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32 Thema Dokumentationszentrum Bergen-Belsen Bauwelt 46 | 2007 Bauwelt 46 | 2007 33

Archiv und Wegbegleiter


Dokumentationszentrum Bergen-Belsen: KSP Engel und Zimmermann Architekten
Kritik: Nils Ballhausen Fotos: Klemens Ortmeyer

Gedenkorte und Informations- Orte des Konzentrationslagers, von denen Reste von Bauten des Lagers, die heute
einrichtungen: keine baulichen Strukturen mehr vor- noch vorhanden sind (Auswahl):
handen sind (Auswahl):

A Obelisk und Inschriften- E Dokumentations- und J Krematorium N Fundamente von Häftlings-


wand (1947) Informationszentrum K Appellplatz des Stern- baracken
B Polnisches Holzkreuz (1990) lagers O Löschwasserbecken
(1945) F das neue Dokumenta- L Eingangstor zum Häft- P Fundamente eines Wach-
C Jüdisches Mahnmal tions- und Informations- lingsbereich turms
(1945) zentrum (2007) M Lagerhaupteingang Q Fundamente der Entlausungs-
D eines von insgesamt elf G „Haus der Stille“ station
Massengräbern (2000) R Sichtschneisen
H „Ort der Namen“
(in Planung)

Das neue Dokumentationszentrum in Bergen-Belsen ist auf flexibel genug, um einander zu ergänzen. Der knapp 200 Meter Der Platz, der sich zwischen
dem Neubau und den Altbau-
der Homepage seiner Architekten zwischen der Chinesischen lange Baukörper ist geschickt in die Schneise einer ehemali-
ten aufspannt, wurde nach
Nationalbibliothek und dem Geldmuseum der Deutschen Bank gen Landstraße gesetzt, die durch das Lager unterbrochen wor- Anne Frank benannt, die wie
einsortiert, Abteilung: Museen und Kulturbauten. Als das Un- den war. Der „Steinerne Weg“ aus Sichtbeton, der diese Straße viele andere über Auschwitz
nach Bergen-Belsen kam.
ternehmen KSP Engel und Zimmermann Architekten im Jahr heute nachzeichnet, war bereits Bestandteil des preisgekrön-
2003 den internationalen Realisierungswettbewerb gewann, ten Freiraumkonzepts und wurde für die Fusion mit den Ar- Masterplan im Maßstab
war das für manchen eine Überraschung, brachte doch die in chitekten verschwenkt. Er führt nun, ausgehend vom neu ge- 1 :10.000
© sinai GmbH und Stiftung
den neunziger Jahren verstärkt aufkommende Bauaufgabe stalteten Vorplatz, auf das Gebäude zu, durchzieht es, weitet
niedersächsische Gedenk-
„Gedenkstätte“ oft künstlerisch-experimentelle Architekturent- sich durch einen Versprung zu einem Hof auf und führt die Be- stätten
würfe hervor, deren Realisierung sich unter den knappen Bud- sucher anschließend auf das ehemalige Lagergelände. Diese
gets hin und wieder als kompliziert erwies. Weltweit aktive Verschränkung von Weg und Gebäude überzeugt. Sie lässt den
Großbüros hatten lange Zeit anderes zu tun. Besuchern die Wahl, ob und wie viel von dem Informationsge-
„Bergen-Belsen ist ein internationaler Ort“, sagt Bernd Bu- päck, das im Haus bereitgehalten wird, sie auf das frei zugäng-
semann, der niedersächsische Kultusminister und Vorsitzende liche Gelände mitnehmen wollen.
der „Stiftung niedersächsische Gedenkstätten“. Ein Ort, der In aller Kürze: Das Rüstungsprogramm des NS-Staats
sechzig Kilometer nordöstlich von Hannover liegt und gut ins hatte der dünn besiedelten Heidelandschaft 1935 einen Trup-
Werkverzeichnis der Architekten passt. Die Braunschweiger penübungsplatz beschert. In einem Barackenlager, das zuvor
KSP-Niederlassung war mit den Hamburger Landschaftspla- für die am Bau der Kasernen beteiligten Arbeiter gedient hat-
nern WES in den Wettbewerb gegangen, wurde aber per Jury- te, interniert die Wehrmacht 1940 sechshundert Soldaten aus
beschluss mit dem ebenfalls erstplatzierten Berliner Land- Belgien und Frankreich. Nach dem Überfall auf die Sowjet-
schaftsarchitekturbüro sinai verheiratet. Beide Konzepte waren union treffen ab Juli 1941 die ersten von 20.000 Rotarmisten
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Architekten ein, das Lager wird erweitert, doch Unterkünfte fehlen. Mona- Wegen Seuchengefahr waren die Baracken nach dem Krieg ab- 1 Foyer
2 Cafeteria
KSP Engel und Zimmermann telang unter freiem Himmel eingepfercht, sterben 14.000 an geräumt worden, so dass authentische bauliche Spuren, abge-
Architekten, Braunschweig 3 Buchladen
Hunger, Kälte und Krankheiten. 1943 übergibt die Wehrmacht sehen von einigen freigelegten Fundamentresten, kaum zutage 4 Hof
Projektleitung einen Teil des Kriegsgefangenenlagers an die SS, die hier das treten. Die Massengräber mit ihren Epitaphen („Hier ruhen 5 Ausstellung
Ulrich Gremmelspacher Kriegsgefangenenlager
„Aufenthaltslager Bergen-Belsen“ für Juden einrichtet, die 5000 Tote“) sowie die Mahnmale der verschiedenen Opfergrup-
6 Filmraum
Tragwerksplanung gegen im Ausland internierte Deutsche ausgetauscht werden pen prägen das Gelände; hier und da trifft man auf individu- 7 Ausstellung
Wetzel & von Seht, Hamburg sollen. Ab 1944 werden Häftlinge aus anderen Lagern hierher elle Gedenksteine, die von Hinterbliebenen aufgestellt wurden. Konzentrationslager
8 Historisch-topografische
überstellt, und mit dem Eintreffen Zehntausender aus den Eine unwirkliche Szenerie. Die erste Friedhofsgestaltung der
Landschaftsplanung Information
sinai.Freiraumplanung und frontnahen Konzentrationslagern beginnt im Januar 1945 das fünfziger Jahre, die eher den Eindruck eines Landschaftsparks 9 Ausstellung DP-Camp
Projektsteuerung, Berlin Massensterben. Als britische Soldaten am 15. April das Lager entstehen ließ, wird in den nächsten Jahren durch einen Mas- 10 „Raum der Namen“
11 Archiv
befreien, offenbart sich ihnen ein Inferno. Die Filmaufnah- terplan korrigiert. Die ehemalige Hauptlagerstraße, auf die der 12 Bibliothek
Ausstellungsarchitekt
Hans-Dieter Schaal, Attenweiler men der Leichenberge, die mit Bulldozern in Massengräber ge- Steinerne Weg zuführt, ist nach Rodungen bereits wieder zu
schoben werden, gehen um die Welt und gelten heute wie erahnen, und mit dem räumlichen erschließt sich auch der
Bauherr
Stiftung niedersächsische
damals als ikonenhafte Zeugnisse des Holocaust. Mindestens funktionale Kontext des Lagers, die historische Bedeutung des
Gedenkstätten, Celle 52.000 Menschen kamen im KZ Bergen-Belsen um. Ortes wird damit wieder lesbar.

10 9
12 11

6
2 1 3 4 5 7 8

Der Eingangsbereich: Die beiden Teilen befindet sich


Zweiteilung des Gebäudes – ein Hof, von dem aus sich der
rechts geht es ins Foyer, wei- Weg zum Gelände fortsetzt.
ter hinten in die Ausstel-
lung – mag manche Besucher Grundrisse und Schnitt im
verwirren. Zwischen den Maßstab 1 : 1000
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Das Foyer mit den Serviceein- Dieter Schaal, unterstreicht den


richtungen ist durch den Weg nüchternen Charakter der Dau-
von der Dauerausstellung ge- erausstellung. In den Bodenvit-
trennt. Im Obergeschoss sind rinen sind Fundstücke vom Ge-
beide Teile miteinander ver- lände ausgestellt, die Stelen an
bunden. der Seite tragen Bildschirme,
Rechte Seite: Die Ausstellungs- auf denen Interviews mit Zeit-
architektur, konzipiert von Hans- zeugen gezeigt werden.
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Die nördliche Stirnseite er- Zurück zum Gebäude: Kenner der jüngeren Gedenkstättenar- tritt er nicht über Gebühr in Erscheinung, was überrascht. Die
hielt ein umlaufendes Visier,
chitektur entdecken Merkmale, die in dieser Gattung immer karge Riesenhaftigkeit ist keine hohle Replik auf menschliche
durch das der Blick auf das
Gelände ermöglicht wird. Der wieder vorkommen. Drei davon seien benannt: 1. Sichtbeton: Monstrosität, sondern das Resultat einer historisch verbürgten
„Steinerne Weg“ touchiert hier zweischalig ausgeführt, um rundum einheitliche Flächen Verkehrsachse – ein neu gefasster Weg, auf dem sich die Ge-
die alte Wegeführung (oben).
ohne ablenkende Hilfskonstruktionen zu erhalten. Die ver- danken frei bewegen können.
Jenseits der ehemaligen La-
gergrenze, die durch eine kehrsungünstige Lage des Bauplatzes machte die Anlieferung Weil das Gebäude so brauchbar ist, sind große Neue-
Schneise kenntlich gemacht von Spezialbeton unwirtschaftlich, die Architekten entschie- rungen verzichtbar. Oder verhält es sich umgekehrt? Sein In-
wurde, hebt sich der Baukör-
den sich für eine herkömmliche Brettschalung mit sichtbar neres jedenfalls ist durch den reichhaltigen und hervorragend
per vom Grund ab.
belassener Maserung und produktionsbedingten Unregelmä- strukturierten Inhalt geformt. Ein Beispiel: Die schwer zu er-
ßigkeiten. Eine angemessene Materialwahl, die fragwürdiges tragenden Filmbilder von der Lagerbefreiung sind in einen
Gezänk darüber, wie weiß oder scharfkantig Beton zu fertigen doppelgeschossigen Raum gebannt; niemand ist gezwungen,
sei, umgeht. 2. Schwebe-Metapher: Mit der nördlichen Stirn- sie zu betrachten. Dagegen verleiten die archivarisch dargebo-
seite überschreitet der Bau die Lagergrenze. Obwohl an dieser tenen Zeitzeugeninterviews, Zeichnungen und persönliche
Stelle weder die Totenruhe gestört noch ein Bodendenkmal Gegenstände zur Vertiefung. Im Obergeschoss schließlich ist
gefährdet ist, geht das Gebäude in den Liegestütz und kragt das letzte Kapitel aufbereitet: Bergen-Belsen als DP-Camp. Von
rund zehn Meter weit aus. Für den wichtigen Ausblick auf das 1945 bis 1950 dienten die ehemaligen Wehrmachtskasernen
Gelände wäre dies nicht erforderlich gewesen, als architektoni- als Unterkunft für die rund 12.000 Displaced Persons, die nicht
sche Geste und konstruktive Herausforderung war es offenbar in ihre Heimatländer zurückkehren wollten oder konnten
zu verlockend. 3. Monumentaler Minimalismus: Der Riegel und hier zum normalen Leben zurückzufinden versuchten:
wirkt wegen der flankierenden Vegetation von keiner Position mit Familiengründung, Berufsausbildung, Kultur und Politik.
aus einschüchternd. Auch vom Lagergelände aus betrachtet Der Neuanfang, nicht der Leichenberg, steht am Ende.

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