Vergleichstest Italo-Sportler
Aprilia RSV 1000 R Factory
Ducati 999 S
MV Agusta F4 SPR
Schnittige Front,
markantes Heck
und hübsche De-
tails, die Factory
ist ein Eyecatcher.
Am wohlsten fühlt
sie sich eindeutig
auf der Renn-
strecke
Beinahe schon Kunst. Drei italienische Diven vor einer futuristischen Kulisse
* MOTORRAD-Messungen
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Vergleichstest Italo-Sportler
menten, der ein beeindruckendes Hand-
ling bei größtmöglicher Stabilität garan-
tiert. Dennoch bleibt hier wohl auf ewig
die Notwendigkeit, einen möglichst guten
Kompromiss zu finden. Die neue RSV
1000 R Factory machte einen Schritt Rich-
tung Handlichkeit, büßte dafür aber etwas
von der Stabilität der alten Mille R ein.
Was jedoch kein ernsthaftes Problem
darstellt. Zum einen darf sie getrost
weiterhin als stabil gelten, und zum
anderen erstickt der 19fach einstellbare
Öhlins-Lenkungsdämpfer jegliche Unruhe
schon im Keim.
Die straffe Auslegung der Öhlins-
Federelemente in der Factory passt opti-
mal für die Rennpiste. Selbst die gewal-
tige Bremse schafft es nicht, die Gabel an
die Grenzen ihres Leistungsvermögens
zu bringen. Zudem erfreut sie mit einem MV AGUSTA F4 SPR
feinen Ansprechverhalten und noch reich-
lich Reserven. Das Federbein zeigt sich
auch von dem maximalen Drehmoment
von immerhin 101 Newtonmeter unbe-
eindruckt und hält die Hinterhand sicher
in der Spur. Für mehr Komfort auf der
Landstraße empfehlen sich bei Gabel
und Federbein ein paar Klicks weniger in
der Druckstufe.
Durch absolut nichts aus der Ruhe zu
bringen ist die F4 SPR. Mit ihrer Rahmen-
Kombination aus stählerner Gitterrohr-
konstruktion und stabilen Leichtmetall-
Gussteilen setzt sie Maßstäbe in Sachen
Steifigkeit. Wie die beiden anderen verfügt Schöner geht’s
sie über einen Lenkungsdämpfer, doch nicht. Betören-
der dürfte nur im absoluten Katastrophen- des MV-Heck,
bereich zum Einsatz kommen. Während massive Gabel-
Aprilia auf Federelemente von Öhlins brücke sowie
vertraut, geht MV andere Wege. Eine 50 schicke Arma-
Millimeter starke Marzocchi-Upside-down- turen. Und
Gabel wird von äußerst massiven Gabel- zielsicher auf
brücken umschlossen. Schnellverschlüsse der Piste
an den Vorderachsklemmfäusten machen
den Radausbau zum Kinderspiel. Hinten
wartet ein Racing-Federbein von Sachs
mit getrennt einstellbarer Druckstufe für
den High- und den Lowspeed-Bereich.
Beide Elemente überzeugen mit feinem
Ansprechverhalten und einem breiten Ein-
stellbereich, sowohl für die Rennstrecke
als auch für die Landstraße.
Genauso spielerisch wie die MV lässt
sich die 999 S von einer Schräglage
in die nächste bringen, wobei selbst bei
forcierter Gangart die Federelemente
ebenfalls noch Reserven in der Dämp-
fung bieten. Die äußerst schlanke Taille
lässt die Ducati grazil erscheinen und
schafft nebenbei auch für große Piloten
eine angenehme Sitzposition und viel
Bewegungsfreiheit, ebenso wie auf der
Aprilia. Nur auf der MV ist das Platz-
angebot beschränkt.
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Fahrleistungen1
Höchstgeschwindigkeit* km/h 287 270 285 ANTRIEB Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit 30 29 26 29
Beschleunigung Beschleunigung 30 24 25 18
Durchzug 30 21 22 17
0–100 km/h sek 3,2 3,0 4,3
0–140 km/h sek 5,0 4,8 6,2 Motor
Ansprech-/Lastwechselverhalten 20 13 17 10
0–200 km/h sek 9,0 9,1 10,7
Leistungsentfaltung 30 19 26 22
Starten 10 7 7 9
Durchzug
60–100 km/h sek 4,6 4,1 5,7 Kraftübertragung
Kupplung 10 8 7 7
100–140 km/h sek 4,6 4,8 5,6 Schaltung 20 13 13 16
140–180 km/h sek 5,3 5,2 5,5 Getriebeabstufung 10 7 9 5
Gesamtübersetzung 10 8 6 8
Tachometerabweichung Summe 200 149 158 141
effektiv (Anzeige 50/100) km/h 49/98 46/96 48/97 FAHRWERK
Geradeauslaufstabilität 30 27 28 30
Kraftstoffverbrauch Stabilität in Kurven 40 34 36 38
Super Super Super Lenkpräzision 30 26 28 25
Kraftstoffart
Handlichkeit 30 24 19 19
bei 100/130 km/h Liter/100 km 5,2/6,1 4,9/6,2 5,5/6,3 Fahrwerksabstimmung solo 40 34 38 33
Landstraße Liter/100 km 5,8 5,8 6,2 Fahrverhalten mit Sozius 30 0 0 0
Summe 200 145 149 145
Theoretische Reichweite SICHERHEIT Bremsen
Landstraße km 310 267 339 Verzögerung/Betätigungskraft 30 28 26 26
Bremsdosierung 30 25 26 28
*Herstellerangabe; Messort Hockenheim
1
Bremsen mit Sozius/Fading 10 0* 0 0
ABS/Verbundbremse 30 0* 0 0
Fahrwerk
Schräglagenfreiheit 20 20 20 20
Bodenfreiheit 10 7 7 6
Leistungsdiagramm 2 Lenkerschlagen/Shimmy 20 18 19 19
Bremsstabilität 10 9 9 9
Aufstellmoment beim Bremsen 10 7 7 7
Licht/Sicht
Fern-/Abblendlicht 20 16 11 12
Sicht nach vorn/hinten 10 4 3 2
Summe 200 134 128 129
ALLTAGSTAUGLICHKEIT
Wartungsfreundlichkeit 10 4 2 6
Theoretische Reichweite 20 13 10 14
Zuladung 20 15 20 19
Ausstattung 30 17 16 12
Handhabung 20 13 12 11
Summe 100 62 60 62
KOMFORT
Sitzkomfort Fahrer 40 22 21 16
Sitzkomfort Sozius 20 0* 0 0
Windschutz 20 10 5 4
Laufruhe Motor/Antrieb 20 9 11 14
Summe 100 41 37 34
WIRTSCHAFTLICHKEIT
UND UMWELT
Verarbeitung 20 18 11 16
Garantie 30 15 15 15
Der 750er-Vierzylinder der MV braucht hohe Drehzahlen.
Verbrauch (Landstraße) 30 16 16 15
Gegen die füllige Drehmomentkurve der 999 S ist kein Kraut Inspektionskosten 30 21 4 3
gewachsen. Auch keines von Aprilia. Unterhaltskosten 20 7 7 7
Abgaswerte 30 28 26 7
2 Leistung an der Kupplung. Messung auf Dynojet-Rollenprüfstand 150, korrigiert Preis-Leistungs-Verhältnis 40 11 9 6
nach ECE, maximal mögliche Abweichung ± 5% Summe 200 116 88 69
FAZIT
1. Platz
Aprilia RSV 1000 R Factory
Die neue Factory hat es geschafft. Ihren Sieg
in der Punktewertung sichert sie sich zwar erst
im letzten Kapitel, Wirtschaftlichkeit und Um-
welt. Doch ihre wahren Qualitäten spielt sie
auf der Rennstrecke aus, und damit behält
Herr Beggio Recht. Bremse, Fahrwerk und der
im oberen Drehzahlbereich kräftige V2 sind
wie geschaffen für schnelle Runden. Zudem
kann sie in diesem Trio sogar als relativ preis-
wert bezeichnet werden, was für die Kaufent-
scheidung nicht unwichtig sein dürfte.
2. Platz
Ducati 999 S
Die inneren Qualitäten der 999 S überzeugen.
Der V2 ist ein Sahnestückchen mit mächtig
Druck und angemessenen Verbrauchs- und
Emissionswerten. Gepaart mit einem feinen
Chassis, das Handling und Stabilität auf
höchstem Niveau vereint, ergibt sich ein
faszinierendes und spielerisch leicht zu fah-
rendes Sportmotorrad, sowohl auf der Piste
wie auch auf der Landstraße. Die Verarbeitung
ist jedoch nicht so, wie man es von einem
Motorrad dieser Preisklasse erwarten darf.
3. Platz
MV Agusta F4 SPR
Die MV Agusta F4 SPR verliert aufgrund hoher
Inspektionskosten und schlechten Abgaswer-
ten diesen Vergleich eindeutig nach Punkten.
Trotzdem ist sie ein echtes Schmuckstück. Ein
nach sechs Jahren noch immer atemberau-
bendes Styling, perfekte Verarbeitung und die
Garantie, nicht an jeder Straßenecke eine SPR
zu treffen, machen sie so begehrenswert. Was
fehlt, um den gleich starken Zweizylindern auf
der Rennstrecke so richtig einzuheizen, ist ein
kraftvoller 1000er-Vierzylinder.