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Dr.

Stefanie Rhein, WiSe 2022/23: Geschlecht und Geschlechterverhältnisse 1

Vertiefung: Doing Gender im Unterricht


Geschlechterreflektierender bzw. Gendergerechter/-sensibler Unterricht hat ganz allgemein das
Ziel der Gleichstellung der Geschlechter. Lehr- und Lernprozesse sollen so gestaltet werden, dass
Geschlechterstereotypisierungen und Geschlechterungleichheiten entgegengewirkt wird. Die
Öffnung und das Zugänglichmachen individueller Handlungsspielräume und Entwicklungspotentiale
der Schüler*innen jenseits von Geschlechternormierungen wird insbesondere durch die Vermeidung
stereotyper Zuschreibungen angestrebt (Förderung individueller Vielfalt). Gendersensibler Unterricht
setzt bei der Lehrperson Genderkompetenz heraus: das Wissen um Geschlecht als soziale
Konstruktion, das Erkennen und Vermeiden von stereotypen Zuschreibungen, die Fähigkeit zur
Reflexion des eigenen Handelns, das Verfügen über Handlungsstrategien im Umgang mit Situationen,
in denen Geschlecht Thema ist oder eine Rolle spielt. Gendergerechter Unterricht zielt letzten Endes
auch auf die Entwicklung von Genderkompetenz von den Schüler*innen.
(z.B.: https://www.imst.ac.at/app/webroot/files/GD-Handreichungen/GD_HandreichungII_web.pdf;
http://waxmann.ciando.com/img/books/extract/3830986297_lp.pdf)

Strategien für geschlechterreflektierenden Unterricht (Debus 2012):


Nicht-Dramatisierung: Geschlechterzuschreibungen und -stereotype werden vermieden. Geschlecht
spielt sozusagen keine Rolle. Ziel: Erfahrungen ermöglichen, Kompetenzen fördern und Themen
besprechen, ohne die Kategorie Geschlecht dabei groß zu machen
Dramatisierung: Geschlecht wird z.B. von den Akteur*innen explizit zum Thema gemacht bzw. „groß
gemacht“ (z.B. wenn sich „die Jungen“ über „die Mädchen“ in der Klasse beschweren, wenn in
geschlechtergetrennten Gruppen gearbeitet wird, wenn Geschlechterungleichheiten thematisiert
werden sollen). Dramatisierung passiert oft unbewusst, wenn die Lehrperson hierfür nicht
sensibilisiert ist (oder versehentlich mal in „alte Muster“ verfällt 😉), sie wird aber auch bewusst
eingesetzt – z.B. um Geschlechterungleichheiten, stereotype Zuschreibungen, usw. zum Thema im
Unterricht zu machen und diese kritisch reflektieren zu können. An eine solche Dramatisierung sollte
sich laut Debus immer eine Entdramatisierungsphase anschließen, in der sichtbar/erfahrbar wird,
dass Geschlecht weder das einzige noch das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen
Menschen ist
Aus: https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/upload/Gender/debus_dramatisierung.pdf

Bereiche, in denen Geschlecht im Unterricht eine Rolle spielt bzw. oft Doing Gender stattfindet:
• Kommunikation/ Interaktion (Schüler*innen untereinander/ Lehrperson – Schüler*innen
und Schüler*innen – Lehrperson): verbal, non-verbal; Wie wird miteinander interagiert?
• Wahrnehmung und Gestaltung des Klassenklimas: z.B. Störungen, Respekt und
Wertschätzung untereinander
• Wahrnehmung und Umgang mit hierarchischen Strukturen: Wer dominiert das Geschehen?
Wer bleibt eher im Hintergrund?
• Auswahl von Unterrichtsmitteln/ Themengebieten: Mit welchen Materialien und Inhalten
wird gearbeitet? (z.B. „genderneutrale“ Literatur im Deutschunterricht)
In Anlehnung an: https://www.imst.ac.at/app/webroot/files/GD-
Handreichungen/handreichung_unterrichtsbeobachtungen_11-2012.pdf (S. 1/2)
Dr. Stefanie Rhein, WiSe 2021/22: Geschlecht und Geschlechterverhältnisse 2

Ein paar Beispiele zur Illustrierung von und zum Nachdenken über Doing Gender in Schule und
Unterricht
Impulse: Was passiert genau in den Beispielen und inwiefern findet hier Doing Gender oder auch
Undoing Gender statt? Inwiefern ist die Situation problematisch? Wie würden Sie in der
geschilderten Situation als Lehrperson oder Praktikant*in verhalten (wollen)?
Beispiel 1:
Die Lehrerin stellte den SchülerInnen die Aufgabe, sich zur Unterscheidung der Begriffe ‚since‘ und
‚for‘ gegenseitig aufzurufen und Fragen zu stellen. Im ethno-graphischen Protokoll zur
Unterrichtsstunde heißt es weiter: „Nun ist Marianne dran. Sie sagt: ‚Knut‘. Sie erntet Gelächter. Sie
fragt: ‘How long do you have ...’. Zuerst fragt sie die Lehrerin, was schreckliche Frisur auf Englisch
heißt. Lehrerin: ‘Horrible hairdress’. Sie stellt nun an Knut die Frage: ‘How long do you have this
horrible hairdress?’ Wieder großes Gelächter. Knut ironisch: ‘I have this horrible hairstyle ...’. Er setzt
an, seine Nachbarin kommt ihm noch zuvor und sagt: ‚Halbes Jahr’. Knut nickt zustimmend und sagt:
‚For three months’.
Er sagt: ‚Marianne‘. Die Kids lachen und neugierige Spannung entsteht, was seine Rückfrage ist. Er
sagt: ‚Ich weiß nicht ob das jetzt richtig ist: Since when do you have look like a horse?’ Marianne, die
einen langen Pferdeschwanz trägt, zuckt mit den Achseln, bevor sie jedoch irgendwie weiter
reagieren kann, interveniert die Lehrerin. Sie schaut wieder zu Knut und sagt: ‘We don’t want
insulting questions!’ Knut sagt, leicht ironisch: ‚Sie hat mich hier vorgeführt, so dass ich mich morgen
nicht mehr in die Schule traue, und ...’. Die Lehrerin ironisch: ‘Yes, I know, because you are so shy!’
Einige fragen, was ‚shy’ bedeutet, die Leh-rerin übersetzt es mit schüchtern.“
Unterrichtsbeobachtung aus: Budde, Jürgen (2006): Wie Lehrkräfte Geschlecht (mit)machen – doing
gender als schulischer Aushandlungsprozess. In: Jösting, Sabine; Seemann, Malwine (Hrsg.): Gender
und Schule. Geschlechterverhältnisse in Theorie und schulischer Praxis. Oldenburg: BIS-Verlag, 45-60.
URL: https://www.ph-freiburg.de/fileadmin/dateien/sonstige/gleichstellung/Gender_und_Schule.pdf

Beispiel 2:
Das letzte Beispiel, wiederum aus der mädchendominierten Klasse, stammt aus der Jahrgangsstufe 7
aus dem Biologieunterricht:
„Die Stunde geht dem Ende zu und Knut erkundigt sich, ob es eine Pause zwischen der 6. und 7.
Stunde geben wird. Der Lehrer: ‚Nein’. Knut fragt noch mal nach und Herr Bartoldi sagt: ‚Schon, aber
nicht zur offiziellen Pausenzeit.’ Knut ist unzufrieden und mault. Nun fragt/ sagt der Lehrer belustigt
/argwöhnisch: ‚Wieso? Nur weil Du ’ne kleine Süße von nebenan treffen willst, soll die ganze Klasse
warten?’ Knut schweigt, die ganze Klasse schweigt, bevor viele SchülerInnen (bis auf Knut und Mark
und einige andere) anfangen zu lachen und Knut necken. Knut bewegt sich nicht, Mark rückt sichtbar
ein Stück näher an Knut ran und sieht ihn nicht an. Knut errötet. [...] Jemand ruft: ‚Klein? Die ist
größer als er.’ Der Lehrer belustigt und extrem ironisch: ‚Auch das noch. Eine größere?’ Herr Bartoldi
grinst und sagt entschuldigend: ‚Nein...’ Er geht hinten herum an Knut vorbei, greift ihm
kameradschaftlich an die Schulter und geht wortlos wieder nach vorne.
Unterrichtsbeobachtung aus: Budde, Jürgen (2006): Wie Lehrkräfte Geschlecht (mit)machen – doing
gender als schulischer Aushandlungsprozess. In: Jösting, Sabine; Seemann, Malwine (Hrsg.): Gender
und Schule. Geschlechterverhältnisse in Theorie und schulischer Praxis. Oldenburg: BIS-Verlag, 45-60.
URL: https://www.ph-freiburg.de/fileadmin/dateien/sonstige/gleichstellung/Gender_und_Schule.pdf

Beispiel 3:
„In der heterogenen Gruppe ergibt sich folgende Situation: Die Buben übernehmen mit
Selbstverständlichkeit sofort das Zusammenbauen. Bei vier Teams sind die Mädchen fast
durchgehend vom Bauen ausgeschlossen. Die Buben lehnen Wissen und Meinungen der Mädchen
ab, in vier Teams haben sie keinerlei Aufmerksamkeit für die Mädchen, sie sind nur auf ihr eigenes
Tun konzentriert, sie gehen keine Kooperationen ein, lassen sich nur die Teile geben.“ ID 860
Aus: https://www.imst.ac.at/app/webroot/files/GD-
Handreichungen/handreichung_unterrichtsbeobachtungen_11-2012.pdf
Dr. Stefanie Rhein, WiSe 2021/22: Geschlecht und Geschlechterverhältnisse 3

Beispiel 4:
Bei der Vorbesprechung des Unterrichtspraktikums erhält die Praktikantin von ihrem Mentor
folgende Infos über die Klasse: „Die Klasse besteht zum größten Teil aus Mädchen, die sind eigentlich
alle brav, machen meist gut mit, aber kommen auch manchmal ins „Schwätzen“. Die Jungen sitzen
alle in der hintersten Reihe und da geht es dann auch lauter zu. Naja, nicht alle sind solche
Hinterbänkler (lacht): Ein Junge sitzt vorne bei den Mädchen. Der macht dann auch gut mit, der ist
quasi ein halbes Mädchen (lacht). Alles in allem ist es eine sehr nette, umgängliche Klasse“.
Beispiel erstellt von Stefanie Rhein

Beispiel 5:
Die Mathematiklehrerin hat eine Textaufgabe ausgewählt, in der Mädchen und Jungen vorkommen.
Die Aufgabe endet mit: „Franka ruft „Ich habe die Lösung!“- Findest du die Lösung auch?“. Nachdem
die Aufgabe vorgelesen wurde, ruft ein Junge aus der Klasse: „Voll unrealistisch!“ Alle lachen. Ein
anderer Junge ruft: „Naja, da stand ja nicht, dass sie die RICHTIGE Lösung hat“. Wieder lachen alle.
Beispiel erstellt von Stefanie Rhein

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