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Der „White Cube“ als Präsentationsraum von Kunstwerken


wird immer wieder in Frage gestellt – von Architekten, die
anderes wollen als weiße Entrückung, und von Künstlern,
die eine gewisse Reibungsfläche zu schätzen wissen. Wel-
che Möglichkeiten bietet ein pragmatischer Minimalismus?

Kein Auratisieren
New Museum, New York City: SANAA
Kritik: Hubertus Adam Fotos: Christian Richters

Die Zeit der „Bowery Bums“ Kunst oder keine Kunst – diese Frage vermochte in den siebzi- Vielleicht liegt es an der neuen institutionellen Konkurrenz,
scheint vorüber. Der Um-
ger Jahren noch Kontroversen auszulösen. 1977 führte der Ek- vielleicht an der geringeren Resonanz, die kritische Positionen
zug des New Museum vom
Broadway in den Neubau von lat um eine Soloschau von Richard Tuttle dazu, dass das Whit- in der Gegenwart finden: In den letzten Jahren ist es ruhiger
SANAA ist nur ein Zeichen ney Museum in New York seine junge Kuratorin für Malerei geworden um das New Museum. Doch die im vergangenen
dafür, dass der Wandel der be-
rüchtigten Straße begon-
und Plastik entließ. Noch im gleichen Jahr gründet die umtrie- Jahr verstorbene Marcia Tucker hat die wichtigste Entschei-
nen hat. Zur Eröffnung des bige Marcia Tucker das „New Museum of Contemporary Art“. dung für die Zukunft der Einrichtung in die Wege geleitet,
Museums hat der Schweizer Mehr als ein Büro, von dem aus Ausstellungen organisiert nämlich den Umzug in einen auf die eigenen Bedürfnisse ab-
Künstler Ugo Rondinone den
Kommentar „Hell, Yes!“ in wurden, war zunächst nicht vorhanden. Bald indes konnte die gestimmten Neubau. 2002 fiel die Entscheidung, die nur be-
Regenbogenfarben an der Fas- neue Institution, welche das Gegenmodell zu den behäbigen dingt für eine Präsentation zeitgenössischer Kunst geeigneten
sade befestigt.
Kulturinstitutionen darstellte, eigene Räume beziehen: zu- Räume am Broadway zu verlassen und neue an der Bowery zu
Lageplan im Maßstab 1:5000 nächst an der Fifth Avenue, dann in SoHo, am Broadway auf errichten. In einem Architekturwettbewerb unter sechs einge-
Höhe der Prince Street. Die späten siebziger und die achtziger ladenen Büros konnte sich das in Tokio tätige Team SANAA,
Jahre, das war die große Zeit des New Museum: Damals gab es das seinerzeit noch kein Gebäude in den USA errichtet hatte,
noch kein P.S.1, die Dia Art Foundation war gerade erst ge- gegen Abalos & Herreros, Adjaye Associates, Gigon/Guyer und
gründet worden, und das New Museum übernahm eine Pio- Reiser + Umemoto durchsetzen. Am 1. Dezember 2007 wurde
nierrolle für die Vermittlung von Gegenwartskunst in New der Neubau eingeweiht.
York. Künstler wie John Baldessari oder Jeff Koons wurden Das alte und das neue Domizil sind letztlich nur fünf
hier vorgestellt, bevor sie zu Weltstars avancierten. Entschie- Blöcke voneinander entfernt. Doch SoHo und Bowery galten
dene Gegnerin eines L’art pour l’art, förderte Tucker den theo- lange als zwei getrennte Welten. Dass die Bowery – die ihren
retischen Diskurs, widmete sich dem Feminismus und unter- Namen der „boerderij“, also dem Gutshof von Peter Stuyvesant
stützte den Kampf gegen Aids, als die politisch Verantwortli- verdankt – um 1800 vornehmste Wohngegend und Kultur-
chen noch im Schweigen verharrten. meile der Stadt war, geriet im späten 19. Jahrhundert in Verges-
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Blick aus dem Foyer in die ge- senheit, als ihr Fifth Avenue und Broadway den Rang abliefen. Bond“, den Herzog & de Meuron für Ian Schrager errichtet ha-
genüber mündende Prince
Den Todesstoß versetzte der Straße eine inzwischen demon- ben. Als Sichtschutz für die exquisiten Wohnungen im Erd-
Street. Das reduzierte Mate-
rial- und Farbkonzept, das das tierte, auf Pfeilern geführte Eisenbahntrasse in Fortsetzung geschoss dienen gegossene Metallgitter, deren Form und Ge-
Gebäude prägt, kündigt sich der Third Avenue. Wer dem Niederschlag aus glühender Koh- stalt von Graffiti abgeleitet wurde: Subkultur ist zum Orna-
schon im Eingangsbereich an.
In den Nebenräumen erwar-
le und Öl ausweichen wollte, mied das Areal. So wurde die ment erstarrt. Von der Immobilienkrise, die gegenwärtig die
tet den Besucher eine gestal- Bowery zum Inbegriff des Elendsviertels. Die Kehrseite der ur- Vereinigten Staaten erschüttert, scheint Manhattan verschont
terische Überaschung mit amerikanischen Vorstellung, jeder sei seines Glückes Schmied, zu bleiben.
ornamentalen Glasmosaiken.
Rechte Seite: Wer nicht den war hier erlebbar. Für die Architekten Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa
Aufzug, sondern die Treppe be- Ein Erfolg der umstrittenen Zero-Tolerance-Politik der vom Büro SANAA bestand die Herausforderung darin, das
nutzt, um von einem Ausstel-
Stadtverwaltung mag sein, dass es unterdes an der Bowery Raumprogramm der Auftraggeber und die New Yorker Bau-
lungssaal in den nächsten zu
gelangen, erlebt den extremst nicht mehr Obdachlose gibt als anderswo in New York. Etwas vorschriften in Einklang zu bringen – und das auf einer Par-
dimensionierten Raum des widerspenstig ist das irgendwo zwischen Little Italy, China- zelle von nur gut zwanzig Metern Breite, die rechts und links
Museums.
town, East Village und SoHo gelegene Gebiet gleichwohl ge- von Nachbarhäusern eingekeilt ist. Die Idee eines in die Höhe
blieben. Doch auch hier hat an der Ecke East Houston Street sich entwickelnden Museums lag nahe, und SANAA arbeite-
mit einem ersten Block von Luxuseigentumswohnungen das ten mit dem Bild übereinandergestapelter Boxen. Dass Wil-
reiche Manhattan Einzug gehalten. Dieser Problemlage muss liam Lescaze um 1930 für das kurz zuvor gegründete MoMA
sich auch das New Museum stellen: Es kämpft mit künstleri- verschiedene Varianten zu einem Turm geschichteter Ausstel-
schen Mitteln gegen Phänomene wie die Gentrifizierung – lungssäle entworfen hatte, dürfte dem japanischen Büro kaum
und leistet dieser doch unweigerlich durch seine Präsenz und entgangen sein. Allerdings schichteten die Architekten nicht
durch sein Publikum Vorschub. Geht man die Bowery etwas Boxen gleichen Zuschnitts übereinander, sondern reduzierten
nach Norden und biegt dann in die Bond Street ein, so steht die Grundfläche von Geschoss zu Geschoss. Damit reagierten
man vor dem ebenfalls gerade fertiggestellten Neubau „40 sie auf die strengen Bauvorschriften Manhattans und ver-
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Architekten
SANAA, Tokio/Kazuyo Sejima +
Ryue Nishizawa, mit Gensler,
New York City

Mitarbeiter SANAA
Florian Idenburg, Toshihiro
4 5 6
Oki, Jonas Elding, Koji Yo-
shida, Hiroaki Katagiri, Javier
Haddad, Erika Hidaka, Fenna
Haakma-Wagenaar, Tetsuo
Kondo, Taeko Nakatsubo

Mitarbeiter Gensler
Madeline Burke-Vigeland, 3.OG 4.OG 5.OG
William Rice, Karen Pedrazzi,
Kristian Gregerson, John
Chow, Will Rohde, Sohee
Moon, Christopher Duisburg
4
Tragwerksplanung
SAPS Sasaki and Partners,
Tokio, mit Guy Nordenson and
3
Associates, New York City

Bauherr
Zubatkin Owner Representa-
tion, New York City
2 4 4

Das gestaffelte Volumen des 1


Gebäudes ermöglicht schmale
Oberlichtbänder an den Sei-
ten der Ausstellungssäle,
deren Lage von Geschoss zu EG 1.OG 2.OG
Geschoss wechselt.

Grundrisse im Maßstab
1:500

schafften dem Gesamtvolumen zugleich eine einprägsame Sil- 1 Kasse


2 Buchladen
houette – was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass diese als Logo
3 Cafeteria
für das Museum Verwendung gefunden hat. Durch eine Mit- 4 Ausstellung
telachse, die in leichtem S-Schwung in die Höhe führt, wirkt 5 Education Center
6 Verwaltung
der Baukörper eher wie ein labiler Kistenstapel und weniger
wie ein Gebäude.
Das New Museum umfasst insgesamt neun Ebenen. Vom
Eingangsgeschoss aus, das sich mit seiner Glasfront zur
Bowery hin öffnet und neben der Kassenzone einen Bookshop,
ein Café und einen kleinen Ausstellungsbereich umfasst, ge-
langt man nach unten zum weiß ausgekleideten Auditorium
mit knapp 200 Sitzplätzen und nach oben in die drei Ge-
schosse der Galeriesäle. Es folgen das Education Center im
vierten Obergeschoss, die Verwaltung, ein für Sponsoren-
events nutzbarer Multifunktionssaal mit vorgelagerten Ter-
rassen und zuoberst das Technikgeschoss mit den obligato-
rischen Wassertanks. Als Puffer zwischen öffentlichen und
internen Bereichen fungiert das Education Center. „The Mu-
seum as Hub“ ist die zwischen dem New Museum sowie dem
Insa Art Space (Seoul), der Townhouse Gallery (Cairo), dem
Van Abbemuseum (Eindhoven) und dem Museo Tamayo Arte
Contemporáneo (Mexico City) vereinbarte Zusammenarbeit
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Dem Veranstaltungssaal im betitelt. Erstes Resultat der Koproduktion ist eine Ausstellung die Architekten gerade nicht dem Ästhetizismus des „White
6. Obergeschoss sind nach Sü-
den und Osten Terrassen mit
zum Thema „Neighbourhood“, in der unter anderem die Ge- Cube“ und der damit verbundenen Strategie der Auratisierung
Blick auf Downtown Manhat- schichte der Bowery thematisiert wird. huldigen. Alle Geschosse des Museums, das eigentlich von je-
tan vorgelagert. Das Konzept der Stapelung von Boxen mit leicht trape- her eher wie eine Kunsthalle funktioniert, sind unterschied-
Die Streckmetallhülle sollte
nach dem Willen der Architek- zoidem Grundriss bietet mehrere Vorteile. Zum einen gelingt lich: Die Saalhöhen wechseln, und der Lift- und Treppenblock
ten nicht wie ein kommerziel- es, ein Volumen von erheblicher Höhe in die kleinteilige Bau- steht auf der unteren Galerieebene mitten im Raum, im Saal
les Fassadensystem, sondern
struktur einzupassen, zum anderen werden die unterschiedli- darüber an der Seite. Die Konstruktion des Stahlskelettbaus
„unengineered“ wirken, da-
mit sie sich besser in die raue chen Raumbereiche an der Fassade erkennbar – ganz abgese- wird nicht wie anderenorts mit Gipskartonplatten verkleidet,
Umgebung einfügt. hen davon, dass die Idee des Setback-Hochhauses eine zeitge- sondern ist an der Decke deutlich erkennbar.
nössische Neuformulierung erfährt. Durch das schrittweise Die Fassaden sind ringsum mit Aluminium-Streckmetall
Schnitt im Maßstab 1 :500
Zurückweichen der Geschosse bleibt aber auch Platz für Ober- überzogen. Je nach Lichteinfall und Entfernung verändert das
lichter in den Ausstellungsebenen. Grundsätzlich geschlossen Gebäude somit seine Erscheinung. In den Dezembertagen, da
und durch Leuchtstoffröhren künstlich beleuchtet, werden der erste Schnee sich sachte über die Stadt senkte, wirkte es
die verschieden proportionierten Säle an unterschiedlichen von Weitem beinahe wie eine Fata Morgana; als hätten die
Seiten durch natürliches Licht erhellt: zuunterst im Süden Bauarbeiter das mit einer Plane verkleidete Gerüst nicht ent-
und im Westen, dann im Süden und im Norden, schließlich fernt. Aus der Nähe hingegen gewinnt das Volumen an Prä-
nur im Osten. senz und Wucht. Mit dem Glass Pavilion in Toledo/Ohio (Heft
Sejima und Nishizawa haben mit rauen Betonböden und 44.2006) und dem New Museum haben SANAA zwei der wich-
weißen Wänden neutrale Ausstellungsräume geschaffen, le- tigsten zeitgenössischen Museumsbauten in den USA reali-
diglich die bunten Glasmosaikfliesen, die grellgrünen Auf- siert. Während die etablierten Institutionen auf lange schon
zugskabinen und die mäandrierenden Vorhänge im Education etablierte Namen setzen, sind die auf zeitgenössische Kunst
Center setzen farbliche Akzente. Es ist aber wohltuend, dass spezialisierten Ausstellungshäuser zu Experimenten bereit.

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