Die Frage der Christianisierung der Kroaten ist eine äußerst komplexe, die bis heute nicht
vollständig beantwortet ist. Es lässt sich aber mit großer Sicherheit sagen, dass es sich
hierbei um einen über Jahrhunderte langanhaltenden Prozess handelte.
Heidnische Kroaten haben den ersten Kontakt zum Christentum nach ihrer Zuwanderung im
7. Jahrhundert hergestellt. Zu jener Zeit lebte die einheimische christliche Bevölkerung nicht
nur in Küstenstädten und auf den Inseln, sondern auch in Enklaven im Hinterland. Eine
größere Anzahl von frühchristlichen Kirchen blieb erhalten. Dies alles deutet klar auf die
Intensität des Kontakts von Kroaten zum Christentum hin. Solche Beziehungen sind entlang
der Küste und in Istrien am meisten ausgeprägt, sie sind aber auch im ganzen kroatischen
Raum vorzufinden. Den Anreiz zur Verbreitung des Christentums unter den Kroaten gab das
organisierte Bestreben der römischen Kirche und des Byzantinischen Reiches im 7. und 8.
Jahrhundert. Der byzantinische Kaiser Konstantin Porphyrogennetos schrieb in Kapitel 29, 30
und 31 seines Werkes De Administrando Imperio über die Bekehrung der Kroaten. Hierbei
sei besonders Kapitel 31 hervorzuheben, in dem steht, dass Kaiser Herakleios während der
Regierungszeit des kroatischen Herrschers Porga mit Hilfe von Gesandten Priester aus Rom
berief, und Erzbischöfe, Bischöfe, Priester und Diakone ernannte sowie das kroatische Volk
bekehrte. Im Werk Liber Pontificalis wird jedoch angeführt, dass im Jahre 640/641 der
ursprünglich aus Dalmatien stammende Papst Johannes IV den Abt namens Martin nach
Dalmatien und Istrien sandte, um die Gebeine von Märtyrern zu holen und Gefangene der
Heiden freizukaufen. Im Jahre 680 sandte Papst Agatho ein Sendschreiben an den
byzantinischen Kaiser Konstantin IV., in dem er über die Abreise von Bischöfen zu den neu
bekehrten Völkern berichtet, zu denen auch die Slawen gehören. Die Letzteren beziehen sich
wiederum zweifellos auf die Kroaten. Die Kroaten haben mit Papst Agatho zudem einen
Vertrag gegen einen Seekrieg abgeschlossen, worüber Porphyrogennetos berichtet.
Porphyrogennetos‘ Bericht wird auch von dem Werk Historia salonitana des Spliter
Archidiakon Thomas aus dem 13. Jahrhundert bestätigt. Er berichtet, dass Papst Johannes IV
(640‐642) den Priester Johannes aus Ravenna nach Dalmatien sandte und ihn zum Erzbischof
von Split ernannte, als die Stadt noch von Einwohnern bewohnt war, die aus dem zerstörten
Salona geflüchtet waren. Der neu ernannte Erzbischof begab sich auf eine Reise durch
Dalmatien und Kroatien und lehrte das einfache Volk die christliche Lebensweise. So wurde
in Dalmatien nach der Völkerwanderung eine geordnete kirchliche Hierarchie errichtet und
mit der Bekehrung begonnen, in einer Zeit als wahrscheinlich nur die Mitglieder der
herrschenden Gesellschaftsschicht und Teile des Volkes, die nahe dalmatinischer Städte
lebte, bereits bekehrt waren.
Nach der fränkischen Eroberung von Liburnien und Dalmatien und besonders nach dem
Aachener Frieden 812 beginnt eine Periode der intensiven Bekehrung der Kroaten. In dieser
Zeit übernimmt zweifellos nicht nur die herrschende Gesellschaftsschicht den neuen
Glauben, sondern auch das gesamte Volk. Zu den bedeutendsten Denkmälern, die Zeugnis
dieser Bekehrungsphase der Kroaten sind, gehört sicherlich auch das Weihrauchfass aus
Stara Vrlika sowie das Taufbecken des Fürsten Višeslav. Einen besonderen Fund stellen auch
die vergoldeten Sporen mit dem christlichen Kreuz‐Motiv aus dem Sarkophag aus Crkvina in
Biskupija bei Knin dar, wo der bekehrte kroatische Fürst aus dem ersten Viertel des 9.
Jahrhunderts beigesetzt ist. In dieser Periode kommt es zur Verbreitung fränkischer Kulte in
Kroatien, was zahlreiche Inschriften bestätigen, die am häufigsten rund um religiöse und
politische Zentren auftreten und Namen westlicher Heilige tragen. So werden beispielsweise
Anselm, Ambrosius, Hermagoras, Chrysogonus, Marta, Marcel, Martin angeführt. Die Namen
der Priester, die den Bau in Auftrag gaben, sowie auch die Werke der Steinmetze deuten mit
ihrem germanischen Ursprung ebenso auf die Franken hin. Als Beispiel sind Priester Gumpert
aus Bijaći, aber auch Abt Teudebert aus Nin hervorzuheben. Die architektonischen Formen
und Verzierungen der Kirchen mit Flechtornamentik deuten auf Meister hin, die zweifellos
aus dem Gebiet der nördlichen Adria und Aquileia kamen.
Eine bedeutende Person dieser Zeit war Bischof Donatus aus Zadar, der 805 mit einer
Gesandtschaft aus dalmatinischen Städten unter byzantinischer Herrschaft an den Hof von
Karl dem Großen reiste. Es ist möglich, dass gerade er derjenige ist, der als Vertreter der
fränkischen Politik die Ankunft fränkischer Missionare in Kroatien unterstützte. Der Beginn
des Baus der Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit (später zum Heiligen Donatus) in Zadar zeigt
die Anwendung des westlichen Ambrosianischen Ritus. Dies stärkt die These über das
Eindringen des fränkischen kirchlichen Einflusses nach Norddalmatien zusätzlich.
Die Erfolge fränkischer Missionare reflektieren sich am deutlichsten im intensiven Bau und
der Ausstattung der Kirchen Mitte des 9. Jahrhunderts. Neben der Stiftung von Trpimir in
Rižinice, wo das älteste Benediktinerkloster im Gebiet Kroatiens gegründet wurde, zählen zu
dieser Gruppe auch zahlreiche Kirchen, die in der Nähe wichtiger politischer Zentren erbaut
wurden. Dies wiederum belegt, dass das Christentum schließlich auch von der kroatischen
Herrschaftsschicht akzeptiert war. Dabei ist die Rolle des Klerus aus dalmatinischen Städten
unter byzantinischer Herrschaft nicht außer Acht zu lassen, besonders wenn man sieht, dass
Einflüsse der westlichen Liturgie im Grunde genommen keine Spuren in der
Kirchenarchitektur Kroatiens vor der Zeit von Fürst Trpimir hinterließen. Dies wäre ein
weiterer Beweis für die Annahme, dass dalmatinische Bischöfe die Jurisdiktion über Kroaten
auch nach dem Jahre 812 ausübten.
Die Gründung des Bistums von Nin Mitte oder in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts ist
ein wichtiger Moment in der kroatischen Kirchengeschichte, da damals das erste Mal eine
kirchliche Hierarchie auf kroatischem Gebiet organisiert wurde. Die Stadt Nin war
offensichtlich ein wichtiger Punkt für fränkische Missionare, die die Stadt bei dem Transport
der heiligen Reliquiare durchquerten. Davon zeugen sowohl die Kulte fränkischer Heiliger als
auch die Namen der Heiligen und Überreste der materiellen Kultur.
Bauliche Aktivitäten und Bildhauerei werden auch in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts
mit ungebrochener Intensität weitergeführt, besonders in der Herrschaftszeit von Fürst
Branimir. Die Übernahme des Westwerkes und der liturgischen Formen des
Ambrosianischen Ritus zeugt von der Übermacht der fränkischen Missionare gegenüber
konkurrierenden Einflüssen. Der westliche Ritus und die lateinische Schrift sind in dieser Zeit
als staatliche Form des Glaubensbekenntnisses angenommen. Mit Branimir bestimmt
Kroatien schließlich seine Zukunft im Kreis westlicher Staaten. Bekannt ist sein Briefwechsel
mit Papst Johannes VIII, mit dessen Entscheidung Kroatien als selbständiger Staat des
christlichen Westens anerkannt wird.
Der Prozess der Bekehrung der Kroaten endet im Großen und Ganzen mit der Einrichtung
einer einheitlichen Kirchenprovinz mit Sitz in Split im Jahre 928. In der Zeit vor dem großen
Schisma 1054 war die Teilung auf die West‐ und Ostkirche nicht so stark ausgeprägt, doch
waren trotz allem Unterschiede im kroatischen Raum wahrnehmbar, die als Folge der
Christianisierung aus unterschiedlichen Zentren Roms, Aquileia und Konstantinopel
entstanden. Die östlichen Einflüsse waren in Dalmatien und den Sklavinien südlich des
Neretva‐Flusses am stärksten ausgeprägt, während der westliche Ritus in Kroatien selbst,
das unter dem Einfluss starker Bindungen zwischen Kroaten und Rom stand, überwiegte.
Spuren byzantinischen Einflusses sind jedoch niemals vollständig verschwunden. Sie fuhren
fort unter den glagolitischen Priestern weiterzuleben, die nicht nur die Tradition der Liturgie
in der Volkssprache pflegten, sondern auch einen großen Beitrag im Bereich des Glaubens,
der Kultur und Bildung im kroatischen Volk leisteten. Sie werden zu Recht als Schöpfer und
Bewahrer des besondersten kroatischen Kulturerbes des Mittelalters bezeichnet.
Autor:
Dr. sc. Tomislav Šeparović, Museumsberater; Museum der kroatischen archäologischen
Denkmäler, Split – Kroatien.
Literaturverzeichnis:
Ferdo Šišić, Povijest Hrvata u vrijeme narodnih vladara, Zagreb 1925
Ljubo Karaman, O spomenicima VII i VIII stoljeća u Dalmaciji i o pokrštenju Hrvata, VHAD 22‐
23, Zagreb 1942, 73‐113
Nada Klaić, Povijest Hrvata u srednjem vijeku, Zagreb 1990
Neven Budak, Prva stoljeća Hrvatske, Zagreb 1994.
Ivo Goldstein, Hrvatski rani srednji vijek, Zagreb 1995
Neven Budak, Pokrštavanje Hrvata i neki problemi crkvene organizacije, Starohrvatska
spomenička baština, Rađanje prvog hrvatskog kulturnog pejzaža, Zagreb 1996, 127‐136