetzung
für eine Aushärtung ist nach P. D. MERICA, R. G. WALTENBERG und
H. SCOT'f [5] die temperaturabhängige Löslichkeit des Aluminium-Misch-
kristalls für eine zweite Kristallart. Die Maßnahmen, die zu einer Aus-
härtung führen, sind folgende: Das Lösungsglühen 2, das hinreichend
schnelle Abkühlen auf Raumtemperatur und das Auslagern daselbst oder
bei höherer Temperatur 3 .

1 jetzt Chippis (Schweiz).


2 Statt Lösungsglühen wird auch von "Homogenisierungsglühen" gesprochpn.
3 Bei der VVarmauslagerung spricht man auch von "Anlassen".
428 B. .Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Bei der Aushärtung finden folgende Vorgänge statt:


Das Lösungsglühen wird gem. Abb. 349 im Zustandsfeld des homogenen
IX-Mischkristalls durchgeführt und bezweckt die Lösung vorher ausge-
schiedener Partikel der Phase ß. Die Abschreckbehandlung hat zum Ziel,
den bei hoher Temperatur bestehenden Zustand bei Raumtemperatur
zu erhalten. Während des Auslagerns treten Entmischungsvorgänge auf,
die zu den Aushärtungserscheinungen führen.
Der übersättigte IX-Mischkristall hat das Bestreben, in den bei tiefen
Temperaturen bestehenden Gleichgewichtszustand überzugehen. Dem
Zustandsbild gemäß lautet die Umsetzungsgleichung

IX übersättigt --+ IX gesättigt + ß.


In Wirklichkeit treten im allgemeinen metastabile Zwischenzustände
auf, ehe der Gleichgewichtszustand erreicht wird. Diese können unter-
schiedlicher Art sein. Einmal sind Atomumlagerun-
gen innerhalb des Matrixgitters möglich, die als "ein-
phasige Entmischung" oder neuerdings auch als
"kohärente Ausscheidung" bezeichnet werden, weil
T die gelösten Atome sich in bestimmten Bezirken
anreichern. Die an dem Legierungselement ange-
reicherten Zonen werden GUINIER-PREsToN-Zonen
(f,+ß (G. P.-Zonen) genannt, weil sie von diesen beiden
Forschern 1938 erstmals nachgewiesen worden sind
~-----------4--
AI ß [6, 7]. Der sich in homogener Phase abspielende
Abb. 349. Schematisches Platzwechsel der Atome führt zu einer Härte-
Zustandsdiagramm eines steigerung, die "Kaltaushärtung" genannt wird.
aushärtbaren Legienmgs-
systems. Bei etwas höherer Temperatur können, wie erstmals
G. WASSERMANN und J. WEERTS [8] berichtet haben,
metastabile Ausscheidungen einer' Zwischenphase entstehen, die ein
anderes Gitter als die Matrix und die stabile Ausscheidungsphase hat. Zu
Beginn dieses Ausscheidungsprozesses findet meist eine kräftige Härte-
steigerung statt, die als "Warmaushärtung" bezeichnet wird. Bei weiterer
Temperatursteigerung entsteht schließlich die stabile Gleichgewichts-
phase. Der damit häufig verbundene Härteabfall wird als "Überalterung"
bezeichnet.
5.112 Untersuchungsmethoden. Kaltaushärtung und Warmaushär-
tung treten nicht nur nacheinander, sondern auch nebeneinander auf.
Eine der Hauptaufgaben der Forschung besteht deshalb in einer sorg-
fältigen Analyse der sich einstellenden Zustände. Dazu bedarf es solcher
Methoden, die den jeweiligen strukturellen Zustand zu beschreiben ver-
mögen, und zum anderen der kinetischen Verfolgung der Eigenschafts-
änderungen.
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 429

Grundvoraussetzung für eine Aushärtungsbehandlung ist die Kennt-


nis der temperaturabhängigen Sättigungskonzentration des Aluminium-
mischkristalls. Sie kann durch thermische Analyse bestimmt werden,
indem für eine geeignete Reihe von Legierungen Eigenschaft-Tempera-
tur-Kurven aufgenommen werden. Der Phasenübergang heterogen-
homogen wird durch eine Änderung der Temperaturabhängigkeit der
betreffenden Eigenschaft angezeigt. Sie kann auch durch Raumtempera-
turmessung der Eigenschaften von Proben, die von verschiedenen Tem-
peraturen abgeschreckt worden sind, in Abhängigkeit von der Konzen-
tration ermittelt werden. Die Meßwerte im heterogenen Bereich liegen auf
Geraden, deren Schnittpunkt mit dem Kurvenast im homogenen Gebiet
die Sättigungskonzentration für die jeweilige Abschrecktemperatur
angibt. Für derartige Untersuchungen eignet sich besonders die röntgeno-
graphische Bestimmung der Gitterkonstante der Matrix [9], die Messung
des elektrischen Widerstandes [10] oder der magnetischen Suszeptibili-
tät [11]. Auch die mikroskopische Gefügebeobachtung und in Sonder-
fällen die chemische Analyse [12] kann mit Erfolg benutzt werden.
Die strukturelle Analyse der verschiedenen Aushärtungszustände ist
überwiegend den röntgenographischen Untersuchungsverfahren vor-
behalten. In neuerer Zeit ist für die Vorgänge in homogener Phase beson-
ders die Kleinwinkeltechnik in den Vordergrund getreten.
Eine direkte Beobachtung des Gefüges wird durch das Elektronen-
mikroskop und durch Röntgendurchstrahlung ermöglicht. Das licht-
mikroskop kann erst im fortgeschrittenen Stadium der Warmaushärtung
(heterogene Ausscheidung) herangezogen werden.
Zur Verfolgung des zeitlichen Verlaufes der Aushärtung werden so-
wohl technologische als auch physikalische Eigenschaften herangezogen.
Härte, Dehngrenze, Zugfestigkeit und Dehnung sind von den technolo-
gischen Eigenschaften bevo!",wgt als Kenngrößen gemessen worden. Bei
den physikalischen Eigenschaften dominiert der elektrische Widerstand,
weil er auf Strukturänderungen sehr empfindlich anspricht und verhält-
nismäßig bequem zu messen ist. Ein weiterer Vorteil liegt in der zer-
störungsfreien Meßmethode. Messungen der magnetischen Suszeptibilität,
der Thermokraft und der HALL-Konstante sind ebenfalls bedeutungsvolle,
aber aufwendigere Untersuchungsverfahren. Längen- und Dichte-
änderungen sind relativ selten gemessen worden. Zuletzt sind noch die
kalorischen Messungen hervorzuheben, weil sie weitgehend frei von stören-
den Nebeneinflüssen die für die Ausbildung der verschiedenen Aushär-
tungszustände maßgeblichen Reaktionswärmen quantitativ zu erfassen
vermögf'n.
430 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

5.12 tJbersicht über die bei der Aushärtung ablautenden Vorgänge

5.121 Warmaushärtung. Ein denkbar einfaches Aushärtungsverhalten


zeigen die Aluminium-Silizium-Legierungen, da bei diesen nur eine
Warmaushärtung erfolgt [13]. Das bei der Auslagerungstemperatur über
den Sättigungsgehalt hinaus gelöste Silizium wird aus dem übersättigten
Mischkristall in elementarer Form ausgeschieden. Wie man schon sehr
früh erkannt hat, hängt dabei die Änderung einer Eigenschaft von der
Zahl, der Größe und der Verteilung der in der Matrix entstandenen
Partikel ab. Dies trifft besonders für die strukturempfindlichen Festig-
keitsgrößen zu, deren Maxima und Minima im Verlauf der Aushärtung
jeweils an einen "kritischen Dispersionsgrad" gebunden sind.

3* 50 ~O
'10-8 '1O-~
V/grd Q-1 cm-1 kpjmm Z
-~O 33 *5 30
=<::
<t:: ~
~ ~
~<::> :t 30
'<::>
~

::t::
~
*0 ,~ 30.~
~ .,
~ <-
"-50 :!!:
~ -=>
iJ8 j5 10

-GO iJG 0
0 100 200 300 400
An/aßfemperafur
Abb. 350. Einfluß der Anlaßtemperatur auf Leitfähigkeit, Thermokraft, Härte und Verwlndezahl
einer von 560·0 abgeschreckten Aluminiumlegierung mit 1,2% Si
(nach W. KÖSTER u. W. KNORR [14]).

Abb.350 zeigt die Änderung der Leitfähigkeit, Thermokraft, Härte


und Verwindezahl einer Aluminiumlegierung mit 1,2% Si und 0,08% Fe
nach Abschrecken von 560 0 e und darauffolgendem isochronen Anlassen
während 30 Minuten bei steigenden Temperaturen [14]. Elektrische Leit-
fähigkeit und Thermokraft steigen infolge der Siliziumausscheidung bis
zu etwa 300 oe an, wie es zu erwarten ist, wenn aus einem übersättigten
Mischkristall eine zweite Kristallart heterogen ausgeschieden wird. Die
Härte sollte erwartungsgemäß bei diesem Vorgang abnehmen. Ihre Zu-
nahme ist die ursprünglich als Anomalie empfundene Begleiterscheinung
des Mischkristallzerfalls, in diesem Fall die " Warmaushärtung" .
Die Verwindezahl, die ein Maß für das Formänderungsvermögen ist,
nimmt zu Beginn der Ausscheidung ab und durchläuft bei etwa 225 oe
einen Tiefstwert, bevor die Härte als Maß für den Formänderungs-
widerstand ihren Höchstwert bei 300 oe erreicht hat. Der Verlust des
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 431

Formänderungsvermögens ist charakteristisch für eine Warmaushärtung.


Die Änderung der Eigenschaften oberhalb 300 oe ist durch die zuneh-
mende Löslichkeit des Siliziums im Aluminium bedingt. Die einzelnen
Eigenschaften sprechen, wie man sieht, auf die strukturellen Änderungen
während der Ausscheidung unterschiedlich an.

-bO
LIO~=====;====';"~::==;;:==~======::;::=:====~
~75°C /

Abb.351. Zeitliche Ändernn!! der Leitfähigkeit, Thermokraft nnd Verwindezahl beim Anlassen einer
von 560"C abgeschreckten Alurniniurnlegierung Illit 1,2% Si (nach W. KÖSTER n. W. KNORR [14]).

Abb. 351 lIeigt dio Isothermen der Leitfähigkeit, Thermokraft und


Verwindezahl [14]. Leitfähigkeit und Thermokraft streben gleichmäßig
dem von der Auslagerungstemperatur bestimmten Endwert zu. Die
Verwindezahl nimmt dagegen lIuerst ab und steigt dann wieder an. Das
hierbei durchlaufende Minimum wird mit zunehmender Auslagerungs-
temperatur zu kürzeren Anlaßlleiten verschoben.
Den charaktel'isti"chen Verlauf der Härteänderung bei der Warm-
aushärtung zeigt ALb. 352 [151 am Beispiel einer Aluminium-Silber-
Legierung. Bei isochroner Behandlung durchläuft die Härte ein Maximum.
das bei um so geringeren Anlaßtemperaturen liegt, je länger die Anlaß-
dauer war. Da die \Varmaushärtung durch eine Ausscheidung bewirkt
wird, geht ihr eine Keimbildung voraus. Der Tangens der Warmaushär-
tungsisothermen ist daher im Ausgangspunkt gleich null, wie es etwa am
432 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Beispiel der Leitfähigkeitsisothermen (Abb.351) zu erkennen ist. Mit


steigender Auslagerungstemperatur verläuft die Keimbildung immer
rascher, so daß die Keimbildungszeit sich der Beobachtung entziehen
kann.
Bei der Warmaushärtung stellt sich im allgemeinen nicht sofort das
stabile Gleichgewicht ein. Vielfach scheidet sich anstelle der stabilen
intermetallischen Phase vorher eine metastabile Phase aus (es können

190,----,--...,----,--,.;-=:;,...-,.--,"V"""'..--r---.,
kpJmm e
180 1----+---/---I--IHl4-\l'~Hl--H--llt-_Hr----\l

170!---+--t---f-Jt--t++--cH--t-Y---ttttt---1rl

lCO 1----+---/--f-+t+i-l--H-t+-\-+--lfI---\-------l

20 co 100 1~0 180 220 • 200


Anlaßfemperafur
Abb.352. Abhängigkeit der Härte einer Aluminiumlegierung mit 38% Ag von der Anlaßtemperatur
bei verschiedener Auslagerungsdauer (nach W. KÖSTER u. F. BRAUMANN [15]).

auch mehrere sein). So bildet sich im System Aluminium-Kupfer vor der


e-Phase Al 2Cu die e'-Phase mit einem verzerrten Kalziumfluoridgitter
[16] aus; oder im System Aluminium-Silber die hexagonale Zwischen-
phase y', die sich von der hexagonalen Gleichgewichtsphase y durch etwas
andere Gitterkonstanten unterscheidet [17]. In ternären Legierungen kann
zuerst eine Phase auftreten, die im Zustandsdiagramm an ganz anderer
Stelle liegt als die Gleichgewichtsphase, z. B. bei den Aluminium-
Magnesium-Zink-Legierungen statt der ternären Kristallart T der unge-
fähren Zusammensetzung Al 2MgaZna erst die binäre Phase MgZn 2 [18].
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 433

Ein weiteres Beispiel dieser Art ist in Abb. 366 wiedergegeben (Legierung
AlMgSi). Die Ausscheidung der Nicht-Gleichgewichtsphasen erfolgt meist
semikohärent, d. h., Ausscheidung und Matrix haben einige Gitterebenen
gemeinsam. Mit dem Übergang in die Gleichgewichtsphase geht die
Kohärenz verloren.
5.122 Kaltaushärtung. Die Kaltaushärtung tritt bei Aluminium-
legierungen vielfach schon bei Raumtemperatur auf. Sie ist, wie A. GUI-
NIER [6] und G. D PRESTON [7] 1938 gezeigt haben, und wie später aus-

;(
160

kp/mm 2

1'10
,rx V 150
100

50
x

~
130

~
30

100
o 8 1Z 1& h cO
Auslagerungsdauer
Abb. 353. Zeitliche Änderung der Härte einer von 545 oe abgeschreckten Aluminiumlegierung mit
38% Ag bei verRchiedenen Anlaßtemperaturen (nach W. KÖSTER u. F. BRAUMANN [1.'n.

führlich erörtert werden wird, auf flächenhafte (AIOu), kugelförmige


(AlAg; AIZn) oder anders geformte Ansammlungen der gelösten Atome
im Aluminium-Wirtsgitter zurückzuführen. Da die gelösten Atome auf
Gitterplätzen des Aluminiums verbleiben und kein neues Gitter aufge-
baut wird, entfällt hier die Keimbildung. Demzufolge hat der Tangens der
Kaltaushärtungsisothermen zu Beginn der Auslagerung einen endlichen
Wert.
Dies ist beispielsweise den in Abb.353 gezeigten Härteisothermen
einer Aluminium-Silber-Legierung mit 38% Ag zu entnehmen [15]. Die
Isothermen streben einem temperaturabhängigen Endwert zu, der mit
steigender Auslagerungstemperatur in kürzeren Anlaßzeiten erreicht
wird. Der Endwert steigt bis 150 °0 an und nimmt bei weiterer Erhöhung
der Auslagerungstemperatur wieder ab. Oberhalb ca. 180°0 findet bei der
vorliegenden Aluminium-Silber-Legierung keine merkliche Kaltaushär-
tung mehr statt (Abb. 355). An die Kaltaushärtung schließt sich mit der
Zeit die Warmaushärtung an. Diese macht sich bei der 175°0-Isotherme
von Abb. 353 durch einen zweiten Härteanstieg bemerkbar. Die gleiche
Aussage vermittelt Abb. 352, welche die Versuche in isochroner Darstel-
lung zeigt (Kurvenverlauf unterhalb 180°0).

28 Altenpohl, Aluminium
434 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

5.123 Rückbildung. "Obergang von der Kaltaushärtung zur Warm-


aushärtung. Der Kaltaushärtungszustand kann durch kurzfristiges An-
lassen bei höheren Temperaturen (sie liegen bei den meisten Legierungen
in der Nähe von 200 °0) beseitigt werden. Man spricht bei einer derartigen
Wärmebehandlung von "Rückbildung", weil dadurch die Kaltaushär-
tung rückgängig gemacht wird. Sie setzt von neuem ein, wenn die Legie-
rung bei tieferer Auslagerungstemperatur erneut ausgelagert wird.

ICO"C 13h 1000C ~- d-

r=
c ~
zr'
~ V" c;?( -----V~ ~b
J-. ~
V li_
f--"
130 jbt-b,

~~-~
fLt- at
'---- &.---
a 3 - r-
I
-J- a3 at -
~a
I-lZr-lc-
/
l.:-/
110 f \Jg
o 30 0 90 mln 180 50 100 150 ·e "&'00
o 90 -Lh~J/O
0);-1 Anlaßfemperafur
Auslagerungsdauer
Abb. 354. Zeitliche Änderung der Härte bei stufenweiser Erniedrigung der Anlaßtemperatur (linker
Bildteil) sowie die erreichte Endhärte in Abhängigkeit von der Anlaßtemperatur (rechter Bildteil) von
einer Alumlniumlegierung mit 38% Ag (nach W. KÖSTElt u. F. BRAUMANN [15]).

Abb.354 gibt für eine Aluminium-Silber-Legierung mit 38% Ag die


zeitliche Änderung der Härte bei stufenweiser Erniedrigung der Anlaß-
temperatur wieder und im rechten Teil die Endwerte der Härteisothermen
in Abhängigkeit von der Auslagerungstemperatur . Wird die abgeschreckte
Legierung eine halbe Stunde bei steigenden Temperaturen angelassen, so
liegen die jeweils erreichten Höchstwerte auf der Kurve tcbag. Unter-
halb 130 °0 sind die gewählten Anlaßzeiten zu kurz, um die auf der Kurve
cde liegenden Gleichgewichtswerte zu erreichen. Wird nun etwa nach
dem Anlassen bei 175 °0 (Punkt a) in Abb. 354 die Auslagerungstempera-
tur auf 160°0 abgesenkt, so steigt die Härte erneut an und erreicht nach
90 Minuten den Gleichgewichtswert bei 160 °0 (Punkt b). Weitere stufen-
weise Erniedrigung der Auslagerungstemperatur führt zu der Härtezu-
nahme bc bei 130°0 und cd bei 100°0. Dabei spielt der Weg der Gleich-
gewichtseinstellung keine Rolle, weil zur Erreichung der Härtewerte b, c,
und d neben dem direkten Weg ebenso auch die Wege aa1b, aa 2c, aaad
oder aa1bb1c, aa1bb1cc1d und aa1bb.jl beschritten werden können. Die End-
werte können von hoher und von niedrigerer Temperatur kommend
erreicht werden. Mithin handelt es sich bei der zur Kaltaushärtung füh-
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 435

renden Entmischung um die Einstellung eines temperaturabhängigen


reversiblen Gleichgewichtes. Bei jeder Temperatur stellt sich ein bestimm-
ter Kaltaushärtungsgrad ein [19]. Das Temperatur-Konzentrations-
gebiet, in dem sich die Kaltaushärtung bei den Aluminium-Silber-Legie-
rungen ausbildet, ist in Abb. 355 in das 700 r--,--.,---r-,-----,,---,
Zustandsbild eingetragen. oe
Lange Zeit war die Frage umstritten, eoo ~~:::;::t~:f--=",."",~-k=::J
ob die Kaltaushärtung als Vorstufe der 5001----+--"cc'--+---6--"""'4-
Warmaushärtung zu betrachten ist ~
(Sequenz- Theorie) oder ob Kaltaushär- 1>_ 400 f---+"L--+--+--f----+---1
tung und Warmaushärtung zwei ge- j
3001-7'-+--+--+--1---+---1
trennte Erscheinungen sind. Für die
zweite Annahme spricht u. a. das Un-
tersuchungsergebnis der Temperatur-
abhängigkeit der spezifischen Wärme.
Abb. 356 gibt ihren Verlauf für eine Alu-
minium-Silber-Legierung mit 40% Ag
wieder, die nach dem Abschrecken noch Abb.355. Kaltaushärtungsgebiet im Zu-
standsschaubild Aluminium-Silber
7 Tage bei Raumtemperatur ausgela- (nach W. KÖSTElt u. ]'. BRAUMANN [15]).
gert worden war [20]. Wie aus der Ab-
weichung der experimentell ermittelten Kurve von der idealen Geraden
zu entnehmen ist, wird unterhalb 150°0 infolge Kaltaushärtung Wärme

o'~r-.,---,---,---,----,---,--~
cal/ g·grd

D.10 r--r----+---+---+---t-.(------+---f----------i

Abb. 356. Spezifische Wärme einer Aluminiumlegierung mit 40% Ag in Abhängigkeit


von der Temperatur (nach F. W. JONES U. P. LEECH [20]).

frei. Darüber hinaus jedoch wird bis zu etwa 220 °0 Wärme aufgenom-
men, weil der Kaltaushärtungszustand rückgebildet wird, bevor eine
neuerliche Wärmeabgabe bis zu etwa 280 °0 die zur Warmaushärtung

28*
436 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

führende Ausscheidung anzeigt. Oberhalb 280°C wird wiederum Wärme


aufgenommen, weil nun die Löslichkeit des Aluminium-Mischkristalls
stark zunimmt und daher die ausgeschiedene Phase wieder aufgelöst
wird.
A. KELLY und R. B. NWHOLSON [20a] interpretieren auf Grund elek-
tronenmikroskopischer Beobachtungen die Aushärtungsvorgänge neuer-
dings wieder im Sinne einer Sequenz. Als wesentliches Unterscheidungs-
merkmal für die einzelnen Stufen des Ausscheidungsprozesses dient der
Grad der Kohärenz zwischen Ausscheidungspartikel und Matrix. Kalt-
aushärtung wird demzufolge durch "kohärente Ausscheidung" von G. P.-
Zonen und Warmaushärtung durch "partiell kohärente" Ausscheidung
der metastabilen Zwischenphasen beschrieben. Die Ausscheidung der
GIeichgewichtsphase erfolgt inkohärent, d. h., daß ausgeschiedene Phase
und Matrix keine gemeinsame Gitterebene mehr als Grenzfläche haben.
Aus der Verfolgung der Aushärtungskinetik und aus Rückbildungs-
versuchen ergibt sich jedoch für die Aluminiumlegierungen, daß die
Entmischung in homogener Phase (Kaltaushärtung) nicht der vorberei-
tende Schritt zur Ausscheidung einer metastabilen, semikohärenten
Phase (Warmaushärtung) sein kann. Kalt- und Warmaushärtung stehen
diesen Ergebnissen zufolge nicht in ursächlichem Zusammenhang.
Dies geht auch aus direkten elektronenmikroskopischen Beobach-
tungen an dünnen Folien einer Aluminium-Silber-Legierung mit 20% Ag
hervor, nach denen die Ausscheidung der zur Warmaushärtung führen-
den y'-Phase an eine heterogene Keimbildung gebunden ist [20b]. Eine
homogene Keimbildung durch Cluster bzw. Kaltaushärtungszonen nach
der Sequenztheorie konnte nicht festgestellt werden. Die Keimbildung
der y' -Phase erfolgt nach diesen Untersuchungen vielmehr durch Auf-
spaltung von Versetzungen und Stapelfehlerbildung. Das bedeutet, daß
. z. B. in einem versetzungsfreien Kristall keine ,,'-Ausscheidung erfolgen
kann, auch wenn die Silberkonzentration innerhalb der Kaltaushärtungs-
zonen bereits derjenigen der thermodynamisch stabileren Ausscheidungs-
phase entspricht. Abb.357 zeigt eine elektronenmikroskopische Durch-
strahlaufnahme von einer AluIllinium-Silber-FoIie mit 20% Ag nach dem
Erhitzen auf 350°C. Neben der ,,'-Phase sind noch kugelförmige G. P.-
Zonen vorhanden, deren Zahl in dem Maße abnimmt, wie die y'-Partikel
weiterwachsen.
Von A. DURER und W. KösTER [21] wurde 1938 aus dem Verhalten
der Thermokraft einer Aluminium-Magnesium-Zink-Legierung abge-
leitet, daß im Bereich der Kaltaushärtung der Betrag der Entmischung
in homogener Phase durch eine GIeichgewichtsbeziehung zwischen der
statistischen Atomverteilung (Matrix) und den Entmischungszonen ge-
regelt wird. Solange eine ausreichende AtombewegIichkeit vorhanden ist,
nimmt mit sinkender Temperatur die Entmischung zu. Die Kurve g-e
Lit. f:l. 505] ;j.1 Phänomenologie der Aushärtung 437

in Abb. 354 oder die Kurve a-b in Abb.365 gibt daher den Ent-
mischungsgrad an in Analogie etwa zum Ordnungsgrad bei :Fernord-
nung.
Nach V. GEROLD [22j gehorcht der Entmischungsvorgang bei den
Aluminium-Zink- und Aluminium-Silber-Legierungen den Gesetzen
einer metastabilen Mischungslücke. Auch nach dieser Betrachtungsweise
ist der Kaltaushärtungszustand durch eine temperaturabhängige Gleich-
gewichtsbeziehung festgelegt. Es liegt kein Hinweis dafür vor, daß diese
Aufspaltung in zwei Phasen vom gleichen kubisch-fiächenzentrierten

20000: 1
Abb.357. }]lektrollemnikroskopisehe Durchstrahlllugsaufnahllle einer Folie aus einer Alnminium-
legierung lnit 20~,;) Ag bei 350~C. Nehen der y'-Phase sind noch kugelfi)rlni~e O.P.~Zonen vorhanden
(nar'h .J. A. Hm:x 11. G. THmfA~ [20 b]).

Gittertyp aber venlChiedener Konzentration im Sinne der Sequenz-


Theorie der strukturelle Vorläufer für die Ausscheidung der hexagonalen
Gleichgewichtsphasen rJ im System Aluminium-Zink bzw. y im System
Aluminium-Silber ist.
Ganz anders liegen die Verhältnisse im Bereich der Warmaushärtung
beim Übergang von einer Ausscheidungsphase zur anderen. So wurde
von M. v. HEIMENDAHL und G. WASSERMANN [22a] an einer vierprozenti-
gen Aluminium-Kupfer-Legierung gezeigt, daß die eil-Phase während
isothermer Auslagerung bei 190 oe teilweise kontinuierlich in die e'-
Phase überzugehen vermag. Der Übergang der e'-Phase in die stabile (9-
Phase erfolgt durch Auflösung der e'-Phase und einen neuen Keim-
bildungs-Wachstum-Vorgang der e-Phase, wobei die Keime für die e-
Kristalle häufig an der Stelle der sich auflösenden e'-Kristalle liegen [23]
(Abb. 358a bis e). Im Ausgangszustand (63 h bei 225°e geglüht; Abb.
358a) liegen nur (9'-Kristalle im Korninnern vor. Im Verlaufe der an-
schließenden Wärmebehandlung bei 450 oe lösen sich die EJ'-Kristalle auf,
438 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. öO;')

während 1m Korngrenzentripelpunkt schon ein e-Kristall zu wachsen


beginnt (358 b bis d). Ein Vergleich von Ausgangs- und Endzustand zeigt,
daß die im Korninnern liegenden e-Krist,alle sich vorwiegend da ge-

e
a his e 16000: 1. f 9000: 1
Abb.358a-f. Elektrollellmikroskopisehe Betraehtung des überganges e' -+ e bei 450 ' C an einer
Folie aus einer Legiernng aus Reinstaluminium Al 99,99 mit 4% Cu. Abb. 358 a zeigt im Ausgangs-
zustand (63 h bei 225°C ausgelagert) nur g'·Kristalle. Die Abb. 358 b bis e zeigen die Probe nach
einer zusätzlichen Wärmebehandlung von 1,5, 1,7, 2,0 und 2,7 min bei 450 °C. Im Endzustand
(AblJ. 358e) sind nur noch g·Kristalle vorhanden. Abb. 358f zeigt denselben Zustand in schwächerer
Vergrößerung (noch M. Y. H};nmNDAHL 11. G. WA~SERM.DIX [23]).

bildet haben, wo zuvor e'-Kristalle vorhanden waren. Wie deutlich zu


erkennen ist, geht hier der Ausscheidung der stabilen Phase zunächst
eine Auflösung der metastabilen Phase voraus.
Lit. ~. (01)] .-•. 1 Phänomenologie der Aushärtung 439

5.124 Kinetik der Aushärtung. Über das zeit- und temperatur-


abhängige Auftreten der Aushärtungsstrukturen und die damit verbun-
dene Härteänderung geben am Beispiel der Aluminium-Kupfer-Legie-
rungen die Abb. :~59 und 360 Auskunft [24]. Die Auslagerung bei 130°C
1M r
//.....;"--,. .....,
kpj mm 2
,/ ."",,-...,...;-..
120. ,;7/ /0
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Lf.5%Cu ~
.................
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/'
/
3 -------- .-{"

20
0,01 0.1 1 10. 100 10.0.0.
Aus/agerungsdouer
Abb.359. Zeitliche Anuerung vun ~truktur unu Härte bei 130 c C von Alulllininmlegierungen mit
2. :1. 4 und 4.5°~ Cu (nach J. M. SILCOCK. T .•T. HEAL 11. H. K. HARDY [24]).
- n. P.-Zollen; - -- - - ("')"; ....... e.

(Abb. 359) führt bei den Legierungen mit 3,4 und 4,5% Cu zu einer Kalt-
a.ushärtung durch G. P.-Zonen (ausgezogene Linie). Diese lassen sich
mit steigendem Kupfergehalt nach kürzerer Auslagerungsdauer nachwei-
1 2 D ' r r - - - - , - - - - , . - - - - . . . , . . . - - - . . . , . . . -_ _
kpjmm 2

" , .0·°0.
~D~---~--02~'--~---~----~-----

20o~---~---~---~~--~~-~~
0,01 0.1 1 10. 10.0 10.0.0.
Aus/ogerungsdouer
Ahh.360. Zeitliche Inuertlll~ vun Struktur 1IIH1 Härte hei 190°C von A1ullliniullllegierungen mit
2. 3. 4 nnd 4,5% Cu (""eh J. M. SILCOCK. 1' ..T. HEAL u. H. K. HARDY [24]).
U.P.-Znnen; -_._- e": ....... 6)'; xe.

sen. Da ihre Zahl näherungsweise mit dem Kupfergehalt ansteigt, nimmt


in der gleichen Reihenfolge auch der Aushärtungsbetrag zu. Nach unge-
fähr einem Tag haben die Legierungen mit 4 und 4,5% Cu die für diese
Auslagerungstemperatur und Aushärtungsstruktur charakteristische
440 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Endhärte von 100 bzw. 110 kp/mm2 erreicht. Diese wird bei der Legierung
mit 3% Ou vor Beginn der Warmaushärtung nicht mehr voll erreicht.
In der Legierung mit 2% Ou konnten nach 10 Tagen noch keine G. P.-
Zonen nachgewiesen werden. Nach dieser Auslagerungszeit wird nahezu
gleichzeitig in allen Legierungen das Auftreten der Er -Phase und kurz
darauf der f)' -Phase beobachtet. Die weitere Härtezunahme beruht
daher vorwiegend auf der Warmaushärtung durch die Ausscheidung
der Phasen f)" und f)'. Nach etwa 50 Tagen Anlaßdauer bei 130°0

150r-------,----r-------,-----r------r----~
'IO-J
%
120

-3

10 100 1000 h 10000


Aus/agerungsdauer
Abb.361. Verlauf der Läugeuäuderung einer Aluminiumlegierung mit 4% Cu bei verschiedenen Aus-
lagerungstemperaturen (nach J. CH. LANKES U. G. WASSERMANN [25]).

haben die Legierungen mit 3, 4 und 4,5% Ou ihre maximale Härte


erreicht. Der nachfolgende Härteabfall hängt, wie schon erwähnt, von
der Überschreitung des kritischen Dispersionsgrades ab ("Überalte-
rung").
Werden dieselben Legierungen bei 190 °0 ausgelagert (Abb. 360), so
tritt zu Beginn der Auslagerung sogleich die f)" - bzw. f)' -Phase auf. Die
Härtesteigerung ist als Warmaushärtung anzusprechen. Dem isothermen
Härteverlauf von Abb. 360 ist ferner zu entnehmen, daß mit zunehmen-
dem Kupfergehalt der Aushärtungsbetrag und die Ausscheidungs-
geschwindigkeit erhöht wird. Das Auftreten der Gleichgewichtsphase
f)-AI 20u b~i der 4%igen Legierung, das nach etwa 80 Tagen beobachtet
wurde, ist von keiner Härtesteigerung mehr begleitet.
Aus der isothermen Längen- und Dichteänderung läßt sich ebenfalls
die zeitliche Reihenfolge der verschiedenen Aushärtungszustände ablesen
(Abb. 361) [25]. So wird im Verlaufe der Kaltaushärtung eine Kontrak-
tion beobachtet, die neben der Ausheilung von Gitterfehlern auf die An-
sammlung der kleineren Kupferatome in einzelnen Gitterebenen zurück-
zuführen ist. (Bei den Aluminium-Silber- und den Aluminium-Zink-Legie-
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 441

rungen kann keine nennenswerte Kontraktion durch die Ausbildung der


Kaltaushärtungszonen auftreten, weil die Silber- und Zinkatome etwa
den gleichen Durchmesser wie die Aluminiumatome haben). Wie aus
Abb. 361 hervorgeht, tritt an einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit
4% Ou bei Auslagerungstemperaturen bis zu 185 °0 zunächst eine Kon-

...., ~
'I
i?'
~
~ 21---1+-t~---+---""'--'i-----\-\~

!i3
~o~~~--t----~---~&-+----~
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-----r--=--~<l::----'-==:--x-""=-~1>o.J.
1

"'-......... I .......... -.;....


~a~.1----~------~w~------~W~O~---hr-~W~oo
Auslagerungsdauer
Abb. 362. Verlauf der Längenänderung einer Aluminiumlegierung mit 4% Cu und verschiedenen
Magnesiumzusätzen während der Auslagerung bei 30°C
(nach W. L. FINK, D. W. SMITH u. L. A. WILLEY [26]).
o = 4~!~ Cu + 1,570 Mg; x ~ 4% Cu +0.25% Mg;
• ~ 4% Cu + 1,0% Mg; 6 ~- 4% Cu + 0,1 % Mg;
+ = 4°'0 Cu + O.5~~ Mg: '" .~ 4% Cu ohne Mg-Zusatz.

traktion auf, deren Betrag zu tieferer Auslagerungstemperatur hin zu-


nimmt. Entsprechend dem mit steigender Temperatur abnehmenden
Kaltaushärtungsgrad wird bei 200°0, der oberen Grenztemperatur der
Kaltaushärtung, keine Kontraktion mehr beobachtet. Die oberhalb
150°0 im Anschluß an die Kontraktion auftretende Dilatation ist auf die
Ausscheidung der Zwischenphasen zurückzuführen. Sie wird mit zuneh-
mender Auslagerungstemperatur zeitlich vorverlegt. Ebenso verhält sieh
die oberhalb von 240 °0 auf die Dilatation folgende Kontraktion, die mit
der Ausscheidung der Gleichgewichtsphase verbunden ist. Diese hat mit
4,35 gJcm 3 gegenüber der Zwisehenphase mit 3,99 gJcm 3 eine erheblieh
größere Dichte.
Die Längenänderung während der Kaltaushärtung zeigt gem.
Abb. 362 einen wesentlich anderen Verlauf, wenn der Aluminium-
Kupfer-Legierung kleine Gehalte Magnesium zulegiert werden. So tritt
442 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

während der Auslagerung bei 30°0 von einem Zusatz von 0,5% Mg an
zunächst eine deutliche Längenzunahme a,uf, bevor die im allgemeinen
für die Kaltaushärtung kennzeichnende Längenabnahme einsetzt [26J.
Dieser Befund ist im einzelnen schwierig zu deuten und dürfte am ehesten
auf die Wechselwirkung zwischen Magnesiumatomen und Leerstellen
zurückzuführen sein [27, 28].
Über die Änderung der Gitterkonstanten gibt Abb. 363 Auskunft [29].
Während der Kaltaushärtung bleibt die Gitterkonstante nahezu unver-
ändert. Erst mit der Warmaus-
"'-........... härtung nimmt sie zu. Der Über-
! "" :> gang von e' zu e-A1 20u ist ober-
~040
I I!
i
24 h angelassen . ~rJffi ~
IIfIIY .......
halb 300°0 an der Abnahme der
4,038 Gitterkonstanten nach halbstün-

i
I 1
' ~
;V
digem Anlassen erkennbar.
An Hand einer Aluminium-
~ ~112h anr;e-
I Illssen~
Magnesium-Zink-Legierung mit
i X
3,5% Mg und 6,2% Zn soll gezeigt
werden, in welcher zunächst nicht
i
" 1

4,032 ~
leicht überschaubarer Weise sich
~- --~-

// ~II Kalt- und Warmaushärtung einer


~030
technischen Legierung überlagern
I können. Bei dieser Legierung liegt
so 100 150 200 250 300 'C350 die obere Grenztemperatur für
Anlaßfemperafur
Kaltaushärtung bei etwa 150°0.
Abb.363. Einfluß von Anlaßdauer und Anlaß-
Weit unterhalb dieser Tempera-
temperatur auf die Gitterkonstante eines Einkri-
stalles aus einer Aluminiumlegierung mit 5% Cu
tur beobachtet man jedoch bei
(nach F. v. GÖLER u. G. SACHS [29]).
längerer Auslagerung die Aus-
scheidung einer hexagonalen Zwischenphase der Zusammensetzung
MgZn 2 • Wird oberhalb 175 °0 ausgelagert, so scheidet sich die ternäre
kubische Gleichgewichtsphase T der ungefähren Zusammensetzung A1 2 -
Mg 3Zn 3 aus [18].
Abb. 364 gibt die zeitliche Änderung der Zugfestigkeit und Dehnung
für mehrere Auslagerungstemperaturen wieder. Die Abb. 364 b sind
isochrone Darstellungen dieser Versuchsergebnisse [30]. Der Form-
änderungswiderstand (Zugfestigkeit) wird durch Kalt- und Warm-
aushärtung erhöht. Wie aber ein Vergleich der 20 0 0-Isothermen von
Zugfestigkeit und Dehnung lehrt, wird das Formänderungsvermögen
keineswegs gleichsinnig beeinflußt. Die Dehnungswerte bleiben während
der Kaltaushärtung konstant und fallen erst ab, wenn eine Ausscheidung
erfolgt. Dadurch kann der Beginn der Warmaushärtung festgestellt werden.
Die Dehnung nimmt mit Beginn der Ausscheidung schnell ab, durch-
läuft ein Minimum, das zeitlich etwa mit dem Maximum der Zugfestig-
keit zusammenfällt, und steigt dann wieder langsam an.
Lit. 8. 505J 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 443

Zwischen 20 und 125 oe wird mit steigender Auslagerungstemperatur


die Kaltaushärtung nach kürzerer Anlaßdauer von der Warmaushärtung
überlagert. Die Kreise in Abb. 364 verweisen einmal auf den Anteil der
Zugfestigkeitserhöhung durch Kaltaushärtung (Ordinate) und den Zeit-

~5

kpjmm'

35
"-

"'
'"
.~
""'-
~
'" 30

""
:co
'"

J
25

225T 200 775 750


le a
10

16
%
12

2?'
-co
2: 8
~

a h
0
o 50 700 150 200 oe 250
Anlaßfemperafur
Abb.364>1 11. b. Zugfestigkeit und Bruchdehnung einer Aluminiumlegierung mit 3.5% lUg und
6.2 % Zn in Abhängigkeit ,"on der Anlaßbehundlullg nach Abschrecken von 480 oe (Die Kreise im
oberen Teil der Abbildung be7.eichnen den Beginn des Dehnungsabfalls gemäß dem unteren Teil der
Abbildunp,) (nach W. KÖSTER [30]).

punkt, zu dem sich bei der zugehörigen Auslagerungstemperatur die


hexagonale Zwischenphase MgZn z auszuscheiden beginnt (Abszisse). Der
Anstieg der Isothermen wird an diesen Stellen deutlich steiler. Gleich-
zeitig fallen die Dehnungswerte ab. Bei höheren Auslagerungstempera-
turen zeigen die Isothermen die Merkmale reiner vVarmaushärtung. Die
444 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Keimbildungszeit wird mit steigender Auslagerungstemperatur verkürzt.


Ein steilerer Anstieg der Isothermen führt nach kürzeren Anlaßzeiten zu
abnehmenden Höchstwerten der Zugfestigkeit. Während jedoch bei
150°0, der oberen Grenztemperatur der Kaltaushärtung, die Warmaus-
härtung durch Ausscheidung der Zwischenphase MgZn 2 erfolgt, wird
oberhalb 175 oe die Gleichgewichtsphase Al 2MggZna ausgeschieden. Dieser
Wechsel der Ausscheidungsphase macht sich in der Verschiebung der
Zeitintervalle der entsprechenden Festigkeits- und Dehnungsisothermen
bemerkbar.
Als weiteres Indizium für den Beginn der Warmaushärtung hat sich
bei den Aluminium-Silber-Legierungen die Thermokraft erwiesen. Sie

O,--,--~~-----,-----,-----,-----,

<:::
~
~ o,~

~
~

0.6
f.LVjgrd
0.8
20 SO 100 150 200 250 oe 300
An/aßfemperalur
Abb.365. Isochronen der Thermokraft einer Aluminiumlegierung mit 5% Cu (nach G. BAER [33]).

bleibt während der Kaltaushärtung fast unverändert und steigt erst mit
Beginn des Ausscheidungsvorganges beträchtlich an [31]. Dieses Verhal-
ten beruht auf der nahezu gleichen Größe der Aluminium- und Silber-
atome und muß als ein glücklicher Umstand gewertet werden, weil bei
anderen Legierungen die Thermokraft durchaus auf die Kaltaushärtung
anspricht. Dabei hängt nach 0 ORUSSARD [32] das Vorzeichen ihrer
Änderung davon ab, ob der Atomradius der gelösten Atome größer oder
kleiner als der des Aluminiums ist.
So führen z. B. bei den Aluminium-Kupfer-Legierungen Kalt- und
Warmaushärtung zu einem Abfall der Thermokraft. Abb. 365, bei der die
umgekehrte Ordinate zu beachten ist, zeigt für eine Legierung mit 5% Ou
Isochronen, aus deren Auffächerung im Kaltaushärtungsl?ereich hervor-
geht, daß hier die Thermokraftänderung näherungsweise dem Kaltaus-
härtungsgrad proportional ist [33]. Bei Auslagerungstemperaturen zwi-
schen 170 und 220 °0 stellt sich ein über längere Zeit konstantes, tempera-
turabhängiges Gleichgewicht ein. Erst oberhalb 220°0 findet unter den
gewählten Versuchsbedingungen eine zweite Auffächerung der Isochro-
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 445

nen infolge der einsetzenden Warmaushärtung statt. Ähnliche Beobach-


tungen wurden auch an einer Aluminium-Magnesium-Zink-Legierung
gemacht [21].
Über die Temperatur-Zeit-Abhängigkeit des Auftretens der verschie-
denen Ausscheidungsphasen kann das Elektronenmikroskop oder das
Verfahren der Elektronenbeugung wertvollen Aufschluß geben. Abb. 366
gibt ein Beispiel für eine
~Or-------,--------,-------,-,
Aluminium -Magnesium- oe
Silizium -T~egierung mit 3501------+------:--;-----;--'-;---;--:-------i--i
0,97% Mg und 0,61 % Si . . . )r0hörenfe Ausscheidungen
______ verschwinden
[34]. Die Kurven besagen, 300
von welchem Zeitpunkt an '-
bei gegebener Temperatur -2
~ 350
die metastabilen Phasen Si Et
und T und die stabile Phase ~
Mg 2Si auftreten. Gleichzei- 200
tig wird die Zeit bis zum
Erreichen des Härte- 150
maximums angegeben. Die- --
sem Temperatur-Zeit-Aus- 100 '---------:'::----::!-:-----:-~::-::--'
1 10 100 min 7000
scheidungs-Diagramm zu- Aus/ogerungsdauer
folge findet bis zu Auslage- Abb. 366. Zeit-Temperatur-Ausscheidungs-Diagramm
rungstemperaturen von et- einer Aluminiumlegierung mit 0,97% Mg uud 0,61 % Si.
(Das Diagramm wurde mittels Elektronenbeuguug an
wa 2aO°C zunächst eine Einkristallen aufgestellt. Die Härte wurde an entspre-
chend behandelten vielkristallinen Proben bestimmt. Die
Siliziumausscheidung statt, Phase T ist eine ternäre Phase von uicht genau bekann-
die eine bei niedrigen Aus- ter Zusammensetzung) (nach H. C. STUMPF [34]).
lagerungstemperaturen zu
beobachtende geringfügige Härtezunahme erklären kann. Die eigentliche
Aushärtung ist an die nachfolgende, kohärente Ausscheidung der ter-
nären Phase T gebunden, deren Zusammensetzung noch nicht genau
bekannt ist. Das Auftreten der stabilen Phase Mg 2Si wird erst nach
Überschreiten des Härtemaximums im überalterten Zustand beobachtet.
An AICuMg wurde von W. FRAENKEL [36] erstmalig beobachtet, daß
der elektrische Widerstand entgegen der theoretischen Erwartung wäh-
rend der Kaltaushärtung zunächst ansteigt, einen Höchstwert durch-
läuft und dann erst abfällt. Diese Eigentümlichkeit wurde bald auch an
anderen kaltaushärtenden Legierungen beobachtet. Abb. 367 zeigt diesen
Widerstandsverlauf am Beispiel einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit
5% Cu [37]. Mit zunehmender Auslagerungstemperatur wird das Wider-
standsmaximum erniedrigt und zu kürzeren Anlaßzeiten verschoben.
Eine Erhöhung des Legierungszusatzes führt zu einem ausgeprägteren
Widerstandsanstieg und verkürzt ebenfalls die Anlaßzeit bis zum Errei-
chen dA>; Widerstandsmaximum. Zur Erklärung dieser Eigentümlichkeit
446 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

V--
/ ~
/ '"
~. }% I

I'-----~

GS
QI 10 100 1000 10000
Aus/agerungsdauer
Abb.367. Widerstandsänderung bei 20°C einer von 550° abgeschreckten Aluminiumlegierung mit
5% Cu (nach W. HARTNAGEL [37]).

nimmt man an, daß die zur Kaltaushärtung führende Ansammlung der
gelösten Atome einen kritischen Durchmesser durchschreitet, der zu
einer außergewöhnlichen
Streuung der freien Elek-
tronenführt [38, 38a]. Für
g~---4----~----+-~~~~~~~
eine Aluminium-Zink-Le-
'10 9
Q-1 cm-1 gierung mit 10% Zn soU
beispielsweise der kritische
Clusterdurchmesser etwa
18 A betragen [35]. Diese
Vorstellungen werden je-
doch von neueren theore-
tischen Berechnungen in
Frage gestellt [39,40].
Wird von der anoma-
len Widerstandserhöhung
zu Beginn der Kaltaushär-
~~O----C~O--~)~W~--1~40~--~mo~--~u~0~oc~~0 tung abgesehen, so nimmt
Anlaßfemperafur
der elektrischeWiderstand
Abb. 368. Isochronen der Leitfähigkeit einer Aluminium- während der Kalt- und
legierung mit 38% Ag
(nach W. KÖSTER, H. STEINERT U. J. SCHERB [31]). Warmaushärtung konti-
nuierlich ab. Diesen Sach-
verhalt belegt Abb. 368, die in isochroner Darstellung die Leitfähigkeits-
änderung einer Aluminium-Silber-Legierung mit 38% Ag wiedergibt [31J.
Kalt- und Warmaushärtungsanteil sind, getrennt durch den Rück-
bildungsbereich, deutlich voneinander zu unterscheiden.
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 447

5.13 Faktoren, die die Kinetik der Aushärtung beeinflussen

5.131 Legierungszusammensetzung. Die L3gierungszusammensetzung


beeinflußt die Kinetik der Aushärtung auf zweierlei Weise, nämlich
durch das Ausmaß der Übersättigung (nach dem Abschrecken) und
durch den Einfluß relativ kleiner Zusätze oder natürlicher Verunreini-
gungen.
a) Über8ättigung. Mit steigender Konzentration des Zusatzelementes
kann im Rahmen der konstitutionell gegebenen Löslichkeit die Über-
sättigung des abgeschreckten Mischkristalls erhöht werden. Die Aus-
härtungsgeschwindigkeit nimmt mit dem Übersättigungsgrad im all-
gemeinen deutlich zu. Diese Aussage belegen die Abb, 359 und 360,
denen zu entnehmen iolt, daß mit steigendem Kupfergehalt der Härte-
anstieg bei der 130°C-Auslagerung (Kaltaushärtung) früher einsetzt, und
daß im Falle der Warmaushärtung das Härtemaximum bei der 190°C-
Auslagerung ebenfalls nach kürzerer Auslagerungszeit erreicht wird. An
Aluminium-Silber-Legierungen wurde ein exponentieller Anstieg der
Aushärtungsgesch wincligkeit mit der Sil ber-Konzentration gefunden [42].
Auch die AU88cheidungsge8chwindigkeit im Temperaturbereich zwischen
etwa 200°C und der Löslichkeitstemperatur der betreffenden Legierung
hängt stark vom Über,.;ättigungsgrad ab. Bei der Legierung mit 2% Cu
kann der genannte Temperaturbereich z. B. wesentlich langsamer durch-
laufen werden als bei der Legierung mit 4% Cu.
Die Löslichkeit eines binären Aluminium-Mischkristalls (und damit
der Übcrsättigungsgrad) kann durch Zulegieren dritter und weiterer
Legierungskomponenten beeinflußt werden. Binäre Legierungen haben
in kaum einem :Falle den technischen Anforderungen genügt, so daß
meisten:> Legierungen verwendet werden, bei denen zwei bis sechs Legie-
rungskomponenten zugegeben oder in engen Grenzen gehalten werden,
soweit es sich dabei um natürliche Verunreinigungen handelt.
Durch steigenden Siliziumzusatz zu einer Aluminium-Magnesium-
Legierung wird z. B. die Löslichkeit von ylagnesium in Aluminium
herabgesetzt. Bei cinem Zusatz verhältnis }Ig: Si = 2: 1 liegt die
Legierung auf einem quasibinären Schnitt mit der aushärtenden Phase
Mg 2Si. Analoge8 gilt auch für die Löslichkeitsänderung einer Aluminium-
Zink-Legierung durch Nragnesiumzusatz.
Bei den Aluminiurn-Knctlegierungen geht man nicht gerne über
einen Legierungszusatz von insgesamt 5 bis 8% hinaus, da sonst die
Legierungen für das (spanlose) Verformen zu spröde werden. Daher
benutzt m,lIl bei Knetlegierungen zur Aushärtung insbesondere die mit
sinkender Temperatur abnehmende Löslichkeit des Kupfers bzw. die
der Verbindungen Mg 2 Si oder MgZn 2 •
448 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

b) Einfluß kleiner Legierungszusätze oder Verunreinigungen. Selbst


kleine Verunreinigungen oder Zusätze können überraschend stark auf
die Aushärtung einwirken. Bereits in den dreißiger Jahren war in einigen
Fällen der Einfluß kleiner Verunreinigungen auf die Aushärtungerkannt
worden [43].
Zum Beispiel genügen 0,03% Fe, um die Kaltaushärtung von Alu-
minium-Kupfer-Legierungen weitgehend zu verhindern [44]. Ebenso
wirken kleine Zusätze von Kobalt, Nickel oder Molybdän [45]. Meist wurde
bisher die Wirkung kleiner Zusätze auf die Bildung ternärer oder quarter-
närer Phasen zurückgeführt. Jedoch haben sich bereits relativ früh Zweifel
ergeben, ob diese Erklärung für die Wirkung kleiner Eisenzusätze
auf die Aushärtung von Aluminium-Kupfer-Legierungen zutreffen könnte
[26]. Somit stellt sich die Frage, inwieweit außer ternären Phasen auch
metallphysikalische Faktoren zu berücksichtigen sind, welche die
Kinetik der Aushärtung beeinflussen. Es fällt auf, daß z. B. kleinste
Zusätze von Eisen, Kobalt, Nickel die Rekristallisationstemperatur
des reinsten Aluminiums sehr stark erhöhen, was in erster Linie
durch Wechselwirkung dieser Zusätze mit Gitterfehlern erklärt wird
[46,47].
Sodann fällt auf, daß die genannten Zusätze wesentlich kleinere
Atomradien als Aluminium haben, und außerdem eine sehr kleine Lös-
lichkeit. Wenn z. B. durch einen kleinen Eisengehalt die Aushärtungs-
fähigkeit von Aluminium-Kupfer-Legierungen bei Raumtemperatur
beseitigt wurde, so genügt ein Zusatz von 0,03 % Mg, um diese wieder
herzustellen [48]. Bei einer Aluminium-Silizium-Legierung mit 1,2% Si
führt ein Magnesiumzusatz von 0,15% zum Auftreten einer einphasigen
Entmischung bei Raumtemperatur [48a].
Das spricht für einen metallphysikali~chen Mechanismus. Denn das
Magnesiumatom ist wesentlich größer als das Aluminiumatom und daher
speziell befähigt, eingefrorene Leerstellen bei Raumtemperatur zu binden
bzw. sich im Dilatationsfeld von Versetzungen anzulagern [28, 29].
Daß die Untersuchung des Einflusses kleiner Zusätze auf die Aus-
härtung unmittelbar technisches Interesse haben kann, geht z. B. aus
den Arbeiten von I. J. POLMEAR hervor, wonach kleine Zusätze von
Silber die Warmaushärtung von Aluminium-Zink-Magnesium-Legierun-
gen günstig beeinflussen [49].

5.132 Gitterfehlstellen. In letzter Zeit hat sich gezeigt, daß der Höhe
der Homogenisierungstemperatur und der Abschreckgeschwindigkeit
eine erhebliche Rolle zukommt. Zunächst wurde nur ganz allgemein das
Homogenisieren und das Erhalten des Mischkristallzustandes für not-
wendig erachtet. Erst im Rahmen der Leerstellenhypothese [50] wurde
man auf die Bedeutung der beiden zuvor genannten Einflußgrößen für
Lit. S. 505] ;3.1 Phänomenologie der Aushärtung 449

die Kinetik der Kaltaushärtung aufmerksam l . Heute weiß man, daß die
Zahl der unbesetzten Gitterplätze, kurz "Leerstellen" genannt, mit der
Temperatur rasch ansteigt und in der Nähe des Schmelzpunktes bei
Aluminium eine Konzentration von etwa 10-4 bis 10-3 erreicht [28J
Durch Abschrecken können diese Leerstellen "eingeschreckt", d. h., bei
Raumtemperatur erhalten werden. Da ihre thermische Gleichgewichts-
konzentration bei Raum-
150,---..,-------r---,---;;:-r-,---,
temperatur jedoch ver-
schwindend klein ist, etwa
10-10 bis 10-12 , wandern die ~
't: Ic5f--+--+----t----+
überschüssigen Leerstellen ~
zu "Senken", an denen sie ~
:~
"ausheilen". Die hierzu er- '§
~ 100 f--+--\--'I----
forderlichen Platzwechsel ~
mit den sie umgebenden -{;
~
Atomen begünstigen die
Entmischung des instabi-
len, übersättigten Mischkri-
stalls. Mit steigender Ab-
schrecktemperatur, d. h. mit
zunehmender Konzentra-
tion der eingeschreckten
Leerstellen, beobachtet man
daher eine Beschleunigung
der Kaltaushärtungsge-
schwindigkeit. ~·0~O~--3J~~--~~0~0---~4~W~=;o~W~O~
Hierfür gibt es aber eine Abschreckfemperafur
obere Grenztemperatur. die Abb.369. Einfluß der Abschrecktemperatur und Abschrerk-
geschwindigkeit auf die Zeit zum Erreichen des Wider·
im wesentlichen nur von der standshöchstwertes bei 20 oe für eine Aluminiumlegierung
Abschreckgeschwindigkeit mit 10% Zn (nach W. KÖ:-lTER U. G. HOFMANN [51]).

abhängt. Oberhalb einer be-


stimmten Leerstellen-Überschuß·Konzentration kann die Zahl der vor-
wiegend entmischungsbeschleunigenden Einzelleerstellen durch Bildung
von Doppelleerstellen und größeren Leerstellenagglomeraten wieder ab-
nehmen [51]. Dies belegt Abb. 369, die den dominierenden Einfluß der
eingeschreckten Leerstellen auf die Geschwindigkeit der Kaltaushärtung
am Beispiel einer Aluminium-Zink-Legierung mit 10% Zn veranschau-
licht. Als Maß für die Geschwindigkeit dient die Zeit bis zum Erreichen
des zu Beginn der Kaltaushärtung auftretenden Widerstandmaximums.
1 Die Einwirkung von Leerstellen auf strukturelle Umlagerungen bei der Kalt-
aushärtung wird eingehend in Kap. 5.2 abgehandelt. Wir beschränken uns auf eine
kurze Übersicht.

29 Altenpohl, Aluminium
450 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Sie nimmt - in erster Näherung umgekehrt proportional zur Überschuß-


konzentration der Einzelleerstellen - mit steigender Abschrecktempera-
tur ab, durchläuft ein Minimum und steigt dann wieder an, wenn die
Probe in Wasserstoff oder Athanol abgeschreckt wurde. Die dem Mini-
mum zugeordnete Grenztemperatur wird mit zunehmender Abschreck-
geschwindigkeit zu höheren Abschrecktemperaturen verschoben. Die
Zeit bis zum Erreichen des Widerstandhöchstwertes nimmt entsprechend
ab. Für eine gegebene Abschreckgeschwindigkeit ist die Grenztemperatur

3r-------,-----.--.-------,------~
% bgeschreckl
~ ~~o i

+-
t:
~ ~~
\\ SS ['

§
12
{S 1,5t-f--~t----~t----- "
~
~ ,

~~ I
I
' b . 200'C angelassen
550'C abgeschreckf und 2 mln el x'::-;~--'
x~----x--
o 5 10 15 min 20
Auslagerungsdauer
Abb.370. Relative Widerstandsänderung einer Aluminiumlegierung mit 2% Cu bei O'C naeh dem
Abschrecken von 550°C mit und ohne anschließendes Anlassen von 2 min bei 200°C
(nach D. TURNBULL, H. S. RosENBAnI u. H. ~. TREAFTIS [.531).

von der Auslagerungstemperatur unabhängig; sie ändert sich jedoch in


Abhängigkeit von der Legierungskonzentration näherungsweise parallel
zum Mittelwert aus der Solidus- und Liquidustemperatur [52].

5.133 Einfluß des Abschreckverfahrens oder einer kurzzeitigen


Zwischenerwärmung auf die Aushärtung. Auf Grund der eingeschreckten
Leerstellen ist die Geschwindigkeit der Kaltaushärtung bei Raumtempe-
ratur erheblich größer als dem extrapolierten Hochtemperatur-Diffu-
sionskoeffizienten entspricht. In dem Maße wie die Leerstellen ausheilen,
nimmt die Geschwindigkeit der Kaltaushärtung ab. Sobald der Ausheil-
prozeß abgeschlossen ist, erfolgt die weitere Kaltaushärtung unmerklich
langsam. Die Geschwindigkeit der Kaltaushärtung kann daher weit-
gehend reduziert. werden, wenn nach dem Abschrecken von der Homo-
genisierungstemperatur nochmals kurzfristig im Temperaturbereich der
Rückbildung angelassen wird. Damit kann ein großer Teil der ein-
geschreckten Leerstellen ausheilen, ohne daß es zu einer Kaltaushärtung
kommt. Abb. 370 zeigt am Beispiel einer von 550°C abgeschreckten Alu-
minium-Kupfer-Legierung mit 2% Cu, daß schon eine Wiedererwärmung
von 2 Minuten auf 200 °0 genügt, um die zeitliche Widerstandserhöhung
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 451

bei 0 oe im Vergleich zur unmittelbaren Auslagerung um den Faktor


2400 zu verzögern [53]. In gleicher Weise wirkt sich auch eine bei dieser
Temperatur unterbrochene Abschreckung aus.
Die Konzentration der eingeschreckten Leerstellen hängt nicht nur
von der Abschrecktemperatur sondern auch von der Abschreckgeschwin-
digkeit ab. Sie nimmt mit steigender Abschreckgeschwindigkeit zu. Da
aber die Lebensdauer der eingeschreckten Leerstellen außer von der Aus-
lagerungstemperatur noch
von der Senkendichte ab- *.flr----,-----,----....--..
hängt, begrenzt die Pro- IlQ'ern
benabmessung die Ab-
schreckgeschwindigkeit
nach oben hin insofern, als
bei unzureichender Wärme-
abführung eine Abschreck-
verformung zur Erhöhung
der Senkendichte führt. So 4,01 10 10& rnin 103
Auslagerungsdauer und Verformungszeifpunkf
wurde für Aluminiumdrähte
mit 0,2mm Dmr. eine obere Abb. 371. .Änderung des Widerstandes einer Aluminium-
Abschreckgeschwindigkeit legierung mit 15% Zn bei 20 e in Abhängigkeit vom
0

Verformungszeitpunkt
von 10000 grdJs errechnet, (nach G. BARTSCH u. S. BOGOTT [55]).
die nicht überschritten wer- ° Zeitliche Widerstandsänderung bei 20 oe nach Ab-
schrecken von 250 oe und anschließendem Anlassen von
den darf, wenn eine Ab- 3 min bei 200 oe;
schreckverformung unter- • Widerstandsänderung durch 9% Verformung nach
bleiben soll [54]. entsprechender Vorauslagerung bei 20 e.
0

5.134 KaItverformung. Es ist leicht einzusehen, daß die durchschnitt-


liche Lebensdauer der eingeschreckten Leerstellen verkürzt wird, wenn
die Zahl der Senken (Versetzungen, Korngrenzen und freie Oberflächen)
zunimmt. Dementsprechend führt schon eine geringe Kaltverformung
nach dem Abschrecken zur nahezu vollständigen Unterdrückung der
Kaltaushärtung während einer nachfolgenden Raumtemperaturlagerung.
Die Kaltverformung selbst aber beeinflußt die Zustandsänderung durch
Kaltaushärtung insofern, als neben Versetzungen auch noch Leerstellen
von allerdings kurzer Lebensdauer erzeugt werden [28]. Abb. 371 zeigt am
Beispiel einer Aluminium-Zink-Legierung mit 15% Zn, daß eine 9-
prozentige Querschnittsverminderung durch Ziehen eine von der Aus-
lagerungsdauer abhängige Widerstandserhöhung zur Folge hat, wenn
die Verformung zeitlich vor dem Erreichen des Widerstandhöchstwertes
vorgenommen wurde [55]. Erfolgt die Verformung zu einem späteren
Zeitpunkt, so bleibt der Widerstand der Probe nahezu konstant und
ändert sich während der weiteren Auslagerung um Zehnerpotenzen
langsamer als bei d!:'r unverformten Probe.

29*
452 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Abb. 372 zeigt den Einfluß einer Kaltverformung auf die Härte dieser
Legierung [55]. Die Verformung führt zu einer ganz beträchtlichen Härte-
zunahme, die durch eine Wärmebehandlung von 3 Minuten bei 200 oe
a ufgeho ben werden kann. Der
neuerliche Härteanstieg bei
weiterer Verformung weist
I
darauf hin, daß der Wärme-
3min. stoß eine Rückbildung des
200°C
durch Verformung erreichten
Kaltaushärtungszustandes
bewirkt. Die Härtezunahme
durch reine Verformungsver-
festigung wird etwa durch
die strichpunktierte Kurve
o 0.2 wiedergege ben, die die Härte-
werte nach der Rückbil-
Abb. 372. Einfluß des Abwalzgrades auf die Härteän-
derung einer abgeschreckten Aluminiumlegierung mit dungsbehandlung verbindet.
15% Zn (nach G. BARTSCH u. S. BOGOTT [55]) . Bei der Warmaushärtung
• _ _ • Härteanstieg durch Verformung;
führt die Kaltverformung
0-' - Härteverlauf nach anschließendem Anlassen
0

von 3 min bei 200°C. nach dem Abschrecken zu


einer BeschleunigungderAus-
scheidungsvorgänge, weil in gestörten Gitterbereichen die Keimbildung
der Ausscheidungsphase erleichtert wird [56]. Demgemäß wird, wie aus
Abb.373 hervorgeht, in einer vor der Auslagerung verformten Legierung

~Or----,-----r----r-----r----,
kp/~mz ,,~....::.
KalfverformungI 20 'Iy ° """"
11o1-----+-----4----t'-----+-----"_._-+-----I
"'--... / 0""-
~WO~--'~---+---------H~------~------~--~--------~
,~ ". _ 'u
--<::: / ' \ 2~1O
/// -....,
~901--------~~----~~--------~~------~~------~
~ ~ Kalf/lerformungO%/ "'"
Mr----~-----~---~------+----~
I
wr-----~-----~--~/-+-----.~-----I

co ------
0,0001 0,001
----
0,01
;./

Q1 1.0 d 10,0
Aus/agerungsdauer
Abb.373. Einfluß einer Kaltverformung auf die Härteänderung einer Aluminiumlegierung mit 4,2%
Cu während der Auslagerung bei 200°C (nach N. GANE U. R. N. PARKI~S [57]).

das Härtemaximum früher erreicht [57]. Der zu Beginn auftretende


Härteabfall ist als FRAENKEL-Effekt [58] bekannt und bei fast allen aus-
härtbaren Legierungen festgestellt worden [59]. Er ist von der Legie-
Lit. S. 505] 6.1 Phänomenologie der Aushärtung 453

rungszusammensetzl1ng, vom Verformungsgrad und von einer zwischen


Abschrecken und Verformen eingeschobenen Vorauslagerung abhängig
und beruht auf der Rückbildung des durch die Verformung erreichten
Kaltaushärtungszustandes (vgl. Abb. 372).

5.135 Einfluß von Vibrationen auf die Aushärtung. Durch die Einwir-
kung pulsierender elastischer Spannungen kann die Aushärtung stark
beschleunigt bzw. das vorzeitige Eintreten einer Überalterung erreicht
werden. Das gilt sowohl für den Einfluß einer Ermüdungsbeanspruchung
auf das Gefüge einer aushärtbaren Legierung als auch für die Einwirkung
von Ultraschall während der Aushärtung.
Der beschleunigende Einfluß der Ermüdungsbeanspruchung wurde
sowohl bei der Kaltaushärtung als auch bei der Warmaushärtung
beobachtet [60]. Der Einfluß des Ultraschalls wurde bisher wohl nur
bei der Kaltaushärtung von AICuMg untersucht [61].

5.136 Zur energetischen Auswertung kinetischer Messungen. Aus


Isothermen, Isochronen oder aus deren Kombination [62] kann als Maß
für die Tempera tura bhängigkei t der untersuchten Eigenschaftsänderungen
eine Energiegröße abgeleitet werden, die bei einem einheitlichen Vorgang
als seine "Aktivierung8energie" bezeichnet wird. Sie wird ermittelt,
indem eine für den Vorgang charakteristische Zeit (bei Isothermen etwa
der Zeit bis zum Erreichen eines Extremwertes, Beginn, Ende oder Dauer
einer gewissen Eigenschaftsänderung) logarithmisch über der reziproken
absoluten Auslagerungstemperatur aufgetragen wird. Bei einem einheit-
lichen Vorgang lassen sich die Meßwerte durch eine Gerade wiedergeben,
deren Steigung die Aktivierungsenergie Q gemäß der Gleichung

Q = 2 3 R d (log~
, d(1/T)
darstellt.
Kalt- und Warmaushärtung sind in diesem Sinne keine einheitlichen
Vorgänge, wie aus der Streuung einiger in den Tab. 35 bis 37 aufgeführ-
ter Q-Werte hervorgeht. Der Mittelwert von Q liegt für die Kaltaushär-
tung etwa bei 10 kcai/Mol und für die Warmaushärtung etwa bei 25 kcal!
Mol. Bei der \Varmaushärtung nehmen die Q-Werte in den binären
Legierungen mit steigendem LegierungEzusatz ab. Bei Aluminium-
Silber-Zink-Legierungen wurde jedoch auf ternären Schnitten neben der
Abnahme auch eine Zunahme der entsprechenuen Q-\Vcrte gefunden.
454 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Tabelle 35. Energiewerte bei der Kaltaushärtung

Q·Werte
in kcal/Mol
I intervall
Temperatur-
in oe
Legierungs- i
gehalt in % Bestimmungsverfahren Lit.

5,5 30 bis 70 1,1 Cu Härteisothermen, Zeit bis zum Ab-


9,7 30 bis 70 3,5 Cu schluß der Härtesteigerung } [63]
12,0 30 bis 70 3,9 Cu
7,0 20 bis 150 4,0 Cu Isotherme Längenänderung,
} [25]
maximale Verkürzung
11,7 4,5 Cu Widerstandsisothermen, Koinzi-
denzfaktor } [53]

13,0 -30 bis 0 5Ag Widerstandsisothermen, Koinzi-


12,0 -30 bis 0 iOAg denzfaktor } [53]
11,3 -30 bis 0 27 Ag
10±2 50 bis 70 20 Ag Resonanzfrequenz-Isothermen
nach Rückbildung } [64]

9,0 -35 bis 15 8Zn Widerstandsisothermen, Koinzi-


denzfaktor } [53]

1
11,6 -30bis 20 20 Zn Wid.-Isoth., Zeit bis zum Wid.
Max.
8,5 -30bis 70 20 Zn nach Rückbildung [65]
11,7 20 bis 100 20 Zn Härteisoth., Zeit bis zum Abschluß
der Härtesteigerung J
8,8 -70bis -30 10 Zn Widerst. Isoth., Zeit bis zum Wid.
} [66]
9,9 -30bis 50 10 Zn Max.
13,4 -30 bis 20 25 Zn Härteisothermen, best. Härtewert [67]
10,1 20 bis 50 15Zn Kleinwinkel-Streu -Intensität-
10,3 20 bis 50 20 Zn I Isoth. } [68]
9,0 20 bis 50 25 Zn
9,5 75 bis 165 4,5 Cu, 1,1 Li Festigkeitsisoth., Anstieg der Zug- } [69]
0,5 Mn, 0,2Cd festigkeit .

Tabelle 36. Energiewerte bei der Warmaushärtung

Q-Werte I Temperatur- Legierungs-


Bestimmungsverfahren Lit.
in kcal/Mol intervall in oe gehalt in %
I
23,0 180 bis 250 4Cu
4Cu }E),-Ausscheidung } [70]
19,0 250 bis 300
21,0 350 bis 400 4Cu 0-Ausscheidung
24,0 100 bis 250 5,2 Cu Härteisothermen, Zeit bis zum
} [71]
zweiten Härteanstieg
26,0 100 bis 190 4 Cu Härteisothermen, Dauer konst.
Härte } [72]
24,0 100 bis 350 4Cu Härtemaximum
Lit. S. 505] 5.1 Phänomenologie der Aushärtung 455

Tabelle 36 (Fortsetzung)

Q-Werte I intervall
Temperatur-
in oe
Legierungs-
Bestimmungsverfahren IAt.
in kcaljMol gehalt in %

33,5 100 bis 250 4Cu Isoth. Längenänderung, max.


} [25]
Verlängerung
29,5 210 bis 260 10Ag Härteisothermen,
29,0
25,8
25,0
180 bis 260
170 bis 250
170 bis 250
20 Ag
30 Ag
38 Ag
Härtemaximum
}li']
21,5 150 bis 245 50 Ag [42]
29,5 220 bis 270 2,7 Ag Widerstandsisothermen
26,8 220 bis 280 5Ag } [73]
25,5 150 bis 300 10Ag
19,5 75 bis 150 20 Zn Widerstandsisothermen
18,3 50 bis 150 20 Zn Härteisothermen, } [65]
zweites Härtemaximum
32,8 140 bis 200 AlMgSi Zugfestigkeits-Isothermen,
} [74]
max.
28,5 150 bis 225 4,5 Cu, 1,lLi Dehnungsisothermen,
0,5 Mn, 0,2 Cd Dehnungsabfall } [69]

Tabelle 37. Energiewerte bei der Warmaushärtung 'von Aluminium-Silber-Zink-


Legierungen

I Legierungs-
Q-Werte I Temperatur- gehalt in % Bestimmungsverfahren Lit.
in kcaljMol , intervall in oe
Silber Zink

20,8 140 bis 220 Ü 4 Härteisothermen, Härtemax. )


23,8
25,3
Ii 11
17
7
10
29,0 23 13
24,4 32
28,G ')~
~I 3 [75]
27,7 22 G
22,9 13 15
13,5 9 21
iG,2 G 2G
30,2 20 2
30,G 10 1 I)
456 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

5.2 Strukturelle Vorgänge


während Aushärtungs- und Ausscheidungsvorgängen

Von V. Gerold, Stuttgart, D. AItenpohl, Zürich


u. H. Bichsel, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)
mit einem Beitrag von T. Federighi, Novara (Italien)

5.21 Einleitung

Im folgenden werden an einer Reihe ausgewählter Beispiele die struk-


turellen Umlagerungen erläutert, welche bei Aushärtungs- und Aus-
scheidungsvorgängen ablaufen.
Zur Klärung der Ursachen der Aushärtung von Aluminiumlegierungen
konnten lichtmikroskopische Untersuchungen keinen Beitrag leisten, da
sich die Zustandsänderungen während der Aushärtung in submikrosko-
pischen Bereichen abspielen. Aber auch röntgenographische Struktur-
untersuchungen mit den üblichen Methoden brachten keine befriedigen-
den Erkenntnisse, weil die Zustandsänderungen zum Teil so geringfügig
sind, daß die zugehörigen Beugungserscheinungen im Streuuntergrund
der Röntgenaufnahmen untergehen. Es war wohl möglich, metastabile
Zwischenphasen in den Legierungen nachzuweisen, jedoch gelang dies
erst nach Überschreiten des Härtemaximums. So haben z. B. G. WASSER-
MANN und J. WEERTS die Zwischenphase €)' bei Aluminium-Kupfer-
Legierungen mit gewöhnlichen Drehkristallaufnahmen entdeckt [8].
Erst mit der Verfeinerung der röntgenographischen Aufnahme-
technik war es möglich, frühere Stadien während der Aushärtung zu ent-
decken und so schließlich ein weitgehend vollständiges Bild über die
in Frage kommenden Vorgänge zu erhalten. Eine wichtige Voraussetzung
für diese Untersuchungen wurde durch die Einführung von fokussieren-
den Monochromatoren [76] geschaffen. Diese Monochromatoren liefern in
Verbindung mit der Röntgenröhre einen intensiven konvergenten
Röntgenstrahl, der monochromatisch ist und sich in einer Fokallinie in
einem bestimmten Abstand vom Monochromator vereinigt.
Durch die Monochromatisierung der Strahlung wird der allgemeine
Streuuntergrund der Röntgenaufnahmen so stark reduziert, daß aus
der verbleibenden Streuung Aussagen über dcn strukturellen Zustand
der Legierung erhalten werden können. Die Fokussierung des Röntgen-
strahles ergibt zudem eine Intensitätssteigerung, so daß die Aufnahme-
zeiten in normaler Größenordnung liegen. Diese Methode ist vor allem
von A. GUINIER entwickelt worden. Von A. GUINIER stammen auch die
ersten Kenntnisse über die strukturellen Vorgänge bei der Kaltaushärtung
von Aluminiumlegierungen [77].
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 457

In den letzten 15 Jahren ist zum Studium der Ausscheidungsvorgänge


sodann immer mehr das Elektronenmikroskop herangezogen worden.
Von den zwei grundsätzlichen elektronenmikroskopischen Präparations-
methoden - Abdrucktechnik und Durchstrahlung abgedünnter Metall-
folien - ist die zweite zur Untersuchung der frühesten Ausscheidungs-
stadien von größerer Bedeutung. Diese für die elektronenmikroskopische
Metalluntersuchung in hohem Maße fruchtbringende Technik wurde
erstmalig von R. D. HEIDENREICH [78] beschrieben. In seiner grund-
legenden Arbeit ist auch schon eine orientierende Untersuchung über
Aluminium-Kupfer-Legierungen enthalten, die eindeutig zeigt, daß
mittels dieser Technik das Gefüge von Legierungen in direkter 'Weise
studiert werden kann.
Einige Jahre später wurde die Durchstrahlmethode durch
R. CASTAING [79] wieder aufgegriffen. Er dünnte die Proben nach voran-
gegangenem elektrolytischen Polieren durch Ionenbombardement auf
die gewünschte Dicke ab. Verglichen mit den ersten Versuchen von
R. D. HEIDENREICH stellten die erhaltenen Ergebnisse eine bedeutende
Verbesserung dar. In den letzten Jahren wurde die Präparationstechnik
noch weiter verfeinert. Das elektronenmikroskopische Durchstrahl-
verfahren ist seitdem ein wichtiges Mittel zur Untersuchung der mit der
Aushärtung verbundenen Zustandsänderungen geworden. Bei dieser
Abbildungsmethode spielt neben dem Dichtekontrast (unterschiedliche
Absorption des Elektronenstrahles) der Spannungskontrast eine wichtige
Rolle. Gitterverspannungen in der Nähe von Ausscheidungsteilchen
geben einen starken Kontrast und lassen sich daher gut beobachten.
Zur Probenherstellung wird das Versuchsmaterial meist auf 0,1 bis
0,2 mm Dicke gewalzt. Bei dieser Probendicke können sämtliche Wärme-
behandlungen noch gut ausgeführt werden, ohne daß störende Verfor-
mungen oder Oberflächeneinflüsse auftreten. Die Proben werden an-
schließend meist elektrolytisch nach Standardmethoden [80] auf die
benötigte Dicke (ca. 0,1 [Lm = 1000 A) reduziert.
In einigen Arbeiten wurde die Wärmebehandlung erst im abgedünn-
ten Zustand durchgeführt [81, 82]. Hierbei tritt meist ein anomales Ver-
halten auf, das durch die geringe Probendicke bedingt ist [83, 84].
Während bei einer Vielzahl von Aluminium-Legierungen sowohl mit
elektronenmikroskopischen als auch mit röntgenographischen Unter-
suchungen die Anfangsstadien der Ausscheidung nachzuweisen sind,
gibt es eine Gruppe von Legierungen, bei der die Untersuchungen auf
Schwierigkeiten stoßen. Sowohl der Röntgenstrahl als auch der Elektro-
nenstrahl sind nicht in der Lage, Atome zu unterscheiden, die im perio-
dischen System eng nebeneinander liegen, da kein Dichtekontrast auf-
tritt. Sind außerdem die Gitterverspannungen noch gering, so wird der
Nachweis des Anfangsstadiums einer Ausscheidung schwierig. Daher
458 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

sind die Kenntnisse über die Aushärtungszustände der Aluminium-


Magnesium-Silizium-Legierungen vorerst noch gering.
Beim Anlassen einer homogenisierten und abgeschreckten aushärt-
baren Legierung lassen sich in der Regel folgende Zustände nacheinander
nachweisen:
Übersättigter Mischkristall - Entmischungszonen - teilweise
kohärente Zwischenphase -- stabile (meist inkohärente) Ausscheidung.
Diese Reihenfolge besagt indessen nicht, daß sich ein Zustand zwangs-
läufig aus dem anderen entwickelt.
Der Unterschied zwischen einer Entmischungszone und einer teilweise
kohärenten Ausscheidung (Zwischenphase) ist schematisch in Abb. 374

Abb. 374 a u. b. Schematische Darstellung


a) einer Entmischungszone. b) einer teilweise kohärenten Zwischenphase im Mischkristallgitter.

dargestellt. Bei einer Entmischungszone bleibt die Struktur des Wirts-


gitters beibehalten und der Zusammenhang des Gitters vollständig
gewahrt, es treten allenfalls elastische Verzerrungen auf. Derartige Zonen
können sich an jeder Stelle des Gitters bilden, da die Keimbildung gegen-
über einer teilweise kohärenten Ausscheidung wesentlich erleichtert ist.
Bei den Aluminiumlegierungen werden sie meist als GUINIER-PRESTON-
Zonen (G.-P.-Zonen) bezeichnet. A. GUINIER [6] und G. D. PRESTON [7]
hatten erstmals solche Zonen in Aluminium-Kupfer-Legierungen auf
röntgenographischem Wege gefunden.
Bei der teilweise kohärenten Zwischenphase, die ein anderes Gitter
als der Mischkristall hat, ist der kohärente Zusammenhalt des Gesamt-
gitters nicht mehr vollständig vorhanden. Die Grenzfläche zwischen
Matrix und Zwischenphase ist mindestens in einer Richtung nicht mehr
kohärent. Die inkohärente Phasengrenze stellt eine Gitterstörung dar, die
mit einer periodischen Anordnung von Stufenversetzungen vergleichbar ist.
Zur Bildung solcher inkohärenten Phasengrenzen ist eine Keimbildungs-
Lit. S. 505J 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 459

energie notwendig, die wesentlich größer ist als die für kohärente Grenzen.
Keime der Zwischenphase entstehen bevorzugt an im Gitter vorhandenen
Gitterstörungen, wie Versetzungen, Kleinwinkelkorngrenzen, Korn-
grenzen.
Die stabile Ausscheidung ist meist im Lichtmikroskop sichtbar und
hat normalerweise keinen kohärenten Zusammenhang mit der Matrix.
In den folgenden Abschnitten wird nur kurz auf die stabilen Ausschei-
dungen eingegangen, da sie für die Aushärtungsvorgänge nur eine unter-
geordnete Rolle spielen. Thermodynamisch gesehen ist die Entmischungs-
zone ebenfalls eine metastabile Ausscheidung, also eine zweite Phase.
Ihre geringe Keimbildungsenergie bringt es mit sich, daß die kinetischen
Gesetze bei der Zonenbildung anders sind als bei der teilweise kohärenten
oder der inkohärenten Ausscheidung. Der Begriff der einphasigen Ent-
mischung, der für den Zonenzustand in der deutschen Literatur noch
häufig zu finden ist, sollte besser vermieden werden. Bei den folgenden
Ausführungen werden zur Abkürzung der Ausdrucksweise nur die teil-
weise kohärenten metastabilen Ausscheidungen als Zwischenphasen
bezeichnet, die von den G. P.-Zonen unterschieden werden. Es sei
jedoch nochmals betont, daß dies nur zur Abkürzung der Ausdrucks·
weise geschehen ist.
Jedes Stadium der Aushärtung hat im Zustandsdiagramm seinen
Existenzbereich, der sich mit dem benachbarter Bereiche überschneiden
kann. (Verfeinerte Zustandsdiagramme dieser Art sind z. B. in den
Abb. 392 und 393 wiedergegeben.) Bei Temperaturen unterhalb - 50 oe,
bei denen bei Aluminiumlegierungen praktisch alle Diffusionsvorgänge
eingefroren sind, bleibt der übersättigte Mischkristall erhalten, wenn er
sich nicht bereits während des Abschreckens verändert hat. In dem
darüberliegenden Temperaturgebiet bis etwa 180 e existieren in der
0

Regel Entmischungszonen, im Bereich von 100 bis 300 oe entstehen die


teilweise kohärenten Zwischenphasen und oberhalb 300 oe die Gleich-
gewichtsphasen. Alle diese Zustände treten bei entsprechender 'Wärme-
behandlung unabhängig voneinander auf. Beispielsweise lösen sich im
System Aluminium-Kupfer die bei Raumtemperatur gebildeten Ent-
mischungszonen bei einem Temperaturwechsel auf 200 e zuerst auf,
0

bevor die Zwischenphase gebildet wird. Die oben angegebenen Grenz-


temperaturen sind nur Richtwerte, bei manchen Legierungen sind die
Grenztemperaturen wesentlich verschoben.
Die Stabilität der Zustände z. B. bei Raumtemperatur nimmt vom
übersättigten Mischkristall über die Zonen und Zwischenphasen bis zur
stabilen Ausscheidung kontinuierlich zu. Hat sich bei erhöhter Tempera-
tur beispielsweise die Zwischenphase oder die stabile Ausscheidung ge-
bildet, so kann durch Temperaturerniedrigung kein weniger stabiler
Zustand, z. B. der der Entmischungszonen, mehr erzeugt werden.
460 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Der Zonenzustand ist nur über den Weg Homogenisierung-Ab-


schreckung-Auslagerung bei niedriger Temperatur - wieder zu erreichen.
Jede dieser Maßnahmen verursacht in der Legierung Eigenschafts-
änderungen, deren technisch bedeutendste die Steigerung der Festig-
keitswerte ist. Oftmals wird als einfach zu messende Kenngröße lediglich

c
Abb.375a-c. Die Entstehung von Versetzungsringen aus kondensierten Leerstellen.
Projektionsebene (110).
a) Die Leerstellen kondensieren in einer (111)-Ebene; b) das Gitter klappt zusammen, es entsteht ein
Versetzungsring mit Stapelfehlerebene (z.B. inAluminium-Silber-Legierungen gefunden); c) durch
seitliche Verschiebung verschwindet der Stapelfehler
(reines Alumininm, häufigste Art des Versetzungsringes).

die Härtesteigerung ermittelt. Als Kaltaushärtung wird die durch


G. P.-Zonen verursachte Härtesteigerung bezeichnet. Die Warmaushär-
tung ist mit der Bildung von Zwischenphasen verknüpft.
Die Begriffe Kalt- und Warmaushärtung sind historisch aus dem
Aushärtungsverhalten von Aluminium-Legierungen entstanden, bei
denen die Kaltaushärtung in der Gegend der Raumtemperatur statt-
findet. Bei Legierungen, die eine andere Basis als Aluminium haben,
finden ebenfalls durch Entmischungszonen verursachte Aushärtungs-
vorgänge statt, die aber bei wesentlich höheren Temperaturen liegen
Lit. K 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 461

körmen (S. z. B. [20a]) . Der Begriff Kaltaushärtung läßt sich dann nicht
mehr gut verwenden. Es wäre daher sinnvoller, von Aushärtungs-
erscheinungen zu reden, die durch Zonen bzw. t eilweise kohärente
Ausscheidung hervorgerufen werden. Da wir uns nur mit Aluminium-
legierungen beschäftigen, sind die historischen Begriffe der Kalt- und
Warmaushärtung beibehalten worden .

I
(/;o) (100)
(010)
10
(011)
~i)
, '" • ,,, ,
..
~

- (0011
o ( 11 i)
__ J1.tJ.l
.
'.

[10ry .. [otil

----------------
19000: 1
Ahb.376. Versetzlillgsringe in Reillstallllllinilllll. Im oberen Hildrand sind die Ringebenen (hkl) sowie
die zugehörigen Projektionsflguren angegeben. Am unteren Bildrand sind die drei (110)·Richtungen
angemerkt. Die );'olienebene liegt parallel Zll (111)
(na("\, D. K r HMIANN·WILSD01{f' 11. H. G. F . WILs n o u' [S7]).

Bei den Entmischungs- und Ausscheidungsvorgängen spielen die


Gitterfehler in Gestalt von Leerstellen, Versetzungen, Korngrenzen usw.
eine große Rolle. Diese Fehler werden wiederum von der Wärmebehand-
lung der Probe beeinfiußt. Da die Proben normalerweise bei hoher
Temperatur T H homogenisiert und dann rasch abgeschreckt werden,
bleibt die zu T H gehörende hohe Leerstellenkonzentration teilweise oder
sogar weitgehend erhalten, die Legierung ist daher auch an Leerstellen
übersättigt. Elektronenmikroskopische Untersuchungen von P. B. HIRSCH
und Mitarb. [86] haben gezeigt, daß sich bei Reinaluminium die ein-
geschreckten Leerstellen 1 bei Raumtemperatur in dichtestgepackten
1 Der Begriff "eingeschreckte Leerstelle" ist die Übersetzung des in der englisch-
sprachigen Literatur gebräuchlichen Ausdrucks "quenched.in vacancy". Das viel-
fach gebräuchliche Wort "eingefroren" ist nicht richtig, da die Leerstellen nach dem
Abschrecken durchaus beweglich sind (s. Abschn. 5.26).
462 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

{111}-Ebenen ansammeln und dann aus dem Gitterverband ausscheiden,


indem sich das Gitter beiderseits der entstandenen Leerstellenebene zu-
sammenschließt (Abb.375). Bei diesem Vorgang bildet sich ein Ver-
setzungsring. Abb. 376 zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme,
auf der diese Ringe zu sehen sind. Sie haben einen Durchmesser von
ca. 500 A und eine Dichte in der Größenordnung von 1014 Ringen/cm 3 .
Wie Untersuchungen gezeigt haben, können diese Versetzungsringe
infolge innerer Spannungen sich aus den {111}-Ebenen herausdrehen
[87]. Die elektronenmikroskopisch gefundenen Ringorientierungen sind
in Abb. 376 eingezeichnet.

5.22 System Aluminium-Kupfer

Die Aluminium-Kupfer-Legierungen sind das meist untersuchte


Legierungssystem unter den aushärtbaren Legierungen. Sie zeigen ein
relativ kompliziertes Ausscheidungsverhalten. Durch röntgenographische
Untersuchungen sind folgende verschiedenen Zustände gefunden worden:
a) Der übersättigte Mischkristall,
b) die Entmischungszonen (G. P.-Zonen I),
c) die elf-Phase (vielfach auch G. P.-Zonen II genannt),
d) die e'-Phase (teilweise kohärente Zwischenphase),
e) die B-Phase (stabile Endphase).
Bezüglich der Literatur sei auf einige zusammenfassende Berichte
verwiesen [16, 88, 89, 90].
Die ersten elektronenmikroskopischen Untersuchungen über die
Entmischung des homogenen Aluminium-Kupfer-Mischkristalls und die
Reihenfolge der Ausscheidungsstadien wurden von verschiedenen For-
schern mittels· der Oxyd-Abdruckmethode durchgeführt [91, 92, 93].
Der Abbildungskontrast entsteht dabei in der folgenden Weise: An
Stellen mit lokaler Kupferanreicherung bzw. mit Ausscheidungen der
e' - oder der e-Phase bildet sich kein Oxydfilm. Der Abdruck weist an
diesen Stellen ein Loch auf. Ist die Ausscheidung relativ groß (e', e),
so zeigen die Umrisse dieses Loches auch deren Gestalt und Orientierung
an. Bei kleinen Teilchengrößen (G. P.-Zonen, elf) wird die Form der
Ausscheidung nicht mehr abgebildet, die feinen punktförmigen Löcher
geben lediglich die Verteilung der Teilchen an.
Abb.377 zeigt das Beispiel eines Oxyd abdruckes einer bei 200°C
warmausgehärteten Aluminium-Kupfer-Legierung. Im Laufe der Warm-
aushärtung sind Korngrenzenausscheidungen entstanden, wobei sich
gleichzeitig eine segregatfreie Zone gebildet hat. Nach A. SAULNIER u.
R. SYRE [93] entsprechen der e'-Phase die stäbchenförmigen Kontraste
Lit. S. 505] 5.2 ::->trukturelle Vorgänge während der Aushärtung 463

im Korninnern, während die punktförmigen .der f),,-Phase zugeordnet


werden. Die Ergebnisse der Abdruckmethoden sind insbesondere bei der
Klärung der Verhältnisse im Entmischungsstadium etwas zweifelhaft.
Beispielsweise ist R. CASTAING [79] der Ansicht, daß die Anzahl der
weißen Punkte im Oxydabdruck hauptsächlich von den Präparations-
bedingungen abhängt und bezeichnet es
als fragwürdig, diese spezifisch den g"-
Ausscheidungen zuzuordnen.
Die besten Ein bli cke in die Vorgänge
der Aushärtung wurden mit der elektro-
nenmikrosko pisehen Durchstrahl technik
erhalten. Mit dieser Methode wurden so-
wohl die G. P.-Zonen als auch die Zwi-
sehen phasen von verschiedenen Autoren
sichtbar gemacht l79, 94, 95, 96, 97].

5.221 Übersättigter ll'lischkristall.


Der übersättigte Mischkristall wird 12000: 1
durch die Lösungsglühung der Legie- Abb. 377. Aus3cheidungsfreie Zone an
Korngrenzen in einer Legierung rnit 4%
rung oberhalb von ca. 500°C und durch Cu. Von 500°C abgeschreckt und 16 Stun·
nachfolgendes Abschrecken auf Raum- den bei 200°C ausgelagert. Oxydabdruek
(uach AI.USUISSE).
temperatur erhalten. Zugleich wird die
bei der Temperatur der Lösungsglühung
vorhandene hohe Leerstellenkonzentration von der Größenordnung 10-4
zumindest teilweise eingcschreckt. Bei Raumtemperatur sind die Leer-
stellen in der Legierung noch sehr beweglich. Zusammen mit der hohen
Leerstellenkonzentration führt dies zu einer merklichen Beweglichkeit
der Atome im Gitterverbaml. Die Atomverteilung ändert sich im Ver-
lauf der Auslagerung, es bilden sich Entmischungszonen. Auf Einzel-
heiten dieses Vorganges wird in Abschn. 5.26 eingegangen.
Die überschüssigen Leerstellen scheiden sich im Verlauf der Zeit aUf;
dem Gitterverband aus, ähnlich wie es in der Einleitung für reines
Aluminium angegeben wurde. Die Art der Ausscheidung ist jedoch bei
Aluminiumlegierungen wesentlich anders. Elektronenmikroskopische
Untersuchungen von G. THoMAs und lVL J. WHELAN [98] sowie von
R G. Si\IALLMAN und Mitarb. [99] an abgedünnten :Folien einer 4%igen
Aluminium-Kupfer-Legierung zeigen das Auftreten von wendelförmigen
Versetzungslinien (helical dislocations), wie sie in Abb. 195, S.247 zu
sehen sind. Der Radius der Wendel beträgt etwa 250 A. Die Achse der
Wendel liegt dabei immer in [1l0J-Richtung, der BURGERs-Vektor
parallel zu dieser Achse. Es ist anzunehmen, daß diese Wendeln aus
vormals geradlinigen Schraubenversetzungen entstanden sind, an die
sich überzählige Leerstellen angelagert haben, wie es schematisch in
464 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Abb. 378 gezeigt ist. Die Zahl der VersetzlUlgsringe ist dafür im Vergleich
zu reinem Aluminium stark herabgesetzt. Gruppen von parallel zu-
einander liegenden Ringen sind wahrscheinlich aus zwei parallel zu-
einander liegenden Versetzungswendeln hervorgegangen.
Nach G. THOMAS [100] ist das Mengcnverhältnis von Versetzungs-
ringen zu Versetzungswendeln von der Abschrecktemperatur und vom
Gehalt an gelösten Fremdatomen abhängig. Die Ringdichte steigt mit
zunehmender Abschrecktemperatur und abnehmendem Fremdatom-
gehalt. Die in Abb. 195, S.247
gezeigten Versetzungswendeln
treten dagegen bei relativ niedri-
genAbschrecktemperaturen (2 %
Cu 1, 450°C) oder bei höheren
Kupferkonzentrationen (4% Cu)
auf. Die Zahl der VersetzlUlgs-
a
ringe und Versetzungswendeln
Abb. 378a-c. Die Entstehung einer Versetzungs- ist nach neueren Untersuchun-
wendel aus Schraubenversetzung und angelagerten
Leerstellen. Projektionsebene (110). gen vermutlich nicht nur eine
a) Schraubenversetzung; b) durch Kondensation
von J~eerstplIen angelagerte Versetzungsringe ; Folge des Abschreckens, sondern
c) daraus resultierende Yersetzungswendel. auch des zufälligen Verbiegens
Da der Zustand c) energetisch günstiger ist als der
Zustand b). entsteht die Wendel unmittelbar aus der
beim Abschrecken oder beim
SchraubenverRetzung a). Hantieren der Probe. Bei sorg-
fältigem Abschrecken findet
man nach einer neueren Mitteilung von R. B. NrcHOLSON offenbar we-
sentlich weniger Versetzungsringe und praktisch keine Versetzungswen-
deln [190].
Aus den elektronenmikroskopischen Aufnahmen kann man die
ursprüngliche Konzentration derjenigen Leerstellen errechnen, die sich
in Versetzungsringen und -wendeln ausgeschieden haben. Diese Konzen-
trationen sind bei Abschrecktemperaturen von ca. 500°C von der Größen-
ordnung 10- 3 und damit um eine Größenordnung größer als bei Rein-
aluminium (ca. 10-4 ). Hieraus wird gefolgert, daß die Anwesenheit von
Kupferatomen in Aluminium die Bildungsenergie der Leerstellen er-
niedrigt. Diese Befunde konnten von anderen Autoren [101] nicht be-
stätigt werden. Sie finden vielmehr gleichbleibende Leerstellenkon-
zentrationen der Größenordnung 10-4 unabhängig von der zulegier-
ten Komponente. Auf Einzelheiten wird im Abschn. 5.231 einge-
gangen werden (S. 472).
0.222 Entmischungszonen (G. P.-Zonen I). Diese Zonen entstehen
bereits bei Raumtemperatur. Sie sind schon 15 Minuten nach dem Ab-
schrecken röntgenographisch nachzuweisen. Auf Einkristallaufnahmen
1 Alle Prozentangaben ohne besondere Hinweise bedeuten Gewichts-%.
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 465

machen sie sich durch Intensitätsstreifen zwischen den Mischkristall-


reflexen bemerkbar. Die Streifen werden im Verlauf der Auslagerung bei
Raumtemperatur schärfer und intensiver und sind nach wenigen Tagen


!J13 13 113 •
333

• ~2 • •
..
422


"22
I
•,
I


11 A.' A. B 31
t
420

• •


Abb. 379. Einkristall·Schwellkaufllahme mit monochromatischer MoKa·Strahlnng einer Legiernng
Aluminium·Kupfer mit 4% Cu. Horizoutale und vertikale Streifen sowie die Punkte bei .'1., A' und B
rühren von GUINIER-PRESToN-Zonen in den drei verschiedenen Orientierungen {JOO} her (horizontal.
vertikal und senkrecht zur Bildebene) (nach R. GRAF [70ll.

deutlich zu sehen (Abb. 379). Aus den Aufnahmen entnimmt man, daß es
sich um flächenhafte Ansammlungen von Kupferatomen auf den Würfel-
ebenen des Gitters handelt.
In der letzten Zeit standen
zwei Strukturmodelle zur
Diskussion, die von V. GE-
ROLD [102] und K. TOMAN
[103] stammen. Das Modell
von V. GEROLD besteht aus
einer monoatomaren Kup-
ferschicht von etwa 50 A
Durchmesser (Abb. 380),
welche beiderseits die be-
nachbarten Aluminium-
Netzebenen bis zu jeweils
etwa 15 Netzebenen hin ver-
zerrt. Beim Modell von K.
TOMAN sind die der Kupfer- .Cu
schicht benachbarten Atom- Abb.8HO. Schnitt durch eine GUINIER-PRESToN-Zone in
lagen ebenfalls noch mit einer Aluminium-Kupfer-Legierung. Die Schuittebene ist
(200). Die Kupferebene parallel zn (002) hat zur linken
Kupfer angereichert. Dafür Seite hin ungefähr eine dreimal größere Ausdehnung, die
sind die auftretenden Gitter- mtterverzerrung in vertikaler Richtung eine drei- bis
viermal größere Ausdehnung als gezeichnet
verzerrungen wesentlich ge- (nach V. GEROLD [102]).

30 Altenpohl, Aluminium
466 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

ringer als beim erstgenannten Modell. Auf Grund kritischer Betrachtun-


gen [104] sowie ergänzender Experimente [105] konnte gezeigt werden,
daß das erste Modell den tatsächlichen Gegebenheiten besser entspricht
[90]. Neuere elektronenmikroskopische Aufnahmen von G. P.-Zonen I
bestätigen dies [95]. Neueste quantitative röntgenographische Unter-
suchungen an einer Legierung mit 4,59% Ou ergaben, daß die Menge
der in den Zonen ausgeschiedenen Kupferatomen außer von der Aus-
lagerungstemperatur auch noch von der Größe der Zonen abhängt.
Die maximale Ausscheidungsmenge betrug etwa 95% der vorhandenen
Kupferatome und wurde nach längerer
Auslagerung bei Zimmertemperatur er-
reicht, wobei die Zonen einen Durch-
messer von etwa 40 A hatten [191]. Für
die Berechnung der Ausscheidungs-
menge ist angenommen worden, daß
jede Zone nur eine Kupferschicht hat.
Der Durchmesser der Zonen hängt
von der Auslagerungstemperatur ab.
Er nimmt mit ihr zu und erreicht bei
130°C den Wert von 100 A (24]. Bei
weiterer Steigerung der Temperatur
500000: 1
nimmt die Zahl der entstehenden Ent-
Abb. 381. Elektronenmikroskopische
DurchstrabIaufnahme von G. P. I-Zonen mischungszonen rasch ab, bei 200 °0
in einer Alnmininm-Knpfer-Legierung mit
4% Cn. Anslagerung 8 Stunden bei 130"C
werden überhaupt keine Zonen mehr
(nach R. B. NICHOLSON u. J. NUTTING [.95]). gebildet. Bereits vorhandene Zonen
sind innerhalb weniger Sekunden ver-
schwunden (Rückbildung). Da die Kaltaushärtung mit der Existenz
dieser Zonen verknüpft ist, wird auch die Härtesteigerung bei dieser
Temperatur rückgebildet.
Mit dem Elektronenmikroskop können die Entmischungszonen nur
dann gut gesehen werden, wenn sie eine hinreichende Größe haben.
Abb. 381 zeigt ein Gefüge mit G.P.-Zonen bei sehr starker Vergrößerung
[95]. Die plättchenförmigen Zonen stehen senkrecht zur Folienoberfiäche
und erscheinen als helle und dunkle Linien. Die anderen beiden noch
möglichen Orientierungen können nicht gesehen werden, da sie zur
Folienoberfläche um etwa 45° geneigt sind und bei ihrer geringen Dicke
keinen Kontrast geben. Der Durchmesser dieser Zonen beträgt 80 bis
100 A. Die seitlich an den Plättchen zu beobachtenden Beugungserschei-
nungen sind auf die Gitterverzerrungen zurückzuführen, die die Zonen
gemäß Abb. 380 verursachen. Die Dickenangabe aus den elektronenmikro-
skopischen Aufnahmen ist sehr ungenau, da nicht eindeutig zwischen
Dichte- und Spannungskontrast unterschieden werden kann. Ein Ver-
gleich der Gesamtzahl der Zonen mit der Zahl der in der Legierung vor-
Lit. H. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 467

handenen Kupferatome zeigt, daß jede Zone nur ungefähr eine mono-
atomare Schicht von Kupferatomen enthalten kann.

5.223 Die (..)"-Phase (G. P.-Zone 11). Die elf-Phase ist durch eine
periodische Anordnung von mono atomaren Kupferebenen parallel zur
Würfelebene (002) charakterisiert. Dabei besteht jede 4. Netzebene aus
Kupferatomen. Die Gitterkonstante in der c-Richtung ist etwa 7,7 A
und damit um 5 % kleiner als der Abstand von vier Netzebenen (002) in
der Matrix (8,08 A). Die genaue Struktur der Phase ist nicht bekannt,
ein überblick über die verschiedenen
Strukturmodelle ist von H. FRANZ [16]
gegeben worden. Die Partikel erreichen
einen Durchmesser bis zu 1500 A und
in der c-Richtung eine Dicke von etwa
100 A [24]. Sie treten ebenfalls wie die
G. P . I-Zonen in drei verschiedenen
Orientierungen auf.
Elektronenmikroskopische Aufnah-
men einer 4 %igen Legierung von R.
CASTAING und G. LENolR [106] nach
24stündiger Auslagerung bei 150 °C
107000: 1
zeigten Plättchen vom Durchmesser Abu. 382. Elektronenmikroskopische
100 bis 400 A und einer Dicke von 10 Durchstrahlaufnahllle von E)"-Ansschei-
bis 40 A. Abb. 382 zeigt eine entspre-
dun gen in einer Legierung mit 4% Cu
(naeh R. n. NICHOLSON u. J. N UTTING
chende Aufnahme von R. B. NICHOLSON [.9,5]).

undJ.NuTTING [95]. Die Plättchen dicke


beträgt etwa 20 A. ihr Durchmesser durchschnittlich 300 A. Auch hier
treten, ähnlich wie bei den G. P . I-Zonen, beiderseits der Plättchen Kon-
trastunterschiede auf. Der Effekt hängt sehr empfindlich von der Ein-
strahlrichtung ab, was darauf hindeutet, daß es sich um eine Interferenz-
erscheinung handeln muß, ähnlich wie sie beispielsweise im Verzerrungs-
feId einer einzelnen Versetzung entsteht. Auch dort hängt der Kontrast
empfindlich von der Einstrahlrichtung ab. R. B . NICHOLSON und J. NUT-
TING [95] haben die Ursache dieser Beugungshöfe seitlich der e" ..
Plättchen eingehend untersucht und kamen zu dem Ergebnis, daß diese
durch Verzerrungen des Matrixgitters verursacht werden. Die c-Achse
der Ausscheidung, welche senkrecht zu der (OOl)-Ebene der Matrix steht,
weist einen etwas kleineren Gitterparameter auf als das Matrixgitter.
Da die elf-Plättchen mit der Matrix noch kohärent sind, ergibt sich eine
Desorientierung des Mischkristallgitters in unmittelbarer Nähe der Aus-
scheidung, wie dies in Abb. 383 schematisch skizziert ist. Der Spannungs-
hof ist im Elektronenmikroskop nicht sichtbar, wenn der Durchmesser d
der Ausscheidung die Foliendicke (F1 ) erreicht oder übersteigt. Nur

30*
468 B. .Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

wenn sich bei Durchstrahlung der gestörten Zone gleichzeitig die un-
gestörte überlagert, treten Beugungshöfe auf (F2 ).
Die E),,-Phase wird von G. THOMAS und J. NUTTING [107] als voll-
ständig kohärente Ausscheidungsphase bezeichnet, die ihre eigene Struk-
tur hat [96]. Sie soll also nicht durch einfache Verzerrung des Matrix-
gitters entstanden sein [20a]. Im Verlauf einer isothermen Auslagerung
wandelt sich elf direkt in die teilweise kohärente Zwischenphase e' um,

,
...
'"

UUl! r: I

Abb.383. Schematische Darstellung der Gitterverzerrung von (100)-Ebenen in der Nähe einer kohä-
renten Ausscheidung von e" in einer Aluminium-Kupfer-Legierung. Die gestrichelte Linie umfaßt deu
Bereich starker tetragoualer Verzerrung (nach R. B. NICHOLSON H••T. NUTTING [95]).
Gitterparameter : e" -Phase a ~ b ~ 4,04 Ä
c ~ 7,8 Ä
Aluminium-Matrix: a ~ b ~ c ~ 4,04 Ä
d ~ Durchmesser der e"-Ausscheiduug
F. d} _
< zwei verschiedene Probendicken, welche im Elektronenmikroskop unterschiedliche
F, > d - Ergebnisse zeigen.

wie elektronenmikroskopisch von M. v. HEIMENDAHL und G. WASSER-


MANN [22a] gezeigt werden konnte. Danach sollte man annehmen, daß
elf nur existieren kann, solange es vollständig kohärent ist, und sich in
e' umwandelt, wenn diese Kohärena verlorengeht. Auf Grund der
röntgenographisch gemessenen Gitterkonstantenunterschiede von 5%
müßte dann die Plattendicke von e" geringer sein als 20 A, um eine
kohärente Phasengrenze zu gewährleisten [108]. Dem widersprechen
jedoch röntgenographische [24] und elektronenmikroskopische [106]
Untersuchungen, die eine Dicke bis zu 100 bzw. 40 A angeben. Da
Lit. S. 505] ,-;.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 469

außerdem die Struktur von (9" nicht völlig geklärt ist, kann im Augen-
blick kein eindeutiges Bild von der (9"-Phase gemacht werden. Die von
manchen Autoren gebrauchte Bezeichnung G. P.-Zone II scheint jedoch
fehl am Platze zn sein, da (9" mehr einer selbständigen Phase ent-
spricht.
Aus den Untenmchullgen von J. M. SILCOCK u. Mitarb. [24] geht ein-
deutig hervor, daß vor allem die (9" -Phase maßgebend zur Härtesteigerung
im Gebiet der Warmaushärtung von Aluminium-Kupfer-Legierungen
beiträgt. Die im nächsten Abschnitt zu beschreibende (9' -Phase liefert
ebenfalls einen Beitrag zur Härtesteigerung, der
jedoch geringer ist. Einzelheiten hierüber sind im /
/ ,,
folgenden Abschn. S. 470 zu finden. '..,
/
/0/
,,
Der Existenzbereich der (9"-Phase reicht bis /

zu 270 oe. Die Ausbildung von (9" geht allerdings', /


nur bei Temperaturen unterhalb 200°C vor sieh [24, '-', /0/

102]. Zu ihrer Bildung ist die vorherige Existenz l--O___


'....;,~/_/_----O
yon G. P.-Zonen I nicht notwendig. V M

Abb. 384. Struktur der I?J'-


5.224 Die (.)' -Phase. Diese Phase zeigt eindeutig Phase. Die Atomlagen sind
eine von der kubisch -flächenzentrierten Gitterstruk- auf die (OOl)-Ebene pro-
jiziert.
tur der Matrix abweichende Atomanordnung, die
° Al in den Ebenen z ~ 0
in Abb.384 dargestellt ist. Sie entspricht einem c
und 2;
leicht tetragonal verzerrten CaF 2-Gitter mit den
• Cu in der Ebene
Gitterkonstanten a = 5,71 A und c = 5,80A [109]. 1
Die Elementarzelle enthält 4 Kupfer- und 8 Alumi- z = 4 c;

niumatome. Die Atomanordnung in den (001)- A Cu in der Ebene


3
Aluminiumebenen entspricht nach Lage und Atom- z -4- c;
=-~

abstand völlig der Atomanordnung in den (002)- a ~ Gitterkonstallte


Netzebenen der Matrix. Daher ist die (9'-Aus- von I?J';
a, ~ Gitterkonstante der
scheidung in Gestalt von Plättchen parallel zu den )fatrix.
Würfelebenen der Matrix zn finden, woraus sich
drei verschiedene Orientierungsmöglichkeiten zwischen (9' und Matrix
ergeben, genau wie bei den vorher behandelten Entmischungszonen und
der (9"-Phase. Innerhalb der Plättchenebenen existiert ein vollständig
kohärenter Übergang von der Matrix zur Ausscheidung. Die dazu senk·
rechte Grenzfläche ist inkohärent. Diese Phase ist daher die typische
teilweise kohärente Phase dieser Legierung.
Das in Abb. 384 dargestellte Strukturmodell ist idealisiert. Eingehende
röntgenographische Untersuchungen von J. M. SILCOCK und A. J. HEAL
[110] führen zum Schluß, daß von der dort angegebenen Struktur im
Mittel jedes achte Aluminiumatom von seinem Platz entfernt und in einen
Lückenplatz in den (nur zur Hälfte besetzten) Kupferschichten einge-
baut werden muß.
470 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Die E)' -Phase entsteht oberhalb 100 oe zunächst nur als kleiner Anteil
der Ausscheidung. Bei 180 e besteht nach einer Auslagerung von 500 h
0

in einer 4%igen Legierung die gesamte Ausscheidung aus E)' [111]. Bei
140 r-""""T---,----,---,
300 oe geht die E)' -Ausscheidung inner-
kp/mm z I halb von 1000 h vollständig in die stabile
Endphase E) über [112].

_A,Yk
; /

1
I'
" 1 /~ Welchen Einfluß die Phasen E)" und
.1 - E)' auf die Aushärtung haben, ist in Abb.
IZO
0" / .
,"i'IO I 385 dargestellt [24]. Dort sind über der

-A0Jo"'~!
'I .
Kupferkonzentration die Härtewerte ein-
getragen, die bei verschiedenen Ausla-
/t 1 i ~/
100 -t-- : gerungstemperaturen als Maximalwerte
1/
"'I
I ~/ II
I .... , , /

. .'1 .'
: .... !/
./~ erhalten werden. Zugleich sind die bei
diesem Zeitpunkt gefundenen Strukturen
'0","''''
I~ I I ~~ ... ~/ eingezeichnet. Wie man sieht, werden die
Jf--
i /;-0
80 !&-~~~ ....' maximalen Härtewerte erreicht, wenn in
° : : \'<i.~

l::/·'
•. ~"
.' /'\.~ der Legierung nur die E)" - Ausscheidung
vorhanden ist. Die niedrigsten maximalen
Härtewerte werden bei den höheren Aus-
/JO
. lagerungstemperaturen erhalten, bei de-
nennur die E)'-Phase entsteht. Weitere Er-
AI 2 J 4 (jew.- % 5 gebnisse dieser Art sind der Originalarbeit
Kupfer!leha/f [24] oder dem zusammenfassenden Bericht
Abb. 385. Maximale Härtewerte von [16] zu entnehmen.
Aluminium-K upfer-Legierungen in Ab-
hängigkeit von der Kupferkonzentra- Die E)' -Plättchen haben nach einer
tion und der Auslagerungsterllperatur. Auslagerung bei 200 oe einen Durch-
Zugleich sind die Strukturen eingetra-
gen, die jeweils gefunden wurden: messer von über 1000 A und eine Dicke
- - 0 - - g"-Phase; von 100 bis 300 A [104, 111]. Abb.386
_.- () - . - gU-Phase nnd g'-Phase;
. . . . • . . .. g'-Phase; zeigt eine elektronenmikroskopische Ab-
(nach J.lIL SILCOCK 11. Mitarb. [24]). druck-Aufnahme des E)' -Gefüges einer
4%igen Legierung nach 16stündiger Glü-
hung bei 300 oe in zwei benachbarten Körnern unterschiedlicher
Orientierung.

5.225 Die (-)-Phase. Oberhalb 300 oe scheidet sich die stabile E)-Phase
euAl 2 aus, deren Struktur von A. J. BRADLEY und PH. JONES [113] be-
stimmt worden ist. Abb. 387 zeigt das lichtmikroskopische Bild des Über-
ganges der plättchenförmigen E)' -Phase in E) bei 300 oe. Die Struktur von
E) ist tetragonal und zeigt wesentlich größere Unterschiede zur Struktur
der Matrix als die Struktur von (-1'. Der Zusammenhang zwischen Aus-
scheidung und Matrix ist daher auch schlechter. Demzufolge hat A. GUI-
NTER [77] insgesamt 15 verschiedene Orientierungs zusammenhänge ge-
funden, die im übrigen nicht streng eingehalten werden.
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 471

Nach U. DEHLINGER und H. PFLEIDERER [85] existieren Struktur-


beziehungen zwischen allen Phasen, die auf einer Heteropolarität zwischen
Aluminium- und Kupferatomen beruhen.
Es sei noch erwähnt, daß zur lichtmikroskopischen Untersuchung von
Aluminium -Kupfer-Legierungen Farbätzmethoden ausgearbeitet wurden,
die Angaben über die Kupferverteilung im Mischkristall liefern [114,
Z1.51.

2000: 1 750: 1
Abh. 386. ElektronelllllikroHkopische Aufnahme Abb. 31\7. LichtmikroHkopische Aufnahme der
der ei·Phase in einer AhllniniuIIl-Kupfer-Legie- Umwandlung von Ei'·Plättchen in die Gleichge·
rung nach einer Glühung von 16 Stunden bei wichtsphase Ei in einer Aluminium·Kupfer·Le-
:300 oe. (Kohleabdruck, chromheschattet) gierung. Glühung 24 Stunden bei 300 oe
(nach ALl'Sl' r~RE). (n:leh ALPSFIRSB).

5.23 Systeme Aluminiurn-Silberund Aluminium-Zink

5.231 Übersättigter Mischkristall. Die Löslichkeit von Silber- und


Zinkatomen im Aluminiumgitter ist bei hohen Temperaturen wesentlich
größer als die von Kupferatomen. Daher konnte bei den hier zu behan-
delnden Legierungen bereits im Bereich des homogenen Mischkristalls
nachgewiesen werden, daß die Atome nicht vollständig ungeordnet im
Gitter verteilt sind, sondern gleichartige Atome als nächste Nachbarn be-
vorzugen. Der Arbeit von P. S. RUDMAN und B. L. AVERBACH [1161 ist
zu entnehmen, daß jedes Silber- bzw. Zinkatom im Mittel etwa doppelt
so viele gleichartige nächste Nachbarn hat als einer ungeordneten Ver-
teilung entsprechen würde. Diese Nahentmischung (Cluster bildung)
nimmt mit sinkender Temperatur zu. Die Größe der Cluster reicht nicht
wesentlich über den nächsten Atomabstand hinaus. Da bei erhöhten
Temperaturen die Platzwechselfrequenz der Atome sehr groß ist (ca. 10 3
bis 10'1 Wechsel/tl), handelt es sich um ein dynamisches Gleichgewicht
der Clusterzahl und -größe. Cluster entstehen und lösen sich in ununter-
brochener Reihenfolge wieder auf.
472 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

In den Aluminium-Silber- und Aluminium-Zink-Legierungen ent-


stehen nach dem Abschrecken hauptsächlich Versetzungsringe. Bei einer
Legierung mit 16% Ag wurde dabei beobachtet, daß diese Ringe vielfach
noch einen Stapelfehler enthalten [17] (Abb. 375b). Man nimmt an, daß
in der Nähe der Versetzungsringe die Silberkonzentration erhöht ist,
was stabilisierend auf den (hexagonalen) Stapelfehler wirkt.
Die Dichte der Versetzungsringe steigt mit der Abschrecktemperatur
und nimmt mit dem Silber- bzw. Zinkgehalt ab [100], ähnlich wie dies
auch für Aluminium-Kupfer-Legierun-
gen gefunden wurde. Die Abhängigkeit
der Ringdichte von der Konzentration
• ist allerdings bei Aluminium-Zink sehr
gering. Bei den konzentrierten Legie-
rungen treten ebenfalls Versetzungswen -
deIn auf. Abb. 388 zeigt eine elektronen-
mikroskopische Aufnahme einer von
540°C abgeschreckten Legierung mit
16% Ag. Neben den Ringen sind auch
Versetzungswendeln zu sehen. Der pris-
matische Charakter der in {111}-Ebenen
24000:1
liegenden Ringe ist h ier seh r gut zu er-
Abb. 388. Elektronenmikroskopische k
Durchstrahlaufnahme von Versetzungs- ennen.
wendeln und Ringen in einer Aluminium- Berechnet mari aus den Versetzungs-
Silber-Legierung mit 16% Ag nach dem
Abschrecken von 540°C ringen die Zahl der darin kondensierten
(nachR.B.NICHOLSONU.J.NuTTING[17]). Leerstellen, so kommt man zu dem Re-
sultat, daß mit zunehmendem Fremd-
atomgehalt die Leerstellen größtenteils innerhalb des Gitters bleiben und
nicht zu Ringen kondensieren. Besonders stark ist dies bei Aluminium-
Kupfer-Legierungen der Fall, am wenigsten ausgeprägt ist es bei den
Aluminium-Zink-Legierungen [100].
Auf Grund dieser Untersuchungen nimmt G. THOMAS [100] an, daß
die Bindungsenergie zwischen Leerstellen und gelösten Atomen in der
Reihenfolge Zink, Magnesium, Silber, Kupfer zunimmt. Je größer die
Bindungsenergie ist, desto geringer ist die Tendenz der Leerstellen, sich
in Versetzungsringen auszuscheiden. In derselben Reihenfolge nimmt
gemäß den Diffusionskonstanten [117] auch die Beweglichkeit dieser
Atome im Aluminium ab, was den Schluß nahelegt, daß die Diffusions-
geschwindigkeit in Legierungen von der Bindungsenergie zwischen ge-
lösten Atomen und Leerstellen abhängt.
Von anderen Autoren konnte dieses Ergebnis nicht bestätigt werden.
K. H. WESTMACOTT und Mitarb. [101] finden vielmehr, daß die Zahl der in
Versetzungsringen ausgeschiedenen Leerstellen immer von der gleichen
Größenordnung ist. Hingegen variiert die Größe der gebildeten Verset-
474 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

sich die Wahrscheinlichkeit pAA berechnen, die angibt, mit welcher


Wahrscheinlichkeit P in einem Abstand r von einem A-Atom (Silber oder
Zink) ein zweites A -Atom auf einem Gitterplatz gefunden wird. InAbb. 390
ist solch eine Kurve angegeben, die aus der
Streuung einer abgeschreckten Aluminium-
Silber-Legierung berechnet wurde [120].
Die Wahrscheinlichkeit nimmt zunächst
mit wachsendem Abstand r kontinuierlich
ab, wobei der Wert mA der Silberkonzen-
tration des Ausgangsmischkristalls unter-
schritten wird. Danach steigt die Wahr-
scheinlichkeit allmählich auf den Wert mA
an, den sie dann für große Abstände r
beibehält. Im Verlauf einer weiteren Aus-
lagerung bei entsprechenden Temperaturen
bleibt diese Wahrscheinlichkeitsfunktion
o 10 sich ähnlich, erstreckt sich aber über immer
Abslondr größere Abstände r.
_\bb. 390. Die Wahrscheinlichkeits- Die Wahrscheinlichkeitsverteilung pAA
funktion pAA (r) für eine Alnminium-
Silber-Legierung mit 20% Ag. die VOll kann durch zwei verschiedenartigeAnnah-
520°C auf Raumtemperatur a hge- men über die Zonenstruktur erhalten wer-
schreckt wurde (nach C. B. WALKER
u. A. (ln:<um [120]). den, die in Abb. 391 in zweidimensionalen
Modellen dargestellt sind. Das Modell a),
ursprünglich von A. GUINIER [77, 118] angegeben, besteht aus an Le-
gierungsatomen angereicherten Zonen, wobei die Zonen eine geordnete

~ ~
~
t,
~ ~
~
~


I
(/ /

8/1, ~~


j(/
t2 / 7
/,
./ /1
;/:0
?;A
a b
Ahh. 891" u. h. Der Entmischungsvorgang in Aluminium-Silber- und Aluminium-Zink-Legierungen
nach zwei verschiedenen Auslagerungszeiten t, und t, (t, > t 1 ) (nach Y. GEROLD [90]).
Lit. S. 505] 5.2 St.rukturelle Vorgänge während der Aushärtung 473

zungsringe mit der Legierungsart. Bei Aluminium-Zink sind die Ringe


am größten, bei Aluminium-Silizium am kleinsten. Die Autoren leiten
daraus eine Zunahme der Bindungsenergie zwischen Leerstelle und
Legierungsatom in der Reihenfolge Zink, Kupfer, Silber, Magnesium,
Silizium ab.
Es ist hier noch zu bemerken, daß alle diese Ergebnisse durch die
Untersuchung von dünnen Folien gewonnen wurden. Da in kompaktem
Material die Abschreckbedingungen wesentlich anders sind, können die
Resultate nicht ohne weiteres übertragen werden. Es ist jedoch zu ver-
muten, daß die Verhältnisse qualitativ ähnlich sind.

5.232 Entmischungszonen. In beiden Legierungssystemen haben


die Entmischungszonen kugelförmige Gestalt, wie zuerst von A. GUI-
NIER [77] gefunden worden ist. Die Gitterverzerrungen sind bei diesen
Zonen sehr klein, da die beteiligten Atome etwa
die gleichen Atomradien haben wie die Alumi-
niumatome. In solchen Fällen treten kugelförmige
Zonen auf [118], da hier die Grenzflächenenergie
der Zonenoberfläche die dominierende Rolle spielt.
Für die Legierung Aluminium-Silber konnte die ~
Größenordnung der Gitterkonstantenunterschiede ,

Abb. 389. Röntgen-Klein"inkelstrennng von Entmischnngszonen in


einer Alnminium-Silber-Legierung mit 20% Ag. monochromatische
CuK",-Strahlung. Anslagerung 4 Stunden bei 130 "C. Die rechte Hälfte
des ~'i1ms ist abgedeckt. so daß nur ein halber Ring zu sehen ist.
Beugungswinkel des Ringmaximums ca. 1.2" (nach V. GEROLD [90)).

inner- und außerhalb der Zonen bestimmt werden [90]. Sie liegt bei 10-"
während beispielsweise bei den G. P.-Zonen in Aluminium-Kupfer Ver-
zerrungen der Größenordnung 10-1 auftreten. Dort ist die Verzerrungs-
energie die bestimmende Größe, die zur Plättchenform der Entmischungs-
zonen führt.
Bei Aluminium-Zink scheinen die Gitterverzerrungen größer zu sein
als bei der Legierung Aluminium-Silber, wie röntgenographische Unter-
suchungen von R. GRAF und B. GENTY [119] an einer 40%igen Alu-
minium-Zink-Legierung vermuten lassen. Es ist daher nicht ausgeschlos-
sen, daß dort ein Übergang von der kugelförmigen zur plättchenförmigen
Gestalt der Zonen vorhanden ist.
Die Verteilung der an Silber bzw. Zink angereicherten Zonen im
Mischkristall ist nicht völlig regellos, sondern zeigt eine gewisse Ordnung,
wie aus den röntgenographischen Untersuchungen geschlossen werden
kann. Die Zonen geben eine intensive Kleinwinkelstreuung, die in :Form
eines Ringes um den Primärstrahl erscheint. Der Ring liegt bei einem Beu-
gungswinkel der Größenordnung 1 (Abb. 389). Aus dem Röntgenbild läßt
0
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 475

Verteilung untereinander besitzen. Es existiert ein Mindestabstand


zwischen den nächsten Zonen. der nicht oder nur selten unterschritten
wird.
Im Verlauf einer isothermen Auslagerung tritt ein kontinuierlichetl
Wachstum der Zonen ein, bei dem sich der mittlere Zonenradius R 1 wie
auch der Mindestabstand zwischen den nächsten Zonen ständig im glei-
chen Maß vergrößern. Das Gesamtvolumen der Zonen bleibt dabei kon-

600 t-''''----k---+---t----t-------1
oe
AI

/ AI Zn \
/ \
k \
°A~I----~----~----l---~~~~
20 40 50 80 Af.-% 100
Zinkgehalf
Abh. 392. Da, Zu~tand"diagranlIn Al-Zn mit metaHtabiler Misehungs!üeke
(nach Y. GEROLD U. W. SOHWEIZER [68, 121J).
Eine nachträgliche Korrektur in der Rechnung derOriginalarbeit [121] hat zu einer Verschiebung der
zinkreichen Grenze de r metastabilen Mischungslüeke zn höheren Zinkgehalten geführt, die in der
Abbildung berüeksiehtigt wurde.

stant. Der Wachstumsprozeß der Zonen in diesem Modell ist ein Vergrö-
berungsprozeß. Die großen Zonen wachsen auf Kosten der kleinen, so daß
sich die Zonenzahl während des Wachstums proportional zu R l -3 ver-
ringert. Im Gegensatz zu der Clustergröße im stabilen Mischkristall ist
die Zonengrößc im übersättigten Mischkristall nicht im dynamischen
Gleichgewicht, sie nimmt vielmehr im Verlauf der Auslagerung ständig zu.
Die jüngsten Untersuchungen haben gezeigt, daß während des Wachs-
tumsprozesses die Konzentration der Legierungsatome inner- und außer-
halb der Entmischungszonen nur von der Auslagerungstemperatur ab-
hängt, nicht jedoch von der Ausgangskonzentration der Legierung [68.
121, 122, 123]. Die Entmischung gehorcht also den Gesetzen einer meta-
stabilen Mischungslücke, deren Grenze für Raumtemperatur aus quanti-
tativen Intensitätsmessungen der Röntgenstreuung bei kleinen Winkeln
für Aluminium-Zink-Legiemngen bestimmt werden konnte [121].
Abb. :392 zeigt das Zustand8diagramm Aluminium-Zink mit der inter-
polierten metaRtabilen Mischungslücke, die sich als metastabile Fort-
setzung der bei höheren Temperaturen vorhandenen stabilen Mischungs-
lücke interpretieren läßt. Mit der gleichen Methode wurde bei der Legie-
476 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

rungAluminium-Silber die inAbb. 393 dargestellte metastabile Mischungs-


lücke gefunden.
Eine andere Deutung der Verteilungskurve von Abb. :l90 wurde von
C. B. WALKER undA. GUINIER [120] gegeben, die in Abb. 391 alsModellb)
dargestellt ist. Danach ist jede an Legierungsatomen angereicherte
Zone (1) vom Radius R 1 von einer zweiten Zone (2) umgeben, die an
Legierungsatomen verarmt ist. Solche Doppelzonen existieren regellos
im übersättigten Mischkristall und wachsen im Verlauf der Auslagerung
in den übersättigten Mischkristall hinein. Dieses Modell ist wohl quali-

600 r-ooooooo::::--r-........::--I""7""----"
oe

T/
°A~I--~--~-~
20 ~O Af.-% 60
Silbergeholt 200000:1
Abb.393. Das Zustandsdiagra mm AI·Ag mit Abb. 394. Kugelförmige G. P.·Zonen in einer
metastabiler Mischungslücke Aluminiulu-Silber-Legierung mit 16% Ag nach
(nach R. BAUR und V. GEROLD [122. 123]). 4·tägiger Auslagerung bei 160 ' 0
Die Kreuze sind Meßpunkte von A. BORELIUS (nach R. B. NIOHOI,SON und .J. NUTT1NG [17]).
[1281. die durch Extrapolation von elastischen
lIlessungen zu höheren Temperaturen ge·
wonnen wurden.

tativ mit den Röntgenaufnahmen im Einklang, steht aber zu quanti-


tativen Messungen im Widerspruch [121, 123, 124, 125]. Es kann
daher nicht mehr zur Deutung der Entmischungsvorgänge in diesen
Legierungen herangezogen werden.
Im Elektronenmikroskop konnten die kugelförmigen Entmischungs-
zonen bei der Legierung Aluminium-Silber nachgewiesen werden. Diese
Zonen, die auch im Oxyd-Abdruckverfahren abgebildet werden können
[126], erscheinen dort als dunkle oder helle Pünktchen. Wesentlich ein-
drucksvoller sind Durchstrahlaufnahmen, Abb. 394 zeigt eine solche von
R. B. NICHOLSON und J. NUTTING [17] von einer 16%igen Aluminium-
Silber-Legierung, die 4 Tage bei 160 °C ausgelagert wurde. Die Zonen
haben hier einen Durchmesser von 50 bis 100 A. Unmittelbar nach dem
Abschrecken findet man einen Zonendurchmesser von ctwa 15 A in
guter übereinstimmung mit röntgenographischen Daten, bei denen 20 A
Lit. tl. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 477

gefunden wurde [120, 125]. Auf die Kinetik der Zonenbildung wird in
Abschnitt 5.26 eingegangen.
Die Atomverteilung inner- und außerhalb der Zonen wird im all-
gemeinen als ungeordnet angenommen, wenn man von geringen Nah-
ordnungseffekten absieht, die ja auch im homogenen Mischkristall vor-
handen sind. Bei Aluminium-Silber ist allerdings auf Grund von Röntgen-
untersuchungen anzunehmen, daß die Atomverteilung in den Zonen unter-
halb von 180°C stark geordnet ist [77, 127]. Dem entspricht in Abb. 393
der breite Bereich der Mischungslücke, der mit 1] bezeichnet ist. Der
Ordnungsvorgang findet erst im Verlauf der Auslagerung bei erhöhter
Temperatur statt (etwa 100 bis 150°C), bei der zugleich die Kaltaushär-
tung der Legierung einsetzt [15, 127]. Daher ist der unterste Teil der
breiten Mischungslücke mit 1]' bezeichnet, in dem noch keine geordnete
Atomverteilung und keine Kaltaushärtung vorliegt. Neuere Untersuchun-
gen scheinen jedoch zu zeigen, daß die Kaltaushärtung weniger durch die
Ordnungsbildung vielmehr durch den mit der Auslagerung zunehmenden
Zonenradius verursacht wird [127, 172].
Im Gegensatz zu den Legierungen Aluminium-Kupfer und Alumi-
nium-Zink werden die Entmischungszonen in Aluminium-Silber bei der
Rückbildung der Kaltaushärtung (bei etwa 200°C) nicht aufgelöst. Es
tritt bei dieser Temperatur nur eine wesentliche Abnahme der Silber-
konzentration in den Zonen ein, die mit einem Übergang einer geord-
neten Atomverteilung innerhalb der Zonen zu einer ungeordneten Atom-
verteilung verbunden ist [127]. Dieser Zustand ist in Abb. 393 mit e be-
zeichnet. Die dort wiedergegebene Mischungslücke in Aluminium-Silber
ist bereits von G. BORELTUs auf Grund seiner kinetischen Untersuchungen
des elektrischen Widerstandes postuliert worden fl28, 129].

5.233 Ausscheidungsphasen. Bei dem Legierungssystem Alumi-


nium-Silber bildet sich bei Temperaturen oberhalb von 150°C eine hexa-
gonale Zwischenphase y' aus, die sich von der hexagonalen Gleichgewichts-
phasey nur um etwas andere Gitterkonstanten unterscheidet [131]. Beide
Strukturen sind hexagonal dichteste Kugelpackungen. Ausgangspunkt der
y' -Phase sind Stapelfehler [132], die im kubisch-flächenzentrierten Gitter
auf den Oktaederebenen beispielsweise durch die Aufspaltung von vorhan-
denen Versetzungen entstehen können [50]. Das zugehörige Röntgenbild
i:::t in Abb. 395 zu sehen. Da es insgesamt vier soleher Ebenen gibt, erhält
man eine vierfaehe Orient,ierungsbeziehung zwischen Ausseheidung und
Matrix. Die hexagonale y'-Phase hat eine Gitterkonstante a = 2,68A, die
mit dem entspreehendenAbstand 1/ 2[110] in den (111)-Ebenen der Matrix
identisch ist. Die Ausscheidung ist in diesen Ebenen also vollkommen ko-
härent. Daher ist sie vor allem längs dieser Ebenen ausgedehnt und zeigt
einePlättehenform.ln der Riehtung senkrecht dazu ist die Gitterkonstante
478 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

c = 4,61 A. Der Netzebenenabstand (0002) in dieser Richtung ist um


1,3% kleiner als der entsprechende Netzebenenabstand (111) der kubisch-
flächenzentrierten Matrix. In dieser Richtung existiert also eine inko-
härente Phasengrenze.
Bei der stabilen Ausscheidung y ist die Gitterkonstante a = 2,88 A
und damit um 0,7% größer als der entsprechende Atomabstand der



• •
a

I •

Abb. 395a u. b. Monochromatische Röntgen-Goniometeraufnahme eines Aluminium-Silber-


Einkristalls (nach R. GLOCKER u. Mitarb. [134]).
a) Auslagerung 10 Stuudeu bei 150 oe (Matrix-Refiexe und Streifen); b) Auslagerung 6 Tage bei 150°0
(zusätzlich y'-Refiexe).

Matrix, während die Konstante c = 4,57 A einen Netzebenenabstand


(0002) ergibt, der sich um 1,9% von dem entsprechenden Abstand der
Matrix unterscheidet [131]. Die y-Phase ist daher vollständig inkohärent
zur Matrix, hat jedoch noch die gleichen Orientierungsbeziehungen wie
die teilweise kohärente y' -Phase, da sie kontinuierlich aus dieser hervor-
gegangen ist.
Die Entwicklung der Ausscheidungsphase läßt sich röntgenographisch
vom Erscheinen des zweidimensionalen Stapelfehlers bis zur dreidimen-
Lit. S. 505J 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 479

sionalen Endphase verfolgen (Abb.395). Diese Tatsache hatte A. H.


GEISLER und J. K. HILL [133] zur Begründung ihrer Sequenz-Theorie
geführt, nach der die Ausscheidung kontinuierlich aus zunächst zwei-
dimensionalen Gebilden (Kaltaushärtung) durch allmähliches Dicken-
wachstum (Warmaushärtung) entsteht. Die Kaltaushärtung sollte
danach also ein zwangsläufiger Vorläufer der Warmaushärtung sein. Der
Irrtum entstand dadurch, daß die Röntgenstreuung der flächenhaften
Entmischungszonen in Aluminium-Kupfer und die der Stapelfehler in
Aluminium-Silber sich sehr ähnlich sehen, jedoch auf physikalisch sehr
verschiedenen Vorgängen beruhen. Bei
Aluminium-Kupfer handelt es sich im
wesentlichen um die Ansammlung von
Kupferatomen auf bestimmten Gitter-
plätzen der Matrix (Entmischungs-
zonen), während bei Aluminium-Silber
der Stapelfehler geradc dadurch ent-
steht, daß die Atome Plätze im Gitter
einnehmen, die nicht mehr zum Ma-
trixgitter gehören. Während bei Alu-
minium-Kupfer die Entmischungszo-
nen die Kaltaushärtung verursachen,
stellen die Stapelfehler in Aluminium- i500:1
Silber den Beginn der Ausscheidung A!J b. 396. Elektronenmikroskopische
Durchstrahlaufnahme einer Alumininm·
dar und erseheinen daher auch erst zu Legierung mit 16% Ag nach einer Ausla·
gerung von 100 Tagen bei 160"0 mit der
Beginn der Warmaushärtung dieser Le- Zwischenphase 1" (nach R. B. ~ICIIOLSOX
gierung [134,137]. Die Kaltaushärtung lind .J. NUTTIXG [17]).
wird hier durch die kugeIförmigen Ent,-
mischungs zonen verursacht, deren röntgenographisches Beugungsbild
völlig anders aussieht (Abb. 389).
Im Elektronenmikroskop sind die Ausscheidungsphasen von Alu-
minium-Silber von mehreren Autoren untersueht worden [17, 81, 82,
135]. Im frühesten Stadium zeigt die Ausseheidung einen Kontrast bei
Durehstrahlaufnahmen, der dem Kontrast von Stapelfehlern entspricht,
wie er beispielsweise bei aufgespaltenen Versetzungen in abgedünnten
Stahlfolien gefunden wurden [136]. In keinem Fall wurden Spannungs-
höfe wie bei den Aluminium-Kupfer-Legierungen gefunden, was darauf
hindeutet, daß keine kohärente Phasengrenze in der c-Richtung besteht.
Abb.396 zeigt eine Durchstrahlaufnahme einer 16%igen Aluminium-
Silber-Legierung nach lOOtägiger Auslagerung bei 160°C [17]. Zwisehen
den Ausseheidungslamellen findet man noch Reste von kugelförmigen
Entmischungszonen, die wegen der geringen Vergrößerung nur als Gra-
nulation erscheinen. Diese Stellen sind von der Ausscheidung ein-
gerahmt.
480 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Von L. REIMER [135] wurde die Ausscheidung der y-Phase in Alu-


minium-Silber von den ersten Anfängen (Plättchendurchmesser 250 bis
500 A) bis zu einem Stadium verfolgt, wo die Dimensionen der Ausschei-
dung von der Größenordnung 1 (J.m waren. Bei längerer Auslagerungs-
dauer und bei Temperaturen oberhalb von 200 °0 zeigten die y-Plättchen
stellenweise eine sechseckige Gestalt. Bei diesen Untersuchungen wurden
abweichend von der sonst üblichen elektrolytischen Präpariermethode
die Folien durch Dünnschnitte mit einem Ultramikrotom hergestellt.
Bei einer Legierung mit etwa 12 Atom-% Zn fanden R.D.GARwooD
u. Mitarb. [130] nach einer längeren Auslagerung bei 200°0 eine kubisch-
ßächenzentrierte Zwischenphase (x'. Aus der Gitterkonstanten dieser Phase
schließen sie auf eine Zinkkonzentration von etwa 62 Atom- % Zn. Ein
Vergleich mit Abb. 392 zeigt, daß dieser Wert auf der Grenzlinie der meta-
stabilen Mischungslücke liegt. Man kann annehmen, daß sich bei der Aus-
lagerung zunächst Entmischungszonen mit der angegebenen Zink-
konzentration gebildet haben. Die Gitterkonstante im Zoneninnern ist
dabei kleiner als in der umgebenden Matrix.
Beim weiteren Wachstum dieser Zonen können die durch die Unter-
schiede der Gitterkonstanten erzeugten elastischen Verzerrungen schließ-
lich so groß werden, daß das Gitter aufreißt. Aus vollständig kohärenten
Entmischungszonen können so inkohärente Ausscheidungsteilchen !x'
mit kubisch-ßächenzentrierter Gitterstruktur entstehen. R. GRAF [144,
119] fand aus röntgenographischen Aufnahmen, daß die IX' -Ausscheidung
in Plättchenform parallel zu den {lll}-Ebenen vorliegt. Elektronen-
mikroskopische Untersuchungen bestätigen dies [20a].
Die stabile Ausscheidung ist reines Zink. Röntgenographische Unter-
suchungen lassen vermuten, daß die Ausscheidung ähnlich verläuft wie
die Ausscheidung der hexagonalen y'-Phase bei Aluminium-Silber-
Legierungen [119; 137].

5.24 Systeme Aluminium-Zink-.2Ifagnesium


und Aluminium-Kupfer-Magnesium

Bei diesen ternären Systemen findet man die gleichen Stadien wie bei
den vorher behandelten binären Legierungen. Die Strukturen der Ent-
mischungszonen und der Ausscheidungsphasen sind allerdings kompli-
zierter und hängen von dem Mengenverhältnis der beiden zulegierten
Komponenten ab.

5.241 Entmischungszonen. Diese Zonen bilden sich wie bei den


Aluminium-Zink- und Aluminium-Kupfer-Legierungen bei Raumtempe-
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 481

ratur. Röntgenographische Untersuchungen liegen von H. LATh'IBOT [138],


R. GRAF [139, 140, 1411 und V. GEROLD und Mitarb. [142, 143] vor.
R. GRAF vermutete als erster eine geordnete Ansammlung von Magne-
sium- und Zinkatomen in den Entmischungszonen von AIZnMg-Legie-
rungen. Durch eingehende Untersuchungen nn zwei Legierungen konnten
Strukturmodelle für die Atomanordnung in den Zonen angegeben werden

OAlumi/7lum • • link "'Mognesium

Abb. 397 a u. b. Modelle yon Entmisehungözonen in AllVIgZn-Legierungen. Die Schnittebene ist (200)
a) Legierung mit 2,8 At.·~;, Zn unu 3,7 At.·% Mg (nach H. SCHMAL~RIED und V. GEROLD [142]);
b) Legierung mit 3,3 At.·"" Zn nnd 1.0 AI.·"" }fg (nach Y. GE1\OT,D llIHl II. HABERKORN [143]).

[142,143]. Die Abb. 397 a und b zeigen zwei Schnitte durch die Zonen von
zwei verschiedenen Legierungen, bei denen das atomare Konzentrations-
verhältnis Mg:Zn a) größer bzw. b) kleiner als eins ist. Im Fall a) ent-
steht eine tetragonale Struktur in den Entmischungszonen, deren c-
Achse in derSchnittebene vonAbb. 397a nach oben weist. Senkrecht zu
dieser Achse folgen jeweils Magnesium- und Zink-Ebenen abwechselnd
aufeinander, analog zu der bekannten Überstruktur AuGu!. Infolge der
Größe der Magnesiumatome ist das Gitter in den beiden zur c-Richtung
senkrecht liegenden a-Richtungen der Zone um etwa 15% gegenüber der
Matrix aufgeweitet, während die Gitterkonstante c mit der Konstanten

:31. Altenpohl, AlnIlliniulIl


482 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 50fi

der Matrix übereinstimmt. Diese Zonen haben ungefähr die Zusammen-


setzung MgZn.
Im Fall b), wo die Zahl der Zinkatome in der Legierung größer als die
der Magnesiumatome ist, entsteht eine kompliziertere Struktur in den
Zonen, die eine gewisse Ähnlichkeit zur Überstruktur AuOuII hat. Sie
ist rhombisch, die b-Achse in Abb. 397 b verläuft horizontal, die c-Achse
vertikal in der Zeichenebene. Die Struktur b) kann man sich folgender-
maßen aus der Struktur a) entstanden denken: Zerlegt man die Zonen
in Netzebenen (020), die senkrecht zur horizontalen b-Richtung verlaufen,
so haben in der Struktur a) alle diese Ebenen eine Zusammensetzung
MgZn. Die Struktur b) entsteht nun aus der Struktur a), indem jeweils
nach vier Schichten (020) die Zink- und Magnesiumatome ihre Plätze
vertauschen. Nach jeweils acht Schichten, also nach zweimaligem Tausch
der Plätze, ist die ursprüngliche Atomanordnung wieder hergestellt.
Außerdem sind noch in jeder vierten (020)-Netzebene alle dort vorhan-
denen Magnesiumatome durch Zink atome ersetzt worden, so daß diese
Schichten die Zusammensetzung Zn 2 haben. Durch diese komplizierte
Anordnung der Atome werden die Gitterspannungen in der b-Richtung
weitgehend herabgesetzt, so daß die Netzebenenabstände (020) mit denen
der Matrix nahezu identisch sind. Eine Gitteraufweitung ist nur noch in
der senkrerht zur Zeichenebene liegenden a-Richtung vorhanden. Die
Zusammensetzung der Zonen b) wird ungefähr durch die Formel Mg 3Zn"
wiedergegeben.
Die in Abb. 397 a dargestellten Zonen bleiben wegen der starken
Gitterverzerrungen klein, ihr Durchmesser wird kaum größer als 25 A.
Auch die Zonen b) scheinen über Dimensionen von 50 A nicht hinauszu-
kommen. Mit den Zonen entsteht eine Härtesteigerung (Kaltaushärtung)
in der Legierung [21, 50, 145]. Bei Auslagerungstemperaturen oberhalb
100 °0 verschwinden die Zonen allmählich zugunsten der Ausscheidung
[138, 140, 142]. Durch kurzzeitiges Glühen oberhalb 175 °0 kann das
Zonenstadium und die Kaltaushärtung vollständig rückgebildet werden,
ohne daß die Warmaushärtung in Erscheinung tritt [21, 50, 145]. Mit
dem Elektronenmikroskop sind die hier beschriebenen Zonen bisher noch
nicht nachgewiesen worden.
In AIOuMg-Legierungen sind auf röntgenographischem Wege Ent-
mischungszonen gefunden worden, die den Strukturmodellen der Abb. 380
und 397 a entsprechen. In Abb. 397 a sind die Zinkatome dabei durch
Kupferatome zu ersetzen. Man kann annehmen, daß die Zonen gem.
Abb. 397 a zu gleichen Teilen aus Kupfer- und Magnesiumatomen be-
stehen. Da in den untersuchten Legierungen die Zahl der Kupferatome
größer ist als die der Magnesiumatome, bilden die überzähligen Kupfer-
atome die von den Aluminium-Kupfer-Legierungen her bekannten G. P.·
Zonen I (Ab b. 380). Beide Zonenarten treten nebeneinander auf [138, 1431-
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 483

Eine kurzzeitige Glühung bei 200 °0 führt zur Rückbildung der


fiächenförmigen G. P.-Zonen wie bei der Legierung Aluminium-Kupfer.
Die überstrukturzonen hingegen lösen sich selbst bei 230°0 noch nicht
auf und verschwinden erst mit der Ausbreitung des Ausscheidungs-
stadiums [143]. Dieses Verhalten steht im
Gegensatz zu den entsprechenden Zonen
in den AIZnMg-Legierungen.

5.242 Ausscheidungsphasen. Von


einer Reihe von Autoren sind AIZnMg-
Legierungen untersucht worden, die un-
gefähr die Zusammensetzung 7% Zn und
3% Mg haben (3,1 Atom-% Zn, 3,1
Atom-% Mg). Röntgenographisch wurde
bei den Ausscheidungsphasen die Reihen-
folge 'YJ (MgZn 2) -+ T ((AIZn)4~g32) be-
obachtet [.139, 142, 146]. Die 'YJ-Phase
tritt im Temperaturbereich zwischen
100 und 200°0 auf. Sie ist eine LAvEs-

Abb. 398a u. b. Die Orientierungen der 11-Phase (MgZn,)


zur Matrix in einer Aluminiumlegierung mit 6,3 % Zn und
3,5% Mg (nach H. SCHMALZRIED U. V. GEROLD [142]).
a) Orientierung (111),,)1(00.1)'1' Die beiden möglichen
Lagen der hexagonalen Basisebene (00.1)sind angedeutet;
b) Orientierung (110)",1/(00.1)'1' Die Atomlagen in der
Matrix sind durch Kreuze, die der Zinkatome in der
Basisebene der 11-Phase durch Punkte angedeutet, die
durch Linien verbunden sind. Die übrigen Punkte bzw.
Kreise geben die Lage der Magnesiumatome ober- bzw.
unterhalb dieser Zinkebene an. Die Atomlagen der
zweiten Zinkebene Rind nicht eingetragen. b *----'*----l0---l0-----><------><-----*.

Phase mit hexagonaler Struktur [147] und hat folgende Orientierungs-


beziehungen zur Matrix <X [142]:
Orientierung I: [1101, 11 [0001]1]; (110)", 11 (11.0)1]
Orientierung II: [111]" I/ [0001]1]: (nO)" 11 (10.0)'1 bzw. (II2)", /1
(10.0)'1'
Bei diesen Orientierungen zeigen die Gitter von der Matrix und der Aus-
scheidung eine gewisse Ähnlichkeit der Gitterdimensionen (Abb.398).
Die Ausscheidung hat jedoch mit der Matrix keinen kohärenten Zusam-
menhang. Dieses Ergebnis wurde mit einer Legierung von 6,3% Zn und
3,5% Mg gewonnen. Die Verhältnisse bei der von R. GRAF [139] unter-
suchten Legierung von 7 % Zn und 3 % Mg dürften ähnlich sein. In beiden
Fällen wurden Einkristalle untersucht.
Im Gegensatz dazu fanden L. F. MONDOLFO und Mitarbeiter [146]
bei einer Legierung mit 6,2% Zn und 2,3% Mg aus Pulveraufnahmen, daß

31*
484 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

die 1]-Phase aus Stapelfehlern in den (111) -Ebenen der Matrix hervorgeht.
Dabei entsteht eine Zwischenphase 1]', deren Gitterkonstanten noch in
Beziehung zur Gittergeometrie der Matrix stehen.
Bei allen bisher besprochenen Legierungen bildet sich die ternäre
Gleichgewichtsphase T [148] erst bei Auslagerungstemperaturen über
200°0 aus [139, 142, 146]. Sie spielt für die Aushärtungsvorgänge keine
Rolle mehr und soll daher hier nicht weiter diskutiert werden.
Über röntgenographische Untersuchungen der Ausscheidungsvor-
gänge an einer magnesiumärmeren Legierung mit 9% Zn und 1 % Mg
wird von R. GRAF [141] berichtet. Im
Temperaturbereich oberhalb von 100°0
findet er eine Zwischenphase 1]', die ver-
mutlich mit der von L. F. MONDOLFO
angegebenen Phase identisch ist. Dic
hexagonale 1]-Phase stellt bei dieser Le-
gierung den stabilen Endzustand dar.
Bei der elektronenmikroskopischen Un-
tersuchung der gleichen Legierung fan-
den B. GENTY und Mitarb. [149], daß
die Ausscheidung sowohl in Form von
Plättchen parallel zu den {111}-Ebenen
80000: 1 als auch in Stäbchen parallel zu (110)-
Abb. 399. Elektronenmikroskopische Richtungen der Matrix existiert. Dies
Durchstrahlaufnahme einer Legierung mit
7,5% Zn und 2,5% Mg nach einer Ausla- könnte den in Abb. 398 wiedergege-
gerung vou 5 Stunden bei 160°C mit der benen Orientierungen I und lIder 'Yl-
Zwischenphase rl '{
(nach G. THOMAS u. J. NcTTING [150)). Phase [142] entsprechen. Es ist aller-
dings zu berücksichtigen, daß die Orien-
tierungsuntersuchungen an einer anderen Legierung gemacht worden
sind.
Bei den elektronenmikroskopischen Durchstrahlaufnahmen an einer
Legierung mit 7,5% Zn und 2,5% Mg fanden G. THOMAS und J. NUT-
TING [150] nach einer 30minutigen Glühung bei 120°0 (bzw. 10 Minuten
bei 160°0) die ersten Anzeichen einer Heterogenität der Legierung. Sie
fanden kugelförmige Gebilde mit einem Durchmesser von etwa 30 bis
50 A, die im Verlauf der weiteren Auslagerung bis zum Erreichen des
Härtemaximums (34 h 120°0 bzw. 2 h 160°0) an Zahl und Größe zu-
nehmen. Sie haben dann einen mittleren Abstand von 100 bis 200 A. ZU
dieser Zeit sind auch einige plättchenförmige Gebilde parallel zu den
{111}-Ebenen der Matrix zu sehen, die nach Überschreiten des Härte-
maximums die Oberhand gewinnen. Abb.399 zeigt eine Aufnahme, die
nach 5stündiger Auslagerung bei 160°0 entstanden ist. Die Plättchen
haben cinen Durchmesser von etwa 200 A und eine Dicke von 60 A,
während einige restliche kugelförmige Zonen bis zu 100 A gewachsen
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 485

sind. Nach Auskunft der Elektronenbeugung stellen die Plättchen die


von L. F. MONDoLFo und Mitarb. [146] angegebene Zwischenphase r/
dar, die im Verlauf der weiteren Auslagerung kontinuierlich in die End-
phase 1) übergeht.
Vergleicht man die röntgenographischen mit den elektronenmikro-
skopischen Daten, so muß man feststellen, daß die bei der mikroskopi-
schen Untersuchung gefundenen kugelförmigen Zonen nicht mit den
röntgenographisch gefundenen Zonen von Abb. 397 identisch sind. Diese
nehmen nach Ausweis der Untersuchungen bei einer Auslagerung ober-
halb 100°C an Zahl ab zugunsten von Keimen der 1)-Phase [140, 142].
Man muß daher annehmen, daß die Zonen der Elektronenmikroskopiker
die Keime der Ausscheidung bzw. r/ sind. Durch ihre Existenz wird das
Härtemaximum verursacht, welches zur Warmaushärtung gehört. Da
die Ausscheidungen mit dem Gitter nicht oder nur teilweise kohärent
sind, treten bei elektronenmikroskopischer Durchstrahlung an den
Plättchen keine Spannungshöfe auf. Der Aushärtungseffekt bei den
AIZnMg-Legierungen scheint in erster Linie durch den feinen Dispersitäts-
grad der Ausscheidungskeime bewirkt zu sein. Sobald die Ausscheidung
gröber wird, ist das Härtemaximum überschritten.
Auch die Korngrenzenausscheidungen verändern sich mit den Aus-
lagerungsbedingungen. Zuerst entstehen in Abständen von etwa 500 A
kleine Ausscheidungen, die sich vergröbern, bis die Korngrenzenfläche
von einem kontinuierlichen Film überzogen ist. Bei weiterer Auslagerung
bricht dieser wieder zusammen, wobei grobe Partikel in der Korngrenze
entstehen. Durch die Begünstigung des Ausscheidungsprozesses an den
Korngrenzen entsteht seitlich von ihr ein an Legierungsbestandteilen
verarmter Saum. Wie B. GENTY u. Mitarb. [151] bei einer Legierung mit
7% Zn und 3% Mg feststellten, verbreitert sich diese segregatfreie Zone
mit steigender Aushärtungstemperatur. Sie ist von der Größenordnung
1 f1.m. Auch in der Nachbarschaft von Korngrenzen findet man größere
Ausscheidungen als gegen das Korninnere hin.
Durch Zugabe von Kupfer zu der von G. THOMAS und J. NUTTING
[150] untersuchten Legierung werden die kugelförmigen Keime größer,
zugleich nimmt ihre Zahl jedoch ab. Durch Zugabe von 0,1 % Cr wird eine
gleichmäßigere Verteilung der Ausscheidung erreicht [150], z. B. tritt
keine bevorzugte Ausscheidung an Subkorngrenzen auf. Bereits im
lösungsgeglühten und abgeschreckten Zustand sind die Versetzungen in
diesem Legierungstyp mit sehr feinen Ausscheidungen belegt. Die ge-
nannten Autoren nehmen an, daß es sich um Chrom handle, welches durch
die Blockierung der Versetzungen die Bildung von Subkorngrenzen ver-
hindern soll.
Oxydabdrucke an ausgehärteten und verformten AIZnMg-Legierungen
zeigen eine starke Gleitung hauptsächlich in der segregatfreien Zone
486 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

längs der Korngrenzen. Ist dagegen das Härtemaximum noch nicht


erreicht oder bereits stark überschritten, kann auch im Korninnern
wieder Gleitung festgestellt werden. Für die Korngrenzenversprödung
dieser Legierungen existiert ein kritischer Wert, der nach G. THOMAS
und J. NUTTING [150] mit der Bildung des bereits erwähnten konti-
nuierlichen Korngrenzenfilms zusammenfällt. Dieser Film verhindert die
übertragung der Gleitung von einem Korn ins andere, so daß der Haupt-
anteil an Verformung auf die Korngrenzenregion konzentriert wird.
Bei den AlOuMg-Legierungen sind die Ausscheidungsvorgänge kom-
plizierter und noch nicht eingehend untersucht. H. LAMBOT [138] be-
schreibt in seiner Arbeit die röntgenographisch gefundenen Beugungs-
effekte einer Legierung mit 4 % Ou und 1,3 % Mg, die sehr kompliziert
sind. Zunächst bildet sich bei 150 °0 offensichtlich eine nadelförmige
Ausscheidung, wobei die Querdimensionen von der Größenordnung des
Atomabstandes sein sollten. Außerdem konnte zur gleichen Zeit die
e" -Phase nachgewiesen werden. Bei einer Temperaturerhöhung auf
200 °0 ändert sich die Struktur der nadelförmigen Ausscheidung in
unbekannter Wei8e, zugleich tritt die e'-Phase auf. Zwischen 300 und
400 °0 liegen die tetragonale Phase Ou 2Mg2Al 5 und die e-Phase neben-
einander vor.

5.25 System Alumini1Lm-Magnesium-SiliziU1n

Das technisch wichtige Legierungssystem Aluminium-Magnesium-


Silizium ist röntgenographisch verschiedentlich untersucht worden [133,
138, 152, 153, 154]. Den ersten sichtbaren Beugungseffekt .findet man
nach einer Auslagerung bei 135 °0. Er deutet auf eine nadelförmige Zonen-
bildung hin, an der Magnesium- und Siliziumatome beteiligt sind. Da
diese Atome sich röntgenographisch kaum von Aluminiuma~omen unter-
scheiden, muß der Beugungseffekt im wesentlichen durch Gitterver-
zerrungen hervorgerufen werden, die durch die Nadelbildung entstehen.
Die Nadeln haben eine (100)-Orientienmg.
In jüngster Zeit konnte G. TUOMAS fl55] durch Elektronenbeugung
dieses Stadium bereit::; nach einer Glühbehandlung von einer Stunde bei
70°0 (bzw. 24 min 150°0 oder 5 min 200°0) nachweisen (0,97% Mg
und 0,61 % Si). Elektronenmikroskopisch sichtbar werden die Gebilde
erst nach einer Glühbehandlung von einigen Stunden bei 200°0. Der
Nachweis gelang nur, wenn die durchstrahlte Folie eine Oberflächen-
normale exakt in (100)-Richtung hatte. Die Nadeln konnten in allen
drei Orientierungen nachgewiesen werden, wobei die senkrecht durch
die Folie laufenden Nadeln sich punktförmig abbildeten. Die Nadel-
länge variierte von 200 bis 1000 A, ihr Durchmesser betrug 60 A. Es
waren ungefähr 5 . 1015 Nadeln/cm 3 zu sehen.
Lit. S. 505J 5.2 Htrukturelle Vorgänge während der Aushärtung 487

Über die Struktur der Nadelzonen ist nicht allzuviel bekannt. A. GUI-
NIER [152] nimmt an, daß sich Siliziumatome in einer monoatomaren
Reihe entlang einer [lOOl-Richtung anlagern, während gleichzeitig zwei
einander gegenüberliegende Reihen mit Magnesiumatomen besetzt
werden (Abb. 400). Diese Anordnung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der
Atomanordnung in der stabilen Mg 2Si-Am,scheidung, die eine OaF 2-
Strukt.ur hat. Die drei benachbarten Atoml'eihen bilden ein schmales
Band der Zusammensetzung Mg 2Si, das in einer (010)-Ebene liegt, die
l..ängsdehnullg des Bandes ist dabei in [1001-Richtung. G. THOMAS [155]

t[OlIU
LJ!AI

oAI LI Mg • Si
Abb. 400. Mögliche Orientierungszusammenhänge zwischen Matrix und atomaren Mg,Si-Nadeln in
AlJ\IgSi-Legierungen. Zeichenebene (001) (nach A. GUINIER [89]).
Oben: Atomanordnung im Al-Gitter;
(,,,tm: Atomanordnung im stabilen Mg,Si·(tjtter.

vermutet dagegen eine (011)-Ebene als Bandebene. Die Atomlagen in den


Zonen müssen dabei noch eine gewisse Abweichung von den Gitterpunk-
ten der Matrix haben, da sonst der Beugungskontrast nicht zu erklären
ist [138]. Es wird angenommen, daß bereits in diesem Stadium ein Über-
gang von der metallischen Bindung zur Ionenbindung einsetzt [1621, Die
Bildung von Mg++- und Si-----Ionen ist charakteristisch für die Gleichge-
wichtsphase Mg 2Si.
Durch die Zusammenlagerung mehrer solcher Atombänder entstehen
Gebilde, die schließlich auch elektronenmikroskopisch zu sehen sind. Ver-
zerrungen des umgebenden Matrixgitters, wie sie beispielsweise bei
Aluminium-Kupfer beobachtet wurden, konnten hier nicht. entdeckt
werden [155].
Oberhalb von 200°0 gehen die Nadeln in Stäbe über, wobei Längen-
und Dickenwachstum einsetzt. Dabei nimmt die Teilchenzahl von 1015
auf 1013 Stäbe/cm3 ab [155]. Zugleich ändert sich das röntgenographische
Beugungsbild, ohne jedoch eine sinnvolle Deutung der strukturellen
Änderung zuzulassen. Abb. 401 zeigt eine Durchstrahlaufnahme von
A. SAULNIER und P. MIRAND [156]. Neben den Aus8cheidungsstäben
sind noch dreieckige Plättchen zu erkennen, die vermutlich aus Silizium-
488 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

atomen bestehen. Bei einer Glühtemtemperatur von 300°C erreichen die


Stäbe einen Durchmesser von etwa 1000 A. Das Beugungsdiagramm zeigt
Reflexe der Gleichgewichtsphase Mg 2Si, die eine CaF 2-Struktur hat. Der
Stabachse parallel zu (100) entspricht eine (llO)-Richtung der Ausschei-
dung (s. Abb. 400) [133,138,152,155]. Nach G. THOMAS soll der Übergang
Zone-Ausscheidung durch eine diffusionslose Umwandlung geschehen,
wobei die Orientierungsbeziehungen
(100)1If 11 (110)A
{OU}M 11 {OOl}A
(lYi = Matrix, A = Ausscheidung)
gelten. Nach röntgenographischen Untersuchungen [138, 152] ist jedoch
nur der erste Teil dieser Orientierungs beziehungen sichergestellt. Es ist

30000: 1 7200:1
Abb.401. Mg,Si-Stäbe in einer AlllIgSi-Legie- Abt. 402. Elektronenmikroskopisch e Abdruck-
rung. Ausla gerung 2 Stunden bei 250 "C. Elek- a ufnahme von Mg,Si-Stäben parallel zu (100)-
tronenmikroskopische Durchstrahlaufnahme R.ichtungen. Auslagerung 16 Stunden b ei 250 "C.
. (nach A. SAULNIER h. J' . lIIIRAND [156]). AlllIgSi-Legiernng a uf Reinstaluminiumbasis
(nach AL USUISSE).

also nur eine lineare Epitaxie zwischen Ausscheidung und Matrix vor-
handen, im übrigen ist die Orientierung regellos. Dies hängt sicher damit
zusammen, daß bei der diflusionslosen Umwandlung in einer Richtung
eine Kompression, in den anderen Richtungen jedoch beträchtliche
Dilatationen des Ausscheidungsgitters gegenüber der Matrix auftreten
müßten. Der tatsächliche Vorgang scheint wesentlich komplizierter zu
sein.
Das stabförmige Ausscheidungsstadium ist auch von anderen Autoren
gefunden worden. So wurde es von R. CASTAING [157] mit Hilfe des Oxyd-
Abdruckverfahrens entdeckt. Nach 40stündiger Auslagerung bei 200°C
wurden lange stabförmige Gebilde parallel zu (100) beobachtet. Abb.402
zeigt eine Abdruckaufnahme von einer bei 250°C ausgelagerten Legierung.
Die meisten der dünnen Stäbe sind durch die Präparation etwas aus ihrer
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 489

Lage gerissen. Die hellen Linien im Untergrund zeigen jedoch deutlich


die innegehabte Orientierung. Die [100]-Richtung steht senkrecht zur
Bildebene. Man erkennt die senkrecht zueinander liegenden Scharen von
Ausscheidungsstäbchen, die dritte Schar erscheint als Pünktchen. Mit
fortschreitender Auslagerung werden die Stäbchen in Plättchen umge-
wandelt. InAbb. 403 sind beide Formen noch nebeneinander erhalten.
Das Maximum der Aushärtung wird zu einem Zeitpunkt erreicht, in
welchem das nadelförmige Zonen stadium existiert [155]. Die hohe Disper-
sität dieses Zustandes scheint eine der
Ursachen dafür zu sein. Die andere Ur-
sache ist in der Struktur der Zone zu
suchen, die bisher noch nicht bekannt
ist. Es ist anzunehmen. daß die Ver-
setzungen beim Durchschneiden der Zo-
nen heteropolare Bindungen zerstören,
was nur unter Energieaufwand, d. h. f
mit entsprechend hoher äußerer Schub-
spannung, möglich ist. I ~
Zusammenfassend ist festzuhalten, .'• I '
daß über die strukturellen Vorgänge,
welche bei der Kalt- und Warmaushär- 165); 1
Abb. 403. Elektronenmikroskopische Ab-
tung von Aluminium-Magnesium-Sili- druckaufnahme des Überganges vonllfg Si-
2

zium-Legierungen insgesamt ablaufen, Stäben zu Plättchen. Auslagerung 16 Stun-


den bei 300°C. All\IgSi-Legierung anf
noch kein vollständiges Bild vorliegt. Reinstaluminiumbasis
Noch nicht geklärt sind insbeson- (nach .U~lJSUISSE).

dere die Entmischungsvorgänge, welche


nach dem Abschrecken bei der Raumtemperaturlagerung ablaufen.
Ungeklärt ist sodann die Zusammensetzung der Phase, welche die
Härtesteigerung bei der Warmaushärtung bedingt. H. C. STUMPF [34]
hat gemäß Abb. 366 mit Hilfe von Elektronenbeugungsaufnahmen fest-
gestellt, daß sich bei der Warmaushärtung der Legierung AIMgSi an-
fänglich Silizium ausscheidet. Weitere Einzelheiten siehe Seite 445.
Ein Befund dieser Art dürfte unter anderem von dem Vorhandensein
eines Siliziumüberschusses über das Verhältnis Mg 2Si abhängen. Bei den
in der Praxis verwendeten Legierungen ist aber der effektive Silizium-
überschuß nicht genau bekannt. zumal der Eisen- und Mangangehalt der
Legierungen Silizium bindet.

5.26 Einfluß von Gitterfehlern auf die Zonenbildung

Die röntgenographischen Untersuchungsergebnisse über die Ent-


stehung der Entmischungszonen bei Raumtemperatur zeigen, daß die
diffundierenden Atome eine Beweglichkeit haben müssen. die um
490 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

mehrere Größenordnungen größer ist als die normale Beweglichkeit der


Atome. Diese Tatsache wurde vor allem für das System Aluminium-
Kupfer diskutiert. Als erste wiesen H. JAGODZINSKI und F. LAVES [158]
auf diese Diskrepanz hin und vermuteten, daß die sich bildenden Ent-
mischungszonen wesentlich zahlreicher und kleiner sein müßten als aus
den Röntgenuntersuchungen bisher geschlossen wurde. D. TURNBULL
[159] nahm zur Erklärung der erhöhten Diffusionsgeschwindigkeit an,
daß die Kupferatome entlang von Versetzungslinien diffundieren und
dabei eine größere Beweglichkeit haben als im ungestörten Gitter. Schließ-
lich wies F. SEITZ in einer Diskussionsbemerkung [160] darauf hin,
daß die Diffusion dadurch beschleunigt werden könnte, daß beim Ab-
schrecken der Legierung von hoher Temperatur eine außerordentlich
große Zahl von Leerstellen erhalten bleiben könnte. Diese Hypothese
wurde in der Zwischenzeit. experimentell von verschiedenen Autoren
bestätigt und dient als Grundlage für die quantitative Behandlung von
Diffusionsvorgängen in abgeschreckten Proben.
Da die Diffusion der Atome im Aluminiumgitter über Leerstellen
geht, ist der Diffusionskoeffizient der Atome in erster Näherung propor-
tional der Konzentration der Leerstellen sowie proportional der Zahl der
Platzwechsel einer Leerstelle pro Zeiteinheit [128]. Betrachtet man statt
des Diffusionskoeffizienten einmal die Platzwechselfrequenz 'JIAder
Atome, so findet man

wobei CL die Leerstellenkonzentration und 'JIL die Platzwechselfrequenz


einer einzelnen Leerstelle ist. Sowohl die Konzentration CL wie auch die
Platzwechselfrequenz der Leerstellen hängen von der Temperatur in der
folgenden Weise ab:

U und W sind dabei die Bildungsenergie bzw. die Wanderungsenergie


einer Leerstelle. A ist eine Konstante und 1'0 die Schwingungsfrequenz der
Atome um ihre Gleichgewichtslage im Gitter. Bei Raumtemperatur und
höheren Temperaturen ist diese ungefähr gleich der DEBYE-Frequenz
und von der Größenordnung 1013 S-l. Z ist die Koordinationszahl des
Gitters, sie hat für Aluminium den Wert 12. Die Aktivierungsenergie Q
der Diffusion der Atome ist dann gegeben durch

Q= U + W.
Lit. S. 505] 5.2 i:ltrukturelle Vorgänge während der Aushärtung 491

Für Aluminium findet man für die Bildungsenergie der Leeerstellen


{161] [;0 = 0,76 eV (17,5 kcal/Mol) und für die Wanderungsenergie von
Einzelleerstellen W1 = 0,58 eV (13,3 kcal/Mol). Für Doppelleerstellen,
die für die Diffusion ebenfalls eine Rolle spielen, wird eine Wanderungs-
energie W2 R:! 0,37 eV (8,5 kcal/Mol) abgeschätzt.
Für Einzelleerstellen findet man bei Raumtemperatur eine Platz-
wechselfrequenz VL = 104 Sprünge/s, für Doppelleerstellen sogar eine
Frequenz von fast 108 Sprünge/so Diese Abschätzungen zeigen, daß die
Leerstellen in Aluminium und seinen Legierungen bei Zimmertempera-
tur noch sehr beweglich sind. Betrachtet man hingegen die Gleich-
gewichtskonzentration der Leerstellen in Aluminium [162]

CL = 11 exp ( - k~)'
so ist diese Konzentration bei Raumtemperatur von der Größenordnung
10-12 • Unter normalen Verhältnissen findet daher wegen der geringen Leer-
stellenkonzentration bei Raumtemperatur praktisch keine Diffusion von
Atomen statt (VA R:! 10-8 Sprünge/s). Wird hingegen die Legierung von
hohen Temperaturen T h abgeschreckt, bei der die Leerstellenkonzen-
tration wesentlich größer ist, so wird je nach Dicke der Probe und Art der
Abschreckung ein mehr oder weniger großer Bruchteil p von diesen Leer-
stellen eingeschreckt und damit bei der Auslagerungstemperatur Ta
noch zur Verfügung stehen. Die Platzwechselfrequenz der Atome ist
dann gegeben durch die Gleichung

VA = pA z Vo exp ( - k ~J exp ( - k~:) .


Setzt man die Abschrecktemperatur gleich 530°C (800 K). den 0

Bruchteil p der eingeschreckten Leerstellen gleich 0,1, so findet man für


die Platzwechselfrequenz VA einen Wert von etwa einem Sprung/s, wenn
man Einzelleerstellen annimmt. Teilweise bilden sich jedoch während des
Abschreckens Doppelleerstellen, wodurch die Platzwechselfrequenz
noch erhöht wird. Da für die Entstehung der Entmischungszonen nur
wenige Platzwechsel (10 bis 100) pro Atom notwendig sind, kann man
verstehen, daß innerhalb weniger Sekunden dieser Entmischungsvor-
gang vollständig ablaufen kann. Der nachfolgende Diffusionsprozeß führt
dann zu einer Vergröberung der Struktur des entmischten Zustandes.
Die zunächst sehr kleinen Entmischungszonen von etwa 10 bis 15 A
Durchmesser wachsen, wobei zugleich ihre Zahl ständig abnimmt.
Durch Variation der Homogenisierungstemperatur T h bzw. der
Auslagerungstemperatur Ta können aus der Änderung der Kinetik zu
Beginn dieses Wachstums prozesses die Energiewerte U und WeinzeIn
experimentell ermittelt werden. Solche Untersuchungen sind von
492 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

D. TURNBULL und Mitarb. [163, 164, 165, 166] an einer ganzen Reihe von
Aluminiumlegierungen durchgeführt worden, wobei als Maß für die
Wachstumskinetik die Änderung der elektrischen Leitfähigkeit mit der
Auslagerungszeit genommen wurde.
In diesem Zusammenhang fand vor allem das System Aluminium-
Zink großes Interesse, da hier das homogene Mischkristallgebiet (Abb. 392)
ein großes Temperaturintervall hat, so daß die Homogenisierungstem-
peratur T h in weitem Rahmen variiert werden konnte. Es liegen für dieses
System die Untersuchungen zahlreicher Autoren vor, wobei als Maß für
die Entmischungsvorgänge die elektrische Leitfähigkeit [51, 65, 167], die
Härte [67, 168] und die Kleinwinkelstreuung der Röntgenstrahlung [68]
diente. Tab. 38 zeigt eine Zusammenstellung der Energiewerte U und W,
die mit diesen Methoden gefunden wurden.
Tabelle 38. 17ergleich der gemessenen Bildungs. und Wanderungsenergien von Leerstellen
in Aluminium.Zink·Legierungen an Hand der Angaben von verschiedenen Autoren
(nach V. GEROLD U. W. SCHWEIZER [68])

Zink· I Messung der Bildungsenergie U :Vlessung der Wanderungsenergie W


Zitat
~r.
gehaltinl U
I
I
Th Ta
I
W
I
I Th I Ta
Gew.·% I in kcal/;\Ioll in oe in oe in kcal/Mol I in oe in oe
I I
I
i I I
i
I
[53] 8,7 - - ! - 9 300 -35 bis 0
[168] 10 14-15 250 bis 350 20 - - --
[67] 9 19,6 250 bis 350 20 - - --
I
[67] 17 16,6 200 bis 330 20 - - -
[67] 25 11,4 240 bis 350 20 13,4
300 -30 bis +20
[65] 20 - -- 11,6
250 -50 bis +50
[60] 10 I 16,0 220 bis 350 20 9,9
300 -30 bis +50
[60] 10 - - 8,8
450 -70 bis -30
[68] 15 16 250 bis 450 20 10,1
300 +20bis +50
[68] 20 16 250 bis 450 20 10,3
300 +20 bis +50
[68] 25 16 270 bis 400 20 I 300
9 +20bis +50
Th = Homogenisierungstemperatur vor dem Abschrecken
Ta = Auslagerungstemperatur

Die Bildungsenergie U der Leerstellen in Aluminium-Zink wird von


den meisten Autoren mit 16 kcaljMol angegeben. Die größeren Abwei-
chungen, die von R. D. GARWOOD u. Mitarb. [67] gefunden wurden, be-
dürfen vermutlich einer Korrektur, da bei der Berechnung nicht die
Geschwindigkeit des Entmischungsprozesses zu Beginn der Auslagerung
als Charakteristikum benutzt wurde, sondern vielmehr eine mittlere
Geschwindigkeit über längere Auslagerungszeiten. Für diese mittlere
Geschwindigkeit spielt nicht nur die Ausgangskonzentration der Leer-
stellen eine Rolle, sondern auch noch die Lebensdauer derselben, die
ebenfalls wie die Ausgangskonzentration von der Homogenisierungs-
temperatur abhängt [68].
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 493

Tab. 38 zeigt weiterhin, daß eine Abhängigkeit der Wanderungsenergie


der Leerstellen von der Homogenisierungstemperatur besteht. Es ist zu
vermuten, daß die Leerstellen nicht ausschließlich als Einzelleerstellen
im Gitter vorhanden sind. Vielmehr werden sich während des Abschreck-
vorganges und kurz danach auch Doppel- und Mehrfachleerstellen bilden,
die eine andere Wanderungsenergie haben als die Einfachleerstellen. Ins-
besondere haben die Doppelleerstellen eine kleinere Wanderungsenergie
15
I
('1\
10-9
!"!Cm

\
70

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5

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I~-..
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. -.... -.-.....

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'-+.....+
1"-+.....
-111 I

-zo r-+-+-1--
+......... i

-zoo -150 -100 -50 o 50 100 150 200 250 oe 300


An/aßtemperofllr
Abb.404. Widerstandsänderung von verschiedenen Aluminium-Zink-Legierungen, die von 550 0 e
abgeschreckt und dann von - 100 oe an mit steigender Temperatur jeweils 2 Miuuten lang ausgelagert
wurden. Temperaturintervall jeweils 20 grd (nach T. FEDERIGHI [169]).
o Al 99,995; • Al 99,995 + 0,24 % Zn; b. Al 99,995 + 0,53 % Zn; Ä Al 99,995 + 0,98 % Zn;
+ Al 99,995 + 1,95 % Zn.
als die Einfachleerstellen [28]. Wie C. PANSERI und T. FEDERIGHI [167]
annehmen, werden bei höheren Abschrecktemperaturen mehr Doppel-
leerstellen gebildet, analog zu ihren Befunden bei reinem Aluminium
[161].
Als Beispiel für die Anwendung der Leitfähigkeitsmessung seien die
Untersuchungen von C. PANSERI und T. FEDERIGHI [167] angeführt.
Da man den elektrischen Widerstand sehr genau messen kann, lassen
sich selbst geringe Spuren von Entmischungszonen gut nachweisen.
Abb.404 zeigt Messungen an Legierungen mit sehr geringenZinkkonzen-
trationen. Die Legierungen bis zu 0,5% Zn zeigen lediglich mit steigender
Auslagerungstemperatur einen Widerstandsabfall, der in zwei Stufen
erscheint und auch bei reinem Aluminium zu finden ist. Er hängt mit der
494 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

Ausheilung der eingeschreckten Leerstellen zusammen. Die erste Stufe


bei etwa - 20 oe schreibt man der Ausheilung von Einzelleerstellen zu,
während in der zweiten Stufe bei +
180 oe die durch die Leerstellen-
kondensation erzeugten Versetzungsringe verschwinden.
Bei höheren Zinkkonzentrationen ist noch ein zusätzlicher Effekt zu
beobachten, der sich als Widerstandsmaximum in den Kurven bemerk-

~Or------------,--------------------------,-----------~
10-9
Qcm

OL-____ -=~~_L __________ ~ ____________ ~ ______ ~--_J

0,1 10 100 min 7000


4us/ulJewngsdauer

Abb.405. Widerstandsänderung einer Aluminium-Zink-Legierung mit 10% Zn während einer iso-


thermen Auslagerung bei 20°C für verschiedene Abschrecktemperaturen
(narh C. PANSERI und T. FEDERIGHI [167)).

bar macht. Dieses Maximum ist bei der 1,95%igen Legierung bei -60 e 0

deutlich zu erkennen. Es ist Entmischungsvorgängen zuzuschreiben, die


bei den tiefen Temperaturen vonstatten gehen. Mit zunehmender Tem-
peratur lösen sich diese Zonen wieder auf, da die Grenze der metastabilen
Mischungslücke (Abb.392) überschritten wird. Der Abb. 404 kann man
noch entnehmen, daß mit steigendem Zinkgehalt die Beweglichkeit der
Leerstellen zunimmt. Die erste Stufe des Widerstandsabfalles wird näm-
lich mit steigender Zinkkonzentration deutlich zu tieferen Temperaturen
verschoben.
In Abb.405 ist die zeitliche Widerstandsänderung einer 10%igen
Aluminium-Zink-Legierung bei 20 oe aufgetragen. Bei den Versuchen
wurde die Abschrecktemperatur variiert. Im Verlauf des Zonenwachs-
tums durchschreitet der Widerstand ein Maximum. Es ist hier wesentlich
größer als das in Abb. 404, da die hier benutzte Legierung eine wesent-
lich höhere Zinkkonzentration besitzt. Mit zunehmender Abschreck-
temperatur erscheint das Widerstandsmaximum bei immer kürzeren
Auslagerungszeiten. Die Zeit tm bis zur Erreichung des Maximums kann
als 2\faß für die Platzwechselfrequenz der Atome genommen werden.
Lit.~. 505] 5.2 ~truktUI611e Vorgänge während der Aushärtung 495

Aus den vorliegenden Versuchen kann man die Bildungsenergie U der


Leerstellen bestimmen. da man

VA ÄC; l/t m = exp r~T~]


setzen kann.
Abb. 406 zeigt die Höhe des Widerstandsmaximums als Funktion
der Auslagerungstemperatur der gleichen Legierung (10% Zn oder
480
10-.9 I
I
Qcm !
1 i I
~L1J ow Jß
~oo I

320
r-'-
--'-- ---....... -0......,
i !
<~WJ88r-01,2exp(N)J~
I

'I I
~i
~
"-

o
~ ~ ~ ~ 0 m w
I
w
'" ~~
M~m
Aus/agerufigsfempemtur
Abt. ~06. Maximale isotherme Widerstandserhöhung als Funktion der Auslagerungstemperahll' für
drei verschiedene Ahschrecktemperaturen (nach C. PANSERI U. T. FEDERIGHI [167]).

4,4 At-% Zn). Das Maximum erreicht bei etwa 95°0 den Wert Null.
Nimmt man an, daß die Zonen bei Erreichen des Maximums eine be-
stimmte Größe besitzen, so ist die Höhe des Maximums ein Maß für die
Zahl dieser Zonen. Sie nimmt mit zunehmender Temperatur ab, da die
Legierung sich immer mehr der Begrenzung der metastabilen Mischungs-
lücke nähert, die sie schließlich bei 95 °0 erreicht (Abb. 392).
Zahlreiche Beobachter haben gefunden, daß es neben dem bisher
behandelten raschen Entmischungsprozeß bei Aluminium-Zink noch
einen zweiten langsamen Prozeß gibt, der sich über Tage und Wochen
erstreckt, während der erste Prozeß nach wenigen Minuten bzw. Stunden
abgelaufen ist. Abb.407 zeigt den zeitlichen Verlauf des Zonendurchmes-
sers, wie er aus Röntgenuntersuchungen an einer 15%igen Aluminium-
Zink-Legierung gefunden wurde [68]. Dem ersten Zonenwachstum folgt
ein zweites, das um so eher einsetzt, je höher die Abschrecktemperatur
war. Entsprechende Rrscheinungen sind auch bei den Legierungen Alu-
minium-Kupfer [1661 und Aluminium-Silber [165] gefunden worden,
bei der letzteren allerdings erst bei höheren Temperaturen (80 bis 170 0 0).
Der erste Prozeß liefert bei Aluminium-Silber im allgemeinen nur kleine
Entmischungszonen mit Durchmessern der Größenordnung 20 A. Erst
beim zweiten W ac hstumsprozeß werden größere Zonen mit Durchmessern
496 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

bis zu 100 A gebildet, die für die Kaltaushärtung der Legierung ver·
antwortlich sind.
Der zweite, langsame Wachstumsprozeß hat immer noch eine Ge-
schwindigkeit, die um einige Größenordnungen größer ist, als man nach
dem Erreichen der Leerstellen-Gleichgewichtskonzentration erwarten
sollte. Es wird angenommen [166], daß hier eingeschreckte Leerstellen

------------------------'t---------------------------'t------------------------c----=';Jj-....-"",.A~
.35 f--_f--_::::::::::::::::::::~rlf-

A ~ = 350°C
~~
JOf----+--~---".,.....-'---t~/""----+--D_--'------+_ _=-~.;....-~:::::::r.~
/;r y. '((JOO ---=:: .--:-:::--.
~ //1"'1 / ~
1,00· .~~~
~ 251r1 ti-.;.J1f50 ~~ : .. -::;:"~-1"'"
.....=-.~~---
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75 I I

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I J /
W L - - L - - _ _~_ _ _ _ _ _ _ _ _ _- L_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _~~_ _ _ _ _ _~~~

o 0,7 70 10 2 h 10 3
Auslogerungsdouer
Abb.407. Zeitlicbe Änderung des Zonenradius R, einer Aluminium-Zink-Legiernng mit 15% Zn bei
Raumtemperaturauslagerung in Abhängigkeit von der Absehrecktemperatur TA (entspricht der im
Text genannten Temperatur T n (nach V. GEROLD U. W. SCHWEIZER [68]).

eine Rolle spielen, die während des ersten Wachstumsprozesses sich zu


kleinen Versetzungsringen kondensiert haben und damit für den Diffu-
sionsprozeß nicht mehr zur Verfügung stehen. Diese kleinen Versetzungs-
ringe sind jedoch keine stabilen Senken für die Leerstellen. Im Verlauf
der Auslagerung lösen sich diese Ringe wieder auf, die Leerstellen diffun-
dieren zu stabileren Senken (große Versetzungsringe, Versetzungen).
Im Gegensatz zu den Leerstellen haben die Versetzungen keinen direk-
ten Einfluß auf die Zonenbildung. Sie wirken nur indirekt, indem sie
beispielsweise Senken für die übersättigten Leerstellen sind. So wurde
gefunden, daß rekristallisierte Proben von Aluminium-Zink-Legierungen
nach dem Abschrecken und nachfolgender kurzer Raumtemperatur-
auslagerung eine größere Härte aufweisen als entsprechend behandelte
polygonisierte 1 Proben [170]. Dies ist darauf zurückzuführen, daß
1 Polygonisierte Proben entstehen bei Aluminium-Zink-Legierungen durch eine

etwa 2%ige Dehnung von rekristallisierten Proben mit nachfolgender Glühung bei
450°C. Die polygonisierte Probe unterscheidet sich von einer rekristallisierten durch
eine höhere Versetzungsdichte. Die· Versetzungen bilden dabei regelmäßig angeord-
nete Subkorngrenzen.
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 497

infolge der höheren Versetzungsdichte der polygonisierten Proben die


eingeschreckten Leerstellen schneller absorbiert werden als in rekristalli-
sierten Proben. Das Zonenwachstum kommt daher bald zum Stillstand,
die Härte bleibt gering. Besonders deutlich kommt der Unterschied
zum Ausdruck, wenn in Luft statt in Wasser abgeschreckt wird. Es ist
anzunehmen, daß nach Luftabschreckung die Leerstellen nur an Ver-
setzungen und Korngrcnzen ausheilen. Sie bilden also keine Leerstellen-
agglomerate, die in polygonisierten wie in rekristallisierten Proben in
gleicher Weise entstehen können und den Unterschied in der Ent-
mischungskinetik wieder verwischen.
Besonders kraß sind die Unterschiede, wenn man die Entmischungs-
kinetik von rekristallisierten mit denen von gewalzten Proben vergleicht.
Bleibt man nach der Verformung mit der Homogenisierungstemperatur
unterhalb der Rekristallisationstemperatur, so erhält man nach dem
Abschrecken praktisch keine Zonen bildung, da die eingeschreckten Leer-
stellen infolge der hohen Versetzungsdichte verformter Proben nur eine
sehr kurze Lebensdauer haben [172].
Bei Aluminium-Zink-Legierungen findet man den Effekt der Korn-
grenzengleitung bei einer plastischen Verformung [17.1]. Das Gebiet in
der Nähe einer Korngrenze muß also weicher sein als im Korninneren.
Diesen Effekt kann man erklären, wenn man die Korngrenzen als beson-
ders starke Leerstellensenken annimmt [174]. Nach dem Abschrecken der
Legierung ist ein Saum beiderseits der Korngrenzen bald von Leerstellen
befreit, so daß dort die Diffusion eher zum Stillstand kommt als im Korn-
inneren. Die Entmischungszonen bleiben nahe der Korngrenze klein,
die Legierung ist dort weicher als im Kristallinneren.
Über den Einfluß einer plastischen Verformung nach dem Abschrek-
ken auf die Entmischungskinetik gehen die Meinungen z. T. etwas aus-
einander. Es wäre zu erwarten, daß zwei gegenläufige Einflüsse sich be-
merkbar machen. Während der Verformung entstehen nach der Theorie
der plastischen Verformung [50] Zwischengitteratome und Leerstellen,
die zusätzlich für die Diffusion zur Verfügung stehen. Sie wirken also
beschleunigend auf die Zonenbildung und das Zonenwachstum ein.
Andererseits wird durch die Verformung die Versetzungsdichte im
Material beträchtlich erhöht, wodurch die Lebensdauer der überschüssi-
gen Leerstellen wesentlich herabgesetzt wird. Die Kinetik sollte daher
nach kurzer Auslagerungszeit ein Abklingen der Entmischung zeigen.
Experimentell finden W. DESoRBO u. Mitarb. [164] an Hand von
Leitfähigkeitsmessungen an Aluminium-Kupfer-Legierungen nur einen
geringen beschleunigenden Einfluß der Verformung auf die Entmischung.
Beseitigt man jedoch beispielsweise die überschüssigen Leerstellen nach
dem Abschrecken, indem man für einige Sekunden die Legierung auf
200"e bringt, so wird die Entmischungsgeschwindigkeit sehr klein. In

32 Altenpohl, Aluminium
498 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

diesem Fall führt eine plastische Verformung bei tiefer Temperatur wieder
zur ursprünglichen Geschwindigkeit zurück [164].
Ähnliche Untersuchungen wurden von R. GRAF [174] an einer Alu-
minium-Zink-Legierung mit 10% Zn angestellt. Nach einer Rückbildung
bei 150°0 ist die Neubildung von Zonen und ihr Wachstum stark ver-
langsamt, da keine Leerstellen mehr zur Verfügung stehen. Walzt man
die Proben, so findet man röntgenographisch mit zunehmendem Walz-
grad immer größere Entmischungszonen. Die beim Walzen erzeugten
punktförmigen Fehlstellen tragen also zur Zonenbildung in dieser Legie-
rung bei. O. DAHL und H. MAACKS [175] finden auf Grund einer anderen
Versuchsführung, daß der normale Entmischungsprozeß nach dem Ab-
mOr--------r--------r--------r----~_.

Imp/s
"-'~
:t;
~mo~------_b~------~------~~-~--~
~ verformt
.~
~
~
o 10 ZO JO min .0
Aus/agerungsdauer
Abb. 408. Zeitliche Änderung der Röntgen-Kleinwinkelstrenung Es einer Aluminium-Zink-Legierung
mit 15% Zn mit und ohne plastische Verformnng nach dem Abschrecken. Streuwinkel48', Abschreck-
temperatur 300 oe, Auslagerungstemperatur 20 0 e (nach V. GEROLD U. W. SCHWEIZER [68]).

schrecken durch eine Kaltverformung praktisch zum Stillstand kommt.


Einen guten Einblick in die Verhältnisse kann man mit Röntgen-
strahlen gewinnen. Hier bestätigen die Untersuchungen von R. GRAF [70J
an Aluminium-Kupfer und von V. GEROLD und W. SCHWEIZER [68] an
Aluminium-Zink, daß die Verformung einerseits beschleunigend auf den
Wachstumsprozeß einwirkt, andererseits ihn jedoch auch wesentlich
eher zum Abschluß bringt. Abb.408 zeigt die Intensitätskurven zweier
Aluminium-Zink-Folien, die beide von der Temperatur T H = 300°0
abgeschreckt wurden. Eine der beiden Folien wurde unmittelbar nach
dem Abschrecken durch mehrmaliges Hin- und Herbiegen bei Raum-
temperatur verformt. Die Intensität ist ein indirektes Maß für den
Zonenradius R I .

5.27 Beeinflussung der Ausscheidung durch Gitterfehlstellen


Bei den Ausscheidungsvorgängen befinden sich die Leerstellen nor-
malerweise im thermodynamischen Gleichgewicht, so daß wir es mit nor-
malen Diffusionsvorgängen in der Legierung zu tun haben. Hingegen
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 499

spielen die Versetzungen hier die entscheidende Rolle, da die Ausschei-


dung bevorzugt an solchen Gitterstörungen entsteht. Daher ist es auch
zu erklären, daß eine plastische Verformung infolge der Erhöhung der
Versetzungsdichte die Ausscheidungsvorgänge wesentlich beschleunigt.
Zunächst muß jedoch eine Gruppe von Ausscheidungen erwähnt
werden, deren Bildung kaum von den Versetzungen beeinflußt wird, die
aber für die Warmaushärtung eine große Rolle spielt. Als Beispiel sei hier
die e" -Phase der Aluminium-Kupfer-Legierung genannt. Sie ist maß-
geblich an der Warmaushärtung der Legierung beteiligt (s. Abb. 385),
ihre Entstehung wird jedoch durch eine plastische Verformung kaum
beeinflußt [70,176], wie Tab. 39 zeigt. Während die e' - und e-Ausschei-
dung ganz wesentlich durch die Verformung beschleunigt wird, tritt bei
e" kaum eine wesentliche zeitliche Änderung ein. Ihre Bildung wird mehr
und mehr zugunsten der anderen Phasen unterdrückt.

Tabelle39. Einfluß einer plasti8chen Verformung nach demAb8chrecken auf die Aus-
8cheidung8kinetik bei 150°0. AU8wertung von Einkri8tallaufnahmen
(nach R. GRAF U. A. GUINIER [70, 176])
Verformungsgrad
in %
0 1.4 5 10 31

eil-Phase ist gut sichtbar


nach 72h 96h 72h (24h) (24h)
e'-Phase erscheint nach 24h 16 h 5h 1h 0,5h
Zahlen in Klammern: Die eil-Phase ist nur noch spurenweise zu erkennen

Bei den AIZnMg-Legierungen scheint es ähnlich zu sein. Die maximale


Härte wird dort durch kugelförmige Gebilde verursacht (Abb.399), die
wahrscheinlich keine Entmischungszonen nach Abb. 374a sind, sondern
stärker gestörte Atomanordnungen im Mischkristall.
über die Art der Keimbildung dieser Phasen lassen sich bisher noch
keine Angaben machen. Die Hypothese, daß die Keimbildung an Leer-
stellen-Agglomerationen stattfinden, ist bisher noch nicht zur Diskussion
gestellt worden. 1
Betrachten wir die nachfolgenden teilweise kohärenten Ausscheidungs-
stufen, so ist eine starke Wechselwirkung zwischen Ausscheidung und
Versetzung zu erkennen. Im System Aluminium-Kupfer ist schon seit
längerer Zei~ die bevorzugte Ausscheidung der e' -Phase an Subkorn-
grenzen sowie in Gleitbändern bekannt. An diesen Stellen treten Plätt-

1 Ein experimenteller Hinweis auf diese Hypothese ist röntgenographischen


Untersuchungen von J. M. SILOOOK [180] zu entnehmen. Es wurde beobachtet,
daß durch eine kurzzeitige Glühung oberhalb 220°C eine Keimbildung von eil bei
200°0 vollständig unterbunden wird.

32*
500 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

chen der e'-Phase viel früher auf als im Korninneren, wo meist noch die
e"-Phase vorhanden ist [177]. Wie G. THOMAS und J. NUTTING [178]
zeigen konnten, wirken bereits einzelne Versetzungen als Keime für die
e'-Phase. Von dieser Voraussetzung ausgehend versuchten H. WILS-
DORF und D. KUHLMANN-WILSDORF [179] an Hand einzelner Ausschei-
dungen die Versetzungsdichte zu studieren, was indessen nicht gelang.
Versetzungen können in zweierlei Weise begünstigend auf die Keim-
bildung der Ausscheidung einwirken. Einmal werden gelöste Atome
durch das Spannungsfeld von Versetzungen angezogen, wodurch die
Konzentration der Legierungsatome in der Nähe von Versetzungen
erhöht wird (CoTTRELL-Wolken). Andererseits wirken die hohen Gitter-
verzerrungen in der Nähe der Versetzungen begünstigend auf die Keim-
bildung einer Ausscheidung mit anderer Gitterstruktur. Wie sich aus der
Struktur der Versetzungen herleiten läßt, sind beide Effekte vor allem an
Stufenversetzungen (oder Versetzungen mit StufenanteiI) wirksam. Da
Entmischungszonen und gewisse Ausscheidungstypen nicht an Verset-
zungen gebunden sind, ist anzunehmen, daß die Konzentrationserhöhung
der Legierungsatome nur eine untergeordnete Rolle spielt. Für die be-
vorzugte Ausscheidung an Versetzungen muß man daher die Begünsti-
gung der KeimbiIdung im Verzerrungsfeld der Versetzung verantwortlich
machen.
Das am besten untersuchte Beispiel ist die bevorzugte Ausscheidung
von e' in Aluminium-Kupfer-Legierungen. Eine Versetzung ist charak-
terisiert durch ihren BURGERsvektor, der die Hauptverzerrungsrichtung
in der Umgebung der Versetzung angibt. Im kubisch-flächenzentrierten
Gitter hat der BURGERsvektorimmereine (110)-Richtung. An der Phasen-
grenze zwischen e' und Matrix ist die einzige auftretende Verzerrungs-
richtung parallel zur c-Achse der Ausscheidung gerichtet, welche in einer
(100)-Richtung der Matrix liegt. Es ist leicht einzusehen, daß eine Ver-
setzung nur dann eine Ausscheidung begünstigt, wenn beide Haupt-
verzerrungsrichtungen gemeinsame Komponenten haben, also nicht
senkrecht aufeinander stehen. An einer Versetzung mit dem BURGERS-
vektor parallel zu [110] sollten daher nur e'-Ausscheidungen mit einer
c-Achse parallel zu [100] und [010] zu finden sein [179]. Diese Über-
l~gungen konnten experimentell sowohl röntgenographisch an Verset-
zungsgruppen mit gemeinsamem BURGERsvektor (GIeitbänder) [180] als
auch elektronenmikroskopisch an einzelnen Versetzungslinien [181] nach-
gewiesen werden. Abb. 409 zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme
von e' -Ausscheidungen an Versetzungswendeln. Im Gegensatz dazu
treten bei Aluminium-Silber-Legierungen die y' -Ausscheidungen an einer
Versetzung in allen vier möglichen Orientierungen (parallel zu den vier
{111}-Ebenen) auf. Dies wird mit dem andersartigen strukturellen
Zusammenhang zwischen dieser Phase und der Matrix begründet [181].
Lit. S. 505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung 501

In jüngster Zeit haben J. A. HREN und G. THOMAS [20b] die Keim-


bildung der y-Phase an einzelnen Versetzungen im Elektronenmikroskop
direkt beobachtet. Danach spaltet zunächst eine Versetzung mit einem
BURGERsvektor 1/2 [110] in der (111)-Ebene in zwei Halbversetzungen
auf:
1/2 [110] --';> 1/6 [211] + 1/6 [121]

Beide Halbversetzungen sind durch einen (hexagonalen) Stapelfehler


miteinander verbunden. Zugleich reichert sich dieses Gebiet mit Silber
an. Dieser Zustand ergibt ein Röntgen-
diagramm, wie es in Abb. 395a gezeigt
ist. Aus dem Stapelfehler entsteht durch
Wachstum in der (111)- Ebene und senk-
recht dazu die plättchenförmige y-Aus-
scheidung. Das Dickenwachstum senk-
recht zur (111)-Ebene geschieht durch
spontane Erzeugung von weiteren Halb-
versetzungspaaren in jeder zweiten
(111)-Fbene und ist etwa 100mal lang-
samer als das Wachstum in der Ebene.
Die Aufspaltung der Ausgangsver-
2500:1
setzung kann auch in komplizierterer
Abb. 439. Ei-Ausscheidung an einzelnen
Form geschehen: Versetznngswendeln in einer Aluminiuln-
K \lpf er-Legierung mit 4 % Cu. Auslagerun g
1/2 [110] --';> 1/6 [011] + 1/6 [112] 3 Tage bei 160°C. Elektronenmikrosko-
+ 1/6 [211] pische Durchstrahlaufnahme
(nach R. B. NroHOLsoN u. Mitarb. [96]).
Die erste Versetzung auf der rechten
Seite ist eine unbewegliche Versetzung, die parallel zu der [OlI]-Rich-
tung in der Schnittlinie einer (111)- und einer (I11)-Ebene liegt. Von
dieser Versetzung geht in beiden Ebenen je ein Stapelfehler aus, dessen
zweite Begrenzung die beiden anderen Halbversetzungen sind. Es ent-
stehen so zwei aneinandergrenzende y'-Plättchen in einer (111)- und einer
(111)-Ebene l .
Durch Erhöhung der Auslagerungstemperatur können die y' -Plätt-
chen wieder reversibel aufgelöst werden. Zum Schluß bleibt die anfangs
vorhandene einzelne Versetzung übrig.
Versetzungsringe stellen ebenfalls bevorzugte Stellen für Ausschei-
dung dar. Wie G. THOMAS und M. J. WHELAN [98] zeigten, bilden sich
in Aluminium-Kupfer-Legierungen Versetzungsringe bevorzugt in Gleit-

1 Durch ähnliche Versetzungsreaktionen können auch in den beiden übrigen


Ebenen (in) und (111) Stapelfehler und y'-Plättchen entstehen, so daß aus einer
einzelnen Versetzung alle vier möglichen Orientierungen der y' -Phase erzeugt werden
können, wie es auch elektronenmikroskopisch beobachtet worden ist [181].
502 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505

bändern. Vermutlich sind die von verschiedenen Forschern [178, 179


182] beobachteten Scharen von B' -Plättchen längs Gleitbändern an
Versetzungsringen entstanden (Abb. 410).
H. S. RosENBAuM und D. TURNBuLL [183] versuchten indirekt, den
Einfluß der nach dem Abschrecken einer Aluminium-Silizium-Legierung
entstehenden Versetzungsringe auf die Ausscheidung von Silizium nach-
zuweisen. Führt man nach dem Abschrecken einer Legierung mit 1 % Si

10000: 1 25000: 1
Abb. 410. g'-Ausscheidung in Gleitbändern Abb. 411. VersetzungsringeunterschiedlicherGröße
einer plastisch verformten Aluminium-Kupfer- in einer Alumininm-Silizium-Legierung mit 1,2%
Legierung mit 4 % Cu. Auslagerung 3 Tage bei Si, die bei 580°C !ösnngsgeglüht und anschließend
200 oe. Elektronenmikroskopische Durch· auf -lO oC abgeschreckt wurde
strahlaufnahme (nach A. SAULNIER [171]) .
(nach R. B. NICHOLSON u. Mitarb. [96]).

eine Wärmebehandlung durch, die die Bildung von Versetzungsringen


verhindert (z. B. Abschrecken auf - 50 °C mit sofort anschließender
Auslagerung bei Temperaturen oberhalb von 200 °C), so findet man mit
dem Lichtmikroskop eine Ausscheidung mit einer Dichte von 106 Teil-
chen/cm3 . Läßt man jedoch zunächst die Bildung von Versetzungsringen
zu (z. B. Abschrecken mit nachfolgender Auslagerung bei Raumtempera-
tur), so tritt bei anschließender 200°C-Auslagerung die Ausscheidung
fein verteilt mit einer Dichte von ca. 1014 Teilchen/cm3 auf, die etwa
der Dichte der Versetzungsringe entspricht. Die von den Autoren ge-
zogene Schlußfolgerung, daß hier das Silizium sich an diesen Ringen aus-
scheidet, scheint jedoch nicht richtig zu sein. A. SAULNIER [171] fand
bei seiner elektronenmikroskopischen Untersuchung an einer 1,2%igen
Legierung, daß die in Abb. 411 erkennbaren Versetzungsringe sich b ereits
aufgelöst haben, bevor die ersten Keime der Silizium-Ausscheidung zu
sehen sind, deren Anordnung und Anzahl nach den Feststellungen von
A. SAULNIER [171] gemäß Abb.412 keinen direkten Zusammenhang mit
Lit. S. ;505] 5.2 Strukturelle Vorgänge während der Aushärtung .503

dem Lageort der früher vorhandenen Versetzungsringe aufweist. Der


genannte Autor nimmt an, daß die bei der Auflösung der Versetzungs-
ringe entstehenden Leerstellen für die Keimbildung des Siliziums
wichtig sind. Da das Atomvolumen im Silizium-Gitter wesentlich größer
ist als in der Matrix, wird die Keimbildung durch die Anwesenheit von
Leerstellen erleichterV. Die von H. S. ROSENBAUM und D. TURNBULL
beobachteten Unterschiede in der Dichte der Ausscheidungspartikel bei
unterschiedlicher Vorbehandlung der
Probe ist dann auf eine unterschied-
liche Konzentration von Leerstellen
bei der Ausscheidungstemperatur
(200°C) zurückzuführen.
Lichtmikroskopische Untersu-
chungen an Aluminium-Germanium-
Legierungen von H. BÖHM [184] deuten
darauf hin, daß bei dieser Legierung
die Verhältnisse ähnlich sind.
Die bevorzugte Ausscheidung an
120000:1
Versetzungen läßt sich an AlZnMg- Abb. 412. Feine Silizium-Ausscheiduugen
Legierungen nachweisen. In abge- in einer Aluminium-Legierung mit 1,2% Si,
schreckten Proben entstehen sehr schreckendie bei 570 '0 lösungsgeglüht und nach Ab-
in Wasser bei 80'0 12 Stunden
große Versetzungsringe, die im Gegen- angelassen wurde (naehA. SAULNIER [171]).
satz zu denjenigen in Reinaluminium
(Abb. 376) keine prismatische Konturen aufweisen. G. THOMAS [18,j]
konnte in ausgehärteten AlZnMg-Legierungen während der Beobachtung
im Elektronenmikroskop keine wandernden Versetzungen feststellen. Die
Versetzungen werden durch die Ausscheidungen gehemmt, und es läßt
sich rechnerisch zeigen, daß bei einem Abstand der Teilchen von 100 A
die durch die Bestrahlung im Mikroskop erzeugte thermische Energie
nicht genügt. um die Versetzungen durch die Ausscheidungen zu be-
wegen.
In einem späteren Stadium sind im Elektronenmikroskop perl-
schnurartige Anordnungen von Ausscheidungen zu erkennen (Abb. 413),
ein deutlicher Hinweis für die Ausscheidung längs Versetzungslinien.
Die Teilchengröße beträgt etwa 200 A. Da es sich hier um eine andere
Legierungszusammensetzung handelt als bei den bisher diskutierten
Arbeiten, ist ein quantitativer Vergleich schwierig.
Bei einigen Oberflächenuntersuchungen an Aluminium-Kupfer-
Legierungen mit (9' -Ausscheidung wurde eine konzentrische Anordnung
von halbkreisförmigen Ausscheidungen gefunden [179]. Die Bogen-
1 Interessant ist in diesem Zusammenhang das Ausbleiben einer ausscheidungs-
freien Zone nahe den Korngrenzen, falls die Aluminium-Silizium-Legierung vor der
Ausscheidungsgliihung kaltverformt wird. 'Vir verwcisen dazu auf S. 645.
504 B. Allgemeine Metallkunde und Metallphysik [Lit. S. 505]

segmente hatten dabei einen Abstand von 0,75 !J.m. Sie werden als Teile
von Versetzungsringen interpretiert, die von einer im Metallinneren
lokalisierten FRANK-READ-Quelle erzeugt wurden. P . A. JACQUET, R. W.
ADRIENNE und J. CALVET [186] gelang der Nachweis einer Anordnung
von konzentrischen Kreisen in einer verformten und bei 250°C aus-
gelagerten Aluminium-Kupfer-Probe mit 4% Cu bereits lichtmikro-
skopisch unter Verwendung der elektrolytischen Wischpoliertechnik.
Auch mittels Oxydabdrucken konnten diese Autoren [187] FRANK-READ-
Quellen an diesem Legierungstyp nachweisen.

9000:1 48000: 1
Abb.413 . Bevorzugte Ausscheidung längs Ver- Abb. 414. Wechselwirkung zwischen Versetzun-
setzungslinien in einer Aluminium-Zink-Magne- gen und e'-Ausscheidung in einer Aluminium-
sium-Legierung mit 4,5% Zn und 1,5% Mg. Kupfer-Legierung mit 3,7% Ou. Elektronenmi-
Auslagerung 5 Stunden bei 160 ' 0. Elektronen- kroskopische Durchstrahlaufnahme einer Probe,
mikroskopische Durchstrahlaufnahme die vor dem Abdünnen 300 Stunden bei 190'0
(nach ALUSUISSE). ausgelagert und dann 1 % kaItgereckt wurde
(nach L. O. BONAR U. A. KELLY [189].

5.28 Wechselwirkungen von Versetzungen mit Ausscheidungen

Versetzungen werden in verschiedener Weise durch Fremdatome und


durch Ausscheidungspartikel in ihrer Bewegung behindert und rufen bei
der plastischen Verformung wesentliche Änderungen im Fließ verhalten
hervor. In der Monographie von A. KELLY und R. B. NICHOLSON [20a]
ist dazu ausführlich Stellung genommen worden. Hier sollen nur die
wesentlichen Ergebnisse kurz skizziert werden.
Betrachten wir die Wechselwirkung einer freien Versetzung mit
Ausscheidungen, so können grundsätzlich drei Fälle auftreten:
a) Die Ausscheidungen sind vollständig mit der Matrix kohärent
(Entmischungszonen )
b) Die Ausscheidungen sind mit der Matrix teilweise kohärent
(Zwischenphasen)
c) Die Ausscheidungen sind mit der Matrix völlig inkohärent.
Literatur zu Kapitel B 5 505

Im Fall a) können die bei der plastischen Verformung wandernden


Versetzungen die Zonen durchdringen, weil die Zonen vollständige
Kohärenz mit dem Gitter haben. Zugleich ist der mittlere Abstand
(etwa 100 A) zwischen den Zonen so klein, daß es für die Versetzungen
günstiger ist, die Zonen zu durchdringen als sie zu umgehen.
Im Fall c) sind die Verhältnisse genau entgegengesetzt. Die Aus-
tlcheidung unterscheidet sich wesentlich in der Struktur von dem Misch-
kristall, außerdem sind die Abstände zwischen den Ausscheidungs-
partikeln so groß (ca. 1 [J.m), daß die Versetzungen diese nicht mehr
durchschneiden, sondern sie umgehen [107]. Dabei wird jeweils ein Ver-
setzungsring zurückgelassen, der entlang der Phasengrenze um das
umgangene Teilchen herumgeht.
Im Fall b) hängt es sowohl von der Struktur der Ausscheidung wie
von den Abstandsverhältnissen ab, ob die Versetzung die Partikel durch-
tlchneidet oder sie umgeht. Bei den Aluminium-Kupfer-Legierungen
wird beispielsweise die elf -Phase durchschnitten, während bei der e'-
Phase die Versetzung das Hindernis mit Ringbildung umgeht [189].
Altere Arbeiten auf diesem Gebiet [107, 188] scheinen nicht mehr ganz
den neueren Ergebnissen zu entsprechen, die mit der elektronenmikro-
skopischen Durchstrahlmethode gewonnen wurden. Abb. 414 zeigt eine
Aufnahme einer plastisch verformten Aluminium-Kupfer-Legierung mit
e' -Ausscheidung. Es sind deutlich die Versetzungsringe zu erkennen,
die um einzelne Ausscheidungspartikel zurückgeblieben sind [189].
Im übrigen verweisen wir auf Kap. B 1.1, insbesondere auf S. 235.
Die Verfasser danken Herrn Professor T. FEDERIGHI für die Über-
lassung eines Beitrages über Leitfähigkeitsmessungen während der Aus-
härtung, der in dieseR Kapitel teilweise übernommen wurde.

Literatur zu Kapitel B I}

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[191] BAUR, R., u. V. GEROLD: Veröffentlichung demnächst.
c. Physikalische und technologische Eigenschaften
des Aluminiums und seiner Legierungen

1. Physikalische Eigenschaften

1.1 Übersicht
Von D. Altenpohl, Zürich

Aluminium gehört zu den Metallen, deren physikalische Eigenschaften


am häufigsten und gründlichsten untersucht wurden. In den folgenden
Abschnitten werden einige physikalische Eigenschaften, die besondere
metallkundliehe Bedeutung haben, eingehender besprochen. Es sind
dies die elektrische Leitfähigkeit und die HALL-Konstante als Eigen-
schaften, die auf Gefügeumlagerungen stark ansprechen, und das Diffu-
sionsverhalten. Die weiteren physikalischen Eigenschaften werden ledig-
lich in Tabellenform angegeben (Tab. 40). Dabei wurde Vollständigkeit
nicht angestrebt. Viele Eigenschaften hängen stark vom Reinheitsgrad
ab, so daß in der folgenden Tabelle die Werte für Aluminium mit einem
Reinheitsgrad von 99,996 und für handelsübliches Reinaluminium
Al 99,5 getrennt aufgeführt wurden. Die Daten wurden nach kritischer
Beurteilung der Literatur entnommen und können wohl zur Zeit als
Bestwerte gelten. Wegen Einzelheiten wird auf die Literatur verwiesen.
In Tab. 41 sind noch einige Eigenschaften für die wichtigsten Knet-
werkstoffe zusammengestellt.

Tabelle 40. Physikalische Eigenschaften von Reinaluminium (Al 99,5)


und Reinstaluminium (Al 99,996)

Lfd.1
Nr. Eigenschaft Einheit Al 99,5 Al 99,996

1 Atomgewicht 26,98
2 Ordnungszahl 13
3 Atomvolumen crn3fg·Atom 10,0
4 Absorptionsquerschnitt für thermische
Neutronen cm 2 0,215.10-24
512 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S.513J

Tabelle 40 (Fortsetzung)

Lfd·1
Nr. Eigenschaft Einheit Al 99,5 Al 99,996

5 Kristallstruktur kfz
6 Gitterkonstante bei 20 0 e cm 4,0496. 10-8
7 Koordinationszahl (KZ) 12
8 Atomradius für KZ 12 cm 1,43. 10-8
9 Kleinster Atomabstand drum cm 2,8635 . 10-8
10 Dichte bei 20 0 e gjcm 3 2,70 2,6989
11 Kompressibilität bei 20 0 e cm2 jkp 1,34.10-6
12 Lineare Wärmeausdehnungszahl
von 20 bis 100 oe * 1/grd 24,0.10- 6 23,86.10- 6
13 Schmelzpunkt oe 658 660,2
14 Siedepunkt oe R::i2400
15 Dampfdruck bei 1200 0 e mmHg 1.10-2
16 Schwindmaß % 1,7 bis 1,8
17 Volumenzunahme "fest -+ flüssig" % R::i6,5
18 Spezifische Wärme bei 20 oe cal/g 0,214 0,215
19 Schmelzwärme cal/g 94,6
20 Verdampfungswärme kcaljg =2,6
21 Verbrennungswärme kcal/g-Atom 0 133
22 Verbrennungswärme kcaljg-Atom Al 200
23 Wärmeleitfähigkeit bei 20 oe caljcm . s . grd 0,53 0,55
24 Elektrischer Widerstand bei 20 0 e [LQ cm 2,9 2,654
25 Temperaturkoeffizient des elektro Wider-
standes bei 20 oe [LQ cmjgrd 1,12 1,14
26 Sprungpunkt der Supraleitung °K 1,2
27 Elektrolyt. Normalpotential gegen
Wasserstoffelektrode bei 20 0 e (oxyd-
freies Aluminium) V -1,67
28 Elektrolyt. Lösungspotential ** des Alu-
miniums mit natürlicher Oxydhaut
gegen Wasserstoffelektrode V =1
29 Elektrochem. Äquivalent gjA. s 9,3. 10-5
30 Thermokraft gegen Platin (0-100)Oe [LVjgrd 4,2
31 Thermokraft gegen Kupfer (0-100) oe [LVjgrd -3,4
32 Magnetische Suszeptibilität bei 20 0 e cm3 jg R::i + 0,6.10- 6
33 Hallkonstante bei 20 0 e cm3 jA· s -3,11.10-5
34 Schmelzpunkt des Oxyds oe I 2050
* Thermische Ausdehnung zwischen 20 und 500 oe: L t = L o [1 + (23,22 t +
0,00467 t2 +
0,0000078 t3 ) • 10-6J.
** in Meerwasser oder meerwasserähnlichen Lösungen. Das Potential hängt
stark von den Versuchsbedingungen ab.
Literatur zu Kapitel C 1.1 513

Tabelle 41. Vergleich einiger physikalischer Eigenschaften der wichtigsten Aluminium.


K netlegierungen*

Wärme-
I leitfähig- Lineare
Leg. Bezeichnnng Dichte keit Ansdehnnngszuhl Elektrischer Widerstand
(DIN) g!cln 3 bei 20"e zwisehen 20 u. 100 ce bei 20 e
0

eal/elll' S • 1/grd [J.O,cm


grd
!
Al 99,98 J{ 2,70 0,58 24.10-6 I 2,65 weich
Al 99,5 2,71 0,53 24. 10-6 2,90
Al 99 2,71 0,51 24.10- 6 3,00 "
AIMn 2,73 0,46 23 . 10-6 3,40 "
AIMg1 2,71 0,38 24. 10-6 4,15 "
AIMg2 2,68 0,32 24.10- 6 4,90 "
AIMg3 2,6ß 0,32 24.10- 6 5,50 "
AIMg5 2,ß3 0,26 24. 10-6 6,50 "
~~IMgSi1 I 2,72 0,36 23.10-6 "
4,35 kaltausgehärtet
AICuMg1 I 2,80 0,28 23.10- 6 5,80
2,80 24· 10-6 6,70 " "
AIZnMgCu1,5 I 0,25
" "
* Da die physikalischen Eigenschaften zum Teil stark von Legierungsgehalt
und Zustand abhängen, handelt es sich bei den Angaben um Richtwerte.

Literatur zu Kapitel C 1.1


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1938 (Aug.) 147.

b) Ausgewählte Literatur zu einzelnen physikalischen Eigenschaften


Kompressibilität .-
EIRCH, F.: Phys. Rev. 71 (1947) 809.
Wärmeausdehnung .-
TAYLOR, C. S., L. A. WILLEY, DANA W. SMITH U. J. D. EDwARs: Metal Progress
1938 (Aug.) 147.
BARBER, C. R.: Metallurgia (Manch.) 41 (1949) Nr. 241,20.
Wärmeleitfähigkeit .-
BUNGARDT, W., U. R. KALLENBACH: Metall 4 (1950) 317, 365; Z. Metallkunde 42
(1951) 82.

33 Altenpohl, Alnmininm
514 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

Spezi{i8che Wärme:
KUBASOHEWSKI, 0., u. E. L. EVANS: Metallurgical Thermochemistry. London:
Pergamon 1958.
Thermokraft:
PITzER, E. C.: J. Electrochem. Soc. 104 (1957) 70.
Magnetische Suszeptibilität:
WEISS, P., u. W. KLEMM: Z. anorg. Chem. 245 (1940) 288.
Optische Eigenschaften:
ROHNER, F.: Aluminium Suisse 4 (1954) 66. HASE, R.: Aluminium 24 (1942) 140.
Innere Reibung:
ENTWISTLE, K. M.: Met. Reviews 7 (1962) 175.
Oberflär;henreibung :
BOWDEN, F. P., u. D. TABOR: Reibung und Schmierung fester Körper, Berlin/
Göttingen/Heidelberg: Springer 1959.
BARWELL, F. T.: Met. Reviews 4 (1959) 141.

1.2 Elektrische Leitfähigkeit


Von H. Zoller, Chippis (Schweiz)

1.21 Einleitung
Die elektrische Leitfähigkeit des Aluminiums und seiner Legierungen
interessiert vor allem aus folgenden zwei Gründen:
1. Da immer mehr Aluminium zur übertragung elektrischer Energie
herangezogen wird, besteht in der Technik ein Bedürfnis, die Zusammen-
hänge zwischen der elektrischen Leitfähigkeit, den Legierungselementen
und der Verarbeitungsmethode zu kennen.
2. Die elektrische Leitfähigkeit läßt sich sehr genau messen und rea-
giert empfindlich auf Temperatur, elastische oder plastische Verformung,
Ausscheidungsvorgänge und Gitterstörungen. Leitfähigkeitsmessungen
bilden daher ein brauchbares Hilfsmittel beim Studium von Lösungs- und
Entmischungsvorgängen, Kaltverfestigung, Erholung und Rekristalli-
sation.
Wegen der Theorie der elektrischen Leitfähigkeit von Metallen sei auf
die Literatur verwiesen [1 bis 4]. Aus den Vorstellungen über den metal-
lischen Zustand läßt sich für den spezifischen elektrischen Widerstand e
folgender Ausdruck ableiten:
m mv
(1)
e= ]Ire2 • 7: = N e2 L'
In dieser Gleichung bedeuten m die Masse eines Elektrons, N die Zahl
der freien Elektronen pro Volumeneinheit, e die Ladung eines Elektrons
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 515

und T die mittlere Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Stößen eines


Elektrons. T läßt sich durch LJv ersetzen, wobei L die mittlere freie Weg-
länge zwischen den Stößen und v die mittlere Geschwindigkeit dar-
stellen.
Als Maßeinheit für e verwenden wir n· mm2Jm. (In wissenschaft-
lichen Arbeiten wird auch die Einheit n cm verwendet.)

1.22 Hall-Konstante, Elektronendichte und -beweglichkeit


Nach GI. (1) ist der spezifische elektrische Widerstand eines Metalles
umgekehrt proportional der Ladungsträgerdichte N und der Relaxations-
zeit T.
Ein Mittel zur Bestimmung der Ladungsträgerdichte ist der H.ALL-
Effekt:
Wird senkrecht zu einem vom Strom I durchflossenen Metallband der
Dicke d ein Magnetfeld H angelegt, so erfahren die Ladungsträger eine
Kraft, die senkrecht· zu ihrer Bewegungsrichtung und dem Magnetfeld
steht. Dadurch entsteht zwischen den beiden Metallbandrändern eine
Spannung URall (HALL-Spannung). Diese Größen sind durch die GI.
AH·H.I
URall = d (2)

miteinander verknüpft, in der A H die für jedes Metall charakteristische


"HALL-Konstante" ist.
Es kann gezeigt werden, daß die H.ALL-Konstante umgekehrt pro-
portional von der Ladungsträgerdichte N abhängig ist:
1
AH = - --, (3)
e·N
d. h., aus einer HALL-Konstantenmessung läßt sich direkt die Zahl der
Ladungsträger bestimmen. Aus GI. (1) ließe sich die Relaxationszeit T
berechnen, wenn der spezifische elektrische Widerstand ebekannt ist. Es
ist jedoch üblich, an ihrer Stelle die sog. "Beweglichkeit" v der Ladungs-
träger anzugeben:
v = AHJe. (4)

Die Beweglichkeit gibt die mittlere Geschwindigkeit an, die die


Ladungsträger im Metall bei der Feldstärke eins erreichen.
Die HALL-Konstante des Aluminiums hat den Wert -3,11.10-5 cm 3J
A s. (Das negative Vorzeichen rührt daher, daß es sich bei den Ladungs-
trägern um die negativ geladenen Elektronen handelt.)
Ihre Temperaturabhängigkeit zeigt Abb. 415 [8, 10]. Von Raum-
temperatur aus verläuft sie mit steigender Temperatur zu negativeren,

33*
516 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

mit sinkender Temperatur zu positiveren Werten hin. Bei tiefen Tempe-


raturen wechselt sie ihr Vorzeichen [31]. Mit dem Wert der HALL-
Konstante für reines Aluminium errechnet sich eine Ladungsträgerdichte
(Elektronendichte) von N = 2,01 . 10 23 cm- 3 • Da ein cm3 6,16.10 22 Alu-
miniumatome enthält, ergibt dies eine Elektronenkonzentration (Zahl
-4

-3
~
] I
~ -2 -.-0--- .---j-_

--r-T--r
'"
~ I
I
I i 1

~ I i I I I
-1
I
,10'5 f-+-------+ -
I I
cm 3/As I
0 200 400 600 800
Temperatur
Abb.415. Temperaturabhäugigkeit der HALL-Konstante des Aluminiums
(0 nach V. FRANK (8). x nach W. KAPP u. F. STANGLER (10)).

der freien Elektronen pro Atom) von etwa 3. Dies würde bedeuten, daß
im Aluminiumgitter alle drei Valenzelektronen an das Elektronengas ab-
gegeben werden 1.
Bei einem spezifischen elektrischen Widerstand von 0,0279 Qmm 2/m
berechnet sich mit obiger HALL-Konstante die Beweglichkeit der Elek-
tronen im Aluminium zu v = 11,1 cm/V . s.

Tabelle 42. Die charakteristischen elektrischen Daten von Aluminium im Vergleich


zu Silber, Kupfer und Gold (nach E. JUSTI [3] und W. KÖSTER U. W. SOHÜLE [5])
,
Beweg- Mittl. Ge- Widerstand
Spezifischer Hallkonst. Elektronen- Elektronen- lich- 8chwindig- vou 1m
Metall elektrischer AH dichte konz. keit keit des Draht
Widerst. N v EI. bei 10 von 19 Gew.
n ·nlm 2 cm' freie m. Ajmm'
--- -- cm-3 --- CITt 2
- mm 0 g
III A·s Atom -- rn
V'8 s m

Ag 0,016 -8,9.10- 5 0,7 . 1023 1,2 56 0,9 0,17


Cu 0,0175 -5,3.10-5 1,2. 1023 1,4 30 0,5 0,155
Au 0,022 -7,1.10- 5 0,9 . 1023 1,5 32 0,7 0,425

Al 99,5 0,0279 -3,1.10-5 2,0. 1023 3,2 11,1 0,3 0,075

1 Verschiedene Phänomene und auch Ergebnisse neuerer Untersuchungen deu-


ten darauf hin, daß diese Zahl in Wirklichkeit zwischen 2 und 3 liegt. Die Verwen-
dung der GI. (3) zur Berechnung der Ladungsträgerdichte des Aluminiums ist nicht
ganz korrekt (Aluminium benötigt ein sog. Zweibänder-Modell [54,55]), so daß es
durchaus möglich ist, daß man aus der oben angegebenen HALL-Konstante eine
kleinere Elektronenkonzentration errechnen kann.
Lit. S. 544J 1. Physikalische Eigenschaften 517

Wird z. B. durch einen Aluminiumdraht von 1 mm2 Querschnitt ein


Strom von 10 A hindurchgeschickt, so beträgt die Feldstärke, die diesen
Strom erzeugt, 0,00279 V/cm. Aus der oben angegebenen Beweglichkeit
ergibt sich somit, daß die Elektronen bei dieser relativ hohen Strom-
dichte mit nur 0,3 mmjs durch das Aluminiumgitter kriechen.
In Tab. 42 sind die charakteristischen elektrischen Daten von Alu-
minium mit jenen von Silber, Kupfer und Gold verglichen. Obwohl Alu-
minium eine etwa doppelt so große Elektronendichte hat wie die an-
deren drei Metalle, weist es wegen der kleinen Beweglichkeit den höch-
sten spezifischen Widerstand auf.
In der letzten Spalte der Tab. 42 ist noch der auf einen Draht von
einem Meter Länge und einem Gramm Gewicht bezogene Widerstand
angegeben. Danach vermag das niedrige spezifische Gewicht des Alu-
miniums die niedrige elektrische Leitfähigkeit mehr als auszugleichen.

1.23 Temperatur- und Zustandsabhängigkeit des spezifischen elektrischen


Widerstandes
1.231 ~Iatthiessensche Regel und Temperaturkoeffizient. Die MAT-
THIEssENsche Regel besagt, daß sich der spezifische elektrische Wider-
stand eines Metalles in ein nur von der Temperatur und in ein nur von
den Gitterstörungen (hervorgerufen hauptsächlich durch Leerstellen, Ver-
setzungen oder gelöste Fremdelemente ) abhängiges Glied zerlegen läßt:

eT = e(T) + eR (5)

Das temperaturunabhängige Glied eR wird als Restwiderstand bezeich-


net. Der temperaturabhängige Anteil e(T) ist eine für das betreffende
Metall unveränderliche charakteristische Funktion, solange die Elek-
tronenkonzentration unverändert bleibt.
Diese Regel ist von großer Bedeutung für das Verhalten des Tempera-
turkoeffizienten des elektrischen Widerstandes
1 deT
iXT = - - (6)
eT dT
von Legierungen. Wegen (5) ist nämlich
deT de(T)
'lT'CXT= dT = dT = a(T), (7)

d. h., das Produkt aus spezifischem Widerstand und seinem Temperatur-


koeffizienten ist für ein bestimmtes Grundmetall unabhängig vom
Betrag des Widerstandes und somit unabhängig von Legierungselementen
und Kaltverformung. Eine Erniedrigung des Temperaturkoeffizienten
bedingt immer eine Erhöhung des Widerstandes und umgekehrt.
518 O. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

Führt man die Größe a(T) in die Gleichung der Temperaturabhängig-


keit des spezifischen elektrischen Widerstandes ein, so erhält man folgen-
den Ausdruck:
(8)

Bei Widerstandsmessungen braucht man also nicht für alle Legierun-


gen und Reinheiten den entsprechenden Temperaturkoeffizienten zu
kennen, sondern es genügt bei Gültigkeit der MATTHIEssENschen Regel
den Temperaturbeiwert a(T) des Grundmetalles zu wissen.
M. HANSEN, W. R. JOHNSON und J. M. PARKS [6] und F. ROHNER [7]
fanden, daß die MATTHIEssENsche Regel bei Aluminium und seinen
Legierungen weitgehend gültig ist. Der Temperaturbeiwert a(T) liegt bei
Raumtemperatur zwischen 0,000112 und 0,000117 Q mm2 /m . grd. Die
Unterschiede sind darauf zurückzuführen, daß die MATTHIEssENsche
Regel vor allem für aushärtbare Legierungen nicht streng gilt, da bei
diesen auch eine merkliche Änderung der Ladungsträgerdichte auftritt;
doch dürfte ein Wert von
a = 0,00011 5 Q mm 2/mgrd

für die in der Praxis durchzuführenden Widerstandsmessungen und


-berechnungen genügend genau sein. Wie noch gezeigt wird, darf dieser
Wert für die in den üblichen Anwendungsgebieten des Aluminiums auf-
tretenden Temperaturen als temperaturunabhängig angenommen werden.

1.232 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes im festen Alu-


minium. Da die Temperaturabhängigkeit des Widerstandes durch die
Wärmeschwingungen der Gitteratome verursacht wird, ist zu erwarten,
daß eine enge Beziehung zwischen dem Temperaturverlauf des spezi-
fischen elektrischen Widerstandes und jenem der spezifischen Wärme
besteht. Tatsächlich fand E. GRÜNEISEN bereits 1913 folgendes einfache
Gesetz: Das Verhältnis von Widerstand zu absoluter Temperatur wächst
im Gebiet tiefer Temperaturen nahezu proportional der Atomwärme,

(9)

Da nach der DULONG-PETITschen Erfahrungsregel die Atomwärme


des festen Körpers bei höheren ,Temperaturen konstant ist, muß der
Widerstand im Temperaturbereich von ca. 2/ 3 der charakteristischen
Temperatur l bis zum Schmelzpunkt annähernd proportional der abso-
luten Temperatur sein, d. h. der Temperaturbeiwert a darf wenigstens
in relativ engen Temperaturbereichen als konstant angesehen werden.

1 Die DEBYEsche charakteristische Temperatur für Aluminium ist () = 395°K =


= 122°0 und 2fa f) = 264°K = -10°0.
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 519

Bei sehr tiefen Temperaturen sollte dagegen der Widerstl.1ndsverlauf


einem 1'4-Gesetz entsprechend dem 1'3-Gesetz der Atomwärme folgen. Bei
Annäherung zum absoluten Nullpunkt ist der Widerstand jedoch propor-
tional 1'5 (quantenmechanische Einflüsse, Kopplung zwischen Metall-
ionen und Leitungselektronen usw.).
Doch auch die lineare Temperaturabhängigkeit bei hohen Tempera-
turen ist nur in erster Näherung richtig, da die DULONG-PETITsche Regel
nicht streng gilt. Zudem treten bei Annäherung an den Schmelzpunkt in
thermodynamischem Gleichgewicht befindliche Gitterfehler in ver-
stärktem Maße auf (gelöste Fremdatome und Leerstellen), die eine
zusätzliche vViderstalldszunahme bewirken.
Beim Vergleich von spezifischen elektrischen Widerständen verschie-
dener Temperaturen macht sich auch eine gewisse Unklarheit in deren
Definition bemerkbar. Je nachdem, ob man darunter

(10)

e" p = Rp • ~.! = R p A wo (l + ß Ll1') (11)


lp l20'O

ß= linearer Ausdehnungskoeffizient
A= Querschnitt

versteht, kann z. B. bei Aluminium mit Ll1' = 500 grd ein Unterschied
von 1 % im Zahlenwert entstehen. Definitionsgemäß wäre der zweite
Ausdruck der richtige, in der Praxis ist aber die erste Definition die
brauchbarere. Auch vom theoretischen Standpunkt aus, dürfte diese die
bessere sein, da sich bei ihr die Zahlenwerte immer auf die gleiche Zahl
Metallatome beziehen 1.
In Tab. 43 sind Meßwerte von Aluminium unterschiedlicher Reinheit
für Temperaturen von 20 e bis zum Schmelzpunkt angegeben. Werden
0

die Zahlen von W. MAR'ry [9] graphisch dargestellt (Abb. 416), so fällt
auf, daß die vVerte recht gut auf einer Geraden liegen.
Der aus diesen Meßwerten bestimmte Temperaturbeiwert beträgt
a = 0,000112 Q mm2 jm grd, der also von Zimmertemperatur bis zum
Schmelzpunkt als praktisch konstant angenommen werden darf.
Systematische Widerstandsmessungen an Aluminium bei tiefen und
tiefsten Temperaturen sind bisher noch relativ selten durchgeführt
worden. Bis mindestens -10 oe dürfte der oben geschilderte lineare
Zusammenhang gültig bleiben. Bei Temperaturen zwischen 10 und

1 Auch das Widerstandsverhältnis rp = R Rp ist nur gleich ~, wenn


293 'K (2 293 'K
unter dem spezifischen Widerstand die Definition (2' verstanden wird.
520 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

O'40.------,----;--.-----r ---,----,-- II--,i---,-----,


Qmm'lm j

0,35 ----+---+1 --+-1--.- --- (.......--'"._._._x-d _~"...e

O,301--+-- I r~ b-
I V~C
! f ~l';- .'Q
o,Z51--+---+--t---+---+-+-
!t-T-fl:.!.-9--t---i

1 11 I I !r
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0,15
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-;::::;.-'
x /<1"" _~.~.
O,05~~

I oe 800
o 100 200 300 400 500 600 700
Tempera/ur
Abb. 416. Spezifischer elektrischer Widerstand von einigen Aluminiumwerkstoffen in Abhängigkeit
von der Temperatur (nach W. MARTY [9]).
a Al 99,5; b AlMgSil; c AICuMg; d AlMg5; e AISi12.

TabelIe43. Temperaturabhängigkeit des spezi{iBchen elektrischen Widerstandes e bzw. der


elektrischen Leitfähigkeit a von Reinaluminium zweier verschiedener Reinheitsgrade
a) Reinaluminium 99,5 (Eisen: Silizium """ 2:1) (nach W. MARTY [9])

Temp. in oe 20 100 200 300 400 II 500


1
600 I 660
I 1 I I
. Q·mm 2 0,029 0,106
e m --- 0,039 0,051 1 0,063 0,075 I 0,087 I 0,099
m
m I
I
I
ain---- 34,5 25,6 19,6 14,9 13,3 11,5 10,1 9,4
Q·mm z I I

b) Reinaluminium 99,9 (0,006% Cu, 0,04% Si, 0,03% Fe, 0,005% Ti, Spuren von
Mangan, Magnesium, Zink) (nach W. BUNGARDT U. R. KALLENBACH [53])

Temp. oe 20 106 200 297

Q·mmz 0,0590
ein - - - 0,0275* 0,0373 0,0478
rn
m
ain--- 36,4* 26,8 20,9 16,95
Q·mm2
* extrapolierter Wert, dürfte für die angegebene Reinheit gut zutreffen.
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 521

20,4°K fanden M.CARON, P.ALBERT und G.CHAUDRON [12], daß sich der
Widerstand proportional T3 ändert. Offenbar beginnt der Gültigkeits-
bereich des T4_ oder gar T5-Gesetzes bei Aluminium erst bei noch tieferen
Temperaturen. (Diese Feststellungen gelten für zonengeschmolzenes
Reinstaluminium. )
Bei Annäherung an den absoluten Nullpunkt tritt auch bei Alumi-
nium Supraleitung auf. Die Sprungtemperatur beträgt nach W. BUCKEL
[13] 1,20°K.
1.233 Widerstand bei Temperaturen nahe dem Schmelzpunkt. Als
Maß für die Widerstandsänderung am Schmelzpunkt wird gewöhn-
lich der Quotient aus den spezifischen Widerständen der flüssigen und
festen Phase (bei Schmelztemperatur T.) angegeben:

C~~JT.
Er beträgt für Aluminium ca. 2,3, wobei die Meßergebnisse verschie-
dener Autoren zwischen 2,20 und 2,36 variieren [8,9,11,14]. Somit wird
der spezifische elektrische Widerstand des Aluminiums durch den
Schmelzvorgang mehr als verdoppelt. Zu diesem beträchtlichen Wider-
standsanstieg läßt sich aus dem Blickwinkel der Theorie folgendes sagen:
Da das Schmelzen in einem weitgehenden Zerfall der periodischen Atom-
anordnung besteht, ist damit auch eine starke Verkürzung der mittleren
freien Weglänge der Elektronen verbunden. Allerdings ist im oben ange.
gebenen Widerstandsquotienten auch eine rein definitionsbedingte
Erniedrigung der Elektronendichte eingeschlossen, da der Schmelz-
vorgang bei Aluminium mit einer relativ starken Volumenvergrößerung
verbunden ist. Auch bei unveränderter Elektronenkonzentration (freie
Elektronen pro Atom) entsteht deshalb eine der Dichteänderung pro-
portionale Verkleinerung der Ladungsträgerdichte. Aus diesem Grunde
ist es zur Ermittlung des Einflusses des Gitterzerfalles auf den elektri-
schen Widerstand besser, sich auf einen Probekörper konstanter Länge
und gleichen Gewichtes zu beziehen. Für Aluminium erhält man dann als
Widerstandsquotienten 2,0 anstelle von 2,3.
In Tab. 44 sind die Widerstandswerte nach A. ROLL und H. MOTZ [14]
an flüssigem Reinstaluminium 99,99 sowie jene von W. MARTY [9] an
flüssigem Reinaluminium 99,5 angegeben. Beide Meßreihen zeigen einen
linearen Temperaturverlauf. Als Temperaturbeiwert nach den Messungen
von A. ROLL und H. MOTZ ergibt sich
afl = 0,000147 n mm 2Jm grd.
Auch dieser Wert hängt natürlich von der vor allem im flüssigen
Zustand ausgeprägten Temperaturabhängigkeit der Dichte ab. Auch hier
522 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

ist es zweckmäßiger, die Werte auf einen Probekörper konstanter


Ladungsträgerzahl zu beziehen. Zu diesem Zwecke sind in Tab. 44 mit den
Dichtewerten von E. GEBHARDT, M. BEcKER und S. DORNER [15] noch
die Widerstände eines Probekörpers von einem Meter Länge und einem
Gramm Gewicht angegeben. Die Temperaturabhängigkeit dieser Werte
ist ebenfalls weitgehend linear, und ihr Temperaturbeiwert ist
a'fI = 0,0277 . 10-6 Q gjcm 2 grd.
Bezieht man zum Vergleich auch im festen Aluminium den Tempera-
turbeiwert auf einen wie oben definierten Körper (Reinst-AI: afest =
= 0,000112 Q mm2 jm grd und d200e 2,70 gjcm 3 ), so erhält man
a'fest = 0,0303 .10-6 Q gjcm 2 grd.
Diese beiden Werte sind nun erstaunlich ähnlich und scheinen darauf
hinzuweisen, daß selbst beim Phasenübergang fest +--+ flüssig die MAT-
TIDEssENsehe Regel gültig bleibt, sofern damit keine Änderung der
Ladungsträgerdichte verbunden ist. Es ist denkbar, daß der hier noch
bestehende Unterschied von ca. 8% durch die Änderung der Koordi-
nationszahl von 12 auf 11 hervorgerufen wird, worauf A. ROLL und
H. MOTZ [14] hingewiesen haben.

Tabelle 44. Spezifischer elektrischer Widerstand (} und Leitfähigkeit (J von flüssigem


Reinstaluminium Al 99,99 (nach A. ROLL U. H. MOTZ [14]. Dichtewerte d
nach E. GEBHARDT, M. BECKER U. S. DORNER [15])
I
Temp. oe 660 700 800 900 1000 1100 1200
I I I
Q·mm 2
(}in--- 0,242 0 0,247 5 0,262 5 0,277 5 0,292 0 0,306 5 0,321 5
m
m
ain---- 4,13 4,04 3,81 3,61 3,43 3,26 3,11
Q·mm 2
din gjcm3 2,368 2,357 2,332 2,304 - - -
. Q.g
(}·dm--
m2
0,5730 0,583 5 0,612 5 0,639 5 - - -

1.24 Beeinflussung des spezifischen elektrischen Widerstandes durch


Gitterbaufehler und plastische Verformung
Stapelfehler, Zwischengitteratome, Leerstellen, submikroskopische
Hohlräume und Versetzungen stören die Periodizität des Gitters und
erhöhen deshalb den elektrischen Widerstand.! Nach W. KösTER und
W. SCHÜLE [5] wird die Ladungsträgerdichte durch Leerstellen und Atome
auf Zwischengitterplätzen nicht merklich beeinflußt, wohl aber durch
1 Auf den Einfluß gelöster Fremdatome wird weiter unten eingegangen.
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 523

Versetzungen. Dies könnte erklären, weshalb W. DESoRBo [16] an


abgeschreckten Aluminiumproben, d. h. an Proben mit Leerstellen als
hauptsächlich widerstandserhöhende Ursache, die MATTHIEssENsche
Regel zwischen 1 und 20°I( als gültig fand, während W. BOAS und J. F.
NICHOLAS [17] und V. MONTORO [18] an kaltverformtem Aluminium
(reich an Versetzungen) kleine
Abweichungen (etwa 5%) da-
von feststellen konnten. Es
folgt daraus auch, daß Gitter-
baufehIer in erster Linie den I
[
I

Restwidelstand eR der GI. (5) -/~------------l---"I--- l-


beeinflussen. Da bei tiefen
Temperaturen das tempera- I
turabhängige Glied Q(T) sehr
klein wird, lassen sich dies-
bezügliche Änderungen des 8 .u,Ah/cm 2 12
Restwiderstandes bei Tem- o 4 8 Tei/ch~n/cm2 12-10 16
IX-Beslrah/ungsdosis
peraturen der flüssigen Luft
Abo. 417. Erhöhung des elektrischen Widerstandes e
und tiefer besonders emp- von Aluminium durch Bestrahlung mit a-Teilchen
findlich ermitteln [SO]. bei - 150'0 (nach A. B. MARTIN u. Mitarb. [22]).
Die quantitative Wider-
standserhöhung durch die verschiedenen Gitterfehler ist recht schwierig
zu bestimmen, da keine Methoden bekannt sind, diese rein und in
genau definierten Mengen zu erzeugen. '''ohl werden durch Ab-
schrecken von sehr hohen Temperaturen hauptsächlich Leerstellen
eingefroren (W. DESoRBo [16J, M. WINTENBERGER [19] und C. PANSERI,
F. GATTO und '1'. FEDERIGHI [20]), bei Bestrahlung mit Korpuskeln
Zwischengitteratome und Lccn,tellen (T. H. BLEWITT [21] und A. B.
MARTIN u. a. [22]) (Abb. 417) und durch Dehnung hauptsächlich
Versetzungen (vgl. [4]) erzeugt, immer entstehen aber auch die andern
Fehlerarten. Es können jedoch die durch die verschiedenen Gitterfehler
hervorgerufenen Gitterverzerrungen und die dadurch erzeugten W"ider-
standserhöhungen abgeschätzt werden (Zusammenfassende Darstellun-
gen bei H. G. VAN BUEREN [28J und T. BROOM [23]). Danach dürfte der
Einfluß ungefähr in folgender Reihenfolge abnehmen:
1. Zwischengitteratome, Leerstellen, Leerstellenpaare,
2. Hohlstellen über mehrere Gitterplätze,
3. Stufen- und Schraubenversetzungen.
Infolge der anisotropen Gestalt der Versetzungen wäre auch eine durch
sie erzeugte anisotrope Widerstandserhöhung zu erwarten (s. S. C. HUN-
TER und F. R. N. NABARRO [24]). A. SOSIN und J. S. KOEHLER [25]
untersuchten dies eingehend an verformten Aluminiumeinkristallen.
524 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

Obwohl sie in ihrer Arbeit darauf achteten, daß nur ein einziges Gleit-
system bei der Deformation betätigt wurde, konnten sie keine anisotrope
Widerstandserhöhung nachweisen. Auch T. BROOM [26] fand an Alu-
minium blechen in allen Richtungen den gleichen spezifischen elektrischen
Widerstand.
Zur Darstellung des Einflusses der Kaltverformung auf den spezi-
fischen elektrischen Widerstand sind in Abb.418 die Kurven nach
E.NACHTIGALL [27] für AI99,6,
A199,85 undAI99,99wiederge-
o~-
O,OZ8
geben. Es fällt auf, daß die
Qmm zIm ,..-"'/
1-,-1- x-
AI 99,6 _ x -
t--x' : -
Widerstandszunahme von der
Reinheit abhängt: Je unreiner
das Metall ist, desto stärker
I
i spricht der Widerstand des
5
I Aluminiums auf plastischeVer-
I formung an [59]. Untersu-
I
I chungen an Reinstaluminium
AI 99,85 ~
Al 99,999 ergaben überhaupt
0

keine nennenswerte Wider-


o,oZ70
standserhöhung durch Kaltbe-
arbeitung mehr, wenn die

---
Proben einen Tag bei Raum-
AI 99,99
temperatur gelagert wurden
(wobei die Mehrzahl der bei
20 40 60 80 %100 der Kaltverformung erzeugten
Ka/lverformungsgrad Leerstellen in Senken ver-
Abb.418. Abhängigkeit des spezifischen Widerstandes
von Aluminium mit verschiedenen Reinheitsgraden von
schwinden dürfte) [32]. Dabei
der Kaltverformung (nach E. NACHTIGALL [27]). wurden durch die Lagerung die
mechanischen Eigenschaften
nur wenig verändert. Diese Ergebnisse deuten bereits darauf hin, daß
diejenigen Gitterfehler (in erster Linie Versetzungen), welche die Kaltver-
festigung erzeugen, den spezifischen elektrischen Widerstand nur un-
wesentlich beeinflussen. Offenbar sind es die durch die Kaltverformung
erzeugten Leerstellen, die in erster Linie die 'Widerstandserhöhung
hervorrufen.

1.25 Wirkung von Fremdelementen auf den elektri8chen Wider8tand und


die Hall-Kon8tante von Aluminium

Der Einfluß von Legierungselementen und natürlichen Verunreini-


gungen auf den elektrischen Widerstand des Aluminiums hängt in erster
Linie davon ab, ob der betreffende Zusatz vollständig, teilweise oder über-
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 525

haupt nicht gelöst ist. Die widerstandserhöhende Wirkung ausgeschie-


dener Elemente ist im allgemeinen um Größenordnungen kleiner, als
wenn sie gelöst sind .
. Diese Tatsache wird oft zur Klärung der Löslichkeitsverhältnisse
herangezogen, doch muß man sich vor Fehlschlüssen hüten. Z. B. ist
Gallium in Aluminium bis zu hohen Konzentrationen löslich, beeinflußt
aber seinen elektrischen Widerstand so wenig, daß es lange als in Alu-
minium unlöslich galt [29].
Bei Reinaluminium ist es für dessen elektrische Leitfähigkeit nur von
geringer Bedeutung, ob der Eisengehalt 0,2 oder 0,8% beträgt. Dagegen
ist der elektrische Widerstand von Reinstaluminium weitgehend vom ge-
lösten Eisengehalt und damit von der thermischen Vorgeschichte ab-
hängig [30]. Bei Gußproben ist zu berücksichtigen, daß bei hoher Erstar-
rungsgeschwindigkeit, z. B. beim Wasserguß, die begrenzt löslichen
Elemente (wie Mangan, Titan, Eisen) in übersättigte Lösung gehen und
den Widerstand stark erhöhen. Eine geeignete Glühbehandlung des Guß-
gefüges ergibt deshalb meist eine Erhöhung der elektrischen Leitfähig-
keit (z. B. eine Glühung bei 500 bis 600°0).

1.251 Elektrischer Widerstand mehrphasiger Legierungen. Unlös-


liche Verunreinigungen oder Legierungsbestandteile reduzieren den
leitenden Querschnitt des Aluminiums. Für höhere Konzentrationen
(z. B. nahe eutektischer Zusammensetzungen) gilt dies allerdings nicht
mehr, da dann die Form der Ausscheidungen wegen der damit zusammen-
hängenden Verlängerung der Strombahnen eine Rolle spielt. Von aus-
schlaggebender Bedeutung sind aber vor allem die topologischen Ver-
hältnisse, d. h., ob die gutleitende oder die schlechtleitende Phase zu-
sammenhängend ist.
Interessant ist, daß durch Ausscheidungen auch der Temperatur-
beiwert a verändert wird und somit die MATTHIESsENsche Regel nicht
gültig ist. Dagegen ist der Temperaturkoeffizient IX unabhängig von den
Ausscheidungen.
1.252 Wirkung gelöster Fremdelernente. Die Beeinflussung des
spezifisch elektrischen Widerstandes durch gelöste Elemente kann grund-
sätzlich auf folgende zwei Arten geschehen:
a) Beeinflussung der Ladungsträgerdichte,
b) Verkürzung der freien Weglänge bzw. Erniedrigung der Beweglich-
keit, indem die Fremdatome durch ihre vom Grundmetall verschiedenen
Atomradien und Streuintensitäten die Gitterperiodizität stören. Diese
Einflußnahme wirkt immer widerstandserhöhend.
Leider liegen bis heute nur sehr wenige HALL-Konstantenmessungen
vor, die es gestatten würden, anzugeben, inwiefern die beiden Faktoren
526 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

für die Widerstandsänderungen verantwortlich sind. Generell ist für


Zusätze, die nur einen Bruchteil der maximalen Löslichkeit betragen,
der Zusammenhang zwischen gelöster Menge und der durch sie erzeugten
Widerstandserhöhung nahezu linear. Es ist deshalb zweckmäßig, die
Wirkung der gelösten Fremdelemente durch die atomare Widerstands-
erhöhung anzugeben. In Tab. 45 sind solche Werte aus der Literatur zu-

Tabelle 45. Atomare und gewichtsprozent1.?ale Widerstandserhöhungen bei Aluminium


durch Fremdelemente geringer Mengen

Atomare Gew.-prozentuale
Widerstands- Widerstands-
Fremd- erhöhung erhöhung in
element in Q·mm' Literatur
Q·mm'
m· Gew.-%
m·At.-%

Li 0,0094 0,038 [88]


Be 0,004 0,012 [84]
B 0,001 0,003 [85]

Mg 0,0046 0,0051 [86,37,38,39]


Si 0,0070 0,0068 [80,82,39]

Ca 0,040 0,027 [89]


Ti 0,055 0,031 [82,33,37,39]
V 0,081 0,043 [32,40,38,39]
Cr 0,080 0,041 [32,41, 33, 39]
Mn 0,073 0,036 [39,32,33,37]
Fe 0,067 0,032 [80]
Cu 0,0078 0,0033 [86,32,39,38]
Zn 0,0024 0,0010 [86, 33, 37, 39]
Ga 0,0024 0,0009 [29,37]
Ge 0,0078 0,0029 [36]
As 0,004 0,0015 [42]

Zr 0,068 0,020 [32,84]


Ag 0,012 0,0030 [39,33]
Cd 0,0059 0,0014 [86,42]
Sn 0,009 0,002 [42]
Sb 0,009 0,002 [42]

Pb 0,01 0,0013 [42,33]


Bi 0,013 0,0017 [42]

sammengestellt. (Die Auswahl der z. T. sehr voneinander abweichenden


Angaben erfolgte so, daß jenen Werten, die mit eigenen Versuchen [32]
übereinstimmen, der Vorzug gegeben wurde. Für schwerlösliche Elemente
wurde den höchsten Werten das größte Gewicht beigemessen, da die
niedrigeren sehr wahrscheinlich durch nur teilweise gelöste Zusätze ent-
standen sind.) Die fettgedruckten Literaturangaben beziehen sich auf
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 527

den angegebenen Wert, während die anderen auf davon abweichende


verweisen.
Bei der Betrachtung dieser Zahlen fallen vor allem zwei Dinge auf:
Je weiter die Zusatz elemente im periodischen System vom Aluminium
entfernt sind, desto größer ist ihre Wirkung (Regel von NORBURY).
Leider sind die hierfür bis heute postulierten Gesetzmäßigkeiten wegen
zu geringen Unterlagen noch
unsicher [4, 36, 39, 43].
MgSi
Übergangsmetalle (Titan
bis Eisen, Zirkon) erhöhen in -3,0 ~~
',\'\ ~, MgZn
gelöstem Zustand den elektri-
schen Widerstand besonders \\\\", , r-,,-:_
,
~~

"", ,-
stark, was mit der unvollstän- \\ I' .~

dig aufgefüllten d-Schale zu- \ \ Ag


\ \ 1', ~,
sammenhängen dürfte [39,45].
\
Bei bekannter Zusammen- Cu 1', \
",
setzung eines Metalles läßt sich CuMg \~ MgZn r",
mit Hilfe der Tab. 45 auch der Mg
" '\
maximale spezifische elek- -1,5
trische Widerstand berechnen Zn
(unter gebührender Berück- '10- 5

sichtigung der Löslichkeitsver- cm 3/As


-1,°Al 15 flew.-% EO
hältnisse). Als Idealwert für 5 10
Zusatz
Aluminium höchster Reinheit
Abb. 419. HALL-Konstante von aushärtbaren Alu-
kann e = 0,0264 Q mm2/m miniumlegierungen in verschiedenen Zuständen.
bzw. a = 37,9 m/Q mm 2 an- o Mischkristall; "kaltltusgehärtet; • heterogen.

genommen werden [30, 46].


Die HALL-Konstante des Aluminiums wird beträchtlich herabgesetzt!,
wenn Kupfer, Silber, Magnesium, Zink und Silizium in fester Lösung auf-
genommen werden. Die heterogenen, im strukturellen Gleichgewicht
befindlichen Legierungen haben eine höhere, vielfach nur unwesentlich
unter derjenigen des reinen Aluminiums liegende HALL-Konstante als die
homogenen Legierungen (Abb. 419) [31, 44, 47 bis 49].
1.253 Wirkung größerer Zusätze. Verlauf von Widerstand lmd
HaU·Konstante bei Aushärtnngsvorgängen. Gelangt man mit dem
Zusatz von Fremdelementen in die Nähe deren Löslichkeitsgrenze, so
ist der Zusammenhang zwischen Widerstandserhöhung und Zusatz-
menge nicht mehr streng linear, denn neben der freien Weglänge wird
auch die Ladungsträgerdichte merklich beeinflußt. Abb. 420 zeigt nach
Messungen von W. KÖSTER und A. FREI [47] an einer Aluminium-
1 Die Angaben der Änderung der HALL-Konstante beziehen sich auf ihren ab-
soluten Wert.
528 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

legierung mit 3,9% Cu, wie unter Abfallen der HALL-Konstante die
effektive Ladungsträgerdichte mit zunehmender Mischkristallbildung
zunimmt, ohne allerdings eine Erhöhung der Leitfähigkeit hervor-
zurufen, da die Beweglichkeit bzw. freie Weglänge in noch viel stärkerem
Maße abnimmt.
Eine Anomalie zeigen die Aluminium-Silber-Legierungen [47], deren
Verhalten von W. KösTER und W. SCHÜLE [5] gedeutet worden ist.

tOr 3'+ ~6 l3,6


cmWs Q-1'/0 4-1 '10-' 10 zJCrrf
cm cm2jA'$
9 32 v 3.2 3,2

8 30 2,8 2,8 ~
~
->::
15
"".S!>
~
~

~
15
~
'"
"" 7 @28 z.ni Z.1f'~
~ ""
'~
....,'" ~ B,
~ N
'"
"<:
~
~
6 26 zp 6,0 ....,

5 2*
-i. 1,6 1,6

* 220
100 200 JOO
Anloßtemperotur
WO 500
1,2

Abb. 420. Leitfähigkeit a, HALL-Konstante AH, Beweglichkeit> und Ladungsträgerdichte N


einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit 3,9% Cu in Abhängigkeit von der Abschrecktemperatur
(nach W. KÖSTER und A. FREI [47]).
(Bei der HALL-Konstante ist der absolute Betrag eingetragen.)

Wird eine aushärtbare Legierung nach vorangehender Lösungs-


glühung abgeschreckt und dann ausgelagert, so nehmen je nach Aus-
lagerungstemperatur die Leitfähigkeit, die HALL-Konstante und die
daraus berechnete Beweglichkeit und Ladungsträgerdichte den in
Abb. 421 dargestellten Verlauf.
Die HALL-Konstante aushärtbarer Aluminiumlegierungen nimmt so-
wohl während der Kalt- als auch der Warmaushärtung zu. Während der
Kaltaushärtung ändert sie sich meist um einen verhältnismäßig geringen
Bruchteil des Betrages, um den sie bei Ausscheidung der überschüssig
gelösten Phase erhöht wird (Abb. 419). Genaue Angaben finden sich bei
W. KösTER, H.-P. RAVE und M. RÜHLE [49].
Der elektrische Widerstand der meisten Aluminiumlegierungen wird
im Verlauf des Kaltaushärtungsvorganges zunächst erhöht. Das Wider-
Lit. S. 544] 1. Physikalisohe Eigenschaften 529

standsmaximum liegt bei einer kritischen Größe der GUINIER-PRESTON-


Zonen. Die HALL-Konstante nimmt in diesem Zeitraum stets zu. Ein
weiteres Beispiel gibt Abb. 422, in dem die zeitliche Änderung von Wider-

~r-------.--------.--------rr------,-~ __---
10~
Q-l cm-1

~r-------r------4-----'~--~---+------~

1!?>
~ ~~-------+--------+---~--~~--~~+-------~
:!::
'"
"-J
0; v

~6~lE=::3E:~~E~=--_-l,_--=::t;:::::=~2.6
1 10 1 10 2 10 3 10~ min lOS
Auslagerungsdauer
Abb. 421. Isothermen der Leitfähigkeit (J, HALL-Konstante An, Beweglichkeit. und Ladungsträger-
dichte N einer Aluminium-Kupfer-Legierung mit 3,9% Cu bei 20, 100 und 200°C
(nach W. KÖSTER U. A. FREI [47]). (Bei der HALL-Konstante ist der absolute Betrag eingetragen.)

-2,4 ~
~
@
~
---+----------~-2.2~
'10- 5
cm 3/As
10 2 103 min 1O i Z,0
Auslagerungsdauer
Abb.422. Zeitliche Änderung von Widerstand nnd HALL-Konstante einer AlCuMg-Legierung bel
20°C nach dem Abschrecken von 520°C. Zusammensetzung: 3,95% Cu, 0,75% IIIg, 0,63% Mn,
0,43% Si, 0,31 % Fe.

stand und HALL-Konstante einer AIOuMg-Legierung bei Raumtempera-


tur nach Abschrecken von 520°0 in Wasser wiedergegeben ist. Der
Widerstand steigt um 5,5%, die HALL-Konstante um 30% an. Die HALL-
:~4 Altenpohl, Alumininm
530 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

Konstante wird durch den Vorgang der Kaltaushärtung in entgegen-


gesetzter Richtung beeinflußt wie durch den Zusatz des Legierungs-
elementes. Diese Wirkung kann durch eine Minderung des Elektronen-
austausches zwischen den Atomen der Zusatzelemente mit denen des
Grundmetalls hervorgerufen werden, da ja bei einer Entmischung in
homogener Phase sich Bereiche bil-
9,-~--,----,-----r---,---.
p.,Qcm den, in denen die Zusatzelemente
angereichert sind (cluster) [47,48].
V. GEROLD und W, MERz [52]
haben an ein und derselben Probe
einer Legierung mit 20% Ag die
Änderung des Widerstandes und
des Radius der an Silber angerei-
cherten Zonen gemessen und eine
3 100°C lineare Beziehung zwischen beiden
~~--t~~----ML----3LO--_~~0-Ä' wo
Größen festgestellt, wenn man als
Zonenradius
-t/RflnßRJ Maßstab für den Zonenradius R die
1
Abb. 423. Spezifischer elektrischer Widerstand Größe R (In ßR) benutzt. ß ist
einer Aluminiumlegierung mit 20% Ag in Ab·
hängigkeit von der Zonengröße für verschiedene
Auslagerungstemperaturen eine Konstante, die sich aus einer
(nach V. GEROLD U. W. MERZ [52]). theoretischen Überlegung ergibt
und für denjenigen Anteil am spe-
~6'-----,----,-----r---,---,
zifischen Widerstand gilt, der die
Streuung der Elektronen an der
Grenzfläche der Zone berücksich-
~ ~r-r---+----r-.~~~~~
tigt. An denselben Legierungen ha-
§ ben W. KÖSTER, H.-P. RAVE und
] M. RÜHLE [49] unter gleichen Be-
~ 2ßr-r---~~~~~~~-1---1 dingungen die HALL-Konstante ver-
folgt. Die Zunahme der HALL-Kon-
'W' 5
cm 3/As
stante ist in guter Näherung pro-
2,4~n~--~ß-r--2~O----~M~--~ portional zur Abnahme des Wider-
Zonenradius standes. Mithin gilt im Bereich des
-t/RrLnßRJ Zonenwachstums die von V. GE-
Abb. 424. HALL-Konstante einer Aluminium· ROLD undW.MERz [52] aufgestellte
legierung mit 20% Ag in Abhängigkeit von der
Zonengröße für verschiedene Auslagerungstem- Beziehung auch für die HALL-Kon-
peraturen (nach V. GEROLD u. W. MERZ [52]). stante. Die Ergebnisse der beiden
Meßreihen sind in Abb.423 und
424 wiedergegeben. Der der Messung zugängliche Anstieg der HALL-
Konstante der Aluminium-Silber-Legierungen während der Kalt-
aushärtung [47] ist also nicht auf den oben erwähnten Elektronenaus-
tausch bei der Clusterbildung, sondern auf die gröbere Entmischung in
Zonen und deren Wachstum zurückzuführen. Daher erreichen die Werte
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 531

der HALL-Konstante auch praktisch diejenigen der im strukturellen


Gleichgewicht befindlichen Legierungen.
Der nach dem Abschrecken der Legierungen gemessene Wert ist
sicherlich wesentlich höher als der des Mischkristalls mit statistischer
Verteilung infolge der unvermeidbaren Entmischung während des Ab-
schreckens. Hierauf deutet die Abnahme des Widerstandes und der HALL-
Konstante der abgeschreckten Legierung durch Kaltverformung hin. Der
Grad der Entmischung ist nach V. GEROLD und W. SCHWEIZER [57] durch
eine metastabile Mischungslücke bestimmt, deren Breite mit der Auslage-
rungstemperatur abnimmt. Bei einer Temperaturerhöhung findet des-
halb in gewissem Umfang eine Auflösung von Zonen, eine Rückbildung,
statt, die sich in einer Zunahme des Widerstandes und einer Abnahme der
HALL-Konstante äußert [47, 49, 58].
Allgemein gilt für die gebräuchlichen Aluminiumlegierungen, daß
durch das Kaltauslagern der spezifische elektrische Widerstand nicht stark
verändert wird, wogegen während des Warmaushärtens nach einer
gewissen Inkubationszeit ein recht beträchtlicher Widerstandsabfall ein-
tritt. Dieser Effekt wird bei den Leitlegierungen auf AIMgSi-Basis prak-
tisch ausgenützt.

1.26 Weitere Beeinfluss1tngsmöglichkeiten des spezifischen elektrischen


Widerstandes

1.261 Elastische (Zug- ) Spannungen. Bei vielen Meßeinrichtungen


zur Bestimmung des spezifischen elektrischen Widerstandes ist der Meß-
draht unter einer gewissen Zugspannung. Wegen der damit verbundenen
elastischen Formänderung muß zwischen der Wirkung der elastischen
Dehnung auf den Widerstandswert des Drahtes und jener auf dessen
spezifischen elektrischen Widerstand unterschieden werden. Die beiden
Größen hängen wie folgt miteinander zusammen

Ja JR Lll
---'-- = -
g R
- (1 + 2,",,) ---.
1
(12)

Auf Grund der Theorie über die Entstehung des elektrischen Wider-
standes ist zwar anzunehmen, daß die Beweglichkeit und somit der
Widerstand durch elastische Spannungen relativ wenig beeinflußbar ist,
doch geht aus den Messungen von H. WEYERER [51] hervor, daß bereits
eine elastische Dehnung von 0,1 %eine Widerstands änderung von 0,15 % +
bzw. eine Änderung des spezifischen Widerstandes

Lle = _ 0,18% (= 0,25% pro kp/mm 2 Belastung)


e
34*
532 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

hervorruft, d. h., sie kann die vierte Stelle des Meßresultates noch merk-
lich beeinflussen. Entsprechende Verfälschungen können natürlich auch
bei von hohen Temperaturen abgeschreckten Proben auftreten, wo die
Eigenspannungen recht beträchtliche Werte annehmen können.

1.262 Magnetische Felder. Nach P. KAPITZA wird der Widerstand


von Aluminium bei 78°K durch ein Magnetfeld von 300 kOe nahezu ver-
doppelt. Bei schwachen Feldern steigt die Widerstandszunahme propor-
tional dem Quadrat der magnetischen Feldstärke, um bei sehr starken
Feldern gegen einen Sättigungswert zu streben, der"ungefähr dem 1,2-
fachen Wert des Widerstandes ohne Magnetfeld entspricht [3, 56].
Man unterscheidet zwischen einem transversalen (Magnetfeld senk-
recht zur Stromrichtung) und einem longitudinalen (Magnetfeld parallel
zur Stromrichtung) Effekt. Allgemein ist der transversale Effekt bedeutend
größer als der longitudinale.

1.27 Wärmeleitfähigkeit und elektrische Leitfähigkeit

Nach der Regel von WIEDEMANN-]'RANz-LoRENZ hängt die ther-


mische Leitfähigkeit mit der elektrischen folgendermaßen zusammen:

A=(j·T·L. (13)

Es bedeuten A die thermische und (j die elektrische Leitfähigkeit, T


die absolute Temperatur und L eine von der Natur des Metalls und der
Temperatur nahezu unabhängige Konstante.
Die praktische Bedeutung dieser Beziehung liegt hauptsächlich darin,
daß sie es ermöglicht, die schwierigen Wärmeleitfähigkeitsmessungen
durch genauere elektrische Messungen zu ersetzen. W. BUNGARDT und
R. KALLENBACH [53] untersuchten durch ausgedehnte Messungen den
Zusammenhang zwischen thermischer und elektrischer Leitfähigkeit an
Reinaluminium und Aluminiumlegierungen. Sie fanden für Reinalu-
minium und Aluminiumlegierungen mit relativ niedrigem Siliziumgehalt

A
T = 0,49.10-8 • (j + 1,2.10-4 • (14)

Im Gegensatz zur Beziehung nach WIEDEMANN-]'RANz-LoRENZ


erscheint in diesem Ausdruck eine additive Größe, die damit zu erklären
ist, daß neben der elektronischen noch eine Gitter-Wärmeleitfähigkeit
existiert. Interessant ist, daß die Beziehung (14) für hoch siliziumhaltige
Legierungen anscheinend nicht gilt.
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 533

1.28 Einige Hinweise auf die Technologie der Verarbeitnng


von Alurnininrn zn Leitrnaterial
Aus dem Vorhergesagten geht bereits hervor, daß zur Erzielung einer
möglichst hohen Leitfähigkeit gelöste Fremdatome unerwünscht sind.
In der Technik werden hierfür drei Maßnahmen getroffen:
Verwendung von Aluminium mit möglichst niedrigem Gehalt an
lösbaren Elementen (Reinheitsgrad 99,4 bis 99,8% Al).
Beachtung der Löslichkeits-Verhältnisse einzelner Elemente oder
Elementkombinationen.
Durchführung von Heterogenisierungs-Glühungen zur Ausscheidung
der Legierungselemente [60].
In der Regel wird für die Herstellung von elektrischen Leitern ein
Reinaluminium Al 99,5 verwendet, dessen Hauptverunreinigung Eisen
ist, das aber wegen der schlechten Löslichkeit die elektrische Leitfähig-
keit kaum beeinflußt. Das gut lösliche Silizium kann in der Hütte unter
Kontrolle gehalten werden und liegt heute meist unter 0,10%.
Schwerwiegender sind die Verunreinigungen an Titan, Vanadium,
Chrom und Mangan, wenn auch ihre Summe im Hüttenmetall kaum
0,02% übersteigt. Die Tiefhaltung dieser Elemente ist oft entscheidend
für die Erreichung einer hohen Leitfähigkeit. Durch Borzugabe können
die Elemente Titan, Vanadium und Chrom (nicht aber Mangan) in unlös-
liche Boride übergeführt und z. T. mit der Schlacke aus der Schmelze ent-
fernt werden. Ohne Bedeutung für die elektrische Leitfähigkeit sind die
im Hüttenmetall vorkommenden Spuren von Kupfer und Zink.
Der Forderung nach hoher elektrischer Leitfähigkeit sind die vor-
geschriebenen mechanischen Eigenschaften (Festigkeit, Dehnung, Ver-
halten bei Torsion und Biegung) entgegenlaufend. Diese hängen sowohl
von der chemischen Zusammensetzung als auch vom Kaltverformungs-
grad ab, der gleichfalls einen Einfluß auf den spezifischen Widerstand hat,
wie dies z. B. aus der Abb. 418 ersichtlich ist. Ideal wäre, wenn das Alu-
minium vor allem solche Elemente enthalten würde, die wohl die Kalt-
verfestigung begünstigen, die elektrische Leitfähigkeit aber nur unwesent-
lich vermindern. In diesem Sinne verhält sich ein Zusatz an Eisen sehr
günstig. Es wurden aber auch schon Maßnahmen geprüft, andere Ele-
mente zuzusetzen. Zum Beispiel begünstigt Magnesium die Kaltver-
festigung bedeutend stärker als Eisen und die elektrische Leitfähigkeit
wird relativ wenig verschlechtert.
In der Praxis muß man oftmals einen Kompromiß schließen, um
gleichzeitig ausreichend hohe Leitfähigkeit und Festigkeit zu erreichen.
Der Verfasser dankt Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr. e. h. W. KösTER für die
Überlassung eines eingehenden Beitrages über die HALL-Konstante des
Aluminiums, der in das vorliegende Kapitel übernommen wurde.
534 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

1.3 Diffusion
Von F. Rohner, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

1.31 Einleitung

Die Diffusion spielt eine wichtige Rolle bei einer Reihe metallkundlich
interessanter Vorgänge wie Rekristallisation, Aushärtungsprozessen,
Oberflächenoxydation und Sintervorgängen. Eine gute Zusammenfassung
der theoretischen und meßtechnischen Grundlagen findet sich bei W.
SEITH u. TH. HEUMANN [61]. Im folgenden wird auf einige Erscheinungen
bei der chemischen Diffusion und bei der Selbstdiffusion in Aluminium
näher eingegangen.

1.32 Ohemische Diffusion

Als chemische Diffusion wird die Diffusion emes Elementes in


einem anderen unter der Einwirkung eines Konzentrationsgradienten
verstanden.
Die Diffusion bei Vorhandensein eines Konzentrationsgefälles wird
durch das erste FICKsche Gesetz beherrscht:
dc
m = - qD dx' (1)

m = pro Zeiteinheit durch den Querschnitt q diffundierende Menge


D = Diffusionskoeffizient
dc = Konzentrationsgefälle.
dx
Der Diffusionskoeffizient ist mit dieser GI. (1) definiert als jene Menge
des diffundierenden Elements, die in einer Sekunde durch die Einheit der
Querschnittsfläche diffundiert, wenn senkrecht zu ihr das Konzen-
trationsgefälle 1 vorhanden ist.
Der Diffusionskoeffizient nimmt mit der Temperatur zu, und zwar
wird er für die wichtigsten Beimengungen und Legierungskomponenten
des Aluminiums für je 20 grd Temperaturerhöhung etwas mehr als ver-
doppelt. Die Abhängigkeit des Diffusionskoeffizienten von der Tempera-
tur wird durch folgende Gleichung ausgedrückt:
D = D o • exp (-QJRT). (2)

Dabei ist R die Gaskonstante, T die absolute Temperatur und Q die


Aktivierungsenergie der Diffusion. Diese beträgt für die meisten im
Aluminium gelösten Fremdelemente etwa 30000 calJg-Atom oder 1,3 eV
pro Atom.
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 535

Die Aktivierungsenergie Q ist die minimale Schwingungsenergie, die


ein Atom aufweisen muß, um einen Diffusionsschrittausführen zu können.
exp (-Q/RT) gibt den zahlenmäßigen Anteil von Atomen, die eine solche
minimale Schwingungsenergie aufweisen. D o wird als Frequenzfaktor
bezeichnet; eine Theorie über seine Bedeutung wurde von C. WERT und
C. ZENER [62] gegeben. Die exponentielle Form von GI. (2) bringt es mit
sich" daß kleine Fehler in der Bestimmung von Q zu großen ]'ehlern in
den daraus abgeleiteten Werten von D o führen. Die Differenzen der
Do-Werte verschiedener Autoren sind deshalb viel krasser als jene der
Q-Werte (Tab. 46).
Der Diffusionskoeffizient ist allerdings nicht unabhängig von der
Konzentration, so daß das 1. FICKsehe Gesetz nur eine Näherung darstellt.
Für Magnesium und Zink nimmt bei der Diffusion in Aluminium der
Diffusionskoeffizient mit wachsendem Gehalt zu, für Kupfer, Silber und
Silizium aber ab [65]. Für die Diffusion von Kupfer im Aluminium
wurde durch neuere Untersuchungen festgestellt [88], daß bei steigen-
dem Kupfergehalt bis zu 0,5 % Cu noch kein Konzentrationseinfluß
festzustellen ist. Damit werden Angaben früherer Arbeiten [65, 89]
widerlegt. Es scheint eine Beziehung mit dem Schmelzpunkt zu be-
stehen, in dem Sinne, daß der Diffusionskoeffizient mit steigender
Konzentration zunimmt für tiefschmelzende Fremdelemente, dagegen
abnimmt für hochschmelzende Fremdelemente. Zur zahlenmäßigen
Angabe jedes Diffusionskoeffizienten gehört deshalb neben die Angabe der
Temperatur immer auch die Angabe der Konzentration oder des Konzen-
trations bereichs.
Zur direkten experimentellen Bestimmung des Diffusionskoeffizienten
ist das 1. FWKsche Gesetz wenig geeignet, da es schwierig ist, den Kon-
zentrationsgradienten dc/dx konstant zu halten. Leichter ist es, den zeit-
lichen Verlauf der Konzentration an einer bestimmten Stelle x zu ver-
folgen. Die Auswertung geschieht dann anhand des 2. FICKschen Gesetzes
(3), das aus dem ersten abgeleitet ist:

~=~
ot ox (D~)
ox· (3)

Bei stark konzentrationsabhängigen Diffusionskoeffizienten wird


auch diese Gleichung ungeeignet. Einen Weg zur Auswertung der Diffu-
sionsversuche in solchen Fällen hat C. MATANO [63] angegeben.
Tab. 46 gibt eine Zusammenstellung der wichtigsten für Aluminium
in Frage kommenden Zusatzmetalle ; es sind nach Möglichkeit D-, Do-
und Q-Werte angegeben.
Mangan diffundiert von allen in Tab. 46 aufgeführten Elementen weit-
aus am langsamsten. Die Diffusionskoeffizienten der übrigen Elemente
liegen nicht weit auseinander.
Tabelle 46. Chemische Diffusion in Aluminium Cl
W
~

I
Dilfundie-I Atom- I Ausgangskonzentration t D Do
ren des radius • Q
oe cm 2 • 8- 1 cm 2 • S-1 cal/g-Atom ILiteratur
Element Ä Gew.-% At.-%
I I I o
t::j
Ag 1,44 5 1,3 466 1,9-2,25 . 10-10 1,1 32600 [64]
~.
2,5-17 0,6-4,9 500 1,1-2,0.10-9 38500 [65]
5 1,3 573 3,5.10-9 1,1 32600 [64] '"

Be 1,05 1,06 3,2 500 f


560 52 39000 ~
600 126 40300 [70]
635 550 43100 i
S'
Co 1,25 100 100 359 1,41 . 10-13 ~.
400 4,30 . 10-13
506 2,97. 10-12 ~
550 5,79-5,82.10-12 1,1 . 10-6 19900 [90]
585 9,71 . 10-12 i'
629 1,71 . 10-11

Cu 1,27 Eutekt. Eutekt. 440 5,0.10-11 2,3 34900 [66]


2 0,85 457 8,0.10-11 8,4· 10-2 32600 [64]
7,2 3,05 500 5,8-9,5. 1O-1C 33900 [65]
Eutekt. Eutekt. 540 1,4· 10-9 2,3 34900 [66]
f
t=l
F
0,4 0,17 565 1,3.10-9 8,4.10- 2 32600 [64] rn
I 0,5 0,21 635 9,3· 10-9 2,9.10-1 31120 [88] ~
Fe I 1,24 I 100 100 359 6,33. 10-14 r
400 1,07 . 10-13
F
3,22. 10-13
rn
450 ~
506 5,20. 10-13 4,1.10- 9 13900 [90] ~
550 6,12-6,14. 10-13
601 1,43 . 10-12
630 1,88 . 10-12

Li I 1,52 I 100 100 400 4,5 33300 [91]


bis :-
600 "d
Eutekt. Eutekt. 365 8,6 . 10-12 1,5 . 10-2 38500 [66]
,;
Mg I 1,60 I '"~
5,0-10,0 5,5-11,0 395 5,5-6,7 . 10-11 1,2. 10-1 28600 [64] ~
13,6 14,9 420 6,6-7,6.10-11 38000 [67] ö
'"
P"
a>
Eutekt. Eutekt. 440 3,3.10- 10 1,5 . 10-2 38500 [661 trJ
5,0-10,0 5,5-11,0 447 2,6.10-10 1,2 . 10-1 28600 [64] ~.
~
1,19 1,32 450 1,9.10-9 [68] ö
'"
P"
2,47 2,75 500 1,1-2,1 . 10-9 32200 [65] ~
d-
5,0-10,0 5,5-11,0 577 4,4· 10-9 1,2. 10-1 28600 [64] a>
~

Mn I 1,31 0,2 0,1 600 5,0.10-11 79300 [73]


I
625 1,5. 10-10 79300 [73]
650 4,5. 10-10 79300 [73]
Na I 1,86 0,002 0,002 550 6-20.10-10
I
600 110.10-10
625 100-300 . 10-10
<:ll
~
* Atomradius des Aluminiums: 1,43 A -'I
Tabelle 46 (Fortsetzung) Cl
W
00
Diffundie· Atom· I Ausgangskonzentration t D
rendes
I radi.us * Da Q Literatur
'e cm 2 • 8-1 cm 2 . 8- 1 caljg·Atom
Element A Gew.-~{, At.·%
I I I I
Na 1,86 0,002 0,002 635 600-700. 10-10 [71]
9
32000
tlj
645 300-800. 10-10 29500
650 600-900 . 10-10 1·g.
Ni 1,24 100 100 359 1,09. 10-13
450 5,12.10-13
2,9.10- 8 [90]
I 555 1,84-1,91. 10-12 15700
t
&'
Ol
585 2,90. 10-12
629 5,03-5,04. 10-12 ~
Si 1,34 0,52 0,5 465 3,4.10-10 9,0.10- 1 30550 [64] S

2,54 2,44 500 7,5-20,0.10-10 31500 [65] ~.
1 [68] rn
1,96 1,88 510 2,0.10- 9
! .::
0,52 0,5 600 9,3.10-9 9,0.10- 1 30550 [64] 8-
Zn 1,37 22,0-91,2 9,1-37,fi 360 1,1-6,6.10-11 1,7 . 10-1 27300 [69] ~.
2 0,84 415 2,5.10-10 1,2. lOH 27800 [64]
~
22,0-91,2 9,1-37,6 440 5,1-7,5. 10-10 1,7 . 10-1 27300 [69] r
i! 2 0,84 473 5,3. 10-10 1,2. lOH 27800 [64]
2,5-32 1,1-16,4 500 2,0-3,8 . 10-9 I 25800 [65]
2 0,84 555 5,0.10-9 1,2. lOH 27800 [64]
U 1,53 100 100 200 1,3 . 10-10
250 9,0. 10-10 14300 [72]
l
~
~
390 110,0 . 10-10 rn
* Atomradius des Aluminiums: 1,43 A ~
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 539

Die Unterschiede der Ergebnisse der verschiedenen Autoren sind ver-


mutlich durch experimentelle Schwierigkeiten bestimmt. Vor allem
erschwert die natürliche Oxydhaut auf Aluminium die Durchführung von
Diffusionsmessungen.
An einem Beispiel soll die im Gefüge sichtbare Auswirkung eines
Diffusionsvorganges gezeigt werden. In Abb. 425 ist ein Schliff durch eine
Diffusionsprobe, die ursprünglich aus Al + 10% Mn und Al + 12% Si
bestand, wiedergegeben. Nach siebentägiger Glühung bei 550 oe ist ein
Teil des Siliziums in den manganhaitigen Teil eindiffundiert und hat
dort zur Bildung von AIMnSi-Kristallen geführt.
Auf die Vorgänge bei der Diffusion des Wasserstoffes in Aluminium
wird auf S.69 bis 92 ausführlich eingegangen, so daß sich hier eine
Erörterung erübrigt.

1.33 SelbstditJusion

Für Selbstdiffusionsmessungen sind Methoden, die sich auf die Ver-


wendung von Radioisotopen aufbauen, ideal. Die Halbwertszeiten der
meisten Aluminiumisotope sind viel zu kurz (Tab. 47), als daß mit ihnen
Diffusionsmessungen ausgeführt werden könnten. Eine Ausnahme bildet
das extrem langlebige A.l26 mit einer Halbwertszeit von 106 Jahren [74].
Seine Strahlungsaktivität ist aber so gering, daß der Anwendung zu
Selbstdiffusionsmessungen von dieser Seite her Schwierigkeiten erwach-
sen. Diese wurden erstmals von J. F. MURDOCK [83] überwunden. Aus
seinen Messungen ergeben sich für den Temperaturbereich von 450 bis
650 oe für den Frequenzfaktor und für die Aktivierungsenergie folgende
Werte: D o = 1,3 cm 2 8- 1 Q === 33500 caljg Atom.
Tabelle 47. 18otope des Aluminiums und deren Zer/allstrahlung

AI" Al" Al"

Halbwertszeit 2,3 s 7,3 s stabil 2,3 min 6,7 min


Strahlung ß+ ß- ß-
* Es existiert auch noch ein kurzlebiges metastabiles Isomer Al26 mit einer Halb-
wertszeit von 7 s.

J. J. SPOKAS und e. P. SLICHTER [75] bestimmten durch magneti.'lche


Kerninduktionsmessung für die Selbstdiffusion in Reinaluminium eine
Aktivierungsenergie von 1,4 eVjAtom oder 33000 caljg-Atom. Dieser
Wert stimmt gut überein mit dem Wert von 33500 caljg-Atom, der auf
den Messungen von J. F. MURDOCK mit dem Isotop A12 6 beruht [83].
Für kubisch-flächenzentrierte Metalle und damit auch für das Alu-
minium kann heute der Leerstellen-Diffusionsmechanismus als gesichert
540 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

angesehen werden. Für die Selbstdiffusion nach diesem Mechanismus ist


die Aktivierungsenergie gleich der Summe der Aktivierungsenergien zur
Bildung einer Leerstelle und zum Platzwechsel der Leerstelle zwischen
zwei benachbarten Gitterplätzen [82a]. Aus Abschreck- und Anlaß-
versuchen an zonengeschmolzenem Reinstaluminium fanden W. DE
SORBO und D. TURNBULL [76] für die Aktivierungsenergie zur Bildung
einer Leerstelle 0,79 eV und für den Platzwechsel der Leerstelle 0,65 eV.
T. FEDERIGHI hat in ähnlichen Versuchen etwas kleinere Werte gefunden
[85]. Die Aktivierungsenergie für die Selbstdiffusion des Aluminiums
ergibt sich daraus als Summe zu 1,44 eV, in bester Übereinstimmung mit
den Werten von J. F. MURDocK [83] sowie von J. J. SPOKAS und C. P.
SLICHTER [75].
Über die Selbstdiffusion von Zusatzelementen in Aluminium existie-
ren recht wenige Experimentalarbeiten. Radioaktives Zn65 wurde für die
Messung der Selbstdiffusion des Zinks in Aluminium-Zink-Legierungen
durch J. E. HILLIARD, B. L. AVERBAcH und M. COHEN [69] eingesetzt.
Es ergaben sich die in Tab. 48 aufgeführten Q- und Do-Werte.

Tabelle 48. SelbstditJusion des Zinks in Aluminium-Zink-Legierungen


Q D,
At.-% Zn eal/Mol em'/s

0,00 30900 1,1


4,33 28300 3,5.10- 1
9,23 27000 2,0.10-1
16,7 25000 1,0· 10-1
36,9 24100 1,6.10-1
49,4 21900 4,8.10- 2
62,9 20000 1,2. 10-2
100,0 20500 3,1.10-2

Die bei der Behandlung der chemischen Diffusion erwähnte Regel, daß
für tief schmelzende Zusatz elemente der Diffusionskoeffizient mit stei-
gender Konzentration zunimmt, gilt ganz besonders auch für die Selbst-
diffusion und findet sich hier am Beispiel der Diffusion des Zinks im Alu-
minium bestätigt. Die aus obigen Zahlen sich ergebende Zunahme des
Ausdrucks exp (-QjRT) gem. GI. (2) überwiegt bei weitem die Abnahme
von D o.

1.34 Diffusionsmechanismen und Zusammenhänge zwischen chemischer


Diffusion und Selbstdiff=ion

Interstitiell gelöste Atome - im Falle des Aluminiums also nur


Wasserstoff - diffundieren durch Diffusionsschritte im Zwischengitter-
Lit. t-l. 544] 1. PhysikaliHche Eigenschaften 541

raum. Bei substituierten Atomen kann die Diffusion nur über Fehlstellen
im Gitter ablaufen, wie z. B. der KIRKENDALL-Effekt beweist. 1
Abschätzungen der zu erwartenden Aktivierungsenergien führten zu
der Annahme, daß Diffusionsvorgänge in kubisch-fiächenzentrierten
Gittern über Leerstellen ablaufen l77].
Durch Abschrecken von hohen Temperaturen gelangt man zu weit
über dem thermodynami,;chen Gleichgewicht liegenden Leerstellen-
konzentrationen. So werdcn bei der Aushärtung von Aluminiumlegie-
rungen auftretende abnormal hohe Diffusionsgeschwindigkeiten erklär-
lich [78].
Den Diffusionskoeffizienten für die Wanderung der Leerstellen kennt
man nicht, wohl aber die zugehörige Aktivierungsenergie. Sie beträgt
0,65 eV [76]. Sie ist also erheblich kleiner als die Aktivierungsenergien
für die Diffusion der meisten Fremdelemente im Aluminium. Obwohl man
die Größe des Frequenzfaktors Da für die Leerstellenwanderung nicht
kennt, ist schon auf Grund der kleineren Aktivierungsenergie damit zu
rechnen, daß im Reinstaluminium Leerstellen in gegebener Zeit mehr
Platzwechselschritte ausführen als die meisten Fremdatome. Es muß
betont werden, daß der obengenannte Wert der Aktivierungsenergie für
zonen geschmolzenes Reinstaluminium gilt. Fremdatome können sich
an Leerstellen anlagern und damit ihre Diffusion verzögern. T. FEDE-
RIGHI hat einen solchen Effekt für Magnesiumzusätze zu Aluminium
nachgewiesen [86]. Aueh dureh Kaltverformen können Leen:tellen in
Aluminium erzeugt werden, wahrscheinlich gleichzeitig mit Zwischen-
gitteratomen [82]. Wie lange dieser Zustand bei Raumtemperatur anhält
und in welchem Ausmaß er die Diffusion begünstigt, ist wohl noch nicht
hinlänglich geklärt.
L. S. DARKEN [79J zog die Konsequenz aus den Untersuchungen über
den KIRKENDALL- Effekt. Nach ihm muß jeder an der Diffusion beteilig-
ten Atomart ein gesonderter partieller Diffusionskoeffizient zugeordnet
werden. Ferner ergab sieh aus seinen theoretischen Betrachtungen eine
Beziehung zwischen den klassischen Koeffizienten der chemischen Diffu-
sion und der Selbstdiffusion. D* sei der Koeffizient der Selbstdiffusion
eines Zusatzelements B in der Matrix A.
Der chemische Diffusionskoeffizient D in diesem System steht dann
zum Koeffizienten der Selbstdiffusion D * in folgendem Verhältnis:

D(D* = 1 + _dlf!l, (4)


dlnn
f bedeutet dabei den Aktivierungskoeffizienten und n die Konzentration
des Zusatz elements B, ausgedrückt als Molenbruch. Genau genommen
1 Für Aluminium als Basismetall wurde der KIRKENDALL-Effekt erstmals von
'rH. HEUMANN und R. DITTRICH [84] im Rystem Aluminium-Silber gefunden.
542 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 544

ist bei der chemischen Diffusion nicht die Konzentration, sondern die
Aktivität bestimmend. Die Aktivität a ist gleich dem Produkt aus Akti-
vitätskoeffizient f und Konzentration n:
a = f· n. (5)
Für ideale Lösungen beträgt der Aktivitätskoeffizient 1. Seine
Ableitung nach der Konzentration wird dann O. Das bedeutet gem. GI. (4),
daß für ideale Lösungen die Koeffizien-
ten der chemischen Diffusion und der
Selbstdiffusion übereinstimmen.
J n nichtidealen und speziell in über-
sättigten Lösungen kann der Fall ein-
treten, daß mit zunehmender Konzen-
tration n einer Legierungskomponente
deren Aktivität a abnimmt. So ist es
erklärlich, daß z. B. in übersättigten
Aluminium-Kupfer-Legierungen die
Kupferatome sich zu Vorausscheidun-
gen (GuINIER-PREsToN-Zonen) an-
35:1
Abb. 425. Diffusion zwischen manganhaI-
sammeln können. Eine solche entgegen
tiger Außen- und siliziumhaItiger Innen- dem Konzentrationsgefälle verlaufende
zone im Gußgefüge.
Diffusion nennt man Bergaufdiffusion.
Schliffbild
/ dln!)
links: Al + AIMn-Primärkristalle,
Mitte: AIMnSi-Kristalle, Den Ausdruck ~ 1 + d In n be-
rechts davon: an Silizium verarmte Zone,
ganz rechts: Gefüge von AlSi12 mit SiJi- zeichnet man als thermodynamischen
ziumausscheidungen. Faktor. J. E. HILLIARD und Mitar-
Die oben genannte Zonenaufteilung stellte
sich nach siebentägiger Glühung des Guß- beiter [69] haben den Verlauf des ther-
stückes bei 550°0 ein. Vor der Diffusions- modynamischen Faktors für Alumi-
glühung war ein Mantel mit 10% Mn und
ein Kern mit 12% Si vorhanden nium-Zink-Legierungen aus bekannten
(nach ALUSUISSE). thermodynamischen Daten berechnet.
Abb. 426 gibt ihre Resultate wieder.
Der thermodynamische Faktor ist über den ganzen Bereich der
festen Lösung kleiner als 1. Der Minimalwert tritt bei etwa 38 At.-% Zn
auf. Die von denselben Autoren bestimmten und in Tab. 46 und 48 ent-
haltenen Koeffizienten der chemischen Diffusion und der Selbstdiffusion
wurden daraufhin geprüft, ob sie der Gleichung von L. S. DARKEN ent-
entsprechen. Das war tatsächlich der Fall, was die theoretischen Ablei-
tungen von L. S. DARKEN bestätigen.

1.35 Oberflächen- und KorngrenzenditJusion


Bisher haben wir nur von der Diffusion im rnnern der Kristallkörner,
von der sogenannten Gitterdiffusion, gesprochen. Prinzipiell wandern
aber in jeder Diffusionsprobe Atome auch entlang der Probenoberflächc
Lit. S. 544] 1. Physikalische Eigenschaften 543

und entlang den Korngrenzen. An Metalloberflächen und in Korngrenzen


ist die Fehlstellenkonzentration gegenüber dem Korninnern wesentlich
erhöht, insbesondere sind auch viel mehr Leerstellen verfüglich. Die
Aktivierungsenergie nimmt deshalb in der Reihenfolge Gitterdiffusion -
Korngrenzendiffusion-Oberflächendiffusion ab. Die Korngrenzendiffu-
sion und die Oberflächendiffusion setzen dementsprechend bei wesentlich
tieferen Temperaturen ein als die
Gitterdiffusion. Da aber das 1,0
Korninnere gegenüber den Ober- 0,9 1\

I
flächen und den Korngrenzen \

volumenmäßig stark überwiegt, a8


ist die über Korngrenzen und
Oberflächen diffundierende Ma- a7
terialmenge in der Regel ver-

~
schwindend klein gegenüber der
im Korninnern diffundierenden
Menge. Höchstens bei relativ
tiefen Diffusionstemperaturen
~
und/oder sehr feinkörnigen Me-
4J
\~ \\ ~
tallen muß man auch die Korn-
grenzendiffusion berücksichti- 42
\~ ~~
gen; andernfalls wird man zu
hohe Koeffizienten für die Git- a1 \" ~ //
terdiffusion finden. Die Ober-
'\
~ /
flächendiffusion spielt eine Rolle o 10 ';0 .JO 40 so 60 At-%70
Zinkgeha/f
beim Walzplattieren von Alu-
miniumlegierungen mit Reinalu- Abb. 426. Verlauf des thermodynamischen Faktors
im System Al-Zn als Funktion der Zink-Konzen-
minium. F. EMoNDs [87] hat tration für verschiedene Temperaturen (nach J. E.
HrLLIARD, B. L. AVERBACH U. M. COHEN [69]).
unter Voraussetzung einer Walz-
plattierungstemperatur von
500 oe Berechnungen über das Ausmaß· der Diffusion von Kupfer und
Magnesium angestellt. Diese führten zum Schluß, daß eine Oberflächen-
und geringe Volumendiffusion in die Nachbarkörner an Plattierflächen
auch in der kurzen Zeit des Plattiervorganges stattfinden und einen
wesentlichen Vorgang beim Verschweißen durch Walzplattieren dar-
stellen können.
D. TURNBuLL [80] hat unter bestimmten Voraussetzungen bezüglich
Größe des Gitterdiffusionskoeffizienten, Entfernung der betrachteten
Stellen von der Grenzfläche der Diffusionsprobe und Dauer der Diffu-
sionsglühung theoretisch berechnet, bei welcher Korngröße der Material-
transport durch Gitter- und durch Korngrenzendiffusion vergleichbar
wird. Als Koeffizient für die Gitterdiffusion wählte er D G = 10-9 cm2 •
8-1 ; er stellte seine Berechnungen an für eine Stelle, die 2 mm von der
544 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

ursprünglichen Grenzfläche der Diffusionsprobe entfernt ist und die nach


28 Stunden Diffusionsglühung eine Konzentration des diffundierenden
Elements aufweist, die sich auf 15% der Anfangskonzentration beläuft.
Tab. 49 gibt für verschiedene DRIDG-Verhältnisse die Korngröße, bei
der Materialtransport durch Gitter- und durch Korngrenzendiffusion
vergleichbar wird. Das DK/DG-Verhältnis hängt natürlich auch von
der Temperatur ab.

Tabelle 49. KOI'ngrößen, bei denen sich Gittel'- und Korngrenzen-DiUusion


die Waage halten

10' 10' 10' 10'

Korngröße cm 0,26 0,0014 2,15.10-5 10-6

Bei der Untersuchung der chemischen Diffusion von Zink in Alumi-


nium-Zink-Legierungen führten J. E. HILLIARD und Mitarbeiter [69]
Diffusionsglühungen bei 540, 485, 440, 400, 360 und 330 oe aus. Die bei
330 oe gemessenen Diffusionskoeffizienten lagen gegenüber den andern
deutlich zu hoch, weil bei dieser relativ tiefen Temperatur die Korn-
grenzendifIusion neben der Gitterdiffusion eine merkliche Rolle spielt.
In pulvermetallurgisch hergestellten Aluminium-Sinterkörpern
(S. A. P.) stellten W. SEITH und G. LÖPMANN [81] beschleunigte Diffusion
von Silber, Kupfer, Magnesium, Silizium und Zink fest. Im Lichte der in
Tab. 49 wiedergegebenen Berechnungsresultate von D. TURNBULL wird
dieser Befund verständlich. Die Korngröße dieser Sinterkörper liegt bei
etwa 3 . 10-5 cm. Diffusionskoeffizienten für die Korngrenzendiffusion in
Aluminium kennt man zwar nicht. Ein DRIDG-Verhältnis von minde-
stens 104 erscheint aber für die von W. SEITH und G. LÖPMANN in ihre
Untersuchung einbezogenen Zusatzelemente und die von ihnen benützten
Temperaturen der Diffusionsglühung von 500 und 550°0 plausibel. Die
Korngrenzendiffusion muß unter diesen Umständen neben der Gitter-
diffusion schon stark ins Gewicht fallen.

Literatur zu Kapitel C 1.2 und 1.3

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35 Altenpohl, Aluminium
546 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

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[Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 547

2. Mechanische Eigenschaften

Von D. Altenpohl, Zürich, u. E. von Burg, Neuhausen am Rheinfall


(Schweiz)

Die mechanische Materialprüfung ist ein ausgedehntes Arbeitsfeld


geworden; sie kennt je nach der Beanspruchung der Werkstoffe die ver-
schiedensten Untersuchungsmethoden. 1
Ein Werkstoff kann auf Normalspannung (Zug oder Druck) oder auf
Schubspannung beansprucht werden. Die zulässige Größe dieser Bean-
spruchungen wird durch den Zug-, den Druck- bzw. den Scherversuch
erfaßt. Die drei erwähnten Versuche ergeben grundlegende rechnerische
Daten zur richtigen Dimensionierung, insbesondere von Bauelementen.
Stabartige Elemente können durch eine Betriebslast auf Knickung,
Biegung und Torsion beansprucht werden; ihre Belastbarkeit wird durch
den Knick-, den Biege- und den Torsionsversuch ermittelt.
Gekerbte Werkstoffe erweisen sich als schlagempfindlich; Kerben
setzen die Ermüdungsfestigkeit von Konstruktionsteilen herab. Die
Kerbempfindlichkeit der Werkstoffe wird durch den Kerbschlagversuch
erfaßt, bei dem ein genormter Stab, versehen mit einer ebenfalls ge-
normten Kerbe, unter einem Pendelhammer zerschlagen wird, wobei man
die zum Bruch der Probe erforderliche Schlagarbeit mißt. Die Kerb-
schlagprobe stellt, wie z. B. die Härteprüfung und die Tiefziehprobe von
Blechen, eine rein technologische Prüfung dar. Die erhaltenen Prüfwerte
sind nur vergleichende QuaIitätsziffern, die zur Berechnung von Kon-
struktionen nicht verwendet werden können.
Neben der Festigkeitsprüfung der Werkstoffe ist die Belastungsprobe
von Bauelementen und ganzen Konstruktionen von 'Wichtigkeit; denn
die Festigkeitswerte der verwendeten Werkstoffe sind nicht allein maß-
gebend für die Beanspruchungsfähigkeit einer Konstruktion. Ebenso
wichtige Faktoren sind die Formgebung und die Verbindungsverfahren.
Bei beiden Faktoren muß auf die spezifischen Eigenschaften der Alumi-
nium-Legierungen Rücksicht genommen werden.
Wir werden uns auf die Erwähnung der wichtigsten Untersuchungs-
methoden und wer Ergebnisse beschränken. Auf die Prüfung von Bau-
elementen oder ganzen Konstruktionen können wir im folgenden nicht
eingehen.
Unsere Ausführungen betreffen durch Kneten verformtes vielkristal-
lines Material. Auf das Verformungsverhalten von Einkristallen wird
auf Seite 262 eingegangen. Festigkeitswerte von Gußlegierungen s. S. 815.
1 Siehe z. B. DIN-Normen oder Aluminium-Taschenbuch, 12. Auf!. (1963).

35*
548 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

2.1 Statische Festigkeit bei Raumtemperatur, ermittelt aus dem Zug-


versuch

2.11 Spannungs.Dehnungs-Kurve

Die statische Festigkeit wird üblicherweise durch die Meßwerte für


die Dehngrenze ("Streckgrenze") und die Zugfestigkeit beschrieben.
Bruchdehnung und Einschnürung sind rein technologische Kenn-
ziffern, die nicht als rechnerische Grundlagen zur Dimensionierung von
Bauelementen dienen.
30
! I

--
kp!mm G A/Cuf1g 7
d ka/I ausgehärlel

f
25 - - -
do,e/
do,oz
/
j
20

-
/
/ AII1g5
weich
-

11
..6--
r-
V do,z

70
!'do,oe /1
Ij''1 /
L 1 /

l#
5
do,oz / 4/99,5 F7
weich
IIJ-o,z
o z 3 " 5 Ii 7 %0 8
DeMung
Abb. 427. Spannungs-Dehnungs-Diagramm der LegierungeuAlCuMg 1 und AlMg5 sowie von Al 99,5
im elastischen und im beginnenden plastischen Bereich (nach ALUSUISSE).

Der Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung eines ~ietalles


läßt sich nur empirisch finden, am einfachsten durch den Zugversuch.
In Abb.427 sind im Feinmeßversuch bis zur 0,2-Dehngrenze auf-
genommene Spannungs-Dehnungs. Diagramme von Al 99,5 F7, von
AICuMgl kaltausgehärtet und von weichem AIMg5 dargestellt.
Vom Nullpunkt der Diagramme weg verlaufen die Dehnungen mit den
Spannungen linear: die Dehnungen sind rein elastisch.
Die Einzelangaben der Literatur über die Größe des Elastizitätsmoduls
für Aluminium und Aluminiumlegierungen liegen im Bereiche von 6000
bis 7800 kp/mm2 • Reinaluminium und die niedrig legierten Werkstoffe
liegen in der unteren Hälfte des Streubandes, die aushärtbaren Legierun.
gen im mittleren bis oberen Bereich. Für die Berechnung von elastischen
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 549

Verformungen in Konstruktionen wird meistens der Elastizitätsmodul


von 7000 kpJmm 2 eingesetzt. Je nach der Meßmethode variieren die
Angaben für den E-Modul, z. B. gibt W. KösTER [1] auf Grund von dyna-
mischen Messungen den E-Modul bei höheren Temperaturen höher an, als
er sich aus statischen Messungen ergibt (s. a. Abb. 445, S. 569)1.
Der übergang von der elastischen zur plastischen Verformung erfolgt
allmählich, d. h., man beobachtet beim Aluminium keine obere und
untere Fließgrenze wie beispielsweise beim Baustahl. Eine Ausnahme
bilden die magnesiumhaitigen Legierungen. Der Verlauf ihrer Zerreiß-
kurven kann bei Einsetzen der plastischen Verformung Unstetigkeiten
zeigen (s. Abb. 229 auf S. 285).
Als 0,2-Dehngrenze oder kurz 0,2-Grenze (0"0.2) wird die Spannung
definiert, die eine bleibende Dehnung von 0,2 %erzeugt. 2 Sie dient, wie die
Fließ- oder Streckgrenze beim Baustahl, zur festigkeitstechnischen
Berechnung von Konstruktionen.
In der Aluminiumtechnik benutzt man häufig anstelle der Bezeich-
nung "Dehngrenze" die Bezeichnung "Streckgrenze". Der Ausdruck
"Streckgrenze" sollte eigentlich nur dann gebraucht werden, wenn zu
Beginn der plastischen Verformung im Verlauf der Spannungs-Dehnungs-
Kurve Unstetigkeiten auftreten. Verläuft dagegen der übergang vom
elastischen zum plastischen Bereich stetig, dann sollte von Dehngrenzen
gesprochen werden. Dehngrenzen sind nach übereinkunft definierte
Werte, während Streckgrenzen klar beobachtbare Unstetigkeiten im
Verlauf der Zerreißkurve sind.
Da Werkstoffe in Konstruktionen nur im elastischen Bereich be-
ansprucht werden dürfen, liegt ihre zulässige Beanspruchungs-Grenze
(O"zUI) unterhalb der O,2-Dehngrenze (0"0.2). Es ist zu setzen: O"zul =
k . 0"0.2. Dabei beträgt k bei Aluminium-Konstruktions-Legierungen, je
nach Verlauf der Spannungs-Dehnungs-Kurve, bei statischer Beanspru-
chung etwa 0,5 bis 0,7.
In Sonderfällen ist auch die 0,02- oder 0,1-Dehngrenze von In-
teresse. 3
In Abb. 428 ist eine Gruppe von Zerreißkurven wiedergegeben. Man
erkennt, daß die ausgehärteten Legierungen höhere Dehngrenzen als Bau-
stahl haben, vor allem nach Warmaushärtung.
Die im Zugversuch beobachtete Zunahme der Spannung bei größer
werdender plastischer Dehnung beruht auf der Kaltverfestigung des ver-

1 Alle Angaben über den E-Modul betreffen polykristallines Material, da bekannt-


lich bei Einkristallen wegen der Anisotropie der elastischen Eigenschaften ein E-
Modul nicht definiert ist.
2 DIN 50144.
3 In USA entspricht der "yield point" einer 0,2-Dehngrenze, in England meistens
einer 0,1-Dehngrenze (bei Angaben über Aluminium und Aluminiumlegierungen).
550 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

formten Probestabes. Der gemessene Höchstwert der Spannung wird als


Zugfestigkeit bezeichnet. I, 2
Abhängigkeit der Bruchdehnung von der Meßlänge. Als Bruchdehnung
/j wird die auf eine bestimmte Meßlänge lo prozentual bezogene, bleibende
Verlängerung Lll des gebrochenen Zugsta bes definiert:

/j = ~ l.100 (%). (1)


o
In Abb. 429 ist die Abhängigkeit der Bruchdehnung von der Meßlänge
graphisch dargestellt. Dieser Abhängigkeit wegen wurde die zur Deh-
80 (
kp(,mm z
r
--
AIZn /1g Cu 1,5 rW)

V
80 AICu/1Q 7fWI
AICu/1g 7 fKJ
I--- f--<Baustahl
.........
~A/t1gSi 7 fW/ 'A/t1g7

~
-
weioh
A/t1gs r---A/t1gSi 7
30 weich
~ ~h AI.99,5 weiah
""" A199,5 l/zH A!t1n 7/zH
A!t1n~
o 70 ZO JO 40 % 50
Dehnung
Abb.428. Spannungs-Dehnungs-Diagramme (Zerreißkurven) von verschiedenen Aluminium-Werk-
stoffen, znm Vergleich auch von Baustahl (nach P. G. FORREST [31]).
W warmausgehärtet ; K kalt ausgehärtet; '1, H halbhart kaltgewalzt.

nungsermittlung zu wählende Meßlänge 10 genormt (z. B. in DIN 50125);


10 wird auf den Zugstabquerschnitt F o bezogen_ Meistens beträgt lo =
= 11,3 - VF
o. Bei einem Rundstab entspricht 10 dem 10fachen Durch-
messer. Die so ermittelte Bruchdehnung wird mit <510 bezeichnet. Bei
kurzen Zugstäben ist es nicht möglich, eine Meßlänge 10 = 11,3 - F o V
anzuwenden. Hierfür sieht die Norm eine Meßlänge 10 = 5,65· VF~ vor.
Die zugehörige Bruchdehnung wird als <5 5 bezeichnet 3 •

1 DIN 50145 und 50146.


2 Die in den folgenden Abbildungen oder Tabellen wiedergegebenen Zug.
festigkeitswerte beziehen sich - falls nicht anders vermerkt - auf den Ausgangs-
querschnitt F o der Probe, die entsprechenden Spannungswerte werden mit (JB be-
zeichnet.
In einigen Fällen wird die wahre Spannung (J aufgetragen, die auf den unter der
Belastung gemessenen jeweiligen Querschnitt F bezogen ist.
3 In der Aluminiumtechnik und in anderen Kapiteln dieses Buches wird statt
von "Bruchdehnung" oftmals von "Dehnung" oder "Dehnungswerten" gesprochen.
Gemeint sind damit im Regelfalle die Werte von bIO'
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 551

Gleichmaßdehnung, Einschniirdehnung. Der Zugstab dehnt sich beim


Zugversuch zunächst gleichmäßig. Sobald die Höchstlast erreicht ist,
beginnt beim vielkristallinen Werkstoff der Einschnürungsvorgang.
Dementsprechend kann man die Bruchverlängerung in einen von der
Meßlänge unabhängigen und einen zu dieser proportionalen Anteil zer-
legen. Als Einschnürdehnung wird die Differenz zwischen Bruchdehnung
IOD ,----,---,-------..,-----,----~
%

20f----+--f--

0 5 J5 6'4 IOD 144 mm 795


!1e8!iinge
I
I I I
2 b' 8 70 72 74
{!1eßi-;;;;ge'
Abb.429. Abhängigkeit der Brurhdelmung von der Meßlänge bei konstantem Querschnitt des Prüf-
stabes (nach ALUSUISSE).

und Gleichmaßdehnung definiert. Die Einschnürdehnung macht oft den


Hauptteil der Bruchdehnung aus (z. B. bei weichem Reinaluminium).
Es gibt zwei Verfahren, die Gleichmaßdehnung zu bestimmen:
a) Durch Messung der Dehnung an einem zerrissenen Stab außerhalb
der eingeschnürten Zone. Dieses Meßverfahren ist einfach, aber nicht
sehr genau (vor allem bei weichen Materialien, bei denen die Einschnü-
rung einen großen Teil der Meßlänge erfaßt).
b) Nach H. KOSTRON [3] läßt sich die Gleichmaßdehnung aus zwei
an verschieden großen Meßlängen 101 und 102 desselben Stabes ermittelten
Bruchdehnungen 15 1 bzw. 15 2 berechnen (1 02 > lOl)'
Es gilt die Beziehung:

Wird insbesondere l02 = 2101 gewählt, dann ergibt die obenstehende


Gleichung den einfachen Ausdruck
(2)
552 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Ermittlung deI' Einschnürung. Die Einschnürung '1' wird meist als


prozentuale Querschnittsabnahme gemessen:

'1' = F o -; FE .100 (%), (3)


o
F o = Ausgangsquerschnitt des Zerreißstabes
FE = Engster Querschnitt im Bereich der Einschnürung (nach Zer-
reißen des Stabes).

2.12 Härtewerle

Beim Aluminium wird im allgemeinen die BRINELL-Härte (Kugel-


druckhärte) nach DIN 50351 gemessen. Da die BRINELL-Härte von den
Prüfbedingungen abhängig ist, werden in den DIN-Normen die folgenden
Vorschriften gemacht (DIN 1745 BI. 1 bis DIN 1749 BI. 1, Ausg. Mai
1963) :
Verwendete Kugeldurchmesser D = 10 mm, 5 mm und 2,5 mm. Der
Durchmesser d der Eindruckkalotte soll zwischen 0,2 und 0,7 D liegen,
und die Belastung P gemessen in kp wird zu einem Vielfachen des Kugel-
durchmesserquadrates D2 gemessen in mm 2 gewählt:
Beim Aluminium und bei Aluminium-Legierungen mit Härten von
etwa 55 kp/mm2 und darüber: Belastung P = 10 D2.
Werkstoff mit Härten über 25 kp/mm 2 bis einschließlich 55 kp/mm2 :
Belastung P = 5 D2.
Werkstoff mit Härten bis 25kp/mm2 : Belastung P = 2,5D2.
Außer der BRINELL-Härte ermittelt man, besonders für kleine und
dünne Proben, auch die VrcKERs-Härte (Pyramidenhärte).
Die Härtemessung dient hauptsächlich zur betrieblichen Schnell-
prüfung in der Fabrikations- und Eingangskontrolle sowie als Meß-
methode zur raschen Verfolgung von Gefügeumlagerungen.

2.13 Festigkeitswerte einiger Aluminiumknetlegierungen

2.131 Genormte Werte. Die Tab. 50 und 51 enthalten die Werte für die
Zugfestigkeit UR, 0,2-Grenze (UO,2)' die Bruchdehnung "10
bzw. sowie"5
die BRINELL-Härte HB von Reinaluminium und den wichtigsten Alu-
miniumlegierungen. In den einzelnen Kristallen weist der Eindruck der
Härteprüfung eine deutliche Anisotropie auf, Hierdurch können Texturen
z. B. in geglühten Reinaluminiumblechen erkannt werden [45].

2.132 Veränderung der Festigkeitswerte beim Kaltwalzen. Wird das


Material durch Walzen, Ziehen, Recken oder Biegen bei Temperaturen
unterhalb der Rekristallisationsschwelle plastisch verformt, so spricht
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 553

Tabelle 50. Festigkeitswerte von Halbzeugen aus Reinaluminium


(aus Werkstoff-Handbuch Nichteisenmetalle [44])
I
Dicke bzw. Zug- O,2·Dehn·' Bruch· I Härte·
Kurzzeichen Zustand Wanddicke
bis llllll
festigkeit
aB'
grenze
0'0,2-
, dehnung
6 10 * 0, I HB
kp{llllll' kp{mlll' 0/
,0 % kp/mm'

Bleche und Bänder Blech Band I


Al 99,5 F 7 weich 20 3 7- 9 2- 4 30-35 35 18-23
F10 halbhart 6 3 10-12 5- 8 5-10 6 26-32
F13 hart 2,5 2 13-18 10-15 4- 8 5 33-40
Al 99 F 8 weich 20 3 8-10 2,5- 5 25-32 30 20-25
F11 halbhart 6 3 11-13 5,5- 9 4- 6 5 28-35
F14 hart 2,5 2 14-20 11-16 3- 5 4 35-42
Rohre I
I
Al 99,5 F 7 gepreßt oder I I ,
gezogen alle I
weichgeglüht 7- 9 2- 4 18-24 20 20-24
F10 gezogen 6 10-13 5- 7 5-12 6 26-30
F13 gezogen 1,5 13-17 9-12 2- 8 3 35-40

* Untere Grenzen sind J\Iindestwerte nach DIN 1745 BI. 1 bzw. 1746 BI. 1

70 *2, N
% kp/mm' kpjmm'
BO 38·· 72t-~
~

"e :f"k!
-'< ,
50

~ ~ + ++-
2!' ~O ,'t:, JO - G.j 8· ...
'"
co
-co ~ ~- I
iii Ii 1-
"" JO "" 26
'-
g> ,
'x._x-~
20 EE 2l 4 0..

'/
~ 2 7"•
+
70- 78 -
!
0 74 0
70 20 30 40 50 BO 70 80
Zusfand Ko/fverformungsgrod
welch
Abb. 430. Kaltverfestigung von AI 99,98 R durch Kaltwalzen (nach ALUSUISSE).

man von einer Kaltverformung. Der Werkstoff wird hierbei kaltver-


festigt.
In den Abb.430 bis 433 werden Werte des Zugversuches und der
Härteprüfung an Proben aus verschiedenen Aluminiumwerkstoffen
wiedergegeben; die Proben wurden im weichgeglühten Zustand und mit
verschiedenen Kaltwalzgraden geprüft [11]. Die Analyse und die Vor-
geschichte des Materials gehen aus Tab. 52 hervor.
554 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Tabelle 51. Festigkeitswerte von Halbzeugen aus Aluminiumknetlegierungen


(aus Werkstoff· Handbuch Nichteisenmetalle [44])

Zug-
festig·
0,2·
Dehn·
Bruch-
deh· Brinell- I
Kurzzeichen Zustand keit grenze nung H~:e I Bemerkungen
aB aO,2 610
kpjmm' krjmm' % kpjmm'

AIMn F10 weich 10-14 4- 8 20- 35 1 25- 35


F 16 hart 16-25 13-21 3- 7 40- 60
AIMg1 F 10 weich 10-15 4- 8 18-32 30- 40
F 16 hart 16-26 14-24 3-10 50- 70
AlMg2 F 15 weich 15-20 6-10 17-30 40- 55
F 21 hart 21-28 16-25 3- 8 60- 70
AlMg3 F 18 weich 18-23 8-12 15-27 45- 55
F26 hart 26-34 18-30 3- 8 75- 85
AlMg5 F24 weich 24-30 11-16 15-25 55- 65
F32 hart 32-40 24-36 3- 9 90- 95
AlMg7 F30 gepreßt 30-37 15-24 8-25 70- 85 Stangen
F34 halbhart gez. 34-38 20-30 4-20 90-100 bis 35 mm 0
AIMgSiO,5 F 14 kaltausgehärtet 14-20 8-15 13-20 45- 60 Strangpreß-
F22 warmausgehärtet 22-28 16-24 10-16 70- 85 profile
AIMgSi1 F20 kaltausgehärtet 20-26 10-20 14-20 60- 75
F28 warmausgehärtet 28-33 18-27 10-20 80- 95
1
F 32 warmausgehärtet 32-37 26-33 8-16 95-110
AICuMgO,5F 28 kaltausgehärtet 28- - - - Drähtef.Niete
AlCuMg1 F40 kaltausgehärtet 40-46 27-35 13-20 100-115
AlCuMg2 F44 kaltausgehärtet 44-50 29-40 12-19 110-130
AIZnMg3 F44 warmausgehärtet 44-52 35-48 8-15 120-125
AlZnMgCuO,5
F46 warmausgehärtet 46-58 38-52 7-13 125-150
AlZnMgCu 1.5
F52 warmausgehärtet 52-61 44-55 6-15 140-170

Die Zahlenangaben beziehen sich, wenn nicht anders vermerkt, auf Bleche von 1 bis
6 mm Dicke. Der jeweils untere Wert für Zugfestigkeit, Dehngrenze und Dehnung
stimmt mit dem Mindestwert nach DIN 1745 überein. Werte für andere Halb-
zeugarten und Lieferzustände s. DIN 1745 bis 1749.

2.133 Preßeft'ekt. Bei stranggepreßtem Halbzeug sind Zugfestigkeit


und Dehngrenze in Preßrichtung häufig höher als quer dazu. Diese
Erscheinung wird als "Preß effekt" bezeichnet [11 a" 11 bJ. Infolge dieses
Preß effektes haben solche Halbzeuge in Preßrichtung höhere Festig-
keit als gewalzte Produkte. Der Preßeffekt beruht auf einer Vorzugs-
orientierung im Gefüge, die durch Rekristallisation verlorengeht.
Dadurch erklärt sich, daß er bevorzugt bei Legierungen auftritt, die
rekristallisationshemmende Zusätze, wie Mangan oder Chrom, enthalten
(s. z. B. [1ie] und S. 733).
>t+--t-
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 555
55 30
35 k~m kp/mm"
% 50 18
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~ 76 -+' .r.~ ~
~ l~~'
13
-y'\"o"-
-,oe' i
Abb. 431. KaItverfe- 70
stigung von AlRMg ~-+-::}+ I

0,5 (Al 99,99 R + 7 I


I ,, +.............
0/0
0,5% Mg) durch I +- - + +
2 + +
Kaltwalzen aD ~1 r-+~
(nach ALUSUISSE). 4 o 10
I
20 30 40 50 60 70 80 90 % IIJ o
Zustand KalfverfiJrmungsgrad
weich

!~--'--i-' ,
+ 1 !
P ~
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I
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110,2

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I .( ~ ....... + 0/0
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I--+. + +
7 ,
,
5 i t
7'0 2'0 30 ~o 60 50 ~'0 80 .90'10
00 700
Zustand Kalfverformungsgrod
weich
I 2ft
26
%
2~
7of- kp~~ m
Z
V"':
kp/mm;'"
22 65 ~22 118 ______
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10
~ )(
Abb. 433. Kaltverfe-
stigung von AIMgSll
8
6
45 co:."
70
I,e'/0 "' .......... V 070
durch Kaltwalzen i ~I-' ~ -+ r--..- -+-+=
(nach ALUSUISSE). 8 F--
70 20 30 40 50 60 70 80 90% llJo
Zusfand Kalfverformungsgrad
weich
556 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Tabelle 52. Zusammensetzung der in Abb. 430 bis 433 beschriebenen Materialien
(nach ALUSUISSE [11])

Legierungs-Zusätze Basismetall
Werkstoff Fe Si Mn Jlfg I Cu I
Al
% % % I
i
0"
,0
I
I
% I %

Al 99,99 R 0,002 0,003 - - 0,0012 99,996


Al R Mg 0,5 0,002 0,003 - 0,54 Sp 99,995
AIRMg2 0,004 0,004 - 2,07 0,001 99,991
Al Mg Si 1 0,32 0,94 0,89 0,77 0,02 ca. 99,5

Vorgeschichte,'
Gepreßte Flachschienen mit der Abmessung 7 X 30 mm wurden
weich geglüht und danach um den angegebenen Verformungsgradkalt
abgewalzt.
Die Festigkeitswerte zeigten bei einem bestimmten Kaltverformungs-
grad keine Abhängigkeit von der Anzahl der Stiche.
Die Festigkeitswerte liegen generell etwas tiefer, als wenn vom warm-
gewalzten Vormaterial ausgegangen worden wäre, weil beim Warm-
walzen die Temperatur des Walzgutes stetig absinkt, so daß die letzten
Verformungen bereits im Gebiet der Rekristallisationsschwelle durch-
geführt werden und erste Anzeichen einer Kaltverfestigung auftreten.
Warmgewalztes Ausgangsmaterial hat deshalb eine höhere 0,2-Dehn-
grenze und Zugfestigkeit als völlig weichgeglühtes Material.

2.14 Auswertung der Ergebnisse des Zugversuches

2.141 Übersicht. Die Meßwerte des elastischen Bereiches (E-Modul,


Dehngrenze) haben physikalisch einen klaren Sinn und ihre übertragung
in die Praxis des Konstrukteurs ist weitgehend geklärt. Dagegen sind die
Meßgrößen, welche bei der plastischen Verformung erhalten werden,
schwerer zu deuten und für Berechnungen zu verwenden [3, 4].
Aus den Arbeiten von P. LUDWIK [5] sowie G. SACHS und G. FIEK [6]
geht der Zusammenhang zwischen den Meßwerten des Zugversuches und
dem Verformungsverhalten des Metalles prinzipiell hervor. Hierauf auf-
bauend, hat H. KosTRoN ein einfaches Verfahren entwickelt, um aus den
Meßwerten des Zugversuches Aussagen über den Mechanismus bei der
plastischen Verformung und somit Vorhersagen über das Verhalten eines
Werkstoffes bei der technischen Formgebung herzuleiten [3].

2.142 Gleichung der Fließkurve. Nach dem Ansatz von P. LUDWIK


[5 bis 7] beschreibt H. KosTRoN [3] die Fließkurve wie folgt:
Wahre Spannung (4)
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 557

Nach Logarithmierung von GI. (4) erhält man:

19a=lga+n.lge (5)

Somit ergibt die Fließkurve im doppeltlogarithmischen System eine


Gerade.
Es bedeuten in den GIn. (4) und (5):
P
a = F = Wahre Spannung in kp/mm2 , d. h. ZuglastP bezogen auf den jeweiligen
Querschnitt F.
e= -T
l-l
u
= jeweilige Dehnung (lu = ursprüngliche, l = jeweilige Länge der Meß-
strecke).
a = Verformungswiderstand in kpJmm 2 , der sich für e = 1 ergibt.
n = Neigungskoeffizienten der logarithmischen Geraden. Die Größe von n ergibt
somit ein Maß für das Verfestigungsvermögen.

Z~---4----~--~1-+-----,r----+--1--r~----+!.~
I

i
~L,I-----OJ,2~----4L.---o,b'_·-OJ,8--7L-----~2------*L--J6~J8-JW~--~%~2~O~
i
bleibende Dehnun.q
Abb. 434. Wahre Spannungs-Dehnungs-Kurven (Fließ kurven im logarithmischeu Koordinatennetz)
von verschieden stark kaltgewalztem Al 99,5 und einer AlCuMg-Legierung im weichgeglühten und
ausgehärtetem Zustand (nach H. KOSTRON [3)).
1 AlCuMg ausgehärtet
2 AlCuMg weich
3} {87%}
5}
6
7
25%
Al 99,5 {50%}
15% abgewalzt
4 Al 99,5 75% abgewalzt 8 0%

In Abb. 434 sind einige gemessene Fließkurven von Aluminiumwerk-


stoffen im doppeltlogarithmischen Maßstab aufgetragen.
Im großen und ganzen befriedigt die gewählte mathematische An-
näherung für einen relativ weiten Bereich der bleibenden Dehnung [3].
Eine Abweichung vom linearen Verlauf ergibt sich vor allem bei weichem
unlegierten Aluminium.
558 C. EigellBchaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

2.143 Gleichmaßdehnung. Die Gleichmaßdehnung steht in direktem


Zusammenhang mit dem Verfestigungsfaktor n:
n
t5g- --
- 1-n
(6)

Es ist nach GI. (6) somit in einfacher Weise möglich, n auf Grund
einer Messung von t5G zu bestimmen.

'"j\ '\
längsproben/ ./Querproben

/
I I ~r-
5
V_ 1I
0,3 7 5 35 135 h Ge5
flIühdouer (bei 350 "Cl
Abb. 435. Verhältnis p der gemessenen Gleichmaßdehnung zur errechneten Gleichmaßdehnung an
Längs- und Querproben aus hartgewalztem Al 99,5 in Abhängigkeit von der Glühdauer bei 250·0
(nach H. KOSTRON [3).

Die Gleichmaßdehnung läßt sich nach KOSTRON auch aus dem


Dehngrenzenverhältnis <10,2/<1B berechnen:
6,
<10 ,2 = (0,7)1+ 6 g • (1 + t5g ) (7)
<1B t5g
Zwischen der nach GI. (6) durch Messung ermittelten und der nach
GI. (7) berechneten Gleichmaßdehnung besteht nicht immer überein-
stimmung, d. h., der Wert
(Jg gemessen
p = -=--.::......_--
(Jg errechnet

ist nicht immer gleich 1.


Liegt p unter dem Wert 1, dann sind im Werkstoff Schwächestellen oder
Inhomogenitäten vorhanden. Auch bei Grobkorn sinkt der Wert p unter 1.
Es gibt noch andere Fälle, in denen der Wert vonp stark vom Wert 1
abweicht, z. B. bei kalt gewalztem oder teilweise entfestigtem Material.
Dies geht aus Abb. 435 hervor, der die poWerte für hart gewalztes Al 99,5
nach verschiedenen Glühdauern bei 250 oe zu entnehmen sind. Bei den
Längsproben steigt der poWert ab ca. 1 Std. Glühzeit stark an, bei den
Querproben erst nach 5 Std. Die Querproben benötigen zu ihrer Erholung
die fÜllffache Glühzeit der Längsproben.
2.144 Einschnürung beim Zugversuch. Bekanntlich ist bei Knet-
legierungen das Material um so besser plastisch verformbar, je größer die
Einschnürung beim Zugversuch ist.
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 559

Das Auftreten von Einschnürungen beim Zugversuch ist relativ kom-


plex. Zunächst ist mit dem Vorhandensein von lokalen "Schwäche-
stellen" im Werkstoff zu rechnen, welche von Seigerungen, Gasporen,
Oberflächenkerben oder von erfolgtem Korrosionsangriff herrühren.
Gemäß den Feststellungen von H. KOSTRON kann man durch den
Vergleich zwischen der errechneten bzw. ermittelten Gleichmaßdehnung
das Vorhandensein von Schwächestellen erkennen, (welche z. B. im
Gußgefüge besonders zahlreich sind).
Je größer der Wert von n (bzw. der Gleichmaßdehnung) ist, um so
größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß im Verlaufe des Zugversuches zeit-
lich nacheinander mehrere Einsehnürungsstellen ansetzen, bis schließlich
an einer von ihnen der Bruch auftritt.
Dagegen tritt bei Materialien mit geringem Verfestigungsvermögen
(erkennbar an niedrigen Werten von n) die Einschnürung plötzlich und
eindeutig auf [3].

2.2 EinHuß der Verformungsgeschwindigkeit und der Temperatur


auf die im Kurzversuch ermittelten mechanischen Eigenschaften

2.21 Festigkeit bei tiefen Temperaturen


Die Festigkeitswerte der kubisch-flächenzentrierten Metalle liegen bei
tiefen Temperaturen höher als bei Raumtemperatur. Ihre Bruchdehnung
und damit ihre Verformbarkeit neh- 40r----,----.,.----,
men in der Kälte ebenfalls zu; eine kp/mm' - Z53°C
Kaltversprödung tritt nicht ein [12a bis
12i, 13].
301------+----,?-+
In Abb. 436 werden Zerreißdiagram-
me wiedergegeben, die an Reinstalumi-
nium bei Temperaturen von + 125 bis .",
- 253°C aufgenommen wurden. Man ~ 20!----+!----+-------j
erkennt die während der plastischen 5} 1'5
Verformung bei tiefen Temperaturen
auftretende starke Verfestigung [12 i, 701--H----i::;..."...:.=----f-----1
14, 15, 16, 17].
Wie L. MORI [12] findet, zeigen
nicht ausgehärtete Aluminiumlegierun-
gen, z. B. weichgeglühtes AlCuMg, zu n 70 30 '10 30
tiefen Temperaturen hin ein Ansteigen Oehnung
der Dehnung (Abb. 437). Nach den er- Abb. 436. Spannungs-Dehnungs-Dia-
gramme von Reinstaluminium bei verschie-
reichbaren Daten zu schließen, scheint denen Temperaturen. Aufgetragen ist die
wahre Spannung, bezogen auf den jeweili-
bei ausgehä:rteten Legierungen die Deh- gen Querschnitt (nach R.P. CARREKER u.
nung zu tieferen Temperaturen hin zu- W. R. HIBBARD [16]).
560 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

nächst zu einem gewissen Minimum abzufallen, um dann wieder anzu-


steigen (Abb. 437 u. 438).
Zusammenfassend ist zu sagen, daß Bauteile aus Aluminium hinsicht-
lich ihrer Festigkeit bei tiefen Temperaturen nicht anders gestaltet
werden müssen als für eine Beanspruchung bei Raumtemperatur. Ihre
Haltbarkeit ist in statischer und,
wie wir noch zeigen werden, auch in
dynamischer Hinsicht bei tiefen
Temperaturen höher als bei Raum-
temperatur.

60
!
kp jmm Z
"",I 55
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---+--~ '\

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I

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r-....
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zo~
~
5
z5 I
°5
-200 -700 0 oe 50 -zoo -700 o 0

Temperatur Temperafur
Abb. 437. Temperaturabhäugigkeit der Festig- Abb. 438. Temperaturabhl\ugigkeit der Festig-
keit"werte vou weichem bzw. ausgehärtetem keitswerte vou A1MgSi 1, kaltausgehärtet
AlCuMg 1, ~~- weich, - - - - ausgehärtet (nach L. MOR! [12]).
(uach L. MORI [12] bzw. F. BOLLENRATH U.
J. NEMES [25]).

2.22 Festigkeit bei erhöhten Temperaturen

Jedes Metall hat einen seiner Temperatur entsprechenden, die mecha-


nischen Eigenschaften bestimmenden Gleichgewichtszustand. Bei Ände-
rung der Temperatur ist eine gewisse Zeitspanne (Glühdauer) zur über-
führung in den der neuen Temperatur entsprechenden Zustand erforder-
lich. Außerdem liegen oft Ungleichgewichtszustände vor, die im Ver-
laufe der Prüfung der Warmfestigkeit mehr oder minder abgebaut
werden. Daher ist der Zeitfaktor bei der Ermittlung der Warmfestigkeit
von besonderer Wichtigkeit.
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 561

Bei der Untersuchung der Warmfestigkeit sind insbesondere folgende


Fälle zu unterscheiden:
1. Einfluß der Erwärmung, Prüfung bei Raumtemperatur,
2. Prüfung bei erhöhter Temperatur nach verschieden langer Glühzeit,
3. Zeitstandverhalten.
JO ,--
kpymrr/ - -J40

25
I %
- ~ 720

-- ---
L- ~--
-- -
---- 1--- --
.....-
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~~-
p .... --- C-:::::=-'"
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~ -
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00,2
5
dj- ~ P:::
- 1----- 20
\~p:"
-

o c I~Cf7
35 20 100 200 300 400 °C5t1
~ Prüffemperafur
k~ m~
JO

1\ -/40
%

\
-- 720

700 §'
/--,
\ / , - 80 -§
:~

..,
uo,z 7</
/ N ''--. 1-_ - 60 ~
§
J5
Abb. 439a-e. Warmfestigkei t von

~
// stabilisierten Aluminiumwerks toffen
40~
1/:
-

~ (uach ALUSUISSE [14]).


5
ljJ ~ ~- 20 a ~ Al 99,3 Glühtemp. 55 O°C
b ~ AlMgSit Glühtemp. 56 O°C
,e c ~ AICuMgl Glühtemp. 52 O°C
o 20 700 200 300 400 °e50rY d ~ AlCuNi Glühtemp.520°C
Prüflemperafur e ~ AIMg 7 Glühtemp. 450°C

36 Altenpohl, Aluminium
562 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Oftmals interessiert der Gleichgewichtsgrenzwert, welcher der nied-


rigsten Festigkeit entspricht, die der Werkstoff bei der interessierenden
Temperatur erreichen kann. In Abb. 439 sind die Warmfestigkeitenvon
Reinaluminium. und verschiedenen Legierungstypen eingetragen, die an
Proben erhalten wurden, welche vor der Prüfung einer vierstündigen
Glühung bei den angegebenen Temperaturen unterworfen waren. Nach
der Glühung wurden die Proben mit 50 grd pro Tag bis auf die jeweilige
Prüftemperatur abgekühlt. Es entspricht dies einer Stabilisierungs-
glühung, durch welche der Werkstoff in einen Zustand überführt wird, in
welchem bei der angewendeten Prüftemperatur keine weiteren Aus-
scheidungsvorgänge mehr auftreten.

°O~---3~--~o----~g----~~~--J6~n,~a-n~~m-o
IJlühdauer
Abb. 440. Wannfestigkeit vonAlMgSil bei 100°, 160° und 250°0 in Abhängigkeit von der GJühdaller
(nach ALUSUISSE [14]).
- - - - Zugfestigkeit; - - 0,2-Dehngrenze ; -. - . - •- Dehnung 6,.

Es kann auch die Frage gestellt werden, welche Werte die Warm-
festigkeit nach gewissen Glühdauern bei bestimmten Temperaturen
erreicht. Aus den Abb. 440 und 441 ist die Abhängigkeit der Warmfestig-
keit von der Glühdauer bei 100,160 und 250°0 der im Ausgangszustande
vollausgehärteten Legierungen der Gattung AlMgSil, AIOuMg1 ersicht-
lich. Die Ausgangswerte bei Raumtemperatur betrugen:
aO,2 aB <55
kpjmm2 kpjmm2 %
AIMgSil, warm ausgehärtet 30,5 33,9 14,7
AlCuMg 1, kalt ausgehärtet 32,7 46,5 15,8
Lit. S. 601) 2. Mechanische Eigenschaften 563

so 50
kpjmm:_ %
.~.

'"
'<;:;
40 40

~ !
~'"
~30
...
",-

~
--- -- --
30
g>
~
" 20 760°C
i?' 20"'"
ii
";' .t-.~~C
'"
c::,'
70 " --'-.. I
i
'

°O~--~3----~6~---9~--~~~--~~~n,um-a~k~m'0
Glühdauer
Abb.441. Warmfestigkeit von A1CuMgl bei 100', 160' und 250'C in Abhängigkeit von der Glüh·
dauer (nach AL USUISSE [14]).
- - - - Zugfestigkeit; - - - - - 0,2·Dehngrenze; _._._.- Dehnung 6,.

~,---~~~~--,----,----r-~

kpjmm Z

'"
~
§>,
'" 25 f---"*",,==---+--'I--"1t---+---1 ~20'f------t---r~~t---+---4
~ ~
§>, I

.r '"c,,-
~ 201~-4---+-~4-~-+-~

""
c,,'

LL_.
o 20 50 700 150 200 °eZSO o 20 50 100 150 200 250 °C300
Glüh-und Prüffemperofur vorhergegangene 8/ühfemperaflir
Prüffemperofur ~ ZO °C
Abb. 442. Warmdehngrenzen "0" nach ein· Abb. 443. Dehngren7.en "". bei Raumtemperatur
jähriger Glühzeit bei Temperaturen bis zu nach einjähriger Glühzeit bei Temperaturen bis
250' C (nach AL USUISSE [14]). zu 300'C (nach ALUSUISSE [14]).

36*
564 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Während sich die Festigkeit der Legierung AlMgSi1 bei 100°C ab


einem Monat Glühdauer nicht mehr wesentlich ändert, tritt bei dieser
Temperatur bei der Legierung AlCuMg 1 eine Steigerung der Zugfestig-
keit und Dehngrenze durch Warmaushärtung ein. Bei 160 und 250°C ist
bis zu 18 Monaten Glühdauer in sämtlichen Fällen eine Abnahme der
Festigkeit zu beobachten, die einem Endwert zustreben. In den Abb. 442
und 443 sind nach einjähriger
70
~I OB Glühung ermittelte Werte der
kp{mm"i-- Dehngrenze für Temperaturen
~
- 80
'0 % zwischen 20 und 250°C ange-
öO,;-
~ - 70

~
geben. Man entnimmt diesen
Abbildungen, daß die kupfer-

\\
/- haltigen Legierungen bei Tem-
/ peraturen bis etwa 200°C die
~ ; SO
warmfestesten sind. Vor allem
- 40 1 die Legierung AlCuNi zeichnet
~
~ //
,/ /
- .JO
~ sich durch ihre gute Warm-
festigkeit aus (s. a. Abb. 439d)
und wird daher z. B. für die

~
/ - zo Herstellung von Motorkolben
10
_ ~
..... ..... / /
.,,-/ /
~" "'- '0
verwendet, oder aber zum Bau
von Überschallflugzeugen (un-
terZusatzvonca.l,5%Mgund
_L o
o zo .f(} 1{X) 150
0
ZOO Z50 CSOO 1 % Fe [33]).
Glüh-undPrüffemperolur
Der Abb. 444 ist die Tem-
Abb.444. Warmfestigkeit von A1ZnMgCu 1,5 nach peraturabhängigkeit der Fe-
200 Stunden Glühzeit bei der entsprechenden Prüf·
temperatur (nach ALUSUISSE [14]). stigkeitswerte der Legierung
AlZnMgCul,5 zu entnehmen.
Tab. 53 vermittelt einige Angaben über den Einfluß einer längeren
Erwärmung auf die bei Raumtemperatur gemessenen Werte.

2.23 tJbersicht über die Festigkeitswerte im Temperaturbereich von - 200


+
bis 400 °0. Einfluß der Verformungsgeschwindigkeit

In Abb. 445 ist ein Beispiel für die Temperaturabhängigkeit des Elasti·
zitätsmoduls im Bereich von +400 bis -200°C angegeben. In Tab. 54
sind Angaben von ALCOA über die prozentuale Veränderung der Festig.
keitswerte zahlreicher Legierungen in Abhängigkeit von der Temperatur
wiedergegeben (Vergleichswert = Festigkeit bei Raumtemperatur). Es
gibt relativ wenige eingehende Untersuchungen über den Einfluß von
Temperatur und Verformungsgeschwindigkeit auf die plastische Ver.
formung des Aluminiums. Systematische Untersuchungen sind insbeson-
Tabelle 53. Festigkeitswerte einiger Knetlegierungen nach 10000 Stunden Temperatureinfluß, gemessen bei Raumtemperatur t-<
Zugfestiglceiten und Dehngrenzen in Prozent bezogen auf nicht erwärmte Proben F
(nach ALCOA)
rn
g;
Pro- ~
US-Leg. 316°0 371°0
DIN Bez. Zustand Eige nschaften 100°0 149°0 204°0 260°0
a) dukt R I 1 I I
6063 (E-AIMgSi) Lösungsgeglüht, ! A Zug! stigkeit 100 104 107 73 53 49 48
(- T42) abgeschreckt, Deh grenze 100 109 117 62 38 32 22
kalt ausgehärtet
~

6063 I (E-AIMgSi) Nach dem A Zugf< stigkeit 100 100 95 60 43 40 39 ~


r;,
(-T5) Strangpressen Dehn grenze 100 100 90 38 24 20 17
abgeschreckt, r.
warm aus-
gehärtet ~
t<J
~.
6063 I (E-AIMgSi) Lösungsgeglüht, A Zugf< stigkeit 100 100 81 46 33 31 30 00
(-T6) abgeschreckt, Dehn grenze 100 100 75 26 16 14 12 &
warm aus- ~
co
gehärtet i:l

7075 1 AIZnMgCu 1,51 Lösungsgeglüht, A Zugf< stigkeit 100 94 48 36 - - -


abgeschreckt, Dehn grenze 100 88 32 20 - - -
(-T6)
warm aus-
gehärtet

Für einige Legierungen kann man nach kurzen Erwärmungsperioden bei bestimmten Temperaturen niedrigere Festigkeitswerte feststellen
als nach längerer Erwärmung. In solchen Fällen ist das auftretende Minimum der Festigkeitswerte aufgeführt.
Ot
~
A = Alles Halbzeug; a = Zusammensetzung s. Tab. 55. Ot
Tabelle 54. Einfluß der Temperatur auf die Festigkeitswerte von Knetlegierungen. Zugfe8tigkeiten und O,2-Dehngrenzen in Prozent
bezogen auf Raumtemperatur- Werte, nach 10000 Std. Temperatureinfluß bei der angegebenen Temperatur be8timmt (nach ALCOA) Ot
~
~

US-Leg. Pro- -196 -79 -29 24 100 149 204 260 316 371
b) DIN Bez. Zmtand Eigenschaften
dukt oe oe oe oe oe oe oe oe oe oe
P
1100 A199 weichgeglüht A Zugfestigkeit 189 115 104 100 83 67 46 30 21 16 t<J
(-0) Dehngrenze 123 107 103 100 100 91 68 41 33 25
1100 Al 99 walzhart A Zugfestigkeit 144 109 104 100 89 74 25 16 11 9
(-H18) Dehngrenze 120 105 103 100 83 62 18 9 8 6
3003 AlMn weichgeglüht A Zugfestigkeit 206 122 107 100 82 68 52 37 25 18
(-0) Dehngrenze g.
3003 AlMn walzhart A Zugfestigkeit
145
143
116
110
105
104
100
100
93
89
83
78
72
51
58
25
41
14
31
10
I
a>

(-H18) Dehngrenze 122 107 103 100 77 58 32 15 9 7


~
~.
3004 AIMgMn weichgeglüht A Zugfestigkeit 164 110 103 100 100 81 55 38 27 18 ~.
(-0) Dehngrenze 133 103 100 100 100 100 94 68 46 28
3004 walzhart A Zugfestigkeit 140 107 101 100 97 76 52 29 18 12
(-H38) bei etwa 160°C Dehngrenze 121 102 100 100 100 74 41 20 14 8
~
schwach entfestigt g.
~
2014 AICuSiMn lösungsgeglüht, S Zugfestigkeit 130 105 104 100 85 50 22 15 11 8
(-T4) abgeschreckt, Dehngrenze 136 102 100 100 86 58 24 17 12 8 i
kalt ausgehärtet
2014 AICuSiMn lösungsgeglüht, W Zugfestigkeit 120 104 103 100 87 55 24 12 9 6
(-T6) abgeschreckt, Dehngrenze 116 104 102 100 88 52 22 12 8 6 i
warmausgehärtet
S Zugfestigkeit 124 105 102 100 85 44 19 13 10 7
Dehngrenze 125 105 102 100 87 41 17 12 9 5
~
rn
2024 AICuMg2 lösungsgeglüht, S Zugfestigkeit 128 102 100 100 95 61 26 17 10 7 0>
o
.....
(-T4) abgeschreckt, Dehngrenze 135 104 100 100 95 68 25 15 11 6
kalt ausgehärtet
5050 AIMgl weichgeglüht A Zugfestigkeit 171 110 102 100 100 90 60 41 27 18
(-0) Dehngrenze 125 107 103 100 100 100 88 62 48 35 t-<
~
5050 AlMgl walzhart, bei A Zugfestigkeit 141 106 101 100 98 81 40 28 18 12 rn
(-H38) ca. 160°0 Dehngrenze 122 103 100 100 100 81 25 18 14 10
schwach entfestigt
85
....
'--'

5052 AIMg3 weichgeglüht A Zugfestigkeit 158 106 101 100 99 87 63 45 30 19


(-0) Dehngrenze 121 100 100 100 100 100 90 60 38 23
5052 AIMg3 walzhart, A Zugfestigkeit 141 105 101 100 96 79 58 30 20 12
(-H38) bei ca. 160°0 Dehngrenze 116 101 100 100 98 77 40 20 12 8
schwach entfestigt ~

6063 I(AIMgSi) nach dem A Zugfestigkeit 138 108 105 100 87 75 34 17 12 8 ~


( - T 5) Dehngrenze 116 105 104 100 94 83 30 17 13 9 e
IStrangpressen
P"
~
abgeschreckt, t;j
warmausgehärtet fil·
e
P"
CD
7075 IAIZnMg IIÖSUngsgeglüht, A Zugfestigkeit 123 105 103 100 78 30 18 13 10 7 trJ
(-T6) Oul,5 abgeschreckt, Dehngrenze 124 105 102 100 80 28 16 12 8 6 ~.
warmausgehärtet t;j
Ul
e
2020 I(AlOuOd IIÖSUngsgeglüht, A Zugfestigkeit 100 95 69 33
(-T6) Li) abgeschreckt, Dehngrenze F
warmausgehärtet

7178 I(AIZnMg /lösungSgeglüht, A Zugfestigkeit 100 91 36 18


(-T6)a) Ou2) abgeschreckt, Dehngrenze 100 92 36 17
I warmausgehärtet

In einigen Fällen konnten nach kurzen Erwärmungsperioden niedrigere Festigkeitswerte festgestellt werden als nach 10000 Stunden; in
solchen Fällen sind die niedrigeren Werte angegeben. In den meisten Fällen wird eine Erwärmung auf 100°0 oder darüber einen Festig-
keitsrückgang bewirken, wenn die Probe anschließend bei Raumtemperatur gemessen wird.
CI
A = Alles Halbzeug; S = Strangpreßprodukte ; W = Walzhalbzeug 0:.
-l

a) nach 1000 Stunden Temperatureinfluß; b) Zusammensetzung s. Tab. 55


Tabelle 55. US.Legierungen* Cl
~
00
Zusammen8etzung* und DIN.Bezeichnungen**

Zusammensetzung in %
US·Leg. DIN·Bez.
I Si Fe Cu Mn Mg Cr Zn Ti p
I
I I t;:j
I
1100 Al 99 < 1,0 Si + Fe <0,2 <0,05 <0,1 l'
2014 AICuSiMn 0,5-1,2 <1,0 3,9-5,0 0,4-1,2 0,2-0,8 <0,1 <0,25 <0,15
2020 (AICuCdLi)*** <0,4 <0,4 4,0-5,0 0,3-0,8 <0,03 <0,25 <0,1 t
2024 AICuMg2 @'
<0,5 <0,5 3,8-4,9 0,3-0,9 1,2-1,8 <0,1 <0,25
'"
3003 AIMn <0,6 <0,7 <0,2 1,0-1,5 <0,1 §:
3004 AIMgMn <0,3 <0,7 <0,25 1,0-1,5 0,8-1,3 <0,25 ~,
5050 ~'
AIMgl <0,4 <0,7 <0,2 <0,1 1,0-1,8 <0,1 <0,25
'"
5052 AIMg3 <0,45 Si + Fe <0,1 <0,1 2,2-2,8 0,15-0,35 <0,1 §
p.
6061 (AIMgSiCu) 0,4-0,8 <0,7 0,15-0,4 <0,15 0,8-1,2 0,15-0,35 <0,25 <0,15 ~
Er
6063 (AIMgSi) 0,2-0,6 ~
I <0,35 <0,1 <0,1 0,45-0,9 <0,1 <0,1 <0,1
7075 AIZnMgCul,5 <0,5 <0,7 1,2-2,0 <0,3 2,1-2,9 0,18-0,4 5,1-6,1 <0,2 f
7178 (AIZnMgCu2) <0,5 <0,7 i 1,6-2,4 <0,3 2,4-3,1 0,18-0,4 6,3-7,3 <0,2 ~'
~
::;l
* Nach Aluminium Assoc., New York.
** Nach DIN 1725, BI. 1. '8
F
*** Cd: 0,10-0,35; Li: 0,9-1,7. V1
0>
o
....
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 569

dere über das Verformungsverhalten von Reinst- und Reinaluminium


[2, 8, 15] sowie der Legierung AICuMg durchgeführt worden [9].
Aus Abb. 446 ist ersichtlich, daß mit zunehmender Dehngeschwindig-
keit die Zugfestigkeit von weichem Reinaluminium bei Raumtemperatur
und auch bei erhöhter Temperatur merklich ansteigt; es ist dies eine

70 3 70 ' sec -1 700


Dehngeschwindigkeil
Abb.445. Elastizitätsmodul von Reinaluminium Abb.446. Einfluß der Verformungsgeschwindig-
und AlMgSil in Abhängigkeit von der Tcmpe· keit auf die Zugfestigkeit von weichgeglübtem
I'IItur. Werte für AlMgSil mit Zugversuchen Al 99,5 bei verschiedenen Temperaturen
(.,Feindehnungsmessung") ermittelt (nach AL U· (nach A. NADAI u.:LVI. MANJOINE [8]).
SUISSE); Werte für Al 99,6 mit Dämpfungsmes-
sungen ermittelt (nach W. KÖSTER [1]).

Eigenschaft, die auch bei Aluminiumlegierungen und anderen Werk-


stoffen in Erscheinung tritt. Mit zunehmender Zerreißgeschwindigkeit
nimmt sodann im allgemeinen die Bruchdehnung ab, der Werkstoff
erscheint weniger duktiJ1.
Die Ermittlung der mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit von
Temperatur und Verformungsgeschwindigkeit ist insbesondere zur Vor-
hersage des Verformungsverhaltens von Aluminium und Aluminium-
legierungen bei der ~Warmverformung von Interesse, z. B. beim Strang-
pressen, Warmwalzen oder Schmieden. Bei den genannten Verformungs-
verfahren wird das Gefüge hauptsächlich auf Schub beansprucht, so daß
auf Grund der Ergebnisse von Zugversuchen das Verformungsverhalten
1 Aus solchen Feststellungen kann allerdings nicht gefolgert werden, daß mit
zunehmender Verformungsgeschwindigkeit die plastische Verformung des Alumi-
niums bei technischen Umformungsvorgängen erschwert wird. Bei sehr hohen
Verformungsgeschwindigkeiten wird gerade das Gegenteil beobachtet. Beim Fließ-
pressen oder beim "explosive forming" wird das plastische Fließen sogar der
hochfesten Legierungen gegenüber niedrigen Umformungsgeschwindigkeiten er-
leichtert.
570 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

des Aluminiums bei den genannten Warmverformungsverfahren nur


bedingt vorhergesagt werden kann. Für systematische Untersuchungen
der plastischen Verformung durch Schubspannungen eignen sich ins-
besondere Torsionsversuche an Rundstäben, wie diese von D. S. FIELDS U.

JOr--------,--------~I---------r--_.

kpjmm2 Verformungsfemperafur -19S0C


:.....,---
:"-----

20~~~---+--------~--------~--~

o 2 J
Abg/eifung
Abb. 447. Abgleitungs-Schubspannnngs-Kurven von AlCuMg 2 (US-Leg. 2024), weich, für verschiedene
Temperaturen nnd Verformungsgeschwindigkeiten. Die Kurven wurden nach der Dlfferential-
Torsions-Methode erhalten (nach D. S. FIELDS U. W. A. BAOKOFEN [9]).
- - - - - - VerformungsgeschwindIgkeit 24 min-';
4min- 1 ;
0,96min';
_.-.-.-.-.- 0,16 min';
0,06min-'.

W. A. BACKOFEN [9] an der Legierung AlCuMg2 durchgeführt wurden.


Ein typisches Ergebnis ist in Abb. 447 wiedergegeben. Man erkennt, daß
der Einfluß der Verformungsgeschwindigkeit mit zunehmender Tempera-
tur deutlicher wird. Mit zunehmender Temperatur sinkt die Verformungs-
verfestigung stark ab und ist im vorliegenden Fall bei ca. 350°C bereits
vernachlässigbar.
Die genannte Methode dürfte sich eignen, in Laborversuchen relativ
rasch Aussagen über die Warmverformbarkeit verschiedener Legierungen
zu machen bzw. den Einfluß der thermischen Vorgeschichte des Ge-
füges auf die Warmverformbarkeit zu untersuchen.
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 571

2.3 Standfestigkeit der Aluminium-Knetlegierungen

2.31 Einführung

Zur Berechnung der zulässigen Belastung unter statischer Dauerlast


stehender Konstruktionen genügt es besonders bei erhöhten Betriebs-
temperaturen nicht, die durch den kurzzeitigen Zugversuch erfaßten
Dehngrenzenwerte der verwendeten Werkstoffe in Rechnung zu ziehen,
es müssen auch ihre Standfestigkeiten bekannt sein. Im Standversuch
wird das unter Dauerbelastung eintretende
Kriechen des Werkstoffes ermittelt; der Ver- E
such kann auf zweierlei Weise vorgenommen
werden:
a) Es wird in Abhängigkeit von der Be-
lastungzeit die Verlängerung eines unter
konstanter Spannung stehenden Stabes ge-
8
messen; aus den Ergebnissen läßt sich die AL-------------~~
Zeitdehnungs- oder Kriechkurve auf- Zeift
Abb.448.
zeichnen. Schema einer Kriechkurve.
Die Kriechkurve läßt sich nach Abb. 448 AB Belastungsdehnung; Ba pri-
märes Kriechen; OD sekundäres
in drei Äste zerlegen: Der Ast B C stellt das Kriechen; DE tertiäres Kriechen;
primäre Kriechen des Werkstoffes dar, mit E Bruch.
einer anfänglich relativ hohen Dehnge:;chwin-
digkeit des Stabes. Im Ast CD des sekundären Kriechens verläuft die
Kurve flacher, mit nahezu konstanter Kriechgeschwindigkeit, und im
tertiären Kriechvorgang des Astes DE steigt sie steil bis zum Bruche
des Stabes an.
Das Festigkeitsverhalten der Werkstoffe bei langzeitiger ruhender
Zuglast wird durch den Standversuch nach DIN 50118 bzw. 50119
ermittelt.
Die Beanspruchung des Stabes kann so bemessen sein, daß er durch
das eintretende Kriechen nach einer gewissen Zeit zu Bruch geht oder so,
daß nach unbegrenzter Zeit das Eintreten eines Bruches nicht zu erwar-
ten ist.
b) Wird ein Stab an seinen beiden Enden unter einer bestimmten
Dehnung so eingespannt, daß er seine Länge nicht mehr verändern kann,
dann kommt der Werkstoff zum Kriechen, wodurch seine Spannung
stetig absinkt. Man bezeichnet diese Erscheinung als Entspannung oder
Relaxation, die sowohl im elastischen als auch im plastischen Spannungs-
bereich auftritt. Der Werkstoff versucht, der ihm aufgezwungenen Span-
nung durch Kriechen auszuweichen.
572 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Als Entspannungsgeschwindigkeit wird die Geschwindigkeit definiert,


mit der die Spannung des Stabes abfällt; der Entspannungswiderstand ist
die Spannung, die sich nach Ablauf einer bestimmten Versuchszeit ein.
stellt.

2.32 Zeitstandjestigkeit und Zeitstandkriechgrenze

Als Zeitstandfestigkeit bezeichnet man beim Kriechversuch mit


ruhender Zuglast die Spannung (JB, welche nach einer bestimmten
Belastungszeit einen Stabbruch erzeugt.

~L- _ _ _ _~_ _ _ _ _ _~~_ _ _ _~_ _ _ _~~_ _ _ _~


1 m mZ mS h mS
Yersuchszeif
Abb. 449. Zeitstandfestigkeiten von Al 99,5 F7 (nach K. WELLINGER, E. KEIL U. G. MAIER [18]).

JOD
kp/ mm Z
SO

JO 0- 20 0 G
!OO 0.-

20 -,,-
0

--0
0
~. 0

0- 0 ~ 1----0
s
0- ~~
3
~ ~C
2 ~

!
! !O TOt: !OJ
Jlersuchszeif
Abb. 450. Zeitstandfestigkeit von AIMgSil F 32 (nach K. WELLINGER, E. KEIL u. G. MAlER [18]).

Ein Konstruktionselement darf unter Belastung nur geringe plasti-


sche Verformungen erleiden. Es ist daher die Kenntnis der Größe des bei
Dauerbelastung zu erwartenden Kriechbetrages erwünscht. Die Span-
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 573

nung, welche nach Ablauf einer vorgegebenen Belastungszeit einen be-


stimmten Kriechbetrag erzeugt, wird als Zeitdehngrenze definiert. 1 Die
Zeitdehngrenze wird auch als Zeitstandkriechgrenze bezeichnet.
Die Abb. 449 und 450 geben bei Raumtemperatur und bei erhöhten
Temperaturen von K. WELLINGER, E. KEIL und G. MAlER [18] gefun-

10,I
kp/mm 2
5
ZO°C
1-- ___
700

----- 180
----
~--
--- - ----
0,5 -_._-".
----- 240
JOD oe
I 10 /0;: /03 h lOS
Versuchszeif
Abb. 451. Zeitstandkriechgrenzen (1 % plastische Dehnnng) von AI 99,5 F 7 (nach K. WELLINGER,
E. KEIL U. G. JI1AIER [18]).

100'I
kp(mm Z
50
I
-- t--_ = ----
30
ZO°C
20
700

5
---
-- - --,
---, --
!.§!!.

3
Z
- -- - ---- --- 240

300°C

7
1 10 10 2 10 3 h 70s
Versuchszeif
Abb. 452. Zeitstandkriechgrenzen (1 % plastische Dehnung) von AIJl1gSi 1 F 32 (nach K. WELLINGER,
E. KEIL U. G. JI1AIER [18)).

dene Zeitstandfestigkeiten wieder (die plastische Anfangsdehnung ist


inbegriffen). Den Abb. 451 und 452 sind die Zeitstandkriechgrenzen 0'1 %
von Reinaluminium bzw. von AIMgSi 1 zu entnehmen. 2
1 Eine allgemein anerkannte Prüfnorm, welche einen bestimmten Kriechbetrag
oder eine bestimmte Belastungszeit zur Prüfung vorschreibt, existiert bisher nicht.
2 Um beim ausgehärteten AlMgSi 1 eine Gleichmäßigkeit der Festigkeitseigen-
schaften herbeizuführen, wurden die Probestäbe vor dem Belasten bei 100°C
200 Stunden lang und ab 180°C 100 Stunden lang auf Versuchstemperatur gehalten.
574 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

2.33 Dauerstandkriechgrenze

Das Kriechen des Aluminiums und anderer Metalle ist nur durch
Langzeitversuche bis zu 10000 und mehr Belastungsstunden befriedigend
genau zu erfassen. 1 Unter dem Begriff der Dauerstandkriechgrenze wird
die Spannung verstanden, bei welcher der Zugstab innerhalb einer unbe-
grenzt großen Zeitspanne keinen Bruch erleidet, weil das anfängliche
Kriechen mit Sicherheit zum Stillstand kommt; über diese Kriechgrenze
hinaus beansprucht, geht der Stab nach genügend langer Belastung zu
Bruch. Die Dauerstandkriechgrenze läßt sich nur in Näherung ermitteln;
sie läßt sich mehr oder weniger genau abschätzen, je nach Umfang der
vorhandenen Untersuchungsdaten.

2.34 DVM-Kriechgrenze

Ein Kurzverfahren, das zur raschen Orientierung über das Kriech-


verhalten Auskunft gibt, ist die Bestimmung der DVM-Kriechgrenze
(DIN 50117). Als DVM-Ktiech-
grenze bezeichnet man die
Spannung, bei der sich der Pro-
bestab in der 25. bis 35. Stunde
des Versuches mit einer mittleren
Dehngeschwindigkeit von 10-3 %
pro Stunde verformt. Die blei-
bende Verformung des Stabes
darf dabei nach der 45. Be-
lastungsstunde nicht größer sein
als 0,2%. Dieses für Stahl aus-
10
gearbeitete Verfahren wurde von
einzelnen Autoren auch für Alu-
5 miniumlegierungen übernom-
men ; jedoch ist dieses Verfahren
50 umstritten und muß sogar als
überholt gelten.
Abb. 453. DVM-Kriechgrenzen von Al 99,5 und ver· In Abb. 453 ist die DVM-
schiedener Al-Legierungen
(nach WIELANDWERKE AG, ULM (D.)). Kriechgrenze in Abhängigkeit

1 Die Bestimmung der Dauerstandfestigkeit kommt wegen ihrer Langwierigkeit


am ehesten für grundlegende UnterSUChungen in Betracht. Für die praktische Ab-
nahmeprüfgung in einem Temperaturbereich, in dem Kriechen auftritt, wird man
im allgemeinen auf die Ermittlung einer ausreichenden Zeitstandfestigkeit ab-
zielen. Die empfohlene Prüfdauer ist daher von Fall zu Fall festzulegen_
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 575

von der Temperatur für verschiedene Legierungen wiedergegeben. Um


einen hinlänglichen Sicherheitsfaktor zu haben, wird man bei prak-
tischen Konstruktionsfällen niedrigere Beanspruchungen einsetzen als
in Abb. 453 angegeben.

2.35 Kriechkurven

Abb. 454 und 455 zeigen die bei einer Temperatur von 130°C und den
angegebenen Spannungen ermittelten Kriechkurven der Legierungen
AlMgSi und AlCuMg. Nebst der Zeitstandfestigkeit und der Zeitstand-
kriechgrenze kann auch die Dehngeschwindigkeit als Kriterium der

Abb.454. Zeit-Dehnungs- und Zeit-Dehngeschwindigkeitskurve von AlMgSi1, warmausgehärtet.


Spannung (J = 18 kp/mm', Temperatur = 130°C (nach ALUSUISSE [19]).

Standfestigkeit des "\Verkstoffes bewertet werden. Nimmt im Langzeit-


versuch die Dehngeschwindigkeit stetig ab und geht sie, - wie in Abb. 455
- nach einigen tausend Stunden nach Null strebend, in einen zur Zeit-
achse asymptotischen Verlauf über, dann ist mit einiger Wahrscheinlich-
keit anzunehmen, daß die Werkstoffbeanspruchung nicht in kritischen
Grenzen liegt, wenn noch die Gesamtdehnung und die nach Entlastung
bei Raumtemperatur feststellbare, plastische Verformung nicht zu groß
ist. Im Beispiel der Abb. 454 liegt eine Belastung oberhalb der Dauer-
standkriechgrenze vor.
576 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

1,~.---------r--,--,---r--r--~~r--r-I~--'I---r
I--~-'--'

%0; I I I Deh~t---~q4%/d
2r-------t---~_+--~-__+---j---~_+---i=~--~~,_~--~~ffi

o
,/<'fl,~~ J1!------jI--------+--1 11 !
1

rt
j __ 1 qz'

IIT loi
1

Io,81--i--~-1
1

24 i I I
~ 6, t18 --- f Ausgangsmaferial be; eo°C ~
0, I cfo,oz~ 23,6 kp/mm -
'" 12~ -- O'o,z ~ 26,6 kp/mm Z ~
, ------i-i 0'8 =42,8 kp/mm Z
8

0" \-f~ --t--. 6 -~'0 :~~f~:mmzt------+-J-+:--+---I---14


n? \ _ J 0 2 'I 6 %0 ~ -_1-_ __
f- I
~: I I I Deh~geschwindigkeif
"'" I'

I I 2
o w w ~ R ~ ~ ~ m _ • ~ ~ ~ ~ ~dJ
Be/asfungsdauer
Abb.455. Zeit-Dehnungs- nnd Zeit-Dehngeschwindigkeits-Kurve von AICuMg1, kaltausgehärtet.
Spannung (j = 17,3 kp/mm', Temperatur = 130°0 (nach ALUSUISSE [19]).

2.36 Auswertung der Kriechkurven

Die Kriechkurven lassen sich aus Ästen von Parabeln zusammen-


setzen, deren Ursprung im Nullpunkt der Zeit-Dehnungskoordinaten
liegt. Für diese Parabeln gelten Gleichungen der Form
Lll = a . t"", (1)
Lll ist die Stabverlängerung durch das Kriechen während der Belastungs-
zeit t; a und m sind Konstanten.
Die Abb. 456 und 457 zeigen das Kriechen in doppeltlogarithmischer
Darstellung; die Äste der Kriechkurven transformieren sich zu Geraden.
Die den Dehnungslinien beigeschriebenen Zahlen geben die Prüftempera-
tur sowie die Stabspannung in % der auf Raumtemperatur bezogenen
O,2-Grenze an.
Aus der GI. (1) erhält man die Kriechgeschwindigkeit v durch Differen-
tiation nach der Zeit t; es ist
v = m . a . t""-l (2)
Die in Tab. 56 und 57 beschriebenen Dehnungsfunktionen wurden
aus experimentell ermittelten Kriechkurven erhalten. Aus ihnen kann
man die Kriechdehnungen für beliebige Belastungszeiten berechnen. l
1 Die in den Tab. angegebenen Schnittpunkte beziehen sich auf die Schnitt-
punkte S der beiden jeweils in Frage kommenden Parabeln K (s. Abb. 458).
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 577
40
%0 ,I 0/. ~ I --
2~e 1~~~1~-
- -
10

-- - '~100°C~~ ~C65%60'!
100 oe 50% (fo~
--
101
p- ....-
I- e-- _I, o/< ~
r--
,.

z6°C5,q3°J
0, 1
-
-- - --
r - f-"
1--" '
f-.=C:: I ----
I
0,0I10
100 1000 h 10000
Be/asfungsdauer
Abb. 456. Logarithmische Dan;tellllng der Abhängigkeit der Kriechdehnung von der Belastungsdauer
von AßlgSil F32, warmausgehärtet. Dehngrenze G O,2 bei Raumtempemtur = 30 kp/mm', GB =
35,5 kpjmm' (nach ALl;SC[SSE [1.?]),

20
101°e lZ0 %0"0,2
10
%0 ,..-
Y ,-,- - -
-+ .1-

11---
_. e
131° 65 O[o!~L.---
f--" - lÖl~
i6dc 100 %(fo,~
,..- -- -- -
~:::.:o!.':.(j'o,z -
0.0 1
- - --
r--~ ~

r--, 1
f-
0,00 I,
iO 100 1000 10000h 20000
Belastungsdauer
Abb. 457. Logarithmische Darstellung der Abhängigkeit der Kriechdehnung von der Belastungsdauer
vonAlCuMg 1 kaItausgehärtet. Dehugrenze G O• 2 bei Raumtemperatnr = 26,6 kpjmm', GB = 42,8 kpjmm'
(nach ALUSUISSE [19]).

---
Be/asfungsdauer I
Abb. 458. ZUf-lanunensetzung der Kriechkurve aus Kurvenästen K.
S Schnittpunkte der Aste (s. Tab. 56 u. 57).

37 Altenpohl, Aluminium
Tabelle 57 Dehnungs/unktionen der Legierung AlCuMgl, kalt-
ausgehärtet (nach ALUSUISSE) Cl
-l
°0 ,2 = 26,6 kp/mm 2; h = Belastungsdauer in Stunden 00

Tabelle 56 Dehnung Lll Schnittpunkt


Dehnungs/unktionen der Legierung AIMySi1; warmausgehärtet. oe in '/1000% pro Std, bei
(nach ALUSUISSE) 9
°0 ,2 = 30 kp/mm 2 ; h = Belastungsdauer in Stunden 26 50 0,175 . hO ,320 } t:rJ
0,280 . hO,231 197 Std. aq'
t1>
i:I
Geprüft bei 2,520 . hO,149 CI>
Schnittpunkt 26 100 0
Dehnung .Jl in 1/ 1000 % ::r"
oe ~~ fJ O,2
bei 100 80 0,595 . hO,257 , I"
21) Std.
6,936 . 10- 2 • hO,992 f t1>
-.,..
i:I
26 1)0 0,857 . hO,372 } 6,936 . 10-2 . hO,992 } t1>
102 Std. 91 Std. CI>
1,31)5 . hO,273 0,157 . hO,7H '"'
26 100 109,2 . hO,365 \ 0,157 . hO,7H \ ~
71)50 Std. 566 Std.
361,8 . hO,231 f 0,801 . hO,484 f §.
i:I
101 50 8,831 . hO,256 \ 101 100 1,834. hO,H3' S'
202 Std. 120 Std.
4,818 . hO,370 f 2,590 . hO,342 f S
2 590 . hO,342 } '"
:=
100 65 16,27 . hO,277 \ 673 Std. i:I
8,816 . hO,379 J 405 Std. 3:635 . hO,289
CI>
t1>
'"'
133 40 2,04.'i . hO,513 \ 101 120 28,65 . h O,752 } ~.
982 Std. 96,12 . hO,413 35 Std.
1,079 . hO,606 f ....
130 60 6,379 . hO,357\ 96,12 . hO,H3 } rt1>
207 Std. (JQ
384 Std. 601 . hO,069
1,763 . hO,573 f ~.

1,763. hO,573 \ 601 . hO,069 } I'l


2828 Std. i:I
1853 Std. 880,1 . hO,021 (JQ
0,012 . h 1,236 f t1>
i:I
0,012 . h 1,236 131 65 5,308 . hO,334 }
5869 Std. 257 Std.
1,656· 10-17 h 5,178 f\ 1,015 . hO,632 . t=<
&"
1,015 . hO,632 }
46,46 . hO,103 1375 Std. ~
a>
0
46,46 . hO,103 }
12320 Std.
....
8,693 . hO,281
~
-1
* Tabelle 58. "lI ittle/'( bl'rechnete Dch'llo{jP8ch'll'indigkeitc'I! da LI'gic/"un(1 ALMgSi 1. 1I'armau8gchärlel in 10-3 r;:) pro Sfttnde (nach ALUSUISSE) t-'
~.
00.2 = 30 kpjmm 2
rn
a.
nPjlriift lJei llelastullgHilltervall in Stunden o
I i
~
oe '.'" al),! :lO± G JOO± 10 500±;;0 1000 ± 100 I 2400 ',120 41:\00::L 120 7200 ± 120 9600 ± 120
I I I I
26 50 0,0379 0,0154 0,00403 0,00244 0,00129 0,00095 0,00056 0,00048
26 100 4,625 2,141 0,770 0,497 0,282 0,182 0,1365 0,0723 *
101 50 0,181 0,0737 0,0358 0,0231 0,01325 0,00863 0,00662 0,00562*
I
100 65 0,387 0,162 0,0705 0,0458 0,0268 0,0176 *
~
100 80 1,13 0,467 0,266 0,403 4,55
133 40 0,2008 0,1125 0,0536 0,0432 0,0303 0,0233 * ~
130 60 0,2565 0,1258 0,070 0,0518 0,0936 0,1101 1,158 * '"
* Extrapoliert f.
~
Tabelle 59. Mittlere bl'rechneleDehngeschu'indigkeiten der I,egientng ALCuMg1, kaltausgehärt(t in 10-3 % pm Stunde, (nach ALUSUISSE) tx.J
0'0,2 = 26,6 kpjmm 2

Geprüft bei lIelastungsintervall in Stunden


oe I 0,(j aa.2 30 ±5 100 ± 10 500 ± 50 I 1000 ± 100 I 2400 ± 120 I 4800 ± 120 I 7200.'c 120 I 9600 ± 120 12000 ± 120 I 14400 ± 120
I i i
i
26 50 0,0056 0,0024 0,0005 0,00032 0,00016 0,000095 0,00007 0,000056 0,000048*
26 100 0,029 0,0074 0,0019 0,0010 0,00050 0,00027 0,000199 0,000157 0,000126 *
100 50 0,0357 0,03015 0,01548 0,01179 0,00493 0,0130 0,000342 0,00034 *
100 80 0,049 0,035 0,0233 0,01097 0,00697 0,00484 *
101 100 0,1035 0,0508 0,01484 0,00772 0,00415 0,00257 * I
101 120 9,31 2,67 0,129 0,0691 0,0305 0,00367 I 0,00294 *
131 I 65 0,1848 0,0825 0,0653 0,0506 0,00465 0,00199 0,00174 0,00116 0,00290 0,00253
Ot
....:j
* Extrapoliert ::g
580 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Die Tab. 58 und 59 enthalten für verschiedene Belastungszeitinter-


valle aus den Funktionen der Tab. 56 und 57 berechnete, mittlere Dehn-
geschwindigkeiten in 1/1000% pro Stunde. Die neben den Prüftempera-
turen stehenden Stabspannungen sind prozentual auf die bei Raumtem-
peratur gemessenen Dehngrenzen 0"0.2 bezogen.
Unter Berücksichtigung der gesamten Kriechdehnung, ermittelt bis
zu 10000 Stunden Belastungsdauer, der Dehngeschwindigkeit und der
nach Entlastung bei Raumtemperatur bleibenden Verformungen lassen
120
sich aus den Kurven der
Abb. 459 die abzuschätzen-
\ den Dauerstandkriechgrenzen
\ AICuMgl der LegierungstypenAl~lgSi 1.
Vall ausgehärtet
AlOuMg 1 und AlMg 5 bis zu
Of- AI MgSi 1 \ \
warm ausgehärtet1 \ Temperaturen von 250°0 ab-
....... _~
'-. \\ lesen. Es ist dabei zu beach-

~\\ ,
'-',. ten, daß an Werkstoff gleicher
Zusammensetzung durchge-
"\ ,
~', "
führte Standversuche bei
mehrmaliger Wiederholung
-
AIMg~ ........--: ....
'--'-
merkliche Streuungen der
weich
o 50 100 1500 200 C650 Meßwerte ergeben können.
Prüflemperalur Die kupferhaltigen Alumi-
Abb. 459. Dauerstandkriechgrenzen niumlegierungen sind die
von A1MgSi 1 warmausgehärtet, standfestesten, dann folgen
von A1CuMg 1 kaltausgehärtet und
von A1Mg 5 weich die Legierungen des Types
(nach ALUSUISSE). AlMgSi und hierauf die Alu-
minium - Magnesiumlegierun-
gen, deren Standfestigkeit mit zunehmendem Magnesiumgehalt abnimmt.
Der günstige Einfluß von Kupferzusätzen auf die Dauerstandfestig-
keit bei erhöhten Temperaturen kommt in den Werten der Aktivierungs-
energie des Kriechens deutlich zum Ausdruck; bei Einkristallen bewirken
bereits Kupferzusätze von 0,1 bis 0,25% eine deutliche Steigerung der
Aktivierungsenergie des Kriechens bei Temperaturen bis etwa 400°0 [10].
Die Standfestigkeit einiger Gußlegierungen ist auf S. 816 beschrieben.

2.4 Verformungsverhalten des Aluminiums in Abhängigkeit von der


Temperatur - Theoretische Ansätze

2.41 Übersicht
Das Verformungsverhalten der Metalle wird in Abhängigkeit von der
Temperatur durch eine ganze Reihe von Variablen beeinflußt.
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 581

Außer der Temperatur und der Dauer ihrer Einwirkung sind vor allem
folgende Variablen zu nennen:
Verformungsverfahren
Verformungsgeschwindigkeit
Korngröße
Kristallographische Beziehungen zwischen angreifender Kraft und
Gleitebenen
Gefügezustand vor Versuchsbeginn bzw. im Augenblick der Messung
(kaltverfestigt, erholt, rekristallisiert)
Ausscheidungszustand der Legierungselemente.
Die Vielzahl der Variablen erschwert es, die einzelnen Untersuchungen
verschiedener Autoren miteinander zu vergleichen. Daher überrascht es
nicht, daß auch in neuen Untersuchungen darauf hingewiesen wird,
daß es bisher keine eindeutige Theorie gibt, welche den EinHuß der
Temperatur auf das Verformungsverhalten des Aluminiums beschreibt
oder sogar vorhersagt. l
Immerhin sind gewisse Zusammenhänge experimentell befriedigend
geklärt und können als Grundlage weiterer theoretischer Ansätze dienen.
Im folgenden wird auf einige typische Ergebnisse dieser Art kurz einge-
gangen. Hierbei wird - mit Ausnahme einzelner Hinweise - auf die
Wiedergabe der Versetzungstheorie oder der kristallographischen Gesetz-
mäßigkeiten verzichtet (siehe dazu S. 228 u. 257). Gefügebeobachtungen
s. z. B S. 294 bis 302.

2.42 Hinweis auf etntge Faktoren, welche bei det· Untersuchung des
K riechens die Meßwerte beeinflussen

Das Kriechverhalten der Metalle wird vor allem von folgenden Fak-
toren beeinflußt:

2.421 Verfestigung dureh Kaltverformung. Durch das Dehnen tritt


eine Verfestigung ein. Diese Verfestigung bewirkt, daß das Kriechen des
Werkstoffes abklingt. Die beim Kriechen auftretende Verfestigung ver-
anschaulicht Abb. 460, welche durch Feinmessung ermittelte Zerreißdia-
gramme wiedergibt. Diese wurden an nicht gebrochenen Stäben erhalten,
die zuvor einer Dauerbelastung unterworfen worden waren. Man erkennt
deutlich die höher liegenden Dehngrenzenwerte der dauerbelasteten
Stäbe gegenüber dem nicht belasteten Ausgangsmaterial. Im vorliegen-
den Fall ist allerdings das Ansteigen der Dehngrenze teilweise durch Aus-
1 In neuerer Zeit wird versucht, mit Hilfe einer einzigen Aktivierungsenergie bei
einer gegebenen Legierung von definiertem Ausgangszustand einen Teil der Kriech-
kurve vorherzusagen, siehe dazu J. E. DORN [20] und K. E. MANN [21].
582 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

härtungsvorgänge bewirkt. Ein "Hochzüchten" der Dehngrenze durch


statische Dauerbelastung wird aber auch bei nicht aushärtbaren Legie-
rungen beobachtet.
44,---,---,---~------~--,---,---,---,

kp/mm 2
40

361--~-t----+-

32

281----1----1----1
1

S>,24 __+-_'_'_ 0:+42_ ~t---+---I


I
:J} 20
I
-i I

16

12

J 4 5 7 8 %09
Dehnung
Abb. 460. Verfestiguug dauerbelasteter Stäbe aus AICuMgl (nach ALUSUISSE)
1 Ausgangsma terial
2 nach 15387 Stunden Belastung bei a ~ 17,3 kpjmm' und 130"C
3 nach 3744 Stunden Belastung bei a ~ 21,3 kpjmm' und 100"C
4 nach 6624 Stunden Belastung bei a ~ 31,9 kpjmm' und 100"C

II G O,02 (JO,2 aB °10

I kpjmm' kpjmm'
I kpjmm'
I
0'
/0

1 23,6 26,6 42,8 19,2


2 33,5 37,4 43,4 6,7
3 36,7 39,9 45,6 7,2
4 38,0 40,R 46,3 10,8

2.422 Ausscheidungsvorgänge. Je nach der thermischen Vor-


geschichte und vor allem bei erhöhter Temperatur können Ausschei-
dungsvorgänge den Kriechvorgang beeinflussen. Durch Ausscheidung
von gelösten Legierungselementen kann die Gitterkonstante der Kristalle
verändert werden, Die dadurch verursachten Längenänderungen können
die gemessenen Dehnungswerte bei Kriechversuchen merklich beein-
flussen,
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 583

Die Untersuchung des Kriechens tordierter Federn ist ein besonders


geeignetes Verfahren, um im Labor mit kleinem Aufwand in relativ
kurzer Zeit Aussagen über den Einfluß verschiedener Variablen (Legie-
rungszusammensetzung, thermische Vorgeschichte, Kaltverformungs-
grad) auf das Kriechverhalten machen zu können. Bei dem Verfahren
wird t'ine aus dem zu prüfenden Drahtmaterial hergestellte Torsions-
fedel' in einem Flüssigkeitsbad mit konstantgehaltener Temperatur be-
lastet.
Das Verfahren wurde wohl zuerst von G. MASING und Mitarbeitern
[22, 23] eingehender angewendet. In einer Untersuchung von F. ERD-
MANN-JESNITZER und Mitarbeitern [24]
wurde das Verfahren zur Untersuchung

---
von Reinstaluminiumproben mit unter-
5
5ka/,enleile I--il
4

- ./'
V -----
/
b
1~
180 360 540 7Z0 5 900 o 0,01 o,OZ 0,03 0,04 6ew.·% 0,06
Zeit Eisengehalf
Abb. 461. Kriechen von HeinRtaluminium AI 99.98 lt Abb. 462. Einfluß des Eisengehaltes und
von cu. 600°C abgeschreckt, bei ltaumtemperatllr der Lösungsgliihtemperatur auf das Kriech·
(Kurve a,) bzw. bei 80°C aUHgclagert (Kurve b) verhalten von AI 99,98 H. (nach F, ERD·
(nach F. ERDl[ANN·Jll~N[1'Z~lR 11. l\Iitarb. 1241). ~UNN·.rllSS'ITZER u. l\iitarb. [24]).

schiedlichen Gehalten an gelösten Legierungselementen (insbesondere


an gelöstem Eisen) eingesetzt.
Die Ergebnisse zeigten folgendes: Der Einfluß des Eisengehaltes auf
die Daucrstandfestigkeit von Aluminium ist grundsätzlich davon ab-
hängig. in welcher Form das Eisen im Aluminium vorliegt. In Form hete-
rogener Ausscheidungen verschlechtcrt ein Eisenzusatz im untersuchten
Bereich die Daucnitandfestigkeit des Reinstaluminiums, .Je mehr Eisen
im Aluminium gelöst enthalten ist. um so stärker wird das Kriechen
behindert. Um das Eisen im Aluminium gelöst zu behalten, ist es not·
wendig, von hohen Lösung;,;temperaturen abzuschrecken.
Eine zusätzliche Kriechbchinderung tritt durch ein Anlassen z. B.
bei 80°C auf (Abb.461). Da das Maximum der Kriechbehinderung bei
maximal gelöstem Eisengehalt liegt, kann man mit Hilfe gemessener
Kriechminima die Löslichkeitslinie für Eisen im Aluminium bis zu sehr
geringen Eisengehalten nachprüfen (Abb. 462).
584 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

In einer Arbeit von G. LUCAS und G. MASING wird festgestellt, daß das
Kriechen von Drahtspiralen aus Reinstalurninium stark davon abhängt,
ob nach einer Glühung bei 400 oe langsam abgekühlt oder abgeschreckt
wird [23]. Im ersten Falle ist die durch Kriechen auftretende Dehnung
nahezu doppelt so hoch wie im zweiten.
Bei harten Aluminiumdrahtspiralen folgt der Kriechvorgang an-
nähernd einer parabolischen Beziehung, wie sie in GI. (1) auf S.576
wiedergegeben ist. In dieser Gleichung hängt der Exponent m stark vom
Lösungszustand der Fremdatome und der thermischen Vorgeschichte ab
[23]. Ähnliche Feststellungen lassen sich für das Kriechverhalten der Le-
gierungen treffen, worauf hier im einzelnen nicht eingegangen werden
kann.
2.423 Kristallerholung und Rekristallisation. Mit zunehmender Tem-
peratur können je nach der vorausgegangenen Kaltverformung Erholung
oder Rekristallisation eintreten, die eine Entfestigung und dadurch ein
vermehrtes Kriechen hervorrufen.

2.43 Einwirkung tiefer Temperaturen auf den Verformungsmechanismus


Untersucht man die Verformbarkeit des Aluminiums in Abhängig-
keit von der Temperatur, so findet man ein Minimum der Bruchdehnung
+
etwa bei Raumtemperatur oder z. B. zwischen - 80 und 50 oe, je nach
Legierung und Vorgeschichte des Materials. Die Zunahme der Ver-
formbarkeit zu höheren Temperaturen hin erscheint atomistisch ohne
weiteres verständlich; z. B. erleichtert die zunehmende Konzentration an
Leerstellen den Platzwechsel von Atomen und somit Erholungsvorgänge
durch das Auslöschen oder Klettern von Versetzungen.
Schwieriger ist es dagegen, die Veränderung der Festigkeitswerte
(inkl. der Dehnungswerte ) zu tieferen Temperaturen hin zu verstehen.
Erfolgt die Verformung bei tiefen Temperaturen (unter -50 bis
-100°0), so treten insbesondere drei Phänomene auf:
I. Tiefe Temperaturen begünstigen ein gleichmäßiges Abgleiten über
größere Strecken innerhalb einer Gleitebene [26].
II. Bei tiefen Temperaturen bleibt die Quergleitung (cross slip) aus, da
zu diesem Vorgang eine thermische Aktivierung notwendig ist.
III. Bei tiefen Temperaturen ist die Erholung der mechanischen Kenn-
werte (erkennbar an der Subkornbildung) stark verlangsamt.
Interessant ist sodann das Bruchverhalten unter Zugbelastung in Ab-
hängigkeit von der Temperatur:
Bis zu Temperaturen von ca. 45°K herab werden bei allen Alumi-
niumwerkstoffen in der Nähe der Bruchzone kleine Hohlräume gefunden
(s. z. B. Abb. 243 S. 299). Diese sind bei der Fortpflanzung des Bruches
maßgeblich beteiligt und entstehen durch Kondensation von Leerstellen
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 585

oder durch Trennbrüche an Phasengrenzflächen. Wir können hierauf im


einzelnen nicht eingehen und verweisen dazu auf die Arbeit von G. Y. CHIN,
W. F. HOSFORD jr. und W. A. BACKOFEN [45].

2.5 Dauerfestigkeit oder Wechselfestigkeit


2.51 Aufgabenstellung
über Dauerfestigkeit und Ermüdungsvorgänge sind insbesondere bei
hochfesten Aluminiumlegierungen eine größere Anzahl von Unter-
suchungen durchgeführt worden, im Hinblick auf die Wichtigkeit dieses
Problemkreises für die Flugzeugindustrie.
Arbeiten über die Phänomene der Ermüdung können hauptsächlich
in folgende Gruppen unterteilt werden:
Aufnahme von Ermüdungskurven (Zeit-Festigkeitskurven).
Mikroskopische Verfolgung der Ermüdungsvorgänge.
Aufstellung einer Theorie über die Elementarvorgänge.
Das gesamte Gebiet ist noch im Fluß, und wir müssen uns darauf
beschränken, einen kurzen überblick über die wichtigsten Einflußgrößen
zu geben und einige typische Untersuchungsergebnisse zu zitieren.
Eine Literaturübersicht über die Wechselfestigkeit des Aluminiums
geben insbesondere R. L. TEMPLIN [29], P. BRENNER [30] und G. FOR-
REST [31].
2.52 Untersuchunysverfahren
Die Untersuchung auf Dauerfestigkeit erfolgt durch periodisch wech-
selnde Belastung von Probestäben oder Konstruktionselementen auf Zug.
Druck, Biegung oder Torsion. Teilweise werden die Proben abwechselnd
auf Zug und Druck belastet. Häufig wird die Wechselbiegeprüfung oder
die wechselnde Zugbelastung gemäß Abb. 463 b als Prüfverfahren ange-
wendet.
Die Festlegung der Dauerfestigkeit geschieht im allgemeinen an
Probestäben durch die Ermittlung der WÖHLER-Kurve. Aus ihr lassen sich
die Zeitfestigkeit (Lebensdauer) und die Dauerfestigkeit entnehmen.
Unter der Zeitfestigkeit versteht man den Spannungsausschlag
~-~ ~+~
(Amplitude) GA = --2- ,der bei gegebener Mittelspannung Gm = --2-
nach einer vorgeschriebenen Spannungswechselzahl n den Probestab zu
Bruch bringt; Go = Überspannung, G.. = Unterspannung.
Es lassen sich nach Abb. 463 folgende dynamische Beanspruchungs-
arten unterscheiden:
a) Schwellbeanspruchung:
Go und G.. liegen beide im Zug- oder beide im Druckgebiet.
b) Reine Schwellbeanspruchung:
(1" = 0; (10 liegt im Zug- oder im Druckgebiet.
586 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

c) Wechselbeanspruchung:
Die Spannung wechselt ihr Vorzeichen vom Zug- ins Druckgebiet.
d) Reine Wechselbeanspruchung:
(Jo und (Ju sind in ihrem Betrage gleich und haben entgegenge-

setztes Vorzeichen.
In Abb. 464 ist die mit Mittelspannung (Jm = 0, d. h. bei reiner
Wechselbeanspruchung, an Probestäben des warm ausgehärteten Legie-
rungstypes AlMgSi 1 ermit-
telte WÖHLER-Kurve einge-
zeichnet. Aus ihr läßt sich
z. B. für den Spannungs-
ausschlag (JA = 11,6 kpJmm2
die Lebensdauer von N
a Zet! Zeit = 2 . 106 Spannungswechseln
d ablesen. Die Dauerfestigkeit
(JD beträgt rund ± 10kpJmm2 •

Bei Beanspruchung auf


Dauerfestigkeit oder gerin-
Zeit gere Ausschläge ist in abseh-
c d barer Zeit kein Bruch des
Werkstoffes zu erwarten.
Abb. 463a-d. Ermüdungsprüfung durch wechselnde
Zugbelastung (a u. b) bzw. durch wechselnde Zug- und Bei Stahl beträgt, nach
Druckbelastung (c u. d). DIN 50100, die der Dauer-
a) Schwellheanspruchung
(ohne Dmchlaufen eines Spannungsnullwertes) ; festigkeit entsprechende
bl Reine Srhwellbeanspruchung*; Grenzspann ungswechselzahl
<3) Weehselbeanspruclmng;
d) Reine Wechselbeanspruchung; rund 10· 106 ; beim Alumi-
* Die zulässige obere Grenzspannung 0"0 wird a.ls Schwen~ nium soll sie erfahrungsge-
festigkeit aSch (früher auch Ursprungsfestigkeit a u ,)
bezeichnet. mäß bei rund 100· 106 Span-
nungswechseln liegen, d. h.,
man darf erst von 100.106 Spannungswechseln ab mit dem Beginn des
horizontalen Astes der W ÖHLER-Kurve rechnen. Für Leichtmetalle haben
sich auch Grenzspannungswechselzahlen von 10 bis 50 . 106 eingebürgert.
Der für eine bestimmte Lebensdauer zulässige Spannungsausschlag (JA
ist abhängig von der Größe der Mittelspannung (Jm, die einer statischen
Vorspannung entspricht: s. Abb. 465. Diese Abhängigkeit läßt sich auch
durch die Schaubilder nach SMITH bzw. nach HAIGH oder nach GOOD.
MAN darstellen (DIN 50100).
In Abb. 466 ist, nach Auftragungsart von GoomlAN, die Oberspan.
nung (Ja zur Unterspannung (Ju in Beziehung gebracht, und zwar für den
warm ausgehärteten Legierungstyp AIMgS 1, für die Lebensdauer 2 . 106
Spannungswechsel. Als Abszissen sind die unteren Grenzspannungen (J1l
und als Ordinaten die dazugehörenden oberen Grenzspannungen (Ja auf·
Lit. S. 601J 2. Mechanische Eigenschaften 587

get.ragen; es ergibt sich die obere Grenzspannungslinie. Auf der zur Ab-
szisse im Winkel von 45° gezogen durch den Koordinatennullpunkt gehen-
den Geraden liegen dic Werte von (Ja' sie entspricht der unteren Grenz-
spannungslinie .

:~
----,
c - - - - - - - - - --
, !
(fA ~71,6
I
I
1

I
)-~
rr:,~70,o

I
2-/0 6 HO' HO'
Spannungswechsel
Abb. 464. WÖIILER-Kurve ermittelt an 5 mm dicken Blechen aus AilVIgSi1 warmausgehärtet
(Reine Wechselbeanspruchnng: Um = 0). (nach ALUSlJrSSE).
Einzelwerte :
",1 ); (JA N
±2:2 54200j ;) ± 11,6 2333500
± 1~,4 196200 ± 10,9 3254000
± 15,7 453800 ± 10,2 56227000'
± 13,ü 922000
• Durchliiufer. d. h. Stab nicht gebrochen N = Anzahl der LastwechseJ

35 !
kp/m'm 2
30 . . 11

~
I

~ ",
~ -'""
~ "-u,
f--- - --- ---
--.;
~,, .,
~

5 I
-+0 -JO -20 -10 10 20 kpjmm 2 ~O
MiHelspannung (J"m
Ahh.4fi5. Abhängigkeit des zulässigen SJ)annungs-Ausschlages GA von der :\litte18pannung Gm.
ermittelt an AICu}lg 1, für die Lebensdauer von 10' Lastwechseln (nach A. R. WOODWARD,
K. W. Urxx u. 1'. G. FORREST [41]).
AJrIl~lg 1 kaltausgehärtet;
_-\ l('n~lg 1 warmam;gehärtet.

Die Linie der Oberspannungen (Jo wird in üblicher Weise bis zur Zug-
f('~tigkeit (JE des 'Werkstoffes gezogen, bei welcher der Spannungs-
(Jo - (Ju
ausschlag - - - = 0 ist. Da aber während der Ermüdungsbean-
2
588 C. Eigensehaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

spruchung Kriechen des -Werkstoffes eintritt, entspricht der eingezeich-


nete Wert von aB der Zeitstandfestigkeit, die tiefer als die im Kurzversuch
gemessene Zugfestigkeit liegt.
35

I~ ~
kpJmm 2 I

.-- -T-r
JO i
nun on
:~

-t-T?4-
I elßr enrs
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-10 ,
V
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I
-15
i
-20 / r I
T

-25 /. I I
-30 / I I
-30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 kpJmm 2 J5
uniere 6renzspannung
Abb.466. Lebensdauer-Schaubild von A1MgSi 1 warmausgehärtet, Lebensdauer ~ 2· 10' Lastwech8ei'
Auftragungsart nach GOODMA~ (nach ALUSUISSE).

2.53 Typische Ergebnisse von Ermüdungsprüjungen an Probestäben

2.531 Einfluß der Kaltverformung und der Temperatur auf die


Wechselfestigkeit. Wie bei der statischen Beanspruchung so wird auch
bei der dynamischen Beanspruchung die Werkstoffestigkeit durch eine
vorangehende Kaltverformung erhöht. In Abb. 467 ist der Einfluß des
Reckgrades auf die Zugfestigkeit aB' auf die Dehngrenze aO.1 und auf die
Biegewechselfestigkeit abW von Reinaluminium und AIMg2 dargestellt.
In den Tab. 60 und 61 sind als Orientierungswerte an Blechen bei
Raumtemperatur ermittelte Schwell- und Wechselbiegefestigkeiten von
Reinaluminium und einigen Aluminiumlegierungen angegeben.
Der Einfluß erhöhter Temperatur auf die Umlaufwechselbiegefestig-
keit von Reinaluminium und von AIOuMg und AIOuNi ist der Abb. 468 zu
entnehmen. Das relativ günstige Verhalten der Legierung AIOuNi be-
günstigt ihre Anwendung bei Dauertemperaturen von ca. 150°0 [33],
s. a. S. 564.
Die Wechselfestigkeit von Reinaluminium und seinen Legierungen
liegt bei tiefen Temperaturen höher als bei Raumtemperatur. Bei Rein-
aluminium z. B. wurde, wie die Abb. 469 zeigt, für die Spannungswechsel-
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 589

zahl von 106 im Umlaufwechselbiegeversuch eine Zeitfestigkeit von rund


5 kpJmm 2 bei Raumtemperatur gefunden, die bei - 270 oe (3°K) auf
25 kpJmm 2 ansteigt.
n,---,---,---,--,
kpjmm 2
30 ~--f----f----f-----I

26~--+---~---+--~

oa b
o 20 60 80 0 20 4-0 60 % 80
Verformungsgrad
iI.hb. 467a n. b. l<Jinflnl.l deH Kaltverfnrmnngsgrades auf die Biegewechselfestigkeit von Al 99,5 (a)
und Alll1g2 (b) ermittelt an 2 mm dicken mechen (nach ALUSUISSE).

2.532 Zusammenhang zwischen Weehselfestigkeit und Dehn-


grenze oder DchngrenzenverhäItnis. Die dynamische Festigkeit zylin-
drischer Stäbe mit glatter Oberfläche (O'w) nimmt gern. Abb.470 in erster
Annäherung mit steigender Dehngrenze zu. Sobald man den Probestab
mit einer scharfen ringsum laufenden Kerbe versieht, ist die Wechsel-
590 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Tabelle 60. Schwellfestigkeit aSch einiger Aluminiumlegierungen, bezogen auf 2 . 101'>


Spannungswechsel, geprüft an 2 mm dicken Blechen (nach ALUSUISSE)

aSch
+ kp/mm' I + kp/mm'
G&h

Al 99,3 AIMgSii F 32,


weich 6 warm ausgehärtet
15
hart 11
AIMg3 AlCuMg2 F 44,
weich 14 kalt ausgehärtet 18
AlMg5 AlZnMgCu1,5 F 52,
weich 16 warm ausgehärtet 18

Tabelle 61. Wechselbiegefestigkeit einiger Aluminiumlegierungen, bezogen auf 20·10&


Spannung.weehsel, geprüft an 2 mm dicken Blechen (nach ALUSUISSE)

I ±kp/mm'
GbW
I ±kp/mm'
GbW

Al 99,3 AlMgSi1 F 32,


weich 4 warm ausgehärtet
9
hart 6
AlMg3 AlCuMg2 F 44,
weich 9 kalt ausgehärtet
hart 10 12
AlMg5 AIZnMgCu1,5 F 52,
weich 10 warm ausgehärtet 12
hart 11
~JO
kpjmm 2

Temperatur Temperatur
Abb. 468. EinHuß der Temperatur auf die Umlauf- Abb. 469. Wechselfestigkeit von Al \)9,5}' 7
biegewechBelfestigkeit von Al 99,5; AICuMg 1 und (weich) in Abhängigkeit von der Tempe-
AICuNi (nach CUTHBERTSON [42]). ratur (Umlaufbiegeversuch)
(nach R. D. MOCAMMO~U. H. M. ROSENBERG
[48]).
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 591

I
Zugfestigkeit (lfB)
Dehngrenze (rfo,2)

"I
vr/j
Wechselfestlgkeif (lfw)
Kerbwechselfesligkel' (lfw Ke, 0)
V
1----

I
/~ c---- ~-----i f---
I-u
1--/ ,
1
tz c:: f---
I

I ~~r-, ----1 .--1


I
- - - -- ----

~ 5 6 ,e 8 9 70 77 12
Abb.4-70. Statische und dynflmische lrestigkeitswcrte von Aluminium-Knetlegierungen,
geprüft an zylindrisehen Stäben mit glatter Oberfläche (nach R. L. TEMPLI!;' [29]).

~r. cs- Bezeichnung entspricht

~ ,.; -- () AI90 weich


4-"; - 0 AI.c\1gMn weich
A,-,4-"; - 0 =AIMg3 weich
li1"; - 1'4- = AIMgSi 0.5 kaltausgehärtet
,; :;US - HaG = AEVIg 1 '(,-hart entfestigt
(; A :'4-8 - Ha2 = AJ:VIg 3 'I ,-hart entfestigt
-; :,~,.; - R3H = ADlg 3 hart, entspannt
8 1\1 ~ - T(\ = AlJ\[!-(Si 1 warmansgehärtet
/) ~-l"; - Tl AICuMg2 kaltausgehärtet
10 14-~ -- TI) AICuSi~ln warmausgehärtet
1/ 7.-)S ~ TI) AIZn:UgCu 1,5 warmausgehärtf't
1:2 _, I. 7. "; - 1'6 = Al'l.n)IgC1l1';) warrH;\nsgehärtpt,
(nach H. L. TE)IPLIN r~IID.

32r--~---,---,
kpjmm 2
ohne Kerb
28~~~---+--~

~2'C-------~--~~~------~ I '-iiT--;-
'"
-."C :
'"~20~----~L-~~-=~~
~ w
'" 76~~~~~~~~~y---~ -;,~ milKerb •
~ "!--~w--rr;il ~orb-
)( ....... _~)( I'~."
,-'"
'" 'RT - ,-

8L-__-L____~~~
0,1 70 -70 6 7000,1 70 '70 6 1000,1 12 '70 6 /00
Lastwechsel
AICw'1g~ _-I.lZnllfgCu1,5 AIZu}lgCu
(2024-1') (7075-T) CE~D)

Abb. 471. WeehöelbiegefeKtigkeit VOll gepressten Rundstangen (13,5 n!lng) :JlIS AIC'uMg2 und zwer
AIZnMgCu-Legierungen. Die Dehngrenze der Legierungen 2024, 7075 und ESD nimmt in der genann-
ten Reihellfolge zu (s. a. Tabelle 62), Probestabdurehmesser 8 mm, Kerbtiefe 0,8 n11Il, K erbradius-
O,~ mm (nach P. BRENNER [43]).
RT kaltausgehärtet (1 Jl[onat bei 20'C)
W warmaUHgehiirtet (AICullIg 16 h bei i50'C, AIZnMgCu 24 h bei i20'C).
592 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

festigkeit O"Wkerb für alle Aluminiumwerkstoffe etwa gleich groß, unab-


hängig von der Höhe der Dehngrenzen- und Festigkeitswerte [29, 32].
Abb.471 gibt einen Überblick über die WÖHLERlinien von drei wich-
tigen hochfesten Legierungen. Im allgemeinen kann man feststellen, daß
mit zunehmender Dehngrenze die Wechselfestigkeit des ungekerbten
Probestabs zunimmt. Eine Warmaushärtung des Materials bewirkt bei
angekerbten Stäben oftmals eine Verschlechterung des Ermüdungsver-
haltens, besonders deutlich bei der Legierung AICuMg.
Durch Weiterentwicklung der Legierung 7075 in Richtung auf höhere
:Festigkeitswerte entstand z. B. die amerikanische Legierung 7078 oder
die recht ähnliche in Abb. 471 beschriebene Versuchslegierung b}SD.
Abb.471 und Tab. 62 lassen erkennen, daß die Steigerung der Dehn-
grenze über die Werte der Legierung 7075 hinaus in diesem Fall und unter

Tabelle 62. Statische und dynamische Festigkeit hochfester Aiuminiumlegierungen


(nach P. BRENNER [43])

i für 5 . 10' Lastwechsel


G O,2 GB
Legierung Zustand kp/ kp/ ~ 6 Gw
)GWKer b
kp/ *)
rnrn' rnrn' GB % kp/ ßK
I rnrn' nlm 2

AICulVIg (2024) ** RT (1lVIan.) 45,7 62,7 0,73 10,2 20 13,5 1,48


W(16h1500) 44,5 61,0 0,73 10,4 20,5 11,2 1,83
c\.IZnlVIgCu (7075) RT (iMan.) 50,9 68,5 0,75 8,5 23,5 15,0 1,57
*** W(24h1200) 65,1 72,5 0,90 6,8 24,2 14,6 1,66
AIZnlVIgCu (ESD) RT (1lVIan.) 57,7 71,9 0,80 6,1 24,2 13,2 1,84
*** W(24h 120°)1 71,1 I 76,1 0,93 5,4 25,2 13,5 1,87
* Stabdurchmesser: 8 mm; Kerbtiefe: 0,8 mm; Kerbradius: 0,8 mm ((Xl( = 2,1)
** Lösungsglühtemperatur: 500°C, abgeschreckt in kaltem 'Vasser.
*** Lösungsglühtemperatur: 470°C, abgeschreckt in kaltem ·Wasser.
RT = kaltausgehärtet W = warmausgehärtet

den vorliegenden Prüfbedingungen keine bessere Wechselfestigkeit am


angekerbten Stab ergeben. Auch zeigt die Tab. 62, daß zwischen
dem Dehngrenzenverhältnis O"O,2!O"B und dem Kerbwirkungsfaktor
ßl( = O"W!O"Wkerb kein Zusammenhang besteht.
Vielmehr kommt es vor, daß auch bei hohem Dehngrenzenverhältnis
eine relativ geringe Kerbempfindlichkeit gefunden wird [30].
Auch der Absolutwert der Dehngrenze gibt keinen verläßlichen
Hinweis auf das Verhalten angekerbter Proben bei der Ermüdungs-
prüfung; z. B. lassen oftmals Proben mit niedriger Dehngrenze eine
wesentlich bessere Wechselfestigkeit am angekerbten Stab als Proben mit
hohen Dehngrenzen erkennen [31].
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 593

Über die Ursache der sehr unterschiedlichen Kerbempfindlichkeit


der einzelnen Legierungen kann heute wohl noch nichts Definitives gesagt
werden [30, 31, 32].
P. BRENNER kommt zu dem Schluß, daß die amerikanische Legierung
7075 eine günstige Kombination zwischen guten statischen Festigkeits-
eigenschaften und erträglicher Kerbempfindlichkeit ergibt. Dagegen
erscheint die weitere Steigerung der Dehngrenze nur dann sinnvoll, wenn
bei den vorliegenden Konstruktionen Kerbstellen weitgehend ausge-
schaltet werden können [30].

r
Flachs/ab Runds/ab

a'max

a' a'/ a'/

~ +a'2 #a'2
aJ

a t b L
CLk =a'max/a'N
c L
Abb.472,,-c. Spannungsflächen in glatten und gekerbten Zug,täben.

2.533 Einßuß verschiedener Arten von Kerben auf die Wechsel-


festigkeit. In den senkrecht zur Zugrichtung liegenden Querschnitten
eines prismatischen Stabes ist die Spannungsverteilung eine gleichmäßige;
der Spannungszustand ist ein einachsiger (Abb. 472a).
Im gekerbten Zugstab ist die Spannungsverteilung nicht gleichmäßig;
im Kerbgrund tritt eine Spannungsspitze O'max auf; im Stabinnern
herrscht beim Flachstab ein zweiachsiger und beim Rundstab ein drei-
achsiger Spannungszustand (Abb. 472b und cl.
Durch Division von U max durch die auf den Kerbgrundquerschnitt
bezogene Nennspannung UN erhält man die Formziffer IXk des Stabes, die
von der Kerbform und -tiefe abhängig ist. Je schärfer die Kerbe, d. h.,
je kleiner der Abrundungsradius im Kerbgrund ist, um so größer wird die
Formziffer IXk'
38 Altenpohl, Aluminium
594 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Wie in gekerbten Stäben treten auch in gelochten Stäben, wie Abb.473


zeigt, bei Belastung am Lochrande Spannungsspitzen auf. In dieser
Abbildung sind die Formziffern IXk in Abhängigkeit vom Verhältni8
Stab breite B: Lochdurchmesser 2 reingetragen.

r
brJ
a'max

ILk~crma,/a'N
_~IL _

~
r-- -
/
1/

; 1

o 3 5 7
1 9
Yerhälfnis 8/2r
Abb.473. Spannungsflächen im gelochten auf Zug belasteten Flachstab.

Eine hohe Formzahl beeinflußt die Wechselfestigkeit im ungünstigen


Sinne; ein Beispiel hierfür geben die Daten der nachstehenden Tabelle:
SchwelIfestigkeit in Abhängigkeit von der Formziffer IXk, ermittelt an
gelochten, 15 mm dicken Reinaluminiumstäben, bezogen auf 106 Span-
nungswechsel, nach M. Ros und A. EICHINGER [28]:

1 1,5 2 2,5 3

a 100 85 73 60 53%

100% = ungelochter Stab.


Der Stab mit Formziffer IXk = 3 weist nurmehr rund die Hälfte
der Schwellfestigkeit des ungelochten Stabes mit IXk = 1 auf. Die Er-
niedrigung der Wechselfestigkeit durch eine hohe Formziffer zeigt auch
die Abb. 474, die sich auf die Schwellfestigkeit bei 106 Spannungswech-
seIn bezieht. Aus Abb. 475 ist der Einfluß der Kerbform auf die Biege-
wechselfestigkeit einer Legierung des Types AIZnMgCu zu entnehmen.
Man erkennt, daß der Kerbwirkungsfaktor ßk in starkem Ausmaß von
den Abmessungen und von der Form des Kerbs, insbesondere vom
Kerbradius und der Kerbtiefe abhängig ist.
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 595

.r'~ ~
2S
25.6
r-- 15 ---<
kpjm m2
Blechdicke ~ 15 mm
20 ~" 1 ~d Fnetto =70·15 mm 2

~\
\733

~J- _~9.6
~ "-. ~ 7.6

-r
AI Cu Mg
7,9
7.( i
!M'
50

r
S r--~- Al99

o
I 3 M
r 9
Formziffer a, k
r 72,7
:

I I I I

0,2 0,7 0,0~ 0,02 aOI 0


Yerhällnis d/b
Abb.474. Einfluß der Formziffer auf die SchwelIfestigkeit von gekerbten Al 99-Stäben und Stäben
der Legierung AICuMg. Lastwechselzahl = 10'
(nach Eidgenössische Materialprüfnngs-Anstalt. Zürich).

Abb.475. Einßußdes Kerbradiusaufdie Umlanfbiegewechselfestigkeitvon Proben aus AlZnMgCu1.5


warmausgehärtet (US-Leg. 7075-T6) (nach R. L. TElIlPLIN [29]).

38*
596 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

Ganz ähnlich wie äußere Kerben wirken sich auch innere Werkstoff-
fehler ungünstig auf die Wechselfestigkeit aus (grobe Heterogenitäten,
Porosität). Auch andere einen gleichmäßigen Spannungsverlauf störende
Faktoren wie Schweißnähte, Nieten, plötzliche Querschnittsänderungen
oder Bohrlöcher wirken ähnlich wie Kerben. Abb. 476 zeigt dies am Bei-
spiel genieteter Proben.
Die theoretische Auswertung von Ermüdungskurven angekerbter
Proben kann recht kompliziert sein [31, 34]. Auch die Auswertung von
Ermüdungskurven an ungekerbten Proben ergibt theoretisch mannig-
fache Probleme [35]. Eigenspannungen oder Texturen im Prüfling
können einen deutlichen Einfluß auf das Prüfergebnis haben [31].
25
kp/m ml
",,20 Überlappungs- ,
§ 15 r=-- "-
§
i--. Nie/ung

~- " ,,~/eJ7
o!} """"::::
15 1---1-
~ ~..........,
10

~
e: -. ~
o
10 10' 10 7
Las/wechsel
Abb.476. Reine Wechselfestigkeit von Blechen aus der Legierung AlZnMgCul,5 (US Leg. 7075-T6)
und Nietverbindungen an diesen Blechen (nach R. L. TEHPLIN [29]).
- - unplattiertes Blech; - - - - plattiertes Blech.

2.534 Oberßächeneinfluß auf die Ermüdungsfestigkeit. Schon seit


längeren Jahren ist der starke Oberflächeneinfluß auf die Wechselfestig-
keit untersucht worden [29, 31, 36 bis 39].
Bei den Faktoren, welche von der Oberfläche her auf das Ergebnis
der Ermüdungsprüfung einwirken, sind insbesondere folgende von Wich-
tigkeit:
Verformung der Oberfläche. Hier eignen sich vor allem Sandstrahlen
oder andere Verfahren, welche die Oberfläche verformen. Hierdurch
läßt sich eine Verbesserung in der Wechselfestigkeit von 32 bis 40%
erzielen, je nachdem, ob angekerbte oder glatte Proben untersucht wer-
den [37].
Plattierschichten. An Hand von Abb.476 erkennt man, daß durch
Aufbringen einer Plattierschicht die Wechselfestigkeit bei ungekerbten
Proben verschlechtert wird, während sich an angekerbten oder gelochten
Proben kein deutlicher Unterschied zwischen plattiertem und unplattier-
tem Material zeigt. Außerdem ist bei hohen Durchschnittsspannungen
oder scharfer Spannungskonzentration kein merklicher Einfluß der
Plattierschicht auf die Wechselfestigkeit feststellbar [31].
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 597

Einwirkung einer reibenden Beanspruchung auf die Oberfläche. Dieser


Fall kann bei genieteten Verbindungen auftreten. Ein geeignetes Prüf-
verfahren' ist in Abb. 477 skizziert. Durch eine solche Reibbeanspruchung
während der Ermüdungsprüfung geht die Wechselfestigkeit im allgemei-
nen merklich zurück.
Oxydschichten oder Korrosionsvorgänge. Beim Einfluß von Oxyd-
schichten oder Korrosionsvorgängen ist zwischen Vorgängen zu unter-
scheiden. welche vor bzw. wäh-
rend der Ermüdungsprüfung ab- wechselnder Zvgbelastung
unterworfene Probe
gelaufen sind. (ous Blech enlnommen)
Generell wirkt sich eine Oxyd- R R
1/
schicht auf der Aluminiumober- I
/libration
fläche schädlich auf die Wechsel-
festigkeit aus [38].
Je dicker und je härter die /(Iemmbacken-
Oxydschicht ist, um so stärker
wird im allgemeinen die Wechsel-
festigkeit verringert [29, 391-
Die Ergebnisse in dieser Hin-
Abb.477. Prüfung des Einflusses einer Oberflächen-
sicht bedürfen noch weiterer Ab- reibnng auf die Wechselfestigkeit ("fretting test").
klärung, zumal vereinzelte Wi- 1 oder 2 Lage des Ermüdungsbruches ; R Reibzone.
dersprüche vorliegen: Beispiels-
weise kann eine anodische Oxydation in Chromsäure bei einzelnen Le-
gierungen eine Verbesserung der Wechselfestigkeit bewirken, bei anderen
wieder eine Verschlechterung [31].
Prüfung in wasserdampfhaitiger Luft ergibt wesentlich geringere
Wechselfestigkeit als Prüfung in trockener Luft [46]. Analog wirkt während
der Ermüdungsprüfung die Abschirmung der Oberfläche mit einer
Flüssigkeit, welche Wasserdampf und Sauerstoff von der Oberfläche fern-
hält (z. B. Dodecylalkohol) [40]. Dies ist besonders deutlich bei ange-
kerbten Proben der Fall.
V orliegende Korrosionsstellen an der Oberfläche können als Kerb-
stellen wirken (s. Abb. 478). Ein Korrosionsangriff während der Ermü-
dung verschlechtert bei allen Legierungen die Wechselfestigkeit. Die
bei statischer Belastung ermittelte Korrosionsfestigkeit der Legierungen
steht mit dem Korrosionsverhalten unter Ermüdungsbeanspruchung in
keinem eindeutigen Zusammenhang.
Durch Aufbringung einer Schutzschicht (z. B. Lackschicht) kann
das Absinken der Wechselfestigkeit durch Korrosionsvorgänge weit-
gehend unterbunden werden [31].

2.535 Einfluß der Legierungszusammensetzung. G. FORREsT hat die


verschiedenen Legierungstypen auf ihre Wechselfestigkeit untersucht [31]
598 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601

und kommt zu folgender Schlußfolgerung: Die ausgehärteten Legierun-


gen zeigen mit zunehmender Prüfdauer ein stetiges weiteres Absinken
der Wechselfestigkeit (bei ungekerbten Proben, wie dies in Abb.471
zum Ausdruck kommt). Dagegen zeigen die Aluminium-Magnesium-
Legierungen oftmals einen asymptotischen Endwert in der Ermüdungs-
kurve. Bei Reinaluminium- und AI-
uminium-Mangan-Legierungen ist ein
asymptotischer Endwert andeutungs-
weise zu erkennen, aber weniger deut-
lich als bei Aluminium-Magnesium-Le-
gierungen.
Der Quotient Wechselfestigkeit nach
5.107 Belastungen zur Zugfestigkeit vor
der Ermüdungsprüfung hat bei Rein-
aluminium und den nichtausgehärteten
Legierungen einen Wert zwischen 0,45
und 0,6, somit vergleichsweise ähnlich
Abb.478. Ermüdungsbruch von schwacher wie bei Baustahl. Der genannte Quo-
interkristalliner Korrosion ausgehend.
AISillig l -Preßprofil. Transkristalliner Riß· tient liegt aber bei ausgehärteten Le-
yerlauf (nach ALUSUISSE). gierungen wesentlich tiefer (0,32 bis ca.
0,4). Dies geht auch aus der Abb.470
hervor, wonach ein starker Zuwachs an Zugfestigkeit und Dehngrenze
durch Einsatz ausgehärteter Legierungen nur eine relativ schwache Zu-
nahme der Wechselfestigkeit bewirkt.
Es sind verschiedene Erklärungen für das Ermüdungsverhalten der
ausgehärteten Legierungen angeführt worden. Vor allem wird angenom-
men, daß durch die Ermüdungsbeanspruchung die Aushärtung weiter
fortschreitet und man eine Art Überhärtung erreicht [31].
Sodann ist in der Gruppe der Legierungen mit mittlerer Festigkeit
(AIMgSi bzw. AIMg) eine relativ starke Abhängigkeit der Wechselfestig-
keit von kleinen Variablen in der Legierungszusammensetzung oder
Wärmebehandlung festgestellt worden [31].

2.536 Einfluß der Variablen während der Halbzeugherstellung. a) Ein-


fluß des Gußgefüges. Messungen der Wechselfestigkeit an Gußgefüge sind
auf S. 816 wiedergegeben. Das Gießverfahren kann - auch bei gekne-
tetem Gefüge - merklichen Einfluß auf die Wechselfestigkeit ausüben,
vor allem wenn durch Gießfehler oder ungeeignete Legierungszusammen-
setzung grobe Heterogenitäten vorliegen. Teilweise wird die Ansicht ver-
treten, ein zu großes Barrenformat sei ungünstig für die Wechselfestig-
keit des daraus hergestellten Halbzeuges [31].
b) Einfluß der Korngräße. Hier ist bisher kein allgemein gültiger
Zusammenhang festgestellt worden [31].
Lit. S. 601] 2. Mechanische Eigenschaften 599

c) Einfluß der Art des geprüften Halbzeuges. Der in Strangpreßerzeug-


nissen vorhandene "Preßeffekt" verbessert die Wechselfestigkeit parallel
zur Fließrichtung, allerdings sind die Wechselfestigkeiten quer zur Fließ-
richtung höchstens 10% tiefer als parallel zur Fließfaser [31].
Der Vergleich zwischen Schmiedeteilen und Strangpreßprodukten
ist schwierig, und je nach der in Frage kommenden Legierung schneidet
das Schmiedeteil oder das Strangpreßprodukt besser ab. Maßgebend für
die Wechselfestigkeit eines Schmiedeteils ist der Verlauf der Fließfaser in
Relation zur angreifenden Kraft.
Bleche und Bänder geben im allgemeinen niedrigere Wechselfestig-
keiten als Preß produkte oder Schmiedeteile aus derselben Legierung.
Jedoch ist der Vergleich schwie-
]i~==~~======~======~====~
rig anzustellen, da das Prüfver- kp/mm'--
fahren und die Probenvorberei- .
~25r-~--~~~~-,------~----~

..
tung häufig stark unter- ~llr-~~~--~~~~----~----~
schiedlich sind. Bleche werden ~ ~r------f~~~4-~~~~----~
im allgemeinen mit der vom § 76r-----~----~~~c---~----~
~

~
Walzen her entstandenen ~

Oberfläche geprüft, was einen ~~5~5~----~----~~----~~--~.


_!I 10 70 6 10 7 10 9
gewissen Nachteil gegenüber Las/wechsel
polierten Prüfstäben ergibt. Abb. 479. Strellbcreieh der Wechselfestigkeit (Cm-
laufbiegewechselversuch) eiuer warm ausgehärteteu
d) Gesamtstreubereich bei AlCu-Mg-Legierung, ermittelt an größeren Fabrika-
tionsserien betrieblich hergestellter, stranggepreßter
Ermüdungsprüfungen. Dieser Stangen (nach P. G. FORREST [31]).
ist etwas höher als der Streu- =-=====: Stangelluurclunesser unter 5 eIn;
----=-=-==--= Rtallgendnrcllluesser 5 bis 10 cm;
bereich beim statischenZugver- ----:===:= Stangendnrchme:-;ser über 10 em.
such. Führt man statistisch
eine größere Anzahl von Prüfungen bei ein- und derselben Legierung
durch, um die aufgeführten Einflußgrößen der Halbzeugherstellung in
ihrer Auswirkung auf die Wcchselfestigkeit insgesamt zu erfassen, so
schwankt z. B. die Wechselfestigkeit von Strangpreßprodukten aus
warm ausgehärtetem AICuMg 1 nach 108 Belastungen zwischen 12.6 und
18,8 kpjmm 2 (s. Abb. 479) [31].

2.54 Ausbildung des Ermüdungsbl'uches

Der Ermüdungsbruch des Werkstoffes erfolgt nach der Entstehung


mikroskopisch kleiner Risse. Der einmal entstandene mikroskopische
Amiß wirkt als Kerbe und wächst weiter, bis der restliche Querschnitt
der Beanspruchung nicht mehr standhält. Dann erfolgt der Bruch in
kurzer Zeit, ähnlich wie unter statischer Last. Die Restbruchfläche läßt
sich oft gut von der Ermüdungsbruchfläche unterscheiden.
600 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 601]

C. PANSERI, L. MORI und D. MORRI [27] haben durch elektrische


Widerstandsmessung an Stäben, welche dem Umlaufwechselbiegeversuch
unterworfen wurden, die Geschwindigkeit der Rißfortpflanzung unter-
sucht. Diese Autoren fanden beispielsweise an weichem AIMg5-Preß-
material das in den Abb. 480 und 481 eingetragene Ergebnis.
~r------,------,-------r------,------.
./0-6
I
g> [2 1J'~5 kpjmm'
i'?
{;
§
{J 10f------+---+~~+__~-----j-+----r-------

~ I
1:: 1

~ 3,5

o 1,00 800 7200 1600 ./032000


Las/wechsel
Abb. 480. Zunahme des elektrischen Widerstandes von Proben aus weichem AllUg 5 als :E'olge der
Bildung von Ermüdungsrissen (nach C. PANSERI. L. ~foRI U. D. lUORRI [27]).

In Abb. 480 ist die durch das Wachsen des Ermüdungsrisses ver-
ursachte Zunahme des elektrischen Widerstandes des Prüfstabes aufge-
tragen. Der Quotient Widerstandszunahme : Lastwechselzahl in Abb. 481

7,00
./0-70 1/ I I
Q
~ / 11
7
6-~ j/ ,b 5

/V / /
" /
/ /

~V --
v-: e----- ---- """"'---1 35
I

Los/wechsel
Abb.481. Fortpflanzungsgeschwindigkeit von Ermüdungsrissen in weichem AlMg5, ausgedrückt
durch den Quotienten Widerstandszunahme : Lastwechselzahl
(nach C. PANSERI, L. MORI U. D. MORRI [27]).

stellt ein Maß der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Ermüdungsrisses


dar. Man sieht, wie bei gegebener Beanspruchung (J nach einer gewissen
Spannungswechselzahl n die Geschwindigkeit der Rißausbildung steil
ansteigt und zum Bruch des Probestabes führt.
Mikroskopische Beobachtungen nach Ermüdungsbeanspruchung
sind auf S. 301 u. 302 beschrieben worden.
Literatur zu Kapitel C 2 601

Literatur zu Kapitel C 2

a) Allgemeine Literatur

SJEßEL, E.: Handbuch der Werkstoffprüfung, 2. Auf!. Bd. 1: Prüf- und Meßeinrich-
tungen 1958; Bd. 2: Die Prüfung der metallischen Werkstoffe. BerlinfGöttin-
genjHeidelberg: Springer 1955.
DIN-Taschenbuch 19: Materialprüfnormen für metallische Werkstoffe. Berlin:
Beuth·Yertrieb 1961.
Aluminium·Taschenbuch 12. Aufl., Düsseldorf: Aluminium-Verlag 1963.
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[Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 603

3. Unlegiertes Aluminium

3.1 Reinstaluminium
Von D. Altenpohl, Zürich

3.11 Herstellungsverfahren

Als Reinstaluminium bezeichnet man nach DIN 1712 Aluminium


mit mindestens 99,99% (Masseln oder Barren) bzw. 99,98% (Halbzeug)
Aluminiumgehalt.
Zur Herstellung von Reinstaluminium kommen insbesondere drei
Verfahren in Betracht:
a) 3-Schichten-Elektrolyse mit Graphitkathoden. Nach dem Verfahren
der 3-Schichten-Elektrolyse wird Reinstaluminium des Reinheitsgrades
99,99 bis 99,999%Al in großtechnischem Maßstab fabriziert.

Abb. 482. Konventionelle Elektrolysezelle zur Her-


stellung von Reinstaluminium (~Iindestreinheit
99,99% AI) (nach ALUSUISSE [2]).
1 a ,modische, 1 b kathodische Stromzuführung ;
2 Vorherd (zum Einschmelzen des zu raffinieren-
den Metalls); 3 Reinalumininm mit ca. 30% Kup-
fergehalt und starken Anreicherungen an Eisen
und Zink (Dichte ca. 3,2 gjcm'); 4 Salzschmelze
aus Fluoriden (Dichte 2,5 gjcm'); 5 Schmelze von 72
Reinstaluminium (Dichte 2,3 gjcm' bei der vor-
liegenden Temperatur von 740°C); 6 Trennwand; la
7 Deckel; 8 Graphitelektroden; 9 Kohleboden; +
10 Ausmauerung; 11 Stahlmantel; 12 Reigerkri-
stalle (stark eisenhaltig).
9 10

Das Prinzip des Elektrolyseverfahrens ist der Abb. 482 zu entnehmen.


Der Reinheitsgrad des so hergestellten Metalls wird durch DIN 1712
geregelt (Tab. 63). Für die meisten technischen Zwecke ist dieser Reinheits-
grad vollständig ausreichend (Folie für Elektrolytkondensatoren oder
glänzfähiges Halbzeug meistens mit Zusatz von 0,5 bis 2% Mg).
b) 3-Schichten-Elektrolyse mit direktem Stromanschluß an das Kathoden-
metall. Von den in Tab. 63 genannten Verunreinigungen stammt ein Teil
aus den in das Reinstaluminium beim Elektrolyseprozeß eintauchenden
Graphitkathoden. Daher wurde das in Abb. 483 beschriebene Verfahren
entwickelt, welches die Aufnahme von Verunreinigungen aus den Katho-
den eliminiert [1, 2J. Die großtechnisehe Anwendung des Verfahrens be-
reitet keine besondprpIl Probleme.
604 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Tabelle 63. Zulässige metallische Beimengungen in Reinstaluminium


(nach DIN 1712, Okt.1961)1
i Zulässige metallische Beimengungen in %
DIN·Kurz·
zeichen Igesamt
Ins- Sonstige
Si I Fe Ti Cu Zn je

Masseln,
Formate Al 99,99 R 0,01 0,006 0,005 0,002 0,003 0,005 0,001
Halbzeug Al 99,98 R 0,02 0,010 0,006 0,003 0,003 0,01 0,003

2 6 5 4 7 12 Ib 8

13
la

Abb. 483. Direktanschlußzelle zur Herstellung von Reinstaluminium (Mindestreinheitsgrad 99,999 %AI)
(nach ALUSUISSE [2]).
1 a anodische, 1 b kathodische Stromdurchführungen; 2 Vorherd (zum Einschmelzen des zu raffInie-
renden Metalls); 3 Reinaluminium mit ca. 30% Kupfergehalt und starken Anreicherungen an Eisen
und Zink (Dichte ca. 3,2 gjcm3 ); 4 Salzschmelze aus Fluoriden (Dichte 2,5 gjcm'); () Schmelze aus
Reinstaluminium (Dichte 2,3gjcm' bei der vorliegenden Temperatur von 740'C); 6 Trennwand;
7 Deckel: 8 erstarrtes Reinstaluminium; 9 Kohleboden; 10 Ausmauerung; 11 Stahlmantel; 12 ausge-
mauerter Seitenkanal zur Stromzuführung; 13 Seigerkristalle (stark eisenhaltig).

Bei diesem Verfahren gelingt es, einen Mindestreinheitsgrad von


99,999 % Al zu garantieren. Typische Analysen sind in Tab. 64 wieder-
gegeben (oberste Reihe).

Tabelle 64. Verunreinigungen verschiedener technischer Reinstaluminiumsorten.


Werte in ppm* (nach ALUSUISSE [1] sowie M. CARON, P. ALBERT U.
G. CHAUORON [4])
Cu Na Fe Si Zn Zn+Ti
I
1 über 99,999% 1,8-2,5 - 1,6-4 1-2 - 2,3
2 99,998% 2 ± 0,2 4±1 2-5 15-5 2 -
3 99,998% 5 4 5-6 - - -
4 99,996% 9,5 4 9 - - -
5 99,99% 4 6 22-25 25 5 -
6 99,99% 8,5 3 30-35 - - -

Das Reinstaluminium Nr. 1 wurde in einer Direktanschlußzelle gem. Abb. 483 herge-
stellt.
* lppm = 1 part per million = 0,0001 Gew.-%.
1 Die auszugsweise Wiedergabe der Normen in den Tabellen 63, 71, 74,76,79,87,
96 und 98 erfolgt mit Genehmigung des Deutschen Normenausschusses.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 605

c) Herstellung von hochreinem Aluminium durch Zonenschmelzen.


Bekanntlich kann man durch Zonenschmelzen eine Reihe von Metallen
oder Halbleitern in höchster Reinheit erhalten [3].
Das Verfahren ist vielfach auch für Aluminium angewendet worden
und erlaubt es, Aluminium mit einer Reinheit von 99,999 % Al und höher
zu erzeugen [4 bis 12]. Allerdings sind nach diesem Verfahren bisher nur
bescheidene Mengen laboratoriumsmäßig hergestellt worden (höchstens
einige hundert Gramm/Tag mit einer Apparatur).

3.12 Verfahren Z1tr Ermittlung der Verunreinigungen


von Reinstaluminium

Je weniger Verunreinigungen im Reinstaluminium enthalten sind,


um so schwieriger wird es, diese mit hinlänglicher Genauigkeit zu be-
stimmen. Beim Reinheitsgrad 99,99 bis 99,999 befriedigen im allgemeinen
colorimetrische, spektrographische und polarographische Methoden
[13 bis 22]. Die Erfassungsgrenzen dieser Methoden sind in der Tab. 65
wiedergegeben [23].
Bei Gehalten, welche unter den in Tab. 65 genannten liegen, kommt
insbesondere die Aktivierungsanalyse in Betracht, welche die meisten
der natürlichen Verunreinigungen auch bei kleinsten Gehalten erfassen
kann (Gehalte unter 0,05 ppm) [24].
Bei dieser Methode wird bekanntlich die zu untersuchende Probe
für ein gewisses Zeitintervall einer radioaktiven Bestrahlung ausgesetzt.
Anschließend wird die Eigenstrahlung der Probe in Abhängigkeit der
Zeit gemessen. Durch Impulshöhen-Diskriminierung und teilweise auch
durch Messung der Halbwertszeiten gelingt es, mehrere der zu analysieren-
den Legierungselemente gleichzeitig zu bestimmen.
In Tab. 66 wird die Leistungsfähigkeit der Aktivierungsanalyse demon-
striert und mit den konventionellen Verfahren verglichen. 1
Oftmals zieht man auch Leitfähigkeitsmessungen heran, um über den
Reinheitsgrad von hochreinem Aluminium Aussagen zumachen [34, 53].
Hierzu eignen sich vor allem Leitfähigkeitsmessungen bei tiefsten Tem-
peraturen (20 K oder darunter) [4, 5]. In Abb. 484 erkennt man den Ein-
0

fluß kleiner Verunreinigungen im Reinstaluminium auf die Leitfähigkeit

1 Mit Hilfe eines Massenspektrographen können kleinste Spuren eines Elementes,


z. B. im Aluminium, erfaßt werden [25]; dies ist die empfindlichste, aber auch die
aufwendigste Methode, die daher nur sehr selten zur Analyse von Reinstaluminium
angewendet wird.
606 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

bei verschiedenen Temperaturen. Als Meßgröße zur Beurteilung des Rein-


heitsgrades wurde z. B. der Quotient
Elektrischer Widerstand bei Raumtemperatur
Elektrischer Widerstand bei 20,4°K
vorgeschlagen [4].
Die Angabe des Aluminiumgehaltes kann zu Mißverständnissen führen.
Bei der Angabe des Reinheitsgrades gibt es beispielsweise zwei Methoden:
1. Meist ist es üblich, die Summe der Prozentgehalte von Eisen,
Silizium, Kupfer, Titan und Zink von 100 abzuziehen und den Differenz-
betrag als Aluminiumreinheit anzu-
4000r--,.-,---,----r-------,
6800 (Wer! bei -269 oCJ
geben (Tab. 63). Darüber hinaus ent-
hält aber das Reinstaluminium Spu-
3500f----~H_~---1~~+~-I ren einer ganzen Reihe metallischer
! und nichtmetallischer Elemente [12].
\ 'li
3000 \~f----~--+_--I Im technischen Reinstaluminium
Z/I
I
kommen erhebliche Schwankungen
!
in den Gehalten an Magnesium, Na-
"'" I '
~ 25001---+----+----1---1 ~-_. - trium, Kalzium, Barium und Gallium
~
~ vor. Normalerweise liegen diese Ge-
~
~ ZWOI--~~~----I----~----~
~ Abb. 484. Einfluß der Temperatur auf den rela-
'"
1
R
tiven elektrischen Widerstand R~ von Reinst-
.Q 15001----\rt-'l-;---I'------i-- alunlinium unterschiedlichen Reinheitsgrades
~
(nach l\!. CARON, P. ALBERT U. G. CHAUDRON [4]).
R o elektrischer Widerstand bei Raumtemperatur;
R, elektrischer Widerstand bei der angegebenen
Temperatur. Zusammensetzung deI' untersuchten
Reinstaluminiumsorten' :
Nr.2,3 = 99,998% Al; 4 = 99,996% Al;
5,6 = 99,99% Al; 7 = 99,98% AI; 8 = 99,95% Al.
Z. und Z, zonengeschmolzenes Aluminium mit
einem Aluminiumgehalt > 99,999%.
=----;S;-----;;';;;;---=;;;;;==io"'C~_1!a • Genaue Zusammensetzung der Proben 2 bis 4
s. Tab. 64.

halte unter 0,001 %, jedoch werden teilweise auch Gehalte bis zu 0,003%
beobachtet, je nach den Elektrolysebedingungen.
2. Bei Untersuchungen an zonengeschmolzenem Aluminium ist es
üblich, alle analysierbaren Verunreinigungen zusammenzuzählen und von
100 abzuziehen. Aber bei der Anwendung dieser Methode gibt es natur-
gemäß starke Unterschiede, allein durch die Art der angewendeten
Analysenverfahren.
Man erkennt hieraus, daß bei Reinstaluminium die Angabe des Alu-
miniumgehaltes generell auf Schwierigkeiten stößt und daher nur eine
relative Bedeutung hat.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 607

Tabelle 65. Untere Grenze der quantitativen Bestimmurl{Jsmöglichkeit von Spuren-


elementen im Reinstaluminium mit chemischen und spektrographischen Methoden
(nach ALUSUISSE [23]).

Quantitative
Element Methode Erfassungsgrenze
in ppm

Silizium spektrographisch 5
colorimetrisch 1
Eisen spektrographisch 1
colorimetrisch 0,5
Kupfer spektrographisch
colorimetrisch 0,5
Titan spektrographisch 5
colorimetrisch 0,5
Magnesium spektrographisch 0,5
flammenphotometrisch 2
Zink spektrographisch 50
! polarogra phisch 2
Cäsium spektrographisch 0,5
naß chemisch 30
Natrium spektrographisch 0,5
flammenphotometrisch 0,5
Vanadium spektrographisch 30
colorimetrisch 10
Gallium spektrographisch 5
flammenphotometrisch 20
Mangan spektrographisch 5
colorimetrisch 10
Kohlenstoff spektrographisch keine Methode
naß chemisch 20
Phosphor spektrographisch keine Methode
co lorimetrisch 0,5
Schwefel spektrographisch keine Methode
colorimetrisch 0,2

3.13 Einfluß der natürlichen VeT1lnreinigungen des Reinstaluminiums


auf Entfestigung und Rekristallisation

Der starke Einfluß der natürlichen Verunreinigungen des Reinstalu-


miniums auf die Rekristallisation wurde bereits frühzeitig erkannt [26 bis
28].
Eine große Anzahl von Untersuchungen kam in Gang, nachdem durch
das Verfahren des Zonenschmelzens Aluminium höchster Reinheit ver-
608 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Tabelle 66. Verunreinigungen in hochreinern Alurniniurn errnittelt rnit der Aktivie-


rungsanalyse sowie rnit konventionellen Analysenverfahren. Alle Ergebnisse in pprn ****
(nach P. ALBERT, O. DIMITROV U. J. LE HERICY [24]).

Durch .
Reinstaluminium aus Zonen-
Legierungs- 3-Schichten-Elektrolyse schmelzen
elemente hergestell- Autoren und Analysellmethoden
99,992% Al 99,998% Al tes Reinst-
alunliniunl

50 9 - GADEAU - colorimetrisch
Silizium 40 10 - URECH - colorimetrisch
37±5* 15±5* <3 Aktivierungsanalyse**
40 2 - GADEAU - colorimetrisch
30 4 - URECH - colorimetrisch
Eisen
25 bis 30 2 bis 5* 6 und CARON -MONTARIOL
* <2* Colorimetrisch
10 3 - GADEA U - colorimetrisch
20 2 - URECH - colorimetrisch
Kupfer
12 bis 3 2±0,2* 0,5 bis Aktivierungsanalyse**
* 0,05*

Zink
4 - - F ARHAN - colorimetrisch
5* <2* --- CARON - polarographisch
Magnesium 15 - -- F ARHAN - colorimetrisch
Arsen <0,1 * - - Aktivierungsanalyse **
Mangan <0,5 * ,....,0,15 - Aktivierungsanalyse **
<2 I - - F ARHAN - spektrographisch
Gallium
<0,5* Aktivierungsanalyse **
Nickel <2 * - - CARON - polarographisch
Natrium 6 bis 7* 4±1 * 0,2* Aktivierungsanalyse **
Stickstoff 4 bis 7 - - FARHAN - colorimetrisch
Kohlenstoff 1 bis 2 * I 1 bis 2 * 1 bis 2 * Aktivierungsanalyse***
* Analysen durch P. ALBERT, O. DIlIUTROV U. J. LE HERICY.
** Aktivierung der Probe in einem Atomreaktor.
*** Aktivierung der Probe in einem Zyklotron.
**** 1 ppm = 1 part per million = 0,0001 Gew.-%.

fügbar wurde, dessen Entfestigungs- und Rekristallisationsverhalten eine


Anzahl interessanter Phänomene aufweist [8, 11, 29 bis 38].
Bereits in der Arbeit von J. CALVET [27] war festgestellt worden, daß
walz hartes Reinstaluminium (99,9986 % Al) bei z. B. 16°C im Verlauf
von 20 Tagen teilweise und nach 7 Monaten vollständig rekristallisiert.
Späterhin zeigte es sich, daß bei dem durch Drei-Schichten-Elektrolyse
großtechnisch hergestellten Aluminium (99,99 bis 99,999%) eine Re-
kristallisation beim Kaltwalzen oder l::>ei längerer Raumtemperatur-
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 609

lagerung nach der Kaltverformung vor allem dann auftritt, wenn das
Metall einen tiefen Kupfergehalt hat (Abb. 485). Je nach Kaltwalzgrad
und thermischer Vorgeschichte liegt der Kupfergehalt, unterhalb dessen
die Rekristallisation bei Raumtemperatur auftritt, zwischen ca. 0,0001
und 0,001 %. Außer dem Kupfergehalt hat auch der Eisengehalt des
Reinstaluminiums einen starken Einfluß auf die Rekristallisationsschwelle,
sobald der EisengehaIt. unter ca. 0,0015% liegt [39, 40].

/4
kp/mm i
i
I
lZ
a
10 ~I
-- --

I
i
!

I
4

~ ......
lJ

5h8 lZ d4
LagerdolJer(bei ROlJmtemperotlJrl

Abb.485. Entfestigung von kaltgewalztem hochreinem Aluminium bei Raumtemperaturlagerung


(Reinstalumininm in einer Elektrolysezelle gem. Abb. 483 hergestellt). Probe b zeigt "Rekristalli -
sation in situ" (nach ALUSUISSE).
Zusammensetzung: a Si 1 ppm b Si 1 ppm
Fe 2,8 ppm Fe 2,0 ppm
Cu 1,8 ppm Cu 0.6 ppm

Diese Befunde betreffen die höchsten Reinheitsgrade, welche durch die


Drei-Schichten-Elektrolyse hergestellt werden können. Falls durch Zonen-
schmelzen der Reinheitsgrad des Aluminiums über ca. 99,999% gesteigert
wird, sinkt die Rekristallisationstemperatur sogar auf Werte unter Raum-
temperatur ab. Stark kaltgewalztes zonengeschmolzenes Aluminium mit
einem Aluminiumgehalt von 99,999 bis 99,9992% rekristallisiert bei
Temperaturen von ca. -35 bis -60°0 [11, 30].
Natürlich sind solche Befunde außer von den vorliegenden Verun-
reinigungen in starkem Maße von der Vorgeschichte des Materials ab-
hängig, insbesondere vom Kaltwalzgrad und von der Temperatur, bei
welcher die Kaltverformung durchgeführt wurde.

:39 Altenpohl, Aluminium


610 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

3.14 Einfluß kleiner Legierungszusätze


auf die Rekristallisation des Reinstaluminiums

Umfassende Arbeiten hierüber sind insbesondere von O. DIMITROV


[11], G. MASING, K. LÜCKE und P. NÖLTING [41], K. LÜCKE und K. DE-
500
oe --""-lös/ichkeitskurve von Mn
.".
-- 10
MO /-
"X"" """"""""""""""~
40
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T " "" !tJ

100

Af.-% tl3
Nicke/geholt
500n---~----------------------~

Abb, 486, Einfluß des Zusatzes von


Mangan, Nickel oder Zink auf die Re-
kristallisation von Reinstaluminium
für 10 bis 90% Kaltwalzgrad. Schraf-
flelUng gibt das Rekristallisationsin-
tervallan (nach G. MASING, K. L1tCKE
u. P. NÖLTING [41]).
Ausgangszusammensetzung :
Fe: 0,0006%; Si: 0,0034%;
Cu: 0,0005%.
Zinkgehalt Glfihzeit 21 min.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 611

TERT [42], J. C. BLADE [43, 44], J. C. BLADE und Mitarbeitern [45] sowie
P. GORDON und R. A. VANDERMEER [46] veröffentlicht worden.
In Abb. 486 sind einige Ergebnisse aus einer Arbeit von G. MASING
und Mitarbeitern wiedergegeben [41]. Man erkennt, daß Zusätze von
0,008 At.- %Ni oder 0,02 At.- % Mn die Rekristallisationstemperatur um
über 100 grd erhöhen. Eine weitere Steigerung der Zusätze ergibt keine
nennenswerte Erhöhung der Rekristallisationstemperatur. Die beiden

400,------,----,------,------,
oe

aoz 0,04 0,06 A/-% 0,08


Legierungszusafz
Abb. 487. }!~influß diverser Legierungszusätze zn zonengcschmolzene1H Reinstaluminium auf die
Rekristallisationstemperatur, Kaltwalzgrad 40%
(nach J. C. ELADE, .T. W. H. CLARE u. H. J. LAMB [45]).
o Si; • Cr; f', ")ln; ... Cu; 0 Mg; _ Fe.

genannten Zusätze bewirken außerdem eine starke Verengung des Tem-


peraturintervalls, in dem die Rekristallisation abläuft. Zusätze von Zink
sind nahezu ohne Einfluß auf die Rekristallisation.
Die Befunde der genannten Arbeit sind naturgemäß stark abhängig
von der gewählten Ausgangsreinheit, welche in diesem Fall relativ niedrig
war.
J. C. BLADE und Mitarbeiter haben diverse Legierungselemente zu
zonengeschmolzenem Aluminium zugesetzt und hierbei im Prinzip ähn-
liche Ergebnisse erhalten wie G. MASING und Mitarbeiter. In Abb. 487
sind einige Ergebnisse dieser Untersuchung festgehalten. In Tab. 67 ist
die Erhöhung der Rekristallisationstemperatur für die untersuchten
Zusatzelemente wiedergegeben.

39*
612 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Tabelle 67. Erhöhung der Rekristallisationstemperatul' durch einen Zusatz von je


0,01 At.% diverser Legierungselemente zu zonengeschmolzenem Reinstaluminium.
(Kaltwalzgrad 40%, Rekristallisationstemperatur des unlegierten Ausgangsmaterials:
150°0) (nach J. C. BLADE, J. W. H. CLARE, H. J. LAMB [45])

Zunahme der
Legierungs- Rekristalli -
zusatz sationstempe-
(je 0,01 At.-%l ratur, grd

Si 50
Mg 70
Cu 80
Mn 180
Fe 190
Cr 200

Man erkennt, daß von den untersuchten Elementen vor allen Dingen
Zusätze von Chrom, Eisen oder Mangan die Rekristallisationstemperatur
erhöhen.
In einer weiteren Untersuchung ist J. C. BLADE dem Einfluß kleiner
Legierungszusätze auf die Rekristallisation von Reinstaluminium
(99,996% Al) nachgegangen. Hierbei wurden bei der Weichglühung von
Pro ben mit 40 % Kaltwalzgrad folgende Vorgänge getrennt untersucht:
Inkubationsperiode vor Einsetzen der primären Rekristallisation,
Keimbildungsgeschwindigkeit und
Wachstumsgeschwindigkeit der Kristalle.
Durch Gefügeuntersuchungen wurde gefunden, daß die Inkubations-
periode durch Zusätze von Kupfer, Germanium, Silber und Zink verkürzt,
durch Zusätze von Eisen und Wolfram verlängert und durch Zusätze von
Magnesium und Mangan nicht verändert wird. Die Keimbildungsgeschwin-
digkeit wird durch kleine Zusätze von Germanium, Zink und Silber
erhöht. Mit Ausnahme von größeren Zusätzen an Eisen und Magnesium,
Wolfram und Mangan wirkten alle untersuchten Zusatzelemente be-
schleunigend auf die Wachstumsgeschwindigkeit [44].
In diversen Untersuchungen wurde der Einfluß speziell interessierender
Zusatzelemente auf die Rekristallisation des Reinstaluminium verfolgt.
Einige Ergebnisse sind in Ab b. 488 wiedergegeben [11 a].
Der Einfluß des Eisengehaltes auf die Rekristallisationstemperatur
und die Korngröße des Reinstaluminiums ist wiederholt untersucht
worden. Dabei wurde festgestellt, daß bereits Eisenzusätze von 0,001 bis
0,002% die Rekristallisationstemperatur des Reinstaluminium um ca.
100 bis 200 grd erhöhen [11, 40, 47].
Noch keineswegs geklärt ist die Wechselwirkung kleinster Eisengehalte
im Reinstaluminium mit den übrigen natürlichen Verunreinigungen,
Lit. S. 650] :3. Fnlegierte~ Aluminium: Reinstaluminium 613

insbesondere dem Gehalt an Kupfer und Silizium. Es ist vorerst schwer


zu sagen, inwieweit Beobachtungen, welche beim Zusatz von Eisen zum
Reinstaluminium gemacht werden, nicht auch auf eine Wechselwirkung
zwischen dem Eisen und anderen Legierungselementen zurückzuführen
sind.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Wechselwirkung zwischen
kleinen Eisen- und Berylliumgehalten [48]. Bereits ein Zusatz von einigen
hundertstel Prozent Beryllium zu Reinstaluminium bewirkt eine Herab-
setzung der Rekristallisat,ionstemperatur um ca. 70 grd. Die Absenkung

300
"C End/der I

Ende der Rekristallisation Ende der


Rekristallisation Rekristallisation

/Vf

a
1--- I- -EI'iil,zen

0,005
Kupfergehalt
der
Rekristallisation

0,016ew.-%O,0150
b
'--&'selzen der
0,005
Rekristallisation
o,OIGew.-%o,OI5 0
Eisengehalf c
rt
0,005
~J-
- -1insetzen der
Rekristallisation
o,OI6ew.-% 0,0"
Si/iziumgehalt
ALb. JIlHa-e. Beeinfln"snng der Rekristallisationstemperatur durch kleine Znsätze von Knpfer,
Eisen oder Silizinm zu zonengeschmolzenem Aluminium. Vorbehandlung der Proben: 80% Kaltwalz-
grad (Yerformung he; Raumtemperatur). Dallaeh Glühnng der Probe je eine Stnnde bei der allgege-
h"ncn Temperatur (nach lIr. S. WALTON [l1a]).

der Rekristallisationstemperatur durch einen Berylliumzusatz wird


um so augenfälliger, je tiefer die Warmwalztemperatur liegt (zwischen
400 bis 600°C). In Abb. 489 werden zwei Rekristallisationsdiagramme für
Reinstaluminium mit und ohne Berylliumzusatz wiedergegeben.
Die Wirkung von Berylliumzusätzen auf die Rekristallisations-
temperatur wird auf die Ausscheidung des gelösten Eisens durch Ver-
bindungsbildung zurückgeführt. Diese Deutung wird durch Diffusions-
versuche erhärtet" bei denen die Existenz eines Reaktionsproduktes
zwischen Beryllium und Eisen nachgewiesen wurde.
Durch den Berylliumzusatz wird gemäß Abb. 490 die Polygonisation
des kaltverformten Gefüges wesentlich erleichtert. Auch dieser Befund
kann auf die Ausscheidung des gelösten Eisens durch den Beryllium-
zusatz zurückgeführt werden [48].
Lithiumzusätze zu Reinstaluminium üben einen starken Einfluß auf
die Rekristallisation aus [49, 50]. Ein Lithiumzusatz von z. B. 0,04%
verlangsamt die Polygonisation, so daß es gelingt, durch Rekristallisation
(bei 600°C) nach kritischer Verformung Einkristalle zu züchten, was bei
Reinstaluminium nicht möglich ist [491-
614 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Abb. 489a u. b. Relaistalli·


sationsdiagramm von Reinst-
aluminium mit und ohne Be·
rylliumzusatz. Kaltverfor-
mungsgrad vor derWeichglü-
hung 93,8%, Warmwalztem-
peratur 400·0
(nachALUSUISSE).
Zusammensetzung: a) Reinst·
aluminium + 0,046% Be;
(0,0032% Fe, 0,0023% Si);
b) Reinstaluminium; -
(0,0028% Fe, 0,0014% Si).

2600:1 2600: 1
Abb.490a u. b. Elektronenmikroskopische Durchstrahlaufnahmen von Reinstaluminiumfolie mit
und ohne Berylliumzusatz. Warmwalztemperatur 400·0, bei 200·0 5 Minuten lang eutfestigt, Kalt-
verformung 98,7% (nach ALUSUISSE).
a) Reinstaluminlum; b) Reinstaluminlum mit Zusatz von 0,046% Be.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 615

Auch kleine Natriumgehalte (von ca. 0,006 bis 0,04%) verzögern die
Polygonisation des Reinstaluminiums, ähnlich wie Zusätze von Lithium
oder Eisen. Dagegen vermögen Manganzusätze von ca. 0,04% die Poly-
gonisation nicht zu unterdrücken [50].
Der Einfluß kleinster Kupferzusätze auf das Rekristallisationsverhal-
ten des Reinstaluminiums ist wiederholt untersucht worden [11, 39, 40,

,
-

- -- - - - -

-
\-- , üä' ~ ":::\
, ~,
\ ,
'. --
/' ,
<~
,, , '~

-. -.
ll\',
f--- ~~ '~~
............
.~- r-m
~-
ma :::::. r-=--:-" --.:~
ob oe 320
80 160 2W
Temperatur
Abb. 491a u. b. Einfluß zunehmender Erwärmung auf die Zugfestigkeit (a) und 0,2·Dehngrenze (b)
von kaltgewalztem Reinstaluminium mit variiertem Kupfergehalt. Kaltwalzgrad vor Wärmebehand-
lung: 98%, Probendicke 0,1 mm. Alle Proben wurden zum Anlassen gemeinsam mit 25 grd/h erwärmt.
Bei den angegebenen Temperaturen wurde jeweils eine Probe entnommen und bald darauf dieErmitt-
lung der Festigkeitswerte bei Raumtemperatur vorgenommen (nach ALUSUISSE).
Kurven I, II und III. Etwa eine Woche Lagerung bei Raumtemperatur zwischen Kaltwalzen und
Anlassen. Wird dieses Zeitintervall der Lagerung der kaltgewalzten Proben auf etwa 8 Monate erhöht,
so verschiebt sich (nach Aulassen) Kurve Tl zu II a und Kurve III zu III a
- - . -~ 0,0009 Si, 0,0035 Fe, 0,0003 Cu
- - - . - - - - 0,0012 Si, 0,0036 Fe, 0,0006 Cu
- - - - - 0,0011 Si, 0,0036 Fe, 0,0013 Cu
----- - 0,0012 Si, 0,0031 Fe, 0,0029 Cu

51,52]. Generell wird gefunden, daß kleinste Kupferzusätze die Rekristal-


lisationstemperatur erhöhen (Abb. 485, 487 und 488). Man erkennt in
Abb.491, daß beim Anlassen von stark kaltverformtemReinstaluminium
mit Kupfergehalten von z. B. 0,0006% deutliche Aushärtungserschei-
nungen auftreten, welche der Entfestigung überlagert sind.
Inwieweit der Kupfergehalt auf die Entfestigung und Rekristalli-
sation einwirkt, hängt von der Anwesenheit anderer Legierungselemente,
speziell vom Eisengehalt, ab [39]. Folgende Bereiche der Einwirkung sehr
kleiner Kupfergehalte auf die Rekristallisation von zonengeschmolzenem
Aluminium konnten festgestellt werden:
Bei Gehalten unterhalb 2.10- 4 At.- % Cu ist die Aktivierungsenergie
der Rekristallisation auffallend niedrig (13 kcal/g-Atom). Das Material
zeigt eine ausgesprochene Rekristallisationstextur [52].
616 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Bei einem Kupfergehalt von etwa 5 . 10-4 At.- % weist die Aktivie-
rungsenergie der Korngrenzenverschiebung bei der Rekristallisation des
Reinstaluminiums ein Maximum auf [46] (s. Abb. 501, S. 627).
Oberhalb eines Kupfergehaltes von 5 . 10-3 At.- % ist die Rekristalli-
sationsgeschwindigkeit sehr stark verringert. Die Aktivierungsenergie
der Rekristallisation beträgt etwa 33 kcalfg-Atom. Das Auftreten einer
ausgesprochenen Rekristallisationstextur ist nunmehr unterdrückt [52].
Zusätze von Silizium zu Reinstaluminium (99,99% Al) bewirken eine
Erhöhung der Rekristallisationstemperatur bei gleichzeitiger Korn-
vergröberung. Letzteres dürfte auf die Ausscheidung von Eisen zu-
rückzuführen sein. Beim Zusatz von Silizium zu zonengeschmolzenem
Aluminium wird gleichfalls eine Erhöhung der Rekristallisationstem-
peratur gefunden (Abb. 488).

3.15 Mechanismus der Beeinflussung der Rekristallisation


des Reinstaluminiums durch kleinste Zusätze oder Verunreinigungen

In Abb.492 wird die Erholung des elektrischen Widerstandes von


Reinstaluminium beschrieben. Man erkennt, daß die durch Kaltverfor-
mung erzeugten Leerstellen bereits nach ca. 10 bis 20 Minuten Auslage-
rung bei Raumtemperatur zum
6
1 größten Teil in Senken a bgewan-
~I\ durch
LeerSjellen f - -
dert sind, während die bei der
Kaltverformung des polykri-
If ""
1--1- stallinen Gefüges erzeugten Ver-
,
z I setzungen erst durch Erholungs-
t-durch vorgänge bei erhöhter Tempe-
Verse(zungr
ratur oder wesentlich längere
o 20 lfO 60 mln 80 Erholungszeiten eliminiert wer-
Auslagerungszeif (bei cODe)
den können [54].
Abb. 492. Erholung des elektrischen Widerstandes
von Reinstaluminium durch Lagerung bei 20 oe nach Wie Abb. 493 zeigt, bewirkt
Dehnung um 7% (nach M. WINTENBERGER [54]). ein zunehmender Reinheitsgrad
des Reinstaluminiums vor allem
bei starken Kaltverformungsgraden eine Senkung der Rekristallisations-
schwelle [55]. Dies deutet auf eine Wechselwirkung zwischen Spurenver-
unreinigungen und den bei der Kaltverformung erzeugten Versetzungen
und Versetzungsansammlungen (Subkorngrenzen) hin.
Abb. 486 bis 488 zeigten den Verlauf der Rekristallisationstemperatur
mit steigenden geringfügigen Zusätzen wirksamer Legierungselemente,
wie Eisen, Nickel, Kupfer, Silizium oder Mangan. Man erkennt, daß
bereits kleinste Zusätze stark erhöhend auf die Rekristallisationstempera-
tur wirken, wobei eine Steigerung der genannten Legierungszusätze über
ca. 0,001 bis 0,01 At.- % keine weitere Wirkung auf die Rekristallisations-
Lit. H. 650] ;{. Cnlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 617

temperatur mehr ausübt. Dies führt zu der Annahme, daß die wirksamen
Fremdatome sich an zweidimensionalen oder dreidimensionalen Gitter-
fehlern anlagern und hierbei eine zunehmende Inhibierung der Rekristalli-
sation bewirken, bis dann der erwähnte Sättigungswert erreicht ist.
Der Mechanismus, durch den bestimmte Verteilungszustände der ge-
nannten Fremdatome im Reinstaluminium das Kornwachstum hemmen,
bedarf norh der weiteren Klärung.
~.-~~~~~~~-,~~~-,.-~~~,-~~~-.

.um Kaltverformungsgrad 90 %
----
.......

-----

Temperatur
Abb.493. Rekristallisation von zwei verschiedenen l~einstaluminiumsortell. Kaltverformung 60%
bzw. 90% (nach H. CHOSSAT u. Mitarb. [55]).
~-- Al 99.9\l8; ~ - ~- Al 99,990.

Folgende Arten der Ansammlung von Fremdatomen im Reinstalu-


minium sind bezüglich eines Einflusses auf die Rekristallisation in Be-
tracht gezogen worden:
Anordnung in einer "Seigerungs-Substruktur", s. Abb. 495.
Anordnung in ,;Wolken" oder in feinen Ausscheidungen, welche zeit-
weise von einer Korona gelöster Atome umgeben sind (beim Inlösung-
gehen der Ausscheidungen).
Ansammlung an Korngrenzen, insbesondere an wandernden Korn-
grenzen.
Anreicherung an Versetzungen oder Subkorngrenzen.
Anordnung in langgestreckten "Wolken" oder Fasern, welche von
Seigerungen im Gußgefüge und/oder vom Verformungsmechanismus
herrühren.
618 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

3.151 "Kritische Dispersion" und Seigerungs-Substruktur. Mit zuneh-


mender Konzentration an bestimmten Legierungselementen des Reinst-
aluminiums ist verschiedentlich das Auftreten eines kritischen Gehaltes
beobachtet worden, bei welchem eine maximale Rekristallisations-
hemmung auftritt. Dies kommt in Abb.494 für Reinstaluminium ver-
schiedener Reinheitsgrade zum Ausdruck. 1 Ähnliche Beobachtungen
wurden (gem. Abb.501) auch bei steigenden Kupferzusätzen gemacht
[39, 46, 52].
Beim Vorliegen einer "kritischen Dispersion" der natürlichen Ver-
unreinigungen wird beim Reinstaluminium ein stabiles feines Korn und

-r-- H-
-
/ t- iI
/ 1

vl.-f
Ende der RekristlJllisation i
0 +- I I
---<--
V V i I
I
Ir I
rT !
I
I
I I
i !

J I
a BtT (er tikiistalliration
o 99,9998 99,991 99,91 99,1
Reinheitsgrad
Abb. 494a u. b. Rekristallisation von Reinstaluminium verschiedener Reinheitsgrade.
a) Rekristallisationsintervall für eine Glühzeit von je einer Stunde (Ausgangszustand: walzhart)
(nach N. KAWASIDMA u. Y. NAKAMURA [130] s. a. [40J).

das Auftreten relativ hoher Festigkeitswerte im weichgeglühten Zustand


beobachtet. Es bereitet einige Schwierigkeiten, zu erklären, warum die
Weichglühung von Reinstaluminium mit "kritischer Dispersion" der
natürlichen Verunreinigungen längere Zeit bei 500 bis 600 oe fortgesetzt
werden kann, ohne daß ein Kornwachstum auftritt. 2 Ebenso ist es schwer
zu erklären, daß· weichgeglühte Reinstaluminiumproben starke Unter-
schiede in den Festigkeitswerten zeigen. Eine eingehende Untersuchung
dieses merkwürdigen Phänomens steht noch aus. Vielleicht hängt die
"kritische Dispersion" mit der nach chemischem Glänzen von Reinst-

1 In Abb. 494b zeigt sich die Rekristallisationshemmung des mittleren Rein-


heitsgrades bei langen Glühzeiten (> 20 Std.) nahe unter der Rekristallisations-
schwelle (220 bis 240°0).
2 Ein Beispiel dieser Art ist Reinstaluminium mit einem Eisenzusatz von z. B.
0,5%, siehe dazu S. 358.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 619

aluminium beobachteten Substruktur zusammen, wie sie in Abb. 495


wiedergegeben wird [56, 57].
Diese Substruktur weist insbesondere drei Merkmale auf:
Die geometrische Form der Substrukturen hängt von der Lage der
Beobachtungsebene im Aluminiumgitter ab.
/.1>- ----0-___ _
~~------,--------r--------~------~
kp/mnrl
_ ~--c-.
r

30

10 b
100 1000 min 10000
1 4 20 ~ 100h
G/ühzeif
Abb. 494 b) Entfestigung und Rekristallisation von Aluminium dreier verschiedener Reinheitsgrade
(nach Y. NAKAMURA. u. M. NISHIZAKA [32] s. a. [40]).
Oben: hochreines Aluminium Al 99,998, 0,002% Fe;
Mitte: Reinstaluminium Al 99,99, 0,004% Fe, 0,003% Cu, 0,001 % Si;
Unten: Reinaluminium Al 99,9, 0,012% Fe, 0,027% Cu, 0,032% Si;
Ausgangszustand: 90% kaltgewalzt.
620 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Wird der Reinheitsgrad des Aluminiums von 99,99 auf 99,9995%


gesteigert, so wird der Durchmesser der Substrukturen stetig größer.
Beim zonengeschmolzenen Reinstaluminium sind keine oder fast keine
Substrukturen mehr sichtbar.
Beim Reinheitsgrad 99,95 bis 99,995% Al sind die Substrukturen
besonders scharf ausgebildet, während sie bei tieferen Reinheitsgraden
relativ verschwommen sind.
Die Substruktur tritt beim Reinheitsgrad 99,99% Al sowohl im kalt-
verformten als auch im entfestigten und weichgeglühten Zustand auf
und verändert sich auch nach längerer
Glühung bei z. B. 600 oe nicht merklich.
Aus den zwei letztgenannten Beob-
achtungen könnte man eine Erklärung
des Rekristallisationsverhaltens beim
Vorliegen einer "kritischen Dispersion"
herleiten. Es erscheint denkbar, daß die
nach chemischem Glänzen sichtbare
Substruktur durch eine wabenförmige
Seigerung der natürlichen Verunreini-
gungen des Reinstaluminiums verur-
sacht wird, welche auch bei einer Glü-
200:1 hung oberhalb der Rekristallisations-
Abb.495. mektronenmikroskopische Allf- temperatur bestehen bleibt, ein Korn-
nahme (Oxydabdruck) einer chemisch ge-
glänzten Reinstalnminiumprobe, Glänzung wachstum verhindert und somit höhere
im R5-Bad. Das Material wurde von 6 Festigkeitswerte bewirkt als bei tieferen
anf 0,1 mrn kaltgewalzt, dann 4 Std. bei
600 oe geglüht. Substru ktur in zwei beuach- oder höheren Reinheitsgraden, bei de-
barten Körnern. Eventuell handelt es sich nen die Substruktur entweder ver-
um eine Seigerungssubstruktur, welche
einen unterschiedlichen Ätzangriffbewirkt schwommen oder relativ grobmaschig
(nach ALUSUISSE [57]). ist. Dies könnte somit vielleicht die beim
Vorliegen der kritischen Dispersion be-
obachteten Effekte erklären. Jedoch müssen hierüber noch eingehendere
Untersuchungen durchgeführt werden. l
Das Zustandekommen einer die Rekristallisation hemmenden und
beim anschließenden Glühen weiterhin stabilen Dispersion hängt außer
von den vorhandenen Fremdatomen in starkem Maße auch von der ther-
mischen Vorgeschichte vor dem Einsetzen der Rekristallisation ab. Dies
wird durch Abb. 496 und Tab. 68 erläutert, aus denen entnommen
werden kann, daß z. B. durch langsames Aufheizen von stark kaltgewalz-

1 Die Seigerungssubstrukturen sind auch als "Ätzfiguren" bezeichnet und somit


als reine Oberflächenerscheinung klassiert worden [58, 59]. Einzelheiten dazu siehe
auf S. 249. Immerhin ist es aber auffallend, daß diese Substrukturen mit dem
Rekristallisationsverhalten des Reinstaluminiums eine nicht zu verkennende
Parallelität aufweisen [56].
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 621

tem Reinstaluminium ein wesentlich feineres Korn erhalten wird als


durch rasches Aufheizen [40, 60].
Diese Beobachtung wird vor allem bei Reinstaluminium gemacht,
das stark kaltverformt ist und dessen Eisen- und/oder Kupfergehalt
unter ca. 0,0015% liegt.

1:1
Abb.496,, - d. Weiehgegliihte, korn geätzte Proben aus Reinstaluminium (nach ALUSUISSE)
Zusammensptzllll~ A: Fe 0 0015% Si 0,005 '};, CIl 0,001 %
.Il: F e 0.003% Si 0.004% Cu 0,002%
a) Stoßglühung bei 1UO ' Co Aufheizdauer 10 bis 20 Sekunden, Gliihzeit 5 Minnten. Zusammensetzung A;
b) Stoßglühung bei 320 ' C, Aufheizdauer 10 bis 20 Sekunden, Glühzeit 5 Minuten. Zusammensetzung A;
c) Langsame Au!heizung auf 320 °(; . Anfheizgeschwindigkeit 30 grd/h, Glühzeit 5 Minuten*. Zusam-
mensetzung A;
<1) StoßgJiihnng l,ei ß20 'C, Aufheizuauer 10 bis 20 Sekunden, Gliihzeit 5 Minnten'. Znsammen-
set.zung l{ (nach ALrSUISSE).
• Wird die Gliihung z. R 10 Stunden hei 500 ' C !ortgesel7.t" tritt kein erkennbares Kornwachstumauf.

Statt des langsamen Aufheizens kann man ebenso das kaltgewalzte


Reinstaluminium bei Temperaturen kurz unterhalb der Rekristalli-
sationsschwelle anlassen. Bei der a.nschließenden Weichglühung erhält
622 O. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Tabelle 68. Einfluß der Aujheizgeschwindigkeit auf die Rekristallisation von Reinst-
aluminium (0,1 mm dick, Kaltwalzgrad 99%). Glühzeit 20 min bei der angegebenen
Temperatur (nach ALUSUISSE [40]).

Verunreinigungen in % Rekristallisationsintervall und Korngröße


Aufheizung Aufheizung Einfluß der langsamen
Fe Si Cu stoßartig langsam Aufheizung
(in 1 bis 10 sec) (in 8 h)

0,0011 0,0063 0,00061180 bis 230°0 250 bis 310°0 Korn: Markante Verfeinerg.
10,01 Körnerjmm2 400 Körnerjmm2 Rekristallisationsintervall
um 70 bis 80 grd erhöht
0,0030 0,0046 0,0021270 bis 320°0 250 bis 300°0 Korn: Kein Einfluß
400 Körnerjmm2 500 Körner/mm2 Rekristallisationsintervall
um 20 grd erniedrigt

man dann gleichfalls ein feines Korn, wobei im übrigen die Rekristalli-
sationsgeschwindigkeit deutlich verlangsamt wird [40].1

3.152 Ansscheidungsvorgänge bei kleinen Eisengehalten. Es gibt


eine ganze Reihe von Hinweisen, daß bei der Erwärmung des kalt-
verformten Reinstaluminiums auf ca. 80 bis 200 oe eine Umlagerung der
natürlichen Verunreinigungen erfolgt: Diese ist in Abb.494b an den
Aushärtungseffekten erkennbar (s. a. Abb. 287, S. 356).
Wird z. B. kaltgewalztes Reinstaluminium mit Eisengehalten von
0,005 bis 0,008% ohne vorherige Entfestigung weichgeglüht, so treten
gem. Abb.497 nacheinander zweiMaxima der Wärmetönung auf [61], von
denen das erste wahrscheinlich auf eine Umlagerung der Eisenatome und
das zweite auf die eigentliche Rekristallisation zurückzuführen sein
dürfte. Es fällt in Abb. 497 auf, daß mit zunehmendem Eisengehalt die
bei der Rekristallisation auftretende Wärmetönung stark zunimmt. Diese
höhere Wärmetönung kann auf ein Zurückdrängen der Erholungsvorgänge
zugunsten der Rekristallisation zurückgeführt werden.
Wird das Material vor der Rekristallisation bei 205 oe entfestigt, so
bleibt das erste Maximum der Wärmetönung aus.
Die Reproduzierbarkeit und Interpretation solcher Meßergebnisse
ist allerdings noch Gegenstand der Diskussion, siehe dazu S. 308 und
[131 ].

1 Der Mechanismus, welcher bei der erwähnten Vorentfestigung abläuft, ist im


einzelnen nicht klar. Außer der erwähnten Umlagerung von Eisen- und Kupfer-
atomen ist auch die Bildung von Rekristallisationskeimen in Betracht zu ziehen,
zumal bei der Röntgenfeinstrukturuntersuchung nach Vornahme einer wirkungs-
vollen Vorentfestigung bereits eine Anzahl kleinster rekristallisierter Körner fest-
gestellt werden kann. Somit könnte der Einfluß der Vorentfestigung auch auf der
Entstehung einer größeren Anzahl wachstumsfähiger Keime beruhen.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 623

Die Anordnung der Eisenatome im Reinstaluminium kann mit thermo-


elektrischen Messungen verfolgt werden [62]. Diese Meßmethode spricht
empfindlich auf den Lösungszustand des Eisens im Reinstaluminium an.

1000Kf----+-+--I---+--+-----+----I
/lW/mol

5001-l----+--rr-&-1--

o 6 8 cO h 30
Glühdauer
Abb.497. Wärmetönung in Abhängigkeit von der Glühzeit bei der primären Rekristallisation von
drei Reinstaluminiumproben (durch Stauchen um 36% kaltverformt) (nach H. U. ASTRÖM [61]).
Zusammensetzung:
A: < 0,002% Cu, 0,0035% Si, 0,0084% Fe
B: < 0,002% Cu, 0,0046% Si, 0,0048% Fe.
a: A 40 h bei 2(15°C vorentfestigt
b: B 40 h bei 205°C vorentfestigt
c: B Weichglühung ohne Vorentfestigung

-300,----,-----,----,---,---,
Q05
%
Q04
~
JS q03

!
~
0,02

0,01

80 Il0 h 160
Glühdauer
Abb. 498. Ausscheidung von Eisen nach Lösungsglühung bei 650°C (AI + 0,14% Fe). Ermittlung des
gelösten Eisens an Hand von Messungen der Thermokraft (nach C. CRUSSARD u. A. AUBERTIN [62]).

In Abb. 498 und 499 sind zwei von C. CRUSSARD und A. AUBERTIN [62]
erhaltene Ergebnisse wiedergegeben, welche an Reinstaluminium mit
Zusatz von 0,14% Fe erhalten wurden. Die Proben wurden zunächst bei
624 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

650 oe geglüht, wobei entsprechend dem Zustandsdiagramm ca. 0,05% Fe


in Lösung gebracht wurde. Anschließend wurde das Material bei Tem-
peratur zwischen 400 bis 500 oe geglüht und die Ausscheidung des Eisens
durch Messung der thermoelektrischen Spannung verfolgt. In Abb. 498
erkennt man, daß im unverformten Gefüge die Ausscheidung des Eisens
bei 400 oe relativ träge erfolgt und bei 500 oe bereits in wesentlich kürzerer
Zeit abläuft.
Wenn die untersuchten Proben vor der Heterogenisierung bei 400 oe
um 0,5% gereckt wurden, so wird die Ausscheidung stark beschleunigt
o~----,------,------,-----,
und die Aktivierungsenergie
'/0-9 der Ausscheidung geht von
'ij'gra
23,8 kcal/Mol auf 11 kcai/Mol
zurück.
flIeichgewichfswerf
. .J....::: . . _ In Abb. 499 wird ein wei-
terer Versuch der genannten
Verfasser beschrieben [62]. Es
wurde Reinstaluminium mit
einem Zusatz von 0,14% Fe zu-
cO
6/ühdauer (bei 500 Oe)
JO h 40
nächst bei 400 oe geglüht und
Abb.499. Auftreten eines zeitlichen Maximums des Be- daraufhin die Glühtemperatur
trages der Thermokraft durch In]ösunggehen von Eisen auf 500 oe erhöht, was einer
bei 500°0 (nach O. ORUSSARD U. A. AUBERTIN [62]).
Al + 0,14% Fe, Glühung: 7 Tage bei40000,danach Verseehsfachung des im Gleich-
Glühung bei 500°0; Löslichkeit bei 400°00,001 %, bei
500°0, 0,006% Fe.
gewicht gelösten Eisens gleich-
kommt.
Es zeigte sich, daß etwa eine Stunde nach der Temperaturerhöhullg
die Gitterverzerrung ein deutliches Maximum durchläuft. Jede der Ein-
lagerungen ist also während des Inlösunggehens des Eisens mit einer
Korona von Eisenatomen umgeben, die vorübergehend eine zusätzliche
Verspannung des Gitters bewirken, bis die Eisenatome ihre Plätze an
energetisch günstigen Stellen gefunden haben.

3.153 Wechselwirkung der Fremdatome mit Korngrenzen (Groß-


winkelkorngrenzen). Eine Anreicherung der Verunreinigungen des Reinst-
aluminium an Korngrenzen ist wiederholt nachgewiesen worden. Man
ist heute der Ansicht, daß sogar beim zonengeschmolzenen Aluminium
höchster Reinheit die Korngrenzen eine Anreicherung an Fremdatomen
aufweisen. Als Nachweis hierzu eignet sich vor allem die Methode der
Autoradiographie [63]. Anreicherungen an Korngrenzen kommen ins-
besondere bei der Erstarrung zustande [11, 64].
Solange der Gehalt der Legierungselemente unterhalb der Löslichkeit
bei der in Frage kommenden Temperatur liegt, sollte nach thermodyna-
mischen Rechnungen nur eine monomolekulare Schicht von Fremd-
atomen an den Korngrenzen vorhanden sein [96a].
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 625

Beim Reinstaluminium werden aber meistens relativ starke Ansamm-


lungen der Fremdatome an den Korngrenzen festgestellt; offenbar ist die
Löslichkeit gewisser Verunreinigungen (wie Eisen oder Kupfer) bei
Temperaturen von ca. 20 bis 200°C verschwindend gering.
Die Anreicherung der Fremdatome an Korngrenzen ist auch anhand
der Temperatur, bei welcher die Korngrenzen aufschmelzen, untersucht
worden. Die Korngrenzen von Reinstaluminium beginnen bereits ca. 4 grd
unterhalb der Solidustemperatur aufzuschmelzen, woraus auf die An-
reicherung von Fremdatomen an diesen Korngrenzen geschlossen werden
kann [65].
Eine im einzelnen ausgearbeitete Theorie der Rekristallisations-
hemmung durch kleine Zusätze zu Reinstaluminium geht davon aus, daß
die in Frage kommenden Fremdatome sich an wandernden Korngrenzen
ansammeln und deren Verschiebung verlangsamen oder verhindern
[42,46,51,66]. K. LÜCKE und K. DETERT nehmen dabei an, daß bei der
Wanderung einer Korngrenze die in ihrer Nähe liegende Fremdatomwolke
etwas hinter der Korngrenze zurückbleibt und hierdurch deren Wande-
rung verlangsamt. Die experimentelle Nachprüfung dieser Theorie ist
aber noch nicht abgeschlossen [66]. Insbesondere bedarf der Diffusions-
mechanismus noch der Klärung, welcher bewirkt, daß Fremdatome mit
einer Korngrenze wandern.
3.154 Wechselwirkung der Fremdatome mit Versetzungen und Ver-
setzungsansammlungen. Vielfach wird die Einwirkung kleinster Verun-
reinigungen auf die Beeinflussung der Rekristallisation durch eine
Wechselwirkung zwischen Fremdatomen und Versetzungen zurück-
geführt [12, 39, 40, 69, 70].
Für die Anlagerung an Versetzungen kommen insbesondere solche
Fremdatome in Betracht, welche einen wesentlich kleineren oder wesent-
lich größeren Atomradius als die Aluminiumatome haben. Hierzu gehören
z. B. die Eisen- oder Kupferatome, die sich im Kompressionsfeld von Ver-
setzungen anlagern. Insbesondere der Einfluß kleiner Kupfergehalte ist
eingehend untersucht worden.
Die Ansammlung von Fremdatomen an Subkorngrenzen darf als
nachgewiesen gelten. Beispielsweise ist beim Vorliegen von übersättigt
gelöstem Eisen (oder einer im einzelnen noch unbekannten Dispersion
des Eisens im Aluminium) das Subkornwachstum bei der Polygonisation
des Reinstaluminiums stark gehemmt. Das in Abb. 490a gezeigte Subkorn-
bild würde auch nach längeren Entfestigungszeiten prinzipiell ähnlich aus-
sehen, während nach Ausscheidung des Eisens sowie bei tiefen Eisen-
gehalten (unter 0,001 %) die Subkörner relativ rasch weiterwachsen.

3.155 Beeinflussung der Rekristallisation des reinsten Aluminiums


durch kleine Kupfergehalte. Theoretische Ansätze. Der Einfluß kleiner

40 Altenpohl. Aluminium
626 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Kupfergehalte auf die Entfestigung und Rekristallisation des Reinst-


alunilniums ist besonders eingehend untersucht worden.
a) Untersuchung der Korngrenzenwanderung in verschiedenen Tempe-
raturbereichen. Ermittlung der Aktivierungsenergie. P. GORDON und
R. A. VANDERMEER haben den Mechanismus der Korngrenzenverschie-
bung bei der Rekristallisation von zonengeschmolzenem Reinstalumi-

1!5""!:
-- - -
-
I~~

110 oe
° "" ""
l.....,...r
;,.:
100 200 300·10 5 'HIO
Erwörmungsdouer
Abb. 600 a u. b. Durchschuittlicher Durchmesser der größteu rekristallisierten Körner zweier ver-
schiedener Reinstalumiuiumsorten in Abhängigkeit von der Erwärniungsdauer (nach P. GORDON u.
R. A. VANDERMEER [46]).
Ausgangsmaterial: 40% Kaltwalzgrad, Verformung bei O°C
a) Zonengeschmolzenes Reinstaluminium;
b) Zonengeschmolzenes Reinstaluminium mit Zusatz von 0,0017 At % Cu.

nium mit kleinsten Kupferzusätzen experimentell und theoretisch ein-


gehend untersucht [46, 131]. Hierbei wurde zunächst die Korngröße in Ab-
hängigkeit von der Weichglühtemperatur gemessen und insbesondere die
anfängliche Wachstumsgeschwindigkeit ermittelt (Abb.500). Aus den
gemessenen Wanderungsgeschwindigkeiten der Korngrenzen zu Beginn
der Rekristallisation wurden die Aktivierungsenergien ermittelt, welche
in Abb. 501 in Abhängigkeit vom Kupfergehalt aufgetragen sind. Man
erkennt, daß bei einem Kupfergehalt von etwa 5 . 10-4 % ein Maximum
in der Aktivierungsenergie der Korngrenzenwanderung auftritt.
In Abb.502a sind die anfänglichen Wanderungsgeschwindigkeiten
der Korngrenzen für verschiedene Kupfergehalte in Abhängigkeit VOll
der Temperatur aufgetragen. In Abb. 502b wird veranschaulicht, daß
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 627
50
kcol/m 01
Abb. 501. Experimentell er-
mittelte Aktiviernngsener- I
I
Cu in AI
Of--- f-----
gie des anfänglichen Korn- E+eL
wachstums bei der Rekri· (I~ ~{-- --
stallisation von zonenge-

/
schmolzenem Reinstalu· 0

minium mit unterschied- AI


lichem Kupferzusatz. Aus- eG8
gangsmaterial: 40% Kalt-
walzgrad. Verformung bei ~j----~ f - - -
ODC (nach P. GORDON U.
R. A. VANDERMEER r46]). 10 -
10 -5 10 -* 10 -3 10 .Q

Kupfergehalf

m-3.-----~----~-----r----~~--~----~------~----~----~
cm/s

2,8 3,0 3,2


1/T

schemafisch

-.-
meßbarer
Bereich von! J

b
reziproke Temperatur-
Abb. 502a u. b. Einfluß der Temperatur auf die Wanderungsgeschwindigkeit von Korngrenzen bei
Jer Rekristallisation von zonengeschmolzenem Reinstaluminium mit diversen Kupferzusätzen (nach
P. GORDON U. R. A. VANDERMEER [46]).
a) Gemessene Abhängigkeit der anfänglichen Wanderungsgeschwindigkeit der Korngrenzen G vom
Reziprokwert der ahsoluten Temperatur;
.'Ir. At-% Cu Nr. At-% Cu Nr . At-% Cu

.3 0,0256 /; 0,0034 9 0,00021


4 0,0124 7 0,0017 10 0,00000
0,0068 0,00043
iJ) Schematische Wiedergahe ,les meßbaren Bereiches von G sowie der an Hand der Theorie vorher-
llesagten Abhällgi!(keit Y(>Jl (; ,"Oll der reziproken Temperatur (gestrichelt). 1 ~ 10 Kupfergehalt
abnehmend.

40*
628 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

der experimentell gut meßbare Geschwindigkeitsbereich (zwischen 10- 3


und 10- 7 cm/s Wanderungsgeschwindigkeit der Korngrenzen) für die
untersuchten Kupfergehalte bei sehr unterschiedlichen Temperaturen
liegt. Dies führt nun aber dazu, daß für die verschiedenen Kupfergehalte
die Messung der Korngrenzenverschiebung in unterschiedlichen Tempe-
raturbereichen durchgeführt wird, in welchen unter Umständen recht
verschiedene Mechanismen die Bewegung der Korngrenzen kontrollieren.
Dies wird in Abb. 503 schematisch zum Ausdruck gebracht. 1 In dieser
Abbildung sind Ergebnisse der Berechnungen von P. GORDON und
R.A. VANDERMEER schematisch wiedergegeben, wonach die Korngrenzen-
verschiebung nur im tieferen Temperaturbereich durch kleine Gehalte
gelöster Fremdatome kontrolliert wird, nicht aber bei höheren Tempera-
turen.
Man erkennt, daß die Veränderung der Wachstumsgeschwindigkeit
in Abhängigkeit von der Temperatur im Übergangsbereich, d. h. bei
mittleren Temperaturen, ein Maximum durchläuft. Dies kommt auch in
der Neigung der ausgezogen gezeichneten Kurven in Abb. 502b zum
Ausdruck; die gestrichelten Linien deuten im übrigen die aus theoreti-
schen Überlegungen hergeleitete Abhängigkeit der Wachstumsgeschwin-
digkeit von der Temperatur an, welche sich der experimentellen Verfol-
gung entzieht. Die Ergebnisse der genannten Autoren [46] stimmen mit
der Theorie von K. LÜCKE und K. DETERT [42] gut überein und wurden
von P. GORDON in einer neueren Arbeit theoretisch weiterbehandelt [68].

b) Mechanismus des Kornwachstums, Einfluß der thermischen Vor-


geschichte sowie des Kaltwalzgrades. O. DIMITROV ist dem Mechanismus
des Einflusses kleiner Kupferzusätze auf die Rekristallisation des zonen-
geschmolzenenAluminiums nachgegangen. InAbb. 504 erkennt man, daß
die Kupferzusätze unter den Versuchsbedingungen von O. DIMITROY
hauptsächlich die Keimbildungsgeschwindigkeit beeinflussen [11].
P. GORDON und R. A. VANDERMEER haben nachgewiesen, daß bei der
Rekristallisation von zonengeschmolzenem Aluminium mit Zusatz von
0,008% Cu das Keimwachstum anfänglich ausschließlich entlang einzelner
Korngrenzen des kaltverformten Gefüges erfolgt. Hierdurch entstehen
einzelne Kolonien von wachsenden Körnern. Die Wachstumsgeschwindig-
keit der einzelnen Kolonien kann um mehr als den Faktor 10 unterschied-
lich sein [51].
Die zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse verschiedener
Autoren über den Einfluß kleiner Kupferzusätze auf die Rekristallisation

1 Auch K. LÜCKE hat darauf hingewiesen, daß die Aktivierungsenergie der


Rekristallisation des reinsten Aluminiums in starkem Ausmaß von der Temperatur
abhängt, bei welcher die Messung dnrchgeführt wird [67].
Lit. :::i. 6;")01 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 629

des Reinstaluminiums ist vorerst noch nicht möglich. Dies erklärt sich
YOl' allem aus den unterschiedlichen Kaltwalzgraden bzw. Temperaturen
der Kaltverformung, welche ange-
10 4,--,------,----,-----,
,,-endet wurden. Der Einfluß kleinster t

Gunabhängig
von Fremdalomen G abhängig von
J:- FremdlJtomen

Übergangs-
bereich

Cl.::
I

b
TO- BL-b-!c,-----7-----::--,.-n;-_=!
reziproke Temperatur 0,1 1 10 li'ew.-% 100-10-'"
Kupfergehalt
Ahh ..1tl:3a b. Ergebnisse ller thr()rt:'ti~('ht'n l;n~
ll. AbI>. 504 a ll. b. Einfluß kleiner Kupfer-
tpr~ll('llllngPII \'unP. GORDOX n. n. A. YAxDElnLEBR zlL~ätze zu zouengc:{chmolzenenl Reinst~
[461. a]untiniu1l1 auf Keimbil<lungsgesehwindig-
;1) Abhängigkeit .ler \ranuernngsgc:-ichwlndigkeit (j keit lind KeimwachstulIlsgeschwindigkeit
,"Oll der reziprokell Teluperatnr (:·whematüH'h); (nach O. DBllTROV [11]).
l~) :-:.trigung der in Aht>. a Hchclnati:-;ch wiederge- Proben in flüs::;igenl Stickstoffulll 97°~ ge-
~pht-'nf'll KlIfye in ~-\ lJhängigkeit VOllt R8Zillfok,vprt walzt. anschließen(l bei HOC bzw. - 38°G
dpr Tf'1I1peratnr;
R U ",TalHh'fullgsgesc}nriIHUgkr.it
U-a~k()n~talltt';
KOfllgrenzcll zu Anfang tIrr Rekristalli:-mtion;
tipI'
T ah"(dnte Tenlperatnr; Q(jJj Aktivierullgscncrgie
.Irr Ki)rll~rCllzeHWillHI8rtlng.

Yerunreinigungen kommt gem. Abb.493 hauptsächlich bei hohen Kalt-


yerformungsgraden zum Vorschein, während bei Kaltverformungsgraden
\'on z. B. 1 bis 10% der Einfluß kleiner Spurenelemente kaum oder gar
nicht bemerkt ~werden kann [67].
630 C. Eigenschaften des AluminiulIlB und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Sodann zeigt sich, daß die bisher vorliegenden Arbeiten über den Ein·
fluß kleiner Zusätze auf die Rekristallisation des Reinstaluminiums unter
ganz speziellen Voraussetzungen durchgeführt wurden, was die Erarbei-
tung einer einheitlichen Theorie erschwert.
P. GORDON und R. A. VANDERMEER [46] gehen bei ihren Unter-
suchungen und Überlegungen von folgenden Voraussetzungen aus:
Die thermische Vorgeschichte der untersuchten Proben wird nicht
variiert. Es wird ausschließlich der analytisch feststellbare Kupfergehalt
berücksichtigt.
Die hemmende Wirkung der Kupferzusätze auf das Kornwachstum
wird auf eine Ansammlung der Kupferatome an den Korngrenzen zurück-
geführt.
Beide Voraussetzungen sind willkürlich gewählt. Die zum Beispiel in
Abb.496 wiedergegebenen Ergebnisse zeigen deutlich, daß allein durch ein
Anlassen unterhalb der Rekristallisationstemperatur bei unveränderter
Analyse ein sehr starker Einfluß auf das Kornwachstum ausgeübt werden
kann. Die thermische Vorgeschichte des Materials kann stärker auf die
Rekristallisation einwirken, als eine Variation des Gehaltes an Fremd-
atomen. Auch bei Reinstaluminium mit 99,999% Al-Gehalt ist z. B. die
Kornseigerung noch so ausgeprägt, daß eine Lösungsglühung des Guß-
gefüges bei 600 oe einen starken Einfluß auf den elektrischen Widerstand
ausübt [100].
Die Annahme, daß sich die Kupferatome an den wandernden Korn-
grenzen ansammeln und hierdurch deren Bewegung hemmen, ist nicht
eindeutig bewiesen. Im folgenden werden wir eine andere Erklärung
kennenlernen.

c) Anlagerung der K upteratome an Versetzungen oder Versetzungs-


ansammlungen. Eine Überschlagsrechnung zeigt, daß auf 108 Versetzungs-
linienJcm2 (Versetzungsdichte bei stark kaltverformtem Reinstaluminium)
bei einem Kupfergehalt von 0,0005 Gew.- % in einer Gitterebene größen-
ordnungsmäßig 30 Kupferatome auf eine Versetzungslinie entfallen.
Daher erscheint es zulässig, den in Kurve 11 in Abb. 491 erkennbaren
Aushärtungseffekt durch die Zusammenlagerung von Kupferatomen mit
Versetzungen zu erklären. Insgesamt kÖnnte man somit die in Abb. 491
erkennbaren Fälle I bis III wie folgt erklären:

1. Ist der Kupfergehalt hoch genug, so finden die meisten oder alle
Versetzungen an ihren Lageorten nach Abschluß der KaUverformung
genug Kupferatome in der Nähe, die herandiffundieren und sich an die
Versetzung anlagern, wodurch deren Verschiebung erschwert wird. Man
hat dann das "normale" Entfestigungs- und Rekristallisationsverhalten,
wie es etwa auch bei Reinaluminium auftritt.
Lit. H. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 631

11. Bei geringeren Kupfergehalten als etwa 0,001 % muß man erst
in den Temperaturbereich der Selbstdiffusion (rd. 160°0) gehen, damit die
Kupferatome die Versetzungen erreichen (oder umgekehrt?). Den Kurven-
verlauf 11 beobachtet man somit nur, wenn die Anzahl der Versetzungen
und die Anzahl der g('löstell Kupferatome in einer bcstimmten Relation
t;tehcn.
I .. agert man die kaltgewalzten Proben 6 Monate bei Raumtemperatur,
so verschiebt sich Kurve 11 in die Lage lla, indem die Kupferatome offen-
har die Versetzungen nunmehr auch bei Raumtemperatur erreicht ha ben.
In. Sind zu wenig Kupferatome vorhanden, so hilft auch das Anlassen
im Temperaturbereich der Selbstdiffusion nichts, sondern es ereignet sich
eine Rekristallisation bereits bei 100 bis 200°C, bei tiefen Kupfergehalten
bei Raumtemperatur beginnend. Die Kurve 111 verschiebt sich nach
längerer Lagerung bei Raumtcmperatur in Position lIla, durch "Re-
kristallisation in situ".
Wiederum ist zu betonen, daß der Kupfergehalt allein nicht maß-
gebend ist, sondern auch der Verteilungszustand des Kupfers in der
Aluminiummatrix. Die thermische Vorgeschichte des Materials umfaßt
auch die Raumtemperaturlagerung nach Kaltwalzen.
3.156 Einßuß faserartig angeordneter Fremdatome oder Ausscheidun-
gen auf die Rekristallisation. Oft kann ein starker Einfluß der parallel zur
FließfaBcr angeordneten Verunreinigungen auf das gerichtete Wachs-
tum der Körner bei der Rekristallisation des Reinstaluminiums fest-
gestellt werden; diescr Einfluß wird durch Magnesiumzusätze sehr ab-
geschwächt (Tab. 69).

Tabelle 69. KomwachstulYb von Reinstaluminium mit 'und ohne Magnesiurnzusntz.


Gliihtem.peratur 350°0 (nach E. C. W. PERRYMAN, zitiert nach [40])

I Wachstumsgeschwin<ligkeit
Kaltwalz- ([Lm!s)
i grad in (}~ Längs- Quer-
richtung richtung

Reinst- 60 15 2,3
aluminium 20 2,6 1,0
mit 0,5% Mg 60 1,8 1,1
mit 1,0% Mg 60 1,2 0,7
mit 1,0% Mg 20 0,2 0,2
mit 4,0% Mg 60 2,5

Anscheinend begünstigt ein Magnesiumzusatz die Diffusion der die


Rekristallisation hemmenden Fremdatome, so daß diese bei der Erwär-
mung des verformten Gefüges eine gleichmäßigere Verteilung annehmen
als zuvor.
632 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

3.16 Eigenschaften und Anwendung von Reinstaluminium

Die physikalischen Eigenschaften des Reinstaluminiums sind aus


Tab. 40, S.511 zu entnehmen. Die mechanischen Eigenschaften von
Reinstaluminium sind in Tab. 70 wiedergegeben.
Eigenschaften und Anwendungsgebiete des Reinstaluminiums sind
wiederholt beschrieben worden (s. [71, 74]).

Tabelle 70. Festigkeitswerte (Richtwerte) von Blechen und Bändern aus Reinstaluminium

Dicke Zugfestig· Bruch·


Kurzzeichen IDehngrenze keit dehnung
Brinelle-
(nach
DIN 1712)
Zustand
I Bleche Bänder
Go,z
aB 610
härte HB

I Ium kp/mm' kp/mm' % kpjmm'


I
mm
I I

Al 99,98R weich bis 5 bis 3 1- 3 4- 6 40-28 12-17


halbhart bis 3 bis 2 4- 7 7- 9 14- 8 18-22
hart bis 2 bis 2 8-13 10-14 7- 4 23-30

Cesamt-Reflexion/- -....,
~
~
~ __gerichtete Reflexion
~
99,9 89,8
Aluminiumgehalt
99,7 99,6
"'" 99,5

Abb.505. Retlexionswerte von geglän7.tem und anodisiertem Aluminium, abhängig vom Reinheits-
grad (nach P. BRENNER [10]).

Wichtig für die Anwendung des Reinstaluminiums in der Technik


ist oftmals das hohe Reflexionsvermögen. In Abb. 505 sind die Reflexions-
werte von geglänztem und anschließend anodisiertem Aluminium in
Abhängigkeit vom Reinheitsgrad wiedergegeben. Man erkennt den
starken Einfluß des Reinheitsgrades auf die gerichtete Reflexion. Ein
Vorteil des Reinstaluminiums liegt vor allem darin, daß auch relativ
dicke Eloxalschichten nahezu farblos sind (eine Verfärbung erfolgt
beim Rein- oder Reinstaluminium hauptsächlich durch eingelagerte
Eisenatome ).
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 633

Interessant ist sodann das gute Reflexionsvermögen des geglänzten


Reinstaluminiums in einem ziemlich großen Bereich von Wellenlängen.
Während im ultravioletten Bereich die meisten anderen Metalle ein
schlechtes Reflexionsvermögen zeigen, ist dieses bei geglänzten Alu-
miniumoberfläch~n im Bereich der Wellenlängen von 2000 bis 8000 A
nahezu unverändert gut (Abb. 506).

--
100

f..--- .-!!..-
%
/'
V~
80 Rh

l--

zo
/
t\
* '-Ag

o IV
'JOOO 1HJ00 5000 &000 7000 .lI 8000
Wellenlänge
.Abb. 506. R.ellexionsvermögen von Reinstaluminium und einigen anderen Metallen (nach A. I. BEL·
JALEW, M. B. RAPOPORT n. L. A. FIRSANOWA [79]).

Aus den genannten Gründen wird das Reinstaluminium vielfach zur


Herstellung von Reflektoren, Schmuck, Zierleisten oder anderen dekora-
tiv wirkenden Fabrikaten verwendet, meistens unter Zusatz von 0,5 bis
2% Mg. Der Magnesiumzusatz verschlechtert die Reflexionseigenschaf-
ten des Reinstaluminiums relativ wenig, ergibt aber eine Steigerung der
Festigkeitswerte und ein feineres Korn (Unterdrückung der Orangen-
haut nach Verformung).
Das unlegierte Reinstaluminium ist für die meisten Anwendungsfälle
zu weich. Eine Ausnahme bildet hier die ca. 0,1 mm dicke Folie für
Elektrolytkondensatoren, wofür unlegiertes Reinstaluminium hoher
Reinheit verwendet wird. Hierdurch erhält man in Elektrolytkonden-
satoren niedrige Restströme und eine lange Lagerfähigkeit der Konden-
satoren. Dies ist auf die fehlerfreie Oxydschicht zurückzuführen, welche
auf dem Reinstaluminium entsteht [75, 76, 77].
Sodann wird Reinstaluminium zur Herstellung von höchstreiner Ton-
erde verwendet, welche in der Petroleumindustrie benötigt wird.
Dies sind die hauptsächlichen Anwendungszwecke von Reinstalu-
minium.
Die Herstellung aushärtbarer Legierungen (z. B. AlMgSi1) auf der
Basis von Reinstaluminium ist wiederholt versucht worden, aber ohne
634 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 65(}

ermutigende Ergebnisse, da das Material bei der Lösungsglühung grob-


körnig wird. Außerdem zeigt das Endprodukt oftmals eine gewisse
Korngrenzenkorrosionsanfälligkeit [78].
Die genannten Nachteile sind nicht mehr vorhanden oder werden
stark abgemildert, wenn z. B. vom Reinheitsgrad 99,80 bis 99,95% Al
ausgegangen wird, dessen natürliche Verunreinigungen ausreichen, das
Rekristallisationsverhalten zu stabilisieren und den notwendigen
"Zement" an den Korngrenzen zu gewährleisten.
Es sind verschiedene andere Anwendungen von Reinstaluminium
vorgeschlagen und in gewissem Ausmaß auch verwirklicht worden
[73, 79J.
Zum Beispiel kann Reinstaluminium zur Herstellung von Kabel-
mänteln anstelle von Blei verwendet werden.
Der Einsatz von Reinstaluminium (mit oder ohne Zusatz von Magne-
sium) als Plattierwerkstoff ist oftmals vorgeschlagen worden, z. B. für
Küchengeschirr [73].
In den Ländern des Ostblocks wird außer den genannten Anwendungen
Remstaluminium vielfach auch in der chemischen Industrie (im Kontakt
mit Salpetersäure, Wasserstoffsuperoxyd, Formaldehyd-Lösungen) oder
in der Kunstseidenindustrie eingesetzt [79]. Auch hat sich Reinstalu-
minium für Apparate und Dächer von Galvanisierbetrieben, in welchen
Säuredämpfe auftreten, bewährt.
Folien aus Reinstaluminium sollen als Verpackungsmaterial Ver-
wendung finden.
In der Flugzeugindustrie wird Reinstaluminium als korrosions-
beständiges Material im Kontakt mit Spezialtreibstoffen oder zur Her-
stellung von Plattierschichten verwendet.
Auch Unterwasserteile von Schiffen sollen mit Reinstaluminium-
plattierschichten ausgerüstet worden sein [79].

3.17 Korrosionsverhalten des Reinstaluminiums

Eine wesentliche Eigenschaft des Reinstaluminiums mit oder ohne


Zusatz von Magnesium ist seine hohe Korrosionsbeständigkeit, die in
einer ganzen Reihe von Korrosionsmedien festgestellt wird [80,81].
Bei der Prüfung in verdünnter Salzsäure zeigen sich beim Vergleich
der Auflösungsgeschwindigkeit von Reinaluminium und Reinstaluminium
Unterschiede von ca. 3 Größenordnungen zugunsten des Reinstalumini-
ums [72, 81]. Sogar die kleinsten Verunreinigungen des Reinstaluminiums
haben noch erkennbaren Einfluß (Abb. 507).
Die hohe Korrosionsbeständigkeit des Reinstaluminiums fällt vor
allem immer dann ins Gewicht, wenn ein rein chemischer Angriff durch
Lit. S. 650J 3. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 635

gasförmige Medien oder Flüssigkeiten im sauren pR-Bereich erfolgt.


Bei stark alkalischen Medien gehen Reinaluminium und Reinstaluminium
annähernd gleich schnell in Lösung (z. B. in verdünnter Natronlauge).
Sobald galvanische Korrosion auftritt, zeigt das Reinstaluminium kein
besseres KorroRionsverhalten als das Reinaluminium (z. B. bei Vorhan-
densein von gelöst.en Schwermetallen in der angreifenden Lösung).
Auch bei Bewitterungsversuchen ist das Reinstaluminium dem Rein-
aluminium nicht. deutlich überlegen, offenbar unter Einfluß der sich in
heiden Fällen ablagernden Staubschichten, welche den Korrosions-
n~rlauf weitgehend steuern.
Es gibt einige Korrosionsmedien, in denen sich Reinstaluminium
oder Legierungen auf Reinstaluminiumbasis ungünstiger verhalten als
Reinaluminium oder daraus hergestellte Legierungen.

o 2 6 8 10 12 "'* 16 18d20
Ein fouchzeif
Ahl>.507. Gasvolumetrische Prüfung von drei verschiedenen Reinstaluminiumsorten in Salzsäure
(10 %; 20-25°C) (nach ALUSUISSE).
a Reinstaluminium 99,995% (Konventionelle 3·Schichten-Elektrolyse);
b Reinstaluminium 99,999% (aus Direktanschlußzelle);
c Zonengeschmolzenes Aluminium 99,9998%.

Wird Reinstaluminium auf Walzen abgewalzt, auf welchen noch


Reinaluminiumflitter haften, so kann auf diese Weise eine merkliche
Verschlechterung der Korrosionsbeständigkeit durch die Bildung kleiner
galvanischer Elemente hervorgerufen werden [78].
Reinstaluminium hat ein unedleres Potential als Reinaluminium, da
bei letzterem eine Veredelung durch die im Mischkristall gelösten und
durch die heterogen vorliegenden Verunreinigungen eintritt (z. B. [82]).
Ein weiterer Grund könnte auch darin zu suchen sein, daß die natürliche
Oxydhaut auf Reinstaluminium dünner ist als auf Reinaluminium [40].
Der Potentialabfall in der Oxydschicht ergibt eine Veredelung des elektro-
chemischen Potentials des Aluminiums [77].1
1 Die dickeren natürlichen Oxydschichten auf Reinaluminium dürften darauf
zurückzuführen sein, daß diese Oxydschichten durch ihren Gehalt an Silizium- und
Eisenatomen in ihrer Struktur etwas aufgelockert sind und daher zu etwas größerer
Dicke wachsen als die natürlichen Oxydschichten auf Reinstaluminium.
636 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Im übrigen zeigt es sich, daß das Reinstaluminium von einigen Agen-


zien relativ rasch an den Korngrenzen angegriffen wird. Hierfür gibt es.
vier verschiedene Erklärungen [83 bis 87].
Beim Reinstaluminium sind Ausscheidungen, welche im allgemeinen
kathodisch gegenüber dem Mischkristall sind, ausschließlich an den
Korngrenzen vorhanden, so daß die Lokalströme sich dort konzen-
trieren [85].
Beim Reinaluminium entsteht ein Mischoxyd, welches einen gleich-
mäßigeren Korrosionsangriff bewirkt als die auf Reinstaluminium
vorhandene fehlerfreie Oxydschicht [86, 87].
Im Reinstaluminium fehlt der "Zement" an den Korngrenzen,
welche daher eine höhere chemische Aktivität als das Korninnere
aufweisen [84].
Beim Reinstaluminium fungieren insbesondere die Korngrenzen als.
Quellen für Leerstellen, so daß kleine Hohlräume bevorzugt an Korn-
grenzen auftreten (s. Abb. 61, S. 82).

WOr-------~-------T--------r_------~
p.m

destilliertes Wasser
oder Dampf

zoo 300
Temperatur
Abb.508. Oxydation von Aluminium unter Einwirknng von destilliertem Wasser oder Wasserdampf
in Abhängigkeit von der Temperatur (Einwirkuugsdauer 1 Tag) (nach ALUSUISSE).

Die Korrosionsempfindlichkeit der Korngrenzen des Reinstalu-


miniums wird ganz besonders deutlich beim Kontakt mit Wasser oder
Wasserdampf oberhalb 100 0 e beobachtet. Die Korngrenzen werden
um so stärker angegriffen, je höher der Reinheitsgrad des Aluminiums
ist, was auch noch bei Reinheitsgraden oberhalb 99,99% Al sehr augen-
fällig ist [56, 83, 84, 88]. Dies wird durch Abb. 508 und 509 veranschau-
licht.
Auch in anderen Korrosionsmedien wird eine gewisse Korrosions-
anfälligkeit der Korngrenzen des Reinstaluminiums beobachtet, z. B.
in verdünnter Salzsäure oder Natronlauge [89, 90, 91].
Lit. S. 650] :~. Unlegiertes Aluminium: Reinstaluminium 637

Die Korrosionsanfälligkeit nimmt auch bei diesen Korrosionsmedien


(ähnlich wie beim Angriff des überhitzten Wassers) beim Reinstaluminium
im allgemeinen mit steigendem Reinheitsgrad deutlich zu [92].
Z. B . zeigt in verdünnter Salzsäure zonengeschmolzenes Reinstalu-
minium (AI> 99,999) stärkere Korngrenzenkorrosion als Reinstalu-

." .
_. o· . ~ .,

140: 1
Abh. 509a - c. Korrosion VOll weichgeglühtem R einstaluminium verschiedener Reinheit in Hoch-
druckdampf von 150 "C (Foliendicke 0,1 mm) (nach ALUSUISSE).
a) Hochreines Reinstaluminium mit 0,001 % F e nach 12 h;
b) Normales Reinstaluminium mit 0,003% Fe nach 23 h;
e) Normales Reinstaluminium mit 0,003% F e nach 275 h.

mllllUm mit 99,994% Al. Der Unterschied tritt dann auf, wenn das
Material z. B. von 600 °C raseh abgekühlt wird. Nach langsamer Ab-
kühlung kann kein bevorzugter Korngrenzenangriff festgestellt werden
[93].
Durch Zusatz von Kupfer entweder zur' angreifenden Salzsäure oder
zum Metall kann der Angriff auf die Korngrenzen und Subkorngrenzen
deutlich verändert werden [91, 93, 94, 95]. In jedem Fall wird gefunden,
daß die thermische Vorgeschichte und die Legierungszusammensetzung
des Reinstaluminiums Einfluß darauf hat, ob Korngrenzenkorrosion
auftritt, wobei die Ergebnisse aber im einzelnen noch widerspruchsvoll
sind [96].
638 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

3.2 Reinaluminium
Von D. Altenpohl, Zürich

3.21 Herstellungsverjahren, natürliohe Verunreinigungen

Als Reinaluminium bezeichnet man das durch die Zwei-Schichten-


Elektrolyse hergestellte Aluminium, dessen Reinheitsgrad meistens
zwischen 99,0 und 99,9% Al liegt. Das Herstellungsverfahren wird in
Abb. 510 erläutert. Man erkennt, daß das erzeugte Aluminium sich am
Boden der Elektrolysezelle ansammelt
SlromzufOhrong, (im Unterschied zur Herstellung von
+ Reinstaluminium durch die Drei-
Schichten-Elektrolyse, siehe dazu
Kohlenanode
Abb.482 und 483). Die nach DIN ge-
Mauerwerk
normten Reinheitsgrade und restlichen
rh+r---H Verunreinigungen sind in Tab. 71 wie-
dergegeben. Über die genannten Ver-
unreinigungen hinaus enthält das
Reinaluminium - ähnlich wie das
Reinstaluminium - eine Reihe me-
tallischer und nichtmetallischer Ver-
Stromschiene Kathode Reinalumium
(Kohlefutter) unreinigungen. Von technischer Be-
Abb.510. Zweischichtenelektrolyse zur Er· deutung ist insbesondere der Wasser-
zeugung von Reinaluminium. stoff-, Natrium- und Oxydgehalt des
Metalls. Die drei genannten Verun-
reinigungen können z. B. durch Chlorieren weitgehend aus dem Alu-
minium entfernt werden. ihr Gehalt im Rohaluminium hängt in starkem
Maße von den Elektrolysebedingungen und der Metallbehandlung vor
dem Vergießen ab (Abstehen, Zwischenerstarren usw.). Bisher ist es
noch nicht möglich gewesen, ein einfaches Prüfverfahren auszuarbeiten,

Tabelle 71. Zulässige metallische Beimengungen im Reinaluminium


(nach DlN 1712, Okt. 1961)
Reinaluminium H (Hüttenaluminium)
Zulässige metallische Beimengungen in %
-
DIN Kurz - I Sonstige
I
Ins-
I I
zeichen Si Fe Ti Cu Zn
gesamt je

Al 99,9 H 0,1 0,050 0,035 0,006 0,005/ 0,04 0,003


A199,8H 0,2 0,15 0,15 0,03 0,01 ' 0,06 0,01
Al 99,7 H 0,3 0,20 0,25 0,03 0,01 0,06 0,01
A199,5H 0,5 0,30 0,40 0,03 0,02 0,07 0,03
A199H I 1,0 0,5 0,6 0,03 0,02 0,08 0,03
Lit. :So 6fi01 3. Unlegiertes Aluminium: Reinaluminium 639
Tabelle 71 (Fortsetzung)
Reinaluminium al8 Halbzeug

Znlässsige metallische Beimengungen in ~~


DIN-Kurz-
Ins- I
zeichen Si Fe Ti I Cu Zn Sonstige je
I gesamt
I : I
1

Al 99,9 I 0,1 0,060 0,040 0,006 0,01 0,05 0,01


Al 99,8 I 0,2 0,15 0,15 0,03 0,02 0,06 0,01
Al 99,7 0,3 0,20 0,25 0,05 0,03 0,07 0,02
Al 99,fi 0,5 0,30 0,40 0,05 0,05 0,07 0,03
Al 99 1,0 0,5 0,6 0,05 0,07 0,08 0,04
Al98 2,0 0,8 1,0 0,05 0,10 0,10 0,06
jedoch
Mn 0,10

welches die Qualität des Rohaluminiums bezüglich dieser nichtmetalli-


schen Verunreinigungen klar definiert. Jedoch ergeben die folgenden
Untersuchungsverfahren gewisse Anhaltspunkte:

Prüfung der Porosität von Aluminiummasseln, z. B. mittels Ultra-


schall.
Anätzen eines Querschnittes durch eine Aluminiummassel mit
Natronlauge zur besseren Sichtbarmachung von kleinen Einschlüssen
und Poren.
Abwalzen einer Probescheibe aus einer Aluminiummassel auf ca.
1 mm, danach Weichglühung zur Ermittlung der Blasenbildung.
Ermittlung des Gasgehaltes des flüssigen Metalls unmittelbar vor
dem Vergießen.

Da der Gasgehalt des Metalls oftmals mit dem Oxydgehalt und/oder


dem Natriumgehalt parallel läuft, sagen die genannten Methoden in
vielen Fällen etwas über die "Sauberkeit" des Hüttenaluminiums aus.
Der Gehalt des Hüttenaluminiums und des Umschmelzaluminiums an
nichtmetallischen Verunreinigungen kann in ziemlich weiten Grenzen
schwanken. Daher kommt den genannten Methoden eine gewisse Be-
deutung zu, um die Metallqualität vor dem Barrenguß oder vor dem ]'orm-
gießen beurteilen zu können.
Die metallischen Verunminigungen des Reinaluminiums sind haupt-
sächlich die Elemente Eisen und Silizium. Die Mengen dieser beiden
Begleitelemente, ihr Verhältnis zueinander und ihre Anordnung im
Gefüge (gelöst oder ausgeschieden) bestimmen in weitem Umfang die
technologischen und physikalischen Eigenschaften des Reinaluminiums.
Daher gibt es eine Reihe eingehender Untersuchungen über den Einfluß
des Eisen- und Siliziumgehaltes auf Gefüge und Eigenschaften des
Aluminiums.
640 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Bevor wir auf das ternäre System Aluminium-Eisen-Silizium ein-


gehen, wollen wir zunächst einige Beobachtungen beschreiben, welche
an Aluminium-Eisen- und an Aluminium-Silizium-Legierungen gemacht
wurden.

3.22 Aluminium-Eisen-Legierungen

3.221 Konstitutionsfragen. Das Zustandsdiagramm Aluminium-


Eisen ist häufig untersucht worden [97, 98]. Während ältere Unter-
suchungen teilweise ungenaue Ergebnisse brachten [99], kann heute

Eisengeholf
700
,
0.01 ,
002 ,
0.03 At-% ao,
,
oe I I I I I
SChflle
675
Schme/ze+a
650
- V 1O,052- 655°C
,

625 i / i I
/ I
I
tX i
/ i
V J
a+FeA1 3

f
/ I
!
525

500
I
I j

I
4750 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 Cew.-% 0,10
Eisengeholt
Abb. 511. Ausschnitt aus dem Zustandsdiagramm Aluminium-Eisen für kleine Eisengehalte
(nach J. K. EnGAR [100]).

das von J. K. EDGAR [100] für kleine Eisengehalte angegebene Zustands-


diagramm als gesichert gelten [98], zumal später durchgeführte thermo-
elektrische Messungen das von J. K. EDGAR angegebene Zustands-
diagramm recht genau bestätigt haben, Angaben hierüber siehe [40, 101].
In Abb. 511 und 512 ist das heute als gültig betrachtete Zustands-
diagramm für das System Aluminium-Eisen für Eisengehalte unter 0,1 %
bzw. unter 6% wiedergegeben.
Bei einem Eisengehalt oberhalb 1,7% wird gemäß Abb. 512 primär
die intermetallische Phase FeAls ausgeschieden. Diese intermetallische
Phase hat gemäß Abb.511 nUr eine verschwindend kleine Löslichkeit
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinaluminium 641

für Aluminium. Einlagerungen von FeAl3 erscheinen bei mikroskopischen


Untersuchungen grau und treten wegen ihrer geringen Löslichkeit im
Gefüge praktisch ohne Kornseigerung auf. Neuere Untersuchungen
zeigen allerdings, daß diese intermetallische Phase 61,9 bis 62,4% Fe
enthält, was am ehesten einer Zusammensetzung Fe 2Al 7 entspricht [102].
A. J. BRADLEY und A. TAYLOR haben gefunden, daß die Phase FeAl3 nur
bei höheren Temperaturen stabil ist und sich bei tieferen Temperaturen
zu Fe 2Al 7 und Aluminium umsetzt [103].
850
oe

800 /
750
Schmelze
/"
/
/
700 / I Schmelze FeAI3

/
V 655°C
0,05 t7
'-CJG

600

a+ eAI3
I

550

2 3 • 5 Cew.-%6
Eisengehalt
Abh. 51~. Ausschnitt au. uem Zu,tandsdiagranllll Aluminium· Eisen für Eisengehalte bis 6%
(",wh H. W. L. PHILLIPS [98]).

In einer neueren Untersuchung von E. H. HOLLINGSWORTH u. Mit-


arbeitern [124] wurde stattdessen die folgende Umlagerung beobachtet:
In rasch erstarrtem Gußgefüge von Aluminiumlegierungen mit ca. 2%
Eisengehalt tritt die Phase FeAls auf. Während einer Glühbehandlung
bei ca. 600 oe lagert sich die Phase FeAls in FeAl3 um 1.
3.222 Festigkeitswerte und Ausscheidungsvorgänge. In Tab. 72
~ünd die Festigkeitswerte von ~tranggußgefüge aus Reinaluminium
1 Beim Bandgießen von Legierungen mit einem Gehalt an ungebundenem
Eisen ist die Erstarrungsgesch windigkeit im allgemeinen hoch genug, um die Phase
FeAl6 entstehen zu lassen, während beim normalen Stranggießen die Phase FeAla
dominiert.

41 Altcupohl, Aluminium
642 O. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Tabelle 72. Festigkeitswerte, Dichte und Leitfähigkeit von Stranggußgefüge.


Reinaluminium mit und ohne Zusatz von ca. 2% Fe
(nach ALUSUISSE)

Al 99,5
I Al 99,5 mit Zusatz
von 1,8 bis 2,2% Fe

Festigkeitswerte
0'0.2in kpjmm 2 2 bis 3 5,5 bis 6,5
O'B in kpjmm 2 8,5 bis 9,5 11,5 bis 14
bIO in % ca. 20 15 bis 25
Leitfähigkeit
m
in~ 35,5 bis 36 31 bis 31,5
mm
Dichte (20°0)
d in gjcm3 2,70 2,74

Al 99,5) mit oder ohne Zusatz von ca. 2% Fe wiedergegeben. Man er-
kennt, daß die Dehngrenze des Gußgefüges durch den Eisenzusatz mehr
als verdoppelt wird, was z. B. bei der Verwendung gegossener Strom-
schienen wichtig sein kann, da der Gewinn an Dehngrenze wesentlich
höher ist als der durch den Eisenzusatz bewirkte Rückgang der Leit-
fähigkeit, siehe dazu S. 533.
Auch im verformten Gefüge verursacht ein Eisenzusatz eine deutliche
Festigkeitssteigerung. Wie aus Abb. 513 hervorgeht, bewirken Eisen-
gehalte, welche über die Gleichgewichtslöslichkeit bei der in Frage kom-
menden Warmwalztemperatur hinausgehen, den größten Anteil der
durch den Eisenzusatz bewirkten Festigkeitssteigerung. Hieraus kann
geschlossen werden, daß die Festigkeitssteigerung außer auf das im
Mischkristall gelöste Eisen auch auf feindisperse Eisenausscheidungen
zurückzuführen ist unter der Annahme, daß z. B. nach Warmwalzen bei
600 oe das Eisen im Gefüge entsprechend dem Gleichgewicht angeordnet
sein sollte.
Die Einstellung des Gleichgewichts erfolgt dagegen bei 400 oe im
Gußgefüge oder im weichgeglühten Gefüge äußerst langsam (siehe dazu
Abb. 498 u. 499, S. 623(24). Dagegen erfolgt eine U mlagerung des im Misch-
kristall übersättigt gelösten Eisens im kaltverformten Gefüge bereits bei
Temperaturen von 120 bis 180 0 e. Hierbei treten Aushärtungserschei-
nungen auf, welche im Kapitel B. 3 bereits erwähnt wurden (s. Abb. 287,
S. 356) [40, 99]. Auf die Übersättigung von Aluminium-Eisen-Legierun-
gen bei der Erstarrung wurde ebenfalls schon an anderer Stelle dieses
Buches hingewiesen. Durch schnelle Abkühlung kann man bis zu 0,17 %Fe
in übersättigter Lösung halten, s. S. 22.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinaluminium 643

3.223 Eisengehalte von Reinaluminium und Aluminiumlegierungen.


Im allgemeinen übt der Eisengehalt beim Reinaluminium und bei den
Knetlegierungen einen nützlichen Einfluß aus, wobei allerdings der
Eisengehalt von Fall zu Fall in engen Grenzen zu halten ist. Die in
Abb. 513 erkennbare Festigkeitssteigerung durch den Eisengehalt ist im
allgemeinen vorteilhaft. Daher ist im Reinaluminium meist ein Eisen-

16
kp/mm Z
14 .- ---'*"'
>-.-.--- -r--
walzharl
---
12
V

6
p-'- -0-'-' p-=:=:o< ---' weichoeolüh --
4 V
Löslichkeifrs Eisens bei 400 °C (o,o0f '/, Fe}

~ÖSliC+it des EiJns bPi 800°1 (0,025 %F~)


o 0.05 0.10 0.15 0;0 0.25 Bew.-% 0.30
Eisengeholt
Abb. 513. Zugfestigkeit von Blechen mit verschiedenen EisengehalteIl. Herstellung der Legiernng
durch Zusatz von Eisen zu Reinstaluminium. Warmwnlztemperatur: 600 bzw. 400'C. Warmwalzen
bis auf 8 mm, auschließend Kaltwalzen auf 1 mm. Prüfung im wnlzharten bzw. weichgegliihten
Zustand. Weichgliihung bei 300°C 4 Stunden (nach ALUSUISSE).
Warmwalztemperatur: . - - - - . 600'C; 0 - ' - ' - 0 400'C.

gehalt von 0,3 bis 0,5% erwünscht, teilweise bis zu 1 %, um die Festig-
keitswerte zu steigern und eine schwache Zipfelbildung zu erhalten. Bei
Eisengehalten über ca. 0,7 bis 1% tritt allerdings eine Verschlechterung
des Korrosionsverhaltens auf. Daher werden Legierungen mit so hohen
Eisengehalten nur ausnahmsweise als Knetlegierungen verwendet.
Vielfach ergibt sich die Notwendigkeit, einen mittleren Eisengehalt
(von z_ B. 0,4 bis 0,6%) in relativ engen Grenzen festzulegen. Dies ist
z. B. bei Reinaluminium für kritische Verformungsverfahren (Tief-
ziehen, Folienwalzen) der Fall.

3.23 Aluminium-Silizium-Legierungen
3.231 Konstitutionsfragen. Ein Ausschnitt aus dem Zustandsdia-
gramm Aluminium-Silizium ist in Abb. 514 wiedergegeben. Die Löslich-
keit des Siliziums ist für verschiedene Temperaturen in Tab. 73 beschrie-
ben.

41*
-644 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Wir werden uns im folgenden ausschließlich mit Legierungen von


niedrigem Siliziumgehalt befassen (bis ca. 1,5% Si). Die höherprozentigen
Aluminium-Silizium-Legierungen sind auf S. 184 u. 799 beschrieben.
Die zahlreichen Arbeiten über die Veredlung der eutektischen Aluminium-
Silizium-Legierungen sind z. B. bei H. SPENGLER [104] zusammen-
gefaßt.

Tabelle 73. Löslichkeit des SiliziuJns in Aluminium bei verschiedenen Temperaturen


(nach M. HANSEN U. K. ANDERKO [97])

Gleichgewichts-
Temperatur löslichkeit des
oe Siliziums iu
Gew.%

577 1,65
550 1,30
500 0,80
450 0,48
400 0,29
350 0,17
300 0,06
250 0,008

o
660°C
I
i
I
Schmelze I

'--+
I~II Schmelze +I er; i
6001--- 1'---- 577 oe - ----- --- l - - - - - -

ni ""'1__+-_1_
tl:

0 V'"
/I~~~ --

0,17 i I I
I I I
30OIL--+--~ , -

0
2 J
I Cew.-%5
Si/iziumgehalf
Abb.514. Ausschnitt aus dem Zustandsdiagramm Aluminium·Silizium
(nach !l1. HANSEN u. K. A1WERKO [97]).

3.232 Ausscheidungs- und Aushärtungsvorgänge. Das im Mischkristall


übersättigt gelöste Silizium scheidet sich bereits bei schwacher Erwär-
mung (oberhalb ca. 80°C) aus. Hierbei treten Aushärtungseffekte auf,
Lit. S. 650J 3. Unlegiertes Aluminium: Reinaluminium 645

welche von W. KösTER u. Mitarbeitern genauer untersucht wurden.


Einige Ergebnisse dieser Untersuchungen sind bereits auf S. 430 wieder-
gegeben worden [105,106].
Die beim Glühen oberhalb ca. 100 e auftretenden Ausscheidungen
0

bestehen aus elementarem Silizium, dessen Gitterbau von dem des


Aluminiums sehr stark abweicht [107]. Deshalb gibt es im System
Aluminium-Silizium keine einpha-
sige Entmischung und auch keine
Kaltaushärtung. Auf S. 503 wur-
de bereits darauf hingewiesen, daß
mit zunehmender Leerstellenkon-
zentration die Keim bildung von Sili-
ziuma usscheidungen im Aluminium
generell erleichtert wird, was mit
Feststellungen von A. SAuLNum
übereinstimmt [110 bis 112]. Wird
eine lösungsgeglühte und anschlie-
ßend abgeschreckte Aluminium-
Silizium-Legierung mit ca. 1 % Si
bei ca. 200 0 e angelassen, so ist fol-
gendes zu beobachten.
Nahe den Korngrenzen tritt
eine ausscheidungsfreie Zone auf
(s. Abb. 515).
Wird die Probe vor der Hetero- 40000: 1
genisierungsglühung kaltverformt, Abb. 515. Siliziumausscheidungen mit ausschei-
so tritt im Verlaufe einer anschlie- dungsfreiem Saum nahe einer Korngrenze. Alumi-
nium-Silizium-Legierung mit 1,2% Si, bei 580°C
ßenden Glühung bei 200 oe kein aus- ]ösnngsgeglüht, in Wasser abgescbreckt und an-
schließend 30 l\linuten lang bei 250 oe geglüht.
scheidungsfreier Saum nahe den Die Silizinmausscheidungen erfolgen anf 5 ver-
Korngrenzen auf, da durch die schiedenen Gitterebenen : Auf einer (OOl)-Ebene,
zwei (111)- nnd zwei (112)·Ebenen
Kaltverformung neue Leerstellen (nach A. SAULNIBR [111]).
im ganzen Gefüge erzeugt wurden,
welche die Keimbildung auch in der Nähe der Korngrenzen ermöglichen
[l08, 109j.
Allerdings steht der Beweis noch aus, daß die ausseheidungsfreie Zone
nahe den Korngrenzen nicht auch mit der Abdiffusion von Silizium in die
Korngrenzen zusammenhängt. Beispielsweise wäre es möglich, daß nahe
den Korngrenzen der Siliiliumgehalt von z. B. 1 % durch Abdiffusion des
Siliziums in die Korngrenzen auf z. B. 0,7% abgesunken ist, und daß die
Ausscheidung erst in Gang kommt, wenn nach einer Kaltverformung die
Diffusionsgeschwindigkeit der Siliziumatome im Aluminiumgitter ge-
steigert wird (generell erfolgt die Ausscheidung des Siliziums sehr träge.
falls das Gefüge nicht kaltverformt wird) [11 OJ.
646 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

3.24 Konstitution und Gefüge von Al-Fe-Si-Legierungen

Die Aluminiumecke des ternären Systems Aluminium-Eisen-Silizium


ist wiederholt untersucht worden [98, 113 bis 118]. In Abb. 516 geben
wir einen Ausschnitt aus dem Zustandsdiagramm Aluminium-Eisen-
Silizium wieder (s. a. Abb. 330, S. 409).

mo'~------------------------~----------~
oe
Schmelze
Al+FeAI3+Schme/ze
G50F~~~+==--~=4=======:J

GOOI-----I-+-

450·~>-l---+------I-----I-·~----------+~--~~-----1

W~UJ~~-L----~------------~2--------~~~~-._~%~J
Siliziumgehalt
Abb. 516. Vertikaler Schnitt durch die Siliziumecke des ternären Zustandsdiagramms Aluminium-
Eisen-Silizium für einen Eisengehalt von 0,5% (nach ß. W. L. PHII.IPS [98]).

Al,; wichtigster heterogener Gefügebestandteil ist in technischem


Reinaluminium neben der binären Phase Al 3Fe die eisenreiche ternäre
Phase Al12Fe3Si anzusehen. Bei höheren Siliziumgehalten tritt die
siliziumreiche Phase AI gFe 2 Si 2 im Gefüge auf [115].1 Die genaue Zu-
sammensetzung der ternären Phasen ist noch umstritten [98, 115, 116.
118]. So findenz. B. H. NOWOTNYU. Mitarbeiter [116,118] mindestens drei
ternäre Phasen, denen sie die Zusammensetzungen A112Fe3Si2 , Al 9Fe 2Si2
und Al 3FeSi 2 zuschreiben. Wir wollen an dieser Stelle nicht weiter auf
die noch ungeklärten konstitutionellen Fragen eingehen und verweisen
diesbezüglich besonders auf [98, 115, 116, 118].
Schliffbilder eisen- und siliziumhaltiger Gefügebestandteile sind auf
S. 421 und im "Atlas Metallographicus" zu finden [115].
1 Bei noch höheren Siliziumgehalten ist als weiterer Gefügebestandteil elemen-
tares Silizium vorhanden.
Lit. S. 650] 3. Cnlegiertes Aluminium: l{einaluminium 647

Interessant ist der Einfluß des Eisen-Silizium-Verhältnisses auf die


Riß anfälligkeit beim Gießen und Schweißen, welche mit größer werden-
dem Verhältnis Silizium: Eisen stark zunimmt [119, 120]. Die Ursachen
hierfür sind im einzelnen noch nicht klar und hängen am ehesten mit der
Ausbildung der Grenzfläche des Aluminiummischkristallgebietes im
ternären System Aluminium-Eisen-Silizium zusammen [119, 120]. Außer-
dem ist beim Stranggießen von Reinaluminium der Einfluß des Rein-
heitsgrades auf den Vorgang der Schrumpfung während der Erstarrung
zu berücksichtigen, siehe dazu auch S. 155.
Einige Untersuchungen befassen sich mit dem Verhalten der Eisen-
Silizium-Aluminide während der Kaltverformung. Es zeigt sich, daß die
eisen- und siliziumhaItigen Einlagerungen während der Kaltverformung
zertrümmert [121] und zeilenförmig in Fließrichtung angeordnet werden.
Dies hat für eine Anzahl von Werkstoffeigenschaften eine in den Einzel-
heiten noeh nieht yollständig erkannte Bedeutung [122].

3.25 Eigenschaften des Reinaluminiurns


Die Festigkeitswerte des Reinaluminiums sind in Tab. 74 gemäß den
DIN-Normen wiedergegeben. Es fällt auf, daß der halbharte Zustand
nicht in "halbhart gewalzt" und "halbhart entfestigt" unterteilt ist, je
nachdem ob dieser Zustand durch Kaltverformung nach Weichglühung
oder durch Entff'stigung nach Kaltverformung erreicht wurde. 1

Tabelle 74. Festigkeitswerte* von Blechen und Bändern aus Reinaluminiu1II

I Dicke
I I Zug·
I Dehngrenzel festig- l13rUCh-!13rillCn_
Kurzzeichen
(nach DIN 1745) Zustand" I Jlleche
I
I Bänder a I keit
I dehnung, härte
610 I HE 2,5
I ,
0,2 OB
,
1
i
I
I I
mm kp/mlll' I kv/mm' I !
0/
,0 kp/nnn 2

I
Al 99,5 F 7 weich i bis 20 bis 3 2- i 7- 9 35-30118-23
Al 99,5 F 10 halbhart , bis 6 ! bis 3 7- 9 10-12 10- 5 26-32
Al 99,5 F 13 hart bis 2,5 I bis 2 I 11-15 13-18 8- 4 33-40
I I
Al 99 F 8 I weich bis 20 bis 3 2- 5 8-10 32-25120-25
Al 99 F11 i halb hart I bis 6 I bis 3 8-10 11-13 6- 4 28-35
I
bis 2,5 , bis 2 Ii 12-16
I
Al 99 F 14 ; hart 14-20 5- 3[31)-42

* Die fettgedruckten Werte entsprechen den genormten Mindestwerten nach


DIN 1745, die übrigen Werte sind Richtwerte.
** Zwischenhärten, z. B. viertel-, dreiviertel- oder sonderhart, können vereinbart
werden.
1 Bekanntlich ist dies in USA seit langen Jahren der Fall: Die Bezeichnung H 14
bedeuü't in USA" halbhart gewalzt" und die Bezeichnung H 24 "halbhart entfestigt".
648 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 650

Eine Reihe von Arbeiten betrifft den Einfluß der natürlichen Ver-
unreinigungen auf die Leitfähigkeit des Reinaluminiums [106, 123, 125]
(s. a. S. 525).
Wegen der sonstigen physikalischen Eigenschaften des Reinalu-
miniums verweisen wir im übrigen auf Tab. 40, S. 511.

3.26 Anwendung und Korrosionsverhalten

Unlegiertes Reinaluminium wird hauptsächlich für Haushaltsgeräte,


den Behälterbau, im Verpackungssektor sowie als Stromleiter verwendet.!
Spezialqualitäten. Je nach den Anforderungen an das Endprodukt ist
eine ganze Reihe von Reinaluminiumspezialqualitäten entwickelt
worden. Hierzu gehören z. B. Bleche, die nach dem Ätzen oder Elo-
xieren streifenfrei sein sollen. Um dies zu erzielen, müssen besonders
hohe Verformungsgrade angewendet werden (Abwalzen dicker Barren,
Vorpressen kleiner Walzbarren auf einer Strangpresse oder Plattieren
der Walzbarren mit vorgewalzten Platten aus derselben Legierung).
Eine andere Spezialqualität sind kleine Rondellen ("Butzen") für das
Fließpressen von Tuben, bei denen eine möglichst hohe Verformbarkeit
verlangt wird. Daher wählt man hier einen Reinheitsgrad von z. B. 99,6
bis 99,8% Al und strebt durch eine Hochglühung ein gewisses Kornwachs-
tum an, wodurch die Verformbarkeit gegenüber feinkörnigem Gefüge
deutlich verbessert wird.
Bei Aluminiumblechen für Tiefziehzwecke werden Korngröße und
Textur des Materials genau unter Kontrolle gehalten.
Bei Reinaluminium für Stromleiter muß das im Metall enthaltene
Silizium möglichst weitgehend ausgeschieden werden.
In den letzten Jahren ist es gelungen, Reinaluminium mit einem
R,einheitsgrad von 99,9% durch die Zweischichtenelektrolyse herzu-
stellen. Dieses Al 99,9 und die daraus hergestellten AIMg-, AIMgSi- und
AIZnMg-Legierungen werden vielfach für dekorative Anwendung ein-
gesetzt. Sie lassen sich annähernd so gut wie Reinstaluminium und seine
Legierungen glänzen 2. In vielen Anwendungsgebieten hat Al 99,9 das
teurere Reinstaluminium verdrängt.

1 Bei genauer Betrachtung ist der Ausdruck "unlegiertes Reinaluminium" nicht


ganz zutreffend, da oftmals der Eisengehalt des Metalls korrigiert wird (zur Festig-
keitssteigerung oder zur Erreichung einer besseren Verformbarkeit). Der Silizium-
gehalt des Reinaluminiums wird in den meisten Fällen auf dem natürlichen
Niveau gelassen. Im übrigen sind kornverfeinernde Zusätze zu erwähnen, insbe-
sondere von Titan und Bor.
2 Dies hängt in starkem Maße vom angewendeten Glänzverfahren ab: Z. B. ist
das in USA meist verwendete R5-Glänzverfahren speziell für Aluminium 99,9 ge-
eignet.
Lit. S. 650] 3. Unlegiertes Aluminium: Reinaluminium 649

Wir wollen uns mit der Aufzählung dieser wenigen Beispiele von Rein-
aluminium -Spezialq ualitäten begnügen.

Korrosionsbeständigkeit. Die Ansichten über den Einfluß des Eisen-


Siliziumgehaltes auf die Korrosionsbeständigkeit des Reinaluminiums
sind schwer auf einen einheitlichen Nenner zu bringen. Wie auf S.634
ausgeführt, hat zwar das Reinaluminium gegenüber bestimmten Kor-
rosionsmitteln (z. B. verdünnter Salzsäure) eine wesentlich geringere
Beständigkeit als das Reinstaluminium, und der Angriff der Salzsäure
nimmt mit abnehmendem Reinheitsgrad weiter zu. Man muß sich aber
bewußt sein, daß für die Praxis nur solche Korrosionsfälle von Inter-
esse sind, bei welchen die Oxydhaut des Aluminiums nicht oder nur
an einzelnen Punkten angegriffen wird. Ein solcher Korrosionsfall ist
z. B. die Lochfraß-Korrosion, welche an Reinaluminiumgeschirr ver-
schiedentlich beobachtet wird. P. M. AZIZ und H. P. GODDARD haben
die Lochfraßbildung in Abhängigkeit vom Eisen-Silizium-Gehalt genauer
untersucht [126]. Es zeigte sich, daß ein Eisenzusatz zu Reinstaluminium
die Lochfraßbildung verstärkt, während Siliziumzusätze erst oberhalb
0,3% im selben Sinne wirken. Reinaluminium mit 99,75% Al hat eine
etwa 2,5mal größere Tendenz zur Lochfraßbildung als Reinstaluminium
(10. a. S. 876).
Je nach der Art der Versuchsbedingungen werden recht unter-
schiedliche Ergebnisse über das Korrosionsverhalten des Reinaluminiums
erhalten [127]. Prüft man z. B. Reinaluminium im Salzsprühbad bis zu
6 Monaten, so haben Eisenzusätze bis zu 1 % zu einem Basismetall des
Reinheitsgrades 99,99% keinen merklichen Einfluß auf das Korrosions-
verhalten. Dagegen zeigt Reinstaluminium mit einem Siliziumzusatz von
über 0,3% ein wesentlich ungünstigeres Korrosionsverhalten im Salz-
sprühbad, wobei der Korrosionsangriff umso stärker wird, je mehr das
Silizium ausgeschieden vorliegt. Daher verhalten sich Proben, die bei
ca. 300 bis 380 oe geglüht wurden. wesentlich ungünster als Material,
daH bei 550 oe geglüht wurde. Bei einer Legierung mit 1 % Si und
0,05% Fe beträgt nach sechsmonatiger Prüfung im Salzsprühbad
der Dehnungsrückgang einer bei 300 0 e geglühten Probe bereits 50%,
während eine bei 550 e geglühte Probe 15% Dehnungsrückgang auf-
0

weist.
Die ungünstige Rolle des ausgeschiedenen Siliziums bei der Korrosion
dmi Reinaluminiums oder der Knetlegierungen auf Reinaluminiumbasis
ist vielleicht noch nicht genügend beachtet worden [128].
Eine andere noch weitgehend ungeklärte Frage ist der Einfluß des
Gießverfahrens auf die Korrosionsbeständigkeit von Produkten aus
Reinaluminium. Hier wird teilweise die Ansicht vertreten, daß aus
KokiIlenguß hergestellte Bleche aufgrund der geringen Kornseigerung
650 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

zum Teil korrosionsbeständiger sind als aus Stranggußbarren ohne


Barrenhochglühung hergestelltes Walzhalbzeug [129].
Allerdings sind uns keine systematischen Untersuchungen bekannt,
welche den Einfluß der diversen Gießverfahren einschließlich des Band-
gießens mit der Korrosionsbeständigkeit des Aluminiums in eindeutigen
Zusammenhang bringen.

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4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen

4.1 Aluminium -lUag'nesium -Legierungen

Von D. Altenpohl, Zürich

4.11 Übersicht

Die Aluminium-Magnesium-Legierungen zählen zur Gruppe der


nicht aushärtbaren Legierungen. Allerdings kann man bei Magnesium-
gehalten über ca. 3% gewisse Aushärtungserscheinungen beobachten,
die aber für die Technik unbedeutend sind.
Bleche aus Aluminium-Magnesium-Legierungen wurden bereits
Anfang der zwamiger ,Jahre lwrgestdlt [1]. In den dreißiger Jahren
kam eine größere Reihe ,"on Untenmchungen über diesen Legierungstyp
in Gang. vor allem in Deutschland, wo Legierungen unter dem
Namen "Hydronalium"' Eingang fanden [2]. Diese enthielten bis zu
10% Mg, mit kleinen :\Tanganzusätzen.
Die zur gleichen Zeit in Amerika entwickelten Legierungen ent-
hielten statt des ManganzusatJws einen Chromzusatz, teilweise auch
Chrom- und Manganzusätze [1].
Im Folgenden werden wir uns darauf beschränken, typische Knet-
legierungen abzuhandeln, welche im allgemeinen zwischen ca. 1 bis 7 %Mg
enthalten. 1 Diese Legicrungr:n werden für Walz- und Preßprodukte sowie
für Schmiedeteile eing<'"etzr.
Auf die Alulllinium-Magnesium-Gußlegierungen wird an anderer
Stelle eingegangen (S. 171 -182 u. 799--817).

1 In relativ geringem Ausmaß werden auch Legierungen mit 7 bis 10% Mg ver-
arl)('itet, nwi,t mit prlwhliehen 1'C'h\\'iprigkcitl'n.
654 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

Die Aluminium-Magnesium-Knetlegierungen sind durch folgende


Besonderheiten gekennzeichnet:
Bei Magnesiumgehalten über ca. 3% befindet sich oftmals ein merk-
licher Anteil des Magnesiums im hergestellten Halbzeug in übersättigter
fester Lösung und beginnt sich bei längerer Raumtemperaturlagerung
auszuscheiden, bei Temperaturen von ca. 100 c O bereits in einigen
Stunden oder Tagen. Durch vorherige KaItverformung wird die Aus-
scheidung sehr beschleunigt.
Die Ausscheidung kann interkristalline Korrosion und Spannungs-
korrosion bewirken, falls die magnesiumhaltige Phase an den Korngren-
zen einen zusammenhängenden Saum bildet.
Kaltverformte Aluminium-Magnesium-Legierungen weisen bei Raum-
temperatur oder leicht erhöhter Temperatur im Verlauf eines längeren
Zeitintervalles eine merkliche Entfestigung auf.
Bei Zugverformung von weichem Aluminium-Magnesium-Halbzeug
werden Anomalien beobachtet: Das Zerreißdiagramm weist oftmals einen
Fließbereich und anschließend einen stufenförmigen Verlauf auf. Auf
der Oberfläche des verformten Materials werden Fließfiguren beobachtet.

4.12 Konstitutionsfragen

4.121 Zustandsdiagramm Aluminium-Magnesium, Gitterkonstante. In


Abb. 517 ist ein Ausschnitt aus dem Zustandsdiagramm wiedergegeben.
In Tab. 75 wird die Löslichkeit des Magnesiums im Aluminium in Ab-
hängigkeit von der Temperatur beschrieben. Während bei der eutektischen
Temperatur von 450 °0 17,4 Gew.- % (nach Angaben anderer Autoren ca.
15 Gew.-%) löslich sind, beträgt die Löslichkeit bei 100°0 nur 1,9% und
liegt bei Raumtemperatur unter 1 % [1, 4, 5]. Die Löslichkeit des Magne-
siums im lX-Mischkristall nimmt unter Druckeinwirkung ab [6].

Tabelle 75. Gleickgewicht8lÖ8lichkeit von Magnesium in Aluminium.


(nach K. EICKHoFF U. H. VOSSKÜHLER [3])

Temperatur Magnesium
in oe in At.-% in Gew.-%

100 2,1 1,9


150 2,6 2,3
200 3,4 3,1
250 4,9 4,4
300 7,4 6,7
350 10,9 9,9
400 14,7 13,5
450 18,9 17,4
Lit. S. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 655

Die Magnesiumatome sind wesentlich größer als die Aluminiumatome.


Die Gitterkonstante des iX-Mischkristalls nimmt bei Magnesiumzusatz zu
Reinstaluminium deutlich zu [7, 8, 8a].
Bezüglich der im Mittelteil des Zm;tandsdiagramms Aluminium-
Magnesium auftretenden Phasen bestehen in der einschlägigen Literatur
große Differemen [31. Z. B. hat eR über die Struktur der bei der Aus-

-_ ...

650

600 ~ Schmelze

550 ~ ~
"" ~4500C~ "
I
Schmelze
I "'- + CI:
500

~0~51,5"C
/'7,*
CI:
35,V 450, ~--"
T2r --o
-
\
'

/ :r-~'-\
11
I

/
350

300
a+ß 'I
,-:'I
\'
/ 11

/
250
I 1
ß 110 1
200 I I

150
I I I
1 1
I
I 1
35,1
1 1
11,9
10 20 30 Gew-% 50
Magnesiumgeha/t
Abh. 51 i. Ausschnitt aUK dem Zustandsdiagramm Aluminium-Magnesium (nach l\L]HAN~F:N u.
K. ANDERKO [4]).

scheidung aus dem übersättigten Mischkristall entstehenden Phase ß


verschiedentlich Widersprüche gegeben l3, 4J. Ursprünglich hielt man
die Phase für hexagonal [S,8b], neuere Arbeiten haben aber eine kom-
plexe kubisch-flächenzentTierte Struktur mit 1173 Atomen pro Einheits-
zelle ergeben [4, 8 c].
Allgemein wird der Phase ß die Zusammensetzung Al 3Mg 2 zuge-
schrieben, jedoch ist die genaue Zusammensetzung der im Verlauf von
656 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

heterogenisierenden Glühungen auftretenden Ausscheidungen wohl


noch nicht sicher nachgewiesen.

4.122 Legierungszusammensetzung. a) Magnesiumgehalt. Technisch


haben nur Legierungen bis etwa 9% Mg Bedeutung erlangt. Neuerdings
liegt die obere Grenze des angewendeten Magnesiumgehalts bei ca. 7%.
Dies drückt sich auch in den DIN-Normen aus. Während in den älteren
DIN-Normen noch die Legierung AIMg 9 genormt war, wird in den
neuen Normen - Blatt 1725 (1961) - dieser Legierungstyp nicht mehr
aufgeführt!. Die nach DIN heute festgelegten Gehalte an Magnesium
und sonstigen Legierungselemente sind in Tab. 76 wiedergegeben.
b) Zusatz von Mangan oder Chrom. Manganzusätze liegen meistens
zwischen 0,1 bis 1 %, Chromzusätze bei 0,1 bis 0,3%. Teilweise finden
auch Chrom- und Manganzusätze kombiniert Anwendung. Dann liegen
die Chromzusätze meistens bei 0,1 bis 0,2%, und die Manganzusätze bei
ca. 0,3 bis 0,6%. Es gibt eine ganze Skala von Kombinationen der drei
Legierungselemente Magnesium, Mangan und Chrom (s. a. S. 699).
Die Legierungskomponenten Chrom und Mangan bilden mit dem
als natürliche Verunreinigung vorhandenen Eisen schwer lösliche in-
termetallische Phasen. Sobald die Summe der genannten Elemente
zu hoch wird, treten beim Stranggießen Krusten bzw.' innerhalb
des Gußgefüges relativ grobe Heterogenitäten auf, welche unerwünscht
sind.
c) Zusatz von Silizium und Eisen. Ein Siliziumgehalt verleiht den
Aluminium-Magnesium-Legierungen eine zusätzliche 'Varmaushärtbar-
keit (auf Grund der Ausscheidungstendenz des Mg 2Si). Solange aber ein
starker Magnesiumüberschuß über das stöchiometrische Verhältnis
Mg 2Si vorhanden ist, ist die Warmaushärtbarkeit der Legierung tech-
nisch von untergeordneter Bedeutung. Mit zunehmendem Magnesium-
gehalt geht die Löslichkeit des Mg 2Si stark zurück, und bei ca. 8%
Magnesiumgehalt ist die Löslichkeit des Mg 2Si vernachlässigbar und
kann daher ohnehin für eine Warmaushärtung nicht mehr herangezogen
werden. In den höherprozentigen Aluminium.Magnesium-Legierungen
ist nahezu alles Silizium als Mg 2Si gebunden [31]. Ausscheidungen von
Mg 2Si sind relativ spröde und setzcn die Verarbeitbarkeit der Alumi-
nium-Magnesium-Legierungen herab [29]. Man hält daher den Silizium-
gehalt der Aluminium-Magnesium-Legierungen im allgemeinen auf dem
Niveau der natürlichen Verunreinigung des Reinaluminiums mit Silizium. 2
1 Es besteht die Tendenz, aueh die Legierung AIMg 7 aus den Normen zu streichen.
2 Die genormte Legierung AlMg3Si (DIN 172.'"i) hat dagegen einen Silizium-
gehalt von 0,5 bis 0,8%; sie zeichnet sich dureh geringe Anfälligkeit gegenüber
Sehweißrissen aus.
.;. Tabelle 76. Alurninium-lVIagncsil1rn-Knetlegierungen. Nach DIN 1725 Bl.1 genormte Legierungsbestandteile (Gew.-%) t:
l~
f+

~ IlIN.Kurz-1 Si Fe Ti Zn Cu 1 Dichte Verformbarkeit


rn
I Lieferformen ~
::Ilg Mn Cr (weichgeglüht) 00
'"
'0 zeichen: I max. nlax. ma.x. max. rnax. I g/cm'
"o ~
,F:
AlMg1 0,6-1,2 10-0,3 0-0,3* 0,5 I 0,4 0,2** I 0,2 I 0,05 2,69 Bleche, Bänder sehr gut
~ Rohre, Stangen
~: Drähte, Profile
§ .;.
AlMg2 1,7 -2,4 10-0,4 0-0,3* 0,5 I 0,4 0,2** I 0,2 I 0,0[; 2,()S Bleche, Bänder sehr gut
Hohre, Stangen ~
Drähte, Profile ~
AlMg3 2,6-3,3 10-0,4***1 0-0,3* 0,.5 I 0,4 0,2** I 0,2 I 0,05 2,()() Bleche, Bänder gut g
und *** Rohre, Stangen
~
Drähte, Profile
Gesenk- und Freiform-
&
4,3-5,5 10-0,6***1 0-0,3* 0,5 0,4 0,2** I 0,2 I 0,05 2,64 schmiedestücke ausreichend ~
AIMg5 p:;
und *** Stangen, Drähte f. Niete
Schweißdrähte ß
AlMg7 6,0-7,2 10-0,6***1 0-0,3* 0,5 I 0,4 0,2** I 0,2 I 0,05 2,()2 Rohre nicht angewandt ~.
und *** Stangen 8
AlMgMn 1,6-2,5 0,5 1 0,5 0,2** I 0,2 0,10 2,71 Bleche, Bänder I gut
I 0,5--1,5 I 0-0,3* I **** Rohre, Profile
i
****
I Schweißdrähte I
* Für dekorative Anwendung (eloxierte Oberfläche) Cr ~ 0,05.
** Titan kann ganz oder teilweise durch andere kornverfeinernde Zusätze ersetzt werden.
*** Von den beiden LegierungsbestandteiIen Mangan und Chrom muß wenigstens einer, und zwar Mn ~ 0,2% oder Cr ~ 0,1%,
vorhanden sein. Falls von dem 'Verkstoff eine Bignung zur dekorativen anodischen Oxydation (dek) gefordert wird,
entfällt diese Binschränkung. ~
Cl
**** Bei besonders hohen Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit : Cu ~ 0,050/0 und Fe ~ 0,40%. -l
658 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

Analoges gilt für den Eisengehalt, der bei den Aluminium-Magnesium-


Legierungen so tief wie möglich liegen sollte, um die bereits erwähnten
unerwünschten spröden Ausscheidungen gemeinsam mit Mangan und!
oder Chrom zu unterdrücken.
d) Zusatz von Kupfer. Man hält den Kupfergehalt bei den Aluminium-
Magnesium-Legierungen im allgemeinen so tief wie möglich (z. B. unter
0,05%), um ein günstiges Korrosionsverhalten zu gewährleisten.
e) ZU8atz von Beryllium_ Durch Berylliumzusätze kann man die
Oxydationsverluste von Schmelzen aus Aluminium-Magnesium-Legie-
rungen stark herabsetzen. Hierüber gibt Tab. 77 Auskunft [17].

Tabelle 77. Abbrand von Schmelzen aus AlMg 10 in Abhängigkeit vomBerylliumgehalt


(nach [17])
Magnesiumgehalt der Legierung
Beryllium- vor der Absteh- nach der Absteh- Abbrand
gehalt behandlung behandlung
o,0
% 0/
/0
0'
,0

10,40 7,27 3,13


0,005 10,13 9,56 0,57
0,10 10,29 9,86 0,43
Abstehbedingungen: 6 Stunden bei 815 bis 760°C

Das Beryllium reichert sich in der Oxydhaut an und setzt hierdurch


die Oxydationsgeschwindigkeit herab.
Das Beryllium wird oft in Form einer etwa 5 %igen Vorlegierung in
die Schmelze eingebracht. Ungefähr die Hälfte des zugesetzten Berylliums
verbleibt in der Schmelze, der Rest geht durch Oxydation oder Reaktion
mit dem Tiegelmaterial verloren [9]. Beryllium ist ein sehr teures Zusatz-
metall, aber es wirken bereits äußerst kleine Zusätze. Eine deutliche
Wirkung tritt schon zwischen 0,001 und 0,005% Berylliumgehalt auf
[lOb].
Berylliumzusätze sind zur Verringerung der Oxydation von Alu-
minium-Magnesium-Legierungen mehrfach patentiert worden.!
Berylliumzusätze haben noch einige andere günstige Einflüsse ge-
zeigt. So soll die Ausscheidung der intermetallischen Phasen gleich-
mäßiger erfolgen [lOb]. Bereits Zusätze von 0,005% Be verringern die
Rißbildung im Gußgefüge und ergeben eine bessere Oberfläche ab-
gewalzter Bleche [lOc].
Ein Berylliumzusatz verringert die Nitridbildung auf der Oberfläche
des Materials vor und nach der Warmverlormung [9, JOa].
1 Siehe z. B. US-Patent 2336512 und [17].
Lit. S. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 659

Der Einfluß der Berylliumzusätze auf die Korngräße ist gleichfalls


interessant: Teilweise wird beim Guß gefüge eine Kornverfeinerung be-
wirkt [9], bei hochmagnesiumhaltigen Legierungen kann aber der
Berylliumzusatz eine starke Kornvergräberung hervorrufen [18, 19].
Dagegen hat das Beryllium eine stark kornverfeinernde Wirkung bei
der Weichglühung von Aluminium-Magnesium-Glänzwerkstoffen auf der
Ba;:;is "ines Ausgangsmetalls von mindestens 99,9% Al-Gehalt. Außer-
dem bewirkt bei diesen hochreinen Legierungen bereits ein kleiner Beryl-
liumzm;atz (von z. B. 0,01 bio; 0,02%) ein starkes Absinken der RekriBtnlli-
sationo;temperatur. Auf die Gründe hierfür wird auf S. 613 eingegangen.
f) Writer'e Spurenelnnente. Ein Zinkgehalt bis zu ca. 0,2% scheint
keinen merklichen Einfluß auf die technologischen EigenBchaften der
Aluminium-Magnesium -Legierungen a uszuü ben.
Bereits geringe Natriumgehalte wirken sich auf die vVarmverform-
barkPit der I ... egierungen mit mehr al;:; ca. 3% Mg-Gehalt schädlich aus
und können durch Zusätze von ·Wismut oder Antimon unschädlich
gemacht werden. Einzelheiten dazu werden im nächsten Abschnitt
erwähnt.

4.13 l' erhalten der Alurniniurn-.Magnesiurn-K netlegierungen


bei der Verarbeitung

4.131 Schmelzen und Erstarren. Die Behandlung der Schmelze vor


der Erstarrung erfordert bei Aluminium-Magnesium-Legierungen be-
sondere Sorgfalt, um den Gehalt an nichtmetallü;chen Verunreinigungen
(i'litride, Oxyde sowie Wasserstoff) möglichst niedrig zu halten.
Dies ist insbesondere bei den hoch magnesiumhaitigen Legierungen
von Wichtigkeit. Hierzu f'ignet sich das Abdecken und Durchwaschen
der Schmelze mit geeigneten Salzgemischen sowie die Chlorierung, welche
allerdings den Magnesiumgehalt durch Magnesiumchloridbildung etwas
herabsetzt. Bei Zugttbl' von festem Magnesium zu Aluminiumschmelzen
sind einige Vorsichtsmaßregeln notwendig, speziell wenn ein nach
Glänzen und Eloxieren streifenfreies Gefüge verlangt wird. Dann empfiehlt
es sich, das ::\Iagnesium der in .Frage kommenden Schmelze flüssig zu-
zusetzen, wodurch eine gleichmäßige Verteilung begünstigt wird. Beim
Zusatz von festem Magnesium, und speziell bei der Verwendung von
nicht vOl'gereinigtem Magm':üum, besteht die Gefahr, daß ein stark
streifige,; (leftige erhalten wird. Anscheinend liegt das Magnesium in
solchen :Fällen in der Schmelze in Gestalt kleiner Partikel vor, welche
von einelll Oxydhaut:,;ack umschlossen sind, der eine gleichmäßige Ver-
teilung ([Ps ::\Iagne;.;iums in der Schmelze verhindert.

42*
660 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

Aluminium-Magnesium-Legierungen neigen bei der Erstarrung nicht


zur Übersättigung und können nicht merklich unterkühlt werden [68].
Im Gußgefüge von Aluminium-Magnesium-Legierungen findet man
eine starke Kornseigerung. Daher werden bereits bei Legierungen mit
2 bis 3 %Mg, welche nach der Erstarrung rasch abgekühlt wurden, aus
dem Gußgefüge stammende Ausscheidungen festgestellt [81]. Somit muß
oftmals bei Stranggußbarren aus höher prozentigen Aluminium-Magne-
sium-Legierungen durch eine Homogenisierungsglühung die Kristall-
seigerung abgebaut werden, bevor die Warmverformung beginnt.
Nach einer Untersuchung von E. MÖCKEL findet man im Gußgefüge
hauptsächlich Ausscheidungen von Mg2Ala, Mg 2Si und AIs(MnFe) [29].
Die letztgenannte Kristallart, die dadurch entsteht, daß AlsMn Eisen in
fester Lösung aufnimmt, enthält relativ viel Aluminium. Hieraus er-
klärt es sich, daß bei geringen Gehalten an Eisen und Mangan relativ
grobe Kristalle dieser intermetallischen Phase anzutreffen sind, welche
auch nach längerer Lösungsglühung kaum in Lösung gehen.

4.132 Warmverformung. Die durch den Magnesiumgehalt bewirkte


Legierungsverfestigung ist auch bei erhöhten Temperaturen bis zu
ca. 500 oe noch so deutlich, daß die Warmverformung der höherprozen-
tigen Aluminium-Magnesium-Legierungen (oberhalb ca. 2 bis 3% Mg-
Gehalt) einen erheblichen Kraftbedarf erfordert. Beim Strangpressen
können die höherprozentigen Aluminium-Magnesium-Legierungen oft-
mals nur mit Geschwindigkeiten von einigen Metern pro Minute gepreßt
werden, während z. B. AlMgSi-Legierungen, welche nach Warmaushär-
tung in etwa die gleichen Festigkeitswerte erreichen, mit einer um ein
Vielfaches höhel'en Geschwindigkeit verformt werden können.
Die Legierungen mit ca. 5 bis 9% Mg-Gehalt werden fast ausschließ-
lich durch Strangpressen, teilweise auch durch Schmieden, verformt.
Müssen aus diesen Legierungen gewalzte Produkte hergestellt werden, so
werden vorgepreßte Platten oder Stangen abgewalzt. Das Vorpressen
erfolgt teilweise, um Fehlstellen im Gußgefüge zu verschweißen, in
erster Linie aber wegen der mangelnden Duktilität des Gußgefüges
beim Walzen.
Das Vorpressen von Walz barren wurde in früheren Jahren oftmals
auch bei Legierungen von ca. 3 bis 5% Mg-Gehalt angewendet, speziell
bei Kokillengußbarren. Seitdem aber das Stranggußverfahren und eine
bessere Reinigung der Schmelze von nichtmetallischen Verunreinigungen
eingeführt wurde (inkl. Einhaltung eines tiefen Natriumgehaltes), ist
man mehr und mehr dazu übergegangen, Stranggußbarren bis zu
ca. 5% Mg-Gehalt direkt abzuwalzen. Im Zuge dieser Entwicklung hat
man auch die Homogenisierungs- und Warmverformungstemperatur
stetig erhöht. In früheren Jahren wendete man relativ niedrige Warm-
Lit. t-l. 682] 4. Nieht aushärtbare Knetlegierungen 661

verformung;;temperaturen von 350 bis 420°C an, um Einrissen bei der


vYarmverformung vorzubeugen.
Die nunmehr ami gut gereinigten Schmelzen hergestellten Strang-
gußbarren können bei cler Legierung AlMg3 bei Temperaturen von
ca. 500 oe homogenisiert und bei etwas tieferen Temperaturen warm ver-
formt werden. Durch elie bei der Barrenanwärmung gegebene langsame
Aufheizung wird offenbar bewirkt, daß das an den Korngrenzen durch
Kornseigerung eingelagerte Eutektikum mit einem Schmelzpunkt von
450 0 e bereits unterhalb dietleI' Temperatur im Mischkristall in Lösung
geht, so daß bei Temperaturen zwischen 450 bi8 500 ce keine erkenn-
baren Anschmelzungen auftreten.
Die Warmverformungstemperatur der Legierung AlMg5 liegt meist
bei ca. 450 e. 0

Beim Abwalzen von Barren aus Aluminium-Magnesium-Legierungen


mit z. B. 3 bis 6% Magnesiumgehalt stört auch bei sorgfältig gegossenen
Barren oftmals eine RIßbildung, die besonders nahe den Barrenkanten.
aber auch in Barrenmitte auftreten kann.
Nach den Untersuchungen von e. E. RANSLEY und D. E. J. TALBOT
[11] ist der Gehalt des l\fetalls an ungebundenem Natrium die Ursache für
diese RIßbildung.
Der Natriumgehalt liegt oftmah, als intermetallische Phase AlNaSi im
Aluminium vor. Mit zunehmendem Magnesiumgehalt tritt die folgende
Umsetzung auf:
:N aAlSi + 2 Mg ~ Mg Si + freies Na.
2

Löslichkeits bestimmungen und Wasserstofl'adsorptionsmessungen


haben ergeben, daß oberhalb von etwa 2% Mg-Gehalt im Gefüge freies
Natrium auftritt. Dieses Natrium sammelt sich in kleinen Poren des
Gußgefüges an und bewirkt, daß diese im Verlauf der plastischen Ver-
formung weiter wachsen und schließlich zu Rissen führeIl. Der erwähnte
Mechanismus der RIßbildung wird z. B. bei der Legierung AlMg4 be-
obachtet, sobald der Natriumgehalt ca. bei 0,001 % oder höher liegt
[12].
Eine Verringerung des Natriumgehaltes gelingt durch kräftiges
Chlorieren, wobei wahrscheinlich das Natrium als Natriumchlorid ab-
gebunden wird.!
Auch durch den Zusatz von Wismut kann die 'Varmrissigkeit der
Aluminium-Magnesium-Legierungen beseitigt werden, z. H. verhält sieh
eine I~egierung mit 0,002% Na und 0,02% Bi beim Warmwalzen ein-
wandfrei [12]. Hieraus ist die Schlußfolgerung hergeleitet worden, daß

1 Das Chlorieren verringert gleichzeitig den Gehalt an Nitriden, Oxyden und


Wasserstoff. Die Re begünstigen ebenfalls die Rißbildung.
662 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

das Wismut das Natrium als Na 3Bi abbindet. Jedoch beobachtet man
einen günstigen Einfluß auf die Warmrissigkeit auch dann, wenn der
Natriumgehalt weit unter
80r----,----,----,-----,----,
0,001 % liegt, so daß die gün-
.~ stige Wirkung des Wismuts
nicht nur auf die Abbindung
von Natrium zurückgeführt
werden kann.
Es hat nicht an Bemühun-
gen gefehlt, die Warmverform-
EOI----j barkeit der höherprozentigen
Aluminium-Magnesium-Legie-
rungen durch geeignete Labor-
HO oe 500 untersuchungen vorhersagen

Abb. 518. Brucheinschnürungskurven (Warmschlag-


zu können, zumal die Natrium-
zerreißversuch) von AIMg4-Legierungcn mit verschie- analyse aufwendig und außer-
denen Natriumgehalten (nach H. GRAVEMANN [12]).
dem der Natriumgehalt nicht
a to. - - - to. (0,0022 Gew.-% Na);
b 0 - - - 0 (0,0009 Gew.-% Na); der einzige Faktor ist, welcher
c + - - - + (0,0002 Gew.-% Na); die Warmrissigkeit hervorruft.
d X - - - x (0,0003 Gew.-% Na);
e • - - - . (0,0003 Gew.-% Na). Als Labormethode, um die
Warmverformbarkeit vorher-
% sagen zu können, eignet sich
c
nachH. GRAVEMANN [12] vor
allem der Warmschlagzerreiß-
versuch, wobei der Abfall der
Brucheinschnürung mit zu-
nehmender Temperatur einen
Hinweis auf die zu erwartende
Warmrißbildung gibt. Ty-
pische Ergebnisse dieser Me-
thode sind in Abb. 518 und
~50 300 350 WO 450 oe 500
Prüft emperalur 519 wiedergegeben, welche den
Abb. 519. Brucheinschnürungskurven (Warmschlag- schädlichen Einfluß des Na-
zerreißversuch) vonAJMg4-Legierungen nach verschie- triumgehaltes bzw. den gün-
dener Schmelzbehandlung. Kurve a: Schmelze unbe-
handelt, Kurve b: Schmelze mit NaF-haltigem Raffi- stigen Einfluß eines Wismutzu-
nationssalz behandelt, Kurve c: Behandlung gemäß b satzes veranschaulichen. Der
mit nachfolgendem Zusatz von 0,015 Gew.-% Bi
(nach H. GRAVEMANN [12]). Vergleich der Kurven c, d
a + - - + 0,0003 Gew.-% Na; und e in Abb. 518 zeigt, daß
b • - - . 0,002 Gew.-% Na;
C 0 --" 0,002 Gew.-% Na + 0,015 Gew.-% Bi. neben dem Natriumgehalt
noch weitere hier nicht er-
faßte Ursachen für die Warmrissigkeit verantwortlich sein müssen.
Da die Verarbeitung von Aluminium-Magnesium-Legierungen mit
mehr als ca. 5% Mg über Walz barren auf große Schwierigkeiten stößt,
Lit. 8. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 663

hat man speziell für die höherprozentigen Aluminium-Magnesium-Knet-


legierungen nach anderen Herstellungsverfahren gesucht. Beispielsweise
kann man eine "unmögliche Legierung" wie AlMglO zunächst in der
Form von Pulver oder von Granulat, Durchmesser ca. 1 mm, zur Erstar-
rung bringen. Hieraus kann man dann durch Sintern, Schmieden, Strang-
pressen oder Rinterbandwalzen Halbzeug herstellen. Das letztgenannte
Verfahren wird in USA praktisch ausgeübt [36,83]. Allerdings dürfte eine
starke Kornseigerung in ('in em solchen Gefüge vorliegen. Die Korn-
seigerung begünstigt bei der Rekristallisation ein grobes Korn, falls nicht
die Weirhglühung mit kurzer Aufheizzeit und Glühdauer durchgeführt
wird {.. flaRh.annealing").1

4.133 KaItverformung. Die Aluminium-Magnesium-Legierungen


zeigen beim Kaltverformen eine auffallend starke Kaltverfestigung.
Angaben über die Zunahme der Festigkeitswerte beim Kaltwalzen sind
den Abb. 431 u. 432, S. 555 zu entnehmen. Während man eine Legierung
mit ca. 1 % Mg um 60 bis 80% kaltwalzen kann, bevor man eine Zwischen-
glühung einschaltet, geht der zwischen zwei Weichglühungen maximal
mögliche Kaltwalzgrad mit zunehmendem Magnesiumgehalt stark zurück.

4.134 Entfestigung. Die kaltverformten Aluminium-Magnesium-


Legierungen zeigen bei der Entfestigung ein ungewöhnliches Verhalten,
verglichen mit dem Entfestigungsverhalten von Reinaluminium. Bereits
bei Raumtemperatur oder bei leicht erhöhten Temperaturen (ca. 30 bis
50°C) kann bei Aluminium-Magnesium-Legierungen eine deutliche Ent-
festigung bei genügend langen Zeitintervallen festgestellt werden
[13, 14, 15].
Je höher der Magnesiumgehalt der Legierung liegt, umso deutlicher
tritt dieser Effekt auf. Wird die Temperatur leicht über die Raumtempera-
tur erhöht, so wird die Entfestigung von Aluminium-Magnesium-
Legierungen sehr beschleunigt: Z. B. ergibt eine Entfestigungsglühung
des kaltverformten Materials während 5 Stunden bei 90 bis 100 oe etwa
dieselbe Entfestigung wie 40000 Stunden Lagerung bei Raumtemperatur
(15]. Abb.520 zeigt die Entfestigung von kaltgewalzten Blechen aus
AIMg 6 während insgesamt 10000 Tagen.
Um die zufällige Entfestigung je nach Vorliegen einer mehr oder
weniger hohen Temperatur bei Transport und Lagerung von kaltverform-
ten Aluminium-Magnesium-Legierungen vorwegzunehmen, wird das
Material oftmals in schwach entfestigtem Zustand geliefert (Stabili-
sierungsglühung bei ca. 1:30 bis 160°0, in USA z. B. als "H:36 temper" be-
1 Die Durchführung einer Hochglühung zum Abbau der Kornseigerung scheidet
bei Halbzeug, welches durch Sinterverformung hergestellt wurde, wegen zu starker
Oxydation der Oberfläche oder wegen Grobkornbildung meistens aus.
664 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

zeichnet). Diese Wärmebehandlung hat außerdem den Zweck, die


Dehnungswerte zu steigern, welche bei stark kaltverformten Aluminium-
Magnesium-Legierungen für weitere Verformungsarbeiten meistens zu
tief liegen und im übrigen je nach den zufälligen Temperaturverhält-
nissen während der anschließenden Lagerung auch merklich schwanken

30
%
g> 20 J I +
:+-_+_-r. -+-+=+- -t-+=+-- -+--+-+
'"
l
c::: 0
0 o..!
-<:: 0-
0_0 0- 0 0

~ 10 0 0 0
0

r
70 700 1000 d 70000
f,agerungsdauer (bei RaumlemperaturJ
Abb.520. Entfestigung von kaltgewalzten Blechen au' AnIg6 bei Raumtemperaturlagerung
(nach E. H. DIX u. lHitarb. [5]).
Kaltwa1zgrad: + ----~ + 5~/~; • - - - . 20~1o; 0 - - 0 60%.

können. In Abb. 521 wird der Einfluß einer halbstündigen Erwärmung


bei verschiedenen Temperaturen auf die Festigkeitswerte von Legierun-
gen mit 3,5 bzw. 4,5% Mg gezeigt. Man erkennt, daß bereits eine Ent-
festigung bei Temperaturen von 100 bis 250 oe die Tiefzieheigenschaften
merklich beeinflußt [27, 71].

4.135 Weichglühung. Die Weichglühung der Aluminium-Magnesium-


Legierungen weist einige Besonderheiten auf (s. dazu auch Kap. e 8,
S. 852):
Da nahe der Oberfläche und insbesondere in der Oxydhaut Magne-
sium angereichert ist, neigen die Aluminium-Magnesium-Legierungen
beim Glühen zu grauen Verfärbungen. Zur Beibehaltung eines hohen
Glanzes empfiehlt es sich, die Aluminium-Magnesium-Legierungen in
Schutzgas von niedrigem O2- und H 20-Gehalt zu glühen. Die schädliche
Lit. S. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 665

Einwirkung von Wasserdampf auf das Aussehen der Oberfläche scheint


insbesondere im Temperaturbereich von ca. 60 bis 120 oe zu erfolgen (21],
während der Angriff des Sauerstoff erst oberhalb ca. 300 bis 350 oe in
stärkerem Maße eintritt [22].
Die grauen Glühverfärbungen enthalten hauptsächlich Magnesium-
oxyd, und die dunkle Farbe wird durch kleine Einschlüsse von Alu-

/ ~-- ~

----
~ J
/ ,

V
60
[:7
40
ES
kp/mm Z
%
35 F=~~~~~---+---r--~

'"iii 30
~
,?i 35
~
~. 20
~
g-.
~ 75,.
"- I

0100
150 200 250 JOD 350
A{//I1ßfemperl1fur
Abb. 521. Einflnß einer halbstündigen Erwärmung bei der angegebenen Temperatur auf die Festig-

e_._e}
keitswerte sowie den maximalen durch Tiefziehen verformbaren Rondendurchmessel' von 20% kalt-
gewalzten AIMg-Blechen (nach J. C. WRIGHT u. lIlitarb. [27]).

o-~o }
35°' C. - _ . {, 45°1
& -- - •& ,1o Mg,.
Un •
• _ _ 0--- 0 '/0 .uo!>,
T-----T \?_--'I/

miniumpartikeln bewirkt [22, 23]. Berylliumzusätze zum Metall ver-


ringern die Glühverfärbung. Auch eine Erhöhung des e0 2-GehaItes
in der Glühatmosphäre unterdrückt die graue Glühverfärbung, jedoch
entsteht statt dessen eine leicht gelblich gefärbte Schicht [23].
Die Durchführung einer Barrenhochglühung vor der Warmverformung
ergibt eine Kornverfeinerung bei der Weichglühung von Blechen. Diese
666 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

wird insbesondere bei niedriger Aufheizgeschwindigkeit der Weich·


glühung festgestellt.
Auch die Höhe des kritischen Reckgrades spricht auf eine Barren·
hochglühung deutlich an [32].
Mit zunehmendem Magnesiumgehalt (zwischen 0,025 bis 2,05%)
nimmt bei eincr Weichglühtemperatur von 400 oe die Korngröße stetig

~\

~
--. ~ t-----
I

Abb.522. Einfluß der Lagerung bei 23 bzw. 100°C auf J;'estigkeitswerte und Tiefziehbarkeit von Ron·
oden aus weichen Blechen Init einem Magnesinmgehalt von 3,5%, welche von 500°C in Wasser abge-
schreckt wurden (nach J. C. WRIGHT 11. Mitarb. [27]) .
• . _ - . 23'C; 0 --- 0 100'C.

ab, und die für eine vollständige Rekristallisation benötigte Zeit nimmt
'zu.
Bei ca. 350 oe ist die zur vollständigen Rekristallisation der Legierung
AIMg2 notwendige Zeit anomal lang. Dies hängt vermutlich mit Aus-
scheidungsvorgängen zusammen, welche die Rekristallisation verlang.
samen.
Durch den Magnesiumzusatz erfolgt im übrigen eine nur relativ
geringe Verschiebung der Rekristallisationsschwelle [28, 33, 34]. Einzel·
heiten dazu s. S. 348 und Abb. 280.
Wird Halbzeug aus Legierungen mit mehr als ca. 3% Mg nach der
Weichglühung rasch abgekühlt, so können Aushärtungserscheinungen
Lit.:-i.682] 4. :Nicht aushärtbare KnetIegierungen 667

auftreten. Abb. 522 zeigt dies am Beispiel einer Legierung mit 3,5% Mg.
l:'m weiches Halbzeug von hoher und auch nach Lagerung unveränderter
Verformbarkeit herzustellen, wird bei Aluminium-Magnesium-Legierun-
gell nnch dem 'Veichglühen oftmals eine langsame Abkühlung ange-
wendet (teilweise 1luch zur Eliminierung der Spannungskorrosions-
anfälligkeit ).

4.14 PhY8ikaIische 1md mechani8che Eigen8chaften von Aluminium-


111agne8ium-Legiernngen

Einige typische physikalische Eigenschaften der Aluminium-Magne-


sium-Legierungen werden in Tab. 78 beschrieben. Tab. 79 gibt einen
Überblick über die mechanischen Eigenschaften von Aluminium-Magne-

~o

~
I I

kpImm 2
l----'
I
I

"P""'---- Vi
! I
I
!
I

~
I
I I I
V I I
f--
/

!;~-t-T8-o
~--

/ .----'
~
!

,.....-- --.---'

I
o I I

I;:FiJD'ht~ :~t
250 7 2 3 ~ 5 (j
t1agnesiumgehalf
7
i=i j
8 [Jew.-% 70

Abh. 523. Einfluß des i\:[agnesiumgehaltes auf die Festigkeitswerte von weichen AIMg-B1echen
'cu. 1.6mm dick). Werte quer zur Walzrichtung ermittelt. Material bei Temperaturen zwischen 350
und 430'C weichgeglüht (nach E. H. DIX u. Mitarb. [1]).

sium-Knetlegierungen. Mit zunehmendem Magnesiumgehalt nehmen


gemäß Abb. 523 bei weichgeglühtem Material Zugfestigkeit und Dehn-
grenze zu. Die Bruchdehnung fällt mit zunehmendem Magnesiumgehalt
anfänglich ab, um bei Magnesiumzusätzen oberhalb von 2 bis 3% wieder
anzusteigen. Letzteres ist ein günstiger Faktor für die Umformbarlmit
der höherprozentigen Aluminium-Magnesium-Legierungen. Zusätze von
Chrom und Mangan bewirken eine deutliche Steigerung der Festigkeits-
\yprte [1, 24J (siehe dazu Abb. 524 u. 525). Halbhade Produkte können bei
668 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

~r------.--------.-------'------'

kp/mm'

./
JO~------I--;;7-'"'----(f8 +------=-~+-------j

~M ~ M ~~M
l1ongon- oder Chromgeholl
Abb.524. Zugfestigkeit und 0,2-Dehngrenze von weichgeglühten AIMg4-BIechen (1,6 mm dick), ü.
Abhängigkeit von Zusätzen an Mangan und Chrom (nach E. H. Drx u. Mitarb. [1]).
4,19 bis 4,40% Magnesium
+------ + Mangangehalt variiert, kein Chromzusatz;
o _____ 0 Chromgehalt variiert, Mangangehalt 0,1 %;
• - - - . Chromgehalt variiert, Mangangehalt 0,25%.

Tabelle 78. Physikalische Eigenschaften von Aluminium-Magnesium-Knetlegierungen


(ALUSUISSE)

Liquidus· SoIidus· Wärmeleit- Elektrische Leit-


temperatur temperatur fähigkeit fähigkeit
Bezeichnung bei 20-100°0 bei 20 '0
cal m
'C
cm·s·grd Ohm·mm'

AlMgMn 650 620 0,29-0,33 =22


AlMg3
AlMg5
640
620
610
580 } 0,25-0,30
=20
=17
AlMg7 600 520 0,21-0,25 =15

Allgemeine physikalische Daten für Aluminium-Magnesium.Legierungen:


Dichte 2,59 bis 2,7 g/cm3 je nach dem Magnesiumgehalt
cal
Spezifische Wärme 0,22 --d-
g. gr
Wärmeausdehnungs- bei 20 bis 100 0 0 : 20· 10-6 l/grd
zahl bei 20 bis 200 0 0 : 24· 10-6 l/gr'd
E-Modul: 6500 bis 7500 kp/mm2
Lit. S. 682] 4. ~i()ht aushärtbare Knetlegierungen 669

Magnesiumgehalten bis ca. 3,5% auf zweierlei Weise hergestellt werden,


und zwar entweder durch Entfestigungsglühung oder durch Kaltver-
formen nach Weichglühung [82]. Das erstgenannte Verfahren ergibt we-
sentlich bessere Dehnungswertc, kann aber bei Magnesiumgehalten über
3 bis 3,5% nicht oder nur bcschränkt angewendet werden wegen der
Spannungskorrosionsempfindlichkcit des Gefüges nach der Anlaßbehand-
lung. Bezüglich der Warmfestig-
keit und Dauerfestigkeit von Alu-
minium-Magncsium -Legierungen
verweisen wir auf S. 561 u. 590.
+
Die Aluminium-Magnesium-
Legierungen zeigen m ihren
Eigenschaften einige Besonder-
heiten, welchc am ehesten auf
Grund metall physikalischer Über-
legungen gedeutet werden können
[78 bis 80]. Die gemeinsame Ur-
+ +
sache dieser Erscheinungen dürfte ,I--+-+-+
+
"---' '--0-1- _
der relativ große Atomdurchmes- 0 -0 -
-...;
ser der Magnesiumatome sein. Da- If
her lagern sich die Magnesium- I I I
L
3 4 5 6 Cew.-% 8
atome bevorzugt mit Leerstellen t1ognesiumgeha/f
zusammen, welche bei Raumtem- Abb.525. ]'cstigkeitswerte von Al11g-Walzplatten
peraturlagerung oder bei leicht (12,5 mm dick), in Abhängigkeit von Magnesium-
und Mangangehalt. Chromgehalt bei allen Legie-
crhöhten Temperaturen von den rungen 0,1 %. Material ' !. hart, schwach eutfestigt,
:\JIagnesiumatomen wegdiffundie- (USA-Norm H 321)
(nach E. H. Drx u. J\1itarb. [1]).
ren. um gemäß dem Gleichge-
• ~-. 0,9% 1\In; 0 --- 0 O.5~o Mn;
wichtszustand in Senken ausge- +---+ 0,1% Mn.
löscht zu werden [771. Die Um-
lagerung der Leerstellen erlcichtert das Klettern von Versetzungen
(erkennbar an der Entfestigung bei langer Raumtemperaturlagerung)
sowie auch die Diffusion der übersättigt gelösten Magnesiumatome,
welche sich dann al" ß-Phase ausscheiden.
Kaltverformte Aluminium-Magnesium-Proben schrumpfen bei der
Raumtemperaturlagerung, was gleichfalls auf das Verschwinden von Leer-
stellen zurückgeführt werden kann.
Eine Besonderheit der Aluminium-Magnesium-Legierungen sind die
Streckgrenzeneffekte und Verformungsfiguren. Beim Tiefziehen von
Aluminium-Magnesium-Blechen treten unerwünschte Gleitlinien auf,
falls feinkörniges Material in vollkommen weich geglühtem Zustand ver-
arbeitet wird. Diese Erscheinung kann aber z. B. dadurch verhindert
werden, daß vor dem Tiefziehen eine schwache Kaltverformung des
::Vlaterials durchgeführt wird [2G]. Im übrigen verweisen wir auf [78]
670 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

Tabelle 79. Mechanische Eigenschaften l von Aluminium-Magnesium-Knetlegierungen


(nach DIN 1745 bis 1749 und ALUSUISSE)

Elasti-
zitäts- Dehn-
I festig-
Zug- Bruch-
deh-
Brinell-
Kerb- ! Dauer-
zähig- biege-
grenze grenze keit härte
Bezeichnung Zustand nung HB5 keit' festig-
keit 3
a 0,02 aO'2,1 CI B 610 mkpl
kp/mm' kp/mm' kp/mm' % kp/mm' cm' kl'lmm'

Blech bis 6 mm; Band bis 3 mm;


AlMgMn F 18 weich 4- 6/8-12118-22120-10145-60/3- 41
AIMgMn F 26 hart 112-1518-24126-28[ 6- 3170-80

Blech bis 6 mm; Band bis 3 mm;


AlMg3 F 18 weich 4- 8 8-121'18-211122-1045-6018-10
AIMg3 F 23 halbhart 9-1314-1823-2514- 865-70
AIMg3 F 26 hart 18-2426-30 110- 370-80 1

Rohr
AlMgMn F 18 weich 8-1218-22 120-10 45-601 1

AlMgMnF26 hart /18-2426-281 6- 3170-801


AIMg3 F 18 weich 8-1218-2120-10145-601 8-10
AlMg3 F23 halbhart 14-1823-2512- 865-701
AlMg7 F 30 gepreßt 10-18'130-3320-10170-85 6- 9
AIMg7 F34 halbhart 20-2434-3812- 4190-951 5- 7

Vollstangen
AIMgMn F20 1 gepreßt 4- 6'10-12120-22118-10150-60
AIMg3 F23
AIMg7 F 34
halbhart 9-1314-18123-25,14- 8i 65 - 70
halbhart 14-1820-23 34-38112- 4!90-95
I13 his
, , ,li
1
/ 14,5

Profilstangen, Steg- und Schenkeldicke 2 bis 10 mm


AIMgMn F20 gepreßt I 4- 610-1220-22 18-10145-55 ~,5_
1 h183,,)
AIMg3 F 18 gepreßt 5- 8 8-1018-2120-12145-55
AIMg7 gepreßt 1
112-1414-1730-3818-1270-90 5- 13 his
14,5

Preßteile (Werte in Faserlängsrichtung)

AIMg3 F 18 1 preßhart 1 6- 71 8-11118-21120-14i 50 1 6- 71

1 Die genormten lVIindestwerte sind fettgedruckt.


2 Kerbzähigkeit nach der DVMR-Probe.
3 Dauerbiegefestigkeit an glatten zylindrischen Stäben Yon 7,5 mm 0 auf der'
Schenckschen Dauerbiegemaschine bei 50 X 106 Lastspielen.
Lit. S. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 671

sowie S. 234 und 285, auf 730


denen die Entstehung det" kp/ mm Z II /
0
I/Cu
770
Fließfiguren und Streck-
700
grenzeneffekte bei Alumi-
nium-"Magnesium -Legierun - 90 r--
/10
gen sowie Mittel zu ihnlr 80 I i
Verhinderung eingehend a b-
~ / I I

I
70
gehandelt werden.
Bei der Messung der
~
:t::: 80
-c::
I I

Korngrenzendämpfullg fal- <J


e:.
-S 50
/ ,
I i
--
len die Aluminium-Magne-
'" I !
i
. --
"'-
sium-Legierungen durch <- *0
/
-~

ihre hohe Aktivierungtl-


'e:.
::t:: v/Mg ~g I
I
I
JO
energie auf [72].
30 /,.~+ ~
Es sind verschiedent- ~ +
lich Bemühungen unter- !
70
*0
nommen worden, die durch
das Magnesium bewirkte 30
Legierungsverfestigung the-
oretisch genauer zu unter-
suchen [71, 73]. InAbb.526 1,0 3,0 3,0 At-% VI
wird die Härtezunahme gelöste Legierungselemenfe
durch den Zusatz verschie-
dener gelöster Legierungs- ~r----.-----.----.----.----~

komponenten mit der rönt- kp/.mm Z


genographisch festgestell-
40r----1-----+----~----~~~
ten Änderung des Gitter-
parameters verglichen. Un-
ter den sechs untersuchten
Legierungselementen fällt
nur das Magnesium in dem
Hinne heraus, daß e" eine
ungewöhnlich grol3e Githlr-
x Mg
"törung verglichen mit der
bewirkten Härte"teigerung
hen-orruft.

4.1,j Uelügeumlageruiiyen lJ 0 70 3D JO 40'70~ kX 5(}


hfi der Warrnbehandlung relative Veränderung des Cifferparamefers
Ahb. 526a u. b. Einfluß verschiedener ~elöster Le~ierungK­
4.151 Aushärtungsvor- elemente auf die Härtewerte unu nuf die Veränderung des
gänge. Bei Legierungen mit Gitterparameters (nach D. HaDlE u. R. X. PARKfX~ [73]).
4 bis 1O'/'0 :Magnesium sollte a) :Einlluß auf die Härtewerte; 11) Relation zwi,rhen
Härtezunahllle lind Veränderung des Gitterparalllt'trrs für
man auf Grund des Zu- jeweils 1 At.·% gelö~tE:'n Lp~iprnng:-\zll";<ltz.
672 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

standsdiagramms bei Proben, die z. B. von 400°0 abgeschreckt wurden,


~n sich eine merkliche Aushärtbarkeit beobachten können. O. DAHL und
K. DETERT [76] sind dieser Frage nachgegangen und haben festgestellt,
daß bei Aluminium-Magnesium-Legierungen während der Auslagerung
bei Raumtemperatur zwar Entmischungsvorgänge ablaufen, welche aber
keine Zunahme der Festigkeitswerte herbeiführen. Bei Temperaturen
zwischen ca. 100 bis 250°0 tritt Warmaushärtung auf (Abb. 527 und 528).

44r-~----~~--~7,T--------,-------,~6
k ,/ Z Thermokraff <:::::
p/,mm ~Nlgrd i:
~ ~
J';2 38 0,8 2'
:g> Zugfestigkeit '"
~ ~
~~32~==~==~~~·~~~~~~~,o---~
Widerstand 0 r:::
N ~
'/03
Q

~%
40[ kw~~mm ~t-"~~dlt,4
~
120 170 i-----7''1l.-+------\c;---'ilt,O ~
~ ::t: Härte ~
o -800t:=:==t===~:=::t:=----~~==~~3,Ö
1
7 70 700 h 7000 ?si
lIus/agerungsdauer
Abb.527. Zeitliche Veränderung von Thermokraft, Widerstand, Zugfestigkeit, Bruchdehnnng und
Härte einer Legierung mit 10% Mg während der Auslagernng bei 150'0. Proben zuvor bei 400'0
homogenisiert und abgeschreckt (nach O. DAHL u. K. DETERT [76]).

Interessant ist vom technologischen Standpunkt die Veränderung von


Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Härte: Der durch die Aushärtung
erfolgende Gewinn an Zugfestigkeit ist gering und mit einem starken
Dehnungsabfall verknüpft. Die Härte steigt noch kräftig an, während
Zugfestigkeit und Bruchdehnung bereits die typischen Merkmale der
Überhärtung zeigen, in deren Verlauf die Bruchdehnung fast auf Null
~bsinkt. Aus der Abb. 527 wird somit verständlich, warum die Warm-
aushärtung von Aluminium-Magnesium-Legierungen technisch uninteres-
Hant ist. Das Absinken von Thermokraft und elektrischem Widerstand
geht mit dem Auftreten von Ausscheidungen im Korninnern parallel.
Zuvor waren die Ausscheidungen hauptsächlich an den Korngrenzen
konzentriert (vgl. Abb. 530).
Abb. 528 und 529 zeigen die zeitliche Veränderung von Härte und
elektrischem Widerstand homogenisierter und dann abgeschreckter
Proben bei verschiedenen Warmaushärtungstemperaturen. Abb.528
zeigt, daß bei ca. 300°0 die Härtesteigerung durch Warmaushärtung ver-
nachlässigbar wird. Man erkennt in den beiden genannten Abbildungen,
daß mit sinkendem Magnesiumgehalt die Inkubationsperiode bei gleicher
Anlaßtemperatur merklich zunimmt.
Lit. ts. 682] 4. ~ieht aushärtbare Knetlegierungen 673

Die Erklärung der Befunde von O. DAHL und K. DETERT ist insbeson-
dere im Fall der Auslagerung bei Temperaturen unter ca. 150°0 noch
nicht eindeutig möglich. Hier ist insbesondere die Wechselwirkung
zwischen Leerstellen und Magnesiumatomen heranzuziehen, welche in
der erwähnten Untersuchung noch nicht berücksichtigt wurde.

720
kpjmm'
70% Mg
700

~
:2;
:§ x
., 80
-t 770
Cl::)
8% Mg

90

70 0,7

Abb.528. Zeitliche .:i.ndefllllg der Härte VOll zwei AIMg·Legierungen bei wrHchiedenenAnlaßtempera-
turen. Vorgeschichte des lIlaterial<: s. Le!!ende von Abh. 52i (nach O. DAHL u. K. DETERT [76]).

5,0
.70 3 .
Q

4,6 H.-------+-
700~'c\
70 % Mg
"<J 4,3
c::
.;:
'"
'-
~ 3,8
~

4,3

B % Mg

3,.9

3,507
, 70 700 7000 h 70000
An/aßdauer
Abb.529. Zeitliehe lnderullg de~ elektri;-;chen 'Vider~tandeR von 7,wei Aluminiulll·]\lagnesium-Legie-
rungen bei verschiedenen Anlaßtemperaturen. Vorgeschichte des Materials: s. Legende von Abb. 527
(nach O. Il.\HJ. 11. K. DETERT [76]).

4:3 AItell)lohl. AluminiullI


674 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

4.152 Ausscheidungsvorgänge. Nach einer Lösungsglühung bei z. B.


400 oe geht die ß-Phase völlig in Lösung.
Ungelöst bleiben in einer Legierung mit z. B. 7 bis 8% Magnesium,
ca. 0,3% Mn, 0,1 % Si und 0,3% Fe lediglich die intermetallischen
Phasen Mg 2 Si und AI 6 (Mn, Fe) (Abb. 530a). Beim Anlassen des homogenen
Zustandes bei leicht erhöhter Temperatur (z. B. einige Wochen bei
75°0) findet man eine beginnende Ausscheidung der ß-Phase an den

. • ~
.,.
••- . t"i ••• •
-.. ..
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...

J. .- . .- .-' .""- . ,- ......


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. .. ..'-' !;t ~ r
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. . J ~ .~. ..... . ,
. _ ~ ~ - .. ~ -i, • ~ .,.. -
a.• _ ..# \ .; - , c ,h ' ;".._~ _ _

300: 1 360: 1 360:1


Abb.530a-c. Gefügebilder von AIMg7·Blechen, welche zunächst bei 400"0 6 Stunden lösungs'
geglüht und anschließend abgeschreckt wurden. Die darauffolgende thermische Behandlung ist
jeweils verschieden. Alle Schliffe wurden mit 9%iger H,P0 4 geätzt (nach AL USUISSE)
a) Lösungsgeglüht und abgeschreckt; b) Lösungsgeglüht, abgeschreckt, 4 Tage bei 100'0 angelassen;
c) Lösllngsgeglüht, 10 Tage bei 300 '0 angelassen.

Korngrenzen [29]. Wird die Anlaßtemperatur weiter erhöht, so kommt


es bei ca. 100 oe relativ bald zu lückenlosen Ausscheidungssäumen an den
Korngrenzen, die zu interkristalliner Korrosion führen. Im Falle der
Abb.530b wird diese Ausscheidungsart nach viertägigem Anlassen bei
100 oe beobachtet.
Liegt vor der Anlaßbehandlung eine Kaltverformung vor, so ge-
nügen schon relativ kurze Anlaßzeiten bei ca. 100 oe, um die inAbb. 530b
gezeigte unerwünschte Ausscheidungsform hervorrufen [28].
Bei weiterer Erhöhung der Anlaßtemperatur und/oder Steigerung
der Anlaßdauer schreitet die Ausscheidung der ß-Kristalle auch im
Korninnern weiter fort bis sich schließlich bei Anlaßtemperaturen von
ca. 250 bis 300 e die ß-Kristalle zu relativ groben Ausscheidungen
0

koagulieren. Hierbei entsteht das in Abb. 530c gezeigte "Perlschnur-


gefüge", welches bezüglich interkristalliner Korrosion unempfindlich ist.
In Abb. 531 ist die Ausscheidung von Al 3Mg 2 in Material des Typs
AIMglO nach einmonatiger Erholung bei 120 oe zu sehen.
Die Ausscheidungsvorgänge in Aluminium-Magnesium-Legierungen
sind wiederholt mikroskopisch oder röntgenographisch genauer unter-
sucht worden. Hierbei tritt bei bestimmten Verformungsgraden (z. B.
20% Kaltwalzgrad) bei niedrigen Anlaßtemperaturen eine bevorzugte
Lit. S. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 675

Ausscheidung der ß-Kristalle entlang den Gleitlinien auf (z. B. bei


Anlaßtemperaturen von 100 bis 150°0 [29].
Durch Veränderung der Geometrie des Kaltwalzens (Querwalzen
bzw. reversierendes Walzen statt einseitigem Walzen) kann die Aus-
scheidung entlang den Gleitlinien deutlich beeinftußt werden [30J.
Die Ausscheidungen der ß-Phase
sind meist von einer Zone umgeben,
welche an Magnesium verarmt ist.

4.16 Korrosion8verhalten

4.161 Übersicht. ÜbcrdasKorrmions-


verhalten der Aluminium-Magnesium-
Legierungen gibt es eine große Anzahl
von Arbeiten [37 bis 63, 63 bis 67].
Literaturübersicht siehe insbesondere
bei [1, 3, 56 u. 66].
Wir beschränken uns darauf, auf
einige wichtige Einftußgrößen und Be-
obachtungen hinzuweisen. Die große
Anzahl Arbeiten über die Spannungs-
korrosion der Aluminium-Magnesium-
Legierungen könnte den fälsch lichen
Eindruck hervorrufen , daß diese Le-
gierungsgruppe häufig von Korrosions- 8600: 1
fällen heimgesucht sei. Dies ist aber Abo. 5:31. AU~He heidllllg VOll Al;~3Ig2ilteinpr
keineswegs der Fall [65]. Man weiß in- Legierung vom Typ AIMg 10 nach All·
~chreckell VOll 4:2:5 oe i 11 'Vasser und l:lll-
zwischen, wie man die AIMg-Legierung schließendenl eillmonatlgern Anlassen lH:'i
120"r (na('h A. R.WLNIER [25]).
vor Spannungskorrosion schützen
kann, und die Aluminium-Magnesium
Legierungen gehören daher heute zu den hochkorrosionsbeständigen
Legierungstypen. Im Kontakt mit Seewasser sind die Aluminium-
Magnesium-Legierungen allen anderen Aluminiumlegierungen sogar
überlegen. Es kommt hinzu, daß die Legierungen mit mehr als 5% Mg ,
welche für Spi1nnungskorrosion besonders anfällig sind, heute als Knet-
legierungen kaum noch hergestellt werden. Jedoch zeigen auch die
Legierungen mit 3 bis 5% Mg bereits eine gewisse Spannungskorro-
8ionsempfindlichkeit, so daß es sich lohnt, a,uf diese im folgenden ein-
zugehen.
Die Korrosionsanfälligkeit der Aluminium-Magnesium-Legierungen
entsteht durch Ausscheidungen der ß-Phase aus der übersättigten
Lösung. Diese Ausscheidungen sind wesentlich unedler als der Misch-
kris tall [66].

43*
676 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

Es sind eine ganze Reihe von Besonderheiten zu beachten, welche


das Korrosionsverhalten der Aluminium-Magnesium-Legierungen fest-
legen [1, 5]. Beispielsweise verschlechtert sich das Korrosionsverhalten
mit zunehmendem Siliziumgehalt. Mit zunehmendem Siliziumg~halt tritt
die Ausscheidung von Mg 2Si entlang den Korngrenzen auf und begünstigt
die :interkristalline Korrosion [31].

4.162 Verhalten bei langandauernder atmosphärischer Korrosion.


In Abb. 532 sind Ergebnisse einer zwangzigjährigen Korrosionsprüfung
von Aluminium-Magnesium-Legierungen im Meerklima wiedergegeben.

0
/'
I. I I
- walzharfe Proben
I
/'
/ 6' Mg

I L
/'~:..-- ---4~1
/'
iE?t5
~ 3Mg .....-:::::: 3,5Mg'05Mn-+
o~
b::::::=:: ;;;?:t:- 7MQ+Z25Mn (~S)
2 6' 8 70 73 H 7ö Jahre 20
Korrosionsdauer
Abb. 532. Verhalten von 1,6 mm dicken Blechproben aus Alumininm·Magnesium·Legierungen
bei 20jähriger atmosphärischer Korrosion in Seeatmosphäre (Point Jndith, Rhode Island, USA)
(nach E. H. Drx n. Mitarb. [1]).

Man erkennt, daß die weich geglühten Proben einen nahezu vernach-
lässigbaren Korrosionsangriff aufweisen. Dagegen tritt bei walz harten
Proben und Magnesiumgehalten von oberhalb ca. 3,5% im Verlaufe von
mehr als zehn Jahren eine merkliche Schwächung des Querschnittes
durch Korrosionsangriff auf. Diese Korrosion folgt Korngrenzen und
Gleitebenen, an denen sich bei den höherprozentigen Magnesium-
legierungen im Verlaufe mehrjähriger Raumtemperaturlagerung ein
oftmals lückenloser Saum feiner Ausscheidungen der ß-Phase gebildet
hat. Bei der Legierung AIMg6 können diese Ausscheidungen bereits nach
fünf Jahren Raumtemperaturlagerung und bei der Legierung AIMg4
nach ca. zehn Jahren Raumtemperaturlagerung der kaltverformten
Proben beobachtet werden. Der dadurch verursachte Korrosions-
Lit. S. 682] 4. Xieht aushärtbare Knetlegierungen 677

angriff kann in Kombination mit elastischen ::-lpannungen in der Nähe


der Oberfläche zu Spannungskorrosionsrü;sen führen.
4.163 Verhalten bei Spannungskorrosion. Um Jas Auftreten der
Spannungskorrosion zu beschleunigen, pflegt man während der Prüfung
die Probe einer Biegespannung oder Zugspannung zu unterwerfen. Es
gibt eine ganze Reihe von Prüflösungen, unter denen insbesondere das
künstliche Seewasser sowie eine 3 bis 3,5%ige Kochsal:dösung, teilweise
mit Zut"atz von ca. 1 % \Yasserstoffperoxyd oder 1 % Sitlzsäure, hervor-
zuheben ::ünd.

i-r--
I
I ,
750 70,72,20 2,5 37 29g 3JO
ce J65

I
31'5 77 28 70 "'
IOD - - - 1 J b ' 5
12 I
~ I
~
~
I
]l !
~ 50~----~-----'-+--~----~~-+---+--------4

251------r-----~_+--~----+---~·

o d 70000
Auslagerungsdauer
Abb.533. Anfälligkeit von kaltgewalzten AIMg5-B1eehen CeS-Leg. 5356) gegen Spannnng8korro-
sion in Abhängigkeit von Anlaßzeit und -temperatur. Prüfnng im WeC"hseltauchbad (3,5% NaCI). Auf-
gebrachte Spannung = 75% der 0,2-Dehllgrenze. Die Zahlen neben den eingetragenen Punkten geben
dir Anzahl drr Tage an, welche die Proben insgesamt df'f Prüfung atL:-;gesetzt warell.
• Proben gebro(")wn; 0 ]'rohen ill OrUnnllg (nae]) Je. H. nIX n. )1itarb. [1]).

Der Prüfstab sollte möglichst unter konstanter Belastung stehen


(Hebelprobe), während eine Prüfung mit konstanter Verformung
(Sehlaufenprobe) weniger gut reproduzierbare Werte ergibt.
Bezüglich der Korrosionsprüfverfahren verweisen wir im übrigen
auf die Fachliteratur (siehe z. B. [69, 81]).
Die Entstehung der korrosionsverursachenden ß-Ausscheidungen
kann man dureh Anlassen der kalt verformten Proben bei Temperaturen
zwischen ea. 60 hü; 150°C stark beschleunigen: Prüft man z. B. die
Legierung AlMg5 unter einer Zughelastung von 75° ~ der Dehngrenze
678 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

im Wechseltauchbad (10 Minuten pro Stunde Eintauchen in eine 3,5%ige


NaOl-Lösung), so wird starke Spannungskorrosionsempfindlichkeit be-
obachtet, wenn die Proben vorher z. B. entweder 6 Monate bei 66 °0
oder eine Woche bei 100°0 oder einen Tag bei 150°0 angelassen worden
waren (s. Abb. 533).
Nach Anlassen oberhalb ca. 200°0 wird keine Spannungskorrosions-
empfindlichkeit mehr beobachtet [1, 5].
Aus Abb. 534 kann man den Einfluß der Anlaßbehandlung auf das
elektrochemische Potential erkennen, nach Messungen von R. H. BROWN
[64]. Die Potentialunterschiede kommen insbesondere nach mehrstün-
diger Meßdauer klar zum Ausdruck. Das Absinken des Potentials durch
die Ausscheidungen der
-10{) I ~- F=.-t=--l-
I I ß-Phase ist dadurch be-
'v ~ rf;+ I b
-+
dingt, daß die ß-Phase ein
-0,96
Jj
:>v
-0,93
Ir Abb. 534a-c. Einfluß einer längeren

-v v
-0,88 Anlaß behandlung auf das elektroche-
a -0,841--- miscbe Potential von kaltgewalzten
Aluminium-Magnesium-Blechen. Ge-
-7,00 I .~ messen in Lösung von 53 g/l NaCl
+ 3 gll H,O. gegen 0,1 n Kalomel-
/+ 'c elektrode
-0,98
~ -0,92 / "' ./
:..- ,...- \b (nach R. H. BRowN u. Mitarb. [64])
.§ a) US-Leg. X5356; '/,-hartes Blech;
..±- /1
. /
.
1,6 mm dick, 5,15% Mg; 0,11% Mn;
~ 0,10% Cr;
-0,88 ~.
J. V a b) US-Leg. 5154; '/,-hartes Blech;
b -0.84 r 0
1,6 mm dick, 3,35% Mg; 0,02% Mn;
-'fJ,96 0,20% Cr;
c) US-Leg. 5454; '/.-harte Walzplatte,
-0,92 /e 12,7mm dick, 2,82% Mg; 0,82% Mn;

.- -
.\-~
+- +-
I, I d 0,11% Cr.
-0,88
...... I 0
Erklärung der Kurven:
-0,84 I I a a nicht angelassen;
b 'I. Jahr bei 100°C angelassen;
c -0.80
, 0 c 1 Jahr bei 100°C angelassen;
6 J 4 5 6 7 8 9 h 70 d 'I , Jahr bei 93°C angelassen;
Einlullchduller e 1 Jahr bei 93°C angelassen.

Potential von -1,24 V hat, während der Mischkristall ein Potential


von - 0,84 bis - 0,86 V'hat (Lösungspotentiale gemessen gegen 0,1 n Oalo-
melelektrode in einer 5%igen NaCl-I~ösung mit Zusatz von 0,3% H 2Ü 2
bei 25°0).
Auf Grund der geschilderten Potentialverhältnisse geht die gegenüber
der Matrix stark anodische ß-Phase rasch in Lösung. Je kontinuierlicher
die Ausscheidungen der ß-Phase z. B. an Korngrenzen vorliegen, desto
rascher kann es zu einer weitgehenden Gefügeauflockerung durch Korro-
sionsangriff kommen. Das Auftreten eines kontinuierlichen Ausschei-
dungssaums an den Korngrenzen wird bei Magnesiumgehalten oberhalb
Lit. S. 682] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 679

3 bis 3,5% mit zunehmendem Magnesiumgehalt stark begünstigt und


ist im übrigen von der Anlaßtemperatur abhängig. Dies geht aus Abb. 535
hervor, welche das Korrosionsverhalten von weichen bzw. schwach kalt-
verformten Blechen aus Aluminium-Magnesium-Legierungen zeigt. Man
erkennt in Abb. 535 verschiedene Bereiche. Bei Magnesiumgehalten bis
zu etwa 3,3% ist weder das weiche noch das Ih harte Material korro-
sionsempfindlich. Bei Magnesiumgehalten zwischen ca. 3,3 bis 5 % sind nur
die kalt verformten Proben korrosionsempfindlich, während bei Magne-
siumgehalten über 5% auch die weich geglühten Proben nach Anlassen
korrosionsempfindlich sind.
Dabei ist zu berücksichtigen, JOOr---.---.---,---~---r---.~-,

daß die interkristalline Korro-


oe
B50~~+-~~~.----r~~--
sion und die Spannungskorro-
sion stark vom pH-Wert des c... BOa
Angriffsmittels abhängen. In ~
alkalischen Lösungen ist der ;;;'""'- 750
Angriff verhältnismäßig gering ~E:
100
[62, 38].
Zur Verringerung der Span-
I
50
nungskorrosionsempfindlich-
keit von Aluminium-Magne-
I
0 2 3
sium-Legierungen mit mehr t1aqnesiumgehalt
als ca. 3% Mg sind insbe-
Abb. 535. Einfluß einer zweijährigen Erwärmung bei
sondere folgende Maßnahmen verschiedenen Anlaßtemperaturen anf die Spannungs·
vorgeschlagen worden: korrosions-Anfälligkeit von weichen und '/.·harten
Blechen mit Magnesiumgehalten zwischen 2 und 7%
(nach E. H. DIX u. ~Iitarb. [5]).
Durchführung von Hetero-
im Bereich der Anfälligkeit für Spannungskorrosion
genisierungsglühungen. im '/.·harten Zu.tand;
Zusätze von Chrom (teil- I] Bereich der Anfälligkeit für Spannungskorrosion
im weichen und '/,·harten Zustand;
weise auch von Mangan) o Nicht anfällig im '/.·harten und weichen Zustand;
[38]. • Anfällig im '/,·harten und weichen Zustand;
() Anfällig im '/.·harten, jedoch nicht im weichen
Eine Heterogenisierungs- ZILqtand.
glühung ist bei Magnesium-
gehalten oberhalb 3 bis 3,5% zur Verringerung der Spannungskorro-
sionsanfälligkeit üblich und erfolgt oftmals bei Enddicke (oder als Zwi-
schenglühung vor dem Kaltwalzen auf Enddicke). Eine Legierung mit
ca. 3,5% Mg-Gehalt wird z. B. bei ca. 290 bis 300°C geglüht, wobei gleich-
zeitig eine Rekristallisation erreicht werden kann. Die Legierung AIMg5
muß zur Erreichung einer weitgehenden Heterogenisierung bei tieferen
Temperaturen geglüht werden. Um eine Rekristallisation zu erreichen,
wird diese Legierung zunächst bei ca. 380 bis 400°C weichgeglüht und
anschließend zur Ausscheidung des Magnesiums bei tieferen Tempera-
turen weitergeglüht.
680 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 682

Folgende Glühbehandlungen wurden z. B. bei einer AlMg5-Legierung


zur Erzielung der Heterogenisierung im Anschluß an eine Weichglühung
bei 400 oe als annähernd gleich gut befunden:
a) Langsame, gleichmäßig verlaufende Abkühlung auf Raum-
temperatur während 96 Stunden.
b) Langsame Abkühlung bis auf 160 bis 175 oe im Laufe von 60 St.un-
den, dann Abschrecken auf 20 oe.
c) Die Probe wird nach dem Glühen während 24 Stunden bei 240°C
gehalten und dann abgeschreckt.
d) Nach dem Glühen wird zuerst abgeschreckt und erst dann auf
250 oe erwärmt und nach 24 Stunden endgültig auf Raumtemperat.ur
abgeschreckt [74].
Da die Heterogenisierungsglühung im allgemeinen aus wirtschaft-
lichen Gründen kaum länger als ca. 24 Stunden lang durchgeführt wird,
bleibt immer noch ein Teil des Magnesiums in Lösung, vor allem in den
relativ ungestörten Gefügebereichen im Korninnern. Bei länger an-
dauernder Anlaßbehandlung z. B. von AIMg5 bei ca. 100°C diffundiert
dieses übersättigte Magnesium schließlich an die Korngrenzen und kann
dort wiederum einen weitgehend kontinuierlichen Ausscheidungssaum
bilden. Daher kann man bei den höherprozentigen Aluminium-Magne-
sium-Legierungen (über 3,5% Mg-Gehalt) auch durch eine Heterogeni-
sierungsglühung keine völlige Immunisierung gegen Spannungs-
korrosion erreichen.
Es zeigt sich, daß es besser ist, durch einen Manganzusatz von ca.
0,8% eine Festigkeitssteigerung zu erzielen, und dafür den Magnesium-
gehalt etwas abzusenken: Der durch den Manganzusatz erreichte Festig-
keit.sgewinn ergibt keine zusätzliche Spannungskorrosionsempfindlich-
keit [75].
Bei Magnesiumgehalten von ungefähr 4,5% und darüber scheint
sich allerdings ein höherer Manganzusatz weniger günstig auszuwirken
[1,5].
Die Spannungskorrosionsanfälligkeit kann bei hochmagnesium-
haitigen Legierungen auch durch Plattierschichten verringert oder be-
hoben werden, wobei insbesondere zinkhaltige Plattierwerkstoffe in
Betracht kommen [69].

Zusammenfassung

Weichgeglühtes Aluminium-Magnesium-Halbzeug mit einem Magne-


'3iumgehalt bis zu 6% ist auch nach 20jähriger Lagerung bei Raumtempe-
ratur nicht spannungskorrosionsempfindlich.
Lit. S. 682J 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 681

Kaltverformtes Aluminium-Magnesium-Halbzeug mit mehr als 3,5%


Mg-Gehalt kann nach mehrjähriger Raumtemperaturlagerung eine
gewisse Empfindlichkeit gegenüber Spannungskorrosion zeigen.
Falls das Material auf Grund seiner Anwendung längere Zeit bei
Temperaturen zwischen ca. 65 und 180 °0 verweilt, sollte der Magnesium-
gehalt nicht mehr als 3 % betragen.
Eine Aus;;cheidungsglühung verbessert bei Magnesiumgehalten über
:3% das Spannungskorrosiom;verhalten kaltverformter Aluminium-
Magnesium-Legierungen erheblich.
Anlassen kaltverformter Proben, z. B. eine Woche lang bei 100°0,
ergibt einen ähnlichen Ausscheidungszustand wie mehrjährige Raum-
temperaturlagerung. Die auf diese Weise gewonnenen Aussagen liegen
eher auf der Bicheren Seite und können daher zu einer Vorhersage dienen,
ob eine bestimmte Aluminium-Magnesium-Legierung nach langjähriger
Raumtemperaturlagerung Rpannungskorrosionsempfindlich wird oder
nicht.
Bei Legierungen mit mehr als ca. 4 % Mg kann man einen deut-
lichen Einfluß des Kaltverformungsgrades auf die Spannungskorrosions-
anfälligkeit feststellen, welche nach Feststellungen von P. BRENNER
u. G. J. METCALFE bei ca. 30% Kaltverformungsgrad ein Maximum hat,
während uni 50% kaltverformtes Material sich bereits wesentlich besser
wrhält (Legierung ADig 5) [56].

4.17 Anwendung der Aluminium-Magnesium-Legierungen

Die Aluminium-Magnesium-Legierungen repräsentieren heute neben


den AIMgSi-Legierungen die am weitesten verbreiteten Aluminium-
Knetlegierungen. Folgende Eigenschaften sind bei den Aluminium-
Magnesium-Legierungen als besonders vorteilhaft hervorzuheben:
Korrosionsbeständigkeit, vor allem auch gegenüber Seewasser. Gün-
stige Festigkeitseigenschaften bei tiefen Temperaturen [84,85].
Gute Schweißbarkeit, gute Festigkeit der Schweißnaht bei den
höherprozentigen Aluminium-Magnesium-Legierungen, welche durch
die Legierungsverfestigung auch im weichgeglühten Zustand noch
relativ hohe Festigkeitswerte aufweisen.
Gute Glänzbarkeit und Eloxierbarkeit, speziell bei den chromfreien
Legierungen.
Starke Kaltverfestigung durch Kaltverformung : Dies begünstigte
den Einsatz von weichem Aluminium-Magnesium-Halbzeug, welches
bei den Formgebungsverfahren relativ hohe Festigkeitswerte er-
langt.
682 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

Die genannten Eigenschaften sichern den Aluminium-Magnesium-


Knetlegierungen Anwendungen auf zahlreichen Gebieten. Hier ist vor
allem die Herstellung von Schweißkonstruktionen von hoher Festigkeit
zu erwähnen. (Behälterbau, Schiffsbau, Waggonbau, Apparatebau, usw.)
[70].
Poliertes Aluminium-Magnesium-Halbzeug bleibt in Innenräumen
schön blank, so daß man Aluminium-Magnesium-Legierungen vielfach
für Haushaltsgeräte oder für Beschläge verwendet.
Sodann ist die gute Bearbeitbarkeit mit spanabhebenden Werk-
zeugen sowie durch Schleifen und Polieren hervorzuheben. Daher finden
hochprozentige Aluminium-Magnesium-Legierungen (z. B. AlMg7) als
Automatenlegierung Verwendung.
Zuvor waren die guten Schweißeigenschaften der Aluminium-
Magnesium-Legierungen erwähnt worden. Jedoch sind zur Erzielung
einer gefügemäßig und korrosionsmäßig einwandfreien Schweißnaht
einige Maßnahmen notwendig: Das zu verschweißende Material sollte
einen nicht zu hohen Wasserstoffgehalt haben, da sonst beim Schweißen
durch Gasentbindung sogenannte "Doppelraupen" entstehen, welche die
Festigkeitseigenschaften und das Korrosionsverhalten verschlechtern
[16]. Mit steigendem Magnesiumgehalt zeigen die Legierungen eine
gewisse Schweißrißempfindlichkeit, insbesondere bei starken Quer-
schnittsschwankungen der zu verschweißenden Stellen. Hier hat sich
z. B. bei der Legierung AlMg3Si ein Zusatz von ca. 0,5 bis 0,8% Si und
ca. 0,5% Mn bewährt, wodurch die Schweißrißneigung verringert wird
[20].
Beim Verschweißen von kaltverformten höherprozentigen Alu-
minium-Magnesium-Legierungen ist die Gefahr einer spannungkorro-
sionsempfindlichen Zone in der Nähe der Schweißnaht gegeben, welche
kurzfristig auf mittlere Temperaturen angelassen wurde.
Dagegen ist das Verschweißen von weichem Aluminium-Magnesium-
Halbzeug bezüglich Spannungskorrosion unbedenklich. Die Schweiß-
nähte haben bei weichen Aluminium-Magnesium-Blechen (bis 5% Mg)
etwa 95 bis 98 % der Festigkeitswerte des AusgangsmateriaIs.

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[Lit. S. 703] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 685

4.2 Aluminium-Mangan -Legierungen


Von D. Altenpohl, Zürich

4.21 Übersicht
Die Aluminium-Mangan-Legierungen gehören zu den nicht aus-
härtbaren Knetlegierungen und werden vor allem zur Herstellung von
Walzhalbzeug verwendet, in geringerem Ausmaß auch für Strangpreß-
produkte. Es handelt sich um eine leicht verarbeitbare Legierung, die
recht ähnlich abgewalzt werden kann wie Reinaluminium.
Die Legierung hat eine gute Korrosionsbeständigkeit und erreicht
etwas höhere Festigkeitswerte als Reinaluminium.
Die Aluminium-Mangan-Legierungen weisen einige spezielle Phäno-
mene auf:
Die Legierungszusammensetzung muß in relativ engen Grenzen ge-
halten werden, um optimale Festigkeitswerte und ein feines Korn des
Endproduktes zu erhalten. Dies gilt vor allem für den Eisengehalt
sowie für den Mangan- und SiIiziumgehalt der Legierung.
Im Gußgefüge (z. B. Strangguß) liegt das Mangan stark übersättigt
vor. Der Übersättigungsgrad hängt von der bei der Erstarrung auf-
tretenden Abkühlungsgeschwindigkeit ab. Vor dem Warmwalzen
ist bei Stranggußbarren eine Barrenglühung bei möglichst hoher
Temperatur (nahe unter der SoIidustemperatur) nötig, um eine gleich-
mäßige Verteilung des Mangans zu erreichen, und die Übersätti-
gung abzubauen.
Es gelingt nur dann, ein feines Korn bei der Weichglühung nach dem
Kaltwalzen zu erzielen, wenn die thermische Behandlung vor dem
Warm walzen unter optimalen Bedingungen durchgeführt wurde.
Außerdem sollte das Glühgut möglichst rasch auf die Weichglüh-
temperatur gebracht werden.
Dies sind die Hauptgründe, warum an Aluminium-Mangan-Legierun-
gen eine größere Anzahl theoretischer und praktischer Untersuchungen
durchgeführt worden sind.

4.22 Konstitutions/ragen
4.221 Zustandsdiagramm Aluminium-Mangan. Für die technischen
Legierungen mit einem Mangangehalt von max. 1,5% ist die Aluminium-
ecke des Systems von Bedeutung [1, 2]. Dieser Teil des Zustandsdia-
gramms ist durch einen schmalen Mischkristallbereich charakterisiert
(Abb. 536). Die Löslichkeit det-; Mangans bei der eutektischen Tem-
peratur von 658,5 oe beträgt 1,40 Gew.- %. Die Temperaturabhängigkeit
der Löslichkeit ist in der Tab. 80 angegeben r.3].
686 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

Von den im System Aluminium-Mangan auftretenden intermetalIi-


schen Phasen interessiert für die in der Technik verwendeten Legie-
rungen in der Hauptsache die Verbindung AlsMn [4,5,7]. AlsMn entsteht
durch die peritektische Umsetzung [3, 6]:
710°0
Schmelze Al 4Mn + , AlsMn.
Außerdem wurde eine aluminiumreiche Phase bei tiefen Tempera-
turen mit der ungefährenZusammensetzung Al12Mngefunden [8]. Ober-
halb ca. 550°0 zersetzt sich diese Phase in IX-Mischkristall und AlsMn.

4J;t=
800
oe
750
Schmelze ~
./'" 710 0 e
4;1
V Schmelze +AL~Mn
/' ~SoC

a V1/f 2,0
i

550 / a+1lsMn
I 1 2 3
I
4
i
i
5 G 7 8 Gew.-% 10
MangangehaH
Abb. 536. Aluminiumseite des Zustandsdiagramms Aluminium-Mangan. Die Angaben über die Lös-
lichkeit von Mangan in festem Aluminium schwanken stark. Näheres siehe bei M. HANSEN u. K. AN-
DERKO [1] (nach M. HANSEN u. K. ANDERKO [1]).

Bei rascher Erstarrung von Aluminium-Mangan-Legierungen nimmt


der primär erstarrende IX-Mischkristall über die maximale Gleichgewichts-
löslichkeit hinaus erhebliche Mengen
Tabelle80. Löslichkeit des Mangans in Mangan' in fester Lösung auf [5,
Aluminium in Abhängigkeit von der 9,11,12,13,14,16]. Bringt man kleine
Temperatur (nachH. W. L. PHILLIPS [3]
Schmelzvolumina äußerst rasch zur
und M. HANSEN U. K. ANDERKO [1])
(s. auch Bemerkung zu Abb. 536) Erstarrung, so kann der Mischkristall
bis zu 9,2% Mn enthalten [12]
Temperatur Gew.-%Mn (s. S. 22).
658,5°C 1,40 Die Ausscheidung der manganhaI-
600°C 0,95 tigen Verbindungen aus der Schmelze
570°C 0,78 ist durch eine geringe Kristallisati-
550°C 0,60 onsneigung der Aluminium-Mangan-
500°C 0,36
400°C
Legierungen generell gehemmt.
0,09
300°C 0,02 Daher findet die Erstarrung bei
Basismetall : hinlänglich hoher Erstarrungsge-
0,007% Fe, 0,004% Cu } 99 9860' Al
schwindigkeit gemäß der instabilen
0,0035% Si ' 10 ~ Verlängerung der Solidus- und Li-
Lit. t'. 703] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 687

quidus-Linien statt, so daß die Erstarrung der Schmelze erheblich


unterhalb derjenigen Kurve beginnt, welche dem Gleichgewicht Schmelze
-AI 6Mn entspricht (Abb. 537).
Weil sich bei der eutektischen Temperatur Al 6Mn nicht ausscheidet,
kann somit ein metastabil eH eutektisches Gleichgewicht durch Ver·
längerung der Liquiduslinien AEl über E l und 01$ über B hinaus zu-
Htande kommen. Bei E m würde gemäß Abb. 537 ein Eutektikum aus
x + Al 4Mn entstehen, so daß der x-Mischkristall dementsprechend an
~Iangan übersättigt ist.
Im festen Zustand ist die Übersättigung wegen der sehr geringen
Diffusionsneigung von Mangan in Alu-
minium recht stabil.
4.222 Legierungszusammensetzung.
710
Mangangehalt. Bei den typischen Alu-
minium-Mangan-Legierungen liegt der 7001--+--++--
Mangangehalt meist zwisehen 0,9 bis
1,5%. Ein Mangangehalt über 1,5% 6901--+-+-+--
führt durch die Ausbildung spröder
pIattenförmiger Kristalle von AI 6 Mn J2. 680
zur Rißbildung bei der Verformung. !2
1i
Legierungen mit mehr als 1,5% Mn-Ge- ~ 670'f--·~+1--
halt werden daher in der Praxis nieht
verwendet. l
Eine Änderung des Mangangehaltes
zwischen 1,2 bis 1,5% hat keinen deut- 650
lichen Einfluß auf die Zugfestigkeit. a
Bei Verminderung des Mangangehal-
tes von 1,3 auf 0,8 bis 1 %werden Dehn-
grenze und Zugfestigkeit im weichen 2 4 6 8Gew.-%10
Zustand um 1 kp/mm 2 erniedrigt. Das Mangangeha/f
Tiefziehverhalten und Korngefüge wer- Abb. 537. Skizze über ein metastabiles
den durch die genannte Verringerung Gleichgewicht im System Aluminium-Mall-
gan (nach H. HANEMANN U. A. SCHRADER
des Mangangehaltes kaum beeinflußt, [15); System jedoch entsprechend Ahh. 536
hingegen dürfte die Korrosionsbestän- gezeichnet).

digkeit etwas beeinträchtigt sein [17].


Das Mangan wird im Schmelzofen meist als Vorlegierung zugesetzt.
Rs ist nicht einfaeh, eine gleiehmäßige Verteilung des Mangans in der
Sehmelze zu erreichen. Hierzu ist bei Zugabe von Vorlegierungen kräf-
tiges Rühren und Anwendung erhöhter Sehmelztemperaturen notwendig.
Eine möglichst gleiehinäßige Verteilung des Mangans erreicht man am
1 Neuerdings werden auch Legierungen mit "'" 4% Mn und Zusatz weiterer
Elemente beschrieben [47] und anscheinend teilweise als Gußlegierungen ver-
wendet. l Tb<>r den Einsatz als Knetlegierung ist vorerst nichts bekannt.
688 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

ehesten durch Umschmelzen von Abfällen aus der Legierung AlMn. Die
Gleichmäßigkeit der Verteilung des Mangans im Gußgefüge kann man
durch Spektralanalyse zahlreicher benachbarter Stellen feststellen. Ist
eine Schmelze aus Reinaluminium und Vorlegierung hergestellt worden,
so kommt es leicht vor, daß der Mangangehalt lokal starke Schwankun-
gen aufweist. Dies .macht sich in Schwankungen der Festigkeitseigen-
schaften und der Korngröße bemerkbar.
Eisen- und Siliziumgehalt. Eisen und Silizium binden in Aluminium-
Mangan-Legierungen einen merklichen Anteil des Mangangehaltes in
ternären bzw. quaternären Phasen [18, 19]. Bereits durch geringe Eisen-
zusätze wird die Löslichkeit des Mangans stark herabgesetzt (bei 500°0
vonO,36 auf etwaO,15 Gew.-% Mn bei einem Zusatz von 0,03 Gew.-% Fe).
Bei Eisengehalten über 0,5% liegt die Legierung im Zustandsfeld der
Primärausscheidung intermetallischer Phasen, so daß die Zahl der im
Gefüge vorliegenden Ausscheidungen stark anwächst. Hierdurch wird
bei technischen Gießverfahren eine beträchtliche Herabsetzung des in
der iX-AI-Matrix übersättigt gelösten Mangans bewirkt. Die Eisen
und Mangan enthaltenden intermetallischen Phasen sind sehr schwer-
lösliche Gefügebestandteile, die sich auch nach längerem Glühen des
Gefüges oftmals nicht auflösen [20, 24].
Die folgenden zwei intermetallischen Phasen werden in der Regel
beobachtet:
iXAl(MnFe)Si. Diese intermetallische Phase ist in den handelsüblichen
Aluminium-Mangan-Legierungen identifiziert worden [32].
AIs{MnFe). Die Phase AIsMn ist in der Lage, Eisen in merklichem
Ausmaß in fester Lösung aufzunehmen bis zu der Grenzzusammen-
setzung AIs(MnFe) [3, 22, 25].
Mit zunehmendem Eisengehalt steigen die Dehngrenzen, Zugfestig-
keits- und Härtewerte der Legierung leicht an. Die Bruchdehnung wird
wesentlich verbessert (s. Abb. 538) [17].
Sobald der Eisengehalt über 0,6 bis 0,7% liegt, kommt es beim Strang-
gießen zu unangenehmer Krustenbildung (Mangangehalt ca. 1,0%).
Ferner wird die plastische Bearbeitbarkeit verschlechtert, z. B. beobach-
tet man Riß bildung beim Walzen [23]. Trotzdem geht man mit dem Eisen-
gehalt gern nahe bis an diesen Grenzwert, um hierdurch eine starke
Kornverfeinerung nach dem Weichglühen zu erzielen. Diese wird sehr
markant, sobald der Eisengehalt 0,5% übersteigt. Dies dürfte daran
liegen, daß man oberhalb dieses Eisengehaltes in das Phasenfeld primärer
Ausscheidungen gelangt (s.o.).
Aus den genannten Gründen hält man den Eisengehalt gerne auf
Werten zwischen 0,5 bis 0,65%. Den Mangangehalt senkt man gleich-
zeitig auf einen Wert von ca. 1 bis 1,1 % ab, da die Krustenbildung beim
Gießen durch den Gehalt an Mangan und Eisen gemeinsam bewirkt wird.
LiL S. 703] 4. Kieht aushärtbare Knetlegierungen 689

Den Siliziumgehalt hält man bei der Legierung Aluminium-Mangan


zweckmäßig unter ca. 0,3% (eher tiefer), da das Silizium Eisen bindet.
Hierdurch werden die Bruchdehnungswerte nach \Veichglühung ver-
schlechtert (Abb. 538). Außerdem Yf'rursacht ein zunehmender Silizium-
gehalt eine gewisse WarmriB-
neigung beim StranggießeJl.

4.23 Physikalische
und mechanische Eigenschaften
von Aluminium-jJ!langan-
Legierungen

Einige Richtwerte für die


physikalischen Eigen:,;chaften
der Aluminium-Mangan-Le-
gierungen sind in d('r Tab. 81
angegeben.
In Tab. 82 werden die ge-
normten Festigkeitswerte wie-
dergegeben. Die Aluminium-
AlJlJ. 538. EinfinG von Eisenzusätzenauf die Festigkeits-
Mangan -Legierungen haben w('rt" von Alllmillium-)1:allgan-BJechen mit l,2%Mn
etwa 15 bis 30% höhere Festig- (nad] ALl;SUISSE [17]).

keitswerte als Reinaluminium


und liegen damit etwa zwi:,;chen Reinaluminium und einer Legierung
mit 1 % Mg. (Ein Magncsiumzusatz ergibt eine erheblich höhere Ver-
festigung als pin gleic·h großer Manganzusatz.)

Tabelle 81. Physikalische Eiyellschaftm von Aluminiwn-cllangan-LetJierungen


(ca. 1,2% llin)

Dichte \2,75 gjcm 3


Liquidustemp. I 654°C

Solidustemp. I 64300
I
Elastizitätsmodul . 6500-7000 kp/mm 2
Wärmeleitzahl 0,4-0,5 eal/ern s grd
Elektrische Leitfähigkeit 23-25 mjD. . mm 2
Tem pera turkoeffizient
des elektro Widerstandes 2,7.10- 3
Wärmeausdehnungszahl
20-100°C 23,8· 10-6 1/grd
20-200°C 24,7.10- 6 1/grd

44 Altenpohl, Aluminium
690 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

Tabelle 82. Mechanische Eigenschaften von Aluminium-Mangan-Knetlegierungen


Richtwerte

I Zugfestigkeit Dehngrenze Bruchdehnung


610
I Brinellhärte
Zustand aB G O.2
kpjmm'
kpjmm' kpjmm' 0/
I /0

Weich 9-11 4- 6 15-30 20-30


Preßhart I 10-14 4- 8 5-20 20-25
Halbhart 12-15 10-12 5-12 35-45
Hart 15-22 12-20 3- 8 40-50

4.24 Einfluß einer Barrenhochglühung


Das Gefüge von Stranggußbarren entspricht keineswegs dem Gleich-
gewichtszustand. Durch die Diffusionsträgheit des Mangans zeigt es
einmal eine starke Kristallseigerung, zum anderen ist der Aluminium-

wtJ um Wtl
Ka/fverIVrmungsgrad.94 % 90 80 70
B/echdicke 0,0 1 2 mm 3

l~~-~~~l--,-_~!~~

l-i
I

25 --ljJ
I I !
20 L........l--L-'-_-' I I
4!J

r:R1t1rnEfi@~
20600 0 C 400300 20600500400300 20600S00400300 20600500400300 20
- Warmwa/ztemperatur
Abh.539. Einfluß einer Barrenhochglühung sowie der Warmwalztemperatur auf die Festigkeitswerte
von weichgeglühten Aluminium-Mangan-Blechen' aus Stranggußharren abgewalzt. Weichglühung:
1 Stunde bei 500°C (nach ALUSUISSE [17]) .
• Zusammensetzung: BasismetalJ Reinaluminium 99,5%, (0,35% Fe, 0,15% Si) mit 1.2% Mn.
o _ . - 0 ohne Barrenhochglühung; • - - - . mit Barrenhochglühung (12 h 600°C).
Lit. S. 703] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 69f

Mischkristall stark an Mangan übersättigt, wobei der Dbersättigungs-


grad über den Querschnitt des Barrens je nach der lokalen Abkühlungs-
geschwindigkeit stark schwanken kann [22, 26 bis 29].
Werden Stranggußbarren nach Anwärmen auf 500 bis 550°0 warm-
gewalzt, so hat das daraus hergestellte Halbzeug ungünstige Eigen-
schaften (schwankende und relativ niedrige Festigkeitswede, grobes
Korn nach Weichglühen) [29]. em diese Nachteile auszugleichen, führt
man eine Barrenhochglühung bei 580 bis 630°0 durch [17, 28, 30 bis 371.
Eine Barrenhochglühung hat auf Dehnungswerte und Korngröße
von weichen Blechen einen sehr günstigen Einfluß. Die Festigkeits-
werte von Blechen aus hochgeglühten Barren zeichnen sich außerdem
durch eine bemerkenswerte Gleichmäßigkeit aus. Zwar sind die Festig-
keitswerte von Blechen aus nicht hochgeglühten Barren bei tiefen Warm-
walztemperaturen höher als von Blechen aus hochgeglühten Barren
Abb. 539). Dies ist auf den verfestigenden Einfluß des gelösten Mangans
zurückzuführen. Wegen der genannten Nachteile wird dieser Effekt tech-
nisch nicht ausgenützt (s. Abb. 542 u. 545).
Die Barrenhochglühung wird oft als "Homogenisiel'lUlgsglühung"
bezeichnet. Dieser Ausdruck sollte aber vermieden werden, denn in
Wirklichkeit tritt eine gewisse Heterogenisierung des Gefüges ein. Dies
geht aus Abb.540 hervor, welche erkennen läßt, daß der elektrische
Widerstand im Verlauf einer Barrenhochglühung bei 590°0 abnimmt,
was auf Ausscheidungsvorgänge zurückzuführen ist. Tab. 83 gibt die
Analysen der in Abb. 540 beschriebenen Legierungen an.
Abb.540 läßt erkennen, daß Zusätze von Eisen und Silizium den
Abbau der DbersättiglUlg des Mangans stark beschleunigen, wobei Eisen-
zusätze stärker wirken als Siliziumzusätze. Die Zusammensetzung "C"
entspricht einer häufig benutzten Legierung. Der Mangangehalt würde in
der Praxis allerdings eher bei etwa 1 % liegen.
In Abb. 541 erkennt man die bei der Barrenhochglühung auftretenden
Gefügeveränderungen. Diese sind doppelter Natur: Die stäbchenförmigen
oder scharfkantigen Einlagerungpn des Gußgefüges vergrößern sich und
bekommen runde Kont.uren (" Einformung") . Außerdem entstehen im
Korninnern zahlreiche neue feine Ausscheidungen, welche von den
ursprünglichen Gußkorngrenzen durch einen ausscheidungsfreien Saum
getrennt sind. Je nach der gewählten Temperatur der Barrenhoch-
glühung gibt es ein optimales Zeitintervall für die Barrenhochglühung.
Eine zu kurze Barrellhochglühung bringt das im Gußgefüge über-
sättigt gelöste Mangan noch nicht in seinen Gleichgewichtszustand.
Eine zu lange Barrenhochglühung ergibt eine zu starke Koagulation der
anfänglich feinen Ausscheidungen, speziell bei Temperaturen über ca.
590°0 (Abb. 541 bund 541e). Bei zu hoher Temperatur während der
Barrenhochglühung erfolgt außerdem eine partielle Auflösung einzelner

44*
692 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

Tabelle 83. Zusammen8etzung der Legierungen aus Abb. 540

Zusalnmensetzung in Ge,v.-~{,
Legierung
Mn .Fe Si Cu

AIMn A 1,28 0,003 0,002 0,0010


A' 1,28 0,003 0,002 0,0012
AIMnFe B 1,26 0,54 0,012 0,0040
B' 1,20 0,53 0,009 0,0025
AIMnFeSi C 1,26 0,53 0,20 0,0015
C' 1,24 0,50 0,21 0,0025
AIMnSi D 1,30 0,0015 0,20 0,0005
D' 1,26 I 0,0010 0,20 0,0015

4,5

8 ~ S ~ M • ~ .h~
Dauer der Barrenhochg/ü/lUng (590°C)
Abb. 540. Untersuchung der Entmischung des übersättigt gelösten Mangans während der Barren-
hocbglühung, durch Messung des spezifischen Widerstandes. Zusammensetzung der untersuchten
Legierungen s. Tab. 83 (nach M. K. B. DAY [19]).

intermetallischer Phasen, und die Entmischung des übersättigten iX-


Mischkristalls wird abgeschwächt [28, 29]. Die optimale Temperatur der
Barrenhochglühung für die Legierung AIMn liegt im allgemeinen bei
.590 bis 620 oe. Die notwendige Zeit zur Barrenhochglühung nimmt bei
Lit. S. 70:3] 4. Nicht aus härt bare Knetlegierungen

. ..

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r.0"0.
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600: 1
Ahb. 541a~f. Quersehliffe durch Glü~gefüge YOl1 Aluminium-l\Iangau-Stranggußbarren. Legierungen
mit 1,3% l\Tangan. O,2~6 Silizium, 0,4% Eisen (bei Probe b 0,5% EiBen) Ätzung lnit 10%iger H 3 P0 4
(bei Probe n nach DIx). Da, Gefüge der Abb. c. d, f ergibt nach Abwalzen und Weichglühen mit mehr
als 80 :Millutell A([fh~~izzeit fejlle~ Korn, daK Upfiige (ler Ahb. bund e mittleres Korn und dnsjenige
der Allb. a grobe, Kom (nach AI.USUISSE).
a) Gefüge vor Barrenhochgliihnng:; 11) Barrellglühtemperatur 630"C, Olühdauer 24 Stunden. An drr
Luft sehnen abgekühlt; c) Barrengliihtelllperatur 600"C, GJühdauer 4 Stunden. An der Luft sehnen
abgekühlt; tl) Barrenglühtemperatur 600'(; . GJühdauer 21 Stunden. An der Luft sclmell abgekühlt;
e) Barrenglühtemperatur 600 ce, Gliih"auer K~ Stunden, An der Luft ,chnell abgekühlt; f) Barreuglüh'
temperatur GOOeC, G1iihdauer 21 Stunden. Allmählich von 600°C bis auf 460'C abgekühlt. (Die hier,
brj ellt"ta!lilf~nell sehr feinen An~:-'.('heldllllgell"ind liehtwikroskopisc11 nicht ~ichtbar.)
694 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

Temperaturen zwischen 560 bis 630°0 mit zunehmender Temperatur


deutlich ab. Dies geht aus Abb. 542 hervor, welche zeigt, daß in dem
untersuchten Fall eine fünfstündige Barrenhochglühung bei 600 °0 gleich
wirkt wie eine 20stündige Barrenglühung bei 570 °0. Temperaturen über
620°0 werden auch darum selten angewendet, weil die Barren im Ofen
unter Umständen krumm werden und auch die Gefahr lokaler Anschmel-

5h

20h

570
Glüh fempera fur

1 :1,6
Abb. 542. Korngefüge von weichen Blechen, Legierung AIMn, aus Stranggußbarren
nach verschiedenen Hochglühungen !(ewalzt.
(Kaltverformung 92%, Weichglühbedingungen: Aufheizen innerhalb einer Stnnde auf 500"C)
(nach ALl'SUISSE [17]).

zungen oder starker Oxydation bereits zu groß wird. Die für die Barren-
hochglühung notwendige Zeit muß empirisch festgestellt werden und
hängt vom Barrenformat und Gießverfahren ab. Zum Beispiel wird oft eine
Barrenhochglühung angewendet, bei welcher die Barren 5 bis 8 Stunden
bei einer Temperatur von 600 bis 610 °0 gehalten werden (Aufheizzeit
nicht mitgerechnet).
Lit. S. 703] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 695

4.25 Verhalten der Legierung bei der Rekristallisation

Generell bewirkt ein Manganzusatz eine deutliche Erhöhung der Re-


kristallisationsschwelle, wobei das gelöste Mangan wesentlich stärker
wirkt als das ausgeschiedene Mangan [30, 38 bis 41].
Um bei einer Weichglühung von kalt verformtem Aluminium-
Mangan-Halbzeug ein feines Korn zu erhalten, sollte das im Guß anfäng-
lich in übersättigter fester Lösung vorliegende Mangan ausgeschieden
sein. Hierzu kommen hauptsächlich drei Verfahren in Betracht:
Hochglühung der Stranggußbarren.
Zwischenglühung der Warmwalzplatten.
Beschleunigung der Ausscheidung des Mangans durch kleine Zusätze
von Beryllium (0,05%), Magnesium (0,3%) oder Eisen (0,5 bis
0,65%).
Eisenzusätze sind besonders geeignet und werden daher in der Technik
hauptsächlich angewepdet.
Der starke Einfluß einer Barrenhochglühung auf die Rekristallisation
yon Aluminium-Mangan-Blechen geht aus Abb. 542 und Tab. 84 hervor.
Weiche Bleche mit weniger als ca. 100 Körnern pro mm 2 ergeben
beim Tiefziehen Orangenhaut. Man erkennt daher aus der Tab. 84 die
~otwendigkeit der Barrenhochglühung für Material, welches mit
normaler Aufheizgeschwindigkeit weichgeglüht wird (Aufheizen auf
ca. 500°0 in mehr als ca. 30 Minuten, wie es in konventionellen Glüh-
wrfahren üblich ist).

Tabelle 84. Kornzahlen von weichen Blechen aU8 der Legierung AlMn
(in einer Stunde au/ 500°0 au/geheizt)
(nach ALUSUISSE)

Kaltwalzgrad I Barren nicht Barren bei 600 oe


vor der Weichgliihung hochgeglüht hochgeg]üht
% (Kornzahl/mm ') (Kornzahl/mm')

60 20- 30 150-250
70 20- 30 300-600
80 30- 60 400-700
90 40- 50 400-700
95 100-150 400-700

Dagegen kann man bei Anwendung des Stoßglühverfahrens (Auf-


heizen auf 450 bis 550°0 in ca. 10 bis 150 s) auf die Barrenhochglühung
verzichten. Die Aluminium-Mangan-Legierungen gehören somit zu
derjenigen Gruppe von Legierungen, welche in der Korngröße auf die
Aufheizgeschwindigkeit beim Weichglühen empfindlich ansprechen [42].
Die Ursachen hierfür sind auf S. 339 abgehandelt.
696 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

In Abb. 543 wird der Einfluß des Eisengehaltes sowie einer Zwischen-
glühung beschrieben.
Zur Erzielung eines feinen Korns empfiehlt es sich, bei der Legierung
Al-Mn die Weichglühtemperatur genügend hoch zu wählen (ca. 460 bis
520°0), bei niedrigerer Weichglühtemperatur entsteht ein gröberes
Gefüge, da nur relativ wenige Rekristallisationskeime wachsen.

"" 1: 1
Abb.543a-d. Gefüge von weichen Alliminium-Mangan-Blechen, die unter verschiedenen Ver-
arbeitllngsbedingungen hergestellt wurden (nach AL USUISSE).
a) Warmwalzplatte mit Zwischengliihung gewalzt·; 0,58% Fe; b) Warmwalzplatte auf Enddicke
kalt abgewalzt; 0,58% Fe; c) Warmwalzplatte mit Zwischenglühung gewalzt'; 0,35% Fe; d) Warm-
walzplatte auf Enddicke kalt abgewalzt; 0,35% Fe.
• Zwischengliihung (bei 5 mm PlaUentlieke) 1 Stunde bei 550°0.
Barrenhochgliihung: 580 °0, 72 Stunden
Bleehweiehgliihtempera tnr: 500°0;
Aufhei"zeit: 6 Stunden.

P. A. BECK und Mitarbeiter sowie P. R. SPERRY vertreten die An-


sicht, daß fein verteilte submikroskopische manganhaltige Ausscheidun-
gen bei der Legierung die Verlangsamung von Korngrenzenverschiebun-
gen im Verlauf der Rekristallisation bewirken, s. S. 363 und 698 [31,
33, 35].
Man erkennt in Abb. 544, daß nach Barrenhochglühung die Rekristalli-
sation, je nach Kaltwalzgrad, bei um 50 bis 100 grd niedrigeren Tempe-
raturen einsetzt. Dies ist auf den Abbau des übersättigt gelösten Mangans
oder auf eine Vergröberung der Ausscheidungen zurückzuführen.
Lit. H. 703] 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 697

P. LELONG und Mitarbeiter empfehlen, die z. B. bei 630°0 hoch-


geglühten Barren nochmals bei ca. 450 bis 500 °0 zu glühen [28). Statt
dessen kann man die Barren nach der Barrenhochglühung langsam bis auf

'\
600
oe .~
550
~
\
I--- -~
~ '" "'-"'-
~ ~~,.
350
~ '~~
~
~

~nt/~ (6'OO:!12h) ,I
300
I
o 10 20 30 40 50 60 70 80 90 %100
Kalfverformungsgrad
Abb.544. Rekristallisutiunsgrenze vun Aluminiultl·Mangan·H!echen aus hochgeglühten und nicht
hochgeglühten Barren. Dauer der Endglühung: 1 h. (nach ALUSUISSE [17).
Probematerial: Bleche aus Stranggußbarren hergestellt. Weichglühung bei 500 bis 520°C/l h. Auf-
heizdauer: '/, h. Blechdirke 1 mm bei 90°;, Kaltwalz!Zrad, bzw. 0,5 mm bei 95% Kaltwalzgrad.

280
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I I
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80
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..J:!j!::::..~6oO"f--
40 ,
---i"-------
-t--- -..,... .
I I
..+.
500 T 400 i ~f'1T , I
5s 1mln 5mln 1h sh 15h 4sh 100200h
Glühdauer
Ab". [)M,. mnflufl von Zeit nnd Telllperatnr ,Ier Weichgliihung VOll kaltgewalzten Aluminiulll·Mangan·
Blechen anf die Korngröße (nach P. LELONG 11. Mitarb. [28]).
LegierungszllRammensetzung: Fe 0,49%; Si 0,11 %; Cu 0,10; Mn 1,06~u.
- ohne Barrellhorhgliihllng gewalzt;
lIarren zunächst 41l :-;tnnden hei 6:30 ~C, HllRchließend 48 Stunden bei 500'(' geglüht.

t'a. 460°0 abkühlen und dann warmwalzen. Beide Manipulationen er-


geben die zusätzliche Ausscheidung von ternären und quaternären inter-
metallischen Phasen (AIMnFe und AIMnFeSi), wobei diese feindispersen
698 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

Ausscheidungen bezüglich Kornverfeinerung und Steigerung der Festig-


keitswerte besonders wirksam sind. Dann können bei der Weichglühung
des Endproduktes sogar Aufheizzeiten von mehreren Stunden angewen-
det werden, ohne daß die Kornzahl unter 150 Körnerjmm 2 absinkt, was
für die Glühung schwerer Bandbunde wichtig ist .

..."' •.' .
. . ' ,.......'.. .,...... ..
. ...,-
~,

', ',
.' ..

..
• ~" ~ •• 1 ' , 111 0.. : ... .
. • ' ... J .
. .'
'.

..
.... '
'.
,

.
3000:1
Abb. 546. Elektronenmikroskopische Durchstrahlaufnahme von weichgeglühtemAluminium-Mangan-
Bi echo Verankerung der Korngrenze an manganhaitigen Ausscheidungen (nach P. LELONG [10]).

P. LELONG und Mitarbeiter haben die Auswirkungen dieser fein ver-


teilten Ausscheidungen genauer untersucht. In Abb. 545 erkennt man
den Einfluß einer Barrenhochglühung mit anschließender Ausscheidungs-
glühung bei 500°C auf die Korngröße nach Weichglühung. Man erkennt,
daß Bleche aus Barren, die ohne Barrenhochglühung warmgewalzt
wurden, zu Kornwachstum neigen, sobald die gesamte Glühbehandlung
länger als 5 Minuten dauert. Dies ist insbesondere bei tiefen Glüh-
temperaturen (ca. 400°C) sehr ausgeprägt.
Dagegen ist die durch eine geeignete thermische Vorbehandlung der
Walz barren erreichte feindisperse Ausscheidung bei Glühtemperaturen
Lit. S. 703J 4. Nicht aushärtbare Knetlegierungen 699

bis zu 500°C stabil und vermag ein Kornwachstum völlig zu unter-


drücken. Erst bei höheren Glühtemperaturen (wie z. B. 600°C) lösen sich
die feinen Ausscheidungen wieder auf, und ein gewisses Kornwachstum
kommt in Gang. Im übrigen veranschaulicht die Abbildung deutlich,
daß beim Stoßglühen (Glühzeit maximal 5 Minuten) unter Anwendung
von genügend hoher Temperatur auch ohnc spezielle thermische Vor-
behandlung der Walz barren ein feines Korn erzielt werden kann. Nach
den Ergebnissen von P. LELONG und Mitarbeitern sowie von P. A. BECK
und Mitarbeitern erreicht die Kornverfeinerung ein Maximum, wenn die
Ausscheidung einen gewissen kritischen Dispersionsgrad hat [28, 31].
Dann bleibt die wandernde Korngrenze an den ausgeschiedenen Par-
tikeln hängen, was in Abb.546 auf Grund einer elektronenmikrosko-
pischen Aufnahme veranschaulicht wird.

4.26 Einfluß weiterer Legierungszusätze auf die Eigenschaften der


Aluminium-Mangan-Legierungen
4.261 ll'Iagncsium. Bereits ein kleiner Magnesiumzusatz von 0,3%
ergibt nach der Weichglühung em wesentlich feineres Korn und ver-

A1Mn

AIMn
mit Zusatz
von 0,3% Mg

15 30 60 min
Aufheizdauer

1:2
Abb.547. Einfluß der Aufheizdauer auf die Korngröße weichgeglühter Aluminium-Mangan-Bleche
mit und ohne MagnesiuIllzusatz (0,3%) (nach ALUSUISSE).
Bleche 0,6 II1Ill dick, aus Stranggußbarren ohne Barrenhoehglühung hergestellt, Warmwalztempera-
tur 530'C, KaltverforIllungsgrad 95%, Glühung 1 Stunde bei 500'C.

ringert bei höfnren Glühtemperaturen die Neigung zum Kornwachs-


tum 1 [17]. Auch bei Legierungen mit Magnesiumzusatz wird der starke
~~infiuß der Aufheizzeit auf die Korngröße beobachtet (Abb. 547). Vor-

1 Ein gewisser Nachteil der Magnesiumzusätze zu AIMn-Legierungen liegt darin,


daß dadurch Glühverfärbungen begünstigt werden.
700 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703

aussetzung zur Kornverfeinerung durch den Magnesiumzusatz ist das


Einhalten einer möglichst hohen Warmwalztemperatur (s. Tab. 85). In
Tab. 86 ist der Einfluß des Magnesiumgehaltes auf die Festigkeitswerte
deutlich zu erkennen. Es ist dazu zu bemerken, daß bei der vergleichsweise

Tabelle 85. Einfluß der Warmwalztemperatur auf die Korngröße weicher 1 mm-Bleche
aus einer Aluminium-Mangan-Legierung mit 0,3% Mg. Kaltverformungsgrad 90%;
Weichglühen bei 500°0 (2 h); Aufheizzeit 2h
(nach ALUSUISSE)
Zug· Bruch-
Warmwalz-
temperatur
Korn- festigkeit I Dehngrenze I dehnnng Brinellhärte
gefüge aB G O• 3
a" kp/mm'
'0 I kp/mm' I
kp/mm' %
495
533
grob
mittel
I 12,9
12,3
4,6
4,2
26
27,5
34
33
570 fein I 12,4 4,2 32,5 33

Tabelle 86. Festigkeitswerte von Aluminium-Mangan-Legierungen mit variablem


Magnesiumzusatz (nach ALUSUISSE)
I I Zug- Bl'1lch-
Dehn-
festig- deh- Brinell-
Mg I Mn / Si Fe I Qualität keit
aB
grenze
G O.8
nung
d
härte
kp/mm'
kp/mm'
kp/mm' %

I
I
hart 22,4/ 20,3 3,6 51 )
- 1,51 0,12 0,24 ge~~ssene
weich 11,1 5,6 34,3 28
Werte an Ver-

I
hart 27,1 I 25,0 3,1 63 } suchslegie-
0,29 1,50 0,11 0,19
weich 13,2 7,0 27,6 35
rungen der
hart 28,9 26,8 4,1 73 ALUSUISSE*
0,47 1,50 0,12 0,23
weich 14,6 7,4 24,5 39 )J GarantIerte
.
hart _ 28,8 25,2 5 77 I Mindestwerte
0,8-1,3 1,0-1,5 0,3 0,7
weich 18;2 7,0 20 45 i
der US-Legie-
J rung 3004**
* 1510 an Rundstäben gemessen ** 155 an Blechproben gemessen

angegebenen US-Legierung 3004 der Mangangehalt eher an der unteren


Grenze des angegebenen Bereichs liegt. Außerdem sind bei der Legierung
3004 die durchschnittlichen Festigkeitswerte mindestens 10% höher als
die angegebenen Minimalwerte." Da die magnesiumfreien Aluminium-
Mangan-Legierungen (z. B. US-Legierung 3003) zur Erzielung eines
feinen Korns nach Weichglühung die relativ kostspielige Barrenhoch-
glühung benötigen, hat man neuerdings in USA die Legierung Aluminium-
Mangan teilweise durch AIMgMn-Legierungen ersetzt, z. B. durch die
Legierung 3105, welche etwa 0,5% Mn, 0,5% Mg und einige Zehntel-
prozent Kupfer enthält. Diese Legierung kann aus Schrott erschmolzen
und ohne Barrenhochglühung verarbeitet werden, was gegenüber der
Lit. S. 703] 4. :\icht aushärtbare Knetlegierungen 701

Legierung ADln eine merkliche Ko~ten~enkung ergibt. Die Legierung


3105 erreicht etwa clie gleil'henFe~tigkeitswerte wie die Legierung AIMn
(3003): allerdings begünstigt der lVIagnesiumgehalt eine leichte Grau-
färbung bri der \Veiehglühung. wdche aber durch Sehutzgasglühung ver-
mieden werden kann.
Schließlich ist auch die Legierung Al:\Ig 1 (US-Legierung 5005) als
Ersatz für we Legierung A1:\ln herangezogen worden, um ein feines Korn
ohne Barrenhoehglühung zu erhalten .
.Tedoch ist die Verformungsverfestigung clieser Legierung bereits
merklich größer. als bri der Legierung AllVIn.
Die US-Legierung :1004 mit ca. je 1 % Mn und Mg weist eine gute
Schweißbarkeit auf und wird vielfach für die Herstellung von tiefgezoge-
nen oder geschweißten Dm;en aus Band oder von geschweißten Rohren
sowie für andere Zwecke eingesetzt, bei denen Festigkeitswerte erwünscht
sind, welche bereits merklich höher liegen als bei der Legierung AIMn.
Im übrigeIl verweitien wir auf 8. 656 u. 657.
4.262 Kupfer. Die Festigkeitswerte von Aluminium-Mangan-Legie-
rungen werden durch einen Kupferzusatz (0,05 bis 0,5%) merklich ge-
steigert. Dagegen wird die Korrosionsbeständigkeit schon durch einen
Kupfergehalt von 0,1 % deutlich verschlechtert. Jedoch gibt es Anwen-
dungsfälle, bei denen dies nicht stört (z. B. lakiertes Material). oder bei
denen lediglich schwache Oberflächenkorrosion auftritt.
4.263 Zink. Zinkzusätze bis 0,5% haben weder auf die mechanischen
Eigenschaften noch auf da~ Korrosionsverhalten von Aluminium-
Mangan-Legierungen einen merklichen Einfluß.

4.27 Anwendnny der Aluminium-Mangan-Legierungen,


Korrosionsbeständigkeit
Die Legierung AIMn kann auf Grund ihrer guten Korrosionsbestänclig-
keit im Kontakt mit Lebensmitteln ohne besonderen Oberflächenschutz
zugelassen werden. so daß diese Legierung in starkem Maße zur Her-
stellung von Haushaltsgeschirr und Behältern aller Art für clie Lebens-
mittelindustrie eingesetzt wird. Dünne Bänder (Dicke 0,05 bis 0,12 mm)
werden vielfach zu flachen Schalen verformt, welche zur Verpackung von
Lebensmitteln di8n8n. Die Legierung A1:\1"n wird auch in der Architektur
verwendet, z. B. zur Dachdeckung oder für Fassadenverkleidungen.
::Ueistens verwendet man die Legierung ohne Aufbringung einer Eloxal-
schicht, da, der8n Aussehen stark VOll der thermischen Vorgeschichte des
}\Taterials abhängt: Liegen manganhaltige feinclisperse Ausscheidungen
vor, so tritt eine deutliche Verfärbung der Eloxalschicht a,uf. Diese kann
lokal stark :-;ehwanlmn, speziell wenn das Material ohne Barrenhoch-
702 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 703]

glühung verarbeitet wurde. Ist die thermische Vorgeschichte des Mate-


rials so, daß die manganhaitigen Ausscheidungen eine gewisse Größc
erreicht haben, ·so sind die Eloxalschichten in ihrem Aussehen gleich-
mäßig und weitgehend klar [46J.
Die durch den Mangangehalt bewirkte Erhöhung der Rekristalli-
sationsschwelle ist bei manchen Endprodukten erwünscht, z. B. falls
Bleche oder Bänder durch Einbrennen lackiert werden. Hierfür wendet,
man oftmals Temperaturen zwischen 150 und 250°C an, Behandlungs-
dauer ca. 1 bis 10 l\1lnuten. Die Legierung AIMn erweicht in diesem Tem-
peraturbereich langsamer als der
Legierungstyp AIMg oder Rein-
aluminium. Außerdem fällt der
BQ I----I--f--- Legierungstyp AIMn durch sein
günstiges Verhalten bei der
Lackvcrankerung auf. Auch hie-
rin ist der Legierungstyp AIMn
den magnesiumhaitigen Legie-
rungstypen überlegen (da an der
Oberfläche befindliches Magne-
siumoxyd dic Lackverankerung
generell verschlechtert, auch
nach Aufbringung einer Phos-
o 1 2 h 3 phatjChromat-Grundierung).
Einwirkungsdauer Teilweise werden Aluminium-
Abb. 548. Korrosionsverhalten von Blechen aUR drei Mangan-Legierungen auch als
verschiedenen Legierungen in verdünnter Salzsäure
mit Zusatz eines Korrosionsinhibitors (Prüflösung : Plattierwerkstoff bei kupfer-
Salzsäure von 22 bis 23 oe Beaume mit Wasser 1: 5 haitigen Legierungen eingesetzt
verdünnt, lnit einpffi Zusatz von "Brindiharz" *).
Prüfung bei Raumtemperatnr (nach ALUSUISSE). (MangangehaIt. meistens 0,6 bis
• Geschütztes l\Iarkenwort, s. a. DRl' 5J8315. ca. 1 %). Der Vorteil der mangan-
haitigen Plattierschicht gegen-
über einer Plattierschicht aus Reinaluminium liegt hauptsächlich
darin, daß die Eindiffusion des Kupfers aus dem Grundmetall in die
Deckschicht aus Aluminium-Mangan verzögert wird, so daß die Schutz-
wirkung der Plattierschicht auch nach mehrfachen Glühungen erhalten
bleibt.
In einer Reihe von Korrosionsmedien schneidet die Legierwlg AIMn
günstiger ab als Reinaluminium. In Abb.548 wird dies am Beispiel
einer verdünnten Salzsäurelösung mit Zusatz eines organischen Inhibi-
tors gezeigt, wie diese zur Kesselsteinentfernung verwendet wird.
In einer Reihe von Ländern (z. B. Frankreich oder USA) wird die
Legierung AllVIn darum an Stelle von Reinaluminium zur Herstellung
von Küchengeschirr verwendet, da bei der Legierung AIMn unter Ein-
wirkung von schwach kupferhaltigem Wasser Lochfraß (" pitting") weniger
Literatur zu Kapitel C 4.2 703

lcicht auftritt als bei Reinaluminium. Bei manchen Korrosionsversuchen


schneiden aber die beiden Werkstoffe annähernd gleich gut ab, z. B.
bei atmosphärischer Korrosion oder bei Einwirkung von Seewasser.
Besonders gut verhält sich die Legierung AINIn in leicht alkalischen
Korrosionsmedien : Zwi8chen pH = 5 und etwa pH = 10 bildet sich eine
dunkel gefärbte hydrati8che Oxydschicht von ca. 1 bis 2 [Lm Dicke,
wclche oftmal8 das ll'Iaterial vor weitcrem Korrosionsangriff schützt.
Das günstige Korrosionsverhalten der kupferfreien Legierung AIMn
wird hauptsächlich auf z,vei Faktoren zurückgeführt:
Ab bindung des Eisengehaltes in einer das Korrosionsverhalten weniger
ungünstig beeinflussende intermetallischen Phase, verglichen mit
dem Ausscheiclllng,.;zustand cli8ses Elementcs im Reinaluminium
[48].
Durch den Mallgangehalt. wird eine korrosionshemmende Deck-
schicht auf der Oberfläche erzeugt [49].
Will man die Korrosionsbeständigkeit der Legierung Aluminium-
Mangan weiter steigern, so empfiehlt sich die Verwendung von Reinst-
aluminium unter Zusatz von Elektrolyt-Mangan. Diese Legierung eignet
sich auch zur HochglanzeJoxierung und somit zur Herstellung aus-
gcsprochen dekol'atlvE'l' Enclprodukte [43, 44, 45, 50].

Literatur zu Kapitel C4.2

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[Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 705

5. Aushärtbare Knetlegierungen

5.1 Aluminium-Kupfer-Magnesium-Legierungen
Von D. Altenpohl, Zürich

5.11 Geschichtlicher Hinweis

Der Legierungstyp AICuMg ist im Jahre 1906 durch A. WILlU ent-


deckt worden [1].
Die ursprüngliche Legierung enthielt ca. 0,5% Mg, 3,5 bis 5,5% Cu und
0.5 bis 0,8% Mn. (Reinheitsgrad des für die Legierung verwendeten
Reinaluminiums: ca. 99,0% Al). 45~
--r---.---r--r----r---r--.
Die Wichtigkeit der Entdek- ep/mm2
kung von A. WILM für das Er- :t: 4O~:==::::=~~~::=t=;;;.1~:;~~=--c
reichen hoher Festigkeitswerte ~ / /-
~ """"",/
wird durch Abb. 549. veranschau- ~ 351---iL-----l-::.-I-_~~~;;:-+A
licht.. Durch Aushärten der Legie- ~
rung AICuMg erhält man hohe '" 30
8
Werte von Zugfestigkeit und ~
Dehngrenze. Diese sind nach ;§ i?' 25
Kaltaushärtung mit einer relativ ~ 201---1-----
hohen Bruchdehnung von etwa
20% kombiniert. Eine so günstige
Kombination der .Fe;;tigkeits-
kennwerte kann durch Kaltver-
formen nicht erreieht werden.
Die Weiterentwicklung der
AICuMg-Legierungen hat zu-
näehst hauptsächlich in Deutsch- 101--+--
land stattgefunden [2 bis 4]. Be-
reits einige Jahre na eh der Ent- 5L--~--L-~--L_~--Lc-
0.1.7 0.33 1 2 4 10
deekung von A. 'VIEH wurde die Auslagerdauer
Legierung unter dem Namen Abb. 5M). Veränderung der Festigkeitswerte von
AICu)Ig2·Blechen im Verlaufe der Aushärtung
,.Duralumin" 1 fabriziert und ab bei vemchiedenen Auslagerternperaturell
1914 z. B. zum Bau der Zeppelin- (nach P. HRENNElt [102]).
-----175'C _.-.- UO'C
Luftsehiffe benutzt. - - - 160'C ------ 20'C
Späterhin wurden die AICu-
}1g-I~egierungen in einer Reihe von Ländern weiterentwiekelt, vor allem
in den USA.
Neuerdings ist die Bedeutung der Legierung AICuMg eher rück-
läufig. Zur Erzielung mittelhoher Festigkeitswerte dominiert heute am
1 Geschütztes Markenwort der Dürener Metallwerke.

45 AUenpohl, Aluminium
706 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

ehesten die warmausgehärtete Legierung AIMgSi1, welche aber wesent-


Ijc·h korrosionsbeständiger ist als die Legierung AICuMg. - Werden hohe
Festigkeitswerte verlangt, so verwendet man heute vermehrt Material
aus AIZnMgCu-Legierungen.
Trotzdem werden wir auf die Legierung AICuMg gründlich eingehen.
Keine andere Aluminiumlegierung ist so eingehend untersucht worden:
die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind für das Verständnis der bei
der Verarbeitung von aushärtbaren Legierungen auftretenden Probleme
von allgemeiner Bedeutung.

5.12 Legierungszusammensetzung

5.121 Übersicht. Der Legierungstyp AICuMg wird ausschließlich für


Knetlegierungen eingesetzt. 1 Die drei wichtigsten AICuMg-Legierungen
sind in Tab. 87 aufgeführt. Die Legierung AICuMg 1 nach DIN 1725 ent-
spricht noch weitgehend der WILMschen Legierung (mit Ausnahme des
Siliziumgehaltes). Die nächste Entwicklungsstufe der Duralumin-
Legierungen war der Typ AICuMg2, bei dem zur Erhöhung der Festig-
keitswerte der Magnesiumgehalt heraufgesetzt wurde. Diese Entwicklung
setzte Anfang der Dreißiger Jahre ein. Die Legierung AICuMg2 ist
schwieriger herzustellen als AICuMg 1 und braucht verfeinerte Methoden
in der Gießerei und bei der Halbzeugherstellung.
Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Festigkeit der Dur-
alumin-Legierungen ergibt sich durch Erhöhung des Siliziumgehaltes.
Aus dieser Erkenntnis wurde die US-Legierung 14 S (heute 2014) ent-
wickelt, die bei Raumtemperatur nur wenig aushärtet. Sie gehört zu den
warmaushärtbaren Legierungen.
Heute konzentriert sich das Interesse in Europa und Amerika auf
die Legierung AICuMg2 (DIN) bzw. 2024 (USA), die meistens kalt aus-
gehärtet verwendet wird. Durch das Auftreten höherer Temperaturen in
der modernen Luftfahrt kann allerdings in USA ein erneutes Interesse
an der warm ausgehärteten Legierung 2014 festgestellt werden. In der
Abb.549 wird ebenso wie in Tab. 88 gezeigt, daß bei der Legierung
AICuMg durch Warmaushärten wesentlich höhere Dehngrenzenwerte
erreicht werden als durch Kaltaushärten, allerdings auf Kosten der Bruch-
dehnung.
Schließlich soll noch auf Abarten der AICuMg-Legierung hingewiesen
werden, für welche in Tab. 89 einige Beispiele wiedergegeben sind:

1 AICuMg-Legierungen werden nicht als Originalgußlegierungen hergestellt,


sondern kommen höchstens als Umschmelzgußlegierungen vor (Flugzeug·Schrott).
Die Aluminium-Kupfer-Gußlegierungen sind magnesiumfrei und enthalten Titan
zur Kornfeinung oder Silizium zur Verbesserung der Gießbarkeit. Magnesiumhaltig
sind die AICuNi-Legierungen und ausnahmsweise AICuTi·Legierungen.
Lit. H. 7;'iIl ii. Aushärtbare Knetlcgierungen 707

Für Xietdraht verwendet man ein niedrig legierte:,; Material (AICu~rg


0,15), um eine gute Verformbarkeit zu gewährleisten.
Für Karosseriebleehe wird z. B. in Frankreich eine AlCuMg-Legie-
rung mit herabgesetztem Kupfergehalt (ca. 2%) verwendet.
Zur Erzielung einer guten Warmfestigkeit wird Nickel zur AlCu::\Ig-
Legierung zugegeben [33]. Diesbezügliche Legierungstypen wurden vor
allem in England entwickelt (Y-Legierung bzw. RR-Legierung) [6, 7].
Als weitere warmfeste Speziallegierung ist noch die US-Legierung
2020 zu erwähnen, in welcher das Magnesium durch Lithium (0,9 bis
t,7%) und Kadmium (0,10 bis 0,35%) ersetzt wurde unter Beibehaltung
des für AICuMg typischen Kupfer- und Mangangehaltes. Diese Legierung
weist im Temperaturbereich um 150°C eine wesentlich bessere Warm-
festigkeit auf als die AICuMg-Legierungen (s. Tab. 54, S. 567). Vorläufer
der Legierung 2020 waren Legierungen mit Zinnzusätzen. Zinn-
zusätze verlangsamen die Kaltaushärtung und bewirken eine gleich-
mäßige Warmaushärtung innerhalb des Gefüges. (Rückdrängung der
bevorzugten Ausscheidung an Korngrenzen und GIeitlinien).
Bereits Zinnzusätze von 0,005% haben eine deutliche Wirkung,
obwohl im allgemeinen einige Hundertstel % zuge&etzt werden. Die Zinn-
zusätze bewirken nach Warmaushärtung eine auffallend hohe Dehn-
grenze, jedoch nur, wenn die Legierung kein Magnesium enthält (typische
Legierungszusammensetzung: 4,4% Cu, je 0,8% Mn und Si). Sobald der
MagnesillmgehaIt die~.;eT' Legierung über 0,005% beträgt, werden die

Tabelle 87. Typische AlOuMg-Knetlegierungen


I. Vergleich der Typcnbezeichnungen

Her- I Deutsch- I :Frallk- Eng-


,teller- , lanu rSA Kanada I Schweiz TPkh land
Land: I Aus-
--------------------- . - - - - - - - - härtlmr:
I
I .LLA.
X()rm: DI~ IALCAK! VS1\I AFNOR B.S.
I
neu I alt I I

1. AICu8ilVln 2014 14S 268 AICu1Mg A-U48G H ... 15 warm


2. AlCuMg1 2017 178 178 AICuO,5 Mg A-U4G H ... 14 kalt
a. AICu~Ig2 2024 24R 248 ca. AICu1Mg A-lT401 kalt
(teilw
warm)

11. Zusammensetzung (DIN 1725, BI. 1)

Legierungskomponenten in %
m1\"-
" ----------
Kurzzeichen : I
Cu Si Mn Mg Zn Fe Ti Cr
I I I t I
I
1. AICu8iMn 13'9-5'° 1°,5-1,2 0,4-1,2 0,2-0,8 <0,~51 /1,0 <O,1fi l <0,1
2. AlCuMg1 3,5-4,7 0,:-~,8 0,3-1,0 0,4-1,0 <_ 0,,) , ' ~0,7 <0,2 I <0,1
:1. Al~n;Hg2 3.8---4,9, . 0,.) 0,3-1,1 1.2-1,8 < O.fi ! ._ 0,5 <0,2 ! <.0.1
1

45*
708 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Tabelle 87 (Fortsetzung)
IU. Mechanische Eigenschaften (Bleche, Bänder) (nach DIN 1745)

Dicke Zug- Dehn-Bruch- Brinell-


Kurzzeichen festig- grenzedeh- härte
mm keit nung RB'
(für Werkstoff- nnd
". ""
0'0'8
Festigkeits- Zustand (IB
kp/mm' kp/mm'
eigenschaften) 1 kp/mm' minde- % Un-
Blech Band minde- stens minde- gefähr-
stens steus werte

A ICuMg1 w weich bis 6 bis 3 ~22 - 114 12 -


AICuMg1 F 40 kaltausgehärtet 1 bis 10 1 bis 3 40 27 15 13 100
AlCuMg1 F 38 kaltausgehärtet über 10 bis 20 - 38 24 114 12 90
A ICuMg1 F37 kaltausgehärtet über 20 bis 30 - 37 23 12 11 90
AICuMg1 pI w 3 weich bis 6 bis 3 ~21 - 14 12 -
A ICuMg1 pI F 37 3 kaltausgehärtet 0,3 bis 0,6 0,3 bis 0,6 37 24 15 13 -
A ICuMg1 pI F 39 3 kaltausgehärtet über 0,6 bis 6 über 0,6 bis 3 39 26 16 14 -
A ICuMg2 w weich bis 6 bis 3 ~25 - 14 12 -
A ICuMg2 F44 kaltausgehärtet 1 bis 6 1 bis 3 44 29 14 12 110
A ICuMg2 F43 kaltausgehärtet über 6 bis 10 - 43 28 12 10 110
AlCuMg2 F41 kaltausgehärtet über 10 bis 20 - 41 26 10 8 110
AICuMg2 F 39 kaltausgehärtet über 20 bis 40 - 39 24 9 7 105
AICuMg2 pI w 3 weich bis 6 bis 3 ~24 - 14 12 -
AICuMg2 pI F 41 3 kaltausgehärtet 0,3 bis 0,6 0,3 bis 0,6 41 27 14 12 -
AlCuMg2 pI F 43 3 kaltausgehärtet über 0,6 bis 6 über 0,6 bis 3 43 28 15 13 -
1Kurzzeichen und Zusammensetzung des Werkstoffes nach DIN 1725, BI. 1.
2Härteprüfung nach BRINELL nach DIN 50351. Möglichst ist P = 10 D2 an-
zuwenden. Die Werte sind für die Abnahme nicht bindend.
3 Plattierung am fertigen Blech oder Band für Nenndicken bis 2 mm: mindestens
4% der Nenndicke beiderseits; über 2 bis 6 mm: mindestens 2% der Nenndicke
beiderseits.

mechanischen Eigenschaften wieder stark verschlechtert. Der schädliche


Einfluß einiger Hunderstel % Mg kann jedoch durch den Zusatz von
0,05% Cd kompensiert werden, so daß man die wünschenswerten hohen
Dehngrenzenwerte wieder erhält [70, 98].
Untersuchungen von H. K. HARDY [23] haben gezeigt, daß kleine
Zusätze von Kadmium oder Indium bei einer Legierung aus Aluminium
mit 4,5% Cu et.wa ähnlich wirken wie kleine Zinnzusätze. H. K. HARDY
kam zu dem Schluß, daß von den drei genannten Elementen vor allem
Kadmiumzusätze für eine Verbesserung der Warmaushärtbarkeit emp-
fehlenswert sind.
Die Untersuchungen, welche zur Entwicklung der Legierung 2020
führten, haben schließlich ergeben, daß außer Kadmium noch Lithium
zugesetzt werden muß, um eine gute Warmfestigkeit zu erzielen.
Zur Verbesserung der Zerspanbarkeit der AICuMg-Legierungen dienen
Zusätze von Blei und Wismut. Dies ergibt die "Automatenlegierungen"
AlCuMgPb oder AlCuPbBi.
t;
f'"
rn
-l
Tabelle 88. Einige typische Festigkeitswerte von AlOuMg-K netlegierungen für verschiedene Lösungsglüh- und Auslagerungstemperaturen Cl
(Bleche ca. 1 mm dick) (nach American Aluminium Association (AAA), ASM und ALUSUISSE) c:::;

Wärmebehandlung 1 Mechanische Eigenschaften'

Lösungsglühen' Kalt- od. Warmnuslagern Dehn- Zug- Dehnuug


Leg.-Bez.: I grenze festigkeit i Brinell-
I II härte HB
Go ,I! Gn "10
Temp. o/.
". 0/
oe Temp. 'e Dauer kp/mm' kp/mm ,0 ,0 kp/mm'
I I I I I ?
2024 (AAA) 488-499 RT 48 Std. 28,1 43,6 15 -
AICuMg2 488-499 185-196 11-13 Std. 35,1 45,0 5 -
(DIN)
l&
2014 (AAA) 496-507 168-174 8-12 Std. 40-41,5 45-47,1 6-7 - ~
AlCuSiMn
(DIN)
I
Versuchswerte ALUSUISE
Versuch 505 ±2 RT 4 Tage 30,5 47,0 29,0 23,5 130
ALUSUISSE: 505 ±2 160 (in Öl) 16 Std. 47,5 53,0 14,0 11,0 162
mit Avional25 4 505 ±2 RT, sowie 8 Tage, f
160 (in Öl) 16 Std. 47,5 53,0 14,0 10,0 159
480 ± 2 160 16 Std. 35,5 42,2 14,3 10,8 125
510 ± 2 160 16 Std. 46,5 50,5 14,0 8,0 152
1 Nach Metals Handbook. 8. Aufl., Bd. 1, Cleveland ASM 1961, S.938 u.940.
2 Dauer des Lösungsglühens < 1 Std. im Salzbad.
3 Nach "AAA Standards for Wrought Aluminium Mill Products", März 1960.
4 Entspricht AICuSiMn nach DIN 1725.
-:J
o
~
710 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Tabelle 89. Einige Abarten von AICuMg-Knetlegierungen

Legierungs· I Cu IMg I lIIn I Si Pb I lNi Go,! (JB


kp/mm' kp/mm'
~10
%
I

Verwendung
kurzzeichen (U ngefähre Gehalte in %)
I
AlCulVIgO,5 2,5 0,41 <0,2 <0,8 - - I Nietdraht

I
AlCulVIgPb 4,2 1,1 0,8 <1,0 1,0* - 25 38 8 Automaten·
bis legierung
3,0

S ohm iede
AlCuNi 4,0 1,5 - 0,5 - 2,0 32 42 10 legierungen L
thermische
AISiCuNi 1,0 1,1 0,2 12 - 1,0 28 36 4 Beanspru-
chung
AICuPbBi 5,8 - - 0,4 0,8t - 28 33 10 Automaten·
legierung
* Pb +Sn + +
Bi Cd + Sb
t einschl. 0,4% Bi

Wir können an dieser Stelle nicht auf die vielerlei Legierungsvarianten


eingehen, sondern beschränken uns im folgenden darauf, einige typische
AICuMg-Knetlegierungen zu erörtern. Diese Legierungen enthalten (nach
DIN 1725, BI. 1):
Cu 3,5 bis 5%,
Fe unter 0,8%,
Mg 0,2 bis 1,8%,
Mn 0,3 bis 1,2%,
Si 0,2 bis 1,2%.
Im folgenden wollen wir für diese Legierungsgruppe zunächst die aus-
härtenden Phasen und den Einfluß der einzelnen Legierungskomponenten
beschreiben.
5.122 Aushärtende Phasen. Die bei der Aushärtung auftretenden
Phasen sind abgesehen von der Temperatur und Dauer der Aushärtung
von der Zusammensetzung, d. h., dem Kupfer- und Magnesiumgehalt,
dem Mengenverhältnis von Magnesium zu Silizium sowie vom Eisen-
und Siliziumgehalt abhängig.
In technischen AICuMg-Legierungen wird bei niedrigen Magnesium-
gehalten als Gleichgewichtsphase vorwiegend Al 2Cu und bei höheren
Magnesiumgehalten die S-Phase mit der ungefähren Zusammensetzung
Al 2CuMg ausgeschieden (Abb. 550) [14, 25].
Meistens wird die Aushärtung der technischen AICuMg-Legierungen
der S-Phase zugeschrieben [14].
Nach H. K. HARDY und T. J. HEAL [26] treten bei der Aushärtung
der AICuMg-Legierungen folgende Ausscheidungsphasen auf:
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 711

GUINIER-PRESTON-Zonen aus Kupfer- und Magnesiumatomen auf


(100)-Flächen des Aluminiums,
Plattenförmige, teilweise kohärente S-Ausscheidungen,
Inkohärente Ausscheidungen der S-Phase.
D. A. PETROV [,27] und L. F. MONDOLFO [9] haben die Verbindung
Al 5Cu 2Mg 2 als Gleichgewichtsphase bei der Aushärtung von AICuMg
angegeben. Diese Verbindung
weicht in ihrer Zusammenset-
zung nicht stark von der 8-
Phase ab. In Abb.551 wird
ein Ausschnitt aus dem qua-
ternären System AICuMgSi ge-
geben.

Abi!. 550. Ausschnitt aus denl Ztl~talHb­


dia~ramm AICulHg. Isothermer Schnitt
bei 460'C. Die EJ.Phase hat die Zusam-
mensetzung AI,Cn, die S-Phase hat die
ungcfähre Zusamrnensetzung Al z Cul\fg
(nach Angaben von D ..T. STRAWBRlDGE, 0
W. IInfE-RoTHEHY 11. A. T. LI'l'TI;F, [riO]). Magnesiumgehalt

~ach L. F. MONDOLFO [9J ist das Verhältnis Mg:Si wichtiger als der
absolute Gehalt an Magnesium oder Silizium, und es sind folgende drei
Legierungs gruppen zu unterscheiden (Bezugsgrößen sind die Gehalte in
Gew.-%):
1. Mg:Si > 1,73, d. h. mehr Magnesium als der Zusammensetzung
Mg 2Si entspr]C'ht. Aushärtend wirkt hauptsächlich Al 5Mg 2Cu 2 evtl. gleich-
zeitig mit AI 2Cu.
2. Mg:Si ='" 1,73. Aushärtend wirkt Mg 2 Si und AI 2Cu.
3. Mg: Si< 1,73, d. h., mehr Silizium als der Zusammensetzung Mg 2Si
entspricht. Aushärtend wirkt in erster Linie Al 4 CuMg 5Si 4 und AI 2Cu.
Die Legierungsgruppen 1 und 2 erlangen die beste Kombination von
Eigenschaften durch Kaltaushärten, während Gruppe 3 nur durch
Warmaushärtcn optimale Festigkeitswerte erreicht. In allen drei Gruppen
können eine Anzahl weiterer Phasen auftreten, je nach dem Gehalt
und Verhältnis der Legierungselemente unter Einbezug von Eisen und
Mangan. L. F. MONDOLFO [9] sowie H. HANEMANN und A. SCHRADER
[10] geben hierüber erschöpfend Auskunft.
Wird eine Ausscheidungsglühung (Weichglühen bei 350 bis 420°C)
durchgeführt. so findet man je nach Legierungszusammensetzung eine
Reihe verschiedener ausgeschiedener Phasen. P. R. SPERRY [11] hat
'l:. TI. in der Legierung 2024 neben der festen Lösung sieben verschiedene
712 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Phasen festgestellt, nämlich AI 2Cu, AlaCuMg, MgaSi, AI 7Cu2Fe, AIsl\fn,


Al3 Fe und lX-AI(Mn,Fe)Si. Von diesen Verbindungen sind die drei
letzten instabil und können sich bei einer Wärmebehandlung durch
Reaktion mit der festen Lösung umlagern (z. B. in Al 7Cu 2Fe).
Im folgenden wollen wir den Einfluß der wichtigsten Legierungs-
komponenten kurz erörtern. Dieser ist heute prinzipiell geklärt (99 bis
1011·

Al 4 6 8 10
Siliziurnoef7ult
Abb. 551. System AICuMgSi, Schnitt durch die Aluminiumecke bei einem Kupfer·Gehalt von 50/0-
(nach L. F. MONDOLFO [9]).

5.123 EinHuB der einzelnen Legierungskomponenten. a) Kupfer-


gehalt. Der Kupfergehalt liegt in engen Grenzen fest (meist 4,0 bis
4,8% Cu), wenn möglichst hohe Festigkeitswerte erwünscht sind.
Wird der Kupfergehalt auf etwa den halben Wert erniedrigt, so behält
der Werkstoff auch nach Kaltaushärtung eine gute Verformbarkeit. Der-
artige Legierungen werden für Nieten (Legierung AICuMgO,5 nach
DIN 1725) und auch für Tiefziehbleche verwendet. Die französische
Legierung AU2G mit 2 bis 2,5% Cu erreicht nach Kaltaushärtung fol-
gende Festigkeitswerte: Zugfestigkeit 25 kp/mm 2 , O,2-Dehngrenze
18 kp/mm 2 , Dehnung 22%.1
1 Während des letzten Krieges hat man in AlCuMg-Legierungen teilweise
Kupfer durch Magnesium ersetzt, ohne daß dadurch die Festigkeit wesentlich ver-
ringert worden wäre [28, 29]. Bei Zusatz von ca. 2% Cu und etwa 2% Mg erhält man
günstige Werte. Der relativ geringe KupfergehaIt verlangsamt die Aushärtung.
Daher bleibt nach dem Abschrecken noch während einer gewissen Zeit eine gute
Verarbeitbarkeit des Materials erhalten.
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 713

b) Magnesiumgehalt. Der Magnesiumgehalt hat einen doppelten


Zweck: Magnesiumzusätze ergeben die Aushärtbarkeit bei Raumtempera.
tur und steigern die Geschwindigkeit sowie den Betrag der Aushärtung.
Da das verwendete Reinaluminium meist einen Eisengehalt von
0,2 bis 0,6% hat, ist es unbedingt notwendig, Magnesium in der Legie-
rung zu haben, um bei Raumtemperatur eine Aushärtung zu erhalten.1
Bereits 0,1 % Mg hat einen deutlichen Effekt. Meist werden Zusätze von
0,5 bis 1,5% Mg gemacht, wobei mit zunehmendem Magnesiumgehalt
die Festigkeitswerte ansteigen. Magnesiumzusätze von mehr als 1,5%
verschlechtern die Eigenschaften der Legierung, wahrscheinlich durch
die Bildung einer AICuMg.Ausscheidung von begrenzter Löslichkeit.
Der Mechanismus, durch welchen bereits kleine Magnesiumzusätze
die Aushärtung der Aluminium.Kupfer.Legierungen beeinflussen, ist
nach wie vor unklar. Diese Tatsache muß bei einer technisch so wichtigen
Legierung überraschen.
Zwei Ansatzpunkte, um die Wirkung des Magnesiums zu erklären,
sind die folgenden: .
I. In den älteren Untersuchungen wird die Wirkung des Magnesiums
der Bildung magne::liumhaltiger Ausscheidungen zugeschrieben.
H. Neuerdings wird auch die Wechselwirkung zwischen Magnesium-
atomen und Leerstellen in die Überlegungen mit einbezogen [30], in
erster Linie im Hinblick auf die Kinetik der Aushärtung.
Der starke Einfluß kleiner Magnesiumzusätze auf die Aushärtung geht
nicht nur aus den Festigkeitswerten, sondern auch aus den Messungen
der meisten physikalischen Werte hervor. Wie Abb. 362b, S.441 zeigt,
bewirken Magnesiumzusätze bei der Aushärtung eine anfängliche Ver-
längerung der Probe [22].
c) Siliziumgehalt. Siliziumzusätze dienen hauptsächlich dem Zweck,
Geschwindigkeit und Betrag der Warmaushärtung zu steigern (allerdings
unter einem gewissen Dehnungsrückgang) [14, 31, 32]. Solange der
Magnesiumgehalt unter 1 % liegt, steigert ein Siliziumgehalt von über
0,5% [14, 34, 35] die Festigkeitswerte beim Warmaushärten, wobei die
Kaltaushärtbarkeit erhalten bleibt [25]. Dies wird von D. A. PETROV
[27] auf die Ausscheidung von Mg 2Si zurückgeführt. Bei einem höheren
Magnesiumgehalt (z. B. 1,5% Mg) muß dagegen der Siliziumgehalt
möglichst tief gehalten werden, da nach Kalt. oder Warmaushärtung
die Festigkeit mit zunehmendem Siliziumgehalt absinkt [14]. Die Ur-
sachen hierfür sind anscheinend noch nicht eindeutig geklärt.

1 Eine Legierung aus Reinstaluminium mit 4% Cu härtet bei Raumtemperatur


aus, nicht aber dieselbe Legierung auf der Basis von Reinaluminium (wegen eines
inhibierenden Einflusses des Eisengehaltes auf die Aushärtung).
714 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. B. 751

Ein zu hoher Siliziumgehalt begünstigt bei Stranggußbarren großpr


Querschnitte aus der Legierung AICuMg2 die Rißbildung.
d) Ei8engehalt. Über den Einfluß des Eisengehaltes auf die Aushär-
tung von kupferhaItigen Legierungen sind viele Untersuchungen durch-
geführt worden, siehe z. B. [36 bis 44]. Bei AICuMg-Legierungen wurde
insbesondere der Einfluß von Eisengehalten zwischen etwa 0,2 und 1,3%
untersucht. Mit steigendem Eisengehalt wird die Aushärtungsgeschwin-
digkeit bei Raumtemperatur und bei höheren Temperaturen vermindert

~O,---,---,----,---,---.----,---.
Gew.-%

o 0,1S 0,10 0,1S 0,6YJ 0,75 Gew.-% 1,05


Eisengeho/f
Abb.552. Einfluß des Eisengehaltes einer AJuminium-Kupfer-Legierung (4.5% Cu) auf die Yertei-
Jung des KupfergehaJtes zwischen MischkristaJl und ternären AL,Cu,Fe-Ausscheidungen, ermittelt aus
Gitterkonstantenmessungen (nach H. Y. HUNSICKER [20]).

[43]. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei magnesiumfreien Alu-


minium-Kupfer-Legierungen. Sowohl im abgeschreckten als auch im
ausgehärteten Zustand werden mit steigendem Eisengehalt alle mecha-
nischen Eigenschaften, einschließlich des Formänderungsvermögens.
verschlechtert.
Der Grund ist darin zu sehen, daß mit zunehmendem Eisengehalt der
gelöste Anteil des Kupfers stetig abnimmt, wie aus Messungen der Gitter-
konstante hervorgeht. Dieser Befund erklärt sich durch die Bildung
einer ternären Ausscheidung Al 7Cu 2 Fe [45, 46]. Damit entzieht das Eisen
dem Mischkristall gelöstes Kupfer, welches deshalb für die Aushärtung
wirkungslos wird [39]. H. Y. HUNSICKER hat nachgewiesen, daß beim
Vergleich von Aluminium-Kupfer-Legierungen mit AICuFe-Legierungen
ein gleicher Aushärtungsverlauf gefunden wird, wenn bei letzteren
gern. Abb. 552 nur der gelöste Kupferanteil berücksichtigt wird [20].
Lit. 8. 751] .). Aushärtbare Knetlegierungen 715

Auch der Siliziumgehalt spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle,


weil die Phase Al12Fe 3Si offenbar eine größere Stabilität hat als die Phase
A1 7Cu 2 Fe [20]. Da in allen Legierungen Silizium als natürliche Ver-
unreinigung vorhanden ist, geht somit nur dasjenige Eisen eine Verbin-
dung mit Kupfer ein. welches nicht an Silizium gebunden ist [20].
Daher wird durch einen zunehmenden Siliziumgehalt die Grenze des
zulässigen Eisengehalte:,; in der Legierung erhöht [39].
Die Bildung ternärer Verbindungen ist nicht die einzige Einwirkung
des Eisengehaltes auf dic Aushärtung [27]. Der Eisengehalt bewirkt
generell eine Kornverfeinerullg und erzeugt außerdem feine Heterogeni-
täten im Gefüge: beides beeinflußt den Verlauf der Aushärtung [20].
Schließlich ist zu erwähnen, daß ein tiefer Eisengehalt bei AICuMg
(wie bei allen aushärtbaren Legierungen) der Duktilität der Legierung
zugute kommt, da das Eisen gemeinsam mit Mangan, Titan, Chrom und
Silizium relativ grobe Ausscheidungen bildet, welche eine Kerbwirkung
hervorrufen. Dies ist vor allem beim Gußgefüge deutlich festzustellen.
Daher ist neuerdings bei hochfesten Legierungen - speziell für Schmiede-
teile --- die Tendenz festzustellen, den Eisengehalt möglichst tief zu
haltel1.
e) .Nlangangehalt. Der Mangangehalt der Legierung AICuMg dient
dazu, die Rekristallisation bei der Lösungsglühung oder beim Strang-
preesen zu verzögern [43. 67]. Weiterc Einzelheiten siehe unter "Preß-
effekt" S. 733.
Außerdem erhöht der Manganzusatz die Festigkeitswerte (auch bei
Warmaushärtung) teils durch Legierungsverfestigung, teils durch die
erzielte Kornverfeinerung.
Der MangangehaIt. bewirkt eine Verzögerung und Abschwächung
der Warmaushärtung [66].
Ein Manganzusatz übel' 1 % ist schädlich, da die Verformbarkeit ver-
schlechtert wird, indem das Mangan zusammen mit Eisen in groben und
versprödenden Heterogenitiiten auftritt [48].

5. ] 3 Kurze Übersicht über A usgangsrnaterial und Verarbeitungsgang


hei der Herstellung von A lOuMg-Halhzwg

Die AICuMg-Knetlegierungen werden heute fast ausschließlich über


Strangguß verarbeitet, da die Festigkeitswerte daraus hergestellter
Bleche oder Profile höher und gleichmäßiger liegen als bei Kokillenguß
homogeneres Gußgefüge. Auch Strangguß enthält eine Reihe von relativ
groben Ausscheidungen (Abb. 553a und b) und weist oft starke Korn-
"eigerllng der Legierungselemente auf. Um bei der Legierung AlCuMg
716 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

eine gute Verformbarkeit (hohe Bruchdehnung) in Kombination mit


hohen Festigkeitswerten zu erreichen, muß das Gußgefüge durch Warm-
verformung geknetet werden
(Abb. 554). Im Anschluß an
die Warmverformung findet
insbesondere bei Blechen in
der Regel eine Kaltverfor-
mung statt.

5.131 Barrenwärmen vor


der Warmverformung. Die
thermische Vorgeschichte vor
der Warmverformung und die
Bedingungen bei der Warm-
verformung haben einen star-
ken Einfluß auf die Festig-
keitseigenschaften des End-
480:1
produktes [49]. Das Gußge-
füge von Walz barren wird
vor der Warmverformung
zweckmäßig einer längeren
Homogenisierungsglühung
ausgesetzt .1 Zweck dieses Glü-
hens ist die gleichmäßige Ver-
teilung der gelösten Zusätze
im Gefüge. Da die Diffusion
im Gußgefüge relativ träge
erfolgt, wird die gleichmäßige
Verteilung z. B. des Kupfers
nicht vollkommen erreicht,
so daß man auch nach stär-
kerer Verformung die Korn-
seigerung der einzelnen Guß-
240:1
körner noch erkennen kann
Abb. 553 a u. b. AlCuMg-Gußgefüge (Kokillenguß) (Abb.555). In dieser Hinsicht
(nach ALUSUISSE). verhält sich Strangguß we-
a) Quaternäres Eutektikum Al +Al,Cu +Mg,Si + AllIfnCu.
Dieses kann auch als aus zwei ternären Eutektika zu- sentlich günstiger als Kokil-
sammengesetzt betrachtet werden: Al + AI,Cu + Mg,Si (1) lenguß. Zwar hat der Strang-
und Al + AI,Cn + AlCuMn(2); b) AIl\1nSi(Fe)-Skelett-
kristall in der Nähe eines J,unkers. guß eine stärkere Kornseige-

1 Preßbolzen werden nur kurz angewärmt, da bei der langdauernden Hoch-


glühung das im Gußgefüge übersättigt vorliegende Mangan ausgeschieden würde.
Dies ist aber unerwünscht, wenn in den Preßerzeugnissen der festigkeitssteigernde
Einfluß des Preßeffektes ausgenützt werden soll.
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 717

rung, weist aber wegen der feineren Verteilung der Ausscheidungen we-
sentlich kürzere Diffusionswege auf, was ausschlaggebend ist (s. Abb.4 7,
S.55).
Außer einer Anreicherung der gelösten Legierungselemente in Fasern
(Abb. 555) tritt eine zeilenförmige 40
Anordnung der zertrümmerten He- kp/mmz

!I 'Z
terogenitäten des Gußgefüges auf Q,L
(Abb. 556). Beid es führt zu einer star-
=!::
~
.~ L'\.
r--
ken Richtungsabhängigkcit der me- J} 30 ..... I
chanischen Eigenschaften (außer bei ~ Q ' ,___ I II
den Härtewerten). ~~
~ L
Q,\V
~ 20 ';>..,O{JZ Q,L,
'=:--
Abb.554. Wirkung des Warmwalzens auf die Ei- <\, %
o
/ -.;;

""
/
/
genschaften einer AICuMg-Legierung. Alle Proben /

wurden bei der angegebenen Enddicke 30 Minuten I 'k,'Q,L


bei 500°C lösnngsgeglüht, danach in Wasser ab- 4,/
/
geschreckt. Die Festigkeitswerte wurden im Mikro- /

Zugversuch ermittelt (8 mm Prüflänge) /


/
(nach H. KOSTRON [!J5)). /

B Guß (nicht abgewalzt); C bis G verschieden stark


abgewalzt. Lage der Zerreißstäbe : L parallel zur L)F-~i/
Q ---
Walzrichtung, Qsenkrecht zur Walzrichtung (parallel
zur Walzebene). o B C D E F G
z=180 140 80 40 20 mm 1

...
-:: ,..:'\
.... .
..:--.... ~.~ . ,"
.

"

- " -, "- .- ." .. _.


300: 1 70:1
Abb.555. Ungleichmäßige Kupferverteilung III Abb. 556. Zeilenförmige Ausscheidungen
weichgeglühtem AlCu~ig 2-Strangpreßprofil. Ge- in AICuMg-B1ech (nach ALUSUISSE).
ätzt 15 min in 10% H 3 PO •. Ausscheidungen von
Al,Cu sind hell, von AICu.\ln und Mg,Si dunkel.
Die grauen Streifungen entsprechen Anreichc-
rungen von gelöstem Kupfer innerhalb des Ge-
füges (herrührend von KOfnseigerung irrl Guß-
gefüge) (nach ALI'~I'TSSE),

Die Homogenisierung von Gußbarren der Legierung AlCuMg erfolgt


oftmals bei 500 bis 510 °C. Auf Grund der verbliebenen Kornseigerung des
Gefüges sind die Korngrenzen mechanisch zu schwach, um bei dieser
Temperatur durch A bwalzen verformt werden zu können. Daher kühlt
718 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

man die Barren zum \Varmwalzen im allgemeinen auf Temperaturen


knapp unterhalb 480°C ab.
Das Warmwalzen wird oftmals nach Dickenreduktion um 60 bis 90%
durch eine Zwischenglühung bei ca. 340 bis 380°C unterbrochen, um die
Verformbarkeit beim weiteren Abwalzen zu verbessern.
Beim Strangpressen oder Schmieden sind die Temperaturen für die
Warm verformung ähnlich wie beim Warmwalzen.

5.132 Lösungsglühen. a) Ternperaturbereich. Bei dem relativ niedrig


legierten Typ AICuMgl kann die Lösungsglühung zwischen 475°C und
505°C durchgeführt werden, wobei
die aushärtenden Legierungselemente
vollständig in Lösung gehen. Bei den
höher legierten AICuMg-Legierungen
muß dagegen die Lösungstemperatur
möglichst nahe der Solidustempe-
ratur liegen, damit maximale Festig-
keitswerte erzielt werden. Ein Bei-
10 ~-+-+-+-+
~% o --, spiel hierfür sind die siliziumhaitigen
.l§ 5 \ Legierungen (Abb. 557). Bei diesen
c'!5 ~ Legierungen liegt die Solidustempe-
~90 500 510 °Cszo ratur zwischen 509 und 515°C (evtl.
Temperatur bis 520°0), je nach kleinen Schwan-
Abb. 557. Einfluß der Lösungsg]ühtem- kungen in der Zusammensetzung [25].
peratnr auf die Festigkeitswerte von Dural S
(ähnlich der US-Legierung 2014) nach Man bleibt mit der Lösungstempera-
4 Stunden Auslagerung bei 185'C
(nach J. CROWTHER [25]). tur im allgemeinen mindestens 10 grd
x überhitztes Gefiige unter der Solidustemperatur, da
durch Kornseigerung entstehende
Kupferanreicherungen tief~r aufschmelzen als es der Durchschnitts-
zusammensetzung entspricht. [108].
Bleche aus AICuMg werden meist mit einer Plattierschicht aus Rein-
aluminium versehen. Die Lösungsglühzeit hängt bei plattiertem Material
stark vom Ofentyp ab. Die anzuwendenden Temperaturen und Zeiten
sind meistens auf einen sehr engen Bereich begrenzt, da man eine mög-
lichst vollständige Lösung des Kupfers mit möglichst geringer Ein-
diffusion des Kupfers in die Plattierschicht kombinieren will. Die not-
wendige Lösungsglühzeit nimmt mit der Materialdicke zu und verringert
sich mit zunehmendem Durchknetungsgrad. Gußgefüge oder schwach ge-
knetetes Gefüge ist nach mehreren Stunden Glühzeit noch nicht homo-
genisiert; bei dünnen Blechen genügen nach starker Verformung einige
Minuten bei z. B. 505°C zur völligen Homogenisierung. Beispielsweise
benötigt man für eine typische AlCuMg-Legierung (2024) in Form von
ca. 1 mm dicken Blechen eine Lösungsglühdauer von entweder 6 Minuten
Lit. ~. 751] ;i. Aushärtbare Knetlegierungell 719

im f-lalzbad bei 505 bis 507°C oder 30 Minuten im Luftumwälzofen bei


-4-95 bis 500°C, um optimale Festigkeitswerte zu erreichen.
Die Angaben über die notwendigen Lösungsglühzeiten schwanken
stark. Im allgemeinen ist
4S
Illan bemüht, die Lösungs- kp/mm 2 ! ~l
glühzeit so kurz wie möglich
zu halten. :......
/.~ ~

~
~
Eine nicht ausreichend v~
Y---
lange Lösungsglühungführt i ./

zu niedrigeren Festigkeits-
werten gegenüber den bei -----
)/;V
/ v 1/
V
.
vollständiger Lösung er-
reichbaren (Abb. 558). Man .
y
~
kann den Lösungsvorgang 1-= 1---.-
V l.--- 1iii"m
auch an Hand der Ande-
rung der Gitterkom;tante 20 - - ./
.......- .~
% ......-
--- ~m.ill
0

~
verfolgen (Abh. 559). Die , / ------
I _0-

0__ -a-
-'"' 8mm
-~

Verkleinerung der Gitter- v:;:


15
/
V
-p
konstante durch das In
/~
U'
".'"
Lösung gehende Kupfer ".

überwiegt den gegenläufi-


".-"
.J//
-----
I
I I i
gen Einfluß des in Lösung
+-
I I
, -+-I
gehenden Magnesiums. so --

i
daß insgesamt beim Lö- I

sungsglühen von AICulVlg o i I ! I


0,1 0,2 0,5 1 2 5 10 20mlnSO 100
eine Abnahme der Gitter- Glühdauer (bei 505°C)
konstante resultiert. Abb. 558. Einfluß der Dauer der Lösungsg!ühung auf die
Das Material. dessen Festigkcitswerte von AlCuMgl-Bleehen, nach 7 Tagen
Kaltaushärtung bei Raumtemperatur
Verhalten in Abb. 558 be- (nach P. BRENNER U. H. KOSTRON [105]).
schrieben wird. war vor der Blech<licke :!Jlllll K nun
Lösungsglühung weichgp-
glüht worden. Daraus er- • o
gibt sieh eine Verlangsa-
mung des Lösungsyorganges. Außerdem spielt e8 eine Rolle, ob das Ma-
terial vor der Lösungsglühung bereits einmal in einen vollständig oder
weitgehend homogenen Zustand überführt worden war. Dies kürzt die
hei der letzten Lösungsglühung notwendige Glühzeit erheblich ab.
Die Untersuchungen von P. BRENNER und H. KOSTRON haben ge-
zeigt, daß bei der Durchführung mehrerer Lösungsglühungen mit
zwischengeschalteten Verformungsoperationen die insgesamt angewen-
dete Homogenisierungszeit zählt, unabhängig davon, ob diese Zeit
durch mehrfaches Abschrecken und Zwischenverformen in einzelne Zeit-
interyalle unterteilt ist rW5].
720 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

b) Überhitzung. Bei der Lösungsglühung ist eine präzise Temperatur-


kontrolle vonnöten, vor allem bei den höher legierten AlCuMg-Legierun-
gen. Da die Glühtemperatur knapp unter der Solidustemperatur liegt,
besteht die Gefahr, daß lokale Partien des Glühgutes überhitzt werden.

4,O'iO
A
4,039 \

4,038 \
~
~
] 4,037
~
\\
~
1;!5 4,036
'b.
~
~
°
° °
4,034
p,1 0,2 0,5 1 2 5 10 20 mlO 100
Glühdauer (bei 505°C)
Abb. 559. Abhängigkeit der Gitterkonstante vor der Glühdauer, Legierung AICugM 1. Die Proben
wurden !ösnngsgeglüht, dann weichgeglüht, danach die angegebenen Zeiten bei 505°C im Salzbad
nochmals lösungsgeglüht und in Wasser abgeschreckt (nach P. BRENNER U. H. KOSTRON (105]).

Solches "verbrannte" Metall kann nur


noch nach Umschmelzen weiter ver-
wendet werden.
Dies mag zunächst überraschen, da
man annehmen sollte, daß durch eine
anschließende Lösungsglühung bei z. B.
510°0 die in Abb. 560 erkennbaren

.
angeschmolzenen Partien im Grund-
• ..
. gefüge wieder gleichmäßig aufgelöst
.
~'. '
,
"
".' werden sollten. Die beim Überhitzen
~=--. der Legierung ausgeschiedenen kupfer-
200: 1 und eisenhaitigen spröden Heterogeni-
Abb. 560. AICuMg-Gußgefüge nach über- täten können aber durch Diffusion im
hitzung auf etwa 530'0
(nach ALUSUISSE). festen Gefüge kaum aufgelöst werden
[39].
Ein Überhitzen kann sowohl beim Hochglühen der Gußbarren vor
dem Warmverformen als auch bei der Lösungsglühung vorkommen.
Am Fertigprodukt ist dies leicht festzustellen: Im ersten Falle sind
die eingeformten runden Anschmelzungen an ehemaligen Gußkorn-
grenzen, im zweiten Falle an Rekristallisations-Korngrenzen eingelagert
[50]. Beide Male ist durch die Kerbwirkung der spröden Einlagerungen
die Duktilität des Gefüges verdorben.
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 721

Dies erkennt man sowohl an den statischen Festigkeitswerten


(Abb. 557) als auch an der Wechselbiegefestigkeit, welche besonders
empfindlich auf eine Überhitzung anspricht. Dabei zeigt sich ein Festig-
keitsabfall sowohl bei glatten als auch bei gekerbten Proben. Hieraus
kann man schließen, daß die Überhitzung eine Schädigung hervorruft,
welche über diejenige hinausgeht, die durch eine äußere Kerbe bewirkt
wird. Dies ist verständlich, da die spröden Einlagerungen zahlreiche
Kerbstellen im Sinne einer interkristallinen Auflockerung verursachen
[106].

100: 1
J.hh. 56J a u. b. AICuMg-Bleche nach Lösungsglühung und Kornätzung. Material vor Lösungs-
glühung stark kaltgewalzt (nach ALUSUISSE).
a) im Salzbad lösungsgegliiht; b) in Luft lösungsgeglüht.

G) Gejügeurnlagef'ung bei der Lösungsglühung. War das Gefüge kalt-


verformt, so erfolgt b ei der Lösungsglühung eine Rekristallisation, welche
bei der Glühung in Luft wegen der langsameren Aufheizung und
wegen der längeren Glühzeit zu gröberem Korn führt als beim Lösungs-
glühen im Salz bad (Abb. 561a und b) . Im warmverformten Gefüge bleibt
die Rekristallisation bei der Lösungsglühung im allgemeinen aus.
(Näheres siehe weiter unt,en im Abschnitt "Preßeffekt").
5.133 Abschrecken. Die Abschreckgeschwindigkeit hat einen wichti-
gen Einfluß auf die Eigenschaften der Legierung, und zwar in mehr-
facher Weise. Wie Ab b. 562 a und b zeigen, kann man bei kaltausgehärtetem
AICuMg optimale Festigkeits- und Korrosionseigenschaften nur bei
hoher Abschreckgeschwindigkeit erreichen. Die minimale Abschreck-
geschwindigkeit wird gemäß Abb. 562b durch das Korrosionsverhalten
festgelegt, welches bei AICuMg sehr empfindlich auf zu langsames Ab-
schrecken anspricht.
Bei schroffem Abschrecken verwirft sich aber das Glühgut, so daß es
nicht an Bemühungen gefehlt hat, durch etwas milderes Abschrecken be-

46 Alt.enpohl, Aluminium
722 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

friedigende Eigenschaften und gleichzeitig ein unverzogenes Glühgut zu


erhalten. Zur Verringerung der Abschreckspannungen wurde z. B. vorge-
schlagen, einen feinen Wassersprühnebel oder erwärmtes Wasser als
Abschreckmedium zu verwenden. Es hat sich aber gezeigt, daß die Korro-

,...,. 50
OS kp/mmZ
~ 4/J'1;:
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30
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I' K ./. f(tL +LtK./.
i
10 10'0 10'00 grdls 1000'0
durchschnillliche Abschreckgeschwindigkeif
Abb. 562a u. b. Einfluß der Abschreckgeschwindigkeit auf Festigkeitswerte und Korrosionsverhalten
von Blechen aus der I,egierung AICuMg2 (nach L. A. WILLEY, s. E. H. DIX jr. [15)).
a) Einfluß der Abschreckgeschwindigkeit auf die Festigkeitswerte der Bleche nach Kaltaushärtung.
USo Leg. 24 S - T 4. Festigkeitswerte vor der Korrosion.
- - - - Zugfestigkeit;
- - - - - Dehngrenze ;
-- . - . - Bruchdehnung.
b) Einfluß der Abschreckgeschwindigkeit auf die Art des Korrosionsangrilfes und die Abnahme der
Zugfestigkeit durch Korrosion im Wechseltauchbad. US·Leg. 24S-T4. Blechdicke 1,626 mm.
- - - unbelastet;
- - - - belastet mit 75% der ursprünglichen Dehngrenze.
Art des Korrosionsangrilfes: L Lochfraß; K Korngrenzen·Korrosion

sionseigenschaften der Legierung dann meist nicht genügen, weshalb z. B.


in USA das Abschrecken mit Wassernebel bei Material für den Flugzeug-
bau nicht angewendet werden darf. Die Wassertemperatur sollte beim
Abschrecken von Blechen unter 40°C [88] bzw. unter 50°C [40] liegen.
Bei großen Querschnitten geht man mit der Wassertemperatur bis
70°C. Eine Erhöhung der Wassertemperatur verringert die Abschreck-
spannungen [96], verlangsamt aber das Abschrecken im kritischen
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 723

Temperaturbereich zwischen 300 bis 500°0 merklich (Abb.563a). Der


Grund für die deutliche Abnahme der Abschreckgeschwindigkeit liegt
darin, daß bei einer Wassertemperatur von 60°0 bereits ein dünner
Dampffilm entsteht, der die Abschreckung stark verlangsamt. Wie
Abb. 563b zeigt, spricht die
600
Abschreckdauer auch auf die oe
Materialdicke empfindlich an. 500

400 ~
Auf die Konsequenzen für das r-.....

--
Korrosionsverhalten werden y\
~ i'---- r---
r--....,
wir weiter unten eingehen. 300
Diese Feststellungen gel- \
ten für die üblichen AIOuMg- 200
Wzsser-
\ \ \.femperatur Siedend\.
Legierungen, WIe z. B. 100
~4~ 60'7f1"-82°C
AIOuMg2. Sobald der Kupfer- 15 ;: 38"1
gehalt auf ca. 2% Ou ernied- a;~ 0
~roOr--,---,---,---,--~--~--~
rigt wird, kann die A b- ~
schreckdauer ohne Schaden
bis auf etwa 20 Sekunden er-
höht werden. Bleche können
dann sogar mit Preßluft ab-
geschreckt werden.
Zum Beseitigen von A b-
schreckspannungen, z. B. in
Schmiedeteilen, wird gelegent- b 1,63 0,35 12,7 19 25,4
lich das "umgekehrte Ab- °0~~2~--4l--~6--~8---t~0---1~2--S~#

schrecken" angewendet, bei Zeit


Abb. 563a u. b.
dem das zunächst tiefgekühlte (nach L. A. WILLEY, s. E. H. DIX jr. [15]).
Material möglichst rasch mit a) Einfluß der Wassertemperatur auf die Abkühlge-
schwindigkeit von 1,62 mm dicken Blechen der Legie-
Dampf erwärmt wird [52]. rung AICuMg; b) Einfluß der Dicke von AICuMg-
Blechen auf die Abkühlgeschwindigkeit in kaltem
Wasser. Abscbnitte 25 X 25 mm, Thermoelement in
5.134 Kaltverformen nach der Mitte.
dem Abschrecken. Um aufge-
tretende Verwerfungen zu beseitigen, wird nach dem Abschrecken oft-
mals schwach kaltgewalzt, gerichtet oder gereckt [97].
Diese Behandlung hat einen markanten Einfluß sowohl auf die Kalt-
aushärtung als auch auf die Warmaushärtung [60].

Einfluß der Kaltverformung auf die Kaltaushärtung. Bereits eine


schwache Kaltverformung wirkt stark beschleunigend auf die Aus-
härtung [34,54]: Dies gilt vor allem für den Anfang der Kaltaushärtung
(Abb. 564, 565 u. 566). Gegen das Ende der Kaltaushärtung überschnei-
den sich die Werte teilweise, so daß das unverformte Material unter
Umständen höhere Festigkeit erreicht als das zuvor kaltverformte. Dies

46*
724 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

gilt jedenfalls bei geringen Kaltverformungsgraden (Abb. 564 und 566).


Je größer die Kaltverformung, um so höher ist die anfängliche Aushär-
tungsgeschwindigkeit und um so stärker ist ihre Verzögerung mit zu-

1: 1ZO
'",
~ffO~+---~-+-+~--~~+-~~--~
.~
"'" 100 1-++------7F---+-+-t---+--::;;>"-1"":~

min 1fP
Kaltaus/agerongsdauBI'
Abb. 564. Einfluß einer kurz nach dem Abschrecken erfolgten Kaltverformung auf die Aushärtung
von AlCuMg (Legierung Bondur 17/39) (nach H. KOSTRON [55]).

nehmender Aushärtungsdauer. In Abb. 565 gibt die schraffierte Fläche


unter den Kurven für unverformtes Material sowie für 14,2% kalt-
gewalztes Material ein Maß für den Betrag der Aushärtung während der
experimentell beobachteten Aushär-
tungsdauer. Man erkennt, daß die
beim Auslagern im Verlaufe der Aus-
lagerungsdauer pro Zeiteinheit beob-
achtete Härtesteigerung sich durch
vorhergegangene Kaltverformung sehr
stark vermindert [55]. Es bedarf wohl
noch der Klärung, welches der Me-
chanismus ist, der die hohen Ausgangs-
härten unmittelbar nach Beendigung
der Kaltverformung hervorruft.

Abb. 565. Aushärtungsgeschwindigkeit in gereckten


AlCuMg-Blechen (Auslagerung bei Raumtemperatur)
(Von H. KOSTRON [55) nach Daten von P. L. TEE!)
[16) zusammengestellt).
Zusammensetzung: 4,08% Cu, 0,56% Mg, 0,49% Fe.
0,58% Mn, 0,22% Si, Rest AI.

In Abb. 567 wird gezeigt, daß es sich für das Erreichen einer hohen
Endhärte empfiehlt, zuerst auszulagern und danach die Kaltverformung
vorzunehmen; denn dann addiert sich zu der Verfestigung durch die Aus-
Lit. ~. 751] .). Aushärtbare Knetlegierungen 725

härtung nahezu dieselbe Verformungs- Verfestigung, wie beim Kaltverfor-


men unmittelbar nach dem Abschrecken [55]. Gern. Abb. 568 tritt nach
der Kaltverformung des ausgehärteten Materials noch eine geringe Nach-
härtung auf. Man erkennt, die stärkere Nachhärtung bei Probe c im Ver-
gh'ich zu Probe cl.

.·bf
35
kp/mnr.
30 ~.-

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~5 I t--.
10' 10 2 103
Ka/faus/ogerungsdouer
Abb. 566. Einfluß einer Kaltwrfonnung von AICu}1g 1 vor der Kaltaushärtung auf den Aushärtungs-
verlauf (nach H. KOSTRON [55]).

() 8 10 12
Reckung
Abb. 567. Znsammenwirken von Raumtemperatur-Auslagerung und Kaltverformung einer Legierung
mit 4,08% Cu; 0,58% ~In: 0,56% .Mg; 0,22% Si; 0,49% Fe (von H. KORTRON [55] nach Daten von
P. 1•. TEED [/6] znRammengestellt).

H. KOSTRON hat zur laufenden Verfolgung der Härteänderung beim


Aushärten einen selbsttätigen Vielfachhärteprüfer entwickelt [56]. Mit
diesem Gerät sind die inAbb. 568 gezeigten Aushärtungskurven nach ver-
schiedenartig vorgenommener Kaltverformung aufgenommen worden.
726 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Einfluß der Kaltverformung auf die Warmaushärtung. Wie man in


Abb. 569 erkennt, ist die durch vorhergegangene Kaltverformung be-
wirkte Steigerung der Aushärtungsgeschwindigkeit bei der Warmaushär-

~0~----z=o.~w~--~~ro~~6~~=a--~&~~=a---~7-v~~~a---1.~~o.~o.~v-m7Jn-#~roo
Kalfauslagerungsdauer
Abb.568. Einfluß der Verformung auf die Aushärtung einer Legierung mit 4,02% Cu; 0,28% Mn;
0,65% Mg; 0,13% Si; 0,29% Fe. Härtemessung mit "Vielfachhärteprufgelät" (nach H. KOSTRON [55]).
a unverformt ; b bei 0 Min. 5 % gereckt; c bei 4330 Min. 5 % gereckt;
d bei 0 und 4330 Min. je 5% gereckt.

3,5 49
% kp/mm z
1.- '---
KU);if:', ,/ ~
3,0

~ in Lösun~
'0
2,S 42

'\ J \ o,z-Denn-
grenze

\/ \ A
1,0 1\ /'
~
,/"
)( ~
---
0,5 28
f""

o
~ r-" I'~ ..........
0,2 1 2 5 10 20 50 h 100
Warmaus/agerungsdauedbei rgo°C)
Abb.569. Einfluß der Warmaushärtung mit oder olme vorherige Kaltverformung auf Dehllgrellze
und gelösten Kupfergehalt (letzterer durch Potentialmessullg bestimmt). Probematerial: AICllMg-
Bleche (US-Legierung 2024) (nach W. A. ANDERSON [14]) .
• Nicht kaltverformt; 0 Kaltverformt um 3%.

tung darauf zurückzuführen, daß die Ausscheidung des Kupfers aus dem
Mischkristall schneller erfolgt als ohne Kaltverformung. Auffallend ist
die starke Zunahme der O,2-Grenze durch die Kombination von Kalt-
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 727

verformung und Aushärtung. In Abb. 570 erkennt man, daß nach 8%iger
Reckung und anschließender Warmaushärtung (4 Tage bei 150°0) sogar
Werte der 0,2-Grenze von 50 kpjmm 2 erreicht werden [65, 102]. Die
Steigerung der Festigkeitswerte wird darauf zurückgeführt, daß nach

Ahb. 570. Einfluß einer Reckung (0 bis 8%) mit anschließenderWarmlagerung bei 150°C auf Dehn-

.
grenze (a 0,2), Zugfestigkeit (aB) und Dehnung (6) von AlCuMg2, Blechdicke 1,5 mm
(nach P. BRENNER u. H. KOSTRON [62]).
- - ~. 8~6 Reckung x - - - x 2~ri
+-.- ..- + 4%
.- -. O,5'}(}
0------ 0

.. - .. 0%

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-... b I.

14000: 1

Ahh. 571a u. b. Zwei vergleichbare Aushärtungsstadien bei AlCuMg·Blechell (VS-Legierung 2024)


Auslagern 12 Stunden bei 190°C (nach W. A. ANDERSON [14]).
a) Keine Kaltverformung zwischen Abschrecken und Auslagern: Ausscheidungen im Korninnern;
h) Vor dem Anslagern 3% kaltgewalzt: sichtbare Ausscheidungen fast nur an Korngrenzen.
728 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Kaltverformung die Ausscheidung der zur Aushärtung führenden Phase


feindisperser erfolgt als ohne Kaltverformung. Wie Abb. 571 zeigt, sind
bei vergleichbaren Aushärtungsstadien bei dem vor der Aushärtung kalt-
verformten Material im Korninneren kaum Ausscheidungen sichtbar [14].

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o;,z ~W--'l.J ",0 ..0

Abb. 572. Kaltaushärtung von AICuMg-BIechen (US-Legierung 2024) bei verschiedenen Tempera-
turen. Bleche nach der Lösungsglühung in kaltem Wasser abgeschreckt (nach W. A. ANDERSON [14]).
x Raumtemperatur; • 0°0; 0 -17,8°0.

~OL1~~--~~~W~Z--~~L-~~~V~3--L-~~ml~n~l~

Ko/lous/ogerungsdouer
Abb.573. Kaltaushältung von AICuMg-BIechen, welche vor der Auslagerung um verschiedene
Beträge kaltgewalzt wurden (Legierung: Bondur 17/39) (nach H. KosTRON [58]).

5.135 Kaltaushärten. Die Legierung AICuMg2 braucht für die Kalt-


aushärtung bei Raumtemperatur 3 bis 5 Tage, bei niedrigeren Tempera-
turen länger [S1]. Wie Abb. 572 zeigt, kann die Inkubationszeit durch
Tiefkühlen verlängert werden, wovon man in der Technik Gebrauch
macht (z. B. um Nieten möglichst lange gut verformbar zu erhalten).
Lit. H. 751] 3. Aushärtbare Knetlegierungen 729

Die Vorauslagerung bei tiefer Temperatur hat bei AICuMg keinen Ein-
fluß auf die spätere Kaltaushärtung bei Raumtemperatur [57].
H. KosTRoN und E. G. HERBERT ha ben bei der Kaltaushärtung U nregel-
mäßigkeiten in den Aushärtungskurven beobachtet (Abb. 573) [58, 93].
Solche zeitliche Schwankungen werden vor allem bei der Kalt-
aushärtung von kaltverformtem Material beobachtet, und zwar jeweils
nur innerhalb eines kleinen Oberflächenbereiches. Die Ursache für diese
lokalen Schwankungen der Härte sind nicht genau geklärt und könnten
am ehesten mit lokalen Schwankungen der Kaltverformung in Zusam-
menhang stehen.

WormOlJsiogerlJ17gsdolJer

Abb. 574. Warmllu,härtung VOll AICullig-Blechell, welche zuvor bei Raumtemperatur voll ausgelagert
waren (UB-Legierung 2024) (nach W. A. ANDERSON [14]).
~-- Zugfestigkeit; ~------- Dehngrenze.

5.136 Warmaushärten. Bereits in Abb. 549 ist der Einfluß der Warm-
aushärtung auf die Festigkeitswerte erläutert worden. Die Warmaus-
härtung erfolgt fast immer an Material, welches teilweise oder ganz kalt-
ausgehärtet worden ist. Eine vorherige Kaltaushärtung hat keinen merk-
lichen Einfluß auf die anschließend durchgeführte Warmaushärtung.
Zu Anfang der Warmaushärtung erfolgt ein Rückgang der Kaltaus-
härtung, welcher aber bei AICuMg oftmals relativ undeutlich beobachtet
wird, da sich Warm- und Kahaushärtung über ziemlich breite Tempera-
turbereiche erstrecken und tcilweise überlappen (Abb. 574) [59, 61J.
Bei der Warmaushärtung nimmt verglichen mit der Kaltaushärtung
Zugfestigkeit und nehngrenze sowie der Quotient Dehngrenze : Zug-
730 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

festigkeit zu. In der Endphase der Warmaushärtung beobachtet man


eine markante Abnahme der Bruchdehnung (Abb. 549 u. 574) [14].
Das Absinken der Dehnungswerte beim Warmaushärten erklärt
sich durch das Auftreten mikroskopisch sichtbarer Ausscheidungen. Diese
erscheinen zunächst an Gleitlinien. Dies kann in den späteren Stadien der
Warmaushärtung bei relativ geringer Vergrößerung erkannt werden, vor
allem wenn das Material zuvor stark kaltverformt war. Die in Abb. 575
sichbare Ausscheidungsform wird gele-
gentlich als "Kraftwirkungsfigur" be-
zeichnet [112].
In Tab. 88, S. 709 sind einige typische
Warmaushärtungsbedingungen ange-
geben.
Im Temperaturbereich zwischen
ca. 150 bis 175°C bewirkt eine Er-
höhung der Aushärtungstemperatur um
10 grd etwa eine Verdoppelung der Aus-
härtungsgeschwindigkeit [62].
Wegen der markanten Erhöhung
90:1 der Dehngrenze und der entsprechend
Abb. 575. Kupferhaltige Ausscheidungen verbesserten Knickfestigkeit hat die
an GJeitlinien. AlOuMg-Blech nach Lö-
sungsg!ühung und Abschrecken um 80% Warmaushärtung von AICuMg tech-
kaltgewalzt. Danach 24 Stunden bei 160°0 nische Anwendung gefunden. Bei den-
ausgelagert.
(nach ALUSUISSE). jenigen Temperaturen und Aushär-
tungszeiten, welche einen Höchstwert
der 0,2-Grenze ergeben, befindet man sich außerhalb des stark korro-
sionsgefährdeten Bereichs, in welchem die gefürchtete interkristalline
Korrosion auftritt (Abb. 576). Dies gilt vor allem für plattiertes Material,
da die Plattierschicht auch nach Warmaushärtung ähnlich korrosions-
hemmend wirkt wie bei kaItausgehärtetem Halbzeug [63]. Somit wird
für die Warmaushärtung von Blechen fast ausschließlich plattiertes
Material eingesetzt.
Während man z. B. in Deutschland das Warmaushärten von AICuMg
aus Korrosionsgründen meistens ablehnt [64], wird es in USA teilweise
angewendet. Eine Rechtfertigung der Warmaushärtung ergibt sich auch
daraus, daß gem. Abb. 577 die Ermüdungsfestigkeit des warmaus-
gehärteten Materials relativ gut ist, obwohl die Umformbarkeit sonst
schlecht ist (erkennbar an niedrigen Dehnungswerten).
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Bedenken gegen das
Warmaushärten von AICuMg in neuerer Zeit an Gewicht verloren haben.
Der Vorteil der Erhöhung der Dehngrenze ist in vielen Konstruktions-
fällen recht gewichtig. Als weiterer Vorteil kommt hinzu, daß man die
Warmaushärtung nach Beendigung der Formgebung vornehmen kann
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 731

[65]. Schließlich wird durch die Warmaushärtung die nach der Kalt-
verformung bestehende Anisotropie weitgehend eliminiert. Daher ist die
Warmaushärtung besonders dann von Vorteil, wenn bei der plastischen
Verformung ein die Beanspruchbarkeit vermindernder BAUSCHINGER-
Effekt auftritt [65].
~~-.--,--.--r-~-.~

kp/mm z

~ unKorrodierf
~-~~~-4~-+~~-~-r~~30~--~-+~~~~+-~~rl
~
~
~ korrodlerf
1=~r,.,.;;;;I;;.~m~--+~~--+--1 ~ZO I
- - - unKorrodierf
---- noch 3 !1onofen Seewosser-
angriff
r---t--+---+--i-i
I
10 I
I i

SO 75 100
Auslogerungsfemperofur (40 h)
Abb. 576. Einfluß der Warmaushärtung auf die Festigkeitseigenschaften von Blechen aus der Legie-
ruug AICuMg (.,Superduralumin") (nach K. L. MEISSNER [92]).

28
'J- ' ~
kpIm rrf W+[J

§' 21
[:'1-
(nirNemgekerb,t . :;---
-

-
n- I I: I I

1:::i,-i
--
W-eingekerbf I I
~ ~ I
~ T -eingekerbf
~

.~
14 -r-~~ ~~ j ~
........... ~
~--

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~
"1!f..!. -1---
~,>-wo-
-...........
Weim.9B];t
~ 7 -- ~

i
~
------.i . ± ~

I
I I i I
1
105 10 7
Zahl der Losfwechsel
Abb.577. Einfluß der Auslagerungstemperatur auf die Dauerfestigkeit einer AICuMg-Legieruug
(nach L. W. KEMPF [21]).
° Bei Raumtemperatur ausgelagert = W; - Bei 146"0 ausgelagert = T

5.137 Weichglühen. Das Weichglühen wird bei AIOuMg-Blechen


in der Praxis bei Temperaturen zwischen 360 und 420 °0 durchgeführt.
Die tiefere Temperatur wird gewählt, um eine vorherige Lösungsglühung
732 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

in ihrer Wirkung zu beseitigen; die höhere Glühtemperatur dient in erster


Linie dazu, Kaltverfestigung durch Rekristallisation abzubauen. In bei-
den Fällen ist die langsame Abkühlung des Glühgutes nach der Glühung
notwendig, um möglichst viel Kupfer auszuscheiden. Wird die Weich-
glühung z. B. oberhalb 400°C vorgenommen, so erfolgt die Abkühlung
zweckmäßigerweise mit ca. 15 bis 25 grdjh bis auf 300°C herab [51].
Weichglühungen über 400°C sind bei plattierten Materialien wegen der
Eindiffusion des Kupfers an den Korngrenzen der Plattierschicht ge-
fährlich.
Das Kornwachstum beim Weichglühen (oder Lösungsglühen) ist
Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Grobkorn kann vor
allem dann entstehen, wenn komplizierte Tiefziehteile im Verlauf der Ver-
formung mehrmals zwischengeglüht werden, da dann teilweise ein kriti-
scher Reckgrad vorliegen kann.
Das Kornwachstum bei der Weichglühung kann durch Wahl eines
geeigneten Ausgangsgefüges günstig beeinflußt werden.
Bei der Herstellung von Tiefziehblechen aus AICuMg-Legierungen
läßt sich ein geeignetes Ausgangsgefüge dadurch erzielen, daß der Kalt-
verformungsgrad vor dem Lösungsglühen bzw. vor dem Weichglühen
entsprechend gering gewählt wird: ein gröberes Ausgangskorn rekristalli-
siert erst nach stärkerer Verformung und neigt weniger zu Kornwachstum
als ein feinkörniges Ausgangsgefüge. Außerdem kann man durch Weich-
glühen vor der Lösungsglühung ein gegenüber mehrfacher kritischerVer-
formung und Glühung unempfindliches Gefüge erzeugen. Die Bedingun-
gen für diese Vorglühung sind so zu wählen, daß das Gefüge gerade eben
zur Rekristallisation kommt [68].

5.14 Festigkeitswerte, Verformbarkeit

5.141 Festigkeitswerte von Blechen - Einfluß der Plattierung. Ein


Überblick über die durch Aushärtung erzielbaren Festigkeitswerte einiger
typischer AICuMg-Legierungen wurde bereits in Abb. 549 ~nd 570 sowie
in Tab. 87 und 88 gegeben.
Durch die Plattierung wird im allgemeinen ein Festigkeitsverlust
hervorgerufen im Vergleich zum unplattierten Material. Bei der normaler-
weise angewendeten Plattierung mit Reinaluminium (je 5% der Blech-
dicke auf beiden Seiten des Bleches) tritt ein Rückgang in der Zugfestig-
keit von ungefähr 7% gegenüber dem unplattierten Material auf [104].
Abb. 578 läßt erkennen, daß man durch dünnere Plattierung oder die
Verwendung von Legierungen für die Plattierschichten den Festigkeits-
rückgang abmildern kann.
Lit. S. 751) 5. Aushärtbare Knetlegierungen 733

Das Gieß verfahren hat auf Höhe und Gleichmäßigkeit der Festig-
keitswerte starken Einfluß (s. Abb. 133, S. 169). Auf den Einfluß von
Temperatur und Zeit der Barrenhomogenisierung bzw. der Lösungs-
glühung des Endproduktes
auf die Festigkeitswerte ist
gleichfalls früher hingewiesen
worden. 39 t--+--t~-f'-.;:

5.142 Festigkeitswerte von


Profilen, Preßeffekt. Tab. 90
gibt einige Festigkeitswerte
für stranggepreßtes AlCuMg-
Halbzeug wieder. 37 t--+-+-

Bei der Lösungsglühung


von warmverformtem AlCuMg
J60~~-L~~4--L-~6~L-~8--L-~~%~~
erfolgt eine Rekristallisation
/Jicke der P/oHiemng
oftmals nur in einem Teil des
Querschnittes. Bei strangge- Abb. 578. Einfluß von Zusammensetzung nnd Dicke
der Plattierschicht aui die Zugfestigkeit plattierter
preßten Produkten hat man AlCuMg-BIeche (nach P. BRENNER [104]).
nahe der Oberfläche oft eine
rekristallisierte Zone (verursacht durch stärkere Verformung und Er-
wärmung der Oberfläche in d8r Matrize). Wie Abb. 579 zeigt, liegt im

Tabelle 90. Festigkeitswerte* von stranggepreßten AlCuMg-Ferrigprodukten


I
I DIN-Kurz- I Dehngr. zugiest'l Bruchdehnung I BrineIIhärt~
Fertigprodukt Zustand a 0,2 HE
6" I 6,
!
zeichen L
11 B
I kpjnlll1 2 kp/nlln 2 'Yr.o 0
/0
kp/Ilun 2
I

Stangen, Drähte i, AICuMg 1 I gepreßt 14 24 16 12 <70


(nach DIN 1747)] I kalt ausgehärtet u. I

gegebenenfalls
nachgerichtet 32 46 1ß 12 100-120
I AICuMg 2 ' kalt ausgehärtet u.

gegebenenfalls
I
nachgerichtet 38 50 14 10 100~130

L-, 1-, T-, U- I AICuMg1 gepreßt 16 26 12 10 <70


Profile I kalt ausgehärtet u.
(nach DIN 1748) gegebenenfalls
I naehgerichtet 34 46 18 14 100--120
,
!, AICuMg2 kalt ausgehärtet u.
-

gegebenenfalls
II nachgerichtet 38 50 16 12 110~130

I
I
Preßteile AICuMg 1 , kalt ausgehärtet 30 42 10 100-120
i
(nach DIN 1749) AICuMg2 kalt ausgehärtet 34 Mi 8 110-130
* Typische ~iittelwerte
734 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Inneren des Stranges eine nicht re kristallisierte Faserstruktur vor. In


diesem Gefügebereich sind auch nach der Aushärtung die Festigkeits-
werte längs der Fließfaser merklich höher als in Querrichtung.
Dieser "Preßeffekt" wird im allgemeinen mit Mikrozerreißstäben
nachgewiesen, welche eine Meßlänge von z. B. 6 bis 10 mm haben [109].
Wie man in Abb. 580b sieht, verändern sich die Längs- und Querwerte
mit zunehmender Aushärtungsdauer teilweise sogar gegenläufig (die

1:1
Abb. 579. Quer- und Längsschnitt durch stranggepreßte AlCuMg-Rundstange (bei ca. 500 ' C lösungs-
geglüht. kaltausgehärtet). Das Innere des Stranges besteht aus nicht rekristallisiertem Gefüge mit
Faserstruktur (nach AL USUISSE).

Längswerte nehmen bei längerer Warmaushärtung ab, während die


Querwerte zunehmen) . Solche Beobachtungen kann man vor allem bei
dicken Querschnitten machen, wobei ziemlich starke Unterschiede je
nach Legierungstyp und Querschnittform vorkommen (vgl. Abb. 580a
u. b).
Der Preßeffekt entsteht dadurch, daß die Rekristallisationstemperatur
des warmverformten Materials oberhalb der Temperatur der Lösungs-
glühung liegt. Die Ursache hierfür ist im Regelfall der Mangangehalt der
Legierung; Zirkonsätze üben eine ähnliche Wirkung aus [53, 111].
Abb. 581 zeigt, daß man durch eine Kaltverformung vor der Lösungs-
glühung die Rekristallisation über den gesamten Querschnitt erzwingen
kann, wodurch die Werte von Zugfestigkeit und Dehngrenze bereits
weitgehend richtungsunabhängig ","erden, nicht aber die Dehnungswerte
(obwohl auch bei diesen die Orientierungsabhängigkeit gemildert wird).
Eine Kaltverformung vor der Lösungsglühung kommt bei Strangpreß-
produkten aus technischen Gründen im allgemeinen nicht in Betracht.
Außerdem würde ein vollständig rekristallisiertes Preßprodukt auch nach
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 735

Aushärtung meistens nicht die geforderten hohen Festigkeitswerte


ereichen.
Der Preß effekt hat bei etwa 1 % Mangangehalt ein Maximum.
In Abb. 582 kommt zum
Ausdruck, daß die Biegedauer-
festigkeit bei Mangangehalten
über ca. 1 % absinkt: Dies ist
auf die Ausscheidung nadeliger
Al 6Mn-Kristalle im Guß gefüge
zurückzuführen, welche einen
gewissen Eisengehalt haben.
Diese Ausscheidungen treten vor
allem dann auf, wenn der Eisen-
gehalt der Legierung relativ
hoch ist und z. B. über 0,5%
liegt [48].
Generell ist die Faserstruk-
II
tur im Inneren von Strangpreß- S6 I
~kp/m m2
r-L.__ .J l
produkten zur Verbesserung der ~
~ 49
: '---k-
Festigkeitswerte erwünscht, ob- ~ I
,l
wohl es sich um ein stark an- ~ ?--...--. T
42
isotropes Gefüge handelt. In -' • --~ .
Abb. 582 erkennt man, daß die .--- - 1 -
. .-'?-- .....
~m2 ,.--
Biegedauerfestigkeit durch den ~",...--'
Preßeffekt um 30 bis 50% ver- _..--",-" !

,---.-
bessert werden kann. I i I
28
Zur Definition der absolu-
,-
._~ i
ten Größe des Preßeffektes sind ,

zwei Methoden vorgeschlagen


worden: Meß~m:
4 8 12 16 20 h 8,.
Der Unterschied der Festig- Warmaus/ogerungsdouer
keitswerte in Längs- und Abb. 580a u. b. Festigkeitswerte von AICuMg-
Querrichtung im ausgehär- Strangpreßprofilen längs und quer zur Preßrichtung
(US·Legierung 2024). Walmaushärtung bei 183 'C
teten Zustand und nach vorheriger Kaltaushärtung
(nach W. A. AXDERSON [14]).
der Unterschied der Festig-
a) Profil: 28 x 53111m • - Längs, 0 - Quer;
keitswerte im ausgehärteten b) Profil: 89 x 89 111m • - Längs, 0 - Quer.
ZUt;tand eines bei der Lö-
wngsglühung nicht rekristallisierten Gefüges gegenüber einem bei
der Lösungsglühung rekristallisierten Gefüge.
Die erste Methode erfordert das Prüfen von Mikrozerreißstäben. Da
dies oft nicht möglich ist, wird die zweite Methode vorgezogen. Die Rekri-
stallisation wird durrh eine Kaltverformung vor dem Lösungsglühen
736 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Abb. 581a u. b. Richtungsabhän-


gigkeit der Festigkeitswerte von
stranggepreßten Profilen aus Le-
gierung AlCuMg (U8-Legierung
248 - T4) 76 x 2 mm Quer-
schnitt. (nach W_ L. FINK u. D_
W. SMITH,siehe E. H. DIX jr. [15]).
a) Gepreßt, nach Abschrecken
kaltausgehärtet
• Zugfestigkeit () Debnung
o Dehngrenze ;
b) wie Abb. a, aber vor dem Lö-
sungsglühen um 6% kaltverformt
(durch Recken). Endzustand :
kaltausgehärtet.

"
Z.
kp{mm Z
lA
P
Z.t:

a'0 ~
/ ,A \
I

r--
.--- r--.---
V
I

! 1]--;-\. \1
.: i
,
\
- \
T
I '.\
I
I i

i
!
I
\\ Abh. 582. Biege-Dauerfestigkeit,
10
I bezogen anf 20 x 10' Lastwechsel

8
24
I
i T \~ (A) und Im Zugversuch ermittelte
Bruchdehnung (B), in Abhängig-
keit vom Mangan-Gehalt für ge-
1
D~
o/i 0;0
preßte bzw. gepreßte und kaltge-

"
zogene Rundstangen als AlCuMg

:--./1
20 (Legierung mit variablem Man-
[?> ~ ........... B
...- !
......... gan-Gehalt) nach Abschrecken
;:j
~ 16
1'-.. von 495 oe und Auslagemng bei
c'!5 1'". I
i ...".
1-0-
~
" • Raumtemperatur. Legierung mit
4-4,5% Cu, 1% l\Ig (nach W.
I
12
I
i BUlwARDT U. E. ÜSSWALD [47]).

0,2 0,4 0,6


I I
0,8 1,0 !,2 1,4
"""I">
8ew.-%r,8
0----0
0-- --.
warmgepreßt;
warmgepreßt u. kalt-
!1on[pngeholf gezogen.
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 737

erzwungen. Allerdings ist die Methode etwas ungenauer, da z. B. bei


AICuMg die erwähnte Differenz der Festigkeitswerte im Verlauf der Kalt-
aushärtung zunimmt (Anisotropie der Entmischungsvorgänge) [71, 72].
Das Verhältnis von Zugfestigkeit oder Dehngrenze in Längs- und in
Querrichtung bleibt bei der Kaltaushärtung konstant, bei der Warm-
aushärtung nur bis zum Eintritt des Festigkeitsmaximums. Dieses Ver-
hältnis eignet sich also gut zur Definition des Preßeffektes. Eine Über-
alterung beim Warmaushärten bringt den Preß effekt zum Verschwinden,
was noch einer Erklärung bedarf [69].

Abb. 583a u. b. Kerbbruchflächeu iu ausgehärteten 80 mm Preßstangen aus AICuMg (Avional-S)


(nach ALUSUISSE).
a) Mit Holzfaserbruch am Preßanfang; b) Ohne Holzfaserbruch am l'reßende.

5.143 Bruchdehnungswerte in Profilen und Schmiedeteilen. Im Zu-


sammenhang mit dem Preßeffekt interessieren auch Schwankungen
und Richtungsabhängigkeit der Bruchdehnung innerhalb eines Preß-
profiles [8]. Zunächst ist hier der Umstand zu erwähnen, daß am
Anfang eines Preßprofiles wegen geringer Durchknetung des Gußgefügcs
die Bruchdehnung niedrig und der Preßeffekt schwach a usge bildet ist. Man
erkennt dieses wegen ungenügender mechanischer Eigenschaften zu ver-
werfende Anfangsstück des Profils am raschesten am Holzfaserbruch
(Abb. 583). W. GRUHL [94] hat jedoch neuerdings nachgewiesen, daß der
Holzfaserbruch bei Preßstangen aus AICuMg kein sicheres Symptom ist,
um das Gefüge als schlecht zu bezeichnen: Es gibt Preßstangen, welche
über ihre ganze Länge den Holzfaserbruch haben und trotzdem ein be-
friedigendes Gefüge besitzen. W. GRUHL bezeichnet als die sicherste,
genaueste Probe für das Erkennen von Materialfehlern in Strangpreß-
produkten aus AICuMg ein Beizen in Natronlauge.
Betrachtet man die Dehnullgswerte im Normalgefüge, so stellt man
folgendes fest: Generell sind in Strangpreßprodukten (oder Schmiede-
teilen) die Dehnungswerte quer zur Faserrichtung wesentlich niedriger als

47 Altenpohl, Aluminium
738 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

längs zur Faser. Dies ist besonders ausgeprägt bei hochfesten Legierungen,
wie z. B. AICuMg2, und wird abgemildert, wenn man von einem Alu-
minium möglichst hoher Reinheit bei der Erschmelzung der Legierung
ausgeht. Erwünscht ist vor allem ein tiefer Eisengehalt. Die Fe-Si-Mn-
haltige Korngrenzensubstanz des Gußgefüges liegt gern. Abb. 556 nach
der Verformung in langen Zeilen vor. Die dort vorhandenen spröden
Heterogenitäten verursachen zu einem gewissen Ausmaß die niedrigen
Querdehnungswerte. Ebenso ungüstig wirkt der Oxydgehalt des Metalles
auf die Querdehnung (was allgemein für alle hochfesten Legierungen
gilt). Man kann die Querdehnung bei sonst gleichen Bedingungen regel-
recht als Meßwert für den Oxydgehalt verwenden. Kleine Oxydein-
schlüsse (oftmals herrührend von Turbulenz bei der Überführung der
Schmelze oder von ungenügender Reinigung der Schmelze) sind längs
der Fließfaser gestreckt und verringern die Querdehnung merklich
[73, 74].

0.144 Dauerwechselfestigkeit und Dauerbelastungstemperatur. In


Abb.577 wurde bereits gezeigt, daß die Warmaushärtung verglichen mit
der Kaltaushärtung die Dauerfestigkeit nicht merklich verändert. Aller-
dings ist gern. Abb. 577 die Dauerfestigkeit von angekerbten Proben nach
Warmaushärtung merklich niedriger [63] als nach Kaltaushärtung. Die
Kerbempfindlichkeit nimmt beim normalen Zugversuch durch die Warm-
aushärtung ab, wird aber gegenüber Schlagbeanspruchung erhöht, wäh-
rend die Verformbarkeit durch Hin- und Herbiegen zu Beginn der Warm-
aushärtung etwa ansteigt, bei längerer Warmauslagerung aber stark
absinkt. Daß der Preßeffekt die Dauerfestigkeit erhöht, wurde gleichfalls
bereits erwähnt (Abb. 582).
Zeilenförmige Einlagerungen, welche die Querdehnungswerte ernied-
rigen, verschlechtern deutlich die Dauerfestigkeit, nicht aber die statische
Festigkeit quer zur Fließfaser [8). Das Ermüdungsverhalten von AICu-
Mg-Halbzeug ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen, auf
welche wir hier nicht eingehen können, siehe z. B. [102, 110).
Die Dauerbelastungstemperatur von AIOuMg-Halbzeug wird haupt-
sächlich durch das Korrosionsverhalten und nur selten durch die Festig-
keitswerte bestimmt. Man erkennt in Abb. 584, daß längere Erwärmung
auf 100 °0 die Festigkeitswerte von AIOuMg nicht merklich verändert.
Allerdings wird nach z. B. 200 Tagen Erwärmung auf diese Temperatur
das Gefüge sehr korrosionsanfällig.
Die AIOuMg-Legierungen haben bis zu Temperaturen von ca. 200°0
eine relativ gute Warmfestigkeit, und zwar auch unter Dauerbelastung
175,76).
Weitere Angaben über Ermüdungs- und Warmfestigkeit im Vergleich
mit anderen Legierungen s. S. 560 bis 599.
Lit. S. 751] ;J. Aushärtbare Knetlegierungen 739

0.145 Das Verhalten bei technischen Formgebungs-Verfahren. Hier


ist vor allem auf eine neuere Arbeit von P. BRENNER und G. SCHARF
hinzuweisen [77]. Man kann die Formgebung von AICuMg-Blechen nach
49 I
kpJmm Z Roumfemperofur I
42 :---- V 100°C
1:: J.f
~
.~
'§ 28
~
150°C
i i r-- H.{! 15 I:'j""
ZOS°C .~~~
~
§5' 21 11
, Qj"
-/~~:~
_\ I I
"i 14 ... 'il:;\:,~
\ I i 'V ~~~
7
J15°C I I
11 ~r
.i <.<:::"'-'

1'~~IIII+llit±titt1B~
- 0.01 0,1
Zei!
JO 100 d ,000

Abb. 584. l<'estigkeitswerte von AlCnM!( (US-Legierung 17S) bei verschiedenen Temperaturen.
(Angegebene Temperatur = Meßtemperatur). Die erwärmten Proben waren zunächRt bei Raum-
temperntllr voll ",,"gelagert worden (na('h JJ. W. KEMPF [211).

Weichglühung oder unmittelbar nach dem Abschrecken vornehmen. Das


erste Verfahren hat eine Reihe von Vorteilen, vor allem bessere Ver-
formbarkeit, Vermeidung von Grobkorn oder Fließlinienbildung und
eines störenden Einflusses der
Kaltverformung bei der Aus- z,oo
weimgeglühf (.mmin;JhVOC)
härtung. Auch betrieblich ist J I _~
et5 günstiger. die Pmformung /ösun!JS!J8glüht(Smin ; soo°C)
am weichen Material vorzu- ---I
r-.r---..
nehmen (geringere Verfor-
mungskraft . keine Begren- '--------,:--
wng des Zeitpunktet5, bei
dem die Formgebung dureh-
~so
geführt wird). 0,1 0,5 1 2 4 8 h 24
In Abb.585 werden die Kolfauslogerungsdauer
beiden weiter oben erwähn- Abb. 585. 'l'iefziehverhältnis von weichgeglühteIl unu
ten Verfahren einander ge- lösungsgeglühten 1,5 mm dicken AlCuMg-Blechen
nach verschiedenen Lagerzeiten bei Raumtemperatur
genübergestellt. (AlCuMg 1 plattiert) (nach P. BRENNER ll. G. f!('HARF [77]).

:).15 Metallographische Untersuchung der Aushärtung


Untersuchungen mit dem Lichtmikroskop sind vor allem für die
späten Aushärtungsstadien und für die Sichtbarmachung ungleichmäßiger
Aushärtung innerhalb des Gefüges von Wichtigkeit.

47*
740 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

Bei der Überalterung, speziell bei Temperaturen oberhalb etwa


300 °0 tritt die "WIDMANNSTÄT'l'ENSche Struktur" hervor: Die Endphase
der Ausscheidung tritt in bevorzugten Gitterebenen, meist (100), auf, was
bereits bei etwa tausendfacher Vergrößerung deutlich erkannt werden
kann. Noch deutlicher werden diese Ausscheidungen bei etwa zweitausend-
facher Vergrößerung sichtbar (siehe z. B. Abb. 386, S. 471).
Für die Entdeckung ungleichmäßiger Aushärtungsvorgänge inner-
halb des Gefüges reicht oftmals schon eine etwa 50- bis 200fache Ver-
größerung. Es gibt mehrere Gründe für den örtlich ungleichmäßigen
Verlauf der Ausscheidung, von denen die wichtigsten im folgenden ge-
nannt sind:
Früheres Einsetze!l von Ausscheidungsvorgängen an Korngrenzen
und GIeitebenen als im Korninnern.
Auswirkung der Kornseigerung des Gußgefüges.
Verschieden starke Aushärtung in benachbarten Körnern, welche je
nach ihrer Orientierung unterschiedlich stark verformt sind.
Hinzu kommen noch unbekannte Ursachen, welche gleichfalls lokale
Schwankungen in der Aushärtung bewirken könnten.
Die frühen Stadien der Aushärtung können lichtmikroskopisch nicht
direkt beobachtet werden, sondern man muß sich hier auf das Beobachten
von Ätzgrübchen oder anderer indirekter Befunde beschränken, deren
Interpretation aber schwierig sein kann.
Als interessantes metallographisches Hilfsmittel ist auch die Auto-
radiographie zu erwähnen, welche sich bei etwa 10- bis 50facher Vergröße-
rung gut eignet, die lokale ungleichmäßge Anhäufung von aushärtenden
oder sonstigen Fremdatomen aufzuzeigen. Mit der Autoradiographie
kann z. B. eine lamellare Struktur nachgewiesen werden, welche um so
deutlicher auftritt, je geringer der Reinheitsgrad des Basismetalls ist.

5.16 Korrosionsverhalten

Wir müssen uns auf die Wiedergabe einiger typischer Versuchs-


ergebnisse und eines kurzen Überblicks beschränken, da die Unter-
suchungen auf diesem Gebiet sehr zahlreich sind.
Eingehende Untersuchungen, z. B. von P. BRENNER und F. PLATT-
NER [79] sowie H. VOSSKÜHLER [78] haben gezeigt, daß das kaltausge-
härtete AIOuMg-Halbzeug sich in freier Bewitterung auch nach mehreren
Jahren gut verhält, indem Festigkeit und Dehnung nur verhältnis-
mäßig gering abfallen.
Bei Korrosionsversuchen im Seewasser oder im Wechseltauchgerät
tritt bei allen kupferhaItigen Werkstoffen relativ starke Korrosion auf;
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierullgen 741

aber auch hier konnte bei den kaltausgehärteten Materialien in keinem


Fall eine interkristalline Korrosion beobachtet werden [13, 79, 80].
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß kaltausgehärtetes plattiertes
AlCuMg-Halbzeug sich gegenüber verschiedenen Korrosionsmitteln recht
gut bewährt hat und den übrigen korrosionsbeständigen Aluminium-
legierungen gleichwertig und teilweise sogar überlegen ist. Auch das
warmausgehärtete plattierte AICuMg-Halbzeug hat sich gegenüber Korro-
sion bewährt, jedoch kann hier eine Durchdiffusion des Kupfers bis an die
Oberfläche der Plattierschicht zu starker Lokalkorrotiion führen [13].

5.161 Einfluß der thermischen Vorgeschichte auf die Korrosions-


beständigkeit nach Kaltaushärten. Bei AICuMg-Legierungen erhält man
eme maximale Korrosionsbeständigkeit durch möglichst schnelles Ab-

500
oe
450
I I I
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Oauer der Unterbrechung bei der Abschreckung
Abb.586. Einfluß einer kurzzeitigen Verzögelllng beilll Abschrecken auf die Art des Korrosions-
angriffB auf A1Cu)Ig (US-Lcgierung 2024 - T4). kaltausgphärtet.
Aufgetragen ist liie TeIllperatuf, bei wrlcher für uas angegebene Zeitinteryall die Abschreekung klHZ-
zeitig mÜ"rbroch('n wurde (nach L. A. WILliEY, siehe E. H. nIx jr. [151).
Art des KorrOBiollansgriffes:
o I~o('hfr[l ß; X LochfraD u. schwache Korugrenzen-Korrosion; L. Loehfraß u. Korngrenzen-
KorrotiioIl; • KOfngrenzen-Korrosioll.

schrecken, anschließendes Kaltautlhärten und Vermeiden einer Erwär-


mung der Legierung über etwa 90°C.
In Abb. 563b wurden typitlche Abschreckkurven für verschiedene
Rlechdicken wiedprgegebpn. Das dickere Material durchläuft den
kritischen Temperaturbereich ,mischen 300 und 400°C in ungefähr
einer Sekunde und wird hierdurrh für die interkristalline Korrosion
nnfällig.
Der Einfluß der Abschreckgeschwindigkeit auf die Korrosionsbestän-
digkeit ist im übrigen inAbb. 562 bereits erläutert worden. Man erkennt,
daß bei der kaItausgehärteten Legierung AlCuMg2 die Korrosions-
742 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

beständigkeit bereits verschlechtert wird, wenn die Abschreckgeschwindig-


keit weniger als etwa 400 grdjs beträgt. 1
Die unerwünschte Korrosionsanfälligkeit der Korngrenzen ist im
Regelfall durch zu langes Verweilen im Temperaturbereich zwischen
etwa 80°0 und etwa 480°0 verursacht: Je tiefer die Temperatur in
diesem Bereich ist, um so länger ist das für die Abscheidung der Kupfer-
Aluminide an den Korngrenzen notwendige Zeitintervall.
Die Abb. 586 ist auf folgende Weise zustande gekommen:
Eine Anzahl von AIOuMg2-Blechproben wurde bei 496 °0 lösungs-
geglüht. Daraufhin wurden die Proben auf die in der Abbildung einge-
tragenen Temperaturen abgeschreckt, während der angegebenen Zeit bei
dieser Temperatur gehalten und danach in kaltem Wasser abgeschreckt.
Anschließend wurden die Proben einem Standard-Korrosionstest aus-
gesetzt und schließlich mikroskopisch auf die Art des Korrosionsangriffes
hin untersucht. Jeder Meßpunkt der Abbildung entspricht einer Probe.
Die erhaltene O-förmige Kurve zeigt, daß die am meisten gefürchtete
Korngrenzenkorrosion auftritt, wenn die Legierung AIOuMg2 im Tempe-
raturbereich von etwa 200 bis 430 °0 zu lange verweilt.

5.162 Korrosionsbeständigkeit nach Warmaushärten. Die Potential-


differenz zwischen Korngrenzen und Korninnerem durchläuft bei der
Warmaushärtung mit zunehmender Aushärtungsdauer ein Maximum. Es
gibt somit ein Minimum der Korrosionsbeständigkeit, im Beispiel der
Abb. 587 nach ca. 8 Stunden Aushärtung bei 190°0.
Abb. 588 zeigt für ein anderes Beispiel analoge Ergebnisse bei ver-
schiedenen Temperaturen der Warmaushärtung; das Maximum der
Korrosionsanfälligkeit entspricht jeweils demjenigen Stadium der
Gefügeumlagerung, bei dem sich ein zusammenhängender dünner Saum
von Ausscheidungen an den Korngrenzen gebildet hat.
Die elektrochemischen Grundlagen des Korrosionsverhaltens der
Legierung AIOuMg sind vor allem von E. H. Drx und Mitarbeitern [38]
beschrieben worden. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, daß die
Bildung von Ausscheidungen an den Korngrenzen stets eher erfolgt als
im Korninneren. Außerdem wird nahe den Korngrenzen eine Zone beob-
achtet, welche an gelösten Atomen verarmt ist. Diese schmale Zone ist
wesentlich unedler als die kupferreichen Ausscheidungen an den Korn-
grenzen und als das Korninnere. Somit hat man bei den kupferhaItigen
Legierungen eine hohe Stromdichte des Lokalstromes in den verarmten

1 Andere Legierungen sind wesentlich weniger empfindlich. Z. B. spricht die Legie-


rung AIZnMgCu 1,5 in ihrer KOITossionsanfälligkeit auf langsames Abschrecken (mit
z. B. 150 grd/s) wesentlich weniger an als AICuMg. Noch unempfindlicher ist die
Legierung AIMgSi, bei welcher sogar eine Luftabschreckung bei dünnen Wandstärken
ausreicht, ohne daß Festigkeit oder Korrosionsbeständigkeit vermindert werden.
Lit. S. 7511 .5. AURhärtbare Knetlegierungen 743

Zonen nahe den Korngrenzen, wo somit die anodische Metallauflösung


rapide voranschreitet. Damit ist die schwache Zone, in welcher die Korro-
sion abläuft, nicht die Korngrenze selber, sondern ihre unmittelbare
Nachbarschaft. Analoges gilt für Ausscheidungen im Korninneren, die
gleichfalls von einer verarmten Zone umhüllt sind.
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mV
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-i:: 10

t§:

4 8 12 16 20 24
Wormous/ogerungsdouer(bei 190 oe)
Abb. 587. Einflnß der Warmaushärtung auf daR Potential einer Legierung aus Reinstalulllinium und
4,1 % Kupfer (nach K H. DIX, R. H. BROWN u. W. W. BINGER [38]).

8 10 12 14 h 16
Auslo!lerungzeit
Abb. 588. Einfluß der Warmuushärtung anf die KorrosionRbeständigkeit ,"on A1CuMg·B!echen
(VS·Legierung 2024). Korrosionsprüfung ~ Tage im Wechseltauchbad (NaCI + H,O,)
(nach W. A. ANDERsoN [14]).

Ungünstig ist gern. Abb. 576 für die Legierung AICu::\1:g ein Warm-
aushärten bei ca. 100 bis ca. 1.50°C, wodurch der feine Ausscheidungs-
saum an den Korngrenzen entsteht, welcher eine rasch fortschreitende
interkristalline Korrosion begünstigt. Bei höheren Warmaushärtungs-
temperaturen (ca. 150 bis 200°C) kommt es zu gröberen Ausscheidungen,
744 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

auch innerhalb der Körner, welche im Verla ufe eines Korrosionsangriffs


keine baldige Schwächung des Querschnittes hervorrufen.
In manchen Fällen zeigt sich, daß nach Warmaushärtung bei z. B.
160 bis 200°0 die Korrosionsbeständigkeit fast gleich ist wie bei der kalt-
ausgehärteten Legierung [15, 18J.
Wenn man ohnehin warmaushärten will, kann ein langsames Ab-
schrecken sogar bessere Eigenschaften ergeben als ein rasches Abschrek-
ken [15]. Daher vermeidet man bei Halbzeug mit unregelmäßigem oder
hoher Wandstärke das zu schroffe Abschrecken, welches ohnehin wegen
der zu starken Spannungen schädlich wäre. Im allgemeinen ist aber die
Korrosionsanfälligkeit nach Warmaushärtung bei 160 bis 200°0 doch
noch merklich größer als nach Kaltaushärtung. Jedoch wird sie durch eine
Plattierschicht so weitgehend unterdrückt, daß gegen die Anwendbarkeit
von warmausgehärteten AIOuMg.Blechen, die mit Reinaluminium plat-
tiert sind, für die Mehrzahl der Fälle keine Bedenken bestehen.

5.163 Eindifl'undieren von Kupfer in die Plattierschicht. AIOuMg-


Bleche werden häufig mit beidseitigen Plattierschichten von je ca. 5% der
Blechdicke eingesetzt [103]. Die Plattierschicht besteht meist aus Rein-
aluminium. Zur Erzielung einer höheren Festigkeit der Plattierschicht
werden vereinzelt auch die Legierungen AIMg 1 oder AIMgSi als Plattier-
werkstoff verwendet.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Plattierung mit Reinaluminium
bezüglich Verformbarkeit und Warmaushärtung ein universell verwend-
bares AIOuMg-Blech ergibt, so daß dieses Material mengenmäßig absolut
dominiert.
In jedem Falle ist es unerwünscht, daß das Kupfer bei der Lösungs-
glühung zu tief in die Plattierschicht eindiffundiert.
Je länger die Lösungsglühung dauert und je dünner die Plattierschicht
ist, um so größer ist die Gefahr, daß die Diffusionsfront des Kupfers lokal
die freie Oberfläche erreicht (Abb.589), wodurch der Korrosionswider-
stand stark zurückgeht (Abb. 590). Wie Abb. 591 zeigt, bewirkt bereits
eine Plattierschicht von 1 % der Blechdicke einen merklichen Korrosions-
schutz. Gem. Abb.591 ist eine Plattierung mit 5% Dicke bezüglich
Korrosionsschutz derjenigen von 1 % Dicke klar überlegen. Werden die
Proben zu lange lösungsgeglüht (40 Min.), so wird die Korrosionsbestän-
digkeit etwas verschlechtert, aber erst nach über 60 Tagen Prüfdauer [104].
Bekanntlich geht die Kupferdiffusion an den Korngrenzen der
Plattierschicht besonders rasch vonstatten. Die Durchdiffusion des
Kupfem an die Oberfläche der Plattierflchicht wird mit zunehmender
Korngröße der letzteren merklich beschleunigt. Dies ist vor allem bei
Plattiorschichten aus Reinstaluminium festzustellen, aber auch Rein-
aluminium verhält sich in dieser Hinsicht ungünstiger als z. B. AIMgSi.
Lit. ~. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 745

J,2
uew.-% 8/echdicke 0,4 mm

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2,8 --~

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/ J,5
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IV 0,81

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f/ ~ _ _jl,03
o ~'-. 20 40 00 80 100 120 mm 140
Dauer derLösungsg/iJhung (bei 493°C)
Abb. 5Sll. Binflnß der Daner der Liisnngsglühung auf die Diuffsion von Knpfer durch die Plattier·
schicht auf AICuMg·Blechen verschiedener Dicke (US·Legierung 2024 - T4, kaltausgehärtet)
(nach F. KELLER U. R. H. BROWN [17]).

20~~~--r-----~~-----T~-----1
%

o 2 3 Wochen 4
Korrosionsdauer
Abb.590. Korro,io!lSprü!ung an AICllMg-Blechen (Duralumin 681 h) durch Wechseltauchprüfung.
ähnlich der im DYL-Geriit. Das nn<ünstigere Verhalten der dünnen Bleche ist auf die dünnere Plattier-
schicht zuriil'kZllführell Cdle Bleche waren mit je 5% der Blechdicke beidseitig plattiert)
(nach H. STEUDEL [109]).
---- lugfestigkeit ; _.- -- - - Dehnung.
746 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

W. GRUHL hat die Eindiffusion des Kupfers in die Plattierschicht


metallographisch und röntgenographisch untersucht [84]. Das Kupfer
diffundiert an den Korngrenzen der Plattierschicht 2 . 105 schneller als im
Korninneren.
Als Schnellmethode zur Überwachung der Kupferdiffusion in die
Reinaluminiumdeckschicht eignet sich die Mikrohärteprüfung [85]. Dabei
wird auf einem Schräganschliff eine Kette von Mikrohärteeindrücken ge-
macht [24].

45
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0 010 ZO 3040 JO fl) 70 8Od90
KorrosionsdalJer
(DVL -Schnellprüfverfahren)

Abb.591. Verändernng der :FestigkeitRwerte mit Reinaluminium plattierter AlCuMg-Bleehe dureh


KOlro.ion.angriff. Die mit 5% der Blechdicke plattierten Proben waren teilweise zu lange (d. h.
40 Minuten lang) lösungsgeglüht worden, so daß Kupfer lokal bis an die Blechoberfläche durch-
diffundiert war (nach P. BRENNER [104]).
Werkstoff AlCuMg mit Reinaluminium plattiert; Blechdicke 0,5 mm.

Eine Plattierschicht von nur 1 % der Blechdicke ist bei den üblichen
Blechdicken von ca. 0,5 bis 1 mm nach der Lösungsglühung von den
Legierungselementen des Grundmetalls -- speziell Kupfer und Magne-
sium - infolge Diffusion weitgehend durchdrungen [91].
Selbst wenn das Kupfer durch die Deckschicht völlig durchdiffun-
diert, so ist das Material doch bedeutend korrosionsbeständiger als unplat-
tiertes AICuMg [79, 81, 82].
Diese in Abb. 591 erkennbare Schutzwirkung erklärt H. KOSTRON
damit, daß in der Plattierschicht im Gegensatz zum Grundmetall ein
völlig homogenes Gefüge vorliegt [91].
Es sind manche Maßnahmen zur Unterdrückung der Kupferdiffusion
in die Plattierschicht vorgeschlagen worden, z. B. das Homogenisieren
der \Varmwalzplatten vor dem Plattieren.
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 747

Durch eine solche "Verteilungsglühung" kann die Lösungsglühdauer,


welche bei Endstärke des Bleches angewendet wird, wesentlich kürzer
gehalten werden [83].
Ein anderes Hilfsmittel zur Verringerung der Kupferdiffusion in die
Plattierschicht sind diffusionshemmende Zwischenschichten, z. B. aus der
Legierung AIMn.
Hierdurch kann auch bei dünnen plattierten Blechen das Durchdif-
fundieren von Kupfer an die Oberfläche sicher verhindert werden. Dies
ist sowohl bei warmausgehärtetem Material technisch besonders wichtig
als auch bei Blankblechen, die ohne zusätzlichen Korrosionsschutz ein-
gesetzt werden [83].
Bei Blechen, die dicker als etwa 1 mm sind, ist die Plattierschicht im
allgemeinen so dick, daß die Gefahr der Durchdiffusion von Kupfer bis
an die Oberfläche relativ gering ist (Abb. 590 u. 592).
Selbst bei einer lokalen Unterbrechung der Plattierschicht (Schnitt-
kanten, Bohrlöcher) wird das Kernmaterial für eine längere Zeit nicht
angegriffen, da die Fernschutzwirkung ausreicht [81, 86].
Die Fernschutzwirkung der Plattierschicht geht durch Eloxieren oder
Lackieren verloren [87, 88].

5.164 Potentialmessungen. In jedem Falle hat das Potential der


Plattierschicht unedler zu sein, als das der darunter liegenden AICuMg-
Legierung. Bei Messung gegen nj10 Kalomelelektrode in Kochsalz-
lösung hat die kaltausgehärtete Legierung AICuMg meist ein Potential
von -0,66 bis -0,69 V, eine Reinaluminium-Plattierschicht ein solches
von -0,76 bis -0,84 V und eine Plattierschicht aus Reinalurninium mit
Zusatz von 1 % Zink ein Potential von ca. -1 bis -1,1 V.
Diese zum kat.hodischen Schutz erwünschte Potentialdifferenz
kann aber durch zwei Vorgänge verringert werden oder verloren-
gehen, falls Kupfer bis an die Oberfläche der Plattierschicht durch-
diffundiert, oder falls das Potential des AICuMg-Grundmetalls sich
durch falsche thermische Behandlung zu unedleren Werten hin ver-
schoben hat.
Der erstgenannte Fall wird in Abb. 592, der zweite in Abb. 593 erläu-
tert [17]. Aus Abb. 593 geht die Bedeutung einer raschen Abschreckung
in möglichst kaltem Wasser für das Potentialverhalten des Grundmetalls
hervor. Wie Abb. 594 zeigt, besteht selbst bei langdauernder Lösungs-
glühung (während 120 Min.) noch ein befriedigender Korrosionsschutz,
falls das Abschrecken rasch genug vorgenommen wurde. Es hat sich
nämlich gezeigt, daß eine Potentialdifferenz von nur 30 mV zwischen
Plattierschicht-Oberfläche und Grundmetall ausreicht, um einen katho-
dischen Schutz des Grundmetalls zu bewirken, falls das Material nach
der Lösungsglühung rasch abgeschreckt war. Gem. Abb. 592 ist nach
748 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 751

120 Minuten Lösungsglühdauer und rascher Abschreckung selbst beim


dünnsten der untersuchten Bleche noch etwa 40 mV Potentialdifferenz
vorhanden.
Wie Abb. 595 zeigt, sind bei langsamer abgeschreckten Proben wesent-
lich höhere Potentialdifferenzen notwendig, um den kathodischen Schutz
zu bewirken, als bei rasch, ab-
geschreckten Pro ben [17].
Die in Abb. 593 bis 595
wiedergegebenen Ergebnisse
lassen erkennen, daß bei kalt-
ausgehärteten plattierten
Blechen aus AICul\1g ei'1e
zu langsame Abschreckung
nach dem Lösungsglühen aus-
schlaggebend für eine Ver-
schlechterung der Korro-
sions beständigkeit ist [89J,
Die Eindiffusion des Kupfers
in die Plattierschicht tritt als
weitere Fehlerquelle hinzu.
Ein Absinken dm; Poten-
0,4 tials des Grundmetalls kann
auch durch Warmaushärtung
bewirkt werden. ~Wie aus
v Abb. 596 ersichtlich, bewirkt
-0,64 0
20 40 80 80 100 minZ?O bereits eine Erwärmungwäh-
OOIJerderLösIJngsg/ü!JIJng rend ca. 30 Sekunden auf 160
Abb. 592. Einfluß der Lösungsglühungsdauer ani die oder 200°C ein deutliches Ab-
Potentialverhältnisse bei plattierten kaltausgehärteten
A1CuMg2-Blechen (Absehreckung in Wasser von Raum- sinken des Potentials, Da bei
temperatur) (nach ]'. KELLER u. R H. BROWN [17]). der Warmaushärtung wesent-
lich längere Auslagerungs-
zeiten in diesem Temperaturbereich angewendet werden, Ült somit beim
Warmaushärten der Legierung AICuMg ein Absinken der Potentialdiffe-
renz Grundmetall-Plattiersehicht nicht zu vermeiden.
Die Ursache für die Verschiebung des Potentials zu unedleren ~Werten
des Grundmetalls ist nach Warmaushärten oder langsamem Abschrecken
die gleiche: in jedem Falle wird der festen Lösung Kupfer durch Aus-
scheidung entzogen. Hierdurch wird der Potentialunterschied zwischen
Grundmetall und Plat.tierschicht verringert.
Lit. S. 751] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 749

-0,122 ~

o
~P ~rzögerung
~ -0,714
~
~
~ /
I
~ -0,705

!':!
~ -0,598
§,
~ -0,5.90 1I /a

~
~ /.
V
l .-
--
~ -D,68Z
/
V
! ,I

1 cWasserfernperatur
-0,514-
V
-0,555 I I
4,S 15 Z7 38 4.9 50 71 HZ 9J
0
C104
Wasserfemperafur
I I ! ! I I !
o
I I

ZO 40 50 80 100 lZO 140 s 150


YerzögenJng
Abb. 593. Einfluß der Temperatur des zum Abschreckeu verwendeten Wassers sowie einer Verzöge-
rung beim Abschrecken auf das Potential von AlCuMg (US-Legierung 2024), kaltausgehärtet
(uach F. KELLER u. R,. H. BROWN [11]).

-80

o 40 50 80 100 minlZO
Oauer der fjjsungsg!ühung
Abb. 594. Zusammenhaug zwischen Zeitdauer der Lösungsglühung sowie den Abschreckbedingllngen
auf den Rückgaug der Zugfestigkeit von 0,4 mm (bzw. 0,5 mm) dickeu AICuMg-Blechen nach
KOITosioDsangriff (US-Legieruug 2024). Korrosion: 72 Stunden Wecbseltauchbad
(nach F. KELLER u. R. H. BROWN [17]).
Art des Abschreckens : Zustand Art des Abschreckens: Zustand
D In Luft langsam abgekühlt H t; Abgeschreckt in Wasser 100°C T
Preßluftabgeschreckt H • Abgeschreckt in Kaltwasser H
Preßluftabgeschreckt 1 H o Abgeschreckt in Kaltwasser T
• Abgeschreckt in Wasser 100"C H
Zustand H ~ Vor Lösungsglühung walzhart; Zustand T ~ Vor Lösungsglühung weichgeglüht.
1 0,5 mm dick (alle anderen Proben 0,4 mm dick)
750 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 7511

%
OL---~o,o.~~~~o,~~~~o,~o~~--·o,~o.~~--·o,~mn-~o,~~~V~o,M
Pofenlioldifferenz
Abb. 595. Einfluß der Potentialdifferenz zwischen Grundmetall und Plattierschicht auf den Rückgang
der Zugfestigkeit nach 72 Stunden Beanspruchung im Wechseltauchbad (0,4 mm dicke Bleche aus
T!S-Legierung 2024, plattiert, kaltausgehärtet).
Die Unterschiede in der Potentialdifferenz wurden durch verschieden lange Lösungsglühzeiten vor
dem Abschrecken bewirkt (nach F. KELLER U. R. H. BROWN [17]).
!:l In Luft langsam abgekühlt;
• :IIit Preßluft abgeschreckt;
... Iu Heißwasser abgeschreckt;
D In Kaltwasser abgeschreckt.

~Or-~~r-.-.--,--.-,---r-.--r-,,-,

mV

700

0,1 O,Z 0,5 1 Z 5 10 ZO 50 100 ZOO min 1000


DOl/er der Erwärml/ng
Abb. 596. Potential von AlCuMg·Blechen nach verschieden langer Warmauslagerung bei 160'C und
200'C. Gemessen gegen ln·Calomel·Elektrode in wäßriger 2% NaCl·Lösung. Gegenüber den Meß·
werten von F. KELLER u. R. H. BROWN (Abb. 592 u. 593) ist das Potential um etwa 75 mV unedler,
was auf den verschiedenen Meß!Jedingungen bernht (nach ALUSUISSE).
Literatur zu Kapitel C 5.1 751

5.17 Literaturübersicht

Die Literatur über die Legierung AlCuMg ist sehr umfangreich.


Eine Literaturübersicht findet man z. B. :
Über den Verlauf der Entwicklung des Legierungstyps AICuMg bei
A. WILM [3], P. BRENNER [2, 4] und G. SAOHS [10'7].
Über Konstitutionsfragen und Gefügeuntersuchungen bei V. Fuss [5],
L. F. MONDOLFO [9], H. HANEMANN und A. SOHRADER [10] sowie
P. R. SPERRY [11], F. KELLER und R. A. BOSSERT [12].
über das Verhalten der Legierung bei der Verarbeitung und Wärme-
behandlung bei K. L. DREYER [13], W. A. ANDERSON [14], E. H. DIX jr.
[15], P. L. TEED [16] und G. SAOHS [108].
Über Korrosionsfragen bei K. L. DREYER [13], F. KELLER und R. H.
BRoWN [17], W. D. ROBERTSON [18] und P. BRENNER [103].
Über die Theorie der Aushärtung von AICuMg bei A. GUINIER [19],
W. A. ANDERSON [14], und in dem Buch "Agehardening of Metals"
[20 bis 22].

Literatur zu Kapitel C5.1


[1] WILM, A.: Metallurgie 8 (1911) 225, 650.
[2] BRENNER, P.: DVL-Jahrbuch 1933 (IV) 29.
[.3]WILM, A.: Aluminium 18 (1936) 366.
[4] BRENNER, P.: Aluminium 38 (1962) 437-443.
[.5]Fuss, V.: Metallographie des Aluminiums und seiner Legierungen. Berlin
Springer 1934.
[6] ROSENHAIN, W., S. L. ARCHBUTT U. D. HANSON: 11th Rep. Alloys Research
Co., Inst. Mech. Eng. London 1921.
[7] KEMPF, L. W., u. O. H. HEIL: In: Metals Handbook 1939, S. 1282.
[8] KOSTRON, H.: Metall 4 (1950) 451; Metall 5 (1951) 58.
[9] MONDOLFO, L. F.: Metallography of Aluminium Alloys. New York: Wiley &
Sons 1943.
[10] HANEMANN, H., U. A. SCHRADER: Ternäre Legierungen des Aluminiums.
Düsseldorf: Stahleisen 1952.
[11] SPERRY, P. R.: Trans. ASM 48 (1956) 904-918.
[12] KELLER, F., U. R. A. BOSSERT: Revealing the Microstructure of 24 S Alloy,
ALCOA Research Laboratories, Technical Paper Nr. 8, 1942.
[13] DREYER, K. L.: Aluminium-Knetlegierungen, Entwicklung in Deutschland
1939-1946, FIAT Review of German Science, Bd.32, Teil I. Wiesbaden:
Dieterich.
[14] ANDERSON, W. A.: In: Precipitation from Solid Solutions. Cleveland: ASM
1959, S. 150-207.
[15] DIX, E. H.: In: Physical Metallurgy of Aluminium Alloys. Cleveland: ASM
1949, S. 200-240.
[16] TEED, P. L : Duralumin and its heat treatment, London: Charles Griffin 1937.
[17] KELLER, F., u. R. H. BRowN: ALCOA Res. Lab., Technical Paper No. 9 (revised
1959).
752 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

[18] ROBERTsoN, W. D.: Trans. AlME 166 (1946) 216-227.


[19] GUINIER, A.: In: Solid State Physics 9, Academic Press 1952.
[20] HUNSICKER, H. Y.: In: Agehardening of Metals, ASM 1940, R 56-78.
[21] KEMPF, L. W.: In: Agehardening of Metals, ASM 1940, S. 8-30.
[22] FINK, W. L., D. W. S~IITH u. L. A. WILLEY: In: Agehardening of Metals,
ASM 1940, S. 31-53.
[23] HARDY, H. K.: J. Inst. Met. 78 (1950/51) 169-194.
[24] DIN 1725, BI. 1 "Aluminium-Knetlegierungen" (Mai 1961).
[25] CROWTHER, J.: Metallurgia 43 (1951) (259) 243-247.
[26] HARDY, H. K., u. T. J. HEAL: Progress in Metal Physics 5 (1954) 143.
[27] PETROV, D. A.: J. Inst. Met. 62 (1938) 63-75, 81-98.
[28] HANSEN, M., u. K. L. DREYER: Z. Metallkunde 31 (1939) 204-209.
[29] HANSEN, M., u. K. L. DREYER: Z. Metallkunde 30 (1938) 55.
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48 Altenpohl, Aluminium
754 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769

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5.2 Aluminium-Magnesium -Silizium -Legierungen


Von H. Hug, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

Die Aushärtbarkeit der AlMgSi-Legierungen wurde kurz nach dem


ersten Weltkrieg durch die Giulini AG., Münchenstein (Schweiz), ent-
deckt. Seitdem sind diese Legierungen dank ihrer hervorragenden spezi-
fischen Eigenschaften zu weitverbreiteten Universalwerkstoffen ent-
wickelt worden. Sie zeichnen sich durch eine hohe Dehngrenze aus, die im
warmausgehärteten Zustande diejenige der kaltausgehärteten AICuMg-
Legierungen bei etwas niedrigerer Zugfestigkeit und Dehnung übertrifft.
Die Legierung AlMgSi mit SiliziumgehaIten unter 1,5% wird ausschließ-
lich als Knetlegierung eingesetzt. Legierungen mit höherem Silizium-
gehalt werden als Gußlegierungen verwendet, worauf an anderer Stelle
dieses Buches eingegangen wird.

5.21 Einfluß der Legierungszusammensetzung

Die Hauptlegierungsbestandteile dieser Legierungsgattung sind Sili-


zium und Magnesium, die nach Lösungsglühung und Auslagerung bei
erhöhter Temperatur den Aushärtungseffekt hervorrufen. Neben diesen
beiden Elementen enthalten die Legierungen oft noch einige Zehntel-
prozente Mangan. Dadurch werden außer den Festigkeitswerten auch
andere Eigenschaften, wie die Korrosionsbeständigkeit, Kerbschlag-
zähigkeit und Biegefähigkeit z. T. erheblich verbessert. In USA wird
anstelle des Mangans häufig bis etwa 0,3 % CI' zugattiert, womit ähnliche
Effekte erreicht werden. Als Hauptverunreinigung enthalten die handels-
üblichen Legierungen einige Zehntelprozente Eisen.
Abb. 597 a zeigt einen Ausschnitt aus dem Zustandsdiagramm der
Legierung AIMgSi mit den Isothermen für 540,520,500,480 und 160°C,
d. h. den für die Lösungsglühung und die Warmaushärtung in Frage kom-
Lit. S. 769] 5 .•\ushärtbare Knetlegierungen 755

menden Temperaturbereichen. Die meisten der für das Strangpressen


verwendeten Legierungen liegen bei der Temperatur der Lösungsglühung
im Gebiet der homogenen. festen Lösung (iX-Mischkristall) und bei der

Abb. 597 a. Zustandsdiagramm der AI~IgSi· Legierungen mit Isothermen für 5.10, 520, 500, 480 und
löO"C (nndl D. W. EVANS [25] und 1. R. HARRIS u. P. C. YARLEY [26]) .
• Lage von gebräuchlichen Handelslegiernngen.

Warmauslagerungstemperatur (160°C), je nach Zusammensetzung, in den


Phasenfeldern iX + Mg2Si oder iX + Mg 2Si + Si.
Silizium und Magnesium bilden
700 r--~--,----r--..,--...,..,
die intermetallische Verbindung
Mg 2Si. die bei der eutektischen 500
Temperatur zu 1 ,85 %löslich ist und
deren Löslichkeit gern. Abb. 597 b 500-
mit der Temperatur abnimmt. Bei
den heute gebräuchlichen AIMgSi-
Legierungen liegen die Silizium-
gehalte meist zwischen 0,3 und 1 %.
die Magnesiumzusätze zwischen 0,4
und 0,9%. Der Gehalt dieser Ele-
mente kann max. bis zu je 1,5%
betragen. 100

Abb. 597 b. Quasibinärer Schnitt Al- Mg,Si


(Löslichkeit von Mg,Si in Aluminium) 0,5 1,0 1,5 2,06ew.-%2,5
(nach L. F. MmmoLFo [27]). Magnesiumsi/izidgeha/f

In Tab. 91 sind einige typische Zusammensetzungen wiedergegeben,


welche für die :Fabrikation von Blechen bzw. Profilen verwendet werden.
Die Festigkeit nimmt mit steigender Mg 2Si-Konzentration, wie
Abb. 59R zeigt, beträchtlich zu [1 bis 3]. Durch einen Siliziumüberschuß

48*
Tabelle 91. Zusammensetzung von A1MgSi-Legierungen (Ländernormen) -:t
Ql
~

Land Legierungs-
Norm % Mg % Si % Fe % Mn % Cr
bezeichnung
I
AlMgSiO,5 dek 0,4-0,9 0,3-0,7 :::;;0,4 :::;;0,3 :::;;0,05 9
Deutschland DIN I t<:I
AlMgSi1 0,6-1,4 0,6-1,6 :::;;0,5 :::;; 1,0 :::;;0,3 o"Q'
{t)
i:I
00
BS H9, 372B, BA24 0,4-0,9 0,3-0,7 :::;;0,6 :::;;0,5 i:I"
England DTD ".....
H30, 346A, BA25 0,4-1,5 0,6-1,3 :::;;0,6 0,4-1,0 .,...
'"
BA :::;;0,5 {t)
i:I
0-
{t)
A-GS 0,4-0,9 0,2-0,7 :::;;0,5 :::;;0,3 00
Frankreich NF
A-SG 0,5-1,3 0,6-1,5 :::;;0,5 :::;; 1,0 t::
i:I
S
P-AlSiO,4Mg 0,45-0,85 0,2-0,6 :::;;0,35 :::;; 0,1 :::;; 0,1 5'
(3569) 5'
Italien UNI S
00
P-AlSi1MgMn 0,5 -0,85 0,6-1,2 :::;;0,45 0,25-0,7 :::;; 0,1 i:I
i:I
(3571) 0-
00
{t)

GS10 0,45-0,85 0,2-0,6 :::;;0,5 :::;;0,1 0,1 ~.


Kanada G.S.A. ....
GSUR 0,4-1,5 0,6-1,3 :::;;0,6 :::;;0,4-1,0 t""
{t)

~.
Extrudal 0,4-0,ß 0,5-0,7 :::;;0,3 <0,1 ....
Schweiz VSM i:I
i:I
AlSiMg 0,5-1,0 0,5-1,5 0,2-1,0 ()Q
{t)
(Antieorodal) i:I

A.A F.
~
60ß3, GS 10A, 212 0,45-0,9 0,2-0,6 :::;;0,35 :::;; 0,1 :::;; 0,1
USA A.S.T.M. rn
S.A.E. 6061, GSl1A, 281 0,8-1,2 0,4-0,8 :::;;0,7 :::;;0,15 0,15-0,35 -l
0>
<C
Lit. S. 769] .). Au~härtbare Knetlegierungen 757

gegenüber dem für Mg 2Si stöchiometrischen Verhältnis wird die Löslich-


keit des Magnesiumsilizids nicht merklich vermindert, hingegen stark
durch einen Überschuß an Magnesium. Legierungen, von denen hohe
mechanische Festigkeitseigenschaften erwartet werden, enthalten daher
in der Regel einen Siliziumüberschuß.
35
kp/mm z,
30
"'= I /
<b
->0:
~
25 + t-
'" I

~
~ 20
i

II /
r-
/'
/ v ,/
t
I
I
1/ /
--

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r-- -

I-
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. r---
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~-

!
I
i
/
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I-

fffffi,
-I ffffEj ffijJJ
l1±IE tttfrJ Ufi±J
~~~ ~ ~ 3 ~~~~
Siliziumgehall
~ ~- ~ ~~~ :§ ~%;::­

I I I I I I I I I I I I I I I I
'" '" --
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~
2:-
~ ~
~ ~ ~ ~ ~ ~~~
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::J- ~ ~
",- <:::rc:::,-<::;,-
' " ' " 0, <oS c::;,-<:::::.-~

Magnesiumsilizidgehall
I I I I I i I I I I I I I I
i'5
<oS
'" '"
~'"
<:::fc:S
~~ ~
Sf<::::;,- c::s ~ Gew.- %
Magnesium - Uberschuß
I I I I I I I
-
I I I I I I I I I I
~~
~ ig ::::; ~ :::e ..;-
ut; ~
'"
<:::)<::$ ~ ",'

"" Silizium""- Überschuß


~ ",-
""
~ ~ '"
~
""
%~-

I I
0,4 0,6 0,8 1,0 Gew.-%
Magnesiumgehall
Abb. 59~. }lechanische Eigenschaften von AIMgSi-Legieruugen verschiedener Zusammensetzung
(lmm Blef'lw. ]i\slIugRgegliiht und warnulllsgehärtet) (uueh AI~USrli'lRE).

Mit steigendem Mg 2Si-Gehalt werden Dehnung, Biegefähigkeit und


Kerbzähigkeit stark vermindert.
Mangan, das hauptsächlich bei den höher legierten AIMgSi-Legierun-
gen zugesetzt wird. wirkt in geringen Mengen bis etwa 0,3% festigkeits-
758 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769

steigernd [4, 5], bei höheren Gehalten aber festigkeitsvermindernd. Dies


dürfte damit im Zusammenhang stehen, daß Mangan mit Silizium die
ternäre Phase AIMnSi bildet, ein Bestandteil, der zur Aushärtung nur
wenig beiträgt. Dadurch wird der für die Bildung von Mg 2Si erforderliche
35 Siliziumanteil verringert und der Aus-
kp/m mZ
!
~ r-- wirkung ist daherherabgesetzt.
härtungseffekt
bei niedrigen
Die Aus-
Silizium-
30
~ r--....o,S%Si konzentrationen ausgeprägter als bei hö-
heren. Abb. 599 zeigt diesen Einfluß auf
~ die Zugfestigkeit bei Siliziumgehalten von
~

'"
1 und 0,5% und konstantem Magnesium-
zusatz von 0,8%. Bei einem Gehalt von
1S
o 0,3 0,6 O,9Bew.-%I,2 1 % Si ist der Abfall bis 1,2% Mn gering,
Mangangehalf bei 0,5% Si-Gehalt jedoch sehr ausge-
Abb. 599. Einfluß des Mangangehaltes prägt. Sehr günstig wirkt sich ein Man-
auf die Zugfestigkeit lösungsgeglühter
und warmansgehärteter AiMgSi·Bleche ganzusatz auf die Kerbschlagzähigkeit
mit verschiedenen Silizium·Zusätzen des Materials aus (Abb. 600). Bis etwa
(Magnesiumgehalt 0,8%)
(nach ALUSUISSE). 0,4% ist ein steiler Anstieg der Kerb-
schlagfestigkeit zu erkennen. Auch die
Biegefähigkeit von Blechen und Profilen nimmt, wie aus Tab. 92 hervor-
geht, mit steigendem Mangangehalt zu.

t-+-
2,f
mkp/cm ~
! j

2,2 ....... ~
I -1-=- --t-j
.....--- 0-1"03
ml , °10 I'e
2,0

1// 1,..--.....-

;; /
I
V 1
-

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i i

1
1,2

1,0 ~0.1
o 0.2 0,3 0,4 0,5 0,6
I
0,7 0,8 Bew.-'/o 1,0
Mangangehalf
Abb. 600. Einfluß des Mangangebaltes auf die Kerbschlagzähigkeit bei Legierung AiMgSi 1, gemessen
nach VSIli 10925. Si: 1 %. Mg: 0,75%; Flachproftl60 x 10mm, !ösungsgeglüht und warmausgehärtet
(nach ALUSUISSE).

Ein ähnlicher Effekt kann an Stelle des Manganzusatzes durch einen


geringen Chromzusatz erreicht werden.
Im Hinblick auf das Korngefüge ist der Einfluß von Manganzusätzen
eher ungünstig, da diese beim Weichglühen eine Kornvergröberung be-
Lit. S. 769] ij. Aushärtbare Knetlegierungen 759

Tabelle 92. Biegefähiykeit VOll 1 mll!.AlMgSi-Blecken (Längsproben) mit verschiedenen


Mangangehalten
(Si: 1%, Mg : 0,8%, Fe : 0,3%)
Zustand: lösungsgeglüht und warmausgehärtet

Anzahl Biegungen um 90 bis zum Bruch


0

l\In (,\, Biegeradills


-= 2,5 nIrn r = 5 mnl

°0,1
0,3
0,5
2
2,5
3
6
9
o,n 2,5 12
0,9 4 12
1,2 n 13

wirken, dem durch entsprechende Maßnahmen (Barrenhochglühung vor


dem Warmwalzen, kurze Aufheizzeiten) entgegengewirkt werden kann.
Die Abb. 601 a und b zeigen die nach Ätzung sichtbaren Kornseigerungen
bei einer AIMgSi-Legierung (Gußzustand) mit 1 %Si und Mangangehalten

y---
375: t
Abb. 601 a u. b. Kornlleigerung bei stranggegossenen AIMgSi·J,egierungen mit verschiedenen
Mangan-Gehalten (Gullgefiige). Geätzt in NaOH (nach AI, USUISSE).
a) 0,04 % Mn; b) 0,74% Mn

von 0,04 und 0,74%. Man erkennt die durch die Abschreckwirkung beim
Stranggießen zunehmende Übersättigung des Mangans in den Korn-
grenzen. Durch Mikrohärtemessungen lassen sich zwischen dem Innern
der Kristalle und den übersättigten Randbezirken wesentliche, durch
Konzentrationsunterschiede bedingte Härteunterschiede nachweisen.
Bei Probe gem. Abb. 601 b wurden im Innern der Körner Härtewerte von
HV = 34 kp/mm 2 , in den Seigcrungszonen Werte von nahezu 90 kp/mm 2
gemessen. Die Auswirkungen der Manganseigerungen sind Behinderung
der Rekristallisat.ion sowie eine unerwünscht.e St.reifigkeit. beim Halbzeug
760 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769

in Walz- oder Preßrichtung. Durch die Barrenhochglühung vor dem


Warmwalzen, bei Temperaturen um etwa 550°0, können diese Kristall-
seigerungen nahezu zum Verschwinden gebracht werden. Gleichzeitig
treten feindisperse Ausscheidungen einer manganhaItigen Phase auf

375:1
Abb. 602a u. b. Eiufluß der Barrenhochglilhung auf das Gnßgefüge einer manganhaItigen
AIMgSi·Legierung (Si 1 %, Mg 0,7%. Mn 0.7%) (nach ALUSUISSE).
a) Geätzt in NaOH, Gußzustand; b) Geätzt in NaOH, nach Barrenglühllng 8h bei 550'C.

(Abb.602a und b). Bei den manganfreien AIMgSi-Legierungen treten


nach der "StabiIisierungsglühung" der Barren ebenfalls solche Ausschei-
dungen auf (Abb. 603a u. b), die aus eisen- und siliziumhaItigen Phasen

a
375:1
Abb. 603a 11. b. Einfluß der Barrenhochglühullg auf Lias Gußge!üge einer mangan!reien
All\IgSi·Legiernng (Si 1 %, l\lg 0,7%) (nach ALUSUISSE).
a) Gußzustand; b) ~ach Barreng!ühullg 8h bei 550'C.

bestehen. Abb. 604 zeigt den Einfluß des Mangangehaltes auf die Makro-
gefügeausbildung bei der Weichglühung von AIMgSi-Blechen mit 1 % Si
und 0,8% Mg. Ohne geeignete Barrenvorbehandlung ist das Korn bei
0,3% Mn bereits so grob, daß eine Verformung der Bleche, z. B. durch
Lit. S. 769] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 761

Tiefziehen oder Drücken, nicht mehr möglich ist. Durch eine Hochglühung
der Barren vor dem Warmwalzen läßt sich jedoch eine weitgehende
Gefügeverbesserung der weichgeglühten Bleche erreichen.
Eisen als Hauptverunreinigung dieser Legierungen setzt mit steigen-
dem Gehalt die Festigkeit leicht herab. Der Zugfestigkeitsverlust bei
Erhöhung des Eisengehalt.es von 0,1 auf 0,4% wurde bei einer Legierung

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o 0,3 0,8 1,2 Gew.-%


Hangangehalf
Aufheiz zeit 2h WeichgI. J80 °e/ 4 h

", 1: 1
~-\bll. G04. }~influß des J\Iangangehaltes be i einer All\IgSi-Legierullg nüt 1 % Si, O ~ 8~~ j)fg, 0,2% Fe
auf (lie Korngrößc narh dem Weichglühen (nach ALUSUISSE).

mit 0,/% Si und 0,6% Mg zu etwa 1 kpjmm 2 gefunden (Abb. 605), in


Übereinstimmung mit. den Arbeiten von K. W. GUNN und D. L. W.
('OLLINS [6J, die bei St.rangpreßprofilen mit 0,35% Fe ebenfalls einen
Fest.igkeit.srückgang gegenüber reinerem Basismet.all beobachteten. Auch
11. PAGANELLI und F. R\CCHI haben einen Abfall der Festigkeitswerte bei
erhöhtem Eisengehalt festgestellt [7].
Zink übt in der normalerweise vorhandenen , sehr niedrigen Konzen-
trat.ion « 0.05%) keinen Einfluß auf die Fest.igkeit.seigenschaften aus.
762 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769

Kupfer, das, mit Ausnahme vielleicht bei der USA-Legierung 6061,


meist nur als Verunreinigung vorliegt, wirkt schon in relativ geringen
Mengen merklich festigkeitssteigernd (Abb. 606).

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Abb.605. Abhängigkeit der mechani·
~ 26~-r-+-----~ ~1
sehen Eigenschaften einer manganfreien
AIMgSi i-Legierung vom Eisengehalt. (Si 24 '---'----'-----'--' ./
0,7%, Mg 0,65%) (nach ALUSUISSE). k' 18
Abb. 606a u. b. Einfluß des Kupferge-
~ % ° I
~ 16

x- -,I
haltes auf die Festigkeitseigenschaften ~
von AIMgSi-Legierungen (1 mm Bleche) ~ 11,
(nach ALl'SUISSE). §' 12 / I
° Chromhaltig. 0 Mauganhaltig /b
a) Si: 1%, Mg: 0,7%, Mn: 0,7 bzw. ~ 10 a I
Cr: 0,2%; b) Si: 0,5%, Mg: 0,7% Kein o aos 0,1 0,2 a aas 0,1 lJew.-% 0,2
Zu~atz an .Mn und Gr. Kupfergeha/l

5.22 Thermische Beoondlung durch LösungsgZühen


und Warmaushärten

Die hohen Festigkeitseigenschaften der AIMgSi-Legierungen werden


nach Abschrecken oder Abkühlen mit mittlerer Geschwindigkeit aus dem
Temperaturbereich von ca. 500 bis 540 0 e mit anschließendem Warm-
aushärten (meist nach längerer Zwischenlagerung) erreicht [8, 9]. Je
tiefer die Gehalte an Magnesium und Silizium liegen, um so geringer kann
die Abschreckgeschwindigkeit sein. Während Profile der höher gattierten
Legierungen mit einem auf Mg 2Si bezogenen Überschuß an Silizium
normalerweise bei 520 bis 540 oe abgeschreckt werden, können die niedri-
ger gattierten Profile mit Magnesium- und Siliziumgehalten, die meist
ungefähr dem Verhältnis Mg 2Si entsprechen, wesentlich langsamer, evtl.
sogar in ruhender Luft abgekühlt werden, ohne daß dadurch nach der
Warmaushärtung eine nennenswerte Einbuße an Festigkeit in Kauf ge-
nommen werden muß. Dies ist von großem Vorteil, weil dadurch die kost-
spieligen Richtarbeiten wesentlich vermindert werden. Nach Unter-
suchungen von K. KÖSTLIN und O. SCHAABER [10] wird die Empfind-
Lit. K 769] ;). Aushärtbare Knetlegierungen 763

lichkeit der AIMgSi-Legierungen gegen eine verzögerte Abschreckung


durch Zusatz von Mangan oder Chrom erhöht.
Bei entsprechender Vorbehandlung der Preßbolzen (Homogeni-
sierung z. B. bei ca. 570°C) ist es bei diesen niedrig legierten Werkstoffen
auch möglich, das Pressen unterhalb der üblichen, relativ hohen Lösungs-
temperatur vorzunehmen, was sich auf die Oberflächenqualität der ge-
preßten Profile günstig auswirkt. Durch Herabsetzung der Bolzentem-
peratur kann auch die Preßgeschwindigkeit bei gleicher Oberflächen-
qualität gesteigert werden. Während des Preßvorganges erhitzt sich das
Preßgut durch innere Reibung und wird gegen das Preßende zu heißer.
Insbesondere die dicht unter der Bolzenoberfläche liegende Hauptscher-
zone ist durch Überhitzung gefährdet, und da die äußere Bolzenschicht
die Profiloberfläche bildet, neigt das Material bei schnellem Pressen zum
Aufreißen. Dem kann dadurch entgegengewirkt werden, daß man im
vorgewärmten Bolzen durch Abbrausen oder kurzes Eintauchen in
Wasser ein Temperaturgefälle erzeugt, wodurch eine gewisse Temperatur-
konstanz über die ganze Profillänge erreicht und damit die Rißbildung
vermindert wird [11]. Diese Maßnahme ist vor allem bei induktiver
Erwärmung der Bolzen von Bedeutung, weil bei in dieser Weise auf-
geheizten Preßbolzen die Randzone ohnehin meist eine höhere Tempera-
tur aufweist als die Bolzenmitte. Um den Temperaturausgleich zwischen
Rand und Kern zu verhindern, muß die Zeit zwischen Bolzenabkühlung
und Preßbeginn möglichst kurz sein.
Die Neigung zur Rißbildung am Profilende wird auch durch das von
K. LAUE [12] entwickelte isotherme Pressen vermindert, ein Verfahren, bei
welchem die Preßgeschwindigkeit während des Preßvorganges herab-
gesetzt wird.
Bei Blechen aus hochlegiertem Material (meist mit starkem Silizium-
überschuß), ist zur Erreichung maximaler Festigkeitswerte Lösungs-
glühen im Luft- oder Salzbad, Abschrecken in Wasser und Warmaus-
lagern notwendig. Der Lösungsglühbereich liegt bei 520 bis 550°C.
Glühen unterhalb 520 °0 führt zu merklich tieferen Festigkeitswerten, bei
Temperaturen um 560°0 ist mit Verbrennungserscheinungen im Gefüge zu
rechnen. Abb.607 zeigt die Abhängigkeit der Festigkeitseigenschaften
einer Legierung mit 0,7% Si und 0,6% Mg von der Temperatur der
Lösungsglühung. Für die Warmaushärtung können Temperaturen
zwischen 160 bis 180°0 gewählt werden. Je nach den gewählten Bedin-
gungen liegt die Dauer der Warmaushärtung zwischen etwa 2 und
12 Stunden. Wie Abb. 608 zeigt, ergeben sowohl höhere als auch tiefere
·Warmaushärtungstemperaturen keine optimalen Zugfestigkeitswerte.
Wenn höchste mechanische Werte angestrebt werden sollen, so ist
es notwendig, daß die Zwischenlagerungsdauer, d. h. die Zeit zwischen
Abschrecken und Warmauslagern, möglichst kurz gewählt wird. Je länger
764 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769

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Lösungsg/ühlemperalur
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Abb.607. Einfluß der Lösungsglühtemperatur auf die Festigkeitseigenschaften einer


Dem

AlMgSil-Legierung (Profil 20 x 20 x 2 mm) (nach ALUSUISSE).


Zusammensetzung: Si 0,7%, Mg 0,6%, Fe 0,3%;
Aushärtungsbedingungen: Je 2 h lösungsgeglüht, abgeschreckt in Wasser und bei 160"0 16h
ausgelagert.

10 20 40 min 6,-p _ _-!;-_+-_+-__f:c--_---;~


1 2 7020hZ.
IL -~2~"'3~';-;'--:j-.!d6
Aus/agerungsdauer
Abb. 608. Zugfestigkeit von AIMgSil in Abhängigkeit von der Auslageruug;;temperatur und -dauer.
Lösungsglühtemperatur: 530"0 (nach ALUSUISSE).
Lit. fl. 679] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 765

die Zwischenlagerungszeit ist, desto niedriger fallen die Festigkeitswerte


aus [13]. Der Abfall ist, wie Abb. 609 zeigt, besonders am Anfang der
Zwischenlagerung beträchtlich und kann nach einer Stunde 4 bis 5 kpj
mm 2 betragen. Die Dehnung steigt dabei langsam an. Nach über etwa
8 Stunden Zwischenlagerung ist der Abfall nur noch unbedeutend. Dieser
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Lagerdauer zwischen Lb"sungsglühung und Warmaushärfung


Abb.609. Einfluß ,I er Lagcrdnucr bei 20'C zwischen Lösungsglühen und Warmauslagern auf die
l<'estigkeitseigen,ehnften einer AnIgSi I-Legierung (Ausgangsmaterial: 1 mrn Bleche. walzhart)
(nach ALUSUISSE).
LÜ'llng,geglüht im Salzbad 525 bis 530'C/'/, h, abgeschreckt und sofort bzw. bis nach 24stündiger
Zwischenlagerung bei 20'C warmallsgelagert (14 Std. 160'C, Oelbad).

Vorgang ist theoretisch noch nicht vollständig abgeklärt. Eine während


längerer Zeit nach dem Abschrecken bei Raumtemperatur gelagerte
ADigSi-Legierung erreicht auch nach verlängerter Warmauslagerdauer
die hohen mechanischen Festigkeitswerte nicht mehr. Der festigkeits-
vermindernde Einfluß einer längeren Zwischenlagerung kann vermieden
wE'rden, wenn da:,; ~\faterial unmittelbar nach dem Abschrecken einer
766 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769

kurzen Warmaushärtung unterworfen wird, welche bereits eine gewisse


Härtesteigerung ergibt. Hierzu genügt eine kurze Warmbehandlung
zwischen 50 und 160°0. Eine Zeitdauer von 5 Minuten bei 50°0 reicht
bereits aus, um das Material zu "stabilisieren", d. h., in einen Zustand
überzuführen, von welchem es nach beliebig langer Raumtemperatur-
lagerung durch nachträgliches Warmauslagern auf die optimalen Festig-
keitswerte gebracht werden kann.

70 .A.-

kpjm m2 ~o

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50
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°
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10 mmJO 2 5 h 10
Raumlemperafuraus/agerung
Abb. 610. HärteverJauf einer AIMgSi-Legierung bei Raumtemperaturauslagerung
(nach O. SCHAABER [14]) .
• Lösungsglühung: 550 bis 570'0/2 1 /. h; °Lösungsglühung: 540 bis 550'0/1'/, h.

O. SCHAABER [14] kommt auf Grund seiner eingehenden Untersuchun-


gen zum Schluß, daß jede Veränderung im Aufbau des unterkühlten
Mischkristalls, die ober- oder unterhalb der Warmauslagertemperaturen
eintritt, sich ungünstig auf die Warmaushärtung auswirkt und zu niedri-
geren Festigkeitseigenschaften führt. Bei der Zwischenlagerung finden
solche Veränderungen des Mischkristalls durch Kaltauslagerung statt,
wobei beim Wiederaufwärmen auf die Warmauslagertemperatur die Kalt-
auslagerung nicht oder nur unvollständig rückgebildet wird. Durch
Härtemessungen wurde festgestellt, daß bereits nach 2 Minuten Raum-
temperaturlagerung ein deutlicher Aushärtungseffekt auftritt (Abb. 610).
Nach 15 Minuten stieg die Härte um 10, nach 60 Minuten um 15 kp/mm 2
an.
Die Kaltaushärtung beginnt nicht schon während des Abschreck-
vorganges, da Proben, die wenige Sekunden nach dem Abschrecken in
Wasser im Salzbad warmausgehärtet wurden, keine Kaltaushärtung
zeigten. Aber schon bei Warmauslagerung in heißem Öl nach der 'Wasser-
abschreckung wurde die nötige Aufheizgeschwindigkeit zur Verhinde-
rung eines Kaltauslagerungseffektes nicht mehr erreicht. Durch direktes
Lit. S. 769J 6. Aushärtbare Knetlegierungen 767

Abschrecken nach der Lösungsglühung in einem Öl- oder Salzbad auf


Warmhärtetemperatur werden homogene Entmischungen im unter-
kühlten Mischkristall vermieden und dadurch optimale Festigkeitswerte
nach der Warmaushärtung erzielt.
Ausschließliche Raumtemperaturlagerung ohne Warmaushärtung ist
bei den AlMgSi-Legierungen weniger üblich, weil die durch die Warm-
aushärtung erreichbaren, erwünschten hohen Dehngrenzenwerte bei
weitem nicht erreicht werden. Abb. 611 zeigt den Aushärtungsverlauf von
AIMgSi-Blechen mit 1 % Si und 0,7% Mg bei Raumtemperaturlagerung
und während der Warmaushärtung.

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4us/agerungsdauer (bei Raumlemperalur blW. bei 160°C)
3 10 d JO

Abb. 611. Einfluß der Lagerdauer bei Raumtemperatur bzw. der Warmauslagerungsdauer bei 160°C
auf die Festigkeitseigenschaften von lösungsgeglühten AIMgSi1-Blechen (nach ALUSUISSE).
Zusammensetzung: Si 1 %, Mg 0,7%, Mn 0,7%, Fe 0,3%;
Aushärtung: Luftbad: 540°/2 h, abgeschreckt in Wasser und warmausgelagert bei 160°C.
• bei Raumtemperatur gelagert; 0 warmausgehärtet, bei 160°C.

5.23 Korrosionsverhalten

Die Korrosionsbeständigkeit der AIMgSi-Legierungen ist andern


Leichtmetall-Werkstoffen mit ähnlichen Festigkeitseigenschaften über-
legen [15,16,17]. Auch im warmausgehärteten Zustande ist die Anfällig-
keit gegen interkristallinen Angriff gering, nimmt aber mit steigendem
Gehalt an überschüssigem Silizium zu. Auch ein erhöhter Eisengehalt
verringert, insbesondere bei manganfreien Legierungen, die Korrosions-
beständigkeit [18]. Während von den natürlichen Verunreinigungen das
768 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 769)

Zink praktisch ohne Einfluß ist, wirkt sich ein erhöhter Kupfergehalt sehr
ungünstig aus [19, 20]. Bei Legierungen, von denen maximale Korro-
sionsbeständigkeit gefordert wird, sollte daher der Kupfergehalt max.
0,02% betragen. Mangan- und Chromzusätze verbessern das Korrosions-
verhalten der Legierungen. Bei geringen Verunreinigungen mit Kupfer
(0,02 bis 0,06%) ist die Wirkung des Chroms dem Mangan überlegen.
Diese korrosionshemmende Wirkung des Chroms zeigt sich besonders bei
den gegenüber einem Kupfergehalt anfälligeren, höher legierten AlMgSi-
Legierungen, während bei niedriger legiertem Material der gegenüber
Mangan überlegene Einfluß des Chroms erst bei höherenKupfergehalten
(0,2%) in Erscheinung tritt.
Eine große Bedeutung hat die Legierungsgattung AlMgSi auch als
elektrisches Leitermaterial erlangt. Hierzu werden niedrig gattierte Legie-
rungen mit 0,4 bis 0,7% Mg und 0,5 bis 0,6% Si verwendet, die nach einem

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An/andauer (bei 160°C)
Abb. 612. Abhängigkeit der Leitfähigkeit und der Zugfestigkeit eines gezogenen AIMgSi·Drahtes VOll
der Anlaßdauer bei 160·0 (Si: 0.6%. Mg: 0.45%. Fe: 0,3%) (nach ALUSUISSE).

bestimmten Verfahren [21] verarbeitet werden, das hohe elektrische Leit-


fähigkeitswerte bei hohen Festigkeitseigenschaften garantiert. Die aus
dem Gußbarren hergestellten 10 bis 14 mm dicken Walz- oder Preß-
drähte werden bei 500 bis 520°C lösungsgeglüht, in Wasser abgeschreckt
und kalt auf die gewünschte Fertigstärke heruntergezogen. Die Kaltver-
formung wird dabei möglichst hoch gewählt; normalerweise beträgt die
Querschnittsverminderung 90 bis 95%. Anschließend werden die Fertig-
drähte während einiger Stunden bei 155 bis 165°C angelassen, bis die
gewünschte elektrische Leitfähigkeit erreicht ist. Durch diese Anlaß-
behandlung tritt eine infolge der Kaltverformung sehr stark beschleu-
nigte Entmischung ein, die eine Steigerung der Leitfähigkeitswerte zur
Folge hat. Gleichzeitig geht die Zugfestigkeit langsam zurück, während
Literatur zu Kapitel C 5.2 769

Dehnung, Biegefähigkeit und Torsion eine erhebliche Verbesserung


erfahren [22, 23, 24].
Abb. 612 zeigt die Abhängigkeit eines fertiggezogenen AIMgSi-Drahtes
mit 0,6% Si und 0,45% Mg von der Anlaßdauer bei 160°0. Nach der
üblicherweise 5- bis 8stündigen Anlaßdauer weisen die Drähte bei einer
Leitfähigkeit von 31 bis 32 m/O . mm 2 eine Zugfestigkeit von 32 bis
34 kpJmm 2 auf.

5.24 Physikalische Eigenschaften von AIMgSi-Legierungen


mit je ca. 1% Mg und Si

Dichte g/cm 3 2,71


Schmelzintervall °0 590 bis 650
Elastizitätsmodul kp/mm 2 6500 bis 7500
Wärmeausdehnungskoeffizient 1Jgrd 22,7 . 10-6 bis
im Mittel (20 bis 200 °0) 23,0.10-6
Wärmeleitfähigkeit kcal/m . h . grd 130 bis 170
Spezifischer Widerstand Q. mm 2/m 0,0315 bis 0,0385

Literatur zu Kapitel C 5.2


[lJ BENKÖ, A.: Kohaszati Lapok (Budapest) 7 (85) (1952) Nr. 5,97-105.
[2] TANAKA, H., U. E. NAGAKUBO: Light Metals (Japan) 2 (1953) Nr. 6, 46-55.
[3] YAMADA, H.: Light Metals (Japan) (1957) Nr. 25, 45-50.
[4] CHADWICK, R., N. B. MUIR U. H. B. GRAINGER: J. Inst. Metals 82 (1953) Nr. 2,
75-80.
[5] Di Russo, E., u. D. GUALANDI: Alluminio 27 (1958) Nr. 2, 55-61.
[6] GUNN, K. W., u. D. L. W. COLLINS: Aluminium 28 (1962) Nr. 4, 216-219.
[7] PAGANELLI, M., U. F. SACCHI: Alluminio 29 (1960) Nr. 2, 55-64.
[8] NOCK, J. A.: The Iron Age (1947) Nr. 17, 48-54.
[9] BRENNER, P., U. H. KOSTRON: Z. Metallkunde 31 (1939) Nr. 4,89-97.
1l0] KÖSTLIN, K., U. O. SCHAABER: Härterei-Technik 5 (1959) 211-217.
[11] SUCHOVERSKY, I.: Aluminium 38 (1962) Nr. 5, 295-299.
[12] LAUE, K.: Z. Metallkunde 51 (1960) 491.
[13] RENOUARD, M., U. R. MEILLAT: Mem. Scient. Rev. Metallurgie 57 (1960) 930
bis 942.
[14] SCIIAABER, 0.: DBP Nr. 969808 vom 24. 9. 1949.
[15] WIIITAKER, M.: Met. Industry 80 (1952) 263-266.
[16] LIDDIARD, E. A. G., u. J. A. WHITTAKER: J. lnst. Metals 89 (1961) Nr. 11,423
bis 428.
[17] BOOTH, F.: Aluminium 38 (1962) Nr. 4, 213-216.
[18] BOSSHARD, M., U. H. HUG: Metallwirtschaft 18 (1939) Nr. 1, 6-8.
[19] HUG, H.: Aluminium 23 (1941) Nr. 1, 33-36.
[20] KATO, M., Y. flASAKI U. O. ISHIKAWA: Light Metals (Japan) (1955) Nr.14, 32 bis
46.

49 AltenpohI, Aluminium
770 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

[21] Schweiz, Pat. Nr. 110527 v. 21. 5. 1924.


[22] Schweizer Bauzeitung 87 (1926) Nr. 26.
[23] BACHMANN, 0., U. W. KÖSTER: Bericht Nr. 6 des Schweiz. Verbandes für die
Materialprüfungen der Technik, August 1927.
[24] BOSSHARD, M.: Bulletin des Schweiz. Elektrotechn. Vereins 3,1927.
[25] EVANs, D. W.: Aluminium 38 (1962) Nr. 4, 219-221.
[26] HARRIS, I. R., u. P. C. VARLEY: J. Inst. Met. 82 (1953/54) 379.
[27] MONDOLFO, L. )J'.: Metallography of Aluminium Alloys. New York: Wiley &
Sons 1943.

5.3 Aluminium-Zink- Magnesium -Legierungen


Von B. Bug, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

5.31 Ubersicht
Seit den um die Mitte der Zwanziger Jahre veröffentlichten Unter-
suchungen von W. SANDER und K. L. MEISSNER [1 bis 3] ist, bekannt,
daß Legierungen auf AlZnMg-Basis durch Kalt- oder Warmaushärtung
beachtliche Festigkeitswerte erreichen. Diese Legierungen haben aber
wegen ihrer Empfindlichkeit gegen Spannungskorrosion lange Zeit
keine praktische Bedeutung erlangt. Erhöhtes Interesse gewannen sie
erst wieder, als es nach systematischen Untersuchungen gelang, durch
richtige Dosierung der Legierungsbestandteile Zink und Magnesium so-
wie durch Zusätze von sog. "Stabilisatoren", wie Chrom, Vanadium u. a.,
oder durch geeignete Wärmebehandlung die Anfälligkeit gegenüber
Spannungskorrosion zu beseitigen.
Heute werden die AIZnMg-Knetlegierungen in zunehmendem Maße
zur Herstellung von Walz produkten, Strangpreßprofilen und Schmiede-
teilen eingesetzt. Die AIZnMg-Legierungen besitzen eine Reihe wertvoller
Eigenschaften. Sie sind in der Wärme ausgesprochen leicht verformbar.
Sie behalten ihren hellen Glanz auch im eloxierten Zustande weitgehend
bei und stranggepreßte Profile zeigen eine glatte, riefenfreie Oberfläche.
Während bei den meisten aushärtbaren Aluminiumlegierungen zur Erzie-
lung optimaler Festigkeitseigenschaften die Lösungsglühung in einem
relativ engen Temperaturbereich vorgenommen werden muß, ist dies bei
der Legierungsgattung AIZnMg nicht erforderlich. Nach einer Glühung
bei 350 oe erreicht man nach anschließender Auslagerung bei Raum-
temperatur praktisch die gleichen Festigkeitswerte wie nach Lösungs-
glühung bei 500°C [4 bis 6]. Dieser weite Temperaturbereich für die
Lösungsglühung bringt wesentliche Vorteile, da eine überhitzung oder
ungenügende Festigkeitseigenschaften als Folge einer Unterschreitung
der vorgeschriebenen Lösungsglühtemperatur weitgehend ausgeschlossen
sind. Bei den aushärtbaren AICuMg- und hochlegierten AIMgSi-Legierun-
Lit. S. 784] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 771

gen ist es überdies notwendig, daß das Material nach der Lösungsglühung
schroff abgeschreckt wird. Bei den AlZnMg-Legierungen braucht auch
diese Bedingung nicht erfüllt zu sein. Die Art der Abkühlung nach der
Lösungsglühung kann sehr weitgehend variiert werden, ausgenommen
eine extrem langsame Abkühlung.

5.32 ZU8tand8diagramm
Das ternäre System der aluminiumreichen Legierungen wurde vor
allem von W. KÖSTER und Mitarbeitern [7, 8] untersucht, ferner von
W. L. FI~K und L. A. WILLEY [9]. Abb. 613 zeigt die Aluminiumecke des

AL b 8 10
Zinkgehalt
A\,1I. 613. Altlmilliumeeke des DreiHtoffsystems Alumininm-Zink-MagnesiulIl bei Raullltelllllpmtur
(nach W. KÖSTER U. K. KAM [19]).
Sl"hraffierter Bereich: Luge der gebräuchlichsten Handelsle!lierullgen.
a Leg. AIZnMg3 COllstruktal 21/42;
b Leg. AIZnMgl ConstruktaI21/51, l:nidur;
r Leg. A-Z4G Zicral3, Seleral, MT1, Huperalumag T. 35;
d l,eg. A-Z6G Seler"I MT~. SU]lemlulllag T. 45. Htrollgal·6;
(' Leg. AIZnl\fg l"nidal.

Diagramms bei Raumtemperatur, in der auch die meist gebräuchlichen


Handelslegierungen eingetragen sind. Alle diese Legierungen bestehen bei
Lösungsglühtemperatur (450°C) aus homogenen Aluminiummischkristal:
len und sind entsprechend ihrer Zusammensetzung an einer oder zwei
Kristallarten übersättigt. Die Legierungen liegen vorwiegend in dem
Zweiphasenfeld, in welchem der Aluminiummischkristall mit der ter-
nären Phase T (A.l 2Mg 3 Zn 3 ) im Gleichgewicht ist.

5.33 Legierung8.zusamrnensetzung nnd Festigkeitswerte

In Tab. 93 sind einige gebräuchliche Zusammensetzungen und typische


Festigkeitswerte dieser Legierungen im vollausgehärteten Zust.ande
zusammengestellt. Die Fest.igkeit.seigenschaften der AIZnMg-Legierungen

49*
772 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

sind abhängig vom Zink- und


Magnesiumgehalt [4, 10 bis
13]. Abb. 614 zeigt die Zug-
festigkeitswerte von Legie-
rungen mit verschiedenen
Zink- undMagnesiumkonzen-
trationen nach Lösungsglü-
hung bei 450°C und 3mona-
*0<C
* **lC> **
*<Co tiger Auslagerung bei Raum-
lC>~ ~ ~~

temperatur. Der Aushär-


tungseffekt ist bei geringen
C'l C'l C'l C'l C'l C'l .... ZinkgehaIten und bei den
0"00 00'0 0 I heute für Bleche und Profile
vorwiegend gebräuchlichen,
relativ niedrigen Magnesium-
zusätzen zwischen 1 und
1,5% noch unbedeutend und
lC>.~~ 1O~1O beträgt bei 2 % Zn etwa 3 bis
"1""""1 "1""""1 "1""""1 eq.... e-l'" C\I"'
5 kpJmm 2 • Bei 5% Zn und
gleichem Magnesiumgehalt
beträgt aber die Festigkeits-
zunahme nach analoger Aus-
lagerungsdauer bei Raum-
<:'Ie\lC\I .,....j"l""""l"l""""l
lC>
0- temperatur bereits über
00'0 00'0' 0'0'
15kpJmm2 , bei noch weiterer
VVV VVV VV
Erhöhung der Zinkkonzen-
tration ist wohl die Endfestig-
keit höher, der Auslagerungs-
effekt hat aber das Maximum
bei etwa 6 % Zn bereits über-
schritten. AIZnMg-Legierun-
gen, die neben Zink und Ma-
gnesium im Hinblick auf das
Preßverhalten und die ano-
dische Oxydierbarkeit keine
weiteren Zusätze, wie z. B.
Mangan und Chrom, enthal-
ten, wurden hauptsächlich
in der Schweiz unter dem
Namen"U nidal" serienmäßig
in Form von Profilen herge-
stellt und haben sich in der
Praxis, vorwiegend in der
Lit. S. 784] il. Aushärtbare Knetlegierungen 773

Architektur, jahrelang best,ens bewährt. Die genügende Stabilität gegen


Spannungskorrosion wurde durch scharfe Begrenzung der Legierungs-
komponenten erreicht. Die oberen Grenzwerte für die Legierungszusätze,
bei denen das Material noch keine Anfälligkeit gegen Spannungskorrosion
zeigt, liegen bei etwa 4,6% Zn bzw. 1 % Mg [14, 15]. Ein Nachteil dieser
Legierungen ist, daß sie für Anwendungen mit höheren Festigkeitsan-
sprüchen nicht am'reichpn. Sie haben deshalb an Bedeutung verloren .

.... zo
~
.~
-...0 15
~
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"J 10

o ,/
,/

7 Gew.-% () 5 4 3
Zinkgeha/t
ALb. 614. Zugfestigkeitswerte von AIZnMg-Legierungen (Bleche) in Abhängigkeit vom Zink- und
Magnesiumgehalt (lösungsgegliiht bei 450"C, abgeschreckt und 90 Tage bei Raumtemperatur aus-
gelagert) (uach AL USUISSE).

AIZnMg-Profile mit etwa 4,5% Zn und 1 % Mg erreichen nach 30tägigcr


Raumtemperaturlagerungeine 0,2-Dehngrenze von 15, eine Zugfestigkeit
von 30 und eine Härte von 70 bis 80 kpjmm 2 bei einer Dehnung von 20%.
Die in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges unter der Be-
zeichnung Fl. W. 3415 und 3425 verwendeten AlZnMg-Legierungen, die
anstelle von Fl. W_ 3115 und 3125 vor allem im Flugzeugbau als gewalztes
(Fl. W. 3415), stranggepreßtes und geschmiedetes (Fl. W. 3425) Halb-
zeug verwendet wurden, wiesen bei einem Zinkgehalt von 4 bis 5%
relativ hohe Magnesiumgehalte von 2 bis 4% auf. Zur Vermeidung der
Spannungskorrosion enthielten diese Legierungen Zusätze von Mangan
(~0,3%), Chrom «0,2%), Vanadium «0,1%) und einige Zehntel-
prozente Kupfer (0,1 bis 0,5%) [16].
Mit Legierung 3415, mit einem Zinkgehalt von 4 bis 5%, einem
Magnesiumzusatz von 2 bis 3% und einem Mangangehalt von 0,3 bis 1 %
774 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

wurden Mindest-Zugfestigkeitswerte von 46 kpjmm2 erreicht, bei der


im Magnesiumgehalt etwas höher gattierten Legierung 3425 (Magnesium
3 bis 4%, Zink 4,3 bis 4,8%, Mangan 0,2 bis 0,5%) bis 50 kpjmm2 • Auch
diese Legierungen haben sich in der Praxis hervorragend bewährt [17].
Die heute für Konstruktionszwecke in der Schweiz und in Deutsch-
land gebräuchlichen Legierungen sind im Zinkgehalt (4,5 bis 5%) und
auch im Magnesiumgehalt (1,2 bis 1,5%) etwas höher gattiert als "Unidal"
und enthalten zur Vermeidung der Spannungskorrosion Zusätze von
0,2 bis 0,5% Mn, 0,10 bis 0,15% Or und bis zu 0,1 % Ti. Ohrom und
Mangan wirken gleichzeitig festigkeitserhöhend [16], und zwar 0,5 bis
0,7 kpjmm2 für je 0,1 % Or oder Mn.
Diese Legierungen sind in der Schweiz unter dem Namen Unidur,
in Deutschland unter der Bezeichnung Oonstruktal Nr.21j51, DIN-
Bezeichnung: AIZnMg1, bekannt. Durch geeignete Wärmebehandlung
werden 0,2-Dehngrenzenwerte von 28 bis 32 und Zugfestigkeitswerte von
35 bis 40 kpjmm 2 erreicht.
In Deutschland wird für Spezialzwecke noch eine dem Fliegwerkstoff
Fl. W. 3415 ähnliche Legierung mit höherem Magnesiumgehalt (2,8%)
und einem Zinkgehalt von ca. 4,5% unter der Bezeichnung Oonstruktal
21j42, Gattung AIZnMg3, verwendet, mit welcher man bei Rohren und
Schmiedeteilen Zugfestigkeitswerte von 50 kpjmm2 bei einer 0,2-Dehn-
grenze von 46 kpjmm2 und einer Dehnung von 10% erzielt.

5.34 Physikalische Eigenschaften von A1ZnMg-Knetlegierungen


(Richtwerte)

Dichte gjcm3 2,78


Elastizitätsmodul kpjmm2 ~7000
Gleitmodul kpjmm 2 ~2500
Linearer Wärmeausdehnungs- 1jgrd 23 X 10-6
koeffizient (20 bis 100 °0)
Wärmeleitfähigkeit kcaljm . h . grd 110
Elektrischer Widerstand bei 20 °0 Qmm 2 jm 0,056 bis 0,050
Erstarrungsintervall °0 600 bis 650

5.35 Verformbarkeit

Zwischen 300 und 500 °0 lassen sich die AlZnMg-Legierungen leicht


schmieden und strangpressen. Besonders bei den Legierungen mit mitt-
leren Zink- und Magnesiumgehalten, ohne die erwähnten Sonderzusätze,
erreicht man auch bei hohen Preßgeschwindigkeiten eine einwandfreie,
glatte Profiloberfläche. Bei Raumtemperatur ist die Verformbarkeit nur
Lit. S. 784] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 775

unmittelbar nach der Lösungsglühung oder im weichen Zustand möglich.


Biegen, Abkanten und Tiefziehen sind in diesem Zustand ebenfalls leicht
durchführbar. Nur .,totgcglühtes" Material läßt sich auch nach
Monaten oder Jahren noch einwandfrei verarbeiten. Verformungen bei
Raumtemperatur von ausgelagertem Material bieten Schwierigkeiten,
jedenfalls erfordern Biege- oder Abkantarbeiten wesentlich größere
Rachen. Ticfzicharbeiten mit ausgehärteten Blechen sind nicht zu emp-
fehlen.

:j.3G Wärmebphandlung

5.361 Aushärtung'. Die hohen mechanischen Festigkeitseigenschaften


der AIZnMg-Legierungen werden, wie schon erwähnt, durch Lösungs-
glühung zwischen 350 und 500°(;, und anschließende Raumtemperatur-
Auslagerung oder \Yarmauslagerung bei erhöhter Temperatur erreicht.

- -~._-~ ~---------l~~---I

350 400 450 oe 500


Lösungsg/iihfemperafur

Abb.615. Abhängigkeit der Zugfestigkeitswerte einer AIZn:lIg-Legierung VOll der


LÖ"\llgsglühtemperatur (nach ALUSUISSE).
Zllsanlmell~f'tzullg: Zn 4.5~o. lUg 1,1 ~6. Mn 0,25%. Cr 0,120/0
1 Monat ausgelagert bei 20 'e :
:-l Monate aURgelalZert bei :woC;
ti Monate ausgelagert bei 20 oe:
1:2 Monate :llu;~ela.gert bei 20°C.

Eine separate Lösungsglühung wird in der Praxis nur bei Blechen vorge-
nommen. Profile werden nach dem Pressen nicht mehr lösungsgelüht. Die
Abkühlung nach dem Pressen erfolgt bei Profilen mit geringen oder mitt-
leren \Vand<lieken an der Luft, und nur bei großen Wanddicken oder
dicken Rundstangen wird in Wasser abgeschreckt. Auch Bleche werden
sicherheitshalber meist in Wasser abgeschreckt.
Die Lösungsglühtemperatur für Bleche liegt normalerweise bei 450
bis 470°0, <loch werden. wie Abb. 615 zeigt, zwischen etwa 350 und 500°0
die gleichen Werte erzielt. Die Raumtemperaturauslagerung (Abb. 616)
geht relativ langsam vor sich und ist auch nach Jahren noch nicht beendet.
Im Hinblick auf die beträchtlich höheren 0,2-Dehngrenzenwerte, die bei
\\'armaushärtung erreicht werden, wird das Material meist bei erhöhter
Temperatur ausgelagert. Die \Varmaushärtung kann zwischen etwa 50
776 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

und 140°0 erfolgen und nimmt bei Temperaturen unterhalb 100°0


noch mehrere Tage in Anspruch. Für die angestrebten Minimalwerte
(aO• 2 = 28 kp/mm2 , aB = 36 kp/mm 2, t5 5 = 10 %) benötigt man bei
sofort nach dem Pressen eingeleiteter Warmauslagerung bei 120°0
immer noch 48 Stunden (Abb. 617). Schneller erreicht man die angegebe-
nen Werte, wenn das Halbzeug
nach der Lösungsglühung oder nach

i~'~rft~-~--~----~I dem Pressen vorerst während meh-


reren Tagen bei Raumtemperatur
vorgelagert wird. Die Warmausla-
gerdauer bei 100 °0 vermindert sich
dann auf 48 Stunden, zwischen

jt~ ~ Lm~_Z~L~:=_-=d.=_~i= =_-=1~-= _-= _-= _-= _-= _~ l


120 und 140 °0 auf 24 Stunden
(Abb.618). Bei 150°0 werden die
__ Festigkeitswerte auch bei optima-
ler Warmauslagerdauer nur noch
§'~H1 00
~ ~~~~~~~--~----~~~~
knapp erreicht, und nach Warm-
~ ~~'~~------~----------~ auslagerung bei 160°0 liegen sie
110
2
beträchtlich unter den Sollwer-
kP/~~o r--- I-- f--HB ten. Durch eine kombinierte Aus-
~ 90 { härtung bei verschiedenen Tem-
~ 80 peraturen kann die Warmausla-
Ji7Q gerzeit erheblich abgekürzt werden.
CO
Nach 7tägiger Vorlagerung bei
500 1 Z 0 Monate 12 Raumtemperatur, anschließender
Kalfaus/agerungsdauer (20°C)
Warmauslagerung während 1 Stun-
Abb. 616. Verlauf der Festigkeitseigeuschaften de bei 120 °0 und 4 Stunden bei
von stranggepreßten und lufterkalteten AlZnMg-
Profilen bei Raumtemperaturauslagerung 160 °0 liegen die Festigkeitseigen -
(nach ALUSUISSE).
schaften bereits über den Soll-
Zusammensetzung: Zn 4,5%, 11>1g 1,1%.
Mn 0,25%, Cr;0,12%. werten.

5.362 Weichglühung. Nach der Rekristallisationsglühung der walz-


harten Bleche über etwa 350 °0 härtet das Material bei nachträglicher
Raumtemperaturauslagerung wieder selbsttätig aus, so daß eine einfache
Weichglühung, wie sie bei den meisten übrigen Aluminiumlegierungen
üblich ist, nieht zum Ziele führt. Eine solche Glühung ist nur dann ange-
zeigt, wenn das Glühgut innerhalb weniger Stunden nach der Entnahme
aus dem Ofen weiter verarbeitet werden kann. Hierfür genügt dann eine
Glühbehandlung während 2 bis 4 Stunden bei 400 bis 450°0, mit anschlie-
ßender Abkühlung an der Luft. Ist eine rasche Weiterverarbeitung nicht
möglich, so muß das Material "totgeglüht" werden, was durch eine
kombinierte Weichglühbehandlung in folgender Weise erreicht wird:
Lit. S. 784] il. Aushärtbare Knetlegierungen 777

Rekristallisationsglühung: 2 bis 4 h 350 bis 400 0, 0

anschließende Nachglühung: 5 bis 10 h 240 bis 260 0 0.


Ein solchermaßen behandeltes Material härtet langsam und nur sehr
wenig nach. Die Nachhärtung ist um so geringer, je länger die Glühung bei

36 I - J
kp/mm2 I
:t::: 32
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13

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l~tFE4S--J 012 6 12 24
Warmaus/agerongsdauer
h 48

Abb.617. Festigkeitseigenschaften von bei 450'0 lösungsgeglühten und abgeschreckten AlZnMg-


Blechen nach verschiedener Warmauslagerungsdauer bei 100, 120 und 160°0 (ohne Raumtemperatur-
Vorlagerung) (nach ALUSUISSE).
Zusammensetzung: Zn 4,8(1~, l\Ig 1,4 % , ]\tIn 0,3%, Cr O,14~,~, Ti 0,08%
Warmauslagerung,t.emperatur: 0 100°0; + 120°0; x 160°0.

der tiefen Temperatur durchgeführt wird. Eine ähnliche Wirkung erzielt


man durch eine an die Rekristallisationsglühung anschließende lang-
same Abkühlung im Ofen bis unter etwa 250°0. Der Temperaturabfall
soll dabei 5 bis 10 grdjh betragen.
778 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

38oll
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8012 {} 12 24 h 48
Warmaus/agerungsdauer

Abh. 618. Festigkeitseigenschaften von bei 450°C lösnngsgeglühten nnd ahgeschreckten AlZnMg-
Blechen nach verschiedener Warmauslagerungsdauer bei 100. 120 und 160°C (mit 7tägiger Vor-
lagerung bei Raumtemperntur) (nach ALUSUISSE).
Zusammensetzung Zn 4,8%. Mg 1,4%. Mn 0,3%, Cr 0,14%. Ti 0,08%
Warmauslagerungstemperatur: 0 100'C; + 120'C; x 160'C.

5.37 A ushärtun(Jskinetik

5.371 Rückbildung. Am Anfang der Warmauslagerung der bei Raum-


temperatur vorgelagerten Bleche beobachtet man zunächst einen Abfall
der Festigkeitswerte, der, wenn die Warmauslagerung im Salzbad bei
120 oe durchgeführt wurde, in weniger als 2 Minuten sein Maximum
erreicht. Nach 15 bis 30 Minuten dauernder Inkubationszeit, während
welcher sich die Werte nicht merklich ändern, setzt die Warmaushärtung
ein (Abb. 619). Es handelt sich hier um die auch bei andern aushärtbaren
Aluminiumlegierungen bekannte Rückbildung der Kaltaushärtung
118, 19]. Die Rückbildung tritt bei merklich tieferen Temperaturen ein,
Lit. S. 784] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 779

als bei den AlCuMg-Legierungen. Kalt ausgehärtete AlZnMg-Legierungen


sind nur unterhalb 70°C yollständig stabil. Oberhalb dieser Temperatur
setzt Rüekbildung ein. und zwar um so stärker, je höheren Temperaturen

130[1---r
kp/mm z 1
120-c-~
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i
I
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70

h .9(;

Abb. 6U). Rückbildung und Wiederanstieg der IIärte bei einer AIZn~lg·Legierung nach Glühung bei
UO"C während 0 bis 96 h (nach ALUSUISSE).
Znsammensetzllng: Zn 4,8%, ~IgL4%, ~In 0,3%, Cr 0,14%. Ti 0,08%; Ausgangszustand : Lösungs-
geglüht und 7 Tage vorgelagert bei 20".
0--- ----0 Nach Warmaushärtung sofort geprüft;
.~- - . Nach Warmaushärtung 30 Tage bei 20°(; ausgelagert.

das Material ausgesetzt wird. Wird das bei Raumtemperatur ausgelagerte


Material, dessen Festigkeitswerte durch cinen kurzzeitigen Wärmestoß
rückgebildet wurden, anschließend bei Raumtemperatur wieder ausge-
110

~!
kp/mmz
100 .. , '-l , ,
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I

r-~l~--
I, '

60
,-1 I
50 -t·· --l-
'1

4O~510 30 min 60 0 1 ;: 5 8 h 10
Warmauslagerungsdauer
Abb. 620. Rückbildung lIud Wiederanstieg der Härte bei einer AIZnMg·Legierung nach Glühung bei
240'C während 0 bis 10 h (Salzbad) (nach ALUSUISSE).
Zu~ammensetzung: ZIl4.H~'o.1\[g 1,4~,~, MnO,3%. CrO,14%, Ti 0,080/0; Ausgangszustand: Lösungs-
geglüht und 7 Tagp yorge]a~ert bei 20°C.

lagert, so steigen diese wieder auf ihre ursprünglichen Werte an. Dies gilt
jedoch nur für einen bestimmten Temperaturbereich und für eine be-
grenzte Dauer der Wärmeeinwirkung. Abb. 620 zeigt den Einfluß der
780 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

Dauer der Wärme einwirkung (Salzbad) bei 240°C auf die Härterückbil-
dung und auf den durch anschließende 1monatige Raumtemperatur-
auslagerung erreich baren Härteanstieg .
Dieser Auslagerungseffekt wird mit zunehmender Glühdauer zu-
sehends schwächer, und nach 5 Stunden verliert das Material seine Fähig-
keit zur Kaltaushärtung vollständig. In diesem Punkt ist das MateriaL
wie bereits oben erwähnt, "totgeglüht".
Den Mechanismus dieser Vorgänge kann man sich gem. Abb. 619 etwa
so yorstellen, daß die bei der Vorlagerung gebildeten Clusters nach kurz-
zeitiger Wärmeeinwirkung "aufgelöst" werden, und das Material wieder
dem lösungsgeglühten Zustand entspricht. Bei der anschließenden Kalt-
auslagerung kommt es erneut zur Clusterbildung, die den Kaltaushär-
tungseffekt herbeiführt. Wird die Wärme einwirkung verlängert, so bildet
sich die Zwischenphase, die entsprechend ihrer ausgeschiedenen Menge
einen Aushärtungseffekt bewirkt, der mit zunehmender Warmauslage-
rungsdauer größer wird. In gleichem Ausmaße vermindert sich aber
dadurch. die für die Clusterbildung zur Verfügung stehende Konzen-
tration an Zink und Magnesium und die Nachhärtung wird geringer. Nach
Warmauslagerung über 8 Stundfln bei 120°C ist der Anteil an ausgeschie-
dener Zwischenphase bereits so hoch, daß praktisch keine Nachhärtung
mehr stattfindet. In ähnlichem Sinne ist der in Abb. 620 gezeigte Kurven-
verlauf zu deuten. Entsprechend der höheren Temperatur (240°C) geht
aber die Ausscheidung rascher vor sich, so daß der Nachhärtungseffekt
rascher abgebaut wird. Zudem beobachtet man keine Warmaushärtung
mehr, da bei dieser Temperatur nicht die aushärtende Zwischenphase,
sondern die Gleichgewichtsphase ausgeschieden wird. Nach 5stündiger
Glühung bei 240°C ist die Ausscheidung bereits so vollständig, daß auch
nach monatelanger Lagerung die Nachhärtung ausbleibt (Totglühung).
Für das Ausmaß der Warmaushärtung ist nicht nur die Menge der ausge-
schiedenen Phase, sondern auch die Größe der Teilchen und ihre Ver-
teilung maßgebend. Die Ausscheidungen sind um so feiner, je tiefer die
Warmauslagertemperatur gewählt wird. Bei Temperaturen zwischen 50.
und 100°C erreicht man daher die größten Warmaushärtungseffekte.
Über etwa 140°C vergröbern sich die Teilchen rasch, und die hohen Festig-
keitswerte werden nicht mehr erreicht.
Arbeiten über die Kinetik der Kalt- und Warmaushärtung wurden vor
allem von W. KösTER und Mitarbeiter [20, 21] und von I. J. POLMEAR
[22 bis 24] veröffentlicht.

5.372 Einfluß kleiner Zusätze. Der Einfluß eines Chrom-Zusatzes von


0,2% zu einer AIZnMg-Legierung mit 6,2% Zn und 3,5% Mg wurde von
W. KösTER [20] untersucht. Danach wird die Ausscheidungsgeschwindig-
keit der ternären Phase durch Zugattierung von Chrom erhöht, was als
Lit. S. 784] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 781

mögliche Ursache der Verbesserung der SpannungskoITosionsbeständig-


keit gedeutet wird.
1. J. POLMEAR [251 hat bei Legierungen mit 4 und 8% Zn und 1 und
3% Mg die Auswirkung von Kupfer, Silber und Gold (0,5 bis 2%) unter-
sucht und gefunden, daß die Aushärtung durch Kupfer und Silber, je
nach Legierungszusammensetzung, z. T. stark beeinflußt wird. Kupfer
wirkt nur im Anfangsstadium der Aushärtung durch eine Beschleuni-
gung zwischen 100 und 235°C. Silber zeigt einen starken Einfluß auf die
Ausbildung der Phase in einem späteren Stadium der Aushärtung. Die
Keimbildung wird durch Silberzusatz erleichtert, und die Stabilität der
Phase erhöht, was eine Verzögerung der überalterung zur Folge hat.
Gold zeigt wegen seiner geringen Löslichkeit im festen Zustande
keinen Effekt.
T. ROGERS und D. E. GLANVILLE [26] haben auf autoradiographischem
Wege die Verteilung von Chrom, Mangan und Kupfer als Zusätze in
Mengen von je etwa 0,25% bei Legierungen mit 5% Zn und 2,5% Mg
untersucht. Es ließ sich nachweisen, daß Chrom nicht an den Korn-
grenzen, sondern innerhalb der Körner konzentriert ist, und daß auch
eine Lösungsglühung keine Veränderung hervorruft.
Die gleiche Beobachtung hinsichtlich Veränderung der Lage der
Partikel nach der Lösungsglühung wurde bei Mangan gemacht, das offen-
bar als separate Phase (AlsMn) vorliegt. Kupfer, das im Gußzustand
interdendritisch auftritt, verteilt sich dagegen bei einer Wärmebehand-
lung durch Diffusion gleichmäßig über die ganze Matrix. Möglicherweise
steht der Einfluß dieser Zusatzelemente auf das SpannungskoITosions-
verhalten der AlZnMg.Legierungen mit ihrer Verteilung im Zusammen-
hang. Mangan als separate Phase übt allein keine merklich verbessernde
Wirkung auf die Spannungskorrosionseigenschaften aus.

5.38 Korrosionsverhalten
Das allgemeine Korrosionsverhalten der AlZnMg-Legierungen ist den
AICuMg-Legierungen überlegen [27], doch erreichen die Legierungen,
wie Abb. 621 zeigt, die Beständigkeit der AIMg- und AIMgSi.Legierungen
nicht. Stark kOITosionsbeanspruchte Teile müssen daher mit Schutz-
anstrichen versehen werden. Auch beim Zusammenbau mit anderen
Legierungen ist dem wegen des hohen Zinkgehaltes unedlen Potential
dieser Legierung Rechnung zu tragen. Gegen Witterungseinflüsse ist das
Material beständig. Durch die nach längerer atmosphärischer Einwir-
kung an der Oberfläche sich bildende graue bis schwarze Patina werden
die mechanischen Eigenschaften nicht beeinträchtigt. Noch mehr als die
übrigen Aluminiumlegierungen ist diese Legierungsgattung gegenüber
Schwitzwasser anfällig, so daß das Halbzeug auch unter günstigsten
782 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 784

Lagerverhältnissen im eingeölten Zustand aufbewahrt werden muß.


Die Neigung der AlZnMg-Legierungen zu Spannungskorrosion. d. h.
ihre Empfindlichkeit gegenüber einem selektiven Angriff von Korro-
sionsmitteln unter gleichzeitiger Einwirkung von Spannungen, die
schließlich zum Bruch des Werkstoffes führen, ist in zahlreichen Arbeiten
beschrieben worden [28 bis 37]. Aus diesen Untersuchungen resultierten
Vorschriften, durch deren Anwen-

--
AlCuMg"..-' dung es gelang, die Spannungs-
I--'~ . AlZnMfl- korrosionsbeständigkeit soweit zu
v'
V' ~ verbessern. daß eine weitgehende
V technische Verwendung dieser Le-
_1!:~fl§!'--=
'V - --- gierungen ermöglicht wurde. Zur
1..-..-- --
praktischen Lösung des Problems
0
)<' ,l4LCuMg .I.
AtZnMg
wurden verschiedene Wege be-
schritten: Da die Empfindlichkeit
1/ 1

'0 V
/'" ,
V- gegen Spannungskorrosion mit a b-
nehmenden Gehalten an Zink und
_dLM2§!"--- Magnesium verringert wird, kann
ik, --J-- ---
00 1 2 3 4 6 8 Monate 12 durch entsprechende Begrenzung
Korrosionsdauer der Konzentration dieser Legie-
Abb. 621. Festigkeits- uud Dehnungsverlust von rungskomponenten auch ohne be-
AIZn:Mg-B1echen (Zn 4,5%. :Mg 1 %) bei der sondere Zusätze (Chrom, Mangan,
Salzsprühkorrosion im Vergleich zu AlM:gSi 1 und
AICuMgl (nach ALUSUISSE). Vanadium) ein gegen Spannungs-
korrosion praktisch unempfind-
liches Material hergestellt werden. Dies ist der Fall. wenn die Summe
Zn + Mg 5,5% nicht wesentlich überschreitet (z. B. 4,5% Zn + 1 % :\fg).
Die mit diesen Legierungen erreichbaren Festigkeitseigenschaften liegen
allerdings unter denen der AlCuMg-Legierungen; ein Vorteil ist jedoch,
daß die diesem Material eigene ausgezeichnete Verarbeitbarkeit in
der Wärme, beispielsweise beim Strangpressen von Profilen weit-
gehend erhalten bleibt, die schon durch kleine Beimengungen yon
Mangan oder Chrom merklich beeinträchtigt wird. Auch die hen'or-
ragende anodische Oxydationsfähigkeit bleibt bei Legierungen ohne
Sonderzusätze erhalten. Durch die Verwendung yon im Strangguß-
verfahren hergestellten Blöcken mit einem Minimum an umgekehrter
Blockseigerung wurde diesbezüglich eine weitere Verbesserung erzielt.
Bei den höher gattierten Werkstoffen wird die Beständigkeit gegen
Spannungskorrosion durch Zusätze von Mangan und vor allem durch
einen geringen Chromgehalt (0,1 bis 0,15%) angestrebt. Auch Vanadium,
das hauptsächlich der deutschen Legierung "Hy 43" [13, 38, 39] zuge-
setzt wurde, wirkt spannungskorrosionsvermindernd. Heute wird dieses
Element aber kaum mehr als "Stabilisator" zugattiert. Da besonders bei
höheren Eisengehalten die Gefahr der Bildung von primären Aluminiden
Lit. S. 784J .i. "\ushärtbare Knctlegierungen 783

besteht, die nicht nur die mechanischen Eigenschaften, sondern vor allem
die Ermüdungsfestigkeit des Material:,; beeinträchtigen, ist eine genaue
Dosierung dieser ZUtlätze erforderlich. Eine weitere Verbessenmg wird
erzielt, wenn die "\bkühlung nm der Löwngsglühtemperatur nicht
schroff, wie da" beispielsweise beim Eintauchen in \Vasser der Full ist,
sondern durch verzögerte Abkühlung erfolgt. Sehr gute Ergebnisse
wurden mit der von P. BRENNER beschriebenen Stufenabkühlung erzielt
r27j, bei welcher da6 Glühgut einer Zwischenabschreckung uuf 150 bis
200°C unterworfen wird mit anschließender \Vasserabschreckung. Auf
diese Weise abgekühlte Profile aus Constructal20j5:3 mit 5% Zn. a~/~ Mg
und O,R% Mn erwiesen sieh selbst nach einer mehrtägigen Anlaßbehand-
lung bei 100 0 e volb;tändig unempfindlich gegen ~pannungskorrosion.

;).39 Schweißbarkeit
Das rasch zunehmende Interesse, das heute den AIZnMg-Legierungen
pntgegengebracht wird, ist zum großen Teil durch die selbsttätige ~ach­
härtung der Schweißzone bei Raumtemperatur bedingt. Beim Sehweißen
~O,-,--.-,--,-,--,-,--,--,-,--,-,

kp/mm2

~20 mm 80 60 40 20 0 20 40 60 80 mm 120
Absfand von der Schweißnaht
Abb.62:!. Härteyerlullf quer zlir S('!lwpiJJllaht bei TIG-gese1nvpißten AIZJl.~\[g-HledlPll, Zll ... tancl
JihHUlt!:.;geglüht ulld k;lHallsi-!phtirtd. wH'h alls('hlif'ßellder ]{nlllntf'ilIprrntnf-An--Il\!..!.f'Tung
(nad, ALl·SnSSE).

kaltyerfe"tigter Bleche' oder Profile aw; Reinaluminium od.er aus nieht


aushärtbaren Aluminiumlegiel'Ungen erweieht das Jlaterial an der Xaht
und in ihrer näheren Umgebung, so daß ein beträchtlicher Festigkeits-
abfall in Kauf genommen werden muß. Auch die aUBhärtbaren AlCuMg-
und AIMgSi-Legierungen erleiden in folge Zerfalls des :\Jischkristalls durch
die \Värmeeinwirkung beim Schweißvorgang eine erhebliche Fe::;tigkeits-
('in buße. Bei den AIZnMg- Legierungen dagegen wird infolge des weiten Be-
r(,iehes der festen Lösung und der weitgehenden Unempfindlichkeit gegen-
über verzögerter ~\bkiihlung eine ~achhärtung ähnlich wie nach einer
Lösungsglühung beobaehtet. wa~ diesen \Yerkstoffen im Vergleieh zu den
.-\t:Hg- und AIMgSi- Legierungen eine eindeutige Überlegenheit ver-
~chafft [401. Abh.622 zeigt den Härteverlauf quer zur Sehweif3naht
784 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

eines mit dem ,TIG'-Verfahren geschweißten AlZnMg-Bleches nach ver-


schiedenen Lagerzeiten. Nach etwa 30tägiger Auslagerung werden-die
Festigkeitseigenschaften des Ausgangszustandes praktisch wieder erreicht.
Ein weiterer Vorteil ist die relativ geringe Schweißrissigkeit, die merk-
lich geringer ist als beispielsweise bei den AlMgSi-Legierungen. Der
Schweißdraht besteht heute vorwiegend aus der Legierung AlMg5,
aber auch mit arteigenem Schweißdraht werden gute Ergebnisse hin-
sichtlich Schweißrissigkeit und Festigkeit erzielt. über die Eignung ver-
schiedener Legierungen zum Einsatz als Schweiß draht im Hinblick auf
die Verminderung der Schweißrissigkeit hat sich in neuerer Zeit vor
allem K.-P. MUDRACK [41] befaßt. Dieser Autor kommt in der zitierten
Arbeit zum Schluß, daß höher legierte Zusatzstäbe - AlMg7 und AISi 7
- gegenüber AIMg5 und AISi5 für das Schweißen von AIZnMgl-Legie-
rungen gewisse Vorteile bieten, wie sich aus Untersuchungen an MIG-
Schweißungen mit solchem Material ergeben hat. Eingehende Unter-
suchungen über die Schweißrissigkeit wurden ferner von A. MÜLLER-
BUSSE [42, 43], K. NAGEL [44], H. MÄDER [45] u. a. durchgeführt.
Es dürfte kein Zweifel darüber bestehen, daß die AlZnMg-Legierun-
gen, dank ihren wertvollen spezifischen Eigenschaften, in den kommenden
Jahren an Bedeutung weiter zunehmen werden.

Literatur zu Kapitel C 5.3


[1] SANDER, W., u. K. L. MEISSNER: Z. anorg. allg. Chemie 154 (1926) 144.
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[Lit. S. 798] ö. Aushärtbare Knetlegierungen 785

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[41] MUDRAcK, K-P.: Schweißen und Schneiden 12 (1960) 2.
[42] MÜLLER-BusSE, A.: Aluminium 30 (1954) 240.
[43] MÜLLER-BusSE, A.: Aluminium 32 (1956) 2.
[44] NAGEL, K: Diss. Techn. Hochschule Hannover 1950.
[45] MÄDER, H.: Aluminium 26 (1944) 30.

5.4 Aluminium-Zink -Magnesium -Kupfer- Legierungen


Von H. Hug, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

5.41 Übersicht

Die ersten Untersuchungen an AIZnMgCu-Knetlegierungen liegen


etwa 30 Jahre zurück. Schon zu Beginn der Dreißiger Jahre wurde von
der ALCOA eine Konstruktionslegierung mit 10% Zn, 2% Mg, 2% Cu und
1 % Mn entwickelt, die aber wegen ihrer ungenügenden Verformbarkeit
und Spannungskorrosionsanfälligkeit keine praktische Bedeutung
erlangte [1]. Ähnliche Mängel wies die im Magnesium-, Kupfer- und
Mangangehalt etwas niedriger gattierte Schmiedelegierung Alcoa 70 S
auf. Auch die gem. F. P. 807798 vom 26.10.36 von der japanischen
Firma Nihon Kako Kabushiki Kaisha beanspruchte Legierung mit 6 bis
14% Zn, 2 bis 5% Mg, bis 2% Cu, 0 bis 1 % Si und 0,8% Mn erwies sich als
außerordentlich spannungskorrosionsempfindlich. Mit diesem als TROM-
Legierung bezeichneten Werkstoff wurde bei Blechen nach Lösungs-
glühung (460°C) und anschließender 16stündiger Warmauslagerung bei
120°C eine Zugfestigkeit von 60 kp/mm 2 bei 12% Dehnung erreicht.
Praktische Bedeutung erlangten die Legierungen auf AIZnMgCu-Basis
jedoch erst, als es gelang, das Spannungskorrosionsverhalten dureh einen
Zusatz von Chrom zu verbessern.

50 Altcnpohl, Aluminium
786 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 798

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg hatte in Frankreich die Compagnie


Alais, Froges et Camargue gemeinsam mit der Societe du Duralumin das
Zicral [2 bis 6] und unabhängig davon die Societe des Trefileries et
Laminoires du Havre das Superalumag T 60 [7] mit ähnlicher Zusammen-
setzung entwickelt. In England wurde u. a. die ebenfalls für Schmiede-
zwecke vorgesehene Legie~g Hiduminium RR 77 mit 0,5% Kupfer
und die ähnlich zusammengesetzte Legierung RR 88 mit 1 % Cu-Zusatz
eingeführt. Die in Japan entwickelte E. S. D.-Legierung [8] (Extra-
Super-Duralumin) wurde zwar während des Krieges eingesetzt, erwies
sich aber bei der damaligen Zusammensetzung als ziemlich schwierig
verarbeitbar und als wenig korrosionsbeständig. Während des Zweiten
Weltkrieges und in den folgenden Jahren wurde dann diese Legierungs-
gattung auch in andern Laboratorien untersucht und meist eigene
Legierungen entwickelt, so in Italien die Ergal-Legierung [9], in der
Schweiz das Perunal [10] und eine Reihe weiterer Legierungen in andern
Ländern, die sich vor allem in den Zink- und Magnesiumgehalten unter-
schieden. Auch in Deutschland wurden zahlreiche Untersuchungen über
den Einfluß des Kupfergehaltes auf die Eigenschaften von AIZnMg-
Legierungen durchgeführt [11 bis 20]. Die Entwicklung ging jedoch in
Richtung einer Kupfer sparenden Ersatzlegierung für Duralumin. Die
während des Krieges in großem Ausmaße eingesetzten Legierungen
Fl. W. 3415 für Bleche und Fl. W. 3425 für stranggepreßtes und ge-
schmiedetes Halbzeug mit 4 bis 5% Zn und 2 bis 4% Mg wiesen nur
einen Kupfergehalt von max. 0,5% auf. Die heute in Deutschland ge-
bräuchlichen AlZnMgCu-Legierungen der Gattungen AlZnMgCu2 und
AlZnMgCu1,5 weisen Kupfergehalte von 2 bzw. 1,6% auf und ent-
sprechen den amerikanischen Legierungen 7178 und 7075 [21].
Die eingehendsten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten über den
Legierungstyp AIZnMgCu wurden in USA an der Standardlegierung 7075
durchgeführt [22 bis 30]. Sie wurde schon während des Zweiten Welt-
krieges und auch später in sehr großem Umfang für hochbeanspruchte
Teile im Flugzeugbau eingesetzt [1].

5.42 Konstitutions/ragen

5.421 Zustandsdiagramm. Das quaternäre System Aluminium-Zink-


Magnesium-Kupfer bei 460°C gezeichnet von L. A. WILLEY [30a] nach
Untersuchungsergebnissen von W. HUME-RoTHERY und Mitarbeitern
[31] zeigt Abb. 623. Bei dieser Temperatur, die der Lösungsglühtempera-
tur dieser Legierungen entspricht, liegen die Zusammensetzungen der
meisten gebräuchlichen Handelslegierungen im <x-Phasenfeld. Die im
Warmauslagerungstemperaturbereich (120 bis 160°C) auftretende und
Lit. S. 798] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 787

für die Aushärtung maßgebende Phase ist nach Untersuchungen von


F. KELLER [32] ß (ZnMg), wobei als möglich erachtet wird, daß gleich-
zeitig auch geringe Mengen an kupferhaItigen Phasen mitausgeschieden
werden. A. SAULNIER [33] schloß aus seinen Untersuchungen an Zieral-
ähnlichen Legierungen, daß bei Temperaturen unterhalb 125°C die
Phasen (AICuMg) und (AlCu). oberhalb dieser Temperatur die ß
(Zn2\fg)-Phasc auftreten. L. A. WILLEY und :\Iit.ltrbeiter [33al kamen

o 6 8 10 12 14 16 aew.- %20
Zin/rgE'ha/1
Ahh.623. Ausschnitt aus dem qllarternärell System Alulllinium-Zillk·~lagnesium·Kupfer hei 460'0
(Cu 1,5%) (na('h L. H. WILLEY [30a]).

nach röntgenographischen Untersuchungen an Legierung 7075 zum


Schluß, daß nach Lösungsglühung und Warmauslagerung hauptsächlich
ß (ZnMg) ausgeschieden wird. Es war dies außer dem ~rischkristall die
C'inzige Phase, die nach \Varmauslagerung bei 120°C während 32 Tagen
oeler bei 160°C währE'l1d 100 Stunden beobachtet. wurde. Die gleiche Fest-
stellung wurde auch bei einer kupferfreien oeler chromfreien Legierwlg
oder bei Abwrtwnheit beider Legierungselemente gemacht.

5.422 Zusammensetzung der Legierungen. Die Zusammensetzungen


der in den verschiedenen Ländern entwickelten Legierungen schwanken,
wie aus Tab. 94 hervorgeht, in ziemlich weiten Grenzen. Die Haupt-
legierungsbef\tandteile sind Zink, Magnesium, Kupfer und Chrom. Der
Zink zusatz lipgt bei den meisten Legierungen zwischen 5,5 und 8°/~, in
vereinzelten Fällen, llPispielsweise bei der deutschen Legierung Konstruk-
tal 20/43 etwas tiefer (4,:~%). Der Magnesiumgehalt schwankt zwischen
:2 und :~%, Kupfpl' zwi,.;clwn 0,5 uncl2°;). Bei den wichtigRten Legierungen

50*
788 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 798

Tabelle 94. Zusammensetzung von AlZnMgGu-Handelslegierungen

Legierung I Zn % I Mg % I Cu % I Mn % I Cr % I Herstellerland

7075 5,6 2,5 1,6 0,3 0,25


7178 6,8 2,7 2 0,3 } USA
AIZnMgCu2 6,8 2,8 2 0,2 0,3
AIZnMgCu1,5 5,6 2,5 1,6 0,2 0,2 } Deutschland
AIZnMgCuO,5 4,3 3,2 0,6 0,2 0,2
RR77 5,3 2,7 0,5 0,5 0,15
RR88 5,3 2,7 1 0,5 0,15 } England

Zicral5 5,5 2,7 1 0,2 0,25


Zicral8 8 2,5 1,5 0,2 0,25 .} Frankreich
Ergal60 6,8 2,5 1,6 0,2 0,15
Ergal65 7,8 2,5 1,6 0,2 0,15 } Italien

Perunal 6,3 2,3 1,5 0,3 0,15 Schweiz

ist ein Kupferzusatz von etwa 1,5% üblich. Der Ohromzusatz liegt meist
bei 0,2% oder darunter. In den meisten Fällen werden noch einige Hun-
dertstel Prozent Titan zur Kornfeinung zugesetzt. Viele Legierungen ent-
halten überdies einigeZehntelprozenteMangan (0,1 bisO,3%). Die natür-
lichen Verunreinigungen Eisen und Silizium werden, der besseren Ver-
arbeitbarkeit wegen, möglichst tief gehalten. Dies ist vor allem beim
Eisengehalt wichtig.
Zink und Magnesium bilden die für die Aushärtung wichtige Zink-
Magnesium-Phase. In richtigem Verhältnis abgestimmt, steigen mit
zunehmender Konzentration dieser beiden Legierungskomponenten auch
die Festigkeitseigenschaften an.
Kupfer erhöht die mechanischen Festigkeitswerte und verbessert das
Spannungskorrosionsverhalten, verringert aber etwas die Korrosions-
beständigkeit der Legierungen. Nach den Untersuchungen von M. OOOK,
R. OHADWICK und N. B. MUIR [34] nehmen Dehngrenze und Zug-
festigkeit durch Zusatz von 0 bis 2% Ou bei Zinkgehalten von 6 bis 8%
stark zu. Bei höheren Kupferzugaben (3 %) ist der Anstieg gegenüber 2 %
nur noch gering. Dies hängt offenbar damit zusammen, daß nach
W. HUME-RoTHERY [31] die maximale Löslichkeit von Kupfer bei
460°0 bei Legierungen mit 6 bis 8% Zn und 2,5% Mg nur 1 bis 2%
beträgt.
Der günstige Einfluß des Kupfers auf das Spannungskorrosionsverhal-
ten wird nach R. O. CHADWICK [35] einer Verminderung der Potential-
differenz zwischen Korn und Korngrenzen zugeschrieben. I. J. POLMEAR
[36] hat festgestellt, daß Kupfer die Aushärtung bei Temperaturen unter-
halb 50°0 verzögert, daß aber zwischen 100 und 200°0 die Warmaushär-
Lit. S. 798] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 789

tung sehr raHch verläuft. Er schließt daraus, daß der Temperaturbereich


der Stabilität der G. P.-Zonen durch Kupferzusatz erweitert wird.
Durch Chrom wird vor allem das Spannungskorrosionsverhalten der
Legierungen günstig beeinflußt. Ohne diesen Zusatz wären hochgattierte
AlZnMg-Legierungcn wohl kaum praktisch verwendbar. Der Gehalt be-
trägt meist unter 0.2 %, da sich bei größeren Zusätzen bei gleichzeitiger
Anwesenheit von Mangan und erhöhten Eisengehalten primäre Chrom-
aluminide bilden können [37, 38], die Eisen und Mangan in fester Lösung
aufzunehmen vermögen und insbesondere die dynamischen Eigenschaften
der Legierungen verschlechtern. Die Festigkeitswerte werden durch den
Chrom zusatz leicht erhöht, ändern sich aber bei Gehalten über etwa
0,25% nicht mehr. Auch das allgemeine Korrosionsverhalten wird ver-
bessert. M. COOK und :;\1itarbeiter [34] beobachteten bei einer chrom-
freien Legierung mit 6% Zn, 2,25% Mg, 2% Cu und 0,2% Mn nach Kor-
rosion in NaCljH 20 2 -Lösung tiefen Lochfraß neben interkristallinern
Angriff, während die chromhaltige Legierung, selbst bei verlängerter Aus-
setzung im gleichen Korrosionsmedium nur einen leichten Oberflächen-
angriff aufwies. Die Verformbarkeit der Legierungen wird durch Chrom
allgemein etwas verringert.
Auch Mangan verbessert die Korrosionsbeständigkeit, vor allem bei
geringen Eisengehalten. Dehngrenze und Zugfestigkeit werden mit
zunehmender Mangankonzentration nur wenig beeinflußt, hingegen fällt
die Dehnung ab. Mit steigendem Mangangehalt wird auch die Biege-
fähigkeit von weichen Blechen schlechter. Die verminderte Verformbar-
keit wird auf ungelöste, zeilenförmig angeordnete Gefügebestandteile
zurückgeführt [34]. Bei hohem Mangangehalt ist die intermetallische
Verbindnng AI 6 {FeMn) vorherrschend, bei geringen Gehalten Al(FeMn)Si.
Eisen verschlechtert nicht nur die Korrosionsbeständigkeit, sondern
setzt auch die mechanischen Eigenschaften etwas herab, vor allem bei
höheren Manganzusätzen. Der Eisengehalt sollte deshalb möglichst tief
gehalten werden.
Auch Silizium verringert nach den Untersuchungen von M. COOK [34J
Dehngrenze und Zugfestigkeit. Die Dehnung wird dagegen nur wenig
verändert. Die :b'estigkeitsverluste werden auf die Bildung von Mg 2Si
zurückgeführt, wodurch ein Teil des für die Bildung der härtenden
Zink-Magnesium-Phase nötigen Magnesiums verbraucht wird. Für eine
Aushärtung durch Mg 2Si sind die für AlZnMgCu-Legierungen üblichen
Lösungsglüh- und Warmauslagerungstemperaturen zu niedrig. Das
Korrosionsverhalten bleibt bis zu einem Siliziumgehalt von 0,75%
unverändert. Dagegen wird die Biegefähigkeit etwas verschlechtert.
Ahnlieh wie der Eisengehalt muß daher auch der Siliziumgehalt so tief
wie möglich gehalten werden.
790 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 798

5.43 Halbzeug
Das Halbzeug, meist Profile, Stangen und Bleche, wird ausschließlich
aus stranggegossenen Barren hergestellt. Durch besondere Maßnahmen
ist es möglich, auch sehr große Barrenformate mit feinem Korn rißfrei
zu gießen und die umgekehrte Blockseigerung auf ein zulässiges Minimum
zu beschränken.
Obwohl die Korrosionsbeständigkeit dieser Legierungen besser ist als
die der AIOuMg-Legierungen, werden die Bleche normalerweise plattiert.
Als Plattierwerkstoff verwendet man eine Legierung aus Reinaluminium
mit einem Zusatz von 1 % Zn, deren Potential - 960 mV beträgt gegen-
über - 830 mV der Kernlegierung, und die daher eine kathodische Fern-
schutzwirkung auf den Grundwerkstoff ausübt, wenn dieser durch
Kratzer oder sonstige Verletzungen der Blechoberfläche frei liegt. Die
Plattierung beschränkt sich ausschließlich auf Bleche. In Italien ist eine
manganhaltige Plattierlegierung (Al +1 %Zn +
1 % Mn) geprüft
worden, die gegenüber der Al + 1 % Zn-Legierung bei praktisch gleicher
kathodischer Schutzwirkung den Vorteil höherer Härte und besserer
Korrosionsbeständigkeit aufweist. Auch die Diffusion der Legierungs-
elemente aus dem Kernmaterial in die Plattierschicht soll deutlich gerin-
ger sein [39].

5.44 Wärmebehandlung und Festigkeitseigenschaften


Die Wärmebehandlung der AIZnMgCu-Legierungen, die dem Material
seine hohen Festigkeitseigenschaften verleiht, wird in ähnlicher ~Weise
durchgeführt wie bei den übrigen warmaushärtbaren Aluminium-
legierungen. Sie besteht aus einer Lösungsglühung bei hoher Temperatur,
Abschrecken und anschließender Warmauslagerung bei tieferen Tempe-
raturen. Der günstigste Lösungsglühbereich liegt zwischen 450 und 470 °0,
doch kann gut durchlmetetesMaterial (Bleche), ohne Schaden zu nehmen,
auch bei höheren Temperaturen lösungsgeglüht werden. So werden in
l}SA Profile und Schmiedestücke aus Legierung 7075 bei 460 bis 470°0
läsungsgeglüht, Bleche dagegen oft bei 490 bis 500°0, um die gleichen
Öfen, in den die AIOuMg-Legierungen (2024) warmbehandelt werden,
benützen zu können [28]. Das Abschrecken des Glühgutes nach der Ent-
nahme aus dem Ofen hat möglichst rasch zu erfolgen, da nicht nur die
Festigkeitswerte, sondern in einem gewissen Ausmaß auch die Korro-
sionsbeständigkeit dieser Legierungen auf die Abschreckgeschwindigkeit
anspricht. Das Abschrecken von Blechen und Profilen erfolgt daher meist
in kaltem 'Vasser, während Schmiedestücke z. T. in heißem Wasser
abgeschreckt werden, um die Abschreckspannungen zu vermindern.
Auch W. L. FINK und L. A. WILLEY [26] bestätigen den festigkeits-
vermindernden Einfluß einer langsamen Abschreckung. Nach 1\1:. HAN-
Lit. S. 798] ö. Aushärtbare Knetlegierungen 791

SEN [1] beträgt die Zugfestigkeit. von Blechen aus Legierung 7075 bei
einer Abschreckgeschwindigkeit von etwa 20 grd(s nur wenig mehr als
90% de~ nach Abschrecken in kaltem Wasser erreichbaren Wertes, wäh-
rend beim Abkühlen in ruhender Luft noch 63'% erreicht werden.
Da der Lösungsglühbereich relativ weit und zudem gegenüber den
übrigen Aluminiumlegierungen nach tieferen Temperaturen verschoben
ist, treten schon nach dem Abschrecken von Temperaturen wenig ober-
halb 300°0 merkliche Aushärtungseffekte auf. Bei einer Legierung mit
6,3% Zn. 2,:~% Yrg und 1,5% Ou werden naeh Glühung bei 400°0,

- --1------ - --- -
II
--1------------
I
i
-T---T---'---------

118

024 6' 16 24 h 48
Warmaushärfungsdauer(IJSOC)
Abb. 624. Yerlanf der mechanischen Eigenschaften von AIZn"!.fgCn-Blechen bei der Warmanshärtnng
(135'C) (nach ALUSUISSE).
ZUR:umnellsptzlLug: 6,3% Zu, 2,3~~ Mg, 1..5% Cu, 0,30/0 l\ln, 0,2% Cr;
Lö"nngsglühtempemtnr: 4ÜO°C.

Abschrecken und Warmauslagern bereits mehr als 80% der maximalen


Festigkeit erreicht, eine Temperatur, die bei den aushärtbaren AIMgSi-
und AICuMg-Legierungen erst dem oberen Grenzwert des Weichglüh-
bereiches entRpricht. Die Lösungsglühung kann in Luft- oder Salzbadöfen
vorgenommen werden. Bei plattierten Blechen wird aber im Hinblick auf
die bei I ..uftglühung erhöhte Diffusion von Legierungsbestandteilen in die
Plattierschicht oft das Salzbad vorgezogen.
Hohe Festigkeitspigenschaften werden durch ein unmittelbar an das
Abschrecken anf'ehließendes \Varmamdagern erreicht. Die in der Praxis
angewendeten \Varmau,;lagerungstemperaturen weichen etwas vonein-
ander ab. In uSA i"t für die Legierung 7075 eine Warmauslagerungs-
temperatur von 120 c C üblich. Bei dieKer Temperatur wird die gewünschte
Zugfestigkeit nach 24 Stunden erreicht. In der Schweiz (Perunal) wird
bei 130 biR 1~5°C während 12 bi" 16 Stunden warmausgelagert (Abb. 624),
792 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 798

in Frankreich (Zieral) während 8 Stunden bei 135°C. Obschon auch die


Legierung Perunal nach Warmauslagerung bei 120°C etwas höhere
Werte erreicht, wird im Hinblick auf die kürzere Auslagerungsdauer auf
den allerdings nicht sehr bedeu-
tenden Festigkeitsgewinn ver-
!JS C zichtet.NachM. TOURNAIREund
G. M. RENouARD [5] sind Legie-
rungen mit 8 % Zn, ähnlich dem
Zieral, hinsichtlich einer Festig-
keitsein buße bei erhöhter Warm-
auslagerungstern pera t ur weniger
empfindlich als Legierungen mit
nur rd. 5% Zn. Auch scheinen
Legierungen mit niedrigem Zink-
gehalt weniger schnell auszu-
härten als solche mit hoher Zink-
konzentration. Bei den meisten
8 16 h 24 handelsüblichen AlZnMgCu-Le-
Warmaushärlungsdauer gierungen läßt sich mit steigen-
Abb.625. Zugfe"tigkeitsverlauf von AIZnMgCu-Pro- der Warmauslagerungstempera-
tllen bei verschiedenen Warmaushärtebedingungen
(nach ALUSUISSE). tur ein Rückgang der Festigkeit
Zusammensetzung: 6,3% Zn, 2,3% Mg, 1,5% Cu, beobachten (Abb. 625 u. 626).
0,3% l\In, 0,2% Cr; Über 140°C fallen die Werte
Lösungsglühtemperatur : 460 'C.
unzulässig stark ab, unter etwa
64 .----,----,----'1----,-----.
kpjmm2
120°C dauert die Warmauslage-
6Z~--+-----P~- rung für die Praxis zu lange.
Eine Zwischenlagerung vor
der Warmauslagerung ist nach
E. H. Drx [28], wenn sie mehr
als etwa 16 Stunden beträgt,
praktisch ohne Einfluß auf die
5~~-~---L---~-~~~
120 1J5 150 160 mechanischen Kennwerte. Bei
(Uh) Wh) (t6h) (4 h) kürzerer Dauer ist jedoch ein
Warmaushärlungsfemperafl/r deutlicher Rückgang feststell-
Abb. 626. Maximal erreichbare Zugfestigkeitswerte bar, der zwischen 8 und 16 Stun-
von AIZnMgCu-Biechen bei verschiedenen Warm-
aushärtetemperaturen (nach ALUSUISSE). den ein Maximum erreicht. Der
Zusammensetzung: 6,3% Zn, 2,3% Mg, 1,5% Cu, Dehngrenzen- und Zugfestig-
0,3% Mn, 0,2% Cr;
Lösungsglühtemperatur : 460'C. keitsverlust bei dieser Zwischen-
lagerdauer beträgt je nach
Warmauslagerungstemperatur 2 bis 3 kpjmm 2 (Abb. 627).
Durch eine kombinierte Warmauslagerung (Stufenaushärtung)
zunächst bei normaler (100 bis 135°C), anschließend bei höherer Tempe-
ratur (155 bis 160°C) läßt sich die Auslagerungsdauer um mehr als die
Lit. S. 798] 5. Au~härtbare Knetlegierungen 793

Hälfte abkürzen. Bei Perunal genügt eine Vorglühung während 2 bis


4 Stunden bei 135 oe
mit anschließender 2 bis 4stündiger Nachglühung
bei 160°C. Eine längcr als 4 Stunden dauernde Auslagerung bei 160°C ist
55
kp/mm ...
2 _ __

~ '?: 52
1i;~
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ZwischE!!7/agertlflgsauuer
Abb. 627. Einfluß der Zwiseheulagernngsdauer zwischeu Abschrecken und Warmaushärten auf die
mechanischen Eigenschaften von 7075-Blechen (nach E. H. DIX [28]).
Warmaushärtung: ° 120'Cj24 h; • 135°Cj12 h.

zu vermeiden, da sonst die Fe8tigkeit wieder leicht abfällt (Abb. 628).


Nach W. L. FINK und Mitarbeitern [27] besteht die Stufenaushärtung bei
Legierung 7075 aus einer Vorglühung bci 100°C/4 h und einer Nach-
glühung bei 155°C/8 h. Nach
o2,----.----,-----r---------,
Untersuchungen von J. A. NOCK
und A. C. Wo OLL [30] können
die von W. L. FINK angegebenen
Bedingungen für die Stufenaus-
härtung wesentlich abgekürzt
werden, so daß man in USA
8päter, um die Ofenzeit weiter
abzukürzen, auf ein 3stündigcs
Vorglühen bei 120°C mit an-
schließendem 38tündigen Ausla-
gern bei 160°C übergegangen ist.
In USA wird dic kom biniertc Warmausl7är/uogsaauer (loODe)
Warmaushärtung nur bei kalt- (2SMe)
verformtem Halbzeug angewen- Ahb. 628. }lechauische Eigenschaften einer
det; Strangpreßprofile, Schmie- AIZnllIgCu-Legiernng nach Stufenwarmaushärtung
(nach ALUSUISSE).
destücke und warmgewalzte Zusauunensetzung: 6,3% Zn, 2,30/0 Mg, 1,5% Cu,
Bleche w8rden aus8chließlich bei 0.3% Mn, 0,2% Cr. Lösungsglühtempemtur: 460°C.
120°C ausgehärtet. Ob zwischen
Vor- und Nachauslagern auf Raumtemperatur abgekühlt oder ob das
Glühgut ohne Abkühlung sofort auf die höhere Temperatur gebracht
wird. ist ohnc Bedeutung. Aueh kann die Zwischenlagerung bei Raum-
794 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 798

temperatur nach der ersten Glühung beliebig lange ausgedehnt werden,


ohne daß die mechanischen Eigenschaften beeinträchtigt werden. Nach
den gleichen Verfassern sind die Festigkeitswerte bei Material, das nach
dem Abschrecken gereckt wurde, nach Stufenaushärtung etwas geringer
~ls bei konstanter Warmauslagerung bei 120°C.

Lagerdauer
Abb.629. Verlauf der Festigkeitseigenschaften von AIZnMgCu-Blechen une] -Profilen bei
Raumtemperatur (nach ALUSUISSE).
Zusammensetzung: 6,3% Zn, 2,3% Mg, 1,5% Cu, 0,3% Mn, 0,2% Cr;
Lösungsglühtemperatur : 460'C
- - - Profil - - - - Blech, plattiert

Ähnlich wie die andern aushärtbaren Aluminiumlegierungen härten


die AIZnMgCu-Legierungen auch bei Raumtemperatur aus (Abb.629).
Unmittelbar nach dem Abschrecken ist die Festigkeit nur wenig höher
als bei der weichgeglühten Legierung. Die Werte bleiben zunächst kurze
Zeit unvetändert, steigen dann aber ziemlich rasch an. Die Aushärtung
ist aber nach Jahren noch nicht beendet.
Nach elektronenmikroskopischen Untersuchungen von G. THOMAS
und J. NUTTING [40] an chrom- und manganfreien AIZnMgCu-Legierun-
gen auf Reinstaluminiumbasis und an einer normalen Handelslegierung
(DTD 687) sind die G. P.-Zonen kugelig und bestehen aus Zink, Magne-
sium und Kupfer. Die M'-Phase wird auf (11l)-Ebenen gebildet, ohne
starke kohärente Bindung.
Die Ji'estigke·itseigen8chajten sind in erster Linie vom Zink- und Magne-
siumgehalt abhängig. Mit zunehmenden Gehalten an diesen beiden Le-
gierungsbestandteilen steigen die Festigkeitseigenschaften an (A bb. 630).
Die höchstgattierten Legierungen, wie beispielsweise die französische
Lit. S. 798] 5. Aushärtbare Knetlegierungen 795
Tabelle 95. Festigkeitswel·te einiger AlZnMgGu-Handelslegierungen,
Zustand warmausgehärtet

0.2-Dehngrenze Zugfestigkeit Dehnullg*


Legierung lIalbzcllg
kpjmm' kpjmm' 0'
/0

707ö platt. Bleche 1 43,5 50,5 8


707ö Preß profile 2 49 55 7
Zieral5 platt. Bleche 3 42-48 50-55 10-12
Preßprofile! 50-57 55-62 7-10
Zieral8 platt. Bleche 3 45-50 52-60 10-14
8 Preßprofilc 4 55-60 60-70 5-12
Ergal60 platt. Bleche" 43-52 48-58 9-11)
60 1 Preßprofile 6 53-64 60-69 4- 9
65 platt. Bleche" 45-54 50-60 8-15
65 Preßprofile 6 57-68 62-74 3- 7
Perunal platt. Bleche 7 42-50 50-55 10-16
Preßprofile 8 52-65 60-70 6-14
AlZnMgCu1,5 Profile 9 50 55 6
AIZnMgCu2 Profile 9 55 60 5

1 Mindestwerte für Dicken 1-12 mm 6 Querschnitt< 2000 mm 2


2 Mindestwerte für Dicken bis 6 mm 7 1-4 mm Dicke
3 >4mm Dicke 8 2-5 mm Wanddicke
4 > 1,5 mm Dicke 9 Mindestwerte für Profile > 6 mm
" < 6mm Dicke

"* 010' ausgenommen Leg. 7075 (2")

~ 6,{--~I(---)(------l.

~
. §~Sk----1-c--*-*-~
S'
~4k--7~~-+~"~~
~I)
J,{--~I(-~~~~~~~--~

4 s 5 J 8
Zil7Kgehalf
Ahb. 030. Zugfestigkeitswerte ,'on w:mnausgehärteten AIZnMgCu-Legierungen in Abhängigkeit vom
Zink- und Magnesiulll-Ge!l;\]t. (1,5% Cu, 0,3% Mn, 0,2% Cr) (nach ALlJSUISSE).
796 C. Eigenschaften des .Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 798.

Legierung Zicral oder die italienische Legierung Ergal 65 weisen daher


auch höchste mechanische Kennwerte auf. Aus Tab. 95 sind die Festig-
keitseigenschaften von Walz produkten und Strangpreßerzeugnissen
ersichtlich, wie sie von einigen Handelslegierungen dieser Gattung erreicht
werden.

5.45 Weichglühen und Verformbarkeit

Die AlZnMgOu-Legierungen erfordern wegen ihres Ohromgehaltes


höhere Temperaturen zur Rekristallisation als die meisten andern Alu-
miniumlegierungen. Wie Abb. 631 zeigt, tritt bei einer Kaltverformung

....

............... {jebiel vo//sländiger Rekrislollisofion

'"
...........

20
Ko/fverformungsgrod
.............

50
r--
-
90 %100

Abb. 631. RekristalIisationsschwellen von AlZnMgCu·Blechen mit verschiedenen


Kaltverformungsgraden (Glühzeit 4 h) (nach ALUSUISSE).
Zusammensetzung: 6,3% Zn, 2,3% Mg, 1,5% Cu, 0,3% Mn, 0,2% Cr;
Glühung vor der Kaltverformung: 460°C/2h.

von 50% vollständige Rekristallisation erst bei 400°0 ein, d. h. bei einer
Temperatur, bei der gewisse Legierungsbestandteile in Lösung gehen und
nach Luftabkühlung bereits namhafte Aushärtungseffekte hervorrufen.
Soll maximale Weichheit erreicht werden, so müssen die während der
Rekristallisationsglühung bei 400 bis 440 °0 in Lösung gegangenen
Legierungskomponenten wieder ausgeschieden werden. Dies geschieht
entweder durch eine langsame Abkühlung im Ofen bis auf etwa 250°0,
wobei die Abkühlungsgeschwindigkeit 5 bis 10 grdjh betragen soll,
oder aber durch eine an die Rekristallisationsglühung anschließende
Nachglühung (Stabilisierungsglühung) im Ofen bei 240 bis 260°0 wäh-
rend 4 bis 6 Stunden. Nach einer auf diese Weise durchgeführten Glüh-
behandlung härtet das Material auch nach Monate dauernder Lagerung
nicht mehr nach. Für leichtere Verformungsarbeiten genügt in vielen
Fällen auch eine einfache 2 bis 4stündige Glühung bei 310 bis 330°0,
wobei Kristallerholung und teilweise Rekristallisation eintritt, was dem
Werkstoff die wünschbare Verformbarkeit, z. B. durch Walzen, wieder
verleiht.
Lit. S. 798J 5. Aushärtbare Knetlegierungen 797

Der durch kombinierte Weichglühung erhaltene Zustand ist am leich-


testen verformbar, macht aber eine nachträgliche Lösungsglühung der
Fertigteile mit entsprechender Richtarbeit erforderlich. Eine relativ
leichte Verformbarkeit erreicht man nach Lösungsglühen und Abschrek-
ken, wenn die Verarbeitung unmittelbar anschließend an die Wärme-
behandlung durchgeführt wird. Leichtere Verformungen lassen sich auch
im kaltausgelagerten Zustande vornehmen. Warmausgehärtetes Material
dagegen ist nur sehr wenig verformbar. Sind in diesem Zustande Verfor-
mungsarbeiten notwendig, so sollten sie bei erhöhter Temperatur (160
bis 170°C) durchgeführt werden.
Biegearbeiten lassen sich im weichen sowie im lösungsgeglühten und
abgeschreckten Zustande befriedigend durchführen, wenn die erforder-
lichen Biegeradien berücksichtigt werden. Für nicht zu hoch gattierte
Legierungen, entsprechend etwa dem Perunal (6,3% Zn, 2,3% Mg,
1,5% Cu) betragen die Biegeradien für plattierte Bleche in den beiden
Zuständen:
Zustand
I
11

Blechdicke Zustand weich lösungsgeglüht


.und abgeschreckt

rnrn I Biegeradius rnrn I Biegeradius rnrn

0,5 1,5 2,5


1 2,5 4
2 9
3 9 13
Für das Walzen von Profilen und für das Schmieden eignen sich der
weiche sowie der lösungsgeglühte und abgeschreckte Zustand ebenfalls gut.

5.46 Verbindungsarbeiten
Die wichtigste Verbindungsart ist das Nieten. Da Nieten aus dem
gleichen Werkstoff kalt jedoch sehr schwierig schlagbar sind, werden viel-
fach AlCuMg-Nieten verwendet. Das Schweißen kann nach dem üblichen
Verfahren erfolgen. Die Festigkeitseigenschaften beim warmausgehärte-
ten Material fallen jedoch in der Schweißzone stark ab und erreichen nur
durch" eine erneute Lösungsglühbehandlung mit anschließender Warm-
auslagerung wieder annähernd die Eigenschaften des Ausgangsmaterials.

5.47 Korrosionsverhalten
Das allgemeine Korrosionsverhalten der AlZnMgCu-Legierungen ist,
wie bereits erwähnt, besser als das der AICuMg-Legierungen, aber
schlechter als bei den AIMn-, AIMg- und AIMgSi-Legierungen. Durch die
Plattierung der Bleche erhält das Material jedoch eine Korrosions-
beständigkeit, die derjenigen des Reinaluminiums vergleichbar ist. Auf
798 C. Eigenschaften des· Aluminiums und seiner Legierungen

die Auswirkung einer verzögerten Abschreckung wurde bereits hin-


gewiesen. W. L. FINK und L. A. WILLEY [26] fanden, daß diese im
Temperaturbereich 420 bis 290 °0 am größten ist. Übersteigt die mittlere
Abschreckgeschwindigkeit in diesem Bereich 450 grdjs, so wird neben
maximaler Festigkeit auch eine optimale Korrosionsbeständigkeit er-
reicht. Liegt diese jedoch zwischen 400 und 100 grdjs, so wird nicht nur die
Festigkeit, sondern auch die Korrosionsbeständigkeit des }!Iaterials ver-
mindert. Bei einer Abschreckgeschwindigkeit von 20 grdjs erreicht der
Korrosionswiderstand ein Minimum, wird jedoch bei noch stärkerer
Verzögerung wieder verbessert.
Die Beeinträchtigung der Korrosionseigenschaften durch langsames
Abschrecken ist allerdings geringer als bei den AIOuMg-Legierungen.
NI. OOOK und Mitarbeiter [34] beobachteten nach WarmausJagerung
bei 90 bis 100°0 vorwiegend Korngrenzenkorrosion, bei 120°0 oder noch
höheren Temperaturen dagegen lokalen Angriff. Höchste Korrosions-
beständigkeit ergab sich nach Warmauslagerung bei 125 bis 130 °0.
Das Spannungskorrosionsverhalten der AIZnMgOu-Legierungen ist
durch den Ohromzusatz entscheidend verbessert worden. Die zahlreichen
Laboratoriumsuntersuchungen an Blechen und Profilen in den verschie-
densten Korrosionsmedien und unter wechselnden atmosphärischen
Bedingungen haben gezeigt, daß die Spannungskorrosionsempfindlich-
keit dieses Materials kaum mehr größer ist als bei den übrigen hochfesten
Aluminiumlegierungen. Bestätigt wurden diese Ergebnisse auch durch
die große Zahl von Anwendungen, vornehmlich in :Form von wichtigen
Bauteilen im Flugzeugbau, wo sich dieses Material bisher bestens be-
währt hat.

Literatur zu Kapitel C 5.4


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r10] TnO'\1AS, G .. u .•J. X I"I"I'I:'W: ,J. Illst. Met. 88 (1959/60) 81.

tl. Gußlegierungen
Von H_ A,'bl'llz.:'IJeuhausen am Rheinfall (Sdnveiz)

Gußlegierungen pnthalten im allgemeinen höhere Gehalte an Legie-


rungselement.en als Knetlegierungen. Dies gilt besonders für die silizium-
halt.igenLegierungen, deren Siliziumgehalt. bei Gußst.üeken für den
Maschinen- und Apparatebau bis 13,5%, bei Motorkolben bis 26°!o be-
t.ragen kann. 'l'echni,;cho Bedeut.ung haben insbesondere die .,\l--Si-,
AI-Mg-, Al--Cu- und AI·-Si·-Cu-Gußlegierungen, während soldlP der
Syst.eme AI--Zn, AI-Zn--Mg und AI-Cu-Mg sieh nicht. im großen
durehzusetzen vermoeht.en. Eine besondere Gruppe bilden die Kolben-
(pgierungpn. wpldlP mei",t.ens neben Silizium, :Vlagnesium und Kupfer
noch Niekel enthalten.
Neben den Hauptlegierungselement.en, welche in erst.er Linie eine
gut.e Verarbeitbarkeit. durch die verschiedenen Gießverfahren ermög-
liehen sollen, sind no eh folgende Legierungsbest.andteile in kleineren
Uehalt.en (Zusatzelemente ) zU!' Erzielung guter meehaniseher Eigen-
::;ehaft.en wiehtig:
SOO C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

Magnesium in AI-Si-Gußlegierungen zur Erzielung der Aushärt-


barkeit.
Mangan in AI-Si- und Al-Si -Cu-Gußlegierungen zur Kompen-
sation des schädlichen Einflusses des Begleitelementes Eisen.
Titan in AI-Mg- und Al-Cu-Gußlegierungen zur Kornverleinerung.
Ferner enthalten die Gußlegierungen Begleitelemente, wie Eisen und
Zink. Manchmal sind auch Silizium, Kupfer und Magnesium Begleit-
elemente, und zwar bei Legierungen, bei denen sie nicht absichtlich bei-
gefügt wurden. Die Begleitelemente stammen aus dem Basismetall, das
zur Gußlegierungsherstellung verwendet wurde. (Weiteres unter C 6.2.)

6.1 "Übersicht gemäß DIN 1725, BI. 2


Die Tab. 96 stellt eine Zusammenfassung der wichtigsten Guß-
legierungsgruppen dar. (über Kolbenlegierung siehe unter C 6.3.)
Die Tab. 97 bringt eine übersicht über die Verarbeitungsmöglich-
keiten der Gußlegierungen in den verschiedenen Gießverfahren, die Aus-
härtbarkeit und die wichtigsten Anwendungsgebiete (s. a. Abschn. A 4.2).

6.2 Hüttenlegierungen und Umschmelzlegierungen

Ursprünglich wurden die Gußlegierungen aus dem aus der Elektro-


lyse stammenden Reinaluminium hergestellt (Hüttenlegierungen). Mit
wachsendem Aluminiumverbrauch stellt sich jedoch ein zunehmender
Schrottanfall ein, der infolge der Vermischung verschiedener Legierun-
gen nicht mehr zur Herstellung von Knetmaterial verwendet werden
kann. Sodann drängt sich eine Wiederverwendung der bei der Barren-
und Gußstückherstellung anfallenden Krätzen und Metallspäne auf.
Alle diese Abfälle können zu Gußlegierungen, die man in diesem Fall
Umschmelzlegierungen nennt, aufgearbeitet werden und bilden heute
die hauptsächliche Rohstoffbasis der Aluminiumgießerei.
Durch die auf hoher technischer Stufe stehende Schrottaufbereitung
ist es möglich, Umschmelzlegierungen herzustellen, welche in gießerei-
technischen Belangen den auf Hüttenaluminiumbasis erschmolzenen
Gußlegierungen nicht nachstehen. Der Gehalt an oxydischen Verun-
reinigungen und Gasen kann bei entsprechender Verfahrenstechnik
heute auch in Umschmelzmaterial auf die zulässigen Gehalte herabgesetzt
werden.
In der Regel sind jedoch die Gehalte an Begleitelementen in Um-
schmelzlegierungen höher als in Hüttenlegierungen. Die entsprechenden
Normen tragen diesem Umstand Rechnung. Die Gußlegierungsnormen
Ot Tabelle 96. Die wichtig8ten Aluminium-Gußlegierungen
...... ~
I \ Zusatzelemente % rn
~ Legierungselemente Begleitelernente" max. % 00
§ Kurzzeichen • Mn zur I Ti zur ......
Gruppe (DIN 1725) lVlg zur Fe-Kom- Korn- I ~
o Si (10 Si Mg Fe Cu Zn
'"~ Mg% Cu ~~ Anshärtung pensation verfeinerung
I I I I
>- !
G-AISi12 - - 0,05 0,6 0,05 0,10
1 11,0-13,51 - - - 0-0,5
J G-AISii2(Cu) 0,3 0,8 1,0 0,50

G-AISil0Mg - 0,6 0,05 0,10


2 G-AlSiiOMg(Cu) 8,0-11,0 - - 0,2-0,5 0-0,5 - - 0,6 0,2 0,20
GD-AISiiOCu - - 1,2 0,4 0,40
?'
3 G-AISi5Mg 4,5-6,0 - - 0,5-0,8 0-0,5 0-0,20 - - 0,5 0,05 0,10

G-AlMg3 0,5 0,05 0,10


.- 2,0-4,0 0-0,6 0-0,20 1.3 -
4 G-AlMg3(Cu)
- - 0,6 0,3 0,30
J
5 G-AlMg5 0,5-1,5 4,0-5,5 - - 0-0,5 0-0,20 - - 0,5 0,05 0,10

GD-AlMg8(Cu)
- 0-0,5 0-0,20
1,3
1,0
--
-
1,2
0,6
0,2
0,05
0,40
0,1
i
6 GD-AIMg9 - 6,0-11,0 -
0,30 -- 0,3 0,05 0,10
G-AlMgl0

G-AlCu4Ti - 4,0-5,0 0-0,30 - 0,1-0,3 0,3 - 0,4 - 0,10


7 G-AlCu4 TiMg
-
GD-AISi6Cu3 - - 1,5 - 0,70
G-AISi6Cu4 5,0-8,5 2,0-5,0 0-0,5 0,3-0,6 - - - 1,0 - 2,0
8
G-AlSi7Cu3 - - 0,8 - 1,2
* GD bedeutet vorwiegend Druckgußlegierung. ~
** In DIN 1725 werden bei bestimmten Legierungen maximale Gehalte für weitere Begleitelemente angegeben. .....
Tabelle 97. Anwendung von Aluminium-Gußlegierungen 00
~
Gieß verfahren,
Kennzeichnende Eignung zu: Aushärt-
Gruppe Wichtigste Anwendungsgebiete
Eigenschaft barkeit
SUlldguß I Kokillenguß I Druckguß
p
tzj
(1)
weich, duktil sehr gut sehr gut gut keine Apparatebau (dünnwandige Teile)
AlSit2

(2)
zäh-hart sehr gut sehr gut sehr gut sehr gut Maschinen- und Motorenbau
AlSitOMg J
~
(3)
zäh-hart gut gut schlecht sehr gut Hydraulik (Pumpen), Architektur
AlSi5Mg

(4)
AlMg3
korrosionsbeständig,
weich
gut mittel schlecht bedingt Architektur, Lebensmittelverarbeitl
f
~.
<Xl
c:
(5) 8.
seewasserbeständig gut schlecht schlecht keine Architektur, Schiffbau ~
AlMg5
~.
(6) I
AlMg8 bis AlMg9 korrosionsbeständig bedingt Optische Industrie
···········~äh~härt mittel schlecht mittel ..
AlMg10 sehr gut .. schiffliäü~dhemie

(7)
hochfest, duktil gut mittel schlecht sehr gut Fahrzeugbau
AlCu4
,
f
II ~
(8) I rn
mittelhart sehr gut I sehr gut sehr gut I bedingt Maschinen-, Apparate- und Fahrzel u 00
AlSi6-7Cu3-4 I ~
-
Lit. S. 817] G. Gußlegierungen 803

DIN 1725 (1959) kennen zwar keine Unterteilung in Umschmelz- und


Hüttenlegierungen, doch kann bei diesen Normen zwischen Legierungs-
typen unterschieden werden, die hohe und tiefe Gehalte an Begleit-
elementen aufweisen. Dadurch ist erkennbar, welche Legierung vorwie-
gend auf Schrott-, und welche auf Hüttenmetallbasis erschmolzen
werden kann, bzw. erschmolzen werden muß. Beispiel aus DIN 1725
(Tab. 98).
Der höhere Gehalt an Sehwermetall-Beimengungen wirkt sich vor
allem in einer Beeinträchtigung der Korrosionsbeständigkeit aus.
Andererseits bringen manche dieser Beimengungen gießteehnische
Vorteile. Beispielsweise vermindert ein hoher Eisengehalt im Gußwerk-
stoff das Kleben ("Anlöten") der Abgüsse an überhitzte Partien der aus
vYarmarbeitsstahl bestehenden Druckgußformen.
Tabelle 98. Vergleich der ArtalysenvoTschrijt zU'ischen eineT typischen Hütten- und einer
typischm Umschmelz-Gußlegierung (nach DIN 1725, BI. 2)

l~llrzzeil'llf'n ~() (:-A1Si 12 G-A1Si 12 (Cu)

L(,lfi"'funas- :--;i 11,0--13,5 11,0-13,0


e
t'!PlllPlltP
b

Mn 0-0,5 I
I
0-0,5
Z uliissige Bei- Fe 0,4 0,8
nwngungen in der Ti 0,15 0,15
:UHRRt'! Zn 0,10 0,50
Cu 0,03 1.0
:\Ig 0,05 0,3
,
Xi 0,05 0,2
I
Pb 0,0.5 I
0,1
:--;n 0,05 I 0,1
sonstige: einzeln 0,05 0,05
I
Summe Xi +- Pb -I-- Sn + I
I Cu + + Fe Ni
Zn ..L
weitere === 0,15 I + "Ig + Pb + Sn =
2,5
---
Rohstoffbasis vorwiegend Schrott
Hüttenaluminium

6.3 Kolbenlegierungen
Die Kolben \'on Verbrennung:-;motoren durchlaufen extreme Be-
:-;ehleunigungen uml müssen daher vor allem leicht sein. Aluminiumkolben
erfiillcn diese Forderung. Die Verhrennungstemperaturen in Verbren-
nUIlg8motoren sind aber sehr hoeh. DeHhalb ist es auch die gute 'Värme-
leitfähigkeit des Aluminiums, welehe seine Anwendung als Kolben-
werk8toff begünstigt. Indem nämlich dadurch ein rascher Abfluß be-
träehtlicher vVärmemengen von der Verbrennungsraumseite des Kolbens
zl1:-<tandc> kommt, ist pine allzu Rtarkc fTbcrhitzung dieser Oberfläche und

51*
804 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

damit eine vorzeitige Zerstörung des Kolbenwerkstoffes im allgemeinen


nicht zu befürchten. Daraus ergab sich die fast ausschließliche Verwen-
dung von Aluminiumkolben in Diesel- und Benzinmotoren, Zylinder-
bohrungen bis zu ungefähr 200 mm Durchmesser.
Der Aluminiumverbrauch für die Weltproduktion von Kolben betrug
1963 bereits etwa 100000 tjJahr. Die Einführung des Aluminiumkolbens
hat eine merkliche Steigerung der Motorenleistung gebracht. Es verwun·
dert daher nicht, daß Kolben und Kolbenlegierungen laufend Gegen-
stand intensiver Entwicklungsarbeit sind. Bei dieser Entwicklung han-
delt es sich oftmals um Fragen der Formgebung oder der Wechselbe-
ziehungen zwischen Kolben und Zylinder im Explosionsmotor. Hier
wird darauf verzichtet, auf diese mehr technischen Fragen einzugehen.
Wir werden im folgenden hauptsächlich einige metallkundliche Aspekte
der Kolbenherstellung behandeln (siehe insbesondere bei [1 bis 8]).

6.31 Fabrikationsmethoden für Kolben

Man hat zwischen geschmiedeten (warmgepreßten) und gegossenen


Kolben zu unterscheiden. Geschmiedete Kolben haben den Vorteil
besserer Festigkeitseigenschaften, welche aus einer mehr oder weniger
starken Durchknetung und Verdichtung des Werkstoffes resultieren.
Die Kolbenfertigung durch Schmieden in einer Matrize läßt jedoch nur
eine einfache Formgebung zu und erfordert in der Regel eine span-
abhebende Bearbeitung größeren Umfanges. Tab. 99 zeigt einen tabella-
rischen Vergleich zwischen den durch verschiedene Fabrikationsmethoden
erreichten mechanischen Werten.

Tabelle 99. Mechanische Eigenschaften bei Raumtemperatur von Kolben


aus Legierung Y1

Kokillen- Gepreßt Vor-


gnß mit Kokillen- aus Guß- gestauchter
gnß rohling Gnßrohling
Sandkern

Kolbenkopf Zugfestigkeit aB 18,8 25,1 39,2 43,1


kp/mm 2
Dehnung6s% 1,0 1,5 3,0 5,0
Lagerpartie Zugfestigkeit aB 25,1 25,1 38,4 44,0
kpjmm2
Dehnung6s% 1,5 1,5 3,5 5,0
Kolbenschaft Zugfestigkeit aB 29,8 29,8 41,6 45,5
kpjmm 2
Dehnung 65 % 2,0 2,0 5,0 11,0
1 Zusammensetzung s. Tab. 100.
Lit. S. 817] 6. Gußlegierungen 805

Das Gießen der Kolben ist günstiger, wenn im Hinblick auf Ge-
wichtsersparnis und Wärmefluß sowie auf eine der dynamischen Be-
anspruchung angepaßte Formgebung eine komplizierte Gestalt ge-
wählt werden soll.

6.32 Übersicht über die Kolbenlegierungen

Im deutschen Sprachbereich überwiegt weitaus die Anwendung der


hochsiliziumhaltigen Legierungstypen, während in angelsächsischen
Ländern kupferhaltige Kolbenlegierungen nach wie vor gebräuchlich
sind. Tab. 100 enthält eine Auswahl wichtiger Kolbenlegierungen :

Tabelle 100. ZU8ammen8etzung einiger Kolbenlegierungen


AICuNiMg-
AISi-Typ AlCu-Tyl' Typ
I
Marke z. B. .\lahle I Nüral KS S. A. E. L.A.C. Y RR RR
! 124
I 1761
I 282 300 10 I
: 53 58

0' I
/0
Cu 1,2 1,0 1,1 7,0 9,5 4,0 2,2 2,2

cl 12,0 17,0 25,0 5,5 0,55 <0,3 1,6 0,1
Mg I 1,0 1,0 1,0 0,3 0,25 1,5 1,5 1,5
Fe : <0,7 <0,8 <0,7 0,6 0,5 <0,3 1,1 1,0
Mn 1<0,2 0,5 <0,2 0,4 0,4 <0,2 <0,05 <0,05
Ni 1,0 3,4 1,0 <0,2 <0,2 2,0 1,2 1,2
Ti 09 ,~ <0,2 -- - - - - -
Verarbei-
G G G G G G G -
tungsver-
fahren
W W - - - W - W
I

G = Gießen; W = Warm pressen.

6.33 Die Aufgaben der Legierungselemente der Kolbenlegierungen

Die Ansprüche, die an den Werkstoff des Kolbens als wichtigen


Maschinenteil gestellt werden, sind mannigfaltig. Als solche sind be-
besonders folgende zu nennen:
Gute Wärmeleitfähigkeit,
günstige Festigkeitseigenschaften bei erhöhten Temperaturen,
Widerstand gegen Verschleiß,
geringe Dichte,
kleine Temperaturausdehnung,
gute Gießbarkeit, bzw. Verformbarkeit, je nach Wahl des Gießens
oder des \Varmprcssens als Herstellungsvorgang.
806 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

Die Legierungselemente sollen nun möglichst weitgehende Erfüllung


dieser Ansprüche herbeiführen, wobei von vornherein feststeht, daß ein
Idealzustand nicht erreichbar ist.

6.331 Kupfer. Die auf dem Kupfergehalt beruhende Aushärtung ist


bei Kolbenlegierungen nicht voll ausnützbar, da die hohen Betriebs·
temperaturen brennraumseitig ein Koagulieren der Al 2Cu.Subausschei.
dungen bewirken. Außerdem wird der Löslichkeitsbereich des iX·Misch·
kristalls für Al 2Cu durch andere wichtige Legierungselemente, z. B.
Silizium, stark eingeschränkt. Das meist zusammen mit anderen Legie.
rungsbestandteilen als Polyeutektikum vorliegende Al 2Cu hat jedoch eine
bedeutende Dispersionshärtung zur Folge, welche auch das Durchlaufen
höherer Temperaturen überdauert, und einen nicht zu unterschätzenden
Beitrag an die Warmfestigkeit liefert.
Nachteilig ist die Herabsetzung der Wärmeleitfähigkeit und die
Erhöhung der Dichte durch Kupfer.

6.332 Silizium härtet bedeutend weniger als Kupfer. Die Verformbar.


keit in der Wärme wird erst oberhalb 20% Si entscheidend verschlechtert.
Seine Hauptaufgabe ist die Verminderung der thermischen Ausdehnung,
welche beispielsweise bei Reinaluminium 25· 10- 6 , bei 25% Si nur
noch 16· 10-6 1Jgrd (bei ca. 100°C) beträgt.
Sodann werden durch Silizium die gießtechnischen Eigenschaften
in hervorragender Weise verbessert: Fließ. und Formfüllungsvermögen
werden durch Zusätze von 10 bis 14% Si entscheidend erhöht und die
Warmrißneigung wird fast vollständig aufgehoben.
Die Verschleißfestigkeit nimmt hauptsächlich beim Vorstoß in über.
eutektische Bereiche zu. Einlagerungen von Primärsilizium, das eine
Mikrohärte von 1450 kpJmm 2 besitzt, schützen die Grundmasse vor dem
Abrieb, beeinträchtigt jedoch naturgemäß die spanabhebende Bearbei-
tung.
Günstig ist auch die Verminderung der Dichte durch Silizium.

6.333 Magnesium allein härtet in mittlerem Ausmaß durch die Bil-


dung einer festen Lösung, welche bis zu 7% Mg auf Warmbehandlungen
nur wenig anspricht. Diese Legierungshärtung bleibt bis zu relativ hohen
Temperaturen bestehen. Dabei ist jedoch die Kriechfestigkeit nicht
besonders hoch.
Mit Silizium zusammen wird Mg 2Si gebildet, welches Träger einer
Ausscheidungshärtung ist. Diese ist weniger temperaturbeständig als
jene auf Kupferbasis.
Die Löslichkeit von Kupfer im iX-Mischkristall wird durch Magnesium
herabgesetzt, woraus eine auf A1 2Cu-Subausscheidungen beruhende
Selbstaushärtung resultiert, die sich aber nur dann einstellt, wenn durch
Lit. ~. 817] 6. Gußlegierungen 807

sehr rasche Erstarrung und Abkühlung (z. B. in den dünnen Kolben-


schäften) ein ,reit über die Löslichkeit hinausgehender Kupfergehalt im
(X-Mischkristall verbleibt.
Durch Magnesiumzusat", wird die Wärmeleitfähigkeit beeinträchtigt,
und die Verarbeitungsschwierigkeiten beim Schmieden und Gießen
nehmen mit 8teigendem Magnesiumgehalt zu.

6.334 Eisen erzeugt eine nur schwache Dispersionshärtung, beruhend


auf der Ausscheidung von Al 3Fe und AI 9Fe 2Si, welche bei höheren Tem-
peraturen, ähnlich wie bei Kupfer, teilweise erhalten bleibt und so die
\Varmfestigkeit etwas erhöht. Im kalten Zustand bewirken die genannten
Gefügebestandteile illfolge ihreR plattenförmigen Habitus eine Ver-
sprödullg. Sodann wird Kupfer als ternäre Kristallart Al 6Cu 2Fe gebunden,
wodurch dieses dem Eisen an Wirkung überlegene Element seiner Auf-
gabe entzogen wird.

6.335 lllangan verhält sich ähnlich wie Eisen, hat aber einen stärker
erhöhenden Einfluß auf die Warmfestigkeit. Schon bei geringen Gehalten
bildet ::\1angaJl in Gegenwart von Silizium Primärausscheidungen vom
Typ AllOC:Vfn. Fe)2Si. welche das Gießen erschweren illld durch Seigerung
im Schmelzofen die Legierungszusammensetzung verändern. Mangan-
zusätze "ind deshalb bei Kolbenlegierungen nicht häufig anzutreffen.

6.336 Nickel bewirkt zwar bei Raumtemperatur keine besonders


auffallende Verfestigung. Diese widersteht aber in ganz hervorragendem
Maß hohen Temperaturen. Bezüglich Warmfestigkeit sind daher nickel-
haltige Legierungen denen mit Zusätzen von Kupfer, Mangan und Eisen
überlegen, weshalb Nickel in fast allen Kolbenlegierungen anzutreffen
ist (s. a. Abschn. C 6.35:3).
Al;; Komponentc, welche in größeren Mengen die Gießbarkeit ver-
schlechtert, die Verformung in der Wärme beeinträchtigt und die Dichte
erhöht, setzt man Nickel mit max. 3% zu.

6.337 'l'itan und Bor werden als Kornfeinungsmittel bei jenen Kolben-
legierungen angewandt, bei welchen der ,x-Mischkristall primär erstarrt.
Titan verhindert die Rekristallisation bei Schmiede-Kolbenlegierungen,
beispielsweise bei AICu4Ni2Mg (s. a. Abschn. A 1.24).

6.338 Phosphor in Mengen um 0,001 % wirkt kornverfeinernd auf die


Silizium-Primärausrheidungen der übereutektischen Aluminium-Si-
lizium-Kolbenlegierungen, während der Siliziumanteil des Eutektikums
vergröbert wird. Da,,; günstigste Gefüge entsteht, wenn beide Silizium-
kristallarten in gleicher Größenordnung, nämlich mit 10 bis 100 [Lm er-
scheinen [9 bis 13].
808 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

6.34 Warmbehandlung von Kolbenlegierungen

Der Zweck der Warmbehandlung ist dreifach:


Befreiung der gegossenen Rohlinge von Eigenspannungen zur Verhinde-
rung von Deformationen beim Bearbeiten und im Betrieb (Stabili-
sierungsglühung) .
Steigerung der Festigkeit (Warmaushärtung s. a. Abschn. C 6.41).
zoo0C Vorwegnahme einer beim Be-
uo trieb durch Ausscheidung
ZZO
eintretenden Volumenzu-
nahme (bei AlSiCuNi).
230
Diese Forderungen sind
meist nicht gut miteinander ver-
einbar. Vollausgehärtete Kol-
~Z20
benlegierungen erfahren im Be-
210 trieb in den erhitzten Partien
200°C
der Kolben einen Abbau der
Aushärtung, wasmit8chädlichen
180°C-
Deformationen verbunden ist.
zoo Stabilisierungsglühungen an-
1S0 dererseits beeinträchtigen die
Festigkeitseigenschaften auch
in den kälteren Zonen, wo, wie
beispielsweise in der Umgebung
der stark beanspruchten Zapfen-
lager, eine solche Einbuße
höchst unerwünscht ist (s. a.
Abschn. C 6.42). Daraus geht
hervor, daß in der Wahl der
450
Warmbehandlung ein Kompro-
400 miß geschlossen werden muß.
JOO

T--- Abb.632. Wirkung von Temperaturvertei·


Jung und Laufzeit auf die örtliche Härte
SOO_'------:'::----L-----'----L--,-----' warmausgehärteter Kolben aus Legierung Y
20 If{j 60 80 h 100 (Zusammensetzung s. Tab. 100)
Loufze/f (uach A. SCHOFlELD u. L. M. WYATT [1]).

Vor der Warmaushärtung ist die Abschreckgeschwindigkeit wichtig.


Je rascher diese ist, desto größer ist die erzielbare Härte, aber die Eigen-
spannungen nehmen zu. Bei AICu4Ni2Mg wurde gefunden, daß beim
Abschrecken in kochendem Wasser keine Spannungen entstehen.
Lit. S. 817] 6. Gußlegierungen 809

Bei einer voll ausgehärteten Legierung kann die im Betrieb in einem


Kolben erreichte Temperaturverteilung durch zonenweise Härtebestim-
mungen ermittelt werden, sobald die Laufzeit bekannt ist. Dabei ist aber
Voraussetzung, daß der Härteabfall als Funktion von Zeit und Tempera-
tur für die fragliche Legierung bekannt ist. Abb. 632 zeigt die Anordnung
der Härtezonen als Funktion der Laufzeit im Falle eines Kolbens aus
AICu4Ni2Mg (Y-Legierung) [1].

6.35 Einige wichtige betriebstechnische Eigenschaften der Kolben-


legierungen

6.351 Dichte. Der Motorkolben, als fortwährend stark beschleu-


nigte und gebremste Masse, soll möglichst leicht sein. Legierungen
mit hohem Siliziumgehalt er-
füllen diese Forderung am Tabelle 101. Dichte von Kolbenlegierungen
ehesten. Die Dichten von eini-
gen Kolbenlegierungen sind in g/cm 3
Tab. 101 ersichtlich. L. A. C.1O 2,89-2,93
Allerdings spielen die U n- S. A. E. 300 2,80-2,86
terschiede des spezifischen Ge- Y 2,77-2,82
wichts bei der Werkstoffwahl RR53 2,75-2,80
häufig eine untergeordnete
Mahle 124 2,70-2,75
Rolle, da andere Eigenschaf-
ten des Kolbens maßgebender KS282 2,65-2,70
sind.
6.352 Temperaturausdehnung. Das Kolbenspiel kann um so niedriger
gehalten werden, je näher die Temperaturausdehnung des Kolbens
mit jener der Zylinderbüchse übereinstimmt. Diese letztere besteht
meistens aus Grauguß, dessen Temperaturausdehnung sich auf un-
gefähr 0,12. 10-6 ljgrd beläuft. Am nächsten kommen dieser Zahl
wiederum die hochsiliziumhaltigen Legierungen, z. B. KS 282 mit
0,16· 10-6 1/grd, wogegen z. B. R.einaluminium 0,25· 10-6 1jgrd besitzt.
Abb. 633 zeigt die Bedeutung der Temperaturausdehnung am Beispiel
eines Kolbens mit 114,3 mm 0 [1].

6.353 Warrnfestigkeit. Nickel und Kupfer als Legierungsbestand-


teile verbessern die Warmfestigkeit.
Bei Kolben sind die Belastungsverhältnisse, die als Folge der Kolben-
bewegung auftreten, örtlich sehr verschieden und nicht leicht zu über-
sehen. Statische und Wechselbeanspruchungen überlagern sich, und je
nach in Betracht gezogenem Kolbenbezirk herrscht die eine oder andere
Belastungsart vor.
810 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

Zur Charakterisierung der Kolbenwerkstoffe interessiert die Kriech-


grenze und die Wechselfestigkeit in der Wärme, letztere besonders
bezüglich der Horizontalschnittebene des Kolbenlagers. Bei der Bestim-
mung der Kriechgrenze ergibt sich, daß gegossenes Material oftmals

Tempemfurousdehnung Zy/inderouChse ((Jmuguß)


--IIV~----i--"
I

oe

180

• I (J-A!f1g3 I r

I Y- Leqierung
'-j

.. (J - AI SilZ Cu Nif1q
G-AI Si16 CuNiflg
, Grauguß . I
L-------~---L.-L~LL_L_L_L~~~WO
I I I I I

Abb. 633. Beeinflussung des Kolbenspiels durch Legierung und Arbeitstemperatur


(nach A. SCHOFIELD U. L. M. WYATT [1]).

bessere ·Werte als Knetmaterial gleicher Legierungen erreicht. Die


DVM-Kriechgrenze 1 beträgt z. B. bei 250 oe für
Y-Legierung gegossen 8,5 kpjmm2
geschmiedet 7,6 kpjmm 2
Mahle 124 gegossen 5,7 kpjmm 2
geschmiedet 5,0 kpjmm2 •
Unterhalb 230 oe ist der Kriechwiderstand des Knetmaterials höher.
Für dieses eigentümliche Verhalten fehlt eine Deutung. Es wird in der
Praxis dadurch ausgewertet, daß man bei geschmiedeten Kolben stark
erhitzte Partien (Kolbenboden) einer möglichst geringen Verformung
unterwirft und somit dort das Gußgefüge bestehen läßt.
Die Wechselfestigkeit in der Wärme beträgt bei ca. 250 0 e rund
1/3 der Warmfestigkeit, die nach 1000 Stunden Vorglühung bei der-
selben Temperatur im Kurzzeitversuch ermittelt wurde.
1 Die DVM-Kriechgrenze (DIN 50117 bis 50119) wird in einem auf 45 Stunden
begrenzten Zeitstandversuch gewonnen. Es hat sich gezeigt, daß die entsprechenden
\Verte nicht vollständig zuverlässig sind, weshalb heute fast ausschließlich mit Lang-
zeitversuchen gearbeitet wird.
Lit. f-l. 817] 6. Gußlegierungen 811

6.4 Warmbehandlung von Gußstücken

6.41 Voll- und Teilaushärtung

Gußlegierungen unterliegen den gleichen Aushärtungsmechanismen


wie Knetlegierungen (Kap. B 5.1). Unmittelbar nach der Erstarrung
befinden sich die aushärtenden Legierungsbestandteile größtenteils im
iX-Mischkristall in Lösung, soweit sie nicht auf Grund der Kornseigerung
in den Gefügepartien der Resterstarrung angereichert sind. Das ver·
hältnismäßig langsame Durchlaufen der Temperaturen zwischen der
Solidustemperatur und etwa 250°0 hat jedoch zur Folge, daß die ge-
lösten Anteile der Legierungszusätze sich zu einem größeren Teil aus-
scheiden, und zwar als relativ grobe, meist lichtmikroskopisch erfaßbare
Partikel. Eine Lösungsglühung mit nachfolgendem Abschrecken be-
zweckt, diese Ausscheidung rückgängig zu machen und darüber hinaus
auch die durch Ungleichgewicht in die Resterstarrung gelangten Anteile
zu lösen und für die Aushärtung dienstbar zu machen. Unter A 4.1 wurde
in diesem Zusammehnang schon erläutert, weshalb Gußlegierungen
längere Lösungsglühzeiten erfordern als Knetlegierungen.
Die Lösungsglühtemperatur wird 10 bis 20 grd unter dem Solidus-
punkt angesetzt.
Maximale Aushärtungseffekte erhält man am ehesten durch Warm-
aushärtung, wobei im allgemeinen Temperaturen um 160°0 bei rund
10 Stunden Aushärtungsdauer angewendet werden. Tabelle 102 ent-
hält eine Zusammenstellung der in der Praxis angewandten Wärme-
behandlung für dip wichtigsten aushärtbaren Gußlegierungen.

Tabelle 102. lVarmbehandlung einiger Alumini1tmgußlegierungen

Lösungsglühen Ab· Auslagerung


Legierung Ziel
schrecken
'l'emperatur! Dauer in 'Vasser Temperaturl
i oe I 11 'e
oe Daurr
I
I
! meh·
Raum- rere
, Kaltaushärtung 525-530 5 max.30
G·AlSi5Mg tempo Tage
! \' ollaushärtung 525-530 5 max.30 155-160 10 h
(;·AlSi1OMg Yolla ushiLrtung ii2ii· 530 6 max.30 160-165 8h

G·AlSil2Cu~iMg * I
Yollaushärtung fiiO-515 7 50-80 170-175 5h
!
I Teilaushärtung 530-535 14 50-80 140-145 12 h
C;·AICu4Ti I
Yollaushiirtung 530-535 14 50-80 155-160 12 h

* Kolbonlegierung.
812 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

Die Kaltaushärtung bei Zimmertemperatur erfolgt bei den aushärt-


baren Gußlegierungen relativ langsam, und es werden nur geringe Härte-
und Festigkeitsanstiege beobachtet. Derart behandelte Gußstücke be-
sitzen hingegen hohe Dehnungswerte, meistens viel bessere als im Guß-
zustand. Dies ist z. B. bei der Legierung G-AISi5Mg der Fall. Durch einen
Zusatz von Kupfer zu magnesiumhaitigen Aluminium-Silizium-Legie-
rungen kann die Kaltaushärtung verstärkt und beschleunigt werden. Eine
analoge Wirkung haben Magnesiumzusätze im System Aluminium-
Kupfer. Sobald die Kaltaushärtung merklich eingesetzt hat, führt eine
nachfolgende Warmauslagerung nicht mehr zur maximalen Warmaus-
härtung. Deshalb muß die Zwischenlagerzeit zwischen dem Abschrecken
und dem Beginn einer Warmauslagerung kurz gehalten werden, wenn
man maximale Festigkeitswerte anstrebt.
Über den Einfluß der Aushärtung auf die Festigkeitswerte gibt
Abschn. C 6.52 Auskunft.

6.42 Stabilisierungs(Jlühen

Aluminiumgußstücke unterliegen oft während einer spanabhebenden


Bearbeitung oder bei Durchlaufen höherer Temperaturen Deformationen,
welche die Präzision ihrer Konstruktionsmaße beeinträchtigen. Solchen
Maßveränderungen liegt das Vorhandensein innerer Spannungen zu-
grunde.
Innere Spannungen sind eine Folge örtlich verschiedener Erstarrungs-
und Abkühlungsgeschwindigkeiten in einem Gußstück. Wanddicken-
unterschiede und örtliche Überhitzung der Form, z. B. an dünnen Kern-
partien und an Anschnitten, lassen ein Gußstück in starkem Maße un-
gleichmäßig erstarren.
Hohe innere Spannungen entstehen auch, wenn die Form die Schwin-
dung des Gußstückes behindert. Dies ist in Sandformen weit weniger der
Fall als in Kokillen. Relativ geringe innere Spannungen entstehen bei
Druckguß, bei welchem die Schmelze in breiigem Zustand in die Form
gelangt, also schon einen Teil der Erstarrungsschrumpfung durchlaufen
hat.
Die inneren Spannungen kÖnnen mehrere kpjmm 2 und selbst die
Dehngrenze erreichen. Durch spanabhebende Bearbeitung kann plasti-
sches Fließen ausgelöst werden.
Ein vollständiges Verhindern der inneren Spannungen ist kaum
möglich. Bei Präzisionsteilen mit spanabhebender Bearbeitung kann
durch eine Stabilisierungsglühung (meist bei 240 bis 350°C) vor
der Bearbeitung auf Fertigmaß ein Spannungsabbau und damit die
erforderliche Maßbeständigkeit herbeigeführt werden. Das Stabilisie-
Lit. S. 817] 6. Gußlegierungen 813

rungsglühen hat auch zum Zweck, die Deformationen, die aus Gefüge-
umwandlungen entstehen können, vor der spanabhebenden Bearbeitung
auszulösen. Dabei soll gefügemäßig eine höhere Stabilität, d. h., ein dem
Gleichgewicht näher liegender Zustand hervorgerufen werden, so daß bei
Anwendung der Gußstücke in der Wärme keine Maßänderungen mehr
auftreten. Letzteres ist z. B. bei Kolben wichtig, welche sehr engen
Toleranzen der Abmessungen unterliegen (Absehn. C 6.34).
Eine Stabilisierungsglühung soll die mechanischen Eigenschaften
möglichst wenig beeinträchtigen. Folgende Behandlungen zeigen, daß
dies nicht immer möglich i:;;t [141 (Tab. 103);

Tabelle 103. Härteverlust beim Stabilisierungsglühen verschiedener Gußlegierungen

Temperatur Härteverlust
Legiernn~ Dauer h
°r HBinkpjmm'

Cl-AlSi6Cu4 240 8 66 -+ 60
350 2 52 -+ 50
G-AlSi12
240 8 kein
G-AlSi5Mg :350 2 62 -+ 43
G-AIMg3 B50 2
G-AlMg5
G-AICu4NiTi
350
240
2
8
) kein

Bei aushärtbaren Legierungen kann die Stabilisationsbehandlung


nicht ohne weiteres 11ngewendet werden. Wenn man nur die übliche
Aushärtungstemperatur etwas erhöht, nehmen in der Regel die mechani-
schen Eigenschaften ab, während die inneren Spannungen noch nicht im
gewünschten Maße yprschwinden. Besser ist es, die Abschreckung milder
zu gestalten, indem man statt in kaltem in kochendem Wasser oder in
Öl abschreckt. Die dabei erhaltenen :Festigkeitswerte stehen jenen der
Kaltabschreckung nur wenig nach.

6.5 Mechanische Eigenschaften

6.51 Probestabforrnen

Zur Ermittlung der Festigkeitseigenschaften werden bei den Guß-


legierungen meistens Probestäbe verwendet, welche im Zerreißversuch
mit "Gußhaut" zur Prüfung gelangen, d. h., daß sie auf Fertigmaß
gegossen werden. Da die der Formoberfiäche unmittelbar benachbarten
Gußgefügepartien rascher erstarren als jene im lnnern, sind sie dichter
814 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817

und fehlerärmer. Probestäbe mit Gußhaut ergeben daher in der Regel


bessere mechanische Werte als solche, die spanabhebend auf ein be-
stimmtes Maß bearbeitet worden sind. Beispielsweise wurden an 16 mm
dicken Rundstäben aus G-AlCu4Ti, gegossen in Sand, in einem Vergleich
zwischen Rohguß und abgedrehtem Guß folgende Werte gefunden:

O,2-Dehngrenze Zugfestigkeit Dehnung


kp/mm' kp/mm' %

Zerreißstäbe mit Gußhaut 16 mm 0 21,2 38,1 8,7


Zerreißstäbe abgedreht auf 14 mm 0 20,4 36,5 6,9

Diese Erscheinung stellt sich allerdings nur ein, wenn ungünstige


Reaktionen zwischen Metall und Formoberfläche ausbleiben, die Gußhaut
also gesund anfällt.
Einen großen Einfluß auf die Güte der Probestäbe hat auch die
Gießtechnik. Die Aufstellung von Gußlegierungsnormen über Guß-
legierungen, welche Angaben über die mechanischen Eigenschaften ent-
halten, sollten daher auf einer vorgeschriebenen Gießanordnung beruhen.
Dies ist jedoch noch nicht bei allen nationalen Normen der Fall. So ent-
hält die DIN-Norm 1725, BI. 2 von 1959 keine Vorschrift über die
Gestalt der Probestabformen. In Deutschland hat sich jedoch für Sand-
guß die Gießeinrichtung von F. NIELSEN eingeführt, welche sich durch
geringe Streuungen in den erhaltenen Festigkeitsdaten auszeichnet [15,
16].
Bei Kokillenguß ist darauf zu achten, daß die Schwindungsbehinde-
rung an den Einspannköpfen der Zerreißstäbe keine Warmrißbildung
hervorruft. Dieser Forderung trägt die Probestabkokille von A. DIEZ [17]
Rechnung. Sie kann sich bei der Schwindung selbsttätig öffnen.
Es war bisher nicht möglich, eine für alle Legierungen bestgeeignete
Probestabgießmethode zu finden.

6.52 Statische Festigkeit, Bruchdehnung und Härte

Im Zerreißversuch (siehe C 2.1) an Rundstäben mit Gußhaut von


100 mm 0 (DIN 50125) gewonnene Daten sind in Tab. 104 enthalten.
Die Streubereiche sind eine Folge von Unterschieden in der Legierungs-
zusammensetzung innerhalb der Normvorschrift (Tab. 96), von Schwan-
kungen in den Erstarrungsbedingungen, von mehr oder weniger hohen
Wasserstoffgehal,ten sowie der üblichen Einschränkungen, die man der
Meßgenauigkeit beim Zerreißversuch selbst zugestehen muß.
Lit. S. 817] 6. Gußlegierungen 815

Tabelle 104.
Fe8tigkeit8., Dehnung8· und Härtewerte einiger Aluminium·Gußlegiet'lIl1gen

I Dehn- Zugfestig- i Drhnung Brinell-


Legierung I grenze keit härte
Zllstumi
DIN 1725, BI. 2 GO,I (JB 6, HBJO
kp/rnrn' kp/rnm' ~~ kp/mlll'

Cl-AlSi12 Sandguß G 8- 9 17-22 4-8 50-60


Kokillenguß G 9-11 20-26 3-7 55-70
Cl-AlSilOMg Sandguß Cl 9-11 18-24 2-,) 55-65
Sandguß wa 17-26 22-30 1-4 80-110
Kokillenguß Cl 11-15 20-26 1-4 65-85
Kokillenguß ,va 20-28 24-32 1-4 85-115
Cl-Alt:li5Mg Sandguß ka 15-18 18-25 2-~3 70-85
Sandguß wa 22-29 24-30 0,5-2 80-110
Kokillenguß ka 16-19 21-27 2-6 70-90
Kokillenguß wa 24-29 26-30 1-3 90-110
G-AIMg3 Sandguß G 8-10 14-19 3-8 50-60
Kokillenguß G 9-12 15-20 3-8 50-60
O-AlSi6Cu4 Sandguß G 10-15 16-20 1-3 60-80
Kokillenguß G 11-16 17-22 1-3 70-100
OD-AlSi6Cu3 Druckguß G 14-18* 20-28* 1-3* 70-90
G-AICu4Ti Sandguß ta 18-22 27-35 4-9 80-95
Sandguß wa 20-26 29-36 3-8 90-105

* Flachstab DIN 50148.


G = Gußzustand ; wa = vollausgehärtet ("warm ausgehärtet" nach DIN 1725) ;
ta = teilausgehärtet ; ka = kaltausgehärtet.

6.53 Wechseltestigkeit (Ermüdungstestigkeit)

Die Wechselfestigkeit wird in der Regel durch den Umlauf biege-


versuch nach DIN 50113 geprüft. Die Lastwechselzahl beträgt meist
50.106 . Einige Werte für Aluminiumgußlegierungen sind in Tab. 105
angegeben.
Auffallend ist die gute Wechselfestigkeit der hochsiliziumhaltigen
Legierungen, welche derjenigen an der Legierung G-AICu4Ti gemessenen
überlegen ist, obwohl diese Legierung beim statischen Zerreißversuch die
höchsten Festigkeitswerte aufweist. Daher kann kein Zusammenhang
zwischen statischer Festigkeit und Wechselfestigkeit abgeleitet werden.
Das gute Verhalten der AlSi-Legierungen wird aber nur durch eine
Gliihung bei genügend hoher Temperatur erreicht, bei welcher vornehm-
816 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 817]

Tabelle 105. Umlautbiegefestigkeit von Aluminiumgußlegierungen

Kokillenguß Sandguß
Legierung Gbw(50 • 10') Gbw(50 . 10') Zustand
kp/mm' kp/mm'

G-AISi12 7-8 5,5-6,5 Gußzustand


9-10 8,5-10 geglüht und abgeschreckt
G-AISi12Mg 10,5-12,5 10-12 volJausgehärtet
G-AlSi10Mg 8-10 6,5-7,5 Gußzustand
10-11 9-11 volJausgehärtet
G-AISi5Mg 8-8,5 7-7,5 volJausgehärtet
G-AISi6Cu4 6-7 5-6 Gußzustand
G-AlCu4Ti 9-10 8-9 vollausgehärtet

lich das eutektisch ausgeschiedene Silizium eine "Einformung" erfährt,


d. h. eine mehr rundliche Form erhält. Die üblichen Lösungsglühtempe-
raturen und -zeiten genügen zu dieser Verbesserung. Auch die Warm-
aushärtung erhöht die Wechselfestigkeit.

6.54 Warmfestigkeit

Die Warmfestigkeit ist vor allem bei Motorkolben von Bedeutung


(C 6.353). Sie wird im Kurzzerreißversuch und im Warmzeitstandversuch
ermittelt, wobei der letztere der Praxis besser entsprechende Ergebnisse
liefert (s. a. C 2.23 und C 2.3). Tab. 106 gibt einige Ergebnisse von Zeit-
standversuchen an Gußlegierungen.

Tabelle 106. Zeit8tandver8uche in der Wärme an Gußlegierungen

0,2%-1000 h-Zeitdehngrenze in kp/mm'


Legierung
50'0 100'0
I 150'0
I 200'0
I 250'0
I 300'0

G-AISi12 6,4 5,4 4,3 2,9 1,9 1,3


GK-AlSil0Mg wa 24,5 19,5 11,8 5,4 2,7 1,3
G-AIMg5 10 8,0 5,5 3,0 1,4 -
G-AIMg10 ho 12,5 8,4 4,0 1,1 * - -
G-AISi6Cu3 7,6 7,1 6,9 6,4 4,8 2,1
GK-AISi12 CuNiMg wa 35 31 20 9,2 3,8 1,4
G-AISi12CuNiMg 18 14 9,5 5,4 2,5 1,1
G-AlCu4NiMg ka 21 18 14 9,2 5,0 1,7

ho = homogenisiert; wa = warmausgehärtet ; ka = kaltausgehärtet.


* 190°C.
Literatur zu Kapitel C 6 817

Die kupferhaItigen Legierungen erzielen bei Temperaturen zwischen


etwa 150 und 250 0 e relativ die besten Zeitdehngrenzen. Zwischen 150,
oe
und 200 verzeichnen die warmausgelagerten Legierungen eine starke
Einbuße der Warmfestigkeit ("Cberalterung").
Für weitere Einzelheiten wird auf die Literatur verwiesen [18 bis 21].

6.6 Physikalische Eigenschaften

Wie die meisten technologischen Eigenschaften so sind auch die am


Gußstück gemessenen physikalischen Werte von der Qualität des Gefüges
abhängig. Durch Blasen, Lunker und Einschlüsse erfahren sie eine
scheinbare Veränderung, die bis zu 20% Abweichung vom wahren Wert
der metallischen Substanz betragen kann. Dies gilt vor allem für Druck-
guß (s. a. A 4.2).
Einen großen Einfluß hat die Wärmebehandlung auf die elektrische
Leitfähigkeit. Die meisten Gußlegierungen haben im geglühten und
langsam abgekühlten Zustand erheblich höhere Leitfähigkeitswerte als
im Gußzustand. Eine Übenlicht über typische 'Werte der physikalischen
Eigenschaften gibt Tab. lOi.

Tabelle 107. PhysiJ:aZische Eigenschaften einiger Gußlegierungen


i
,
Lineare wärme-I '\Värme- Elektrische
Dichte I }~r~tarrullgM- ausdehnungs- leitfähigkeit Leitfähigkeit
Legierung intervall zahl
I !
cal m
---
gJt'IIl 3 'e ljgrd em· s· grd (I·mm'
I j
I
5t);')-;-;80 I 20.10- 6 16-18 G
G-AISi12 2,64 30-36·10'
19-22 gg
G-AISi10Mg 2,66 ;iüO-lmO 21 . 10-6 33-39·10' 18-21 ,va
G-AISi5Mg 2,69 570-630 23.10- 6 33-42·10' 19-22 wa
G-AIMg3 2,63 580-640 24.10- 6 28-33.10 2 17-19 G
G-AIMg10 2,60 .')()0-620 24.10- 6 21-26.10 2 13-16 ho
G-AlSi6Cu4 I 2,7;') .)10-600 21 . 10-6 29-3.)·10' 16-20 G
I
G-AICu4Ti j 2,79 .;-10- !i40 I
22 . 10- 6 I
t
33-39.102 17-20 wa

G = Gußzustand; wa = wannausgehärtet; ho = geglüht und abgeschreckt


(homogenisiert); gg = geglüht, langsam erkaltet.

Literatur zu Kapitel C6
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52 Altenpohl, Aluminium
818 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

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[6] MAHLE, E.: Aluminium 31 (1955) 70-74.
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[16] POLLARD, W. A.: Modern Castings 43 (1963) 297 -304.
[17] DIEz, A.: Gießerei 42 (1955) 610-611.
[18] Tensile Properties at Elevated Temperature of Some NORAL Aluminium
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[20] MoKEOWN, J., U. R. D. S. LUSHEY: Metallurgia 43 (1951) 15-19.
[21] Properties of Wrought and Cast Aluminium and Magnesium Alloys at Room
and Elevated Temperature. London: Ministry of Supply, H. M. Stationary
Office 1956, 178 S.

7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt


Von E. A. Bloch, Neuhausen am Rheinfall (Schweiz)

7.1 Vbersicht

Die Pulvermetallurgie war als metallurgisches Herstellungs- und Ver-


arbeitungsverfahren lange Zeit auf Metalle beschränkt, die sich mit den
zur Verfügung stehenden Mitteln der Technik nicht auf andere Art her-
stellen oder verarbeiten ließen.
Beim Aluminium und seinen Legierungen bestand lange Zeit kein
Bedürfnis nach pulvermetallurgisch hergestellten Produkten. Dank dem
relativ tiefen Schmelzpunkt des Aluminiums bot sich das Herstellen von
Formstücken durch Gießen als der natürlichste und einfachste Weg dar,
der in der Praxis zu hoher Vollendung entwickelt wurde.
Zu diesem scheinbaren Fehlen eines praktischen Bedürfnisses nach
Aluminiumsinterpodukten kam noch der Umstand, daß Aluminium als
sinterträge betrachtet wurde. Beim Aluminium werden die verschiedenen
beim Sintern wirksamen Mechanismen, wie u. a. Adhäsion und Diffusion,
durch die Oxydhäute völlig unterbunden, da sich das Aluminiumoxyd
bei Temperaturen unterhalb des Schmelzpunktes des Aluminiums über-
haupt durch keine Gasatmosphäre chemisch reduzieren läßt.
Lit. S. 838] 7. S. A. P. -- das warmfeste Sinter·Aluminium-Produkt 819

Es war daher eine Überraschung, als \'or bald 15 Jahren durch


R. IRMANN entdeckt wurde, daß feines, oxydhaltiges Aluminiumpulver
durch Kaltpressen, Sintern und anschließendes Warmverformen einen
Werkstoff ergibt, dessen Festigkeitseigenschaften bei Raumtemperatur
weit über denen des Reinaluminiums, bei höheren Temperaturen sogar
über denen der besten warmfesten Aluminiumlegierungen liegen [1, 2].
Das Material wurde in der Folge als "S. A. P." 1 bezeichnet. Es wurde
bald erkannt, daß die hohe Festigkeit des aus feinem, flockigem Pulver
gewonnenen Sinteraluminiums ihre Ursache in den Oxydhäuten hat,
welche die einzelnen Pulverteilchen umgeben.
Die Eigenschaften und die Verarbeitung des S. A. P. wurden in der
Folge eingehend untersucht, worüber in einer Reihe von Publikationen
von R. IRMANN [2 bis 22], A. v. ZEERLEDER und Mitarbeitern [1, 3,
23 bis 27] berichtet wurde.
Eingehende Untersuchungen über Aluminiumsinterwerkstoffe mit
feinverteiltem Oxyd wurden kurz nach der Entdeckung von R. IRMANN
auch in den USA aufgenommen, vor allem von J. P. LYLE [28, 29] sowie
N. J". GRANT und Mitarbeiter [30 bis 38] und F. V. LENEL und Mitarbeiter
[39 bis 48].
Das Ziel der S. Ä. P.-Fabrikation ist nicht etwa die pulvermetallur-
gisehe Herstellung von Fertigteilen mit genau einzuhaltenden Abmes-
sungen, sondern die Herstellung von Halbzeug mit höherer Warmfestig-
keit, als sie die auf konventionelle Weise hergestellten Aluminiumknet-
legierungen aufweisen. Das Halbzeug kann wie bei normalen Aluminium-
legierungen spanlos oder spanabhebend zum Fertigprodukt weiter ver-
verarbeitet werden. Als Ausgangsmaterial dient oxydhaltiges Pulver aus
normalem Reinaluminium von 99,3 bis 99,5% Al.
Die ALUSUISSE stellt heute drei Haupttypen von Sinteraluminium-
produkten her, die sich in ihrem Oxydgehalt, in ihrer Verarbeitbarkeit
und in ihren mechanischen Eigenschaften unterscheiden:
ALUSUISSE :'Iiomineller Nomineller
Bezeichnung Al-Gehalt in %0 Al 2 0 3 -Gehalt in %

S. A. P.-865 865 13
S. A. P.-895 895 10
S. A. P.-930 930 7

Die dem Markennamen S. A. P. nachfolgende Zahl gibt somit den


Gehalt an metallischem Aluminium in Promille an. In England und dem
Commonwealth werden Sinteraluminiumprodukte von der ALUSUISSE-
Lizenznehml'fin High Duty Alloys Ltd. unter dem Namen Hiduminium-
100 auf den :.\farkt gebracht.

1 Gesehütztes Markenwort der ALUSUISSE.

52*
820 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

Die ALCOA stellt heute in USA zum Teil nach Patenten der ALU-
SUISSE eine Reihe von S. A. P.-ähnlichen Sinteraluminium-Werk-
,stoffen her, welche die Bezeichnung "APM Products", d. h. "Aluminium
Powder Metallurgy Products", erhalten haben.
ALCOA-Bezeichnung Nomineller Al 20 a-Gehalt in %
neu alt

XAP 001 M257 6


XAP002 M 583 und M 658 8
XAP003 M470 11
XAP004 M430 14
XAP 005* 6
* Spezialqualität für kerntechnische Anwendungen

7.2 Herstellung von S. A. P.·Pulver

Im S. A. P. ist das Oxyd ein wesentlicher Bestandteil des Werkstoffes.


Atomisiertes Reinaluminiumpulver 1 läßt sich zwar ebenfalls zu Sinter-
körpern verarbeiten, die aber je nach Feinheit des Pulvers nur 0,5 bis
1,5% Oxyd als disperse Phase enthalten und daher gegenüber gekne-
tetem Reinaluminium nur eine bescheidene Verbesserung der mechani-
,sehen Eigenschaften aufweisen. Atomisiertes Pulver ist dagegen ebenso
wie gestampftes Pulver 2 ein gut geeignetes Ausgangsmaterial für eine
weitere mechanische Zerkleinerung in der Kugelmühle.
Durch Mahlen in der Kugelmühle .hergestelltes Aluminiumpulver
,(Abb. 634a) hat ein Schüttgewicht von nur 0,1 bis 0,2 g/cm3 und eignet
sich daher schlecht für pulvermetallurgische Arbeiten, weil man eine
sehr hohe Säule von Pulver komprimieren muß, um einen relativ kleinen
Preßling zu erhalten. Es bedeutete daher einen wesentlichen Fortschritt,
,als es gelang, ein Pulver mit wesentlich höherem Schüttgewicht zu erzeu-
gen. 3
Um die Herstellung dieses sogenannten schweren S. A. P.-Pulvers
richtig zu verstehen, ist es nötig, den Mahlvorgang etwas eingehender zu
analysieren. Man weiß heute, daß sich bei jedem Mahlvorgang zwei ent-
,gegengesetzte Vorgänge abspielen, die Zerkleinerung und die Verschwei-
ßung, zwischen denen sich ein Gleichgewicht einstellt. Weiche Metalle,
wie Aluminium, neigen besonders stark zum Verschweißen. Wenn zwei
1 Atomisiertes Aluminiumpulver wird durch Verblasen von flüssigem Alu-
minium hergestellt. Die Größe der einzelnen Teilchen kann je nach den Arbeits-
bedingungen von zehn bis zu einigen hundert Il-m variieren.
2 Als Ausgangsmaterial zum Stampfen dienen Aluminiumfolienhäcksel oder ge-
.gossene Blättchen von einigen Zehntelnilllimetern Dicke.
3 Schweizer Pat. 307704 und entsprechende Auslandspatente.
Lit. S. 838J 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 821

Teilchen beim Mahlen aufeinander geschlagen werden, so wird das Alu-


minium örtlich stark verformt. Die spröden Oxydhäute reißen dabei auf,
und die freigelegten, oxydfreien Metallftächen der beiden Teilchen ver-
schweißen sofort miteinander. Die Bruchstücke der Oxydhäute werden
in die Metallgrundmasse eingebettet, so daß auf diese Weise durch ab-
wechselnde Zerkleinerung und Verschweißung Körner entstehen, die ganz
mit Oxyd durchset.zt sind. Durch geeignete Wahl des Ausgangsmaterials,

650:1 360: 1 360:1


Abb. 634a. Feines, flockiges Abb.63th. S. A. P.-865·Pulver Abb. 634c. Atomisiertes Alumi·
Aluminiumpulver mit Mikrohärteeindrücken niumpulver mit lIIlkrohärteein·
(nach ALUSUISSE). (nach ALUSnSSE). drücken (nach ALUSUISSE).

des Fettzusatzes und der Mahldauer können Aluminiumpulver mit Oxyd-


gehalten von 6 bis 15% und einem Schüttgewicht von über 1 g/cm 3
erhalten werden. Die einzelnen Pulverteilchen sind mehr oder weniger
rundlich und haben eine durchschnittliche Korngröße von 50 bis 150f1.m.
Jedes Teilchen kann für sich bereits als ein dispersionsgehärteter Körper
aus Aluminium und Aluminiumoxyd betrachtet werden. Dies kommt auch
in der Mikrohärte gut zum Ausdruck. Beim schweren S. A. P .-865 beträgt
sie etwa 140 kp/mm 2 (Abb. 634 b), während atomisiertes Aluminium-
pulver von vergleichbarer Korngröße eine Mikrohärte von nur 30 bis
40 kpjmm 2 aufweist (Abb. 634c).

7.3 Herstellung von S. A. P.-Preßlingen

Im folgenden wird der :Fabrikationsvorgang zur Herstellung von


S. A. P.-Halbzeug beschrieben.
Das S. A. P.-Pulver wird zuerst in einer vertikalen Presse mit einem
Druck von 1 bis 2 Mpjcm 2 kalt zu zylindrischen Preßlingen mit einem
Durchmesser von 300 mm und ungefähr ebensolcher Höhe gepreßt. Die
scheinbare Dichte der Kaltpreßlinge beträgt ungefähr 2 g/cm3, ent-
sprechend einer Porosität von etwa 30%. Die Zugfestigkeit diesel'
"grünen" Preßlinge liegt unterhalb 1 kpjmm 2 .
822 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

Mehrere solcher Kaltpreßlinge werden zusammen in ein Reinalu-


miniumblech eingewickelt und nach langsamem Anwärmen mehrere
Stunden lang bei 550 bis 600 0 e gesintert. Die Aluminiumschutzhülle
verhindert eine übermäßige Oxydation, ohne die Entgasung der Preß-
linge wesentlich zu beeinträchtigen. Beim Sintern von S. A. P. tritt kein
Schrumpfen der Preßlinge ein, und die Festigkeit nimmt nur unbedeutend
zu. Dagegen verändert sich bei Temperaturen um 525 bis 550 oe die
Struktur des Oxyds in tiefgreifender Weise.
Bei der Untersuchung des Sinterns von Preßlingen aus atomisiertem
Aluminiumpulver bei verschiedenen Temperaturen beobachtete N. A.
McKINNON [49], daß der spezifische elektrische Widerstand bei Tempera-
turen von 300 bis 500 0 e etwas ansteigt, zwischen 500 und 550 0 e aber
plötzlich um vier bis zehn Größenordnungen abnimmt (Abb. 635a).
Diese Erscheinung wurde damit erklärt, daß bei 500 bis 520 oe die
Oxydhaut vollständig zerfällt und ein Kornwachstum über die Be-
rührungsstellen der Teilchen auftritt, das eine starke metallische Bin-
dung bewirkt.
J. B. HEss und R. S. MATEER [50) sind der Ansicht, daß diese drasti-
sche Änderung im Sinterverhalten durch eine ungefähr bei dieser Tem-
peratur eintretende strukturelle Umwandlung des Oxyds bedingt sein
kann. Neuere Untersuchungen, über die E. M. MODL-ONITSCH [51) be-
richtet hat, zeigen, daß im Temperaturbereich zwischen 500 und 550 oe
der Gasgehalt von S. A. P.-Preßlingen steil abfällt und der Oxydgehalt
zunimmt (Abb. 635b).
Der Gasgehalt wurde durch Vakuumextraktion der Proben bei 900 bis
1000 0 e bestimmt und beträgt mehr als das Tausendfache des in Alu-
miniumlegierungen üblicherweise gefundenen Gasgehaltes. Es ist un-
denkbar, daß sich eine derart große Gasmenge im Aluminium in fester
Lösung befunden haben könnte. Man muß vielmehr annehmen, daß ein
wesentlicher Teil des Gases erst bei der Gasbestimmung selbst durch eine
Zersetzungsreaktion entwickelt wird.
Es ist bekannt, daß die natürlichen, bei Raumtemperatur auf Alu-
minium entstehenden Oberflächenfilme nicht aus wasserfreiem Oxyd
bestehen, sondern beträchtliche Mengen Oxydhydroxyd in amorpher
Form enthalten. Dasselbe gilt naturgemäß auch für die beim Mahlen von
Aluminiumpulver in der Kugelmühle entstehenden Oxyde. Beim Erhit-
zen der Preßlinge auf höhere Temperaturen zerfällt das Hydroxyd und
spaltet Wasser ab, das seinerseits mit dem Aluminium unter Bildung von
Aluminiumoxyd und Wasserstoff reagiert.
Offenbar spielt sich diese Reaktion oberhalb ca. 525 oe mit beson-
derer Heftigkeit ab. Wenn man im Laborversuch kleine Preßlinge in einen
auf 550 oe oder höher vorgewärmten Ofen setzt, beobachtet man, daß
deren Temperatur bis zu 100 grd über die Ofentemperatur ansteigt.
Lit. S. 838] 7. 8. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 823

Starke metallische Bindungen zwischen den Pulverteilchen ent-


stehen erst bei der an das Sintern anschließenden Warmumformung. Die
Preßlinge werden aus dem Sinterofen ohne Entfernung des Aluminium-
blechs direkt in den Rezipienten einer Horizontalstrangpresse gebracht

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Abb. 635a u. b. Eigenschaften von Preßlingen aus Aluminiumpulver in Abhängigkeit


von der Sintertemperatur.
a) Andernng rle, 'pez. elektrischen Widerstandes (nach N. A. McKI~NON [49]).
a geprellt mit 0,8 Mpjcm',
b gepreßt mit 1.6 Mpjcm'.
r gepreßt mit 3,1 Mpjcm',
d gepreßt mit 4,7 Mpjcm'.
(Preßlinge alls zerstäubtem Pulver)
b) Anderung des Oxyd- und des Gasgehaltes (nach E. IVI. MODL-ONITSCH [51]).
c Oxydgehalt in ~o; • Gasgehalt in cm 3 jlOO g.
(S. A. 1'.-K(i:;-Preßlinge).

und mit einem Druck bis zu 10 Mp/cm 2 warmgestaucht. Dabei steigt die
Dichte annähernd auf den theoretischen Wert. In diesem Zustand hat
S. A. P. die höchsten Werte von Zugfestigkeit und Härte; so beträgt z. B.
die Zugfestigkeit von S. A. P.-865 hei Raumtemperatur 40 kp/mm 2 und
die Brinellhärte 140 kp/mm 2 ; die Dehnung ist aber noch gering.
824 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

7.4 Herstellung und Verarbeitung von S. A. P.-Halbzeug

Strangpressen. Die sintergepreßten S. A. P.-Bolzen werden meist


zuerst durch Strangpressen weiter warm umgeformt, da sich damit be-
trächtliche Querschnittsabnahmen und eine starke Durchknetung des
Materials erzielen lassen. Erst dadurch erhält S. A. P. eine genügend
große Dehnung, die es zu einem duktilen Werkstoff macht, der sich nach
verschiedenen Verfahren der Umformungstechnik weit.erverarbeiten
läßt. Je größer der Betrag der Warm-
umformung, um so duktiler wird das
Material, wobei die Zugfestigkeit
und die Dehngrenze etwas zurück-
gehen.
Der Strangpreßvorgang ist bei
S.A. P. im wesent.lichen derselbe wie
bei den schwerer verpreßbaren kon-
ventionellen Aluminiumlegierun-
gen. Wegen des hohen Formände-
rungswiderstandes ist jedoch das
erreichbare Verpressungsverhältnis
beschränkt. S. A. P.-865 mit 13%
1:3.25 Oxyd wird meist. nur zu größeren
Abb. 636. Gebläserad aus S. A. P.-895 ge-
schmiedet (nach ALUSUISSE). Stangen oder einfachen Profilen
150 mm Durchmesser. stranggepreßt. Bei Verwendung von
S. A. P.-895 oder S. A. P.-930 mit
10 bzw. 7% Oxyd lassen sich dagegen auch dünne Stangen und Profile
sowie glatte und gerippte Rohre herstellen.
Schmieden. Durch Freiform- und Gesenkschmieden läßt sich eme
weitere Warmumformung erzielen, wofür besonders die S. A. P.-Typen
mit. weniger als 13 % Oxyd geeignet sind. Als Vormaterial werden meistens
Abschnitte von stranggepreßt.en Stangen verwendet. Abb. 636 zeigt ein
durch Gesenkschmieden und anschließendes mechanisches Bearbeiten
hergestelltes Aufladegebläserad.

Fließpressen. Auch das Fließpressen in der Wärme läßt. sich mit Erfolg
auf Sinteraluminiumwerkstoffe anwenden. Beispielsweise wurden auf
diese Weise Rippenrohre mit 6,3 mm Innendurchmesser und 0,63 mm
Wanddicke in Längen von 4 m fjießgepreßt.

Ziehen. Strangpreßprodukte aus S. A. P.-930 lassen sich durch Ziehen


in der Kälte weiter umformen. Auf diese Weise wurden versuchsweise
Rohre von 6,3 mm Außendurchmesser mit einer Wanddicke von 0,38 mm
und Drähte von 0,25 mm Durchmesser hergestellt . Auch ist es möglich,
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter· Aluminium· Produkt 825

runde Querschnitte durch Ziehen zu polygonalen Querschnitten umzu·


formen.
Rundhämmern, Kaltpilgern und KaItstauchen. Durch Rundhämmern
und durch Kaltpilgern lassen sich an Rohren ziemlich bedeutende Quer·
schnittsabnahmen erzielen; so haben N. HANSEN und Mitarbeiter [52]
Rohre aus S. A. P.·930 mit Querschnittsreduktionen von 17,7 bis 28,9%
rundgehämmert. Niet· und Schraubenköpfe lassen sich durch Kalt·
stauchen aus Material mit 7% Oxyd erzeugen, das bei Raumtemperatur
eine Dehnung von 20 bis 25% aufweist.
Warmwalzen, Kaltwalzen und Blechverarbeitung. Platten und Bleche
werden aus S. A. P.·895 und ·930 aus stranggepreßten Rechteckprofilen
von großem Querschnitt durch Warm· und Kaltwalzen hergestellt. Ver·
suchsweise wurden sogar schon Folien von ca. 0,03 mm Dicke gewalzt.
Bleche lassen sich je nach dem Oxydgehalt um einen Radius von der zwei·
einhalb· bis sechsfachen Blechdicke biegen. Wie W. M. DOYLE [53]
berichtet, können Hohlkörper aus Hiduminium·100 (S. A. P.·895) nach
dem "Dyzacking".Verfahren hergestellt werden. Bleche aus S. A. P.-930
lassen sich auch durch Drücken und Tiefziehen verarbeiten.
Spanabhebende Bearbeitung. Sinteraluminium-Produkte lassen sich
unter ähnlichen Bedingungen spanabhebend bearbeiten wie die konven-
tionellen Aluminiumlegierungen. Da das Aluminiumoxyd in diesen
Werkstoffen nicht in Form von Korund, sondern in einer weichen Modi-
fikation vorliegt, ist kein übermäßiger Werkzeugverschleiß festzustellen.
Verbindung'sarbeiten. Für Verbindungsarbeiten von Sinteraluminium-
Produkten unter sich und mit andern Metallen läßt sich das übliche
Schmelzschweißen nicht vcrwenden, da beim Erhitzen über den Schmelz-
punkt des Aluminiums die betlondere, durch die pulvermetallurgische
Herstellung gegebene Struktur zerstört wird. Dagegen läßt sich S. A. P.
durch Einwirkung von Druck und Deformation unterhalb des Schmelz-
punktes von Aluminium einwandfrei verbinden. So sind das Kaltpreß-
:,;chweißen, das W'armprcßschweißen und das Hammerschweißen schon
mit Erfolg auf S. A. P. angewendet worden.
Die besten Ergebnisse wurden bü,her mit dem elektrischen Abbrenn-
schweißverfahren erzielt, bei welehem das durch den Lichtbogen ge·
schmolzene oder :-ltark erweichte Material am Schluß des Schweiß-
vorganges durch den hohen Stauehdruck aus der Schweißnaht heraus-
gepreBt wird. Die Festigkeit einet' :-lolchen Verbindung 8teht derjenigen
ües Ausgangsmaterials kaum nach, Man kann nach diesem Verfahren
S. A. P. auch mit andern Aluminiumlegierungen und sogar mit rost·
freiem Stahl verbinden. Einzelheiten über die Arbeitsbedingungen beim
Abbrennschweißen und über die Eigenschaften der Schweiß verbindungen
"ind von N. HANSEN u. Mitarbeitern [.)21 und von C. BRIDOUX und Mit-
826 C. Eigenschaften des ~I\.luminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

arbeitern [54] veröffentlicht worden. Das Punktschweißen kann bei


S. A. P. ebenfalls angewendet werden, wenn eine Überhitzung des
Materials, die zu starker Porosität führen würde, vermieden wird. Das
Ultraschallweißen von S. A. P. scheint vielversprechende Möglichkeiten
zu bieten, ist aber zur Zeit auf Folien und dünne Bänder beschränkt.
Außer durch Schweißen können Bleche und Profile aus S. A. P. auch
mechanisch durch Schrauben und Niete verbunden werden. Für Niete
wird das gut verformbare S. A. P.-930 verwendet, das wie bei Leicht-
metall-Nieten üblich, ein Schlagen in der Kälte gestattet. Bei Raum-
temperatur haben die Niete eine Scherfestigkeit von 14 bis 16 kp/mm 2 ;
bei 400°0 beträgt diese rund 5 kp/mm 2 •
Oberflächenbehandlung. Sinteraluminiumprodukte lassen sich wie ge-
wöhnliche Aluminiumlegierungen anodisch oxydieren, wobei allerdings
für eine gewünschte Stromdichte höhere Badspannungen notwendig sind.
Die Oxydschicht ist grau, da darin feine Aluminiumteilchen eingelagert
sind (J. BOGHEN und J. HERENGUEL [55]). Die anodische Oxydation
dient hauptsächlich zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit bei Teilen,
die starker mechanischer Abnützung unterworfen sind. Sinteraluminium-
produkte lassen sich auch vernickeln oder hart verchromen.

7.5 Gefüge von S. A. P.

7.51 Elektronenmikroskopische Untersuchungen

Wegen ihrer geringen Dicke können die Oxydteilchen im Licht-


mikroskop nicht aufgelöst werden. Eine nähere Untersuchung ist nur mit
Hilfe des Elektronenmikroskops mög-
lieh. E. GREGORY und N. J. GRANT
[31] sowie F. V. LENEL und Mitar-
beiter [42] konnten nachweisen, daß
das Oxyd im Halbzeug in Form von
Plättchen mit einer Dicke von etwa
100 A vorliegt. Beim Strangpressen
stellen sich die Plättchen parallel zur

Abb. 637. Elektronenmikroskopische Aufnahme


einer S. A. P.-930-Folie parallel zur Walzebene
(Oxydabdruck) (nach ALUSUIRSE).
28000: 1

Preßrichtung, so daß sie im Querschliff einer stranggepreßten Stange lang-


gestreckt erscheinen. Bei Blechen und Folien liegen die Oxydplättchen
parallel zur Walzebene und erscheinen daher in einem Schliff parallel
zur Walzebene in ihrer größten Ausdehnung (Abb. 637).
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 827

7.52 Modellversuche

Wie das eben beschriebene Gefüge während der Herstellung des Halb-
zeugs entsteht, ist von J. HERENGUEL und J. BOGHEN [56] sowie von
H. G. COLE [57] in Modellversuchen veranschaulicht worden.
Bei den Versuchen von H. G. COLE [57] wurden Stapel von Alu-
miniumblechscheiben sowie Aluminiumfolienschnitzel stranggepreßt. Es
zeigte sich, daß die Überreste der ursprünglichen Oxydhäute selbst in
diesen relativ groben Systemen oft als Korngrenzen wirken und die
Rekristallisation und die Gleitung bei der Verformung behindern.

7.53 Rekristallisationsversuche

Eine Rekristallisation bei der Warm verformung oder beim Glühen


nach einer Kaltverformung ist bei Sinteraluminiumprodukten mit 7 bis
15% Oxyd nie beobachtet worden. Dagegen fanden F. V. LENEL und
Mitarbeiter [44, 47], daß Sinteraluminiumdraht mit 1,75 und 3% Oxyd,
der mit 84% Kaltverformung gezogen worden war, bei Temperaturen
zwischen 400 und 500°C rekristallisiert. Wegen der Behinderung des
Kristallwachstums durch die Oxydzeilen haben die Körner eine in
achsialer Richtung langgestreckte und in radialer Richtung abgeplattete
Form.

7.6 Zusammenhang zwischen mechanischen Eigenschaften


und Gefüge des S. A. P.

7.61 'l'heoretische Untel'8uchungen

Die Eigem;chaften des fertigen Sinteraluminiumwerkstoffes hängen


ab von der Teilchengröße, der Teilchenform und dem Oxydgehalt des
verwendeten Pulvers sowie bis zu einem gewissen Maße auch von den
Halbzeugherstellungs- und Verarbeitungsbedingungen.
F. ROHNER [3] vertritt die Ansicht, daß die feinen Oxydteilchen im
Sinteraluminium die freie Weglänge der Gleitung begrenzen (siehe dazu
auch [58]).
In den letzten Jahren sind vor allem von N. J. GRANT [30 bis 38],
F. V, LENEL [39 bis 48] und C. G. GOETZEL [59 bis 61] und Mitarbeitern
Anstrengungen unternommen worden, um das Gefüge des S. A. P. und
dessen Zusammenhang mit den Festigkeitseigenschaften aufzuklären.
Es wurden verschiedene, auf der Versetzungstheorie beruhende Theorien,
die ursprünglich für die Ausscheidungshärtung entwickelt worden waren,
auch auf die dispersionsgehärteten Legierungen angewandt. Eine Über-
sicht über diese Arbeiten gibt C. G. GOETZEL [591.
828 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

7.62 Einfluß der Teilchengräße und des Oxydgehaltes

E. GREGORY und N. J. GRANT [31] maßen den mittleren Abstand


zwischen den Oxydteilchen in Sinteraluminiumprodukten mit Hilfe des
Elektronenmikroskops aus und setzten die Festigkeitswerte damit in
Beziehung. Sie fanden die lineare Abhängigkeit zwischen Festigkeit und
reziprokem Teilchenabstand am besten bestätigt, wie sie sich aus den
Theorien von E. OROWAN [62] und F. ROHNER [58] ergibt.
F. V. LENEL und Mitarbeiter [40, 43] untersuchten, ob die mecha-
nischen Eigenschaften von Strangpreßprodukten aus Aluminiumpulver
in erster Linie vom Oxydgehalt
$r-----~-----r------r-----.

kpjmm Z
oder von der Dicke der Flocken
abhängen. Diese beiden Größen
/4'
~r---~~/~~-+~~-~r-.-~ sind einander umgekehrt propor-
tional, so lange die verschie-
denen Pulver gleich dicke Oxyd-
~
~ 30 I-+-~-I-~~--t:.-,L--'=--~I-- häute aufweisen. Man kann aber
~
~ Abb. 638. Zugfestigkeit von Aluminium-Sin-
terkörpern in Abhängigkeit von der rezi-
proken Flockendicke (F. V. LENEL u.Mitarb.
[43], J. HERENGUEL U. J. BOGHEN [56],
R. IRMANN u. Mitarb. [3]) bzw. vom rezi-
proken Abstand der Oxydteilchen
(E. GREGORY u. N. J. GRANT [31]).
10 0:------'------,L------'----.,...J • E. GREGORY U. N. J. GRANT [31];
1 C 3 ,um-1 ~ + F. V. LENEL u. Mitarbeiter [43];
reziproke Flockendicke ; reziproker X J. HERE)lGUEL U. J. BOGHEN [56];
Abstand der OxydleiJchen ° R. IRMANN u. Mitarbeiter [3].

durch Glühen an der Luft, durch Behandeln mit Wasserdampf oder durch
Zusatz von feiner Tonerde den Oxydgehalt erhöhen, ohne die Flocken-
dicke zu vermindern. F. V. LENEL fand, daß eine solche Erhöhung des
Oxydgehaltes eine viel geringere Steigerung der Festigkeit bewirkt als
eine Verminderung der Flockendicke. Die O,02%-Elastizitätsgrenze bei
Raumtemperatur war in guter Übereinstimmung mit dem nach der
Formel von F. ROHNER berechneten Wert; die Zugfestigkeit bei Raum-
temperatur und bei 400 oe folgte dagegen eher der halblogarithmischen
Beziehung nach M. GENSAMER und Mitarbeitern [63]. Daß der Einfluß
der Flockendicke auf die Festigkeit bei Raumtemperatur den Einfluß
des Oxydgehaltes bei weitem überwiegt, war auch von R. IRMANN und
A. v. ZEERLEDER [20,27] sowie von J. HERENGUEL [56] gefunden worden.
Es dürfte somit als gesichert gelten, daß die Feinheit der Oxydteilchen
von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Trägt man die von verschiedenen Autoren gefundenen Werte der
Zugfestigkeit bei Raumtemperatur in Funktion von lid auf, Abb. 638, so
fallen die Meßwerte von R. IRMANN [3] und von E. GREGORY und N. J.
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 829

GRANT [31], sowie die meisten der Werte von F. V. LENEL [43] in einen
ziemlich engen Bereich um eine Gerade. Dies ist umso bemerkenswerter,
als d bei R. IR}IANN und F. V. LENEL die im Mikroschliff gemessene bzw.
aus dem Bedeckungsvermögen berechnete Flockendicke, bei E. GRE-
GORY und N. J. GRANT aber den mittleren Abstand zwischen den Oxyd-
teilchen bedeutet. Dadurch ,vird bestätigt, daß der Abstand zwischen
den Oxydbäuten in einem flockigen Pulver und der Abstand zwischen den
Oxydteilchen in dem daraus hergestellten Halbzeug von der gleichen
Größenordnung sind. Bei den Werten von J. HERENGUEL [56] sind ver-
hältnismäßig dicken Teilchen viel höhere Festigkeitswerte zugeordnet
als bei den andern Autoren. J. HERENGUEL arbeitete mit Pulver, das aus
Folienabfällen von 10 [Lm Dicke durch Stampfen hergestellt worden war.
Dabei entstanden Pulverteilehen mit einer Dicke bis zu 15 [Lm, was offen-
bar durch eine weitgehende Verschweißung der einzelnen Flocken wäh-
rend des Stampfens verursacht wurde. Die aus dem Bedeckungsvermögen
berechnete Dicke it-lt dann ein Mehrfaches der kleinsten Abstände
zwischen den Oxydfilmen, und es ergibt sich daraus ein Wert von 1/d, der
mit demjenigen der andern Flockenpulver, die nicht verschweißt sind,
nicht verglichen werden kann.
Beim schweren S. A. P.-Pulver, das beim Mahlen in der Kugelmühle
weitgehend verschweißt wurde, kann kein Zusammenhang zwischen
:Festigkeit und Korngröße mehr festgestellt werden. In diesem Falle
müssen die mechanischen Eigenschaften mit den Abständen zwischen
den in die metallische Grundmasse eingebetteten Oxydteilchen in Bezie-
hung gesetzt werden.

7.63 Einfluß von Legierungszusätzen

Von großem praktischem Interesse ist die Frage, ob sich die Festig-
keitseigenschaften der oxydhaltigen Sinteraluminiumprodukte durch
Zusatz von Legierungsbestandteilen weiter steigern lassen. Wie W. SEITH
und G. LÖPMANN [64] gezeigt haben, ist die Diffusion in S. A. P. wesent-
lich schneller als in Reinaluminium, was darauf zurückzuführen sein
dürfte, daß im S. A. P. neben der sehr langsamen Volumendiffusion vor
allem eine Diffusion entlang den Korngrenzen und Körnchenoberflächen
erfolgt. Man kann daher für die Herstellung von legiertem S. A. P.
prinzipiell zwei ·Wege einschlagen. Man kann legiertes S. A. P.-Pulver
herstellen und dieses durch Pressen, Sintern usw. weiter verarbeiten, oder
man kann Reinaluminium-S. A. P.-Pulver mit Pulvern z. B. aus Kupfer,
Magnesium, Silizium usw. mischen und nach dem Pressen und Sintern
durch Diffusion Legierungen herstellen.
R. IRMANN [11, 14] untersuchte die Eigenschaften von Sinterproduk-
ten auf der Basis von AlCuMg, die nach den beiden angegebenen Ver-
830 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

fahren hergestellt worden waren, wobei für beide Produkte grundsätz-


lich die gleichen Ergebnisse erhalten wurden. Es zeigte sich, daß S. A. P.
auf Basis von AICuMg aushärtbar ist wie die auf dem Schmelzweg her-
gestellten Legierungen gleicher Zusammensetzung. Bei Raumtemperatur
ist die Festigkeit nach Erwärmung auf 100°C durch Aushärtung gegen-
über einem unlegierten S. A. P. mit gleichem Oxydgehalt erhöht. Prüft
man die Festigkeit bei erhöhter Temperatur, so zeigt sich, daß nach
längerem Glühen bei 200°C die Zugfestigkeit von AICuMg-S. A. P. auf
diejenige von Reinaluminium-S. A. P. abfällt und daß sie bei 500°C nur
noch etwa halb so groß ist wie diejenige von Reinaluminium-S. A. P.
In ähnlicher Weise erhält man mit magnesiumhaltigem S. A. P.
Sinterkörper, deren Festigkeit im unteren Temperaturbereich durch
Mischkristallhärtung gegenüber Reinaluminium-S. A. P. in bescheidenem
Ausmaß erhöht ist. In der Wärme geht jedoch dieser Effekt verloren und
oberhalb 200°C hat magnesiumlegiertes S. A. P. eine geringere Warm-
festigkeit als Reinaluminium-S. A. P.
Ein gewisses praktisches Interesse bietet das Zulegieren von Silizium
zu S. A. P., da man dadurch die Verschleißfestigkeit erhöhen und speziell
die Wärmeausdehnung erniedrigen kann. Ein derartiger Werkstoff ist für
die Herstellung von Kolben für Verbrennungsmotoren vorgeschlagen
worden [65].

7.64 Dispersioushärtung durch intermetall1:sche Verbindungen

Schon bald nach der Entdeckung des S. A. P. wurden Versuche unter-


nommen, um Metalle mit Hilfe von anderen feindispersen, harten und
thermisch beständigen Phasen zu verfestigen. Es zeigte sich dabei, daß
gewisse intermetallische Verbindungen in Aluminiumlegierungen eine
ähnliche Rolle spielen können wie das Aluminiumoxyd im S. A. P.
Ausgangspunkt für diese Arbeiten bildete der Wunsch, Aluminium-
legierungen mit hohem E-Modul zu entwickeln, was, wie N. DUDZINSKI
[66,67] zeigte, durch Zusatz von intermetallischen Verbindungen und von
hochschmelzenden Metallen, die selbst einen hohen E-Modul aufweisen,
möglich ist. N. F. MACDONALD und C. E. RANSLEY [68] verarbeiteten
Gemische von zerstäubtem Aluminiumpulver und gewissen andern Metall-
pulvern auf pulvermetallurgischem ·Wege, wobei die neuen metallischen
Phasen, wie z. B. NiAl a, FeAl 3 und MnAl 6 beim Sintern und Warmpressen
gebildet wurden. Für die Untersuchungen von J. B. HEs,,; und R. S.
MATEER [50] wurden Aluminiumschmelzen, die größere Mengen von
Eisen, Mangan, Chrom, Titan und anderen Elementen enthielten, zer-
stäubt, wobei sich die unlöslichen Bestandteile beim Abkühlen infolge
der sehr hohen Erstarrungsgeschwindigkeiten in außerordentlich fein-
disperser Form ausschieden. Auf pulvermetallurgischem Wege konnten
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 831

aus derartigen Pulvern Aluminiumlegierungen von ungewöhnlicher


chemischer Zusammensetzung erhalten werden, die bei höheren Tempera-
turen eine hohe Festigkeit und eine hohe Dehnung aufweisen.
R. J. TOWNER [69] untersuchte Systeme mit Legierungszusätzen, die
im Aluminium eine sehr geringe Löslichkeit im festen Zustand besitzen.
Die Pulver wurden durch Zerstäuben der flüssigen Legierung erzeugt.
Eingehend untersucht wurde z. B. eine Legierung, die 0,5% AI 20 a,
7,8% Fe und je 0,2% er, Ti, V und Zr enthält. Das Eisen ist im atomi-
sierten Pulver als FeAla-Phase in Form von äußerst feinen Dendriten ver-
teilt. Durch das Kalt- und Strangpressen wird das Gußgefüge zerstört, so
daß im Halbzeug nur noch Überreste der dendritischen Struktur erhalten
sind. Die durchschnittliche Teilchengröße des dispersen FeAla ist unge-
fähr 0,1 [Lm, also etwa 10 mal größer als die Dicke der Oxydhäute in oxyd-
haitigen AluminiumRinterwerkstoffen.
Bei Temperaturen oberhalb 430 e fällt die Kriechfestigkeit des
0

Materials nach W. H. FmsKE [70] rasch ab, so daß diese Temperatur etwa
die Grenze für die Anwendung dieser Legierung darstellen dürfte. Nach
100stündigem Glühen bei 427 oe wurde außerdem eine gewisse Agglo-
meration der FeAla-Teilchen festgestellt. Der auffälligste Unterschied
gegenüber dem mit Oxyd verfestigten Sinteraluminium ist der Verlauf
der Dehnung, die bei Legierungen des erwähnten Typs mit steigender
Temperatur zunimmt, während sie bei den Aluminium-Aluminiumoxyd-
Legierungen abnimmt.
Vollständigkeitshalber sei erwähnt, daß von verschiedenen Forschern
versucht wurde, ausgehend von anderen Metallen ebenfalls dispersions-
gehärtete Werkstoffe mit ähnlichem Gefüge wie S. A. P. herzustellen.
Übersicht über diese Arbeiten siehe bei N. J. GRANT und 0. PRESTON [33].

7.7 Eigenschaften des S. A. P." Halbzeugs

7.71 Thermi8che Stabilität


Die bemerkenswertesten Eigenschaften von S. A. P. sind seine mecha-
nischen Eigenschaften bei höheren Temperaturen und seine völlige
Stabilität gegen selbst langdauernde Glühungen.
R. lRMANN [9, 20] hat stranggepreßtes S. A. P.-865 während zwei
Jahren bei Temperaturen bis 550 oe geglüht und nur einen unbedeuten-
den Rückgang der Festigkeit bei Raumtemperatur festgestellt. W. M.
DOYLE [53] fand bei Blech aus Hiduminium-100 (= S. A. P.-895) nach
Glühungen bis 500 oe nur Veränderungen der Festigkeitswerte, die im
Streubereich der Messungen liegen. Ähnliche Ergebnisse von J. P. LYLE
[29] und D. M. GUY [71] liegen für M 257 und M 430 (jetzt XAP 001
und XAP 004) vor.
832 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

Wie W. S. CREMENS, E. A. BRYAN und N. J. GRANT [36] feststellten,


wird die durch Kaltverfestigung, z. B. Walzen, etwas erhöhte Härte
durch Glühbehandlungen bei Temperaturen unterhalb 600 oe nicht
stärker erniedrigt als dem warmgewalzten Zustand entspricht.

7. 72 Mechanische Eigenschaften

In Tab. 108 sind die Festigkeitswerte (Dehngrenze, Zugfestigkeit,


Dehnung und Härte) von industriell hergestelltem S. A. P.-Halbzeug bei
normaler und erhöhter Temperatur nach Angaben der ALUSUISSE zu-
sammengestellt.

Tabelle 108. Festigkeitseigenschaften von S. A. P.-Halbzeug

Material %
I
Oxydgehalt prüftempe-I
ratur oe
Dehngrenze
0'0,.
Zugfestigkeit
aB
Dehnung
6,
I Brinell-
härte
kpjmm'
I kpjmm' 0'
,0 kpjmm'

S.A.P.-930 6 bis 8 20 12-15,5 23-25 18-26 50-70


100 12-14 19,5-21 18-26
200 12-13 15-16,5 I
17-25
300 8,5-10 11-12,5 16-24
400 7- 8,5 7- 9,0 6-11
500 5- 6 6- 7 4- 7
S.A.P.-895 9 bis 11 20 18-23 29-37 8-12 80-95
100 17-20 25-30 6-10
200 15-18 20-22,5 4- 8
300 12-14 16-18 3- 7
400 9-11 10-12 3- 7
500 5,5- 7 7- 9 2- 6
S.A.P.-865 12 bis 14 20 21-24 34-37 6- 9 90-100
100 20-22 28-30 5- 8
200 18-20 22-26 4- 7
300 15-16 17-18 3- 6

I
400 11-12 12-13 2,5- 6
500 8,5-10 9-10,5 1,5- 4

Die Kerbzähigkeit ist für S. A. P.-865, -895 und -930 in Abb. 639 bei
verschiedenen Temperaturen dargestellt, entsprechend dem schweizeri-
schen Normblatt VSM 10925. Beim duktilen Material S. A. P.-930
ist die Schlagarbeit am größten.
Die thermische Stabilität von S. A. P. zeigt sich insbesondere im
KriechverhaIten unter Dauerlast bei erhöhter Temperatur. Ausführliche
Angaben über das Kriechverhalten und die Zeitstandbruchfestigkeit von
S. A. P. finden sich in verschiedenen Veröffentlichungen von R. IRMANN
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter·Aluminium-Produkt 833

[7, 9, 20]. Abb. 640 zeigt einen Vergleich der bleibenden Dehnung von
Legierung Y (einer warm aushärtbaren AICuNi-Legierung) und S. A. P.-
865 nach 1000 Stunden Belastung bei Temperaturen bis 500°C. Man
erkennt, daß bei Temperaturen von etwas oberhalb 200°C der Sinter-
werkstoff der Knetlegicrung deutlich überlegen ist. Abb. 641 zeigt die
spezifische Belastung für bleibende Dehnungen von 0,1, 0,2 und 0,5%
für stranggepreßte Rundstangen der drei S. A. P.-Sorten bei Tempera-
m,---,----,----,---,----,----,

kpmlcm z / I
91----~---+----~--~--~--~

8r---+----r---+----~+_,---~
~/ I

/ I 12
lr---+----r---+----HL--T---~

10

z
,

i
o 100 200 300 400 500 oe 800 0100 ZOO 300 400 oe 500
Prüffemperatur Temperatur
Abb. 639. Einfluß der Prüftemperatur auf die Kerbschlag- Abb. 640. Bleinende Dehnung " von
zähigkeit (geprüft nach VSl\110925, Kerbradius 1 mm) Legierung Y (4% Cu; 1,5% Mg; 2% Ni)
von S. A. P.-865, S. A. P.-895 und S. A. P.-930 und S. A. P.-865 nach 1000 h Belastung
(nach ALUn:rSSE). (nach ALl:SUrSSE).
- S. A. P.-865; S. A. P.-S95; - - - S.A.P.-865;
_.-.- ~. A. 1'.-930. - - - -- Legierung Y.

t,uren bis 400 oe und Belastungsdauern bis 10000 Stunden; man erkennt,
daß die Dauerlast für eine bestimmte bleibende Dehnung nur langsam
mit der Zeit abfällt. Die Kriechfestigkeit von kaltgewalztem Blech aus
Hiduminium-100 (= S. A. P.-895) ist nach Untersuchungen der High
Duty AlloY8 Ltd. [72] etwas geringer als diejenige des entsprechenden
Stangenmaterials.
Die Beständigkeit der Aluminiumsinterwerkstoffe wird auch durch
das Verhalten im Ermüdungsversuch illustriert. Ungekerbte Proben aus
Sinteraluminium haben um 400 oe eine gleich große oder größere Wechsel-
festigkeit als viele Aluminiumlegierungen zwischen 200 und 250 oe.
Sinteraluminiumwerkstoffe bieten daher auch bei Anwendungen, wo
.',3 Altenpohl, Aluminium
834 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

Wechselbeanspruchungen bei höheren Temperaturen Ituftreten, inter-


essante Möglichkeiten.
Angaben über Wechselbiegefestigkeit und Schwellfestigkeit von
S. A. P.-865 sind von R. IRMANN [9, 20] für Temperaturen von 20 bis

'
10
kpjmm z j_ i e-----L- J_~_
- '- e=0,5% i i ~t
1-
-
~-

hJo,z
8

-.... -
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r-I- II I
7
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If
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G
...... l""-
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0"1%
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i'~..o.1 I
oi· . . r· ......
i

'i-..
'~H ~·i--I
I
,I . 1 ,
J

. I

I1 j i
z 100 1000
1

h 10000
Belastungsdauer
Abb.641. Kriechfestigkeit von S. A. P.-865, -895 und ·930 bei 400'C für verschiedene bleibende
Dehnungen (nach ALUSUISSE).
- - - S.A.P.·865; - - - - S.A.P.-8H5; - . - . - S.A.I'.-930.
Diese Abb. stellt das Ergebnis neuerer Untersnchungen an anderen Proben dar; deshalb weichen
die Werte etwas von denen gem. Abb. 640 ab.

400°C veröffentlicht worden. Weitere Untersuchungen über das Ermü-


dungsverhalten von S. A. P.-895 und von S. A. P. auf der Basis von
A1CuMg stammen von F. BOLI,ENRATH; Abb. 642 zeigt den Verlauf der
Wechselbiegefestigkeit von S. A. P.-865 in
Abhängigkeit von der Temperatur [73].
Bei dünnen Blechen aus Hiduminium-l00
(= S. A. P.-895) ist die Wechselbiegefestig-
keit nach Untersuchungen von W. M.
DOYLE [53] ungefähr gleich groß wie
bei S. A. P.-865-Stangen: sie nimmt aber

6L-__-L____L-__-L__ ~
Abb. 642. Biegeweeilselfestigkeit (Umlaufbiegung 20· 10'
o 100 ZOO 300 oe .00 Lastwechsel) von S. A. P.·865 in Abhängigkeit von der
TBmpBrofur Temperatur (nach F. BOLLENRATH [73]).

mit zunehmender Blechstärke ab. Durch Kerben wird die Wechsel-


festigkeit auf etwa die Hälfte herabgesetzt, so daß an Querschnitts-
übergängen ausreichende Abrundungsradien vorzusehen sind.
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 835

Der E-Modul steigt bei Aluminiumsinterprodukten annähernd linear


mit dem Oxydgehalt an und nimmt wie bei den konventionellen Alu-
miniumlegierungen mit steigender Temperatur ab. Nach R. IRMANN [20]
beträgt der E-Modul von S. A. P.-865 bei Raumtemperatur etwa 7500
und bei 400°C noch 5000 kp/mm 2 • W. M. DOYLE [53] findet bei Blech aus
Hiduminium-100 (S. A. P.-895) einen etwas stärkeren Abfall des E-
Moduls mit steigender Temperatur. F. BOLLENRATH [73] hat bei Schwin-
gungsuntersuchungen auch das Dämpfungsverhalten von S. A. P. bei
Raumtemperatur untersucht und gefunden, daß S. A. P. ein rund 20mal
größeres Dämpfungsnrmögen besitzt als Reinaluminium.

7.73 Physikalische Eigenschaften

Die hauptsächlichsten an Aluminiumsinterprodukten interessierenden


physikalischen Eigenschaften sind in der Tab. 109 nach Angaben von
R. IRMANN [20] den Werten für Reinaluminium und Legierung Y, warm
ausgehärtet, gegenübergestellt.
Die Dichte von S. A. P. ist infolge des Oxydgehaltes gegenüber Rein-
aluminium schwach erhöht. Der Wärmeausdehnungskoeffizient ist relativ
niedrig. Bei der Wärme- und elektrischen Leitfähigkeit fällt auf, daß die
Werte für S. A. P. näher bei denjenigen des Reinaluminiums liegen als
jene der Legierung Y.
Die Werte der Tab. 109 beziehen sich auf S. A. P.-865 mit einem
Oxydgehalt von ca. 13%; die Abhängigkeit der angegebenen Größen vom

Tabelle 109. Physikalische Eigenschaften von S. A. P., Reinaluminium und Legierung


Y 1, warm ausgehärtet

S.A.P. Al 99,5 Y -Legierung


- 865 weich warm
ausgehärtet

Dichte in gjcm3 2,8 2,7 2,8


Linearer Wärmeausdehnungs-
koeffizient ZW. 20 u. 500 °0 in 1/grd 22,5.10-8 28.10- 6 25,5.10- 6
Wärmeleitfähigkeit
bei 20 bis 500°0 in kcalJm h grd 150 175 110
Elektrische Leitfähigkeit
bei 20°0 in mjD. . mm 2 26 35 18
Elektrischer Widerstand
bei 20°0 in D. . mm2 Jm 0,038 0,028 0,056

1 Legierung Y: 4% Ou, 1,5% Mg, 2% Ni.

53*
836 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 838

Oxydgehalt ist annähernd linear. Besonders interessant für praktische


Anwendungen von S. A. P. sind die hohe Wärmeleitfähigkeit und die
geringe Wärmeausdehnung.

'h 74 Korrosionsbeständigkeit
Die Korrosionsbeständigkeit von S. A. P. ist sowohl bei Raum-
temperatur wie bei erhöhter Temperatur gleich gut wie diejenige des
Reinaluminiums, aus dem es hergestellt ist. Da die hohe Warmfestigkeit
sowie die gute Neutronendurchlässigkeit das S. A. P. zu einem interessan-
ten Werkstoff für den Atomreaktorbau machen, sind in den letzten Jah-
ren ausgedehnte Untersuchungen über das Korrosionsverhalten von
Aluminiumsinterwerkstoffen unter den Bedingungen des Reaktor-
betriebes gemacht worden.
Die Beständigkeit von S. A. P. gegen Kohlendioxyd, das bei manchen
Reaktoren als gasförmiges Kühlmittel verwendet wird, ist gut. Was die
ol'ganischen Kühlmittel anbetrifft, zeigten Untersuchungen von W. H.
FRISKE [70], daß M257 mit 6% Oxydgehalt bei 400 oe eine ausgezeich-
nete Korrosionsbeständigkeit gegenüber Polyphenylen aufweist.
Nachdem J. E. DRALEY und W. E. RUTHER [74] sowie F. H. KRENZ
[75] gezeigt hatten, daß das Korrosionsverhalten von geknetetem
Aluminium in Wasser von mehr als 200 oe und in Heißdampf durch
Zusätze von Nickel und Eisen wesentlich verbessert wird, wurden auch
mit pulvermetallurgisch hergestellten Produkten entsprechende Versuche
durchgeführt.
Wie E. ZURBRÜGG [76] feststellte, erlitt S. A. P.-895, das aus Alu-
minium mit 1 % Ni und 0,5% Fe auf dem üblichen Wege hergestellt
wurde, bei Korrosionsversuchen in ruhendem Wasser bei 300 oe keinen
zerstörenden Angriff.
Die korrosionshemmende Wirkung eines Nickelzusatzes fanden
N. J. M. WILKINS und J. N. WANKLYN [77] auch bei Untersuchungen in
Hochdruckdampf bestätigt.
H. W. SCHLEICHER und Mitarbeiter [78] konnten bei Korrosions-
versuchen in Wasser von 300 oe und in Dampf von 400 oe die passivierende
Wirkung von Zusätzen an Nickel und Eisen zu Aluminiumsinterwerk-
stoff ebenfalls bestätigen. Sie fanden ferner, daß ein aus nickellegiertem
Aluminium pulvermetallurgisch hergestellter Werkstoff ein besseres
Korrosionsverhalten zeigt als der konventionell durch Gießen und Kneten
verarbeitete Werkstoff von gleicher Zusammensetzung. Eine Erklärung
dafür liefert die von verschiedenen Forschern ausgesprochene Ver-
mutung, daß es nicht so sehr auf die spezielle Zusammensetzung als auf
die feine Verteilung der kathodischen Bestandteile ankommt (H. eORIOU
und Mitarbeiter [79] und F. H. KRENZ [75]), was sich auf pulvermetallur-
gischem Wege besonders leicht erreichen läßt.
Lit. S. 838] 7. S. A. P. - das warmfeste Sinter-Aluminium-Produkt 837

7.8 Anwendungen

Die hervorstechendsten Eigenschaften des S. A. P. seien hier noch einmal


kurz aufgezählt: hohe Warmfestigkeit und gute thermische Stabilität,
niedriges spezifisches Gewicht und damit günstiges Verhältnis von Warm-
festigkeit zu Gewicht, gute Korrosions- und Oxydationsbeständigkeit,
hohe Wärmeleitfähigkeit und gute Neutronendurchlässigkeit.
Der Flugzeugbau ist eines der Gebiete, welches dem S. A. P., dank
seinem geringen spezifischen Gewicht und seiner hohen Warmfestigkeit,
gute Anwendungsmöglichkeiten bietet. In einem amerikanischen Düsen-
triebwerk werden gewisse der Wärme ausgesetzte Teile bereits heute aus
Sinteraluminium hergestellt.
Bei Kolbenmotoren kann die Wirtschaftlichkeit durch die Erhöhung
des Kompressionsverhältnisses gesteigert werden, was aber eine aus-
reichende Warmfestigkeit des Kolbenwerkstoffes bedingt. Es ist daher
vorgeschlagen worden, zu diesem Zwecke S. A. P. zu verwenden; dabei
kann man entweder die Kolben ganz aus S. A. P. schmieden (R. IR:VIANN
[6, 7, 10, 11, 16, 20], E. MAHLE [80], C. BÜCKEN [81]) oder Einsätze aus
S. A. P. mit einem Kolbenkörper aus normaler Kolbenlegierung ver·
binden (R. IRl\IANN [11, 16], E. MAHLE [82], H. KESSLER [83 bis 85]).
Einen Werkstofl" mit niedrigen Ausdehnungskoeffizienten erhält man,
indem man beim Mahlen des S. A. P.-Pulvers Siliziumpulver beimischt
[65] oder für die Pulverherstellung direkt von einer Aluminium-Silizium·
Legierung ausgeht.
Auch im übrigen Maschinenbau kommt S. A. P. für Teile in Frage, die
bei höheren Temperaturen starken mechanischen Beanspruchungen
unterworfen sind, z. B. sehr schnell umlaufende Teile, wie Turbinenräder
und dgl. Nach einem Vorschlag von M. R. POUIT [86] können Schaufeln
für Fahrzeuggasturbinen aus Sinteraluminium hergestellt werden.
]'ür Atomreaktoren können Sinteraluminiumwerkstoffe wegen ihres
geringen Absorptionsquerschnittes für thermische Neutronen, ihrer hohen
vVarmfestigkeit und ihres Korrosionsverhaltens gute Dienste leisten [87].
Dic Anwendung von Sinteraluminiumprodukten in Atomreaktoren
setzt die Abklärung zum Teil neuartiger Fragen voraus. Einige Probleme
dieser Art sind von B. BOUDOURESQUE und K. E. MAN:N [88] untersucht
worden. Sie fanden, daß S. A. P. und Uran nicht legieren, wohl aber unter
Druck bei 500°0 an den Berührungsstellen zusammenkleben unter
Bildung von sprödem UAl 2 und UAl a. Gegenwärtig laufen sowohl in
Europa wie auch in Amerika eine ganze Reihe von Untersuchungen über
die Eignung von Sinteraluminiumprodukten für die verschiedenartigsten
Rcaktorprojekte.
838 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

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[87] ZURBRÜGG, E.: Aluminium Suisse 9 (1959) 85.
[88] BOUDOURESQUE, B., u. K. E. MANN: Symposium on Fuel Element Fabrication;
The International Atomic Energy Agency, Wien 1960. Vortrag 1,7.

8. Korrosion
Von D. Altenpohl u. H. Zeiger, Zürich

8.1 Einleitung

Die vergleichsweise gute Korrosionsbeständigkeit ist eine der wich-


tigsten Eigenschaften der Aluminiumwerkstoffe. Im folgenden Kapitel
soll in gedrängter Form ein überblick über die Grundlagen des Korro-
sionsverhaltens des Aluminiums gegeben werden. An einigen ausgewähl-
ten Beispielen wird sodann die Anwendung der theoretischen Grundlagen
auf Korrosionsfälle der Praxis erläutert. Diese Beispiele sind willkürlich
ausgewählt und können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Auf
das Korrosionsverhalten des Aluminiums in der Praxis - insbesondere auf
spezifische Angriffsmittel und spezifische Anwendungsfälle - wird somit
nur kurz eingegangen werden. Hierzu wird auf die zusammenfassende Lite-
ratur verwiesen [1 bis 4]. über das typische Korrosionsverhalten der
einzelnen Legierungsgruppen sind im übrigen schon Angaben an den
betreffenden Stellen dieses Buches gemacht worden. 1

8.2 Prinzipielles KorrosionsverhaIten des Aluminiums

Als Korrosion möchten wir den Übergang von Atomen aus dem Metall-
gitter in den ionisierten Zustand definieren. In diesem Sinne gehört auch
das Wachstum von Oxydschichten unter den Oberbegriff Korrosion [5].
1 Die interkristalline Korrosion durch Wasser erhöhter Temperatur wird an
dieser Stelle nicht behandelt werden, da über sie auf S. 636 bereits berichtet wurde.
Lit. S. 884J 8. Korrosion 841

An sich müßte Aluminium auf Grund seines unedlen elektrochemi-


schen Potentials mit Wasser oder wäßrigen Lösungen heftig reagieren.
Dies wird durch die vorhandene oder durch die während der Korrosion
entstehende Oxydschicht in den meisten Fällen verhindert.
Genau betrachtet, geht es nicht darum, zu verstehen, warum Alu-
minium korrodiert, sonderu warum es in der Mehrzahl der Fälle nicht
korrodiert [6].
Unter den angreifenden Medien sind insbesondere folgende drei
Gruppen zu unterscheiden:
1. Es erfolgt kein merklicher Angriff auf das Grundmetall. Die Oxyd-
schicht zeigt evtl. ein gleichmäßiges Wachstum, das allmählich zum Still-
stand kommt.
H. Es erfolgt ein lokaler Angriff an schwachen Stellen der Oxydhaut
oder an Korngrenzen.
IH. Die Oxydhaut wird durch das angreifende Medium aufgelöst
und damit in den meisten Fällen auch das Grundmetall.
Die Fälle I bis III kommen sowohl bei gasförmigen als auch bei flüssi-
gen Angriffsmedien vor. In der Praxis interessieren insbesondere Fälle aus
den Gruppen I und H, da allgemein bekannt ist, welche Agenzien die
Oxydschicht und das Aluminium rasch auflösen, z. B. die meisten starken
Säuren oder Basen.
Im allgemeinen ist die Oxydhaut des Aluminiums zwischen pR = 5 bis
8 beständig, wobei es bei Anwesenheit spezieller Ionen erhebliche Aus-
nahmen gibt. Z. B. greifen konzentrierte Salpetersäure (pR = 1), Eisessig
(pR = 3) und Ammoniak (pR = 13) das Aluminium nicht oder nur äußerst
gering an.
Die Beurteilung von Korrosionsfällen der Gruppe II wird dadurch
erschwert, daß z. B. relativ kleine Varianten in der Zusammensetzung des
Korrosionsmediums oder in der thermischen Vorbehandlung des Grund-
metalls das Korrosionsverhalten grundlegend beeinflussen können. Zum
Beispiel können kleinste Zusätze von Quecksilber- oder Kupfersalzen
eine wäßrige Lösung gegenüber Aluminium äußerst aggressiv machen.
Im zeitlichen Ablauf der Korrosion werden folgende Grundtypen fest-
gestellt: Im allgemeinen tritt während der Korrosion eine Verlangsamung
der Reaktion auf, mcistens infolge Ablagerung von Korrosionsprodukten.
Gelegentlich wird auch ein annähernd linearer Verlauf beobachtet.
Rclativ selten erfolgt während der Korrosion eine Zunahme der Reak-
tionsgeschwindigkeit.
Wegen des Einflusses der thermischen Vorgeschichte des Werkstoffes
auf das Korrosionsverhalten verweisen wir z. B. auf S. 675 (AlMg) und
auf S. 741 (AICu:\fg) sowie auf [44] (Einfluß der Abschreckgeschwindig-
keit auf das Korrosionsverhalten diverser hochfester Legierungen).
842 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

8.3 Korrosionsprüfung
Korrosionsprüfungen werden ausgeführt, um das Verhalten eines
Werkstoffs unter bestimmten Bedingungen vorhersagen zu können, oder
um das Korrosionsverhalten verschiedener Werkstoffe oder von Werk-
stoffen in unterschiedlichen Zuständen vergleichen zu können. Die zuerst
genannte Fragestellung läßt sich anhand von Versuchen meist nur mit
einer ziemlichen Unsicherheit beantworten. Dagegen können Versuche
zum Vergleich des Korrosionsverhaltens verschiedener Werkstoffe bei
richtiger Wahl der Versuchsbedingungen gut reproduzierbare und sinn-
volle Ergebnisse liefern.
Man kann zwei Gruppen von Korrosionsversuchen unterscheiden:
Einmal Versuche unter den tatsächlichen Korrosionsbedingungen und
zum andern beschleunigte Versuche. Die erstgenannte Art der Versuchs-
durchführung erlaubt eine sicherere Voraussage. Oft sind jedoch derartige
Versuche nicht möglich oder zu zeitraubend, so daß auf beschleunigte
Versuche zurückgegriffen werden muß. Bezüglich der übertragung der
Ergebnisse ist jedoch große Vorsicht geboten (z. B. [8]). Hingegen
erlauben beschleunigte Korrosionsversuche im allgemeinen einen guten
Vergleich von verschiedenen Werkstoffen oder Werkstoffzuständen.
Richtlinien über die Durchführung von Korrosionsversuchen finden
sich z. B. bei [7 bis 9].
Bewitterungsversuche unter verschiedenen klimatischen Bedingungen
sowie Dauer- und Wechseltauchversuche in Meerwasser haben für die
Untersuchung von Aluminiumwerkstoffen besondere Bedeutung erlangt.
Einzelheiten über die zweckmäßige Durchführung derartiger Versuche
finden sich z. B. bei [10].
Die wichtigsten beschleunigten Prüfungen sind:
Der Salzsprühversuch mit neutraler oder saurer Lösung (teilweise mit
Zusatz von Kupfersalzen) [9, 10, 13]. Dieser Versuch entspricht einer
Beanspruchung in Meeresatmosphäre oder durch Sprühnebel von Meer-
wasser. Für Aluminiumwerkstoffe scheint der mit neutraler Lösung durch-
geführte Salzsprühversuch am geeignetsten zu sein, wenn auch eine
relativ lange Versuchsdauer benötigt wird.
Der Rührversuch [10]. Dieser Versuch ist für die Untersuchung der
Meerwasserbeständigkeit von Aluminiumwerkstoffen entwickelt worden
und eignet sich besonders zum Vergleich verschiedener Werkstoffe oder
Zustände. Bei Zusatz von Wasserstoffperoxyd zur angreifenden Lösung
erhält man relativ rasch Ergebnisse von befriedigender Reproduzierbar-
keit.
Der Wechseltauchversuch [10]. Auch dieser Versuch eignet sich recht
gut zur Feststellung der Meerwasserbeständigkeit, jedoch ist die Ver-
suchsdauer länger als beim Rührversuch.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 843

Die SchwitzwGsserprüfung in Industrieluft nach W. KESTERNICH


[11, 12]. Diese Prüfung entspricht einer Beanspruchung in schwefel-
dioxydhaItiger Industrieluft. Sie wurde ursprünglich zur Untersuchung
galvanischer Schichten auf Eisenwerkstoffen ausgearbeitet. Der Test ist
für Aluminiumwerkstoffe weniger geeignet und daher umstritten 1.
Als Beispiel dafür, daß sich die Ergebnisse eines Laboratoriums-
versuchs nur bedingt auf das allgemeine Korrosionsverhalten übertragen
lassen, sei erwähnt, daß sich eine heterogenisierende Weichglühung von
kaltgewalztem Reinaluminium deutlich in einer Zunahme der Reaktions-
geschwindigkeit gegenüber verdünnter Salzsäure äußert, jedoch das
Korrosionsverhalten 7.. B. bei Bewitterung nicht verändel't 2 [14].

8.4 Wachstum und Eigenschaften von Oxydschichten

8.41 Natürliche O.rydhaut auf Reinstaluminium

8,411 Beobachtungen über das Wachstum der Luftoxydhaut. Wird

--
eine z. B. durch Abschaben oder durch Aufdampfen im Vakuum erhaltene
oxydfreie Aluminiumo berfläche Ja

-
bei Raumtemperatur der Einwir-
f..--1 Z
kung trockner Luft oder trocknen
Sauerstoffs ausgesetzt, so wächst ..---
bereits in wenigen Minuten eine
Oxydhaut von etwa 10 A Dicke
~ 3
4 5

[15].
Im Verlauf mehrerer Tage o 20 40 60 80 h 100
wächst die Oxydhaut langsam Oxydationsdauer
weiter. Die dabei erreichte End- Abb. 643. Oxydation von Aluminium in trockenem
dicke wird von verschiedenen Au- Sauerstoff bei Raumtemperatur.
Kurve 1 nach N. CABRERA u.::<r. MOTT [30];
toren unterschiedlich angegeben Kurve 2 nach N. CABRERA u. J. HAMON [174];
Kurve 3,5 nach F. KELLER u. J.D. EDWARDS [15];
und liegt im allgemeinen bei 10 Kurve 4 nach N. K. ANDRt'SHENKO u. P. D.
bis 30 A [16, 16a, 17]. Anschlie- DANKOV [175].
ßend wächst die Oxydhaut an
trockener Luft nur äußerst langsam weiter; meistens ist kein weiteres
Wachstum mehr meßba,r. Aus Abb. 643 erkennt man deutlich den selbst-
hemmenden Mechanismus des Oxydschichtwachstums.
Die an feuchter I~uft gewachsenen Oxydhäute sind wesentlich dicker
als die an trockener Luft entstandenen und wachsen durch Jahre hin-

1 Der Test wird jedoch mit Erfolg zur Prüfung glanzeloxierter Automobil-
zierteile verwendet.
2 Der Grund hierfür liegt darin, daß in verdünnter Salzsäure der oben erwähnte
Korrosionsmechanismus III vorliegt, bei Bewitterung dagegen Mechanismus I oder II.
844 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

durch langsam weiter [18]. Eine oft beobachtete Oxydschichtdicke auf


Aluminiumoberflächen, welche z. B. einige Monate der Zimmerluft aus-
gesetzt waren, liegt in der Größenordnung von 100 A. War die Oberfläche
längere Zeit der freien Bewitterung ausgesetzt, kann die Oxydschicht-
dicke über 1000 A betragen.
Die im Kontakt mit Luftfeuchtigkeit gewachsenen natürlichen Oxyd-
filme bestehen gem. Abb.644 aus zwei übereinanderliegenden Teil-
schichten. Sie weisen eine porernreie Grundschicht aus amorphem Alu-
miniumoxyd auf, deren Dicke temperaturabhängig ist. Diese Grund-

p p p

50 bis 100 Äbei


Raumtemperalur
\PiIl!lrlb777.7777T7777_!l.#ffi'b;T77-H-:'"T"'-;TT;'77-;TT;'77~I--t 10 bis 20 Äbei
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Abb. 644. Schematischer Aufbau einer


natürlicheu Oxydschicht, in feuchter Luft
gewachsen (Zimmerluft).
Al Grundmetall; S Sperrschicht (Grund-
schicht) ; D Deckschicht; P Poren;
H Heterogenitäten im Hrundmetall;
M )Iischoxyd.

schicht wird auch als Sperrschicht bezeichnet, die daraufliegende Teil-


schicht als Deckschicht.
Die an feuchter Luft gewachsene Deckschicht ist im allgemeinen
amorph mit schwachen kristallinen Anteilen, z. B. an Bayerit (A1 20 a
·3H20). Die Deckschicht gibt beim Erwärmen z'wischen ca. 165 und
500 oe Wasser und W asserstoff ab [15].
Messungen der Dicke der Gesamtschicht sowie der Sperrschicht hängen
in ihren Ergebnissen sehr von der Meßmethode ab. Außerdem muß die
zufällige Oberflächenrauhigkeit als oft erheblicher Korrekturfaktor be-
rücksichtigt werden. Wir verweisen hier auf die Spezialliteratur, siehe
z. B. [16a, 19J.
Die Gesamtschichtdicke bestimmt man entweder z. B. gravimetrisch
oder kapazitiv nach Aufdampfen einer Gegenelektrode im Vakuum.
Bei Schichtdicken über ca. 100 A eignen sich auch naßchemische Analy-
senverfahren. Angewendet wird oftmals das Auflösen des Grundmetalls
in einer Lösung, welche Aluminiumoxyde und -oxydhydroxyde nicht
merklich angreift, z. B. in Brommethanol, oder das Auflösen der Oxyd-
haut in einem Säuregemisch, das das Grundmetall nicht angreift, z. B.
einer Mischung von Chromsäure und Phosphorsäure [42, 661-
Zur Ermittlung der Dicke der Sperrschicht eignet sich insbesondere
eine elektrochemische Methode von M. S. HUNTER und P. FOWLE, bei
Lit. S. 884] I'L Korrosion 845

welcher die zu messende Probe als Anode in eine F'ormierlösung ein-


gesetzt wird, worauf das angelegte Potential langsam gesteigert wird
[18,176]. Bei einem bestimmten Potentialwert tritt eine unstetige Steige-
rung des durchfließenden Stromes auf. Der hierbei abgelesene Potential-
wert ergibt ein Maß für die Dicke der Sperrschicht ("barrier layer"). Bei
natürlichen Oxydschichten, die an feuchter Luft bei Raumtemperatur
gewachsen sind, beträgt dif~ auf diese Weise ermittelte Sperrsehichtdicke
10 bis 20 A [20].

~.-------,--------r-------.--------.
p.g/cm l

500

450
400°C I
+---+-+~~----+---+

o z J h 4
Oxydationsdauer
Abb.645. Wachstum der Oxydschicht auf Reinstaluminium in trockenem Sauerstoff während der
ersten 4 Stunden (nach D. W. AYL~!Om:, S..J. GREGG n. W. R. JEPSON [28]).

Gem. Abb. 645 und 646 nimmt die Dicke der Gesamtoxydhaut bei
einer Glühung oberhalb 400 hzw. 450°8 sehr stark 7,U, siehe auch [21]).
Das Wachstum von Oxydschichten in feuchter Luft ist in Abb.647
wiedergege ben.
Um die z. B. in Abb. 643 und 645 bis 647 festgehaltenen experimen-
tellen Befunde über das Wachstum natürlicher Oxydschichten zu ver-
stehen, bedarf es einiger Keimtnisse über den 'Vachstumsmechanismus
diCFler Schichten.

8.412 Wachstumsmechanismus der Luftoxydhaut. Über Aufbau


und Wachstumsmechanismus der natürlichen Oxydhäute des Alu-
miniums gibt es eine umfangreiche Spezialliteratur (siehe z. B. [15, 18,
22 bis 27, 40]). Man erkennt in Abb. 644, daß die natürliche Oxydhaut
z. B. auf Reinaluminium schwache Stellen hat. Diese bestehen aus
"11ischoxyd (über Heterogenitäten im Grundgefüge), dünnen Stellen
oder Poren. Das Porenvolumen der an feuchter Luft entstandenen
natürlichen Oxydhaut von ca. 100 A Dicke wird z. B. mit 10-4 angegeben
[51, 54].
846 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

90 I

tJ-g/ cmZ I 45~


90 i

10
r-i-I--- t /~L I
60
·1 / I ' '5m)

650
VI~ :--0-
liI/,
550
....~i7 600
'r7
I_fl-i
30
1
zo
l- --I~
10
/ --+- i

It+- 400°C

I
o 20 40 60 80 100 120 140 h 160
Oxydationsdauer
Abb.646. Wachstums der Oxydschicht auf Reiustaluminium in trockenem Sauerstoff während der
ersten 160 Stunden (nach D. W. AYLMORE, S. J. GREGG U. W. B. JEPSON [28]).

3,0 42
V ,?75~C I A
2,5
V j -e-- 35
/' ZOO~C
r 1(/I
2,0 ,.....

----
./
,.........-:
c::: 1,5 ---.- - --
125°C
'"
I-tt
~ ,......
1,0 ......-'

V
0,5

9 16 21, 3Z 40
TI
1,8
Oxydationsdauer
56 64 7Z 80 h 88 0
7

Abb. 647. Wachstum der Sperrschicht auf Reinstaluminium in feuchter Luft


(nach M. S. HUNTER u. P. FOWLE [18]).

Das Wachstum der natürlichen Oxydhaut geschieht durch die Wande-


rung von Aluminiumionen . durch die Sperrschicht hindurch, an deren
Oberfläche die Reaktion mit Sauerstoff und somit das Wachstum der
Sperrschicht erfolgt, bis diese ihre Enddicke erreicht hat [15, 25].
Dieser Stillstand des Wachstums ist ein Indiz für die Korrosions-
schutzwirkung der Sperrschicht, welche einen hohen Widerstand gegen
den Durchtritt von Aluminiumionen oder Elektronen aufweist [19a].
Lit. ;-;. 884] 8. Korrosion 84i

Die Spem,chichten der natürlichen Oxydhäute und die Formier-


schichten (z. B. durch anodische Oxydation in wässeriger Borsäure-
lösung erhalten) weisen eine auffallende Ähnlichkeit in ihrem Wachst.ums-
mechanismus auf. Außerdem sind beide Arten von Sperrschichten gleich-
richtend [18]. Daher ist auch bei natürlichen Oxydschichten angenommen
worden, daß die Wanderung der Aluminiumionen durch die Sperrschicht.

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Temperatur
Abb. M8. Beziehuug zwischen Temperatur und Dicke der Sperrschicht für natürliche Oxydschichten
(nach M. S. HuxT~m u. P. FOWLE [18)).

durch die Einwirkung eines elektrischen Feldes verursacht wird. Dabei


wurde z. B. davon ausgegangen, daß sich an der Phasengrenzfläche
zwischen Oxyd und Luft 02--10nen bilden, deren elektrisches Feld die
Bewegung der Aluminiumionen bewirkt. Diese ursprünglich von N. F.
MOTT und N. CABRERA vorgeschlagene Theorie des Wachstums der
Sperrschicht in einem elektrischen Feld [177] ist heute weitgehend ver-
lassen worden.
Neuerdings neigt man zu der Ansicht, daß die Wanderung der AP+-
Ionen durch thermische Aktivierung und somit durch einen reinen Diffu-
sionsvorgang erfolgt, wobei die Wanderung über Fehlstellen der Oxyd-
schicht erfolgtl [18]. Diese Theorie findet ihre Stütze ins besondere in dem
Temperatureinfluß auf die Dicke der Sperrschicht (s. Abb. 648).
Bei Raumtemperatur erfolgt das Wachstum der natürlichen Oxyd-
haut nach einem logarithmischen oder umgekehrt logarithmischen
Gesetz [16, 16a, 31]. Im Temperaturbereich von ca. 350 bis 450°C erfolgt
das Schichtwachstum anfänglich nach einem parabolischen Geset.z [16,
30]. Bei Temperaturen über ca. 400°C weicht. das Schichtwachstum gern.
Abb. 645 und 646 stark vom parabolischen Verlauf ab [28, 29].

1 Man nimmt heute vielfach an, daß die Sperrschicht (ebenso wie die an
trockener Luft gewachsenen Schichten) aus Al4 0 6 -Molekeln besteht, durch welche
AP+-Ionen bis auf eine gewisse Distanz hindurchdiffundieren können [28, 29].
848 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Die Ursache hierfür ist eine Umlagerung der Oxydschicht vom


amorphen in den kristallinen Zustand: Wie in Abb. 649 erkennbar,
wachsen z. B. bei 500 oe in der amorphen Matrix an zahlreichen Stellen
Kristallite von y-AI 20 3 • Bei Temperaturen von 550 bis 600 e ist die 0

Umkristallisation der Oxydhaut in einigen Stunden abgeschlossen.


Dies ist gem. Abb. 645 und 646
auch an der Wachstumskinetik er-
kennbar.
Da bei Temperaturen zwischen
450 und 600 e nacheinander zumin-
0

dest zwei Vorgänge ablaufen, gibt es


in diesem Temperaturbereich keine
einfache mathematische Beziehung
für das Schichtwachstum in Abhän-
gigkeit von der Zeit. Bei einer Tem-
peratur von ca. 450 oe hat die
Temperatur - Schichtdicke-Beziehung
wegen der erwähnten Umkristalli-
8000: 1
sation eine Unstetigkeit [18] (s. Abb.
Abb. 649. Krigtalle von y·Al,O" eingelagert
indie natürlicheOxydhautauf der Oberfläche 648). Aus Abb. 645 und 646 geht
von geglänztem Reinstaluminium nach
Glühen bei 500°Cj96 Std. an der Lnft. Ver·
hervor, daß oberhalb ca. 500 e die
0

stärkte Ausscheidung des kristallinen Oxyds Oxydschichten relativ rasch eine


an einer Komgrenze bzw. benachbart davon
ausscheidungsfreier Sanm kompakte Struktur erlangen, welche
(nach A],USUISSE). das Wachstum wesentlich stärker
hemmt als die bei 450 oe entste-
hende Mischstruktur aus Al 4 0s-Molekeln mit einzelnen Einlagerungen von
y-AI 20 3 -Kristallen.
Bei der Oxydation in trockener Atmosphäre ist die Enddicke der
Sperrschicht eine Funktion der Temperatur [18]. Die Theorie des Sperr-
schichtwachstums z. B. an trockener Luft ist aber noch keineswegs zum
Abschluß gekommen; während in älteren Arbeiten die Schichtdicke in
Abhängigkeit von der Zeit als einzige Variable untersucht wurde, wird
neuerdings auch die Veränderung der Ionenleitfähigkeit der Schicht zur
Erklärung der Beobachtungen mit herangezogen [18a]. Siehe dazu auch
[37].

8.413 Wachstum der Oxydhaut im Kontakt mit Wasser oder anderen


Flüssigkeiten. Im Verlaufe von Korrosionsvorgängen reagiert die Sperr-
schicht mit dem angreifenden Medium. Das entstehende Korrosionsprodukt
wird oftmals als festhaftende Schicht auf der Sperrschicht abgelagert. Wie
aus Abb. 647 erkennbar, wächst die Sperrschicht nach Erreichen ihrer
jeweiligen Enddicke nicht mehr weiter, während dagegen die darauf-
liegende hydratisierte und teilweise poröse Schicht oftmals stetig weiter
Lit. S. 884] 8. Korrosion 849

wächst, wobei allerdings die Wachstumsgeschwindigkeit mit zunehmen-


der Schichtdicke abnimmt. Das Schichtwachstum ist somit insbesondere
durch folgende zwei Faktoren gekennzeichnet:
Durch den Angriff des Korrosionsmediums auf die Sperrschicht sowie
durch das automatische Kachwachsen der Sperrschicht, falls diese in
ihrem oberen Teil aufgelöst wurde.
Man erkennt hieraus, daß beim Wachsen natürlicher Oxydhäute
unter Gegenwart von 'Wasser oder Wasserdampf zwei gegenläufige
Mechanismen einen Gleichgewichtszustand erreichen, nämlich die an-
greifende Wirkung des Korrosionsmediums und der selbstheilende
l\>Iechanismus der Sperrschicht. Aus Abb. 647 ist ersichtlich, daß die
Dicke der Sperrschicht sich im Verlauf von Korrosionsvorgängen der
jeweiligen Temperatur anpaßt, wobei die Dicke der Sperrschicht mit
zunehmender Temperatur zunimmt. Wird nun eine Oxydschicht, die
bei 200 oe entstanden war, und welche eine Sperrschicht von 28 A Dicke
aufweist, bei Raumtemperatur 48 Stunden lang dem Angriff wasser-
dampfgesättigter Luft ausgesetzt. so geht die Dicke der Sperrschicht auf
ca. 19 A zurück! [181-
Es hängt von den Bedingungen des einzelnen Falles ab, bei welcher
Dicke der Deckschicht eine Selbsthemmung des Schichtwachstums
wirksam wird. In normaler Zimmerluft kommt das durch die I~uft­
feuchtigkeit bewirkte Sehichtwaehstum meist bei einer Gesamtschicht-
dicke von eiL. 100 A nahezu zum Stillstand.
Ober den Einfluß der venichiedenen in wässerigen Lösungen vor-
handenen Anionen, Kationen oder Moleküle auf das Korrosionsverhalten
des Aluminiums gibt es eine Vielzahl 'lon Untersuchungen, von denen
f'inige typische Fälle im folgenden beschrieben werden:
Auf den Einfluß des pH-Wertes auf die Beständigkeit der Oxydhaut
it.;t bereitH weiter oben hingewiesen worden [22a, 23]. Schlußfolgerungen
über die Beständigkeit det-; Oxyds können auch aus dem Zusammen-
hang zwischen Potential und pH-'Wert gezogen werden (s. Abb. 652,
R. 857) [16].
Das Verhalten der hydratischen Oxydschichten, welche z. B. bei
Raumtemperatur in wässerigen Lösungen entstehen, ist im einzelnen
auch heute noch ungeklärt. Bei Temperaturen unter ca. 70 e enthalten
0

die Schichten im allgemeinen einen merklichen Anteil an Bayerit


(A1 20 3 • 3 H 20). Die Beständigkeit dieser hydratischen Deckschicht ist im
sauren pH-Bereich insbesondere von den vorliegenden Anionen abhängig,
während im alkalischen pH-Bereich hauptsächlich die Kationen für den
Angriff ausschlaggebend sind r321.

1 Zu Abb. 647 ist nachzutragen, daß das Wachstum der 8.perrschicht bei Raum-
temperatur und bei 125 oe in etwa gleich ist.

54 Altenpohl, Aluminium
850 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Bei den Anionen sind folgende Eigenschaften maßgebend [23]:


1. Penetrationsvermögen (gegeben in erster Linie durch den Ionen-
durchmesser, wobei die angelagerten Wasserdipole beachtet werden
müssen).
2. Lösungsvermögen für Aluminiumoxyd und Aluminium sowie Lös-
lichkeit des mit Aluminium gebildeten Salzes.
3. Oxydationseigenschaften.
4. Koagulationswirkung auf Aluminiumoxydhydrate.
Der zuletzt genannte Punkt ist besonders wichtig und wurde früher
nicht genügend beachtet: z. B. haben Sulfationen eine um etwa den
Faktor 200 größere Koagulationswirkung als Chloridionen [32].
U. R. EVANS und Mitatbeiter sowie A. B. McKEE u. R. H. BROWN
haben die Aggre.ssivität verschiedener Anionen gegenüber oxydschicht-
bedecktem Aluminium genaucr untersucht und festgestellt, daß diese
in folgender Reihenfolge abnimmt: Chloride, Bromide, Jodide, Fluoride,
Sulfate, Nitrate, Phosphate, Acetate [33, 34].
Diese Reihenfolge kommt, wie bereits erwähnt, aus der Kombination
von mindestens vier Eigenschaften der in Frage kommenden Anionen
zustande. Z. B. ist das geringe Angriffsvermögen der Nitrationen teilweise
auf deren Oxydationsvermögen zurückzuführen, während Phosphate
weitgehend unlösliche Korrosionsprodukte erzeugen (Aluminiumphos-
phate) [34]. Umgekehrt wird der Korrosionsangriff begünstigt, wenn das
Aluminium mit dem Korrosionsmedium leicht lösliche Salze bildet, z. B.
mit den Anionen von organischen Hydroxysäuren. In diesem Fall unter-
bleibt eine Verstärkung der Deckschicht an schwachen Stellen der Oxyd-
haut durch die Ablagerung von Korrosionsprodukten. Der starke Unter-
schied im Angriff von NaOH-Lösungen bzw. von NH 4 0H-Lösungen
gleichen pH-Wertes dürfte gleichfalls am ehesten mit der Löslichkeit des
Korrosionsproduktes in Zusammenhang stehen: Eine Ammoniaklösung
beliebiger Konzentration greift die Oxydhaut nicht merklich an. Dagegen
greift eine NaOH-Lösung oberhalb von 0,0005 n Aluminium deutlich an
[33].
Der korrosions beschleunigende Einfluß von Chloriden hängt vom
pH-Wert sowie von den übrigen in der Lösung vorhandenen Ionen ab.
Z. B. ist Aluminium in einer ammoniakalischen Lösung mit Zusatz von
Chloriden durchaus beständig.
Weiter unten werden wir darauf hinweisen. daß bei der Anwesenheit
von Korrosionsbeschleunigern (z. B. S02) in der Atmosphäre oder Salzen
edlerer Metalle in einer angreifenden Lösung das Gleichgewicht beim
Ausheilen der natürlichen Oxydschicht gestört wird, so daß die schüt-
zende Wirkung der Sperrschicht verlorengeht.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 851

Schließlich soll noch kurz auf die typischen Korrosionsinhibitoren


verwiesen werden. Hier stehen insbesondere Chromate im Vordergrund:
Z. B. kann durch einen 1-normalen Chromatzusatz der Angriff einer
Ätznatronlösung (weniger als O,l-normal) auf Aluminium unterdrückt
werden [33]. Weitere wichtige Inhibitoren, welche den Angriff auf das Al u-
minium abschwächen, sind Lösungen von Silikaten (z. B. Wasserglas)
und eine Anzahl organischer Substanzen.
Lebensmittel würden generell das Aluminium stärker angreifen, wenn
nicht natürliche Korrosionsinhibitoren wie Gelatine, Proteine, Pectine,
Zucker, Fette usw. neben den korrosiven Agenzien anwesend wären [36].
Da das anwesende Fett als Inhibitor wirkt, greifen z. B. Konserven von
Fleisch oder Fisch trotz des hohen Salzgehaltes Aluminium nicht oder
nur langsam an. Die inhibierende Wirkung mancher Stoffe, wie z. B. Pectine
oder Zucker, kann auch dadurch erklärt werden, daß diese Substanzen
die Löslichkeit des Sauerstoffes oder dessen Diffusionsgeschwindigkeit
im Korrosionsmedium stark herabsetzen. Vielfach sind in den Lebens-
mitteln außerdem natürliche Puffersysteme vorhanden, welche gleich-
falls das Inlösunggehen des Aluminiums stark hemmen.
Die Frage, welche Inhibitoren hauptsächlich kathodisch und welche
anodisch wirken, ist noch nicht allgemein geklärt. Bei sauren pH-Werten
scheint die Inhibierung hauptsächlich über die kathodischen Ober-
flächenelemente zu erfolgen, während im alkalischen Medium eher die
Inhibierung an den Lokalanoden im Vordergrund steht [19].
Die Theorie der Wirkungsweise von Korrosionsinhibitoren ist aller-
dings keineswegs abgeschlossen [19, 19a, 19b, 22a, 35, 36, 37].

8.42 Natürliche Oxydhaut auf Aluminiumlegierungen

Sowohl die gelösten Atome als auch im Grundgefüge eingebettete


Heterogenitäten haben einen starken Einfluß auf die Zusammensetzung
der Oxydhäute, da diese ja in das Metall hineinwachsen.
Hierüber liegt eine größere Anzahl von Untersuchungen vor, siehe
z. B. [15, 19, 22, 26, 27, 40]. Wir werden im folgenden einige typit:che
Beispiele zitieren. Bei den natürlichen Oxydhäuten und bei den Formier-
schichten sind die Heterogenitäten in ihrem Durchmesser wesentlich
größer als die Dicke der Oxydschicht. Daher weist die Oxydschicht im
allgemeinen im Bereich einer Heterogenität in ihrer ganzen Dicke eine
anomale Zusammensetzung auf (s. Abb. 644). Der Korrosionswider-
stand von natürlichen Oxydhäuten ist um so höher, je fehlerfreier die
Oxydhaut ist [15]. Heterogene Einlagerungen beeinflussen die Elek-
t.ronenleitfähigkeit der Formicrschichten, da das über einer Hetero-

54*
852 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

genität entstehende Mischoxyd im allgemeinen eine bessere Leitfähigkeit


hat als das reine Ahiminiumoxyd. Daher geht in Elektrolyt-Kondensatoren
der "Reststrom" mit sinkender Metallreinheit des für die Anode ver-
wendeten Aluminiums deutlich in die Höhe, was insbesondere auf das
ausgeschiedene Eisen zurückzuführen ist [41, 42, 43].
Bekanntlich ist der Oxydfilm auf Reinstaluminium unter anderem
deshalb kompakt, weil das spezifische Volumen des Oxyds größer ist als
das des Grundmetalls. Bei Oxyd-
50 r-,----,-----,----,----,---,-----,
schichten auf Magnesium ist
% I
l'.=
.~
dies umgekehrt, und man erhält
·~40- daher stark poröse Oxydschich-
-'"
~
ten, speziell bei erhöhten Tem-
l'.=
.~ 30 1
peraturen [22, 24, 45, 46J.

j I
,

I
Der Einfluß eines Magne-
siumgehaltes des AluminiumR
·~M~--H_--~--_4----~--+---~
~ ! I auf Zusammensetzung und Ei-
~ I I genschaften der natürlichen
~ 10 1\ 1 - 4 - - ~--·---tI--1 Oxydhaut ist besonders einge-

1 ~.~ .2 i._.-L'_1='_
Hagnesiumgehalt im Grundmetall
hend untersucht worden.
Bei Temperaturen bis 200 oe
° 0,02 0,04 0,08 0,08 0,10 mm 0,12 erfolgt durch einen Magnesium-
Entfernung von der Grenzfläche Oxyd: Luft zusatz keine deutliche Beschleu-
Abb.650. Verteilung des lIfagnesiums in der Oxyd-
schicht auf einer Aluminium-lIfagnesium-Legierung
nigung der Oxydation des Alu-
(nach R. D. GmuNsKI u. F.lIf. P. lIfEREDITH [46]). miniums in Sauerstoff oder trok-
kener Luft.
Bei höheren Temperaturen diffundieren Magnesiumionen wesentlich
schneller durch die Sperrschicht als Aluminiumionen [46]. Hierdurch
wird die in Abb. 650 erkennbare Magnesiumanreicherung im oberen Teil
der Oxydschicht bewirkt!. Sobald im Verlauf fortschreitender Oxyda-
tion der Anteil des Magnesiumoxyds in der Oxydschicht hoch genug ist,
wird die Schicht so stark aufgelockert, daß Sauerstoff (bzw. Wasser-
dampf) bis zu einer gewissen Tiefe in die Oxydschicht eindringen kann,
worauf die selbsthemmende Wirkung des Wachstums der Deckschicht
weitgehend aufgehoben wird [46]. Bei längeren Glühzeiten erhält man
dann ein lineares Schichtwachstum mit der Glühzeit [24] (Abb. 651).
Die Anwesenheit eines Oxydfilms mit einer Anreicherung an Magne-
siumoxyd nahe seiner Oberfläche hat einige für die praktische Anwen-
dung von Aluminium-Magnesium-Legierungen ungünstige Auswirkungen.
Beim Weichglühen von Aluminium-Magnesium-Legierungen an Luft

1 Auch die bei Raumtemperatur entstandenen Oxydschichten haben einen


höheren Magnesiumgehalt als der durchschnittlichen Legierungszusammensetzung
des Grundmetalls entspricht.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 853

entstehen relativ dicke und grau verfärbte Oxydschichten (nicht aber


beim Weichglühen in einem Schutzgas mit einem Sauerstoffgehalt unter
ca. 0,5 % und einem Taupunkt unter ca. 5°C, solange die Glühtemperatur
unter ('it. 400°C liegt).
Die mit Magnesiumoxyd angereicherte natürliche Oxydhaut weist ein
ungünstiges Verhalten bezüglich Lackverankerung auf [46]. Dies ist teils
auf die Struktur des Magnesiumoxyds und teils auf seine hygroskopische
Wirkung zurückzuführen.!

t
I
I

90

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80
1 I' ~-T
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I- ~ i I -+------+---1

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10 IU-t<-.~~'.=-~..-t"'-

200 0 e,
o 20 40 60 80 100 120 h 140
Oxydafionsdauer
Abb. 651. Wachstum der Oxydschicht auf einer 3%igen Aluminium-Magnesium-Legierung
in trockenem ~auerstotf (nach W. W. S~lELTZER [24]).

Der Einfluß des Magnesiumgehalts auf das Wachstum der Oxyd-


schichten bei Temperaturen von 200 bis 600°C ist eingehend untersucht
worden [24, 26, 27, 47]. Durch Vergleich von Abb. 651 und 646 ist der
stark beschleunigende Einfluß eines Magnesiumgehaltes auf die Oxyda-
tionsgesehwindigkeit des Aluminiums deutlich zu erkennen.

1 Der Einfluß von Legierungselementen auf die Laekverankerung durch eine


Oxydsehieht ist in seinem Grundmechanismus weitgehend unaufgeklärt. Zum Bei-
spiel ist es unklar, warum Aluminium-Mangan-Legierungen eine besonders gute
Lackverankerung ergeben.
854 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Auffallend ist der starke Einfluß eines Magnesiumgehaltes auf die


Oxydation oberhalb ca. 450 °0. Bereits durch einen Magnesiumgehalt
von 0,001 % wird die Keimbildung und das Wachstum von y-AI 20 3 -
Kristalliten während der Oxydation bei 450 °0 deutlich erleichtert [26].
Unter den gelösten Legierungselementen scheinen solche das Schicht-
wachstum zu begünstigen, welche Fehlstellen - insbesondere Leerstellen
- in der wachsenden Oxydschicht hervorrufen. Dies ist vor allem bei
Zusätzen von Magnesium oder Kupfer der Fall [27]. Zusätze von Eisen,
Mangan oder Gallium zu Aluminium verändern die vVachstumsgeschwin-
digkeit der natürlichen Oxydhaut nicht merklich [26].

8.43 Oxydschicht und Potelltialverhalten

Das elektrochemische Gleichgewichtspotential des oxydfreien Alu-


miniums ist stark negativ. Es beträgt -1,67 V gegenüber der Normal-
wasserstoffelektrode [48]. Die vorhandene Oxydschicht verschiebt das
Potential zu edleren Werten. So wird z. B. an Reinstaluminium in
künstlichem Meerwasser nach DIN 50907 (pH = 7,5) ein Wert von
-1,08 V gegen die Normal-Kalomel-Elektrode gemessen [49], was einem
Wert von - 0,29V gegen die Normal-Wasserstoff-Elektrode entspricht.!
Eine Verschiebung des Potentials um einen so großen Betrag ist durch
eine Konzentrationspolarisation nicht möglich [23, 53]. Man muß deshalb
annehmen, daß ein entsprechender Spannungsabfall in der Oxydschicht
oder in Poren der Schicht das gemessene Potential um diesen Betrag
edler erscheinen läßt.
G. MASING und Mitarbeiter haben die Potentialbildung des Aluminiums
in wässerigen Kochsalzlösungen eingehender untersucht [51 bis 53].
Hierbei wird zugrunde gelegt, daß nach den Untersuchungen von W. J.
MÜLLER [54] die natürliche Oxydschicht des Aluminiums eine große
Anzahl von Poren aufweist, wobei auf dem Grund der Poren die Lokal-
anoden anzunehmen sind. G. MASING geht davon aus, daß nur ein Teil
der Anoden an spezifischen Oberflächenfehlern fixiert ist, während der
überwiegende Teil der Porenfläche fluktuiert, d. h., aktive Anoden werden
durch Korrosionsprodukte (hydratische Aluminiumoxyde) verstopft,
während sich unter dem Einfluß der Ohloridionen neue Poren bilden, wo bei
beide Vorgänge in einem Gleichgewicht zueinander stehen [51]. Die
Kathodenfläche ist wesentlich größer und kann z. B. durch Kupfer-
abscheidungen [52] oder durch die Abscheidung radioaktiver Ionen sicht-
bar gemacht werden [55]. Wenn eine Probe mit einer Luftoxydhaut in

1 Das oxydbedeckte Aluminium ist also edler als z. B. Zink, dessen Potential
unter den gleichen Bedingungen -0,80 V gegen die Normal-Wasserstoff-Elektrode
beträgt [50].
Lit. S. 884] 8. Korrosion 855

eine wässerige Lösung eingetaucht wird, so bricht der Luftoxydfilm im


allgemeinen an vielen Stellen zusammen, speziell in chloridhaltigen
Lösungen. Eine große Anzahl von benachbart liegenden Lokalanoden
und -kathoden entstehen. Über den kathodischen Stellen entsteht ein
alkalischer pH-Wert und über den Lokalanoden erfolgt eine Hydrolyse
der in Lösung gegangenen Aluminiumionen unter gleichzeitigem
lokalem Absinken des pH-Wertes.
Durch Diffusion und Konvektion vermischen sich die anodischen und
kathodischen Reaktionsprodukte. Hierdurch steigt der pH-Wert über
den Lokalanoden <ln. und wenn das Löslichkeitsprodukt des in Frage
kommenden hydratii>chen Aluminiumoxyds überschritten wird, scheidet
dieses sich über oder in den Lokalanoden aus.!
Der Mechanismus der Widerstandspolarisation, welche den Potential-
abfall in der Oxyd schicht bewirkt, ist seit einigen Jahrzehnten Gegen-
stand der Diskussion, welche heute auch noch nicht abgeschlossen ist
[22'1" 23, 32. 37, 38, /)3, 54, 56, 57].
Umstrit,ten ist irmbesondcre das Vorhandensein von Poren in der
Oxydschicht, die bis zum Grundmetall durchgehen, da allgemein die
Sperrschicht als kompakt angenommen wird. M. PRYOR geht davon aus,
daß eine in einem wässerigen Elektrolyten ausgesetzte Aluminium-
oberfläche mit einer zusammenhängenden dünnen Sperrschicht bedeckt
i,;t, und schlägt eine Theorie vor, wonach die Potentialerhöhung durch die
Oxydschicht auf folgenden beiden Mechanismen beruht:
1. Transport der Aluminiumionen durch die Sperrschicht.
2. Transport der Aluminiumionen durch eine adsorbierte Ionen-
schicht an der Oberfläche der Oxydschicht.
In Kochsalzlösungen dominiert der erstgenannte Vorgang, wobei
durch Einbau von Chloridionen (oder durch andere Halogenidionen) in
die Oxydschicht der Durchtritt von Aluminiumionen stark erleichtert
wird, was jedoch lokal stark unterschiedlich erfolgt [37].
Inhibitoren bewirken eine Veredlung des Potentials oftmals über den
Mechanismus 2 [37, 39J.
Die in einem wässerigen Elektrolyten gemessenen Potentialwerte
geben einen gewissen Anhalt für die Beständigkeit des Aluminiums.
Wenn man z. B. in wässeriger NaCI-Lösung die Konzentration der
Chloridionen verringert oder statt einer NaCI- eine NaBr-, Na 2S0 4 - oder
NaN0 3 -Lösung wählt, so wird entsprechend der geringeren Aggressivität
der Anionen die freiliegende anodische Porenoberfläche kleiner und das
gemessene Potential edler. Umgekehrt wird das Potential unedler, wenn

1 Unter Verhältnissen, welche zur Pittingbildung führen, tritt die Ausscheidung


des hydratischen Oxyds nicht in der Lokalanode, sondern ringförmig um diese
herum auf [55].
856 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

der Elektrolyt die Oxydhaut angreift, so daß die freiliegende Porenfläche


größer wird. Daher sinkt das Potential des Aluminiums ab, sobald ein
pH-Wert von etwa 8 bis 9 überschritten wird (zunehmende Auflösung der
Oxydhaut). (22a]. Eine frisch elektrolytisch polierte Oberfläche ist nahezu
oxydfrei und zeigt ein Potential von etwa -1,0 bis 1,3 V gegen die Nor-
mal-WasserstofF-Elektrode. Unter der Einwirkung von Sauerstoff oder
Luft wächst der Oxydfilm, und das Potential wird edler. Dieser Prozeß
erfolgt bei Anwesenheit von Feuchtigkeit viel rascher als in trockner
Luft [58). Man erkennt, daß zwischen Oxydbedeckung und gemessenem
Potential ein enger Zusammenhang besteht, wobei der Einlagerung von
Anionen in die Oxydschicht [37] bzw. der Ionenleitfähigkeit der Schicht
[I8a] eine besondere Bedeutung zukommt, die im einzelnen noch weiter
untersucht werden muß.
In neuerer Zeit hat M. POURBAIX [59, 60] eine Methode zur Auf-
nahme von Polari8ationskurven im Verlauf von Korrosionsvorgängen
entwickelt (potentiokinetisches Meßverfahren). .
Hiermit ist es möglich, z. B. die Korrosionsanfälligkeit von AIMg5-
Blechen mit günstiger bzw. ungünstiger thermischer Vorgeschichte auf
Grund .ihrer unter Polarisation gemessenen Potentialwerte vorher-
zusagen [60, 60a]. Die Bewertung der Methode ist zur Zeit noch nicht
einheitlich, jedoch scheint sich die Methode für die Beurteilung spezieller
Korrosionsanfälle durchaus zu eignen [60a].
C. GROOT und R. M. PEEKEMA [61] haben rein rechnerisch nach theo-
retischen Ansätzen von M. POURBAIX [59] die freie Energie (und somit
das Potential) des Aluminiums in wässerigen Lösungen von pH = 1 bis
pH = 14 berechnet (Abb. 652). Zugrunde gelegt wird dabei eine konstante
Konzentration an Aluminiumionen von 3· 10-6 n, wie sie in Wasser fest-
zustellen sind, in dem Al 20 a • 1 H 20 ausgeflockt vorliegt. Dabei wird im
sauren Bereich vonAl3+-Ionen und im alkalischen Bereich von H 2AlO a--
Ionen ausgegangen und damit ein Potential-pH-Diagramm für die Gleich-
gewichte zwischen metallischem Aluminium, Böhmit (AI 20 s . 1 H 20)
und den Aluminium- oder Aluminationen in wässeriger Lösung erhalten.
Die angegebenen Potentiale sind Gleichgewichtswerte für oxydfreies
Aluminium. Es ergeben sich drei pH-Bereiche unterschiedlichen
Verhaltens des Aluminiums. Unterhalb pH = 4,45 liegt saure Korro-
sion vor, und das Gleichgewichtspotential ist konstant. Zwischen
pH = 4,45 und pH = 8,38 ist ein hydratisches Oxyd (Böhmit) stabil,
das bei pH = 4,45 im Gleichgewicht mit AI3+-Ionen und bei pH = 8,38
im Gleichgewicht mit H 2AIOs--Ionen ist.
Diese Untersuchung läßt eine Anzahl von Fragen unbeantwortet.
Grundsätzlich ist während der Korrosion bei Zimmertemperatur im
wässigeren Medium die Entstehung von amorphem Al (OHh oder von
Bayerit (AI20 a • 3H20) zu erwarten. Böhmit ist zwar thermodynamisch
Lit. S. 884] 8. Korrosion 857

die stabilste Modifikation der Oxydhydrate, entsteht aber normalerweise


erst oberhalb von etwa 75 oe. Während Bayerit anstelle von Böhmit
keine merkliche Verschiebung des Diagramms ergibt, ist dies bei Al(OHh
wegen der höheren Löslichkeit der Fall. Auch ist nicht sicher, ob bei der
Korrosion im alkalischen Medium A10 2-- oder H 2AIO a--Ionen entstehen.

o
! I 11
0,5 PH;4,45 PH=8,38-
Bereich der sauren I Bereich der stabilen Bereich der alkalischen
Korroton i OxydrChicht i (arrosion
I I I
AI+ + + Alz 03 ·HzO HzA103 -
I
I
!
I I
i
I
I
E--1?? E

z,o
~) E--r:

~
,0/'8.9 ~tJ
i metolliSihes Alumfni/Jm
10 12

Abb.652. Potential·pR-Diagramm von Aluminium bei 25'0 (Potential gegen Ra-Elektrode)


(nach O. GROOT U. R. M. PEEKEMA [61]).

Die rechnerischen Resultate von e. GROOT und R. M. PEEKEMA


stehen dennoch in auffallender übereinstimmung mit dem empirischen
Befund, wonach Aluminium etwa von pH = 4,5 bis pH = 8,5 als be-
ständig gilt.

8.44 Durch anodische Oxydation erzeugte Schichten


Eine große Anzahl von Untersuchungen betreffen den Aufbau und
Wachstumsmechanismus elektrolytisch erzeugter Oxydschichten auf
Aluminium. Wir beschränken uns darauf, die wichtigsten Grundtat-
sachen kurz zu behandeln und auf geeignete Literaturzusammenfassun-
gen zu verweisen.

8.441 Formierschichten. Als Formierschichten bezeichnet man durch


anodische Oxydation entstandene Oxydschichten, welche in einem Elek-
trolyten mit geringem Lösungsvermögen für Aluminiumoxyd entstan-
den sind. Geeignete Elektrolyte sind wässerige Lösungen von Borsäure,
Ammoniumborat, Zitronensäure oder Weinsäure. Oberhalb einer be-
stimmten Feldstärke wächst die Formierschicht durch das Wandern von
AJ3+-Ionen. Der Wert der kritischen Feldstärke liegt zwischen 7· 106
858 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

und 8,5. 106 V/cm, was emer Schichtdicke von 11,8 bis 14 A/v ent-
spricht [18, 62 bis 64]. Unterhalb dieser Feldstärke fließt lediglich em
sehr germger Elektronenstrom durch die Formierschicht [6?].
Die Sperrschicht bei den natürlichen Oxydhäuten entspricht in etwa
einer Formierschicht von 1,5 bis 2 V [62]. Formierschichten können bis
zu etwa 600 V Formierspannung ohne Schwierigkeiten erzeugt werden,
bei höheren Formierspannungen treten im allgemeinen Schwierigkeiten
auf (Durchschläge).
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o 50 100 150 200 250 300 350 400 460 V500


Forrnierspannung
Abb. 653. Dicke uud Zusammensetzung der Formierschicht in Abhängigkeit von der Formierspannung
(die Abbildung gilt für Formierprozesse ohne Voreloxierung, bzw. ohne Aufbringung einer wasser·
haltlgen Oxydschicht vor der Formierung.) Untersucht wurden formierte Anoden, welche noch nicht
im Kondensator ausformiert waren (beim Ausformieren nimmt der Prozentsatz an 1'-Oxyd noch etwas
zu) (nach ALUSUISSE (41)).
l' AI,O. = gut kristallisiertes Oxyd
1', AI,O, = amorphes oder schlecht kristallisiertes OXl-d.

Bei Formierspannungen unter 100 V besteht die Formierschicht aus


einem weitgehend amorphen oder undeutlich kristallisierten Aluminium-
oxyd, das teilweise als Yl Al 20 3 bezeichnet wird [41]. Bei Formier-
spannungen über 100 V enthält die Formierschicht teilweise kristaIImes
Y A1 20 3 , wobei der kristalline Anteil mit zunehmender Formierspannung
anwächst (Abb. 653).
Eme vor dem Formierprozeß auf der Aluminiumoberfläche vorlie-
gende hydratische oder amorphe Oxydschicht wird während des Formier-
vorganges teilweise aufgezehrt. Auf diese Weise erhält man Formier-
schichten, welche aus zwei oder drei übereinanderliegenden Teil8chichten
bestehen [41, 42, 66].
Wird die Formierung an einer weitgehend oxydfreien Oberfläche
durchgeführt, so findet man zwei Teilschichten. Das Schichtwachstum
Lit. H. 884] 8. Korrosion 859

erfolgt nahe der Phasengrenzfläche Oxyd/Elektrolyt durch Reaktion


mit Aluminiumionen, welche unter dem Einfluß des elektrischen Feldes
vom Grundmetall her durch die Oxydschicht gewandert sind [67]. Die
Zusammensetzung der oberen Teilschicht hängt insbesondere vom
Elektrolyten, aber auch von den angewendeten Anodisierbedingungen
ab. Beim Formieren in Borsäurelösungen erfolgt eine merkliche Hydra-
tation der oberen Teilschicht, nicht aber bei Formierung in Phosphat-
lösungen [68].
Eingehende Untersuchungen liegen so dann über den Einfluß der
yerschiedenen in einem Formierelektrolyten oder einem angreifenden
Elektrolyten vorliegenden Ionen auf Wachstum und Beständigkeit von
Formierschichten vor [35, 43J. Chloridionen sind in beiden Fällen be-
sonders schädlich, ebenso auch Fluoridionen.
Lange Zeit hielt man die Formierschichten für porenfrei [63], jedoch
sind neuerdings feine Poren auch in Formierschichten festgestellt worden
(Durchmesser weniger als 150 A) [79]. L. YOUNG hat sodann darauf
hingewiesen, daß der Elektrolyt in Poren der Sperrschicht bei der Gleich-
richterwirkung mit in Be-
tracht zu ziehen ist [19].
Der Wachstumsmechanis-
mus von Sperrschichten und
speziell von Formierschichten
ist Gegenstand eingehender
theoretischer Abhandlungen
[19,69 bis 71, 13,51-
Wegen der Gleichrichter-
wirkung der .Formierschich-
ten und der sonstigen elek-
trischen Eigenschaften der
Formierschichten verweisen
wir auf die Fachliteratur [43,
70,72,73.74[.

Abb. 654. ~Lodell einer porigen anodischell ~ehicht. Die


Dicke der Sperrschicht beträgt im allgemeinen 10 bis
H Ä pro Yolt nngeJegter Anodisierspannung (nach
F. KELI,EH. :11. ~. Hn'TER 11. ll. 1. R()RI~~oX [7,;]),

8.442 Poröse anodische Schichten. Besitzt der Elektrolyt (z. B. eine


wässerige Lösung von Schwefelsäure oder Oxalsäure) ein gewisses, nicht
zu hohes Lötmngsvermögen für Aluminiumoxyd, so entstehen bei der
<lIlodischen Oxydation über der kompakten Sperrschicht poröse Deck-
schichten. Der Aufbau einer solchen Schicht ist in Abb. 654 schematisch
llach F. KFJLLElt, M. S. H(TNTER und D. 1. ROBINSON [75] dargestellt;
860 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Abb. 655 zeigt die Zellen auf der Grenzfläche Oxydschicht-Metall in einer
Aufnahme nach H. GINSBERG und K. WEFERS [76], während Abb. 656
die porige Struktur gut erkennen läßt.
Bei derartigen Schichten ist die Dicke
der Sperrschicht, ziemlich unabhängig
vom Elektrolyt, nur der angelegten
Spannung proportional, wobei die
Dicke 10 bis 14 A/v beträgt (siehe
z. B. [77]). Die Dicke der Gesamt-
schicht ist für kleinere Schicht-
dicken proportional der aufgewen-
deten Strommenge (Stromdichte X
Zeit). Das Schichtwachstum kann
man sich so vorstellen, daß an der
dem Metall abgewandten Seite der
26000: 1 Sperrschicht durch Wanderung von
Abb. 655. Zellemtruktur der Grenzfläche Aluminiumionen durch diese Schicht
Oxydschicht·Metall einer mit Gleichstrom
in Oxalsäure erzeugten anodischen Schicht. mehr Oxyd gebildet wird, als an der
Pt·C-Ahdruck Grenzfläche Oxyd/Elektrolyt aufge-
(nach H. GINSBERG u. K. WEFERS [76]).
löst wird [19, 67, 68, 73, 75, 78,
79, 80]. Da das Aluminiumoxyd, aus
dem die Deckschicht besteht, ein Nichtleiter ist, kann die Leitung bei
den im Verhältnis zur Stromstärke geringen Feldstärken nur erfolgen,

25000: 1
Abb.656. Anodische Oxydschicht auf geglänztem Reinstaluminium erzeugt in 10% Sulfaminsäure
+ 5% Schwefelsäure. Schnitt parallel zur Oberfläche (nach ALUSUISSE).
Lit. S. 884] 8. Korrosion 861

wenn der Elektrolyt auf Grund einer porösen Struktur der Deckschicht
Zugang zur Sperrschicht hat.
Bei höheren Schichtdicken erfolgt eine stärkere Rücklösung der
Schicht, die schließlich die gleiche Geschwindigkeit wie die Neubildung
erreicht, so daß - abhängig von der Werkstofl"zusammensetzung, der
Elektrolytzusammensetzung und der Elektrolyttemperatur - nur eine
bestimmte Grenzdicke erreicht werden kann. Diese Grenzdicke liegt
beim Anodisieren mit Gleichstrom in Schwefelsäure ohne Kühlung bei
etwa 50 [Lm, während mit Elektroly-
ten mit geringerem Rücklöscvermö-
gen härtere und weniger poröse Schich-
ten mit Dicken bis einigen 100 [Lm auf-
gebracht werden können. Eine Ver-
minderung des Rücklösevermögens
kann etwa durch Verwendung eines
gekühlten Schwefelsäureelektrolyten
(siehe z. B. [81]) oder durch Verwen-
dung von organischen Sulfosäuren [82,
831 als Elektrolyt erzielt werden.
Das Porenmodell von F. KELLER,
NI. S. HUNTER und D. 1. ROBINSON [75J
bedarf jedoch noch weiterer Verfei-
nerung. H. GINSBERG und K. WEFERS
[761 haben anhand von elektronenmi-
kroskopischen Untersuchungen und 8100: 1
Elektronenbeugungsaufnahmen sowie Abb.657. Querschliff pllrtlilei zur Faser-
achse dnrch anodische Schicht (Oxalsäure,
auf Grund von elektrochemischen Gleichstrom). Grenzfläche Oxydschicht-
Messungen von H. GINSBERG und VV. Metall stufenförmig herausgeätzt. Pt-C-
Abdruck
KADEN [78] geschlossen, daß die Deck- (nach H. GINSBlmG u. K. WEFERS [76])_
schichten aus senkrecht zu (100)-Flä-
ehen gewachsenen "Fasern bestehen (Abb.657). Die Fasern haben eine
röhrchenförmige Struktur, wobei der Mantel aus röntgenamorphem
Aluminiumoxyd besteht, während der innere Teil wahrscheinlich An-
lagerungsverbindungen zwischen Elektrolytionen und Aluminiumoxyd
enthält. Der Stoffaustausch zwischen Elektrolyt und Sperrschicht erfolgt
entweder in flüssiger Phase im Innern der Röhrchen oder durch eine
Platzwechselreaktion nach J. F. MURPHY und C. E. MICHELS ON [84].
In der Technik wird weitaus am häufigsten das Gleichstrom-
Schwefelsäure-Verfahren benutzt.! Als Elektrolyt dient eine 15 bis 20%ige

1 Das Verfahren ist in Deutschland unter dem Namen "Eloxal"-Verfahren

(geschütztes Markenwort) bekannt geworden. Die gen aue Bezeichnung lautet aller-
dings "Eloxal-GS"-Verfahren, denn auch Verfahren mit Oxalsäure-Elektrolyt
führen die Bezeichnung "Eloxal" (Näheres siehe z. B. im Aluminiumtaschenbuch[89]).
862 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

wässerige Schwefelsäurelösung von etwa 20°C. Technische Einzelheiten


über das Verfahren können der Literatur entnommen werden [73, 80,
85, 86]. Daneben spielen auch noch Verfahren mit Oxalsäure (teilweise
unter Anwendung von Wechsel;.;trom) [73, 80, 85] und Chromsäure
73, 80, 85, 87] eine gewisse Rolle.
Der Korrosionsschutz durch die anodischen Schichten mit offenen
Poren ist nur mäßig. Deshalb müssen die Poren durch eine Verdichtungs-
oder Sealingbehandlung verschlossen werden. Diese erfolgt meist durch
Kochen in - am besten entsalztem - vVasser oder in wässerigen Lösun-
gen von Nickel- oder Chromsalzen [73, 80, 85] oder durch Behandeln
mit Wasserdampf. Die Behandlung mit Wasserdampf ergibt den höchsten
Korrosionsschutzwert, gute Ergebnisse werden auch durch Kochen in
Wasser erhalten, wenn dieses gut entsalzt und vor allem möglichst frei
von Sulfaten und freier Schwefebäure ist. Die Verdichtung mit Schwer-
metallsalzlösungen ist nicht immer befriedigend [88].
Bei der Einwirkung von Dampf oder Wasser oberhalb 80°C entsteht
in den Poren bzw. im Innern der Fasern der Deckschicht ein Oxydhy-
droxyd, das bei Röntgenfeinstrukturaufnahmen einen Böhmitanteil
erkennen läßt [76].
Die noch nicht nachverdichtete Schicht läßt sich leicht mit organi-
schen oder anorganischen Farbstoffen einfärben. An den Färbevorgang
schließt sich die erwähnte Verdichtung an.
Zur Färbung der Schicht können auch Bestandteile des Elektrolyten
oder Gefügebestandteile des Aluminiumwerkstoffes in diese eingebaut
werden. So entstehen in Oxalsäureelektrolyten unter Anwendung von
Wechselstrom Neusilber- oder Bronzetöne, vermutlich weil Abbau-
produkte der Oxalsäure in die Schicht eingebaut werden [90].
Auf siliziumhaltigen Werkstoffen erhält man durch Anodisieren im
normalen Schwefelsäureverfahren lichtechte graue Schichten, wobei die
Färbung durch ausgeschiedene Siliziumteilchen, die in die Schicht einge-
lagert werden, entsteht [91, 92]. Je feiner die Siliziumteilchen vorliegen,
um so dunkler ist der Grauton. Die Einstellung des Grautons erfolgt im
allgemeinen durch die Temperatur einer Barrenhochglühung vor der
Warmverformung. Bei einigen neuerdings stärkere Verbreitung finden-
den Farbanodisierverfahren [82, 208] in Elektrolyten, die im wesent-
lichen aus organischen Sulfosäuren bestehel.l, entsteht die Färbung
wahrscheinlich sowohl durch Abbauprodukte des Elektrolyten als auch
durch die Gefügebestandteile de;.; Werkstoffs, die in die Schicht ein-
gebaut werden.
Wie schon aus dem soeben Dargelegten hervorgeht, beeinflußt die
Struktur des Grundwerkstoffs die Ausbildung der anodischen Schicht
wesentlich. Dekorative Schichten ohne "Struktur" lassen sich nur
auf feinkörnigen Werkstoffen erzielen, unter der Voraussetzung, daß der
Lit. S. 884J 8. Korrosion 863

Werkstoff homogen ist oder die Heterogenitäten in einem bestimmten


Größen bereich liegen und gleichmäßig verteilt sind. Wichtige Einfluß-
größen sind Gießverfahren, Barrenhochglühung, Art der Warmverfor-
mung (Vorpressen von Walzbarren) sowie heterogenisierende Glühungen
vor dem Abwalzen oder als Zwischenglühung. Einzelheiten hierzu siehe
z. B. [93 bis 99].
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß die Korrosionsschutz-
wirkung der Schichten insbesondere von der Schichtdicke, von der Güte
der Verdichtung [88] und von der Rauhigkeit der Metalloberfläche ab-
hängt [100].

8.5 Durch chemische Reaktion entstandene Schutzschichten

8.51 Chromat-Phosphat-Schichten

Es handelt sich hier um Schutzschichten von meistens ca. 0,2 bis 1 [Lm
Dicke, welche durch chemische Reaktion entstanden sind. Bekannt sind
insbesondereMBV-,Alodine- und Bonderschichten 1 , Die am meisten ver-
wandten Bäder enthalten Chromate, teilweise werden auch Phosphat-
schichten (speziell zur Lackverankerung) oder Chromat-Phosphat-
Schichten aufgebracht. Je nach pH-Wert und Zusammensetzung der
Lösung sind die in Frage kommenden Schichten grau, grün oder gelb
gefärbt. Eine typische Schutzschicht dieser Art enthält 18 bis 20% Cr,
45% Al, 15 bis 17 % P und etwa 0,2% F [101].
Die Chromat-Phosphat-Schichten ergeben in einigen Korrosions-
medien eine Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit der Aluminium-
oberfläche. Diese ist aber in den meisten Fällen relativ gering, falls nicht
auf die chemische Oxydationsschicht eine Lackschicht aufgebracht wird.
Wegen Einzelheiten der chemischen Oxydationsverfahren verweisen
wir auf die Literatur [89,101].

8.52 Farblose Oxydhydroxydschichten

Bereits weiter oben wurde darauf hingewiesen, daß die Luftoxyd-


haut in ihrem oberen Teil eine wasserhaltige Deckschicht aufweist. Es
handelt sich bei der Luftoxydhaut um eine "natürliche Oxydhaut" des
Aluminiums, welche nicht zum Korrosionsschutz absichtlich aufgebracht
wurde, sondern zufällig entsteht. Nun ist es möglich, durch Reaktion
zwischen Aluminium und z. B. kochendem enthärtet3m Wasser die Dicke
der Deckschicht von normalerweise ca. 0,01 [Lm auf ca. 0,2 bis 1 [Lm zu
steigern, wodurch der Korrosionswiderstand der natürlichen Oxydhaut

1 Geschützte lVIarkenworte.
864 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

erheblich erhöht wird, und zwar insbesondere gegenüber dem Angriff von
hartem Leitungswasser oder anderen wässigeren Lösungen [102, 103,
104].
Bei der Reaktion zwischen Aluminium und Wasser entstehen Oxyd-
schichten, welche einen mehr oder weniger großen kristallinen Anteil von
Bayerit (AI 20 3 • 3H 20) oder Böhmit (AI 20 3 • 1 H 20) haben. Bei der
Reaktion zwischen Aluminium und Wasser über 75°C oder Wasserdampf
dominiert die Bildung von Böhmit.
Diese erfolgt z. B. gemäß folgender Reaktion

Al + 2H 20 -+ Y Al (OOH) + 11 / 2 H 2 •
Böhmit
Diese Reaktion verläuft aber in Wirklichkeit über einige Zwischen-
stufen, bei denen Aluminiumoxydhydroxyde mit höherem Wassergehalt
(20 bis 40%) entstehen als Böhmit (15 % H 2 0-Gehalt). Die z. B. in kochen-
dem Wasser entstehenden Schichten sind vielfach als "Böhmitschichten"
bezeichnet worden. Die Frage der Nomenklatur ist wiederholt Gegen-
stand der Diskussion gewesen [108, 109], dürfte aber inzwischen geklärt
sein [102, 107].
Untersucht man Schichten, welche bei Temperaturen zwischen 80
und 250°C im Verlauf der Reaktion zwischen Alnminium und Wasser
entstanden sind, so stellt man folgendes fest [102]:
In einer weitgehend amorphen Matrix von Aluminiumhydroxyden
kristallisiert zunächst ein schlecht ausgebildeter Pseudoböhmit aus, der
sich mit zunehmender Tem peratur in gut kristallisierten Böhmitumlagert.
Im Temperaturbereich von 80 bis 100°C entsteht z. B. ein Oxydhy-
droxyd mit ca. 32% Wassergehalt [105]. Mit zunehmender Temperatur
nimmt der Wassergehalt der Schichten ab.
Zwischen 100 und 250°C weist die entstehende Oxydhydroxydschicht
einen mit zunehmender Temperatur abnehmenden Anteil an Pseudo-
böhmit auf [106], dessen Wassergehalt noch merklich oberhalb 15% H 20
liegt. Pseudoböhmit und Böhmit haben bei Röntgenfeinstrukturauf-
nahmen identische Linien und können am ehesten durch ihr Infrarot-
spektrum unterschieden werden.
Bei und oberhalb 250°C besteht die Schicht aus sauber kristallisiertem
Böhmit [106].
Die Oxydhydroxydschichten nehmen mit zunehmender Temperatur
der Reaktion eine festere Struktur an, erkennbar z. B. an ihrer Löslich-
keit in einem Gemil,;ch von Phosphorsäure und Chromsäure [102] bzw. an
der Selbsthemmung des Wachstums. Letzteres geht aus Abb. 658 hervor,
aus der man erkennen kann, daß bei ca. 80 bis 90°C ein Maximum der
erreichbaren Schichtdicke vorliegt. Bei höheren Temperaturen werden
die Schichten bei gleicher Behandlungszeit wieder dünner.
Lit. ::;. 884] 8. Korrosion 865

Die Selb"themmung det; Wachstums ist im allgemeinen das Merkmal


einer Oxydhydroxydschicht von guter Korrosionsbeständigkeit (Nr.2
und 3 in Abb. 659), solange die entstehende Schicht nicht zu dünn ist
(Nr. 1 in Abb. 659).
Die z. B. in hartem Leitungswasser entstehenden Schichten weisen
nur eine schwache Selbsthemmung des Wachstums auf (Nr. 4inAbb. 659).
Es ist im übrigen nicht sicher, ob in
~Sr--.--~--,,--.--.---. den Fällen 1 bis 3 der Abb. 659 die Re-
mg/dm2 aktion tatsächlich zum Stillstand ge-
kommen ist, oder ob ein Gleichge-
wicht zwischen Inlösunggehen und
Nachwachsen der Schicht teilweise

ftm

J~--~---+~--~--~

~
~
:<::
~ I
2 f---~I-=~::::l===:::f::lJ~-:.;:-:..-~
~

oL __----L_ _-L----'-_~=--'
so 60 70 80 30 100°C 110 D Z.5 5 7,5 h 10
Temperatur Behand/ungszfil
Abb.658. 'Vachstnm YOll Ox:nlhydroxyd- AlJh.6;,)9. Auswirkung kleiner Zusätze ZUHl 'Vassr,r
schichten in O,15%iger Triäihanolaminlü- auf uas Wachstum uer Bölllnitschicht auf Heinalu-
$l:Ullg in Abhängigkeit von der Telllperatur nlinimll (schematisch).
(nach ALLSUISSlc). 2 llöhmitschicht in kochendem yollentsalztem
'Yasscr entstanden;
I wie 2, aber mit Zusatz Yon 1 ppm Wasserglas oder
Schwefeloiiure;
3 wie 2, aber mit Zusatz VOll NH 40H (0,1 normal);
4 in kochendeIll Leitungswasser entstandene Schicht
(grau verfärbt).

eine Rolle spielt. Die genannte Bildung von böhmit- oder pseudoböhmit-
haUigen Schichten tritt oberhalb 100°0 nur auf, wenn die reagierende
Aluminiumoberfläche mit überhitztem 'Wasser oder feuchtem Dampf in
Kontakt j"t. Im trockenen Dampf entstehen wesentlich dünnere Schich-
ten, welche bei Temperaturen von ca. 200 bis 300°C aus amorphem
Aluminiumoxyd bestehen [6].
Aueh die Oxydhydroxydschichten weisen einen mehrschichtigen Auf-
bau auf [110]: Wiederum hat man eine kompakte Sperrschicht von etwa
866 C. Eigenschaften des Aluminium~ und seiner Legierungen [Lit. S. 884

10 bis 20 A Dicke [20, 110], welche amorph ist oder aus Al40s-Mole-
külen besteht. Die daraufliegende Deckschicht weist bei den für den
Korrosionsschutz geeigneten Filmen meistens eine Schichtdicke von
etwa 0,2 bis 2 {Lm Dicke auf.
Das Schichtwachstum wird in erster Linie durch die Deckschicht
kontrolliert bzw. durch Zusammensetzung und Temperatur der reagie-
renden wässerigen Lösung. Bereits kleinste Zusätze, z. B. zu kochendem
destilliertem Wasser, haben einen deutlichen Einfluß auf das Schicht-
wachstum. Ein alkalischer pH-Wert (von z. B. 9 bis 10) beschleunigt das
Schichtwachstum. Kleinste Zusätze von Silikaten oder Sulfaten (in der
Größenordnung von 1 ppm) verlangsamen gem. Abb. 659 das Schicht-
wachstum und erzeugen einen instabilen Film. Hierüber liegen umfang-
reiche Untersuchungen vor, Literatur siehe bei [102].
In Abb. 660 wird das Korrosionsverhalten einer Böhmitschicht, einer
M.BV-Schichtl und einer Eloxalschicht 1 gegenüber 5%iger Weinsäure
und gegenüber saurer NaOI-Lösung miteinander und mit dem Verhalten
der natürlichen Oxydschicht verglichen. Man erkennt, daß die "Böhmit-
schicht" trotz ihrer geringen Dicke sehr langsam in Lösung geht. Dies ist
auf den kristallinen und weitgehend porenfreien Aufbau der in Frage
kommenden "Böhmitschichten" zurückzuführen, während z. B. MBV-
Schichten und EloxaIschichten, die weitgehend aus Hydroxyden oder
amorphen Oxyden aufgebaut sind, rascher in Lösung gehen. Böhmit-
haltige Oxydschichten werden neuerdings für den praktischen Korro-
sionsschutz vorgeschlagen und auch bereits angewandt. Wegen Einzel-
heiten verweisen wir auf die Fachliteratur [102, 103, 104].
Bei Temperaturen über 100°0 kann das Wachstum von Oxydhydro-
xydschichten eine starke Beschleunigung erfahren, welche zu einer
raschen Zerstörung des Werkstoffes führen kann (siehe dazu Seite 636).
Oberhalb 350 °0 sind fast alle Aluminiumwerkstoffe im Kontakt mit
Wasser nicht mehr beständig.
Die Kinetik der Reaktion zwischen Aluminium und Wasser ver-
schiedener Temperaturen wurde insbesondere von R. L. DILLoN unter-
sucht [89a].

8.6 Glänzen
Aluminiumwerkstoffe - insbesondere solche höherer Reinheit -
lassen sich mit Vorteil chemisch oder elektrolytisch polieren. Die elektro-
lytischen Glänzverfahren haben eine gewisse Verwandtschaft zu den Ver-
fahren der anodischen Oxydation; sie erfolgen unter anodischer Schaltung
des Werkstücks in einem Elektrolyt mit hohem Lösungsvermögen für
Aluminiumoxyd.
1 Geschützte Markenworte.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 867

Vermutlich bildet sich während des Glänzvorganges auf der Ober-


fläche eine viskose Schicht mit höherem elektrischem Widerstand. Die
Rauhigkeitsspitzen ragen über diese Schicht hinaus, so daß dort höhere
Stromdichten auftreten, was zu einem bevorzugten Abbau der Spitzen
und damit zu einer Einebnung führt [111, 112].

S
f1m Eloxalschichf

It
4

\ MBV-Schichf

1 8öhmif~Sdiii:hT
\ 1\1
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3

Auu. 660 a u. U. Korro~ion"verhalten vernchiedener Oxydschichtell (nach ALUSUU:lSE [36, 2101)


a) Dauertauchversuch, 5% Weinsäure Fe, Raumtemperatur;
b) Wechseltauchbad. 3% NaCl + 1 % HCI. Eintauchilaner 5 ruin; Trockendauer 25 min.
868 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Eine andere Erklärung geht davon aus, daß beim Glänzen ähnlich wie
beim Eloxieren eine Oxydschicht entsteht, welche aber durch den Elek-
trolyten sofort wieder aufgelöst wird. Hierbei wird die Oberfläche einge-
ebnet und dadurch der Poliereffekt bewirkt. Daher findet man nach dem
Glänzen oftmals eine kalottenförmige Oberflächenstruktur ähnlich wie an
der Grenzfläche Metall-Oxyd unter anodischen Schichten [79].
Die zuletzt gegebene Erklärung dürfte teilweise auch für die Vorgänge
beim chemischen Glänzen gelten.
Betrachtet man die geglänzte Aluminiumoberfläche mit dem Elek-
tronenmikroskop, so zeigen sich auf ihr häufig subkornähnliche Struktu-
ren, (s. Abb. 197 u. 198 S. 249). Diese entstehen durch im einzelnen noch
unbekannte Elementarvorgänge, z. B. aus Ätzgrubchen [113, 114, 115],
oder aber durch eine im Gefüge vorhandene Seigerungssubstruktur, wie
auf S. 618 beschrieben wird.
Die verschiedenen Glänzverfahren sprechen unterschiedlich stark auf
Legierungselemente und Verunreinigungen im Aluminium an. Die Gründe
hierfür sind im allgemeinen nicht geklärt, obwohl eine ganze Reihe von
Untersuchungen hierüber vorliegen 1 [116, 117, 118, 211].
An die Glänzoperation schließt sich im allgemeinen noch eine ano-
dische Oxydation an, um die geglänzte Oberfläche zu konservieren.
Dabei tritt häufig wieder ein gewisser Verlust an Glanz ein [119].
Wegen Einzelheiten über die in der Technik verwendeten, meist ge-
schützten Glänz- und Glanzanodisierverfahren wird auf die Literatur
verwiesen (z. B. [111, 120]).

8.7 Physikalische Phänomene an Aluminium-Oberßächen


Folgende 4 Gruppen von Beobachtungen sind von Interesse:
1.) Einfluß der Oberfläche und der natürlichen Oxydhaut auf das
Verhalten von Versetzungen oder Leerstellen nahe der Metalloberfläche:
Hier verweisen wir auf S. 81 u. 243.
2.) Einfluß der Oberfläche und des Oberflächenzustandes auf die
plastische Deformation:
Hier verweisen wir z. B. auf die S. 279 u. 597 (Beeinflussung der pla-
stischen Verformung durch die Oberfläche sowie durch Flüssigkeiten,
welche sich im Kontakt mit der Oberfläche befinden).
3.) Beobachtungen über die Elektronenemission und die photo-
graphische Wirkung bearbeiteter Aluminiumoberflächen:
Hierüber gibt es eine Reihe von Arbeiten, welche das Verhalten frisch
verformter Aluminiumoberflächen betreffen [121 bis 131].
1 Gem. Abb. 660 auf S. 86 beeinflußt z. B. auch die Verteilung des Wasserstoffs
im Aluminium das Aussehen einer geglänzten Oberfläche.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 869

Diese Untersuchungen wurden durch die Entdeckung von J. KRA-


lVIER [122,123] ausgelöst, daß durch Schmirgeln oder Schaben verformte
Oberflächen, z. B. bei Raumtemperatur, Elektronen aussenden. Bereits
früher hatte W. J. RussELL [124] festgestellt, daß mechanisch behandelte
Oberflächen eine Schwärzung einer lichtempfindlichen Schicht, z. B. auf
einer Photoplatte, bewirken. Spätere Untersuchungen haben gezeigt, daß
an den abgeschabten Stellen Wasserstoffperoxyd gebildet wird, und
zwar auch bei anderen Metallen als bei Aluminium. Die Bildung von
Wasserstoffperoxyd wird auch durch die Einwirkung von ultra-
violetter Strahlung begünstigt, wenn z. B. auf einer Aluminiumoberfläche
'Wasser und Sauerstoff anwesend sind. Bei der atmosphärischen Korro-
~ion des Aluminiums ist daher die Entwicklung von Wasserstoffper-
oxyd festgestellt worden [134a].
4.) Interessant ist sodann der Einfluß einer ultravioletten Strahlung auf
das Korrosionsvel'halten. Entsprechende Untersuchungen gingen davon
aus, daß bei Einwirkung von Ultraviolett eine gewisse Beschleunigung
der Oxydation des Aluminiums festgestellt werden kann, wobei diese
Korrosionsbeschleunigung teilweise der Bildung von Ozon zugeschrieben
wurde [25, 132 bis 134].

8.8 Einige Beispirle für das Korrosionsverhalten des Aluminiums

8.81 Korrosionsverhalten bei Bewitterung

Die atmosphärische Korrosion erfolgt fast immer in Gegenwart eines


durch Kondensation von Luftfeuchtigkeit auf der Oberfläche entstan-
denen dünnen Wasserfilms [136]. Im Regelfall ist die natürliche Oxyd-
haut des Aluminiums beständig gegenüber dem Einfluß von Bewitterung,
wobei die Oxydhaut unter Hydration langsam weiterwächst, z. B. auf eine
Enddicke von größenordnungsmäßig 0,1 bis 1 [Lm, bei leichtem Matt-
werden der Oberfläche. Es gibt aber Sonderfälle, bei denen eine relativ
starke atmosphärische Korrosion des Aluminiums in Gang kommt, ins-
besondere in Industrieatmosphäre oder bei Einwirkung von meerwasser-
haItiger Luft. Korrosionsschäden dieser Art treten besonders drastisch
bei kupferhaItigen Legierungen auf (oberhalb eines Kupfergehaltes von
ca. 0,4%).
Im übrigen bestimmen eine ganze Reihe von Faktoren die angreifende
Wirkung der atmosphärischen Korrosion, z. B. das Ausmaß an Regen,
Nebel und Sonnenschein, dem die Oberflächen ausgesetzt sind, sowie auch
die Wärmekapazität des in Frage kommenden Oberflächenelementes
[136]. Lagert man z. B. zwei Aluminiumbleche horizontal und bringt das
eine auf seiner Oberseite in wärmeleitenden Kontakt mit einer dickeren

55 Altenpohl, Aluminium
870 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Metallplatte, so korrodiert das zuletzt genannte Blech auf seiner Unter-


seite an der Witterung wesentlich stärker, da sich durch die größere
Wärmekapazität öfter Kondenswasser bildet als auf einer Oberfläche mit
geringerer Wärmekapazität.

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o 10 20 30 40 50 60 70 80 .90 h100
a Angnffsdouer

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/ AL.99,99 -
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~ I IIl99.99 I I
o 10 ZO 30 40 50 GO 70 80 .90 h 100
b Angnffsdouer
Abb. 661a u. b, Korrosion von ReinstaluIlliniuIll und von AEHn bei Anw('sellheit von SO,
(0,028 Vol.·%) und bei verschiedener Luftfeuchtigkeit (nach p, ~L AZIZ u. H. P. GODARD [].j7J).
a) 0 ReinstaluminiuIll
• All\ln } 52% Relative Feuchte;
b) 0 Reinstalulllilliulll
} 72~~ Relative Feuchte
o Aßfn
x Reinstallllninium
• AIMn } 85% Relative :Feuchte
L'llterschiedlichen OrdinatellIllaßstab der Teilbilder beachten!

Generell wirkt eine stationäre Benetzung mit Wasser (z. B. durch


Kondenswasser oder durch Nebel) stärker korrodierend als fließendes
Wasser (z. B. abfließendes Regenwasser). Es ist daher verständlich, daß
zunehmende Luftfeuchtigkeit oberhalb eines kritischen Schwellwertes
die atmosphärische Korrosion wesentlich begünstigt, vor allem bei gleich-
zeitiger Anwesenheit von Schwefeldioxydspuren in der angreifenden
Luft. P. M. AZIZ und H. P. GODARD haben hierüber eingehende {;nter-
suchungen durchgeführt und festgestellt, daß oberhalb von ca. 80 bis
85% Luftfeuchtigkeit das Wachstum der natürlichen Oxydhaut erheb-
lich beschleunigt wird [137].
Lit. S. 884] 8. Korrosion 871

Bei Anwesenheit von SOg oder SOs in der angreifenden Atm08phäre


liegt die kritische Luftfeuchtigkeit, oberhalb der ein stärkerer Angriff ein-
setzt, bei ca. 60 bis 70%. Entsprechende Ergebnisse sind Abb. 661 zu ent-
nehmen. Man erkennt, daß Reinstaluminium bei hoher Luftfeuchtigkeit
und Anwesenheit von S02 wesentlich beständiger ist als die Legierung
Anln, während bei einer Luftfeuchtigkeit von z. B. 52% beide Werk-
stoffe sich bei atmosphärischer Korrosion in SOg-haltiger Luft etwa
gleich verhalten. Auffallend ist in Abb. 661 b das Auftreten einer Inkuba-
tionsperiode, nach deren Ablauf der eigentliche Angriff einsetzt. ~ach
P. M. AZIZ und H. P. GODARD bildet sich innerhalb der Inkubations-
periode verdünnte Schwefelsäure durch Umsetzung von SOg mit Wasser
und. Sauer8toff.
Es ist interessant festzustellen, daß sich in dieser Hinsicht die in der
Technik verwendeten Nichteisenmetalle alle praktisch gleich verhalten,
indem die verdünnte Schwefelsäure, welche oberhalb eines bestimmten
Taupunktes in S02-haltiger Luft entsteht, das in Frage kommende
Metall in jedem Fall angreift [137, 138, 139], Beispielsweise wird Kupfer
oberhalb einer Luftfeuchtigkeit von 63% angegriffen [137].
Der von P. M. AZIZ und H. P. GODARD untersuchte SOg-Gehalt von
0,028 V01.- % liegt zwar wesentlich höher als der in Industrieatmosphärell
vorkommende SOg-Gehalt. Jedoch wurde in Korrosionsprodukten auf
Alurniniumoberflächen, welche dem Angriff einer Ind.ustrieatmosphäre
ausgesetzt waren, AIg(S04)s' 18HgO festgestellt, das gleiche Reaktions-
produkt, wie es bei den beschriebenen Versuchen von P. M. AZIZ und
H. P. GODARD auftrat. Somit kann man dem Gehalt einer Industrie-
atmosphäre an S02 oder SOs einen ausschlaggebenden Einfluß auf die
Korrosion des Aluminiums zuschreiben [137).
Ein anderer für die Praxis wichtiger Korrosionsbeschleuniger ist der
Chloridgehalt der Meeresatmosphäre, der allerdings nur in unmittelbarer
Meeresnähe eine Rolle spielt.
Es sei auch darauf hingewiesen, daß besonders in Industrieatmo-
tlphäre mit erhÖhtem SOg-Gehalt auch Staub- und Rußablagerungen
größere Bedeutung zukommen, d.a die8e Ablagerungen korrosions-
beschleunigend wirken können.

8.82 Korro8'ion in engen Spalten

Wenn Wasser oder eine wässerige Lösung in einem relativ engen Spalt,
der auf beiden Seiten von Aluminiumoberflächen gebildet wird, einge-
schlossen ist, so entsteht oftmals hier ein Korrosionsangriff, und zwar in
demjenigen Bereich des Spaltes, der an Sauerstoff verarmt ist (anodischer
Bereich). Der dazugehörige kathodische Bereich liegt an der Kontakt-

5fi*
872 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

fläche des Spaltes mit der freien Atmosphäre, da dort die wässerige
Lösung mit Sauerstoff angereichert ist. Ein flächenförmiges Lokal-
element der genannten Art bewirkt sogar bei Spalten, welche mit destil-
liertem Wasser gefüllt sind, einen schwachen Korrosionsangriff [136].
Dies ist z. B. der Fall, wenn beiAluminiumbändern eine Kondenswasser-
bildung an den Schnittkanten eintritt, worauf das Kondenswasser durch
Kapillarwirkung in die Windungen eingesogen wird. Dann entsteht oft-
mals in einem Abstand von 10 bis 20 mm von den SchniUkanten ein
schwacher Korrosionsangriff, erkennbar an einer weißen Verfärbung der
Oberfläche durch abgelagertes Korrosionsprodukt [140].

8.83 Galvanische Korrosion

Da Aluminium elektrochemisch ein ziemlich unedles Metall ist, kann


bei Vorhandensein eines elektrisch leitenden Kontakts mit anderen
Metallen galvanische Korrosion oder Kontaktkorrosion auftreten. Dies
kann der Fall sein beim Zusammenbau von Aluminium mit anderen
metallischen Werkstoffen in Konstruktionen oder infolge Ausfällung
edlerer Metalle auf einer Aluminiumoberfläche, welche im Kontakt mit
der in Frage kommenden Lösung ist. 1
Häufig wird zur Abschätzung des Ausmaßes einer möglichen Kontakt-
korrosion die sich aus der Normalspannungsreihe ergebende Differenz der
Lösungspotentiale der zu verbindenden Metalle benutzt. In vielen Fällen
ist dieses Vorgehen jedoch nicht befriedigend, einerseits da sich in prak-
tischen KorrosionsmiUeln andere Potentiale als die Normalpotentiale ein-
stellen, und andererseits da für die galvanische Korrosion wegen der Polari-
sation nicht allein die Werte der stromlos gemessenen Ruhepotentiale maß-
gebend sind. Kennt man dagegen den Verlauf der Stromdichte-Span-
nungs-Kurven der beiden beteiligten Metalle, zeichnet die Kurven in ein
gemeinsames Diagramm und sucht das Potential auf, für das die Beträge
des anodischen und des kathodischen Teilstromes gleich sind, so ist der
absolute Betrag der Teilströme ein Maß für die zu erwartende Korrosion
[141 bis 143]. Als Beispiel für derartige Diagramme sind in Abb. 662 die
Stromdichte-Spannungskurven von Al 99,5 und 18/8-Stahl für Phthalat-
puffer (als Modell für Wasser) und für künstliches Meerwasser wieder-
gegeben [144]. Für Wasser ist in Übereinstimmung mit der Erfahrung

1 Es genügen geringste Spuren z. B. von Kupfer- oder Quecksilbersalzen (Grö-


ßenordnung ppm), um die Korrosionsgeschwindigkeit kräftig zu erhöhen. Der kri-
tische Wert des Schwermetallgehaltes hängt von vielen weiteren Umständen, ins-
besondere vom pH-Wert ab. Im sauren Medium bewirken kleine Kupferzusätze zum
Metall oder zur angreifenden Lösung gleichermaßen eine autokatalytische Beschleu-
nigung der Korrosion [177b]. In alkalischen Lösungen führen dagegen beträchtlich
höhere Kupfergehalte noch zu keiner Verstärkung des Angriffs.
Lit. S. 884J 8. Korrosion 873

nur ein sehr geringer Angriff zu erwarten, dagegen ist in Meerwasser


die Verbindung korrosionsgefährdet [145].
Die bisherigen Betrachtungen gelten nur, wenn die heiden im Kontakt
befindlichen Metalle mit gleich großer Oberfläche eingetaucht sind. Meist

800
mV
600

.00

200

i~
-1

~ 'I--i+ 1- ~
i+~li-1
'
f------ iBl8-Stahl

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V
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-80 -60 -.0 -ZO 0 ZO ILAjcm 2 60
a Sfromdichfe i

1000
mV
500
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/ -·-i+ -1
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ß P
~
(..- ·i-·-

-1000

-1500
II Af99,5 l-/
-200 -150 -100 -50 0 50 p,A!cm Z 150
b Sfromdichte i
Abt,. 6G2a ll. b. "tromdichte-Spannungs-Kurven von A19ll,5- und 18/8-Stahl
(nach J. ELZE [144] bzw. H. ZEIGER [1451).
a) Elektrolyt: Phthalatpuffer (Modell für "Wasser"), AtmosIlhäre: I,nft 1 at, 25 c C;
b) ElektroJ~'t: Künstliches Meerwasser DIN 50907
PR = 7,5, Atmw;phäre: Luft 1 at, 25°(;.

ist dies in der Praxis jedoch nicht der Fall, wodurch sich die Steilheit der
Stromdichte-Spannungskurven entsprechend ändert. Wenn die anodisehe
'Fläche gegenüber der kathodischen klein ist, ist mit einem stärkeren
8 74 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Angriff auf die anodische Fläche zu rechnen. Im umgekehrten Falle ist


der Angriff entsprechend geringer.
Wenn in dem Stromkreis, der aus den beiden Metallen und dem Elek-
trolyten gebildet wird, z. B. infolge geringer Leitfähigkeit des Elektro-
lyten oder infolge schlechten Kontaktes zwischen den beiden Metallen,
ein merklicher OHMseher Widerstand vorhanden ist, verringert sich das
Ausmaß der Kontaktkorrosion entsprechend.
Der Verlauf der Polarisationskurven und damit die Stärke des An-
griffs hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Zu nennen sind
Zusammensetzung, Temperatur und Leitfähigkeit des Elektrolyten und
Belüftung der Elektroden.
Die Messung der Strom-Spannungs-Kurven ist sehr umständlich, so
daß weitere Verfahren zur Messung der Kontaktkorrosion entwickelt
wurden. Neben praxisnahen Korrosionsversuchen, bei denen die beiden
miteinander verbundenen Metalle der Bewitterung oder der Korrosion
durch andere Angriffsmittel ausgesetzt werden, ist besonders die Messung
des Korrosionsstroms aufschlußreich [146].
Wegen der praktischen Gefahr der Kontaktkorrosion zwischen Alu-
minium und anderen Metallen sei auf die Literatur verwiesen [136, 142].
Auch die Plattierung von kupferhaitigen hochfesten Werkstoffen
kann unter dem Gesichtspunkt der galvanischen Korrosion betrachtet
werden. Die unedlere Plattierschicht übt bei Verletzungen oder dem
Vorhandensein von Schnittkanten eine Fernschutzwirkung (kathodischer
Schutz) auf das Grundmetall aus und wird dabei selbst - meist jedoch
nur geringfügig - angegriffen (z. B. [146, 147, 148, 149]). Allerdings
kann diese Fernschutzwirkung nur eintreten, wenn der angreüende
Elektrolyt eine genügend hohe Leitfähigkeit besitzt, also z. B. in Meer-
wasser, nicht dagegen bei Bewitterung.

8.84 Lochfraßkorrosion (Pittingbildung)

Das Auftreten von Lochfraß stellt beim Aluminium wie auch bei
anderen Metallen eine besonders unangenehme Form der Korrosion dar.
Es gibt insbesondere zwei typische Ur"achen für die Pittingbildung:
Der Oxydfilm ist in der in Frage kommenden angreüenden Lösung
fast, aber nicht ganz ausreichend beständig.
Ausfällung edlerer Metalle an schwachen Stellen der Oxydschicht.
J. M. KOLOTYRKIN gibt eine umfassende Übersicht über die Pitting-
bildung für eine Reihe von Metallen [177a]. Es dürfte aber schwierig
sein, allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu benennen, die sowohl auf
die Pittingbildung bei Aluminium als auch bei Stahl und anderen Metallen
Anwendung finden können.
Lit.. S. 884] 8. Korrosion 875

P. ::\1. AZIZ, H. P. GODARD lUld T. E. WRIGHT haben am Aluminium


eingehende Untersuchungen über den Mechanismus der PittingbildlUlg
durchgeführt [.55, 150 bis 154]. Im folgenden werden wir einige typische
Ergt'bnisse dieser Autoren kurz wiedergeben.
Wird Aluminium dem Angriff von hartem Leitungswasser ausgesetzt,
so entstehen nach relativ kurzer Zeit eine große Anzahl von schwach aus-
gebildeten Pittings. Innerhalb von ca. zwei Wochen hört aber das Wachs-
tum dm' MchrzC1hl dieser Pittings auf, und nur eine Minderzahl der
Pittings wächst weiter [1.51]. Eine sehr elegante Methode zur VerfolglUlg
der PittingbiIdung wurde von R. BRowN und R. MEARs entwickelt
[1551 und von P. )1. AZIZ zur Verfolgung des Korrosionsangriffes an ein-
zelnen LockfraßsteIlen angewendet [150]. Hierbei wird ein mit einer Loch-
fraßsteIle behaftete .. kreisrundes Wandelement von ca. 5 mm Durch-
mes"er z. B. aus einem Aluminiumtopf ausgestanzt, und nach Ver-
größerung des Stanzloches mit einem isolierenden Kitt wieder eingesetzt,
nachdem zuvor an der Außenseite der zu prüfenden Probe ein Meßdraht
angelötet wurde. Daraufhin wird die Prüflösung wieder in das Gefäß
gefüllt, und der durch die Lochfraßstelle fließende Lokalstrom ge-
me"sen. Es zeigte sich, daß eine Reihe saurer Speisen Korrosionsströme
bewirken, welche etwa zchnmal so groß sind wie die durch hartes Leitungs-
wasser erzeugten.
Bei solchen aggressiven Speisen fließt pro Lochfraßstelle ein Korro-
sionsstrom von größenordnlUlgsmäßig 10 fl.A, lUld nach dem FARADAY-
schen Gesetz kann man errechnen, daß eine Lochfraßstelle in etwa
30 bis 80 Stunden eine Strecke von 0,5 mm zurücklegt, was bei dünnwan-
digem Kochgeschirr zur Durchlöcherung der Wand führen kann.
Die kathodische Fläche, welche zu einer Lochfraßstelle gehört, ist
meistens ringförmig um diese angeordnet. Dies kann z. B. durch Aus-
scheidung von radioaktiven Ionen edlerer Metalle nachgewiesen werden
[55].
Das Auftreten von Pittingkorrosion ist oftmals für den Endverbrau-
cher überraschend. Immer wieder ist daher die Frage erörtert worden, ob
gewisse Eigenschaften des Aluminiumgefüges die PittingbildlUlg begün-
stigen. Dies muß z. B. bei Reinaluminiumblechen verneint werden. Die
Pittingbildung durch hartes Leitungswasser ist in ihrer Wahrscheinlich-
keit proportional zu der dem Angriff ausgesetzten Fläche. Durch Extra-
polation kann man feststellen, daß die Wahrscheinlichkeit der Pitting-
bildung bei einer Fläche von 0,055 cm 2 gleich Null wird [152].
Somit sind die durch Pittingbildung angegriffenen Stellen nicht durch
lokale Defekte im Metallgefüge hervorgerufen.
Einen deutlichen Einfluß auf die Pittingbildung durch hartes Lei-
tungswasser übt die Strömungsgeschwindigkeit aus. Oberhalb einer be-
stimmten Strömungsgeschwindigkeit bleibt die Pittingbildung aus [153].
876 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Den Einfluß der Zusammensetzung des Werkstoffes haben P. M. AZIZ


und H. P. GODARD für Zusätze an Magnesium, Mangan, Eisen und Sili-
zium untersucht [156, 157]. Sie finden, daß die Wahrscheinlichkeit der
Pittingbildung mit zunehmendem Reinheitsgrad des Aluminiums ab-
nimmt. Zusätze von Magnesium und bes9nders von Mangan verringern
die Wahrscheinlichkeit und die Geschwindigkeit der Pittingbildung be-
trächtlich. Da Manganzusätze die Verformbarkeit gegenüber Reinalu-
minium nur relativ wenig verringern, wird daher für tiefgezogenes
Aluminiumgeschirr oftmals die Legierung AIMn bevorzugt.
Ein theoretisch interessanter Sonderfall der Pittingbildung sind Ätz-
tunnel, die geradlinig genau parallel zu (100)-Flächen laufen, und zwar
auf Längen bis zu ca. 100 fLm (Einzelheiten s. S. 84 und Abb. 65).

8.85 Einfluß der Zusammensetzung des Werkstoffes auf Potential-


und Korrosionsverhalten

Ordnet man nach kritischer Auswertung der Literatur [49] die gängi-
gen Typen der Aluminiumknetlegierungen nach ihrer Korrosions-
beständigkeit, so erhält man eine Reihenfolge, wie sie in den beiden
ersten Spalten von Tab. 111 angegeben ist. Dabei bezieht sich die Be-
ständigkeit auf Korrosion durch Bewitterung und durch Meerwasser.
Selbstverständlich ist diese Darstellung stark vereinfacht und kann
nur unter den Vorbehalten betrachtet werden, unter denen man Be-
ständigkeitsangaben allgemeiner Art nur machen kann. Die Angaben ver-
mitteln einen Vergleich der Beständigkeit der verschiedenen Aluminium-
werkstoffe. Somit bedeutet die Angabe einer nicht guten Korrosions-
beständigkeit bei den kupferhaitigen Werkstoffen keineswegs, daß sich
diese Werkstoffe bei sinnvollem Einsatz nicht bewährt hätten, d. h. unter
Beachtung der bei diesen Werkstoffen in der Regel üblichen Oberflächen-
schutzmaßnahmen wie Plattierung oder Anstrichen.
Neben den Hauptlegierungsbestandteilen spielen auch kleine Bei-
mengungen für die Korrosionsbeständigkeit eine wichtige Rolle. Zusam-
menfassende Arbeiten siehe z. B. [49, 158, 159].
Bei einigen Elementen, die als gewollte oder ungewollte Beimen-
gungen in Frage kommen, ist die Anzahl der Untersuchungen groß genug,
um aus ihnen einen systematischen Einfluß ableiten zu können (Tab. 110).
Je unbeständiger ein Werkstoff ist, um so weniger Elemente wirken ver-
schlechternd auf die Beständigkeit. Zusätze von Nickel und Kupfer setzen
die Korrosionsbeständigkeit in jedem Fall herab. Zusätze von Eisen wir-
ken bis zur Gattung AlMgSi, solche von Silizium nur bei Reinaluminium
schädlich (außerdem auch bei Aluminium-Magnesium-Legierungen,
sobald der Siliziumgehalt einen Wert von ca. 0,4 bis 0,6% überschreitet
[160]). Im Mittelfeld der Tab. 110 stehen die Elemente, die das Korro-
Lit. S. 884] 8. Korrosion 877

Tabelle 11 O. Einfluß kleiner Beimengungen aut das Korrosionsverhalten


von Aluminiurnwerkstoffen (nach H. VOSSKÜHLER u. H. ZEIGER [49])
- ungünstiger Einfluß o
kein Einfluß + günstiger Einfluß
Zllsatzelement
Werkstoff
Ni Cu }'e Si Zn Mn

Al 99,5 - bis 0 0 +
AIMg - bise 0 +
AIMgSi 0 -I
AIZnMg - bis Q "u +
AIZnMgCu - bis 0
AICuMg - bis 0 "
',-) 0 -1

sionsverhalten nicht beeinflussen. Wenn in einigen Fällen ein neutraler


neben einem negativen Einfluß festgestellt wurde, so ist dies vermutlich
auf unterschiedliche Versuchs bedingungen und Gefügezustände zurück-
zuführen. Im rechten Feld findet sich als einziger Zusatz mit günstigem
Einfluß Mangan.
Zur Erklärung läßt sich nach G. V. AKIMOW [161] die Potential-
differenz zwischen den einzelnen Gefügebestandteilen heranziehen. Ein
derartiges Vorgehen kann allerdings nur qualitativen Charakter haben.
wie auf S. 872 (Abschn. 8.83) erläutert wurde.
Tab. 111 bringt die Werte des am Mischkristall gemessenen Potentials
und des Potentials der weiteren Gefügebestandteile, die auf Grund der
Konstitution des Werkstoffes für das Korrosionsverhalten am wichtig-
sten sind [49]. Weiterhin ist die Potentialdifferenz zwischen diesen beiden
Bestandteilen aufgeführt. Bei der Betrachtung der Tafel kann man drei
Gruppen von vVerkstoffen unterscheiden:

Tabelle 111. Korrosionsbcständigkeit und Potentialdifferenz zwischen den Gefüge-


bestandteilen
Potentiale in künstl. Meerwasser nach DIN 50907 (pH = 7,5) luftgesättigt
u. bewegt gegen Normal-KaIomcl-Elektrode (nach H. VOSSKÜHLER u. H. ZEIGER [49])
für Beständigkeit I Potentialdiffe-
Potentbl yerantwortlirher I fenz zwischen
Korro::.;iIHls- ries Mis('h- Gefügebestandteil I Mischkristall
Werkstoff beständigkeit kristalls und Gefüge-
inm\' I Zusanl1l1pn- Potential bestandteil
setzllng in InV in mY

AI 99,98 R sehr gut -1080 0


AIMn sehr gut 740 AI6 (MnFe) -830 + 90
AIMg sehr gut 800 AI6 (MnFe) -830 + 30
Al 99,5 gut 780 AlaFe -580 -200
AIMgSi mittel 750 Si -500 -250
AISi mittel 780 Si -500 -280
AlZnMg schlecht -- 960 AIaFe -580 -380
AICuMg sehr schlecht I 700 Cu -2:10 -470
878 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

1. Reinstaluminium, das keine heterogenen Einlagerungen aufweist


und bei dem deshalb auch keine Potentialdifferenz zwischen den einzelnen
Gefügebestandteilen vorhanden ist.
2. Die AIMn- und AIMg-Legierungen (wozu noch die nicht unter-
suchten AlMgMn-Legierungen gehören), bei denen der Grundmisch-
kristall edler als die heterogenen Bestandteile ist.
3. Die übrigen Werkstoffe, bei denen der Grundmischkristall unedler
als die heterogenen Bestandteile ist.
Im ersten Fall ist eine sehr gute Beständigkeit zu erwarten und auch
vorhanden.
Im zweiten Fall sind die Einlagerungen anodisch gegenüber dem
Grundmischkristall, so daß die in der Oberfläche liegenden Einlagerungen
bei einem Korrosionsangriff herausgelöst werden können, dann aber kein
weiterer Angriff mehr stattfinden wird. Werkstoffe, bei denen der Grund-
mischkristall edler als die eingelagerten Gefügebestandteile ist, müssen
also eine sehr gute Beständigkeit zeigen, was auch beobachtet wird 1.
Ist wie im dritten Fall der Grundmischkristall unedler als die weiteren
Gefügebestandteile, so ist mit steigender Potentialdifferenz und je nach
dem Verlauf der anodischen und kathodischen Teil-Strom-Spannungs-
Kurven zunehmende Verstärkung des Angriffs zu erwarten. Auch dies
wird tatsächlich in der Praxis gefunden.
Die angegebenen Werte der Potentialdifferenz zwischen den Gefüge-
bestandteilen ordnen sich nach Tab. 111 der Korrosionsbeständigkeit
der einzelnen Werkstoffe in befriedigender Weise zu. Es scheint demnach
so, als ob diese Potentialdifferenz für das Korrosionsverhalten der Alu-
miniumwerkstoffe eine entscheidende Rolle spielt.
Im folgenden sei kurz auf das Verhalten der einzelnen Werkstoff-
gruppen eingegangen:
Der Werkstoff AIMn weist eine sehr gute Beständigkeit auf. Als
wichtigste heterogene Phase ist bei ilim im Gefüge AIs(MnFe) zu finden;
AlaFe tritt praktisch nicht auf, weil alles Eisen in AIs(MnFe) gelöst wird
(162 bis 164]. Sowohl das eisenfreie AIsMn als auch AI 6(MnFe) sind
schwach anodisch gegenüber dem Grundmischkristall, was ein gutes
Korrosionsverhalten ergeben muß. Die eindeutig korrosionsmindernde
'Yirkung von Mangan in allen Aluminiumwerkstoffen auf der Basis
Al 99,5 kann man damit erklären, daß der ungünstige Einfluß des Eisens
vermindert wird. Nur Eisen (und Zink) können in Al 6Mn gelöst werden,
nicht aber Kobalt, Kupfer und Nickel, dcren schädlicher Einfluß durch
Manganzusätze nicht vermindert werden kann [163].

1 Eine Ausnahme liegt vor, wenn die unedleren Ausscheidungen einen zusam-
menhängenden Saum an der Korngrenze bilden, was bei AlMg-Legierungen bekannt-
lich zu rapider Korngrenzenkorrosion führen kann (s. Abb. 530b, S. 674).
Lit. S. 884] 8. Korrosion 879

Die an nächster Stelle aufgeführten Aluminium-Magnesium-Werk-


stoffe enthalten meistens Mangan (oder Chrom, dessen Wirkung ähnlich
günstig ist [165 bis 167] und auf einem ähnlichen Mechanismus wie die des
Mangans beruhen dürfte). Als wichtigste Phase neben dem Grundmisch-
kristall kommt bei den Aluminium-Magnesium-Legierungen wiederum
A1 6 (MnFe) in Betracht. Diese Phase besitzt nur eine sehr geringe Poten-
tialdifferenz gegen den Grundmischkristall. Die Aluminium-Magnesium-
Werkstoffe sind daher gut beständig. Die ß-Phase, die beim überschreiten
der Löslichkeit bei höher magnesiumhaitigen Legierungen ausgeschieden
werden kann, ist stark anodisch gegen den Mischkristall und kann
deshalb zu der bereits erwähnten interkristallinen Korrosion Anlaß
geben.
Bei Reinaluminium kann die verminderte Beständigkeit gegenüber
Reinstaluminium der Potentialdifferenz zwischen Grundmischkristall
und der edleren Phase Al 3Fe zugeschrieben werden. Auch die ternäre
Phase Al 12Fe aSi ist kathodisch gegenüber dem Mischkristall.
Dem Werkstoff AlMgSi 0,5 und AlMgSi 11 wird im allgemeinen
Silizium im überschuß über das der Verbindung Mg 2Si entsprechende
Verhältnis von Magnesium: Silizium zulegiert, deshalb ist im Gefüge als
heterogener Bestandteil elementares Silizium vorhanden. Dieses ist
kathodisch gegen den Mischkristall, wodurch die nur mittlere Beständig-
keit von AIMgSi zu erklären ist. Dabei erfolgt der Angriff im warm-
ausgehärteten Zustand meist interkristallin [168].
Für das Korrosionsverhalten des binären Aluminium-Silizium-Werk-
stoffes - der auch als Knetmaterial mit 3 bis 5% Si inzwischen einige
Bedeutung erlangt hat - ist ebenfalls die Potentialdifferenz zwischen
Silizium und Grundmischkristall entscheidend.
Die AlZnMg-Werkstoffe zeichnen sich durch' ein stark ins Unedle
verschobenes Potential des Mischkristalls aus. Dadurch werden die
Potentialdifferenzen zu den anderen Gefügebestandteilen recht beträcht-
lich, und das ungünstige Verhalten der Werkstoffe ist verständlich.
Kupferhaltige Legierungen enthalten ein Element, dessen Potential
edler als das des Wasserstoffs ist. Deshalb kann bei einem KOITosions-
angriff in Lösung gegangenes Kupfer wieder in metallischer Form auf der
Oberfläche auszementieren [169, 170]. Zwischen dem niedergeschlagenen
Kupfer und der Legierung besteht eine sehr hohe Potentialdifferenz, die
für die starke Korrosionsanfälligkeit verantwortlich zu machen ist.
Bei Gußlegierungen bestehen prinzipiell die gleichen Verhältnisse,
jedoch ist das experimentelle Material weniger umfangreich [.l71]. Häufig
ist mit einer etwas verringerten Beständigkeit zu rechnen, da Guß-

1 Der Einfluß eines Mangangehaltes auf die Korrosionsbeständigkeit der Legie-


rung AIMgSi wurde bereits auf S. 768 erwähnt.
880 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884-

legierungen auf Grund der Zusammensetzung meistens ein heterogenes


Gefüge aufweisen. Auch durch die gelegentlich vorhandenen Poren,
Lunker oder Oxydschlieren wird die Beständigkeit herabgesetzt. Anderer-
seits wird das Korrosionsverhalten durch die "Gußhaut" oft günstig
beeinflußt.

8.86 Spannun(Jskorrosion

8.861 Phänomenologie. Als Spannungskorrosion bezeichnet man


das oft plötzliche Auftreten von Rissen in einem Werkstoff, auf den
gleichzeitig mechanische und chemische Beanspruchung einwirken.
Häufig ist dabei vor der Rißbildung kein Angriff festzusteHen. Zum
Auftreten von Spannungskorrosion müssen drei' Bedingungen erfüHt
sein:
1. Es muß ein für Spannungskorrosion empfindlicher Werkstoff
oder Werkstoffzustand vorliegen.
2. Es muß ein für den betreffenden Werkstoff spezifisches Angriffs-
mittel einwirken.
3. Es müssen an der Oberfläche des Werkstoffes Zugspannungen in
Form von Eigenspannungen oder als von außen aufgebrachte Spannun-
gen vorhanden sein.
An dieser SteHe werden wir nur die wichtigsten Tatsachen über die
Spannungskorrosion kurz abhandeln.
Ein überblick über das Auftreten von Spannungskorrosion bei tech-
nisch wichtigen Aluminiumlegierungen kann z. B. den Arbeiten von
E. H. DIX, R. H. BROWN U. W. W. BINGER [4], F. C. ALTHoF [172],
H. VOSSKÜHLER [173] oder D. O. SPROWLS U. H. C. RUTEMILLER [178]
entnommen werden.
Bei Aluminiumwerkstoffen findet man - im Gegensatz etwa zu
Kupferwerkstoffen - Spannungskorrosionsempfindlichkeit nur bei aus-
scheidungsfähigen Legierungen in bestimmten heterogenen Zuständen.
Während es nicht möglich ist, die Spannungskorrosionsempfindlichkeit
von Kupferwerkstoffen - insbesondere Messing - durch Zusätze oder
Veränderung des Gefügezustandes herabzusetzen, ist dies bei den tech-
nisch verwendeten Aluminiumlegierungen durchaus möglich. Praktische
Bedeutung hat die Spannungskorrosion vor allem bei den höher legierten
Aluminium-Magnesium-Legierungen mit mehr als etwa 4% Mg (deren
Anwendung jedoch im Zurückgehen ist) und bei den hochfesten aushärt-
baren Legierungen vom Typ AIZnMg. Bei der Anwendung der genannten
Werkstoffe steHt jedoch die Gefahr der Spannungskorrosion kein Problem
dar, da man durch passende Wahl von Zusammensetzung und Wärme-
behandlung die Legierungen hinreichend beständig machen kann.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 881

Bei AICuMg-Legierungen ist mit Spannungskorrosion nur bei beson-


ders empfindlichen Gefügezuständen zu rechnen, in denen diese Werk-
stoffe jedoch im allgemeinen nicht zur Anwendung gelangen. AlMgSi-
Legierungen sind unempfindlich gegen Spannungskorrosion, was insofern
bemerkenswert ist, weil diese Legierungen bei höheren Magnesium- und
Siliziumgehalten in ungünstigen Gefügezuständen eine ausgesprochene
Neigung zu interkristalliner Korrosion zeigen können. Auf diesen Um-
stand wird bei der Besprechung der Theorien der Spannungskorrosion
nochmals eingegangen werden.
Spannungskorrosionsrisse verlaufen bei Aluminiumwerkstoffen immer
interkristallin, transkristalline Brüche wurden noch nie beobachtet.
Die Auffassungen über den Einfluß der Zusammensetzung des Korro-
8ionsmittels sind uneinheitlich. Nach H. VOSSKÜHLER [179] ist, vor
allem bei Angriff auf Aluminium-Magnesium-Legierungen, der pwWert
des Korrosionsmittels von Einfluß, was von W. ROSENKRANZ [180] auch
an AIZnMg-Legierungen gefunden wird. Bei den Versuchen VO'} E. C. W.
PERRYMAN und S. E. HADDE)I [181] ergab sich eine starke Abhängigkeit
der Spannungskorrosion von AIMg7-Legierungen von der Konzen-
tration der angreifenden NaCI-Lösung. Ergebnisse von F. C. ALTHOF u.
H. SPINDLER [182] lassen auf einen Einfluß der im Angriffsmittel vor-
handenen Kationen schließen. Versuche von W. GRUHL [183] an AIZnMg-
Legierungen lassen eine gewisse Erklärung in dem Sinne zu, daß unter
der Annahme einer Mehrstufigkeit des Vorgangs der Spannungskorrosion
nur die Länge der Vorbereitungsperiode vom Korrosionsmittel abhängt.
Als gesicherte Tatsache ist jedoch anzusehen, daß nahezu alle Angriffs-
mittel, die überhaupt einen Angriff ergeben, bei genügend langer Ein-
wirkung, genügend hohen Spannungen und genügend empfindlichem
Werkstoff zu Spannungskorrosion führen können [183].
Wie schon erwähnt, hängt die Spannungskorrosionsempfindlichkeit
von Aluminiumlegierungen Rehr stark vom Gefügezustand ab. Eingehend
untersucht sind die Zusammenhänge bei Aluminium-Magnesium-
Legierungen (z. B. [181, 184, 185]).
Spannungskorrosion tritt bei diesen Legierungen nur auf, wenn an
den Korngrenzen zusammenhängende Ausscheidungen vorhanden sind.
Bringt man dagegen durch eine geeignete Wärmebehandlung die Aus-
scheidungen zur Koagulation in Form des sogenannten Perlschnur-
gefüges, 1'10 sind die Legierungen praktisch unempfindlich gegenüber
Spannungskorrosion geworden (weitere Einzelheiten dazu s. S. 677
bis 681).
Bei den AIZnMg-Legierungen dürften für die Spannungskorrosions-
empfindlichkeit anstelle heterogener Ausscheidungen eher bei der Kalt-
aushärtung gebildete einphasige Entmischungszonen verantwortlich
sein [186].
882 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen [Lit. S. 884

Wegen der Fülle der Untersuchungsergebnisse über weitere Einflüsse


sollen nur die Einflußgrößen aufgezählt werden. Nach H. VOSSKÜHLER
[187] wird das Spannuflgskorrosionsverhalten durch folgende Faktoren
beeinflußt:
Legierungskonzentration: Die Anfälligkeit nimmt - zumindest bei
den bei Aluminiumknetlegierungen üblichen relativ geringen Legierungs-
zusätzen - nach überschreiten eines Schwellwertes, unterhalb dessen
keine Spannungskorrosion auftritt, mit steigendem Legierungsgehalt zu.
Kaltverformung : Die Beständigkeit wird im allgemeinen durch eine
nicht zu starke Kaltverformung erhöht, insbesondere, wenn dabei an der
Oberfläche Druckspannungen entstehen.
Abkühlungsbedingungen nach einer Glühbehandlung : Zur Verringerung
der Spannungskorrosionsanfälligkeit sollen AlCuMg-Legierungen mög-
lichst rasch abgekühlt werden, bei Legierungen mit Ausscheidungen,
die unedler sind als das Matrixgefüge (AlMg, AIZn:;\Ig) wird dagegen die
Beständigkeit durch langsames Abkühlen erhöht.
Weitere Einflußgrößen sind der Verteilungszustand der Legierungs-
elemente, der Rekristallisationsgrad und die Korngräße. Wegen Einzel-
heiten soll auf die Zusammenstellung von H. VOSSKÜHLER [187] ver-
wiesen werden.
Wichtig ist noch der Einfluß von Zusätzen zu den in Frage kommenden
Legierungen [187]. So werden die hochfesten AIZnMg-Legierungen erst
durch den Zusatz eines Stabilisators, z. B. Chrom, der die Spannungs-
korrosionsbeständigkeit hinreichend erhöht, technisch verwendbar [184,
188, 189], s. a. S. 782. 1
Auch bei den Aluminium-Magnesium-Legierungen ist ein gewisser
Einfluß von Stabilisatoren vorhanden (s. S. 679).
Die Verfahren zur Erforschung der Spannungskorrosionserscheinun-
gen und zur Prüfung von Halbzeugen oder Werkstücken hat P. BREN-
NER [191] ausführlich diskutiert.
8.862 Mechanismus der Spannungskorrosion. über den Mechanis-
mus der Spannungskorrosion besteht noch kein klares Bild. H. VOSS-
KÜHLER [187] kommt in übereinstimmung mit R. B. MEARS, R. H. BROWN
U. E. H. DIX [192] auf Grund einer sehr umfangreichen Literaturaus-

wertung in Verbindung mit eigenen Versuchen zu folgenden Schlüssen:


1 Die Wirkungsweise der stabilisierenden Zusätze ist noch nicht geklärt. AIZnMg-
Legierungen sind im nichtrekristallisierten Zustand beständiger gegen Spannungs-
korrosion als im rekristallisierten. Die stabilisierenden Zusätze sind gleichzeitig
rekristallisationshemmend, so daß eine Verbesserung der Spannungskorrosions-
beständigkeit durch Verhinderung der Rekristallisation eintritt [187, 190]. Zusätz-
lich dürfte ein Einfluß der Zusätze auf die Anordnung der Ausscheidungen [189]
oder Entmischungszonen [186] vorhanden sein.
Lit. S. 884] 8. Korrosion 883

Zum Auftreten von Spannungskorrosion ist ein elektrochemischer


Angriff notwendig, d. h., im Werkstoff müssen Potentialunterschiede vor-
handen sein. Im Falle der Aluminiumlegierungen wird dieser Potential-
unterschied durch gegenüber der Matrix unedlere Ausscheidungen 1 an
den Korngrenzen bewirkt. 2
Der eigentliche Spannungskorrosionsvorgang besteht aus zwei Stufen.
Während der ersten Stufe wird der Werkstoff an den anodischen Korn-
grenzen 3 lokal angegriffen. E;,; erfolgt eine Spannungserhöhung im Hiß-
grund, so daß der Werkstoff dort. zu fließen beginnt.. Hierbei wird da;; im
Rißgrund freigelegte unedle Metall infolge des Fehlens einer schützenden
Deckschicht rasch angegriffen, wodurch wiederum die mechanische Riß-
bildung beschleunigt wird. Der Bruchvorgang läuft. auf diese Weise sich
selbst verstärkend nahezu aut.okatalyt.isch ab.
Dieses Bild kann jedoch den Vorgang nicht vollständig beschreiben,
da z. B. nicht verständlich erscheint, warum die zu interkristalliner Korro-
sion neigenden AlMgSi-Legierungen nicht spannungskorrosionsanfällig
sind [178, 183, 193]. An dem Prozeß der Spannungskorrosion müssen
deshalb noch weitere Faktoren beteiligt sein, worauf besonders H. eHLIG
[194] hingewiesen hat. Insbesondere ist nach H. UHLIG der Oberflächen-
energie bei der Riß bildung mehr Beachtung zu schenken. Der Einfluß
einer Veränderung der Oberflächenenergie wird verständlich, wenn man
die Rißbildung im Sinne der Theorie des Sprödbruches nach A. A.
GRIFFITH [195, 196, 197] betrachtet. A. N. STROH [198] erläutert dies am
Beispiel der Wasserstoffversprödung von Stahl, jedoch lassen sich ähn-
liche Überlegungen auch für den Fall der Spannungskorrosion anst.ellen
[183, 199].
Auch Git.terbaufehler dürften eine Rolle beim Bruch durch Span-
nungskorrosion spielen [200, 201]. So findet W. GRUHL [202] aus Ver-
suchen über die Temperaturabhängigkeit der Spannungskorrosion von
AIZnMg3-Legierungen, daß die Aktivierungsenergie der Spannungs-
korrosion un verformt.er Pro ben gleich der Aktivierungsenergie der A us-
heilung von Leerst.ellen ist. Bei gerecktem Material ist sie gleich der
Aktivierungsenergie der Wandenmg von Doppelleerstellen. Dü-,se
Ergebnisse machen es in hohem Maße wahrscheinlich, daß Leerstellen
beim Vorgang der Spannungskorrosion eine erhebliche Rolle spielen [209].
Auf Grund von Versuchen an einer hochreinen AIZnMg-Legierung
schlagen E. N. PUGH und W. R. n. JONES [203] folgenden Mechanismus
der SpannungskoITmlion vor: In der Umgebung der Korngrenzen sind im

1oder Entmischungszonen.
21m Falle der AICuMg-Legierungen sind zwar die Ausscheidungen edler alb das
Korninnere, jedoch sind in der Nähe der Korngrenze unedlere ausscheidungsfreie·
~ällmp vorhanden [180], siehe dazu auch S. 742.
3 hz\\". bei AICuMg in den anodischen Zonen neben den Korngrenzen.
884 C. Eigenschaften des Aluminiums und seiner Legierungen

ausgehärteten Zustand an I"egierungselementen verarmte Zonen vor-


handen. Bei Anlegen einer genügend hohen Spannung erfolgt eine plasti-
sche Deformation einiger dieser gegenüber den übrigen Gefügebestand-
teilen weicheren Zonen. Infolge der Verformung werden diese unedler
und deshalb vom Korrosionsmittel angegriffen. Durch Kerbwirkung er-
höht sich die Spannung und weitere verarmte Zonen beginnen zu fließen.
Diese Theorie beruht nur auf den Ergebnissen an einem Legierungstyp
und vermag nicht zu erklären, warum z. B. binäre Aluminium-Silizium-
Legierungen, bei denen diese verarmten Zonen ebenfalls beobachtet
werden (s. Abb. 515, S. 645), keine Anfälligkeit für Spannungskorrosion
zeigen.
Aus weiteren Versuchen an AIZnMg3leitet W. GRUHL [183, 204] eine
Dreistuflgkeit des Vorganges ab. Die Stärke des Korrosionsangriffs beein-
flußt hauptsächlich die Vorbereitungsperiode, was auch die oft beobach-
teten starken Streuungen bei Spannungskorrosionsversuchen verständ-
lich erscheinen läßt. In dieser Vorbereitungsstufe stellt sich ein Gleich-
gewicht zwischen Metalloberfläche und Korrosionsmittel ein. In der
zweiten Stufe werden unter gleichzeitiger Einwirkung von Korrosion und
Spannung Mikrorisse gebildet. In der dritten Stufe wachsen die Risse
hauptsächlich unter dem Einfluß der Spannung bis zum Bruch weiter.
Versucht man, die vorliegenden Auffassungen über den Mechanismus
der Spannungskorrosion zusammenzufassen, so erkennt man, daß eine
einheitliche, allen Versuchsergebnissen und Erfahrungen gerecht wer-
dende Theorie noch nicht aufgestellt werden kann. Eine solche Theorie
hätte folgende Einflußgrößen in Rechnung zu stellen:
Potentialveränderungen im Gefüge durch Gefügeänderungen, Kalt-
verformung (auch Potentialänderungen während der Verformung [205]),
Rekristallisation, elastische Spannungen [206], geschlossene und auf-
reißende Deckschichten,
Festigkeitsunterschiede der einzelnen Gefügebestandteile [203],
Mechanismus des Sprödbruches unter Berücksichtigung des Einflusses
von Gitterbaufehlern und Oberflächenenergie [207],
Einfluß des Korrosionsmittels auf elektrochemische Vorgänge, Deck-
schichtenbildung und Oberflächenenergie.

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Sachverzeichnis

Abbrand (durch Oxydation oder Ver- Al-Cu, Rekristallisation 365


dampfen) -, Verformung 236,279-283,301
von Aluminium 100 -, Versetzungen 247,248
von Magnesium 101, 658 AICuMg 1 705-751
von Natrium 189 -, Aushärtung 427, 441, 445, 480 bis
Abgleitung 214, 223, 2;")7 -288 486, 529, 705-731
Abschrecken, Abschreckgeschwindig- -. Erstarrung, Gußgefüge 33, 39, 41,
keit 211, 448-4:)1, 721, 741-7iiO, ;30, 52, 5ß, 88, 124, 135-140, 146,
771, 775, 79~ 798, 811, 841 1;31, 152, 154, 165
Abstehen 70, 98-10:3, 105 -. Korrosionsverhalten 740-750, 881
.\etzfiguren, Aetzgrübchen 38ß-:388, -'. Physika!. n. mech. Eigenschaften 133,
413 294,557,560,561,563,569,574 bis
Akti vierungsenergie 5ll9, 708, 709, 733
" Auflösung von Versetzungen 211 AICuMgPb 708, 710
, Ausscheidung, Aushärtung 453, 624 AlCuMgSi 712, 718
, Bildung und Platzwechsel von Leer- AlCuNi, AlCuNi(MgFe) 564, 707, 710
stellen 210, 490, 540, 883 - , Warmfcstigkcit 563, 588, 590
, Dämpfung 671 AICuPbBi 708, 710
· Erholung 309-312, :314 AI- Fe 27, 408, 640-643
. , Kriechen 229, 315, 581 AI- Fe-Si 409,421,646
-, Rekristallisation 350, ß15, 762. ß28 Al Mg 653-686
· Selbstdiffusion 539 -. Erholung und Rekristallisation 212,
, Spannungskorrosion 883 319, 323, 338, 341, 348-350, 360,
- , Viskoses Fließ eu 9 663-668
Aluminiumisotope 49, 539 -. Erstarrung und Gußgefüge 26, 152,
AI-Ag 1 476 171
· Aushärtung 432-437, 446, 471 bis --, Geknetetes Gefüge 90, 171, 242
480, 52H-530 --, Korrosionsverhalten 332, 853, 878,
· Diffusion 541 880
· Verformung 288 . '. Physika!. u. mech. Eigenschaften
AI-Cr 22.27 212, 234, 555, 561, 574, 580, 589 bis
Al-Cu 29 600, 667 -671
· Aushärtung 236, 279-283, 437 bis -, Verformung 234, 284-287, 297
452,456,462-471. 502-504, 528, , Viskosität u. Oberflächenspannung
529 von Schmelzen 6, 10, 51, 133
· Geknetetes Gefüge 79, 80 AIMgMn 656, 699
· Oberflächenspannung von Schmel- _. , Korrosionsverhalten 878
zen, Erstarrung, Gußgefüge 9, 10, --, Physikal. u. mech. Eigenschaften
29, 48, 55, 79, 80, 133, 151, 153, 180 5ß3, 591, ß57

1 Ein Strich zwischen den Element-Symbolen (z. B. Al-Ag) bedeutet, daß es


sich um ein Legierungssystem und nicht um eine technische Legierung handelt.
Bei technischen Legierungen (z. B. AICuMg) wurden die Striche weggelassen.
892 Sachverzeichnis

AlMgSi 754-769 G-AISi 24, 176-193, 799-803, 813


-, Aushärtung 318, 445, 447, 486 bis bis 817
489, 762-767 -, Erstarrung 181, 186-191
-, Entfestigung, Rekristallisation 318, --, Veredelung 184-193
759-762 --, Viskosität, Fließvermögen 7, 8, 176,
-, Erstarrung 42, 47, 759 179
-, Korrosionsverhalten 767, 876 G-A1SiCu 177,181,801-817
AIMgSi, Physikal. u. mech. Eigen- G-AISiCuNilVIg 811,816
schaften 168, 560-563, 569, 572 bis G-AlSiMg 181, 183, 799-802, 811 bis
599_ 757, 769 817
-, Verformung 287,760-767 Anodische Oxydschichten 632, 648, 659,
AlMn 685-703 681,703,747,826,857-866
-, Erholung und Rekristallisation 317, Antimonzusatz 193, 659, 710
337-340,353,363,695-701 Aufheizgeschwindigkeit (Weichglühung)
-, Gußgefüge 22, 134, 166, 167, 693 339, 622, 663, 695-700
-, Korrosionsverhalten 332, 701-703, Aufschmelzen
878 -, Schmelzwärme 38
-, Physikal. u. mech. Eigenschaften -, Strukturänderungen 1, 2
542,689 -., von Legierungszusätzen 31, 133,687
-, Verformtes Gefüge 243, 289, 695-699 Aufspalten (v. Versetzungen) 213-215
Al-Si Ausdehnungseffekte (Erstarren) 55, 56
-, Konstitution 408,643-645 Aushärtung, Ausscheidungsvorgänge
-, Korrosionsverhalten 877, 884 208, 235-238, 279-288, 356, 365
-, Plastische Verformung, Aushärtung bis 368, 427-505, 527-531, 541,
288,430,448,502,645 598, 622, 630, 642, 644, 666, 671 his
Al-Ti 22,26-32 673,691, 710-731, 739, 77.3-781,
Al-Zn 475 808 bis 812
-, Aushärtung 446-452, 471-480, Ausscheidullgsgeschwindigkeit 440, 447
492-498,504 Ausschwitzungen 143-150
-, Physikal. u. mech. Eigenschaften Autoradiographie 49, 85, 86, 120, 540,
540, 542, 544 624,740
-, Verformung 288
-, Viskosität, Erstarrung 7, 39 Bandgießen 115, 354, 641
AlZnMg 770-784 Barrenhochglühung 53-55, 289, 353,
416,421,665,690-700,760
-, Aushärtung 436, 442-448, 480 bis
Berylliumzusatz 101, 185, 330, 331, 348,
486, 775-780
352, 409, 422, 61a, 658, 665, 695 bis
-, Erstarrung 49
-, Korrosionsverhalten 781, 879, 881 700
Bewitterung 676, 869
AlZnMgCu 785-798 Bikristalle 269-271
-, Erstarrung, Entgasen 49, 50, 104 Blasenbildung (an geglühten Blechen)
bis 106, 164, 167
69, 95, 154-158, 639
-, Geknetetes Gefüge 167
Bleizusatz 25, 708, 710
-, Korrosionsverhalten 797
Böhmit, Böhmitschichten 856, 862, 864
-, Physikal. u. mech. Eigenschaften,
bis 867
Aushärtung 564, 590-596, 742, 795
Borzusatz 11, 31, 109, 348, 533, 807
G- A1Cu 24, 802, 805 BRAGGsche Reflexion 241
G-AlCuNiMg 706,804,805,808,816 BRINELL-Härte 552
G-AlCuNiTi 813 Bruch (Mechanismus) 283, 298-301,
G-AICuTi 706,801,811-817 559, 599, 883
-, Erstarrung 171,172,181 Bruchdehnung 550, 584, 7a8
G-AICuTiMg 172, 801 Bruchprobe
G-AIMg 171, 177, 181, 182, 799-817 - an AICuMg-Profilien 737
Sachverzeichnis 893

Bruchprobc an Sandguß 190 Eisengehalt oder -zusatz, Löslichkeit in


HURGERS-Vektor 205-206,213-219. Aluminium 40S
241 -, übersättigt gelöst 22, 53, 116, 318,
329, 330, 356-360, 365, 408, 420
Chlorieren 103-104,110-113, 63H, GlH
bis 422, 525, 643
Chromat-Phosphat-i:'lchiehten H63
Eisen: Silizium-Verhältnis 127,166,358,
Chrom zusatz 11, 27, 345. 422, 533, ;)34,
407,409,418-422,647
ti12, 653, 656, 667, (i6S, 679, 7.>4 bis
Elastizitätsmodul 22, 97. 225, 295, 548,
789, 879
564, 569, 830, 835
Cluster, Cluster bildung 436, 471
Elektr, Leitfähigkeit 2, 514-533, 605,
COT'l'RBLL-Wolke 233, 236, 250, 331, ;)00
768, S35
Uämpfung 334, 569, G71, 83i) ---, Einfluß der Leerstellen-Konzentra-
Dauerfestigkeit (\Vechselfestigkeit) ;"iH3 tion 209, 210
bis 600, 73G, 738 -, Erholung beim Anlassen 210-212,
Dauerstandkriechgrenze 574, ;)SO 308-312, 616
DEBYE-SCHBRRER-Ringe 379 -, Veränderung bei Aushärtungs- oder
Deformationsbänder 2G7 -:W8 Ansseheidungsvorgängen 53, 429 bis
Dehngeschwindigkeit, R. Verformungs- 432,446-452,493-495, 673
geschwindigkeit Elektrolysezelle 603, 604, 638
Dehngrenze 549 Elektronenbeugung 240, 445
Dendriten (Gußgefüge) 43-46 Elektronenmikrosk, Untersuchungen
Dichte 2, 24, 209, 334, :37.i, 440, .i12, 238-248,457
H09 Eloxalschicht, s. Anodische Oxyd-
Diffusion schichten
,metallische Elemente 52-1)6, 20H, Entfestigung 312-332, 558, 607, 647,
21H, 490, 534-544, 625, 631, 64;>, 663, GG9
(187,744, H29 Entgasung 70, 97 -113
, Wasserstofi' 69-72, H9-92, :')40 Entmischung, Entmischungszonen 435,
Dispersionshärtung 237, 505, 830 449, 45S-504
Drahttextur 395. 399 401 Erholung 210, 212, 307 -331
Druckguß 24,174 Ermüdung 300,585-600,738,833,834
Duralumin 705-7;)1 Erstarren, Einfluß von
Durchlaufglühen, s. t-itoßglühen Bewegung dE'r Sehmelze, Vibration
D1ll'chstrahlaufnahmen (El. Mikrosk.) 17-21
228,231,238-253,457 Erstarren unter technischen Bedin-
DVl\I-Kriechgrenze ,'574, S10 gungt'n, s, Gießen
- Erstarrungsgeschwindigkeit 21-23,
"Easy Glide", 226, 21la, 26G, 2(i\l--270, 30, 41, 114, 116, 161, 182
288, :H2, 378 Kornverfeinerung 12-32
Einkristalle Temperatur- oder Konzcntrations-
. Anisotrope Erstarrung 44 gefälle 34-37
, Erholung u. ltekristallis'ltion:H3, :31),) -- Überhitzung oder Unterkühlung 14
, Plastische Verformung 218, 22G bis bis 16,37, IH6
22S, 259-269, 2S0 Über- oder Unterdruek 23,24, 174
, Textur u. Zipfelbildung 381, 402 bis Erstarrnngsfront 119-121
404 Rxplosivv"rformllng 293, 335, ;,69
Einphasige Entmischung 428, 459
Einschnürung (Zugversuch) 652, 668 j·'arbanodi,üprvprfahrpn S62
Eisengehalt oder -zus,ttz 4,2;")-31, 16ß, Faserstruktur, (Fließfaser) 290, 333, 599.
:345--:351, 362, 411, 41;)- 422, 44S, G:H, 717, 7:34, 7:37
,,)25-ii3;3, <5S3, (109 --li22, ß42-(j;,)(i, Fasertextur 381, :384, 38.'5-388, 395
ß88-n91, U95-700, 714, 7:38, 7G1, ]>'pingleitung 26(j
7n2, 782.789,807 Fl'stigkeitsprüfung 547
894 Sachverzeichnis

Festigkeitswerte Gußgefüge, s. a. Erstarrung 38-57, 290


-, Einfluß des Gießverfahrens 169, 190, bis 292, 335
598,642,717 Gußlegierungen 170-193,799-817, 879
von .Aluminiumwerkstoffen. s. unter Gußtextur 44, 387
den Legierungssymbolen
von Gußgefüge 22, 97,168, 171, 191, Halbhartes Material 317, 322-329, 405,
642 647, 667, 690
FICKsches Gesetz 534 Halbversetzungen 214-215, 501
Fiederkristalle 120, 158-161 HALL-Konstante 511, 515, 525-531
Fließfiguren (Streckfiguren) 285-287, Härteprüfung 552, 725
671 Hochgeschwindigkeitsverformung 293,
Fließspannung, Fließgrenze 217,223 bis 569
226,235-237,264,270,275 Holzfaserbruch 737
Fließvermögen (von Schmelze) 97, 176 Homogenisierung 53, 289, 427,691
bis 180, 190 Hycon-Test 65
Folie 228, 239, 329-331, 353, 369, 457, Hydrat. Oxydschicht 849, 863-867
633 Hydride 63, 92, 106, 109, 193
Formfüllungsvermögen 178-180, 190
Inhibitoren 851
Formierschichten 857
Inkohärente Ausscheidungen 504, 711
FRAENKEL-Effekt 452 Innere Spannungen 123-127, 376, 531,
FRANK-READ-Quellen 221, 247-248, 722,812
504 Isometgießen 163
FRENKEL-Paar 204 Isothermes Strangpressen 763
Isotropgießen 164
Galliumzusatz 353, 525
Galvan. Korrosion 872-874 Kadmiumzusatz 363, 707, 708
Gasausscheidung 56, 73-89, 95, 150, KaltschweißsteIle (Strangguß) 147, 148
182-184 Kaltverformung (s. a. Plastische Ver-
Gasgehalt, s. Wasserstoff formung)
Gießen von Gußlegierungen 170-193 -, Einfluß auf die Aushärtung 451,723
- von Knetlegierungen 114-170 bis 728
Gitterfehler 202-235, 240-248, 448, -, Einfluß auf physikaL oder mechan.
489-504 Kennwerte 524, 553-556
Gitterkonstante 374-377, 442, 512, 582, -, Einfluß auf Texturen und Zipfelbil-
671,719 . dung 389-399, 415
Glänzen 86, 249, 618-620, 632, 648, -, Entstehung von Leerstellen 212,218,
659, 681, 866 247
Gleichmaßdehnung 551,558 -, Entstehung von Versetzungen und
Gleitebene. Gleitrichtung, Gleitsystem Subkörnern 221, 223, 247, 251
223,228,257-288 - unter technischen Bedingungen 290
Gleitspuren (Gleitstufen, Gleitbänder, bis 294
Gleitlinien) 243, 244, 265, 266-267, Kaltverformungstexturen 389-399
274,280,283,299,300,502,669 Kalziumzusatz 8, 185,347,352,364
Globulitisches Gefüge 33 Karbide, Blasenbildung 96
Glühtextur 399, 410 -, Kornverfeinerung 27, 28, 32
Glühverfärbung 665, 699 Kathodischer Schutz 747
Goldzusatz 781 Keimbildung (Ausscheidungsvorgänge)
Großwinkelkorngrenzen 208, 307, 403, 444, 452, 499
411,624 Keimbildung (Erstarrung) 11-32
GUINIER-PRESTON -Zonen 236,281-283, Kerben 150, 547, 559, 589-596, 834
428, 439, 458, 464-476, 529, 542, Kerbschlagzähigkeit 547, 758
711 KEsTERNIcH-Test 843
Sachverzeichnis 895

KIRKENDALL-Effekt 541 Krusten (beim Gießen) 30, 148, 166, 167,


Klettern (von Versetzungen) 206-219, 688
225-236, 245, 247, 315, 411, 669 Kupfer (Vergleich zu Aluminium)
Kleinwinkelkorngrenze 208 (s. a_ Sub- -, Texturen 398, 410-413
korngrenze) - , Versetzungen, plastische Deforma-
Knickband 267 -268 tion 215,219,227,293
Kobaltzusatz 348, 448 Kupfergehalt oder -zusatz 4, 25-29,
Kohärente Ausscheidung 281, 428, 436, 348, 363, 609, 613, 615-631, 637,
468, 504, 711 658, 701, 762, 768, 781, 806
Kokillenguß (Blockguß)
• Erstarrungsgeschwindigkeit 114 Lackverankerung 702, 853, 863
, Nachteile 47, 54, 115, 715, 716 Längenänderung
. Rekristallisation und Texturen 353, --, Aushärtung 440, 441
400, 406-413, 422 -, Beeinflussung durch Leerstellen 209,
Kokillenguß (Formguß) 19, 173, 189 669
Kolben, Kolbenlegierullgen 564,803 bis - , Formguß 809
810, 830, 837 LAvEs-Phase 483
Koordinationszahll, 512, 522 Leerstellen, Leerstellenagglomerate 2, 77
Korngrenze 220, 543, ß17, 624, 645, bis 89, 203-20ß, 209-212, 233, 240,
Gi2-U7R, ß98, 742, 883 298-315, 371, 376, 448-451, 460
- , Aufbau 208, 245, 253, 4ß3, 503 bis 4ß4, 490 -503, 522-524, 539
, Einfluß auf die plaRt. Verformung bis 541, 584, 636, 64.5, 669, 713, 883
269-279 I Legierungsverfestigung 232 - 238, 279
, Gußgefüge 38, 5ß bis 288
Korngrenzendiffusion 543, 544 Lithiumzusatz 185, 348, 613, 707
Korngrenzengleitung 296, 497 Lochfraß ("Pitting") 649, 702, 789, 874
Korngrenzenkriechen 295 - 297 bis 876
Korngrenzenverschiebung 253, 307, 3ß6, Lokalelement 872
368 LOMER-COTTRELL-Versetzung 220, 273
Korngröße Lösungsglühen 427, 463, 718-721, 762
, Einfluß auf physik al. und mechan. bis 770, 775, 791, 811
Eigenschaften 544, 598 LÜDERs-Bänder 285
--, Einfluß auf plastische Deformation Luftoxydhaut 843-848
274-276, 285-287 Lunker 154-158, 180-184, 190
--, Ermittlung 377 -379
Magnesiumzusatz 4, 25, 319, 348-351,
, im Gußgefüge 13-32, 41, 127, 139,
363, 441, 533, 541, 612, 631, 695 bis
158, 161
700, 713, 800, 806, 876
Kornseigerung 38-48, 54, ßßO, 759
Magnetfeld 532
Kornverfeinerung (Gußgefüge) 11, 13
Manganzusatz 345, 351, 352, 363, 533,
bis 32,173-192,807
554, ß10, 612. 6.53, 65ß, 667, 668,
, Bewegung oder Vibration der
680, 699, 71.5, 736, 754, 758, 762,
Schmelze 17-21
768, 772, 781, 782, 789, 800, 807,
- , Eigenkeime 13-24
876,877,879
--, Fremdkeime11, 24-32, 173, 179, 192
Materialprüfung 547
--, Überhitzung der Schmelze 14-16
MAT'l'IlIllSSENsche Regel 517, 522, 523,
Korrosionsprüfung 842 52.5
Korrosionsverhalten 331, 597, ß34, 648, MBV -Schicht 863, 866
675, 701, 740, 7ß7, 781, 797, 836, Mechan. Eigenschaften 547 - 600
840-884 s. a. 1<'estigkeitswerte
Kriechen 208, 228-232, 294-298, 571 Mehrfachgleitung 273-279, 281, 313
bis 584, 810, 831-833 Messingtextur 393
Kritischer Reckgrad 334, 337, 666 Metastabile Mischungslücke 437, 531
896 Sachverzeichnis

Metastabile Phase 432, 456 Physikalische Eigenschaften 2, 375, 429,


Microbeam-Technik 378 453-455, 511-544, 632, 667, 689.
Mikrohärte 316, 321-322, 746, 759 769, 774, 817, 835
Mikrosonde 49 Pitting s. Lochfraß
Mischkristall, Gitterkonstante 376 Plastische Verformung 213, 216, 218,.
-, übersättigt 427,463 221-228,248,257-303,315
Mischungslücke 437,475 Plattierschicht 543, 596, 648, 680, 70~,.
Molybdänzusatz 11, 348, 351, 448 732-748, 790, 874
Platzwechselfrequenz 471, 490
Nachspeisung 154-158, 180-184 Polygonisation 208, 219, 230, 250, 308.
Natriumgehalt oder -zusatz 309, 312, 318, 370, 613, 625
-, Erholung, Rekristallisation 615 Poren, Porosität 73-87,150-154,157.
-, Schmelzen, Erstarren, Hydrid- 171, 182-184, 233, 298, 523, 559,
bildung 92, 93, 96, 101, 108, 193 584, 596, 639
-, Veredelung von AlSi 8, 182, 184 bis PORTEVIN-LE CHATELIER-Effekt 235
193 Potential (elektrochemisches) 512, 635,
-, Warmrissigkeit von AlMg 659-662 678, 742-750, 788, 790, 845-884-
Nichtoktaedergleitung 274, 283,398 Preßeffekt 554, 599, 733-737
Nickelzusatz 92, 348, 448, 610, 807 Preßtexturen 389
Nieten 596, 797 Primäre Rekristallisation 333,335-360.
Nitride 96, 661 366
Primärkristalle (Gußgefüge) 166-168,
Oberfläche (des festen Aluminiums) 170
Einfluß auf
Diffusion 543 Querdehnung 738
Festigkeitswerte 331, 596 Quergleitung ("cross slip") 219, 227.
Metallphysika!. Phänomene 81, 228, 231, 243, 267, 398
242-248,868
Plast. Deformation und Textur 269, Reckalterung 276, 281, 287
279, 388, 391, 868 Reflexionsvermögen 633
Rekristallisation 370 Reibbeanspruchung 597
Oberflächenspannung (der Schmelze) 10, Reinaluminium 638-650
51,179 -, Erholung und Rekristallisation 314.
Oberflächentextur 388-391 322-363, 558
Orientierungsbeziehung (bei der Re- -, Erstarrung, Gußgefüge 16, 18, 19,
kristallisation) 355, 402 30,44,45,53,76,120
Oxydgehalt, Oxydeinschlüsse 57, 638, -, Korrosionsverhalten 331,648,879
738 -, Physika!. und mechanische Eigen-
-, Bestimmung 94 schaften 511, 516, 520, 533, 553,
-, Einfluß auf H 2 -Gehalt 93 557-570,572-574,647
-, Einfluß auf mechanische Eigenschaf- -, Plastische Verformung 156, 235
ten 97,738 -, Texturen 380-412
-, Verringerung durch Reinigung der -, Zipfelbildung 412-424
Schmelze 103-113 Reinstaluminium 603-637
Oxydschichten auf festem Aluminium -, Erholung, Rekristallisation 231, 308
70,539,597,636,843-857 bis 322, 356, 607 -631
- auf der Schmelze 3, 70, 100 -, Korrosionsverhalten 879
-, Physika!. und mechanische Eigen-
Penetration (der Schmelze) 9 schaften 210, 511, 522, 553, 632
Perlschnurgefüge (AlMg) 674 -, Plastische Verformung, geknetetes
Phosphide 96 Gefüge 226,229,262-279
Phosphorgehalt 192, 807 -, Subkörner, Substrukturen 231,242,.
Photogrid-Methode 271 249-253
Sachverzeichnis 897

Reinstaluminium Seigerung
--, Versetzungen 231, 243, 245, 246, - , Beseitigung durch Glühung des Guß-
625, 630 - gefüges 63-65
.Rekristallisation 31:3, 316, 319-371, -, Kornseigerung 47-50
607, 664-667, 696--700, 731, 776, -, Seigerung unter der Gußhaut 143
796, 827 bis 164
in "situ" 332, 370, 4-0:3 -, Umgekehrte Blockseigerung 135 bis
Rekristallisationsdiagramm 336, 614 142
Hekristallisationstextur :399, 401, 410, Seigerungssubstruktur 220, 249, 618 bis
412, 414, 662 620
Ikstschmelze49-62, 133, 134, 161-1i57 Sekundäre Rekristallisation 333, 360
Rißhildung, Geknetetes Gefüge 283, 298, bis 363,368
301, 669, 699, 661, 884 Selbstdiffusion 230, 309, 539, 640
--, Stranggußgefüge 126-128,160,291 Sequenz-Theorie 436, 479
Siedepunkt 512
R-Lage 391, 399, 404, 406
Silberzusatz 448, 612, 781
Rohaluminium 638
Siliziumgehalt oder -zusatz 25,127,166,
Röntgendichte 375
318, 346, 351, 362, 420-422, 633,
Röntgenfeinstruktur-L'ntersuchung 309,
613, 616, 649, 656, 688-ß91, 713,
313, 334, :n4-380, 466
7i57, 789, 806
Rückbildung 434, 446, 450, 462, 466, Sinterbandwalzen 116, 663
477,483,631,729, 778-780 S-Lage 388, 390, 403, 405
Rück)flühen, s. Entfestigung u. halb- Spannungs-Dehnungs-Diagramm 648
hartes Material Spannungskorrosion 667,669,676 bis681,
770-774,782-788, 798,880bis884
Salze, Salzbehandlung 106--110, 113, SpeiseI' 181
185 Sperrschicht 844-8ß3
Salzsprühversuch 842 Spez. Wärme 2, 512
Sandguß 172, 173, 189 Spiralabguß 178
S. A. P. 644, 818-837 Standfestigkeit 571-584
-, Anwendungen 837 Stapelfehler 206-207, 214-215, 234,
-. Eigenschaften 827 -836 244-, 398,477, 501
-, Festigkeitswerte 832-836 Stengelkristalle 33, 139, 159
-- , Korrosionsverhalten 836 Stoßglühen (Durchlaufglühen) 326, 326,
Schertextur 396 339,415,622,663,695-699
Sehlackentrübe 192-193 Strangguß
Schmelze, PhysikaL Eigenschaften 2, 12, -, Auswirkungen auf d. geknetete Ge-
38,522 füge 525, 642, 660, 715, 716
--, Reinigung von nichtmetaUischcn --- ,Auswirkungen auf Texturen und
Verunreinigungen 97-113 Zipfelbildung 400, 406-413, 422
Schmelzpunkt, Schmelzwärme 2, 38, ---, Gießtechnik 117 -128
512 -, Untersuchungen am Gußgefüge 47,
Schmieden 97, 569, 699, 718, 774, 797, 128-170
824 Strangpressen, Strangpreßprofil 289,
Schraffnrätzung 387 293, 317, 569, 599, 660, 718, 733 bis
Schräge Würfellage 399 738, 755, 763, 774, 782, 824
Schut".:gas (Glühatmosphäre) 325, 664, STRAUBE-PFEIFFER-Test 67, 104, 113
7tH, 853 Streckfiguren ("Fließfiguren"), 285 bio
Schutz schichten 697, 8i57 -866 287,6ß9
Schweißen, Schweißnaht 91, 97, 596, Streckgrenze 54-9
681,682,701,783,797,826 Streckgrenzeneffekt 234, 276, 284-287,
Schwindmaß 512 669
898 Sachverzeichnis

Striemen (Gleitbänder) 268 Verformung, s. Plastische Verformung


Subkörner, Subkorngrenzen Verformungsgeschwindigkeit 224, 293,
- im Gußgefüge 42, 43 559, 564, 569
-, entstanden durch Verformung oder Verformungstexturen 413
Erholung 208, 231, 241, 248-253, Versetzungen 205-209, 213-235, 240
293, 297, 307, 313-318, 321-322, bis 253, 257, 265. 302, 308, 309, 379,
334,377-379,617,625 496-505, 522, 523, 617, 625, 630
Substruktur 220, 249, 264, 617 -620 Versetzungsdichte 212, 221, 232, 334,
Sumpf tiefe (Stranggießen) 119-121,127 378,411,497,499
Supraleitung 521 Versetzungsringe 211, 217, 220, 236,
SUzuKI-Verankerung 233 244,246,460-462,472,502
Versetzungswendeln 247, 464, 472, 501
Tannenbaumgefüge (Zonen mit ange- Vielkristalle (Verhalten bei plast. De-
reicherter Restschmelze) 129 formation) 273-279
Telegas-Analyse 64 Viskosität der Schmelze 1-11, 101
Texturen 368, 380-412, 413, 552 Volumenschrumpfung (bei der Erstar-
-, Beschreibung von Texturen 387 bis rung) 140-142, 180
396 Volumenzunahme "fest.-+flüssig" 2, 512
-, Darstellung 381-384
-, Definition 380 W achstumsa uslese (Rekristallisa tion)
-, Messung 384-387 253,355,402-405,409,412
-, Theoretische Ansätze 396-412 Wachstumsmarken (im Gußgefüge) 43
Thermokraft 430, 431, 444, 512, 623, bis 45
672 Walztextur 253, 383, 393, 410
Thermopits 81, 82 Wärmeausdehnung 376, 512
Tiefziehen 547,664,732,739 Wärmeleitfähigkeit 512
Titan (Bindung v. Wasserstoff) 109 Wärmetönung (Erholung, Rekristallisa-
Titanzusatz 4, 8, 11, 346-348, 351, tion) 308, 623
527, 533, 800 Warmfestigkeit 560-570, 707, 738, 807,
-, Kornverfeinerung (Gußgefüge) 25 809, 816
bis 32, 40, 109, 807 vVarmschlagzerreißversuch 662
Torsionstexturen 396 Warmverformung 262, 289-293, 316
Torsionsversuch 570 bi~ 317, 570, 660-662, 716
Trikristalle 271 Warmverformungstexturen 388
Tütengnß 115, 142, 159 Warmwalzen, Warmwalztemperatur
289,315,569,717,825
Überalterung 428 -, Einfluß auf Erholung und Rekristal·
Überhitzung (der Schmelze) 8, 14-16 lisation 328-331, 336, 357 -363
Überschießen 261, 398 -, Zipfelbildung 414-423
Überstruktur 481,482 Warmwalzplatte, Korngefüge 289
Ultraschall 19, 63, 110, 316, 453, 639 -, Textur 388
Umgekehrte Blockseigerung, s. Seige- Wasserstoff, Wasserstoffgehalt 58-113.
rung 638
Umgekehrtes Abschrecken 723 -, Abscheidung in Poren und Kanält'n
Umschmelzlegierungen 800 73-86,182-184
Unterkühlung (der Schmelze) 12,15,16, -, Bestimmungsverfahren 63-69
21, 35-37, 186 -, Diffusion 69-72, 90-92,540
-, Einfluß auf Eigenschaften und Ge-
Vanadinzusatz 347, 348, 351, 422; 533, fügeumlagerung 97, 348, 349, 682
770,782 Wechselfestigkeit 585-600, 738
Veredelung (von AISi) 7, 184-193 Wechseltauchversuch 740, 842
Verfestigung 225-228, 261-262, 276 Wechselverformung 298-302
bis 281 Weichglühen, s. Rekristallisation
Sachverzeichnis 899

WIDMANSTÄTTENsche Struktur 740 Zirkonzusatz 11,27, 109, 110, 348, 351,


Wismutzusatz 659, 661, 662, 708 352, 527, 734
Wolframzusatz 11, 348, 612 Zonenschmelzen 43, 142, 607
Würfellage 381, 399, 403, 405, 412, 413 Zugversuch 225, 279, 548-559
ZwiIlingsbildung. ZwiIlingsgrenzen im
Y-Legierung 707, 804, 808, 833 Gußgefiige 42, 159-161
- im verformten Gefüge 215, 221, 262,
Zeitstandfestigkeit, Zeitstandkriech- 293, 368
grenze 572, 573 Zwischenglühung, Einfluß auf Ent-
Zellengrenze (im Gußgefüge) 39-43 festigung und Rekristallisation 327,
Zerreißkurve 549 328, 338, 359
Zinkzusatz 4, 348,533,610,612,701,761 -, Einfluß auf die Zipfelbildung 416
Zinnzusatz 8, 707 Zwischenphase 443, 456-480, 504
Zipfelbildung 322, 329, 409, 412-424 Zyklische Texturen 401
Berichtigung
S. 18, Legende zu Abb. 15, 1. Z.: lies "Geätzter Querschnitt durch einen
Reinaluminium·Rundbarren, bei dessen Erstarrung ... ".
Die Angabe ,,= 1 :3" stellt die Verkleinerung der Abbildung dar.
S. 61, 8. Z. v. 0.: statt ,,0 = + 1356" lies ,,0 = + 1,356".
S. 159, Abb.120: Die an den Teilbildern stehenden Buchstaben a und b
sind zu vertauschen.
S. 250, 14. Z. v. 0.: lies "Weitere Angaben über die "Seigerungssubstruktur"
s. S. 618".
S. 384, 20. Z. v. 0., Gleichung: statt <X lies d.
S. 398, 19./20. Z. v. 0.: lies "An Einkristallen von Messing ... ".
S. 415, Legende zu Abb. 334: hinzufügen "Schraffierter Bereich = zu·
lässige Zipfelhöhe" .
S. 439, Legende zu Abb. 359: statt e lies e'.
S. 689, Tab. 81,4. Z. v. u.: statt ,,2,7.10-3" lies ,,2,7.10-3 1/grd".
S. 715, 3. Z. v. u.: statt "homogeneres Gußgefüge" lies ,,(homogeneres
Gußgefüge)".
S. 819, 6. Absatz: "Nach Drucklegung des Werkes hat die ALUSUISSE
die Einstellung der Produktion von S.A.P. beschlossen".
S.824, 11. Z. v. u.: lies "Abb. 636 zeigt ein durch Gesenkschmieden her·
gestelltes Aufladegebläserad vor der spanenden Fertigbearbeitung" .

Altenpohl. Aluminium

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